Arbeitsvertragsgestaltung Wintersemester 2013/2014

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1 Arbeitsvertragsgestaltung Wintersemester 2013/2014

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Arbeitsvertragsgestaltung Wintersemester 2013/2014. 1. - Arbeitsvertragsgestaltung -. - Gestaltung auf der Ebene des Individualarbeitsrechts. - Gestaltung auf der Ebene des kollektiven Arbeitsrechts = Veranstaltung Prof. Meyer /Dr. Kursawe . - PowerPoint PPT Presentation

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ArbeitsvertragsgestaltungWintersemester 2013/2014

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- Arbeitsvertragsgestaltung -

- Gestaltung auf der Ebene des Individualarbeitsrechts.

- Gestaltung auf der Ebene des kollektiven Arbeitsrechts = Veranstaltung Prof. Meyer /Dr. Kursawe.

- hier zwei Teile (theoretische Grundlagen und deren Anwendung).

- Bei rechtzeitiger Anzeige besteht i. R. d. Vorlesung für einzelne Teilnehmer die Möglichkeit zum Erwerb des Nachweises einer Schlüsselqualifikation.

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Arbeitsvertragsgestaltung

1. Teil § 1 A

Begriff u. Gegenstand der Arbeitsvertragsgestaltung

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- 1. Teil § 1 A I + II (Begriff u. Gegenstand der Arbeitsvertragsgestaltung) -

I. Begriff- private Planung und Gestaltung von arbeitsrechtlichen Sachverhalten für die Zukunft- Zukunftsgerichtetheit unterscheidet Rechtsgestaltung von den

typischen anspruchsbezogenen Fragestellungen

II. Gegenstand- grds. Arbeitsverträge, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen

- i. R. d. Vorlesung nur Arbeitsverträge als Gestaltungsgegenstand relevant

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Arbeitsvertragsgestaltung

1. Teil § 1 B

Vertragsgestaltung im Rechtssystem

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- 1. Teil § 1 B I (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

I. Überblick

Vertragsfreiheit = GrundsatzGrenzen = Ausnahmen

NICHT: darf … vereinbart werden?SONDERN: warum nicht?

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- 1. Teil § 1 B II (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

II. Vertragsfreiheit als Ausgangspunkt1. Gedanke

- Vertragsfreiheit ist Aspekt der Privatautonomie

- Idee des Liberalismus und Individualismus

- Selbstständige und eigenverantwortliche Gestaltung ohne Einmischung des Staats (Artt. 12, 2 I GG)

- Idee liegt gesamten Privatrecht zu Grunde; Vertrag ist Mittel zur Umsetzung

- Vertragsfreiheit nicht angeordnet, sondern vorausgesetzt (§§ 305 ff. BGB)

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- 1. Teil § 1 B II (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

II. Vertragsfreiheit als Ausgangspunkt1. Gedanke

- da Arbeitsrecht Teil des Privatrechts ist, gilt Vertragsfreiheit auch hier

- § 105 S. 1 GewO: „Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages frei vereinbaren, soweit nicht

zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung

entgegenstehen.“

- drei Ausprägungen: Abschlussfreiheit, Inhaltsfreiheit, Formfreiheit

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- 1. Teil § 1 B II (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

2. Abschlussfreiheit

- ob und mit wem?

- Freiheit einen Vertrag zu schließen oder nicht zu schließen

- kann beschränkt werden durch Verbot, einen Vertrag zu schließen

Bsp.: § 5 Abs. 1 JArbSchGnicht aber zB: § 99 BetrVG

- kann beschränkt werden durch Gebot, einen Vertrag zu schließen oder Verbot einen Vertragsschluss aus bestimmten Gründen

abzulehnen

Kontrahierungszwang (Wiedereinstellungsanspruch)

Differenzierungsverbote (§§ 7, 1 AGG)

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- 1. Teil § 1 B II (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

3. Gestaltungsfreiheit / Inhaltsfreiheit

- wichtigster Aspekt der Vertragsfreiheit

- umfasst die Freiheit, den Inhalt eines Vertrags zu bestimmen

zB. Regelungen über Vergütung, Urlaub, Arbeitszeit, Ausschlussfristen, Vertragsstrafen

- unterliegt zugleich den intensivsten Grenzen

- durch Gebot bestimmter Vertragsinhalte (§§ 1, 3 BUrlG), § 626 BGB

- durch Verbot bestimmter Inhalte (ArbZG)

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- 1. Teil § 1 B II (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

4. Formfreiheit

- Arbeitsvertrag kann formfrei geschlossen werden

- es müssen keine feierlichen Worte verwendet werden

- § 2 NachwG ist kein Formgebot, weil nicht konstitutiv

- aber § 14 IV TzBfG für Befristungsabrede

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- 1. Teil § 1 B III (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

III. Grenzen der arbeitsrechtlichen Vertragsgestaltung1. Ausgangspunkt

§§ 6 II i. V. m. 105 S. 1 GewO

„Arbeitgeber und Arbeitnehmer können den Abschluss,Inhalt und Form des Arbeitsvertrags frei vereinbaren, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen.“

- Grenzen d. arbeitsrechtlichen Vertragsgestaltung entscheiden über rechtlichen Bestand / Nichtbestand einzelner Klauseln im Arbeitsvertrag. Sie müssen daher bei der Arbeitsvertragsgestaltung zwingend beachtet werden.

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- 1. Teil § 1 B III (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

2. Innere und äußere Grenzen

a) innere Grenzen sind der Vertragsfreiheit immanent oder dienen ihrer Funktionsfähigkeit

- Vertragsfreiheit = Privatautonomie = Selbstbestimmung ≠ Fremdbestimmung

„Im Krankheitsfall des / der AN ist dessen Ehefrau / Ehemann zur Verrichtung der Arbeitsleistung verpflichtet.“

- im Gesetz nicht unbedingt ausgewiesen, sondern vorausgesetzt

- hierher gehören aber zB. auch Regelungen über die Geschäftsfähigkeit

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- 1. Teil § 1 B III (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

2. Innere und äußere Grenzen

b) äußere Grenzen zeichnen sich dadurch aus, dass der Gesetzgeber auf eigentlich der

Vertragsfreiheit unterfallende Gegenstände durch Gebote oder Verbote Einfluss nimmt

- Hintergrund ist Schutz von Allgemein- oder Individualinteressen

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- 1. Teil § 1 B III (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

3. Dispositives und zwingendes Recht

- Gesetze haben unterschiedliche Funktion und unterschiedlichen Geltungsanspruch

- zwingend = absoluter Geltungsanspruch

- dispositiv = Lückenfüllung, subsidiär zu Rechtsgeschäften

- zwingendes kann halb- oder beidseitig zwingend sein

Halbseitig zwingend § 13 BUrlG, § 9 MuSchG, § 613 a BGB, § 1 KSchG

Beidseitig zwingend § 626 BGB, Organisationsrecht der Betriebsverfassung

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- 1. Teil § 1 B III (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

4. Arbeitsrechtliche und allgemeine Grenzen

a) arbeitsrechtliche Grenzen

aa) Gesetzesrecht

bb) Kollektivvereinbarungen

§ 4 Abs. 1 TVG bzw. § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG

vgl. auch § 105 S. 1 GewO

stets nur halbseitig zwingend (Günstigkeitsprinzip, § 4 Abs. 3 TVG)

zudem Öffnungsklauseln denkbar

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- 1. Teil § 1 B III (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

4. Arbeitsrechtliche und allgemeine Grenzen

b) Allgemeine Grenzen

§§ 134, 138, 242, 305 ff., 315 BGB

aa) Insbesondere Sittenwidrigkeit

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- 1. Teil § 1 B III (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

Fallbeispiel nach BAG v. 22.04.2009, 5 AZR 436/08, NZA 2009, 837 ff. = JuS 2010, 259A (AG) begibt sich zu seinem Anwalt und begehrt den Entwurf eines Formulararbeitsvertrages. Dieser soll (neben anderen Aspekten) für die AN der Abteilung „Verpackung“ einen Stundenlohn von 3,50 Euro (tarifüblich = 6,90 Euro/h) festschreiben. Tarifliche Bestimmungen finden keine Anwendung, weil A weder tarifgebunden noch ein einschlägiger Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. A möchte nicht mehr zahlen, weil ihm „deren Arbeit nicht mehr wert ist“.

Zugleich fragt A, ob die im jetzigen Zeitpunkt arbeitsvertraglich beabsichtigte Vergütung durch nachträgliche Umstände ggf. unwirksam werden kann und er damit rechnen muss, zu einem späteren Zeitpunkt eine höhere – als die vereinbarte Vergütung – an die AN zu zahlen.Welche Auskunft ist A zu erteilen?

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- 1. Teil § 1 B III (Vertragsgestaltung im Rechtssystem) -

bb ) Insbesondere §§ 305 ff. BGB

Arbeitsverträge vielfach Formularverträge

außerdem AN = Verbraucher iSv. § 13 BGB

Arbeitsvertrag daher grds. Verbrauchsvertrag iSv. § 310 Abs. 3 BGB

§§ 305 ff. BGB wichtiges Kontrollinstrument

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Arbeitsvertragsgestaltung

1. Teil § 1 C

Funktionen und Ziele der Arbeitsvertragsgestaltung

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- 1. Teil § 1 C I (Funktionen und Ziele der Arbeitsvertragsgestaltung) -

I. Funktionen

1. Regelungsfunktion = Schaffung verbindlicher Rechtslage, z. B. durch Klausel zum Widerrufsvorbehalt, konkrete Benennung der Widerrufsgründe

2. Beweisfunktion = Arbeitsvertragsgestaltung erfolgt i. d. R. immer durch verkörperte Niederlegung (insbes. schriftlich) =

Anscheinsbeweis der Vollständigkeit und Richtigkeit der vertraglichen Vereinbarungen

3. Risikoplanung / Störfallvorsorge = Grundgedanken sind Konfliktlösung und Kostenabwälzung auf den nicht ordnungsgemäß erfüllenden Vertragsteil in der Zukunft

zB. Vertragsstrafe für Nichtantritt der Arbeit

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- 1. Teil § 1 C II (Funktionen und Ziele der Arbeitsvertragsgestaltung) -

II. Ziele

- bezogen auf Formulararbeitsverträge (vgl. §§ 305 ff. BGB)

1. Rationalisierung = Verwendung der gleichen Arbeits- bedingungen für Vielzahl von Arbeitsverträgen (Zeitersparnis für AG)

2. Gleichbehandlung = Vereinfachungsfunktion für AG, Schaffung v. Präzedenzfällen, Gerechtigkeit

3. Normersatz = Arbeitsvertragsgestaltung schafft Ersatz für fehlende gesetzliche Regelungen

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Arbeitsvertragsgestaltung

1. Teil § 1 D

Relevanz der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht / Materialien

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- 1. Teil § 1 D (Relevanz der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht) -

I. Ausbildung

- allgemein höhere Relevanz, weil praxisbezogene Ausbildung

- zudem Pflichtfach in SPB 10 = Prüfungsstoff

II. Praxis

- hohe Relevanz wegen Breitenwirkung

III. Materialien

- Literaturliste und Gliederung im Internet- für Teil 2 unbedingt Aufgaben vorbereiten (folgen)

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- 1. Teil § 1 D (Relevanz der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht) -

1. Gesetzestexte dtv–Beck–Texte, Arbeitsgesetze, 83. Aufl. 2013

2. Lehrbücher/Lernbücher/Handbücher

Lakies, Vertragsgestaltung und AGB im Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2011 Preis, Der Arbeitsvertrag – Handbuch der Vertragsgestaltung, 4. Aufl. 2011

3. Kommentare Däubler/Bonin/Deinert, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2010

Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl. 2009 (insbes. S. 961 – 1052)

4. Fallbücher Junker/Kamanabrou, Vertragsgestaltung, 3. Aufl. 2010Ulrici, Fallsammlung zur Rechtsgestaltung, 1. Aufl. 2010

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Arbeitsvertragsgestaltung

1. Teil § 2

Maximen der Vertragsgestaltung

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- 1. Teil § 2 (Maximen der Vertragsgestaltung) -

I. Zukunftsbezogenheit = Frage bei Arbeitsvertragsgestaltung lautet: Was soll zukünftig Recht sein?

II. Interessenbindung = Interessen des Auftraggebers (AG) sind allein für die Gestaltung leitend, aber Existenz innerer und äußerer Grenzen d. Interessenbindung, bloße zweifelhafte Gestaltungsmittel stellen keine Grenze dar

III. Gebote d. Rechtsgestaltung = (1) Gebot d. sichersten Wegs BGH v. 05.11.1987, Az: IX ZR 86/86, NJW 1988, 486, 487„Der Anwalt hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenige zu treffen, die die sicherste und gefahrenloseste ist, und wenn mehrere Wege möglich sind, um den erstrebten Erfolg zu erreichen, den zu wählen, auf dem dieser am sichersten zu erreichen ist.“

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- 1. Teil § 2 (Maximen der Vertragsgestaltung) -

III. Gebote d. Rechtsgestaltung = (2) Gebot der Kostengünstigkeit, d. h. Erreichung der Regelungsziele durch geringe Transaktionskosten für Auftraggeber (AG)

(3) Gebot der Praktikalibität, d. h. Verwendung einfacher und sicher anwendbarer Kriterien bei Klauselgestaltung – zu verneinen bspw. bei Rückzahlungsklausel die „angemessenen Teil der Fortbildungskosten“ als Rückzahlungsbetrag fordert

(4) Gebot der Flexibilität, d. h. Vermeidung allzu starrer Gestaltungsformulierungen, Sicherung vielfältiger Handlungsoptionen

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Arbeitsvertragsgestaltung

1. Teil § 3

Methodik der Vertragsgestaltung

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- 1. Teil § 3 B I + II (Methodik der Vertragsgestaltung) -

I. Regelungsziel

1. Allgemeine Informationsgewinnung = z. B. über Umfang der geschuldeten Tätigkeit, Vergütung, Vorstellungen zu Nebentätigkeitsverboten etc.2. Herausarbeitung der gewünschten Regelungsziele = alle jur. Ziele erfassen, mehrere Regelungsziele sind zu trennen

II. Regelungsnotwendigkeit

1. Prüfung d. existenten Rechtslage = Ausgangslage nach Gesetz und bestehenden Gestaltungen bzgl. in Betracht kommender Materie prüfen

2. Abgleich mit gewünschten Regelungszielen = bei Deckung der Regelungsziele u. bestehender Rechtslage kann Gestaltung im Arbeitsvertrag allenfalls deklaratorisch erfolgen

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- 1. Teil § 3 B III 1 + 2 (Methodik der Vertragsgestaltung) -

III. Verwirklichung des Regelungsbedarfs

1. Geeignete Gestaltungsoptionen aufsuchen = Sammlung aller in Betracht kommender u. denkbarer Gestaltungen, um Regelungsziel zu erreichen2. Zulässigkeit geeigneter Gestaltungen prüfen = Gestaltung einer Klausel die mit geltender Rechtslage vereinbar ist (Schwerpunkt der Arbeitsvertragsgestaltung), hier insb. Beachtung der Grenzen der Arbeitsvertragsgestaltung (vgl. § 1 B II)

Prof. Dr. Boemke / Dr. Ulrici

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- 1. Teil § 3 B III 1 + 2 (Methodik der Vertragsgestaltung) -

III. Verwirklichung des RegelungsbedarfsBeispiel:

Regelungsziel = Klausel die besagt, dass wenn AN über 30Tage im Jahr krank ist, so stellt dies wichtigen Grund zuraußerordentlichen und fristlosen Kündigung dar

- Verwirklichung des Regelungsbedarfs = (-), da Regelungsziel mit § 626 I BGB kollidiert (Verbot von absoluten Kündigungsgründen), i. E. Regelungsziel des AG so nicht umsetzbar

Prof. Dr. Boemke / Dr. Ulrici

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- 1. Teil § 3 B III 3 + 4 (Methodik der Vertragsgestaltung) -

III. Verwirklichung des Regelungsbedarfs

3. Auswahl zwischen mehreren Gestaltungen = bestehen verschiedene Wege um Regelungsziel zu erreichen, ist abzuwägen, welche Gestaltung am vorteilhaftesten für Auftraggeber (AG) ist4. Ggf. Taktische Folgeüberlegungen = Abwägung u. Prognosen bei Ungewissheit über rechtlichen Bestand der entworfenen Klausel, z. B. wegen fehlender Rechtsprechung zu konkreter Gestaltung

Prof. Dr. Boemke / Dr. Ulrici

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- 1. Teil § 3 B IV 1 (Methodik der Vertragsgestaltung) -

IV. Ausformulierung des Regelungsziels

1. Form- und Formulierungsfragena. Allgemeine Formanforderungen

BAG v. 16.04.2008, 7 AZR 132/07, NZA 2008, 876 ff.

§ 1 Anstellung und Probezeit

„Der AN wird vom 01.11.2005 bis 31.10.2006 als Verkäufer in G zeitlich befristet nach dem TzBfG eingestellt. Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf dieser Probezeit, ohne das es einer Kündigung bedarf.“

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- 1. Teil § 3 B IV 1 (Methodik der Vertragsgestaltung) -

IV. Ausformulierung des Regelungsziels

1. Form- und Formulierungsfragenb. Keine angreifbaren Formulierungen - im Hinblick auf die §§ 305 ff. BGB insbesondere klar und verständliche Klauselformulierungen verwenden (vgl. § 307 I S. 2 BGB)

Beispiel:Bei Änderungsvorbehalt im Formulararbeitsvertrag ist hinreichend exakte Formulierung der Vorbehaltsgründe notwendig (vgl. § 308 Nr. 4 BGB)

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- 1. Teil § 3 B IV 2 (Methodik der Vertragsgestaltung) -

IV. Ausformulierung des Regelungsziels

2. Gebot der Logik

BeispielKeine Platzierung einer Klausel zu Ausschlussfristen unter der Überschrift „Sonstiges“ am Ende des Arbeitsvertrags, anderenfalls i. Z. § 305c I BGB (+)

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Arbeitsvertragsgestaltung

1. Teil § 3 C

Methodik – Zielkonfliktlösung

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- 1. Teil § 3 C II + III (Methodik – Zielkonfliktlösung) -

II. Identifizierung der Zielkonflikte- mehrere Regelungsziele stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander, Abwägung zwischen der Relevanz der Regelungsziele

III. Lösung der Zielkonflikte- Beeinträchtigung der jeweiligen Regelungsziele und die des Endziels sind zu ermitteln, beide sind mittels einer Abwägung in optimalen Ausgleich zu bringen, i. E. Wahl derjenigen Gestaltung die der Interessenlage des Auftraggebers (AG) am ehesten entspricht

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Arbeitsvertragsgestaltung

1. Teil § 4

Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen

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- 1. Teil § 4 A I (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

A. AllgemeinI. Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsrecht- vor Schuldrechtsreform (2002) keine AGB-Kontrolle- seit 2002 AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht (vgl. Umkehrschluss aus § 310 IV S. 2 Hs. 1 BGB)

„Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen“

- arbeitsvertraglichen Gestaltungen kommt mittels der Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB nun eine größere Richtigkeitsgewähr zu

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- 1. Teil § 4 A II (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

A. Allgemein, II. Arbeitsvertrag als Verbrauchervertrag

BAG v. 25.05.2005, 5 AZR 572/04, NZA, 1111, 1116- AN ist Verbraucher; Schlussfolgerung ist, dass Arbeitsvertrag ein Verbrauchervertrag ist

- Bei der Arbeitsvertragsgestaltung sind daher die Besonderheiten von § 310 III BGB angemessen zu berücksichtigen.

Nr. 1: Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;

Nr. 2: § 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;

Nr. 3 : bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

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- 1. Teil § 4 B I 1 + 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. VorgehensweiseI. Eröffnung des Anwendungsbereichs

1. § 310 IV S. 1 BGB„Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des … sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen.“

2. Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen§ 305 I S. 1 BGB„Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, dieeine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragsparteibei Abschluss eines Vertrags stellt.“

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- 1. Teil § 4 B I 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

I. Eröffnung des Anwendungsbereichs2. Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen

a. Vertragsbedingungen = dienen Ausgestaltung des Vertragsb. Vorformuliert = z. B. bei Vertragsmustern eines Arbeitgeberverbandesc. Vielzahl von Verwendungen = grds. ab 3-facher Verwendungs- absicht, Beachte im Arbeitsrecht § 310 III Nr. 2 BGB d. Einseitig gestellt / kein Aushandeln = einseitige Auferlegung, keine ernsthafte Einflussmöglichkeit des AN auf Inhalt, Beachte im Arbeitsrecht § 310 III Nr. 1 BGB

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- 1. Teil § 4 B II (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

II. Einbeziehungskontrolle

- Umfang folgt im Arbeitsrecht aus § 310 IV S. 2 Hs. 2 BGB „ § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden.“

- Einbeziehung der Klauseln richtet sich nach §§ 145 ff. BGB- Einbeziehungskontrolle im Arbeitsrecht erfasst nur §§ 305b, 305c BGB

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- 1. Teil § 4 B II (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

II. Einbeziehungskontrolle

Beispiel zu § 305c I BGB

§ 7 Rückgabe der Unterlagen

„Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden dieSozialversicherungs- und Lohnsteuerkarte ausgehändigt. Mit ihrer Unterschrift bestätigen sie, dass sämtliche Ansprücheaus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind.“

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- 1. Teil § 4 B III 1 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

III. Inhaltskontrolle1. Vorgehen

- Prüfungsreihenfolge (1. § 309 BGB, 2. § 308 BGB, 3. § 307 BGB)- vor Inhaltskontrolle muss Klausel ausgelegt werden- Sinn u. Zweck der Inhaltskontrolle = Schutz des AN vor einseitiger Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit des AG

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- 1. Teil § 4 B III 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

III. Inhaltskontrolle2. Umfang

a. § 307 III S. 1 BGB„Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur fürBestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch dievon Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden.“

- erfasst deklaratorische Klauseln und Leistungsabreden- Rechtsvorschriften = sowohl förmliche Gesetze, ungeschriebene

Rechtsgrundsätze, Richterrecht

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- 1. Teil § 4 B III 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise, III. Inhaltskontrolle, 2. Umfang

Beispiel 1: § 307 III S. 1 BGB (-) bei Klausel die gesetzliche Werkvertragsregelungen wiederholt, um erfolgsabhängigesEntgelt im Arbeitsvertrag zu vereinbaren

Beispiel 2: § 307 III S. 1 BGB (+)„Der AN ist verpflichtet dem AG die Arbeitsunfähigkeit und deren absehbareDauer ohne schuldhaftes verzögern mitzuteilen. Dauert diese mehr als 3Kalendertage, hat der AN eine ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit sowie die absehbare Dauer spätestens an dem darauf folgenden Arbeitstag vorzulegen. Der AG hat jedoch das Recht, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Ist die Dauer der Arbeitsunfähigkeit länger als in der ärztlichen Bescheinigung, besteht die erneute Pflicht des Arbeitnehmers eine solche vorzulegen.“

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- 1. Teil § 4 B III 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise, III. Inhaltskontrolle, 2. Umfang

b. § 310 III Nr. 3 BGB„ … bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.“

c. § 310 IV S. 2 Hs. 1 BGB„Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrechtgeltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen.“

- Besonderheiten = nach BAG sowohl rechtliche als auch tatsächliche Besonderheiten im Arbeitsrecht (BAG v. 25.05.2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111, 1113)

- Prof. Dr. Boemke / Dr. Ulrici - 49

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- 1. Teil § 4 B III 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise, III. Inhaltskontrolle, 2. Umfang

c. § 310 IV S. 2 Hs. 1 BGB

BAG v. 25.05.2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111, 1113„ Zu berücksichtigen sind nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Besonderheiten des Arbeitslebens; denn es geht um die Beachtung der dem Arbeitsverhältnis innewohnenden Besonderheiten.“

Beispiele für Besonderheiten im Arbeitsrecht:- Kurze Ausschlussfristen- Wirksamkeit von Vertragsstrafenabreden- Anrechnungsvorbehalte bei Vergütungsabreden

- Prof. Dr. Boemke / Dr. Ulrici - 50

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- 1. Teil § 4 B IV 1 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

IV. Angemessenheit1. § 307 I S. 2 BGB„Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.“

Grundgedanke = Derjenige der keinen Einfluss auf Vertragsbedingungen hat, muss zumindest zweifelsfrei seine Rechte und Pflichten erkennen können.

Beispiel 1: § 307 I S. 2 BGB (-)„Die Zahlung eines Weihnachtsgelds erfolgt am 01.12 eines jeden Jahres freiwillig und stets widerruflich.“

Beispiel 2: § 307 I S. 2 BGB (+)„Falls ein Weihnachtsgeld gezahlt wird, handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die auch bei mehrmaliger vorbehaltsloser Zahlung keinen Rechtsanspruch auf weitere künftige Zahlungen auslöst.“

- Prof. Dr. Boemke / Dr. Ulrici - 51

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- 1. Teil § 4 B IV 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

IV. Angemessenheit2. §§ 309 i. V. m. 310 IV S. 2 Hs. 1 BGB- „Klauseln ohne Wertungsmöglichkeit“ (§ 309 BGB) werden auf Grund der Besonderheiten im Arbeitsrecht (vgl. § 310 IV S. 2 Hs. 1 BGB) zu Klauseln mit Wertungsmöglichkeit, i. E. kann einzelner Tatbestand des § 309 BGB im Arbeitsrecht auch unanwendbar sein

Beispiel: BAG v. 04.03.2004, 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727 ff.- § 309 Nr. 6 BGB findet wegen der Besonderheiten im Arbeitsrecht keine Anwendung

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- 1. Teil § 4 B IV 3 + 4 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

IV. Angemessenheit3. § 308 BGB- auch hier kann grds. unangemessene Klausel i. E. wegen der Besonderheiten im Arbeitsrecht ausnahmsweise angemessen sein

4. §§ 307 II Nr. 2, § 307 II Nr. 1, 307 I S. 1 BGB- insgesamt als Auffangnorm i. R. d. Klauselkontrolle anzusehen- größte praktische Relevanz als Kontrollmaßstab bei der Arbeitsvertragsgestaltung

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- 1. Teil § 4 B IV 4 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

4. §§ 307 II Nr. 2, § 307 II Nr. 1, 307 I S. 1 BGBa. § 307 II Nr. 2 BGB„ … wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.“

- erfasst Haupt-, Nebenleistungspflichten und auch Schutzpflichten

- Vertragszweckgefährdung z. B. bei Versetzungsklauseln denkbar (P!) Zuweisung geringwertigerer Tätigkeit = niedrigeres Arbeitsentgelt!

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- 1. Teil § 4 B IV 4 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

4. §§ 307 II Nr. 2, § 307 II Nr. 1, 307 I S. 1 BGBb. § 307 II Nr. 1 BGB „ … mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.“

Klauselbeispiel:„Der AN verliert seinen Vergütungsanspruch, wenn er für eine verhältnismäßig kurze Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden zur Verrichtung der geschuldeten Arbeitsleistung verhindert ist.“

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- 1. Teil § 4 B IV 4 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

4. §§ 307 II Nr. 2, § 307 II Nr. 1, 307 I S. 1 BGBc. § 307 I S. 1 BGB„Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.“

- Interessenabwägung- Kompensierung von Vor- und Nachteilen nur, wenn diese in Wechselbeziehung zueinander stehen

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- 1. Teil § 4 B V 1 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

V. Rechtsfolgen1. § 306 I BGB„Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.“

a. Restvertrag „… so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam“.

- § 306 I BGB ist lex specialis zu § 139 BGB- § 306 I BGB ist zwingender Natur

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- 1. Teil § 4 B V 1 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

V. Rechtsfolgen1. § 306 I BGB

b. Klausel- im Grundsatz (aa.) ist unwirksame Klausel insgesamt unwirksam- im Ausnahmefall (bb.) ist unwirksame Klausel in wirksamen und unwirksamen Teil zerlegbar, maßgebliches Kriterium hierfür ist nach h. M. „Blue-pencil-Test“

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- 1. Teil § 4 B V 1 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

V. Rechtsfolgen, 1. § 306 I BGB, b. Klausel

BAG v. 06.05.2009, 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783, 784 „Ist eine Klausel in einem Formulararbeitsvertrag sprachlich teilbar und wird der unwirksame Teil der Klausel mit einem blauenStift gestrichen (Blue-pencil-Test), ist die restliche Regelung aufrechtzuerhalten, wenn sie verständlich und wirksam ist.“

Beispiel 1: Teilbarkeit nach Blue-pencil-Test (+)„… freiwillige und anrechenbare Zulage …“

Beispiel 2: Teilbarkeit nach Blue-pencil-Test (-)- unzulässige Ausschlussfrist

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- 1. Teil § 4 B V 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

V. Rechtsfolgen, 2. § 306 II BGB, a. Gesetzesrecht„Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil gewordenoder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.“

- gesetzliche Vorschriften umfassen auch Generalklauseln, ungeschriebene Grundsätze (z. B. Richterrecht)

Beispiel:Ist eine Ausschlussklausel wegen zu kurz bemessener Ausschlussfrist unwirksam, dann greifen subsidiär die gesetzlichen Regelungen des Verjährungsrechts.

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- 1. Teil § 4 B V 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

V. Rechtsfolgen2. § 306 II BGB, b. Verbot geltungserhaltender Reduktion- Herleitung aus Umkehrschluss zu § 306 II BGB „… nach gesetzlichen Regelungen“- Grundgedanke = keine Bevorteilung des Verwenders

Beispiele:- keine Reduzierung zu kurzer Ausschlussfrist auf angemessene Frist- keine Reduzierung zu hoher Rückzahlungsklausel auf angemessene Höhe

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- 1. Teil § 4 B V 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

V. Rechtsfolgen2. § 306 II BGB b. Verbot geltungserhaltender Reduktion

- ausnahmsweise (bb.) Reduzierung unwirksamer Klausel auf zulässiges Maß, aber nur bei Altarbeitsverträgen (vor 2002 abgeschlossen), da hier sonst Fall einer unzulässigen unechten Rückwirkung

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- 1. Teil § 4 B V 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

V. Rechtsfolgen2. § 306 II BGB c. Ergänzende Vertragsauslegung- Bei ergänzender Vertragsauslegung wird an die Stelle der unwirksamen Klausel der potentielle Regelungswille der Arbeitsvertragsparteien gesetzt.

Voraussetzungen: BAG v. 24.10.2007, 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40, 441. keine gesetzl. Regelung zur Lückenfüllung2. ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel wird Interessen d. Arbeitsvertragsparteien unter keinen Umständen gerecht

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- 1. Teil § 4 B V 2 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

2. § 306 II BGBc. Ergänzende Vertragsauslegung- ausnahmsweise ergänzende Vertragsauslegung möglich, obwohl deren Voraussetzungen nicht gegeben sind, nach BAG nur bei Prognoseentscheidung anzunehmen

BAG v. 14.01.2009, 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, 669Jedoch kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die unzulässige Bindungsdauer auf eine zulässige zurückgeführt werden, wenn es wegen der einzelfallbezogenen Betrachtung für den AG objektiv schwierig war, die zulässige Bindungsdauer im Einzelfall zu bestimmen. Verwirklicht sich dieses Prognoserisiko, ist die Bindungsdauer durch ergänzende Vertragsauslegung zu bestimmen. Wegen der Ungewissheit der Umstände muss eine solche Klausel, soweit es dem Parteiwillen entspricht gedeutet werden.“

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- 1. Teil § 4 B V 3 (Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen) -

B. Vorgehensweise

V. Rechtsfolgen3. § 306 III BGB„Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.“

- auf Grund großzügiger Vertragsauslegung besteht kaum Anwendungsbereich für § 306 III BGB

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Arbeitsvertragsgestaltung

1. Teil § 5

Rechtsdurchsetzung

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- 1. Teil § 5 A I (Rechtsdurchsetzung) -

A. Fehlende VerbandsklageI. § 15 UKlaG

§ 1 UKlaG„Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.“

§ 15 UKlaG

„Dieses Gesetz findet auf das Arbeitsrecht keine Anwendung.“

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- 1. Teil § 5 A II (Rechtsdurchsetzung) -

A. Fehlende Verbandsklage

II. Unterlassungsanspruch der Gewerkschaften

LArbG Hamm v. 29.07.2011, 10 TaBV, BeckRS 2011, 77413 - Gewerkschaft hat gegen AG aus §§ 1004, 823 BGB, Art. 9 III GG bei einzelvertraglicher Umsetzung tarifwidriger Regelungsabreden / Betriebsvereinbarungen Unterlassungsanspruch - in diesem konkreten Fall verstärkter Rechtsschutz der AN bei Verwendung nicht rechtmäßiger Arbeitsvertragsbestimmungen durch AG

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- 1. Teil § 5 B (Rechtsdurchsetzung) -

B. § 80 BetrVG

§ 80 I Nr. 1 BetrVG„Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben: 1. darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften,Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.“

- nur Beanstandungsrecht des Betriebsrats ggü. AG, keine Befugnis alternative Klauselformulierungen durchzusetzen

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- 1. Teil § 5 C (Rechtsdurchsetzung) -

C. Individualprozess

- AN kann selbst rechtliche Kontrolle zweifelhafter Klauseln im Arbeitsvertrag anstrengen- genügt, wenn AN erst bei Inanspruchnahme durch AG die rechtliche Überprüfung der Klausel anstrengt, gibt keine Verwirkungsgrenze / vorherige Rügepflicht für AN