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Kapitel I Atom-Licht-Wechselwirkung Die Bewegung von Elektronen und Kerne, die elementare Bestandteile der Materie auf der atomaren Skala, ist von der elektromagnetischen Wechselwirkung bestimmt. Aus diesem Grund ist ein tiefes Verst¨ andnis der Wechselwirkungsmechanismen zwischen dem elektromagnetischen Feld und diesen Teilchen n¨ otig, um Ph¨anomenein der Atom- undMolek¨ ulphysik richtig zu inter- pretieren. Die elektromagnetische Wechselwirkung ist auch die grundlegende Ursache f¨ ur Atom- Atom Wechselwirkungen und f¨ ur Lichtemission und -absorbtion in Atomen und Molek¨ ulen. Wiederum, das von Atomen emittiertes oder absorbiertes Licht tr¨ agt in sich wichtige Infor- mationen ¨ uber die atomaren Struktur und Dynamik, und bietet Untersuchungsm¨oglichkeiten an. Schlussendlich kann man Photonen benutzen um die internen und externen Freiheitsgrade von Atomen zu kontrollieren, und die Atomen in Zust¨anden bringen, die weit von dem ther- modynamischen Gleichgewicht sind. Solche atomare Systeme sind auch die Grundlage f¨ ur die Emission von “verst¨ arktem” Licht—der Laser. Die Licht-Atom und speziell die Laser-Atom Wechselwirkung sind das Thema dieser Vor- lesung, die sowohl theoretische als auch experimentelle Aspekte beinhaltet. Der experimentelle Teil bezieht sich auf das aktuelle und spannende Gebiet der Laserspektroskopie und der Laser- Atom-Wechselwirkung in Teilchenfallen und die immer bedeutendere Rolle von K¨ uhl- und Spe- ichertechniken. Einige theoretischen Aspekten der Atom-Laser Wechselwirkung werden in dem Theorie-Teil dargestellt. Dabei fangen wir mit der Theorie an: dieses Kapitel m¨ ochte eine the- oretische Einf¨ uhrung in die Physik der Atome und Photonen geben, und die Grundlagen ihrer Wechselwirkung erl¨ autern. I.1 Photonen und Atome Einer der wichtigsten Erkenntnisse des zwanzigsten Jahrhunderts ist die Quantisierung des Lichts. Schon in 1900, scheinte das Problem der Hohlraumstrahlung anhand klassischer Physik nicht l¨ osbar zu sein. In Dezember 1900 kam Max Planck mit der revoltion¨ aren Hypothese, dass die Energie eines Oszillators mit Frequenz ν keine beliebige Werte nehmen darf, sondern nur diskrete Werte , wobei n eine positive ganze Zahl ist, und ε ein Energiequant ist, welches von der Frequenz abh¨ angen kann. Obwohl diese Hypothese nicht gleich von der ganzen Physikge- meinschaft akzeptiert wurde, konnte sie bald nachher benutzt werden, um andere Ph¨anomene zu erl¨ autern, unter anderem in 1905 von Einstein, der mit der Einf¨ uhrung eines Lichtquants das Photoeffekt erkl¨aren konnte. Die Quantisierungdes Lichtes ¨ offnete eine andere Perspektive auch in der Frage des Atoms, so dass in 1913 Niels Bohr eine Quantisierung der atomaren Energien- iveaus aufrufen konnte, die die Linienspektren endg¨ ultig erkl¨art hat. Die Quantenmechanik, die neue Theorie geeignet f¨ ur die Beschreibung der mikroskopische atomare Welt, entwickelte 1

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Kapitel I

Atom-Licht-Wechselwirkung

Die Bewegung von Elektronen und Kerne, die elementare Bestandteile der Materie auf deratomaren Skala, ist von der elektromagnetischen Wechselwirkung bestimmt. Aus diesem Grund

ist ein tiefes Verstandnis der Wechselwirkungsmechanismen zwischen dem elektromagnetischenFeld und diesen Teilchen notig, um Phanomene in der Atom- und Molekulphysik richtig zu inter-

pretieren. Die elektromagnetische Wechselwirkung ist auch die grundlegende Ursache fur Atom-Atom Wechselwirkungen und fur Lichtemission und -absorbtion in Atomen und Molekulen.

Wiederum, das von Atomen emittiertes oder absorbiertes Licht tragt in sich wichtige Infor-mationen uber die atomaren Struktur und Dynamik, und bietet Untersuchungsmoglichkeiten

an. Schlussendlich kann man Photonen benutzen um die internen und externen Freiheitsgradevon Atomen zu kontrollieren, und die Atomen in Zustanden bringen, die weit von dem ther-

modynamischen Gleichgewicht sind. Solche atomare Systeme sind auch die Grundlage fur dieEmission von “verstarktem” Licht—der Laser.

Die Licht-Atom und speziell die Laser-Atom Wechselwirkung sind das Thema dieser Vor-lesung, die sowohl theoretische als auch experimentelle Aspekte beinhaltet. Der experimentelle

Teil bezieht sich auf das aktuelle und spannende Gebiet der Laserspektroskopie und der Laser-Atom-Wechselwirkung in Teilchenfallen und die immer bedeutendere Rolle von Kuhl- und Spe-

ichertechniken. Einige theoretischen Aspekten der Atom-Laser Wechselwirkung werden in demTheorie-Teil dargestellt. Dabei fangen wir mit der Theorie an: dieses Kapitel mochte eine the-

oretische Einfuhrung in die Physik der Atome und Photonen geben, und die Grundlagen ihrerWechselwirkung erlautern.

I.1 Photonen und Atome

Einer der wichtigsten Erkenntnisse des zwanzigsten Jahrhunderts ist die Quantisierung des

Lichts. Schon in 1900, scheinte das Problem der Hohlraumstrahlung anhand klassischer Physiknicht losbar zu sein. In Dezember 1900 kam Max Planck mit der revoltionaren Hypothese, dass

die Energie eines Oszillators mit Frequenz ν keine beliebige Werte nehmen darf, sondern nurdiskrete Werte nε, wobei n eine positive ganze Zahl ist, und ε ein Energiequant ist, welches von

der Frequenz abhangen kann. Obwohl diese Hypothese nicht gleich von der ganzen Physikge-meinschaft akzeptiert wurde, konnte sie bald nachher benutzt werden, um andere Phanomene

zu erlautern, unter anderem in 1905 von Einstein, der mit der Einfuhrung eines Lichtquants dasPhotoeffekt erklaren konnte. Die Quantisierung des Lichtes offnete eine andere Perspektive auch

in der Frage des Atoms, so dass in 1913 Niels Bohr eine Quantisierung der atomaren Energien-iveaus aufrufen konnte, die die Linienspektren endgultig erklart hat. Die Quantenmechanik,

die neue Theorie geeignet fur die Beschreibung der mikroskopische atomare Welt, entwickelte

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2 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

sich nicht zuletzt aus dem Versuch, atomare Spektren zu verstehen. Dabei spielte der “Quan-tum” Begriff eine wichtige Rolle, sowohl fur das elektromagnetische Feld, als auch fur die Atome

selbst. Wie Max Planck zu der Quantisierung kam, wie Einstein diesen neuen Begriff auch furLicht benutzte und was die Energieniveaus der Atome laut Bohr sind, werden in den folgenden

Abschnitten einzeln angesprochen.

I.1.1 Eine klassische Beschreibung des Lichts: Maxwell’sche Gleichungen,

Potentiale und Eichtranformationen

Newton, einer der Pioniere in dem Bereich der Optik, war fest davon uberzeugt, Licht solleman als Teilchen beschreiben. Spater, mit der von Maxwell erreichten, so schonen Vereinigung

von Elektrizitat und Magnetismus, wurde aber klar, dass man Licht als propagierende elektro-magnetische Welle verstehen soll. Die klassichen Maxwell’schen Gleichungen beschreiben das

elektromagnetische Feld im freien Raum, und setzen elektrische Feld ~E(~r, t) und magnetische

Feld ~B(~r, t) in Beziehung zu einander,

∇ ~E = 0 ,

∇ ~B = 0 ,

∇× ~E = −∂~B

∂t,

∇× ~B =1

c2∂ ~E

∂t, (I.1)

(I.2)

wo c die Lichtgeschwindichkeit im Vakuum ist. Die Maxwell’schen Gleichungen bilden ein gekop-peltes System partieller Differentialgleichungen erster Ordnung fur die Komponenten der elek-

trischen und magnetischen Felder. In einfachen Fallen lassen sie sich zuweilen direkt losen.Zum Beispiel, fur das elektromagnetische Feld in freiem Raum kann man die Wellengleichung

schreiben,

∇2 ~E − 1

c2∂2 ~E

∂t2= 0 . (I.3)

Doch in vielen anderen Fallen, wenn es im Raum auch geladene Teilchen befinden, dessen

Ladungsdichte ρ(~r) und Strom ~J(~r, t) die Maxwell’schen Gleichungen betreten, ist eszweckmaßig, Potentiale einzufuhren, die die vier Differentialgleichungen auf nur zwei solcher

Gleichungen, wenn auch zweiter Ordnung, zuruckfuhren, und die homogenen Maxwell’schenGleichungen identisch erfullen. Dafur benutzt man das skalare Potential Φ(~r, t) und das

Vektorpotential ~A(~r, t), definiert durch

~B = ∇ ~A ,

~E = −∂~A

∂t−∇Φ . (I.4)

(I.5)

Die jetzt nur zwei Maxwell’schen Gleichungen lassen sich in folgender Weise durch die Potentiale

ausdrucken,

∇2Φ+∂

∂t(∇ · ~A) = − ρ

ε0,

∇2 ~A− 1

c2∂2 ~A

∂t2−∇

(

∇ · ~A+1

c2∂Φ

∂t

)

= −µ0 ~J . (I.6)

(I.7)

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I.1. PHOTONEN UND ATOME 3

Dabei sind ε0 und µ0 die elektrische, bzw. magnetische Feldkonstante, mit ε0µ0c2 = 1. Um

diese zwei Differentialgleichungen zu entkoppeln, bedienen wir uns die Tatsache, dass wir in der

Definition der Potentiale noch uber eine gewisse Freiheit verfugen. Wahrend die Felder ~E und ~Bdurch die Maxwell’sche Gleichungen festgelegte und experimentell messbare Werte haben, sind

die Potentiale noch willkurlich, weil ~E und ~B bei der Tranformation

~A → ~A′ = ~A+∇Λ ,

Φ → Φ′ = Φ− ∂Λ

∂t, (I.8)

(I.9)

ungeandert bleiben. Die Aquivalenz ~E, ~B ↔ ~A,Φ ist also nicht eindeutig, so lange man nicht

weitere Bedingungen fur die Potentiale festlegt. Die Transformation (I.9) heissen Eichtranforma-tionen, und die Invarianz der Felder unter solchen Transformationen nennt man Eichinvarianz.

Wahlt man Potentiale ~A,Φ, die die Lorenz-Bedingung

∇ · ~A+1

c2∂Φ

∂t= 0 (I.10)

erfullen, so gehoren sie zur Lorenz-Eichung. Ein weiteres Beispiel ist die Coulomb-Eichung,wofur die Bedingung

∇ · ~A = 0 , (I.11)

gilt. In diesem Kapitel wird meistens die Coulomb-Gleichung benutzt. Da die Feldobservablen

direkt verbunden zu ~E und ~B sind, mussen sie immer Eichinvariant sein. Die Eichinvarianzist deswegen oft als Test der berechneten Großen benutzt: ist der theoretische Erwartungswert

richtig berechnet, muss er auch in einer anderen Eichung gleich bleiben.

I.1.2 Die Strahlung eines schwarzen Korpers und das Planck’sche Quant

Nach Ende des neunzehnten Jahrhunderts sammelten sich die Beweise, dass die klassiche Physik,bzw. die Newton’sche Gesetze und die Maxwell’sche Gleichungen, nicht in der Lage sind, atomare

Prozesse zu beschreiben. Die ersten Hinweise fur die neue Physik kamen von der Untersuchungvon durch heisse Korper emittierter Strahlung. Wie jeder weiss, emittieren heisse Korper elektro-

magnetische Energie in der Form von Warme. Das passiert bei jeder Temperatur, und dabei wirdLicht mit allen Wellenlangen emittiert. Die Verteilung von den Wellenlangen, Spektralverteilung

gennant, hangt aber von der Temperatur ab. Bei niedriger Temperatur, z.B., ist die meistegestrahlte Energie in Infrarot, und die Frequenz der Strahlung wachst mit der Temperatur so

dass bei ungefahr 500C sichtbares Licht emittiert wird.Strahlung, die auf einen Korper zukommt, wird in der Regel zum Teil reflektiert und zum

Teil absorbiert. Dunkle Flachen, z.B., absorbieren mehr von der auftreffenden Strahlung alshelle Flachen. Als schwarzer Korper definiert man dann der Korper, der die ganze auftreffende

Strahlung (von beliebiger Frequenz) komplett absorbiert. Wenn der Korper in thermodynamis-chen Gleichgewicht mit seiner Umgebung ist, und damit bei einer konstanten Temperatur bleibt,

absorbiert und emittiert er dieselbe Menge von Energie in der Zeit, denn sonst wurde die Tem-peratur nicht konstant sein (eine solche Strahlung, die bei konstanter Temperatur absorbiert

oder emittiert ist, nennt man thermische Strahlung). Das bedeutet, dass je besser eine Flacheabsorbiert, desto besser strahlt sie auch. Schwarze Flachen absorbieren dann nicht nur am

besten, sie strahlen auch am meisten. Damit ist der schwarze Korper der effizienteste Strahlervon elektromagnetischer Energie, dessen Spektralverteilung nur von der Temperatur abhangt.

Da diese Verteilung von ganz allgemeiner Natur ist und nicht von dem Korper abhangt, muss

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4 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

man in der Lage sein, ihre Form aus grundlegenden Prinzipien herzuleiten. Deswegen wurde dieStrahlung des schwarzen Korpers als sehr wichtige Frage der Physik betrachtet.

Selbst berusste rauhe Flachen oder schwarzer Samt erfullen die Bedingung von totaler Ab-

sorbtion nur unvollkommen. Am besten tut dies ein kleines Loch in einem Hohlkorper, derbei konstanter Temperatur gehalten ist und wessen innere Wande schwarz sind. Strahlung, die

von aussen durch das Loch eintritt, wird im Inneren vielfach reflektiert oder gestreut und dabeijedes Mal zum Teil absorbiert; der Bruchteil, der aus dem Loch wieder herauskommt, ist daher

winzig. Die Strahlung aus dem Loch des Hohlraums, die erst bei hoher Temperatur dem Augesichtbar wird, ist also identisch mit der Strahlung eines schwarzen Korpers gleicher Temperatur.

Das ist der Grund, warum die schwarze Strahlung oder die Strahlung des schwarzen Korpers(auf englisch black body radiation) auf deutsch auch Hohlraumstrahlung heisst. Diese Strahlung

wurde als Funktion von Temperatur untersucht und die Spektralverteilung wurde fur mehrerenTemperaturen in dem Experiment von O. Lummer und E. Pringsheim in 1899 aufgenommen.

Die Form der Spektralverteilung ist in Abb. I.1 gezeigt. Dabei ist die Spektralfunktion R(λ) alsGesamtleistung der emittierten Strahlung von Wellenlange λ per Flacheeinheit definiert.

Abb. I.1: Spektrale Intensitatsverteilung der schwarzen Strahlung. Die Spektralfunktion R(λ)ist als Funktion der Wellenlange λ fur einige Temperaturen abgebildet.

Fur eine bestimmte Wellenlange, wachst R(λ) mit der Temperatur T , und bei jeder Tempera-tur, gibt es eine Wellenlange λ wofur R(λ) ein Maximum hat. Die Position dieses Maximums ist

laut Wien-Verschiebungsgesetz invers proportional zur Temperatur, λT = 2.898 × 10−3mK.Dieses Gesetz wurde von W. Wien in 1893 aus allgemeinen thermodynamischen Prinzipien

hergeleitet. Das Gesetz von Rayleigh und Jeans, welches die spektrale Energiedichte ρ(ν, T )in dem Hohlraum ergibt,

ρ(ν, T ) =8πν2

c3kBT , (I.12)

(kB ist hier die Boltzmann-Konstante) kann nur die rote Seite des Spektrums (grosse

Wellenlangen) gut beschreiben. Fur kleine Wellenlangen aber, wird die Energiedichteunendlich, was unter der Bezeichnung Ultraviolett-Katastrophe bekannt ist.

Mit Hilfe der klassichen Physik kann man diese Probleme nicht losen. Nachdem alle Versuche

zur Erklarung des Spektrums der schwarzen Strahlung aus den bekannten thermodynamischen

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I.1. PHOTONEN UND ATOME 5

und elektrodynamischen Gesetzen gescheitert waren, erkannte Max Planck in 1900, dass manhier eine der klassichen Physik grundsatzlich fremde Annahme einfuhren muss, namlich die

Quantenhypothese. Danach kann ein strahlendes System mit einem Strahlungsfeld nicht beliebigeEnergieportionen austauschen, sondern nur ganzzahlige Vielfache des Energiequantums hν, wo

h eine neue Naturkonstante ist, h = 6.626 × 10−34 J s. Die klassiche Elektrodynamik kenntkeine derartige Beschrankung fur den Energieaustausch zwischen einem Ladungssystem und

einer electromagnetischen Welle. Die Quantenhypothese rechtfertigte sich durch ihren Erfolg,und lieferte exakt die gemessene Energieverteilung ρ(ν, T ) der schwarzen Strahlung,

ρ(ν, T ) =8πhν3

c31

ehν/(kBT ) − 1. (I.13)

Die Rayleigh-Jeans und Wien Gesetze erwiesen sich als einfache Grenzfalle des Planck-Gesetzes.

Ein Vergleich der Planck und Rayleigh-Jeans spektralen Energiedichteverteilung mit experi-mentellen Daten ist in Abb. I.2 zu sehen.

Abb. I.2: Experimentell gemessene spektrale Verteilung (Punkten) im Vergleich zu demPlanckschen und Rayleigh-Jeans Gesetze fur eine Temperatur von 1600 K.

Planck selbst ware nicht so weit gegangen, das Licht zu quantisieren. Er lehnte ursprunglich

die einsteinsche Hypothese der Lichtquanten ab, als Einstein 1905 das photoelektrischen Effektdamit erklarte. Die formale Quantentheorie des Lichtes wurde erst seit 1925 beginnend mit

Arbeiten von Max Born, Pascual Jordan und Werner Heisenberg entwickelt. Die bis heutegultige Theorie der elektromagnetischen Strahlung, welche auch die Lichtquanten beschreibt,

die Quantenelektrodynamik (QED), geht in ihren Anfangen auf eine Arbeit von Paul Dirac imJahr 1927 zuruck, in der er die Wechselwirkung von quantisierter elektromagnetischer Strahlung

mit einem Atom beschreibt. Die QED wurde in den 1940er Jahren entwickelt und 1965 mit derVerleihung des Nobelpreises fr Physik an Richard P. Feynman, Julian Schwinger und Shin’ichiro

Tomonaga gewurdigt. Wir geben hier nur eine kurze Einfuhrung in der Quantisierung des freienFeldes und erlautern dabei einige grundlegenden Begriffe, die in der Laserphysik eine wichtige

Rolle spielen.

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6 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

I.1.3 Das elektromagnetische Feld wird quantisiert

Wie kann man eine Welle uberhaupt quantisieren? Tatsachlich ist der Interpretation von den

fruher erwahnten ~E und ~B als gewohnliche Felder klassicher Natur, und diese Felder sind nur alseinen klassichen Limes einer quantenmechanischen Beschreibungsweise durch reelle oder virtuelle

Photonen1 zu betrachten. Wie kommt man aber von den Feldern zu dem Photon?

Um das Feld zu quantisieren, fuhrt man eine Entwicklung des Feldes nach seinen Nor-malmoden. Dafur muss man das Feld in einem Hohlraum betrachten, oder den Raum in

Wurfel zerglegen, die periodischen Randbedingungen erfullen, und in jedem Wurfel nach denNormalmoden suchen. Betrachten wir zuerst das elektrische Feld (linear polarisiert in der x-

Richtung) in einem eindimensionalen Hohlraum von Lange L, siehe Abb. I.3. Jede beliebigeSchwingung des Feldes in dem Hohlraum kann als eine Superposition von unendlich vielen

Grundschwingungen, die die stehenden Wellen in dem Hohlraum entsprechen - die Normalmodenoder Eigenmoden des Hohlraums. Fur das Beispiel in Abb. I.3, lautet dann das elektrische Feld

Ex(z, t) =∑

j

Ajqj(t) sin(kjz) . (I.14)

Dabei hat jede Mode die Frequenz νj, mit kj = 2πνj/c = 2πj/L, und qj sind die zeitabhangigen

Normalmodeamplituden, j = 1, 2, 3, . . ., mit den Entwicklungskoeffizienten Aj . Von denMaxwell’schen Gleichungen erfahrt man auch das magnetische Feld, in die y Richtung orien-

tiert,

By(z, t) =∑

j

µ0Ajqj(t)ε0kj

cos(kjz) . (I.15)

Die klassische Hamiltonfunktion fur das Feld ist gegeben durch

H =1

2

V

d3r

(

ε0E2x +

1

µ0B2

y

)

, (I.16)

wo V das Hohlraumvolumen bezeichnet. Da die Eigenmoden des Hohlraums orthogonal zu

einander sind, hat die Hamilton-Funktion die Gestalt der Hamiltonfunktion eines eindimension-alen harmonischen Oszillatores,

H =1

2

j

mj(ω2j q

2j + q2j ) , (I.17)

mit mj eine modeabhangige Konstante (hier der Analogie zuliebe mit m wie Masse bezeichnet)und ωj = 2πνj . Jede Feldmode ist also in ihrer Dynamik aquivalent zu einem mechanischen

harmonischen Oszillatoren, so dass man die erhaltene Entwicklung als Entwichlung des Feldes

nach Oszillatoren bezeichnet. Die Normalmodenamplituden qj und die entsprechenden Impulsenpj = mj qj stehen fur die kanonischen Variablen, die man quantisieren kann.

Die Quantisierung erfolgt dann durch die Einfuhrung der Operatoren qj und pj , die dieVertauschungsrelationen

[

qj, pj′]

= i~δjj′ ,[

qj, qj′]

=[

pj , pj′]

= 0 , (I.18)

1Ubrigens ist der Name Photon nicht von Einstein eingefuhrt worden. Einstein nannte das Photon

“Lichtquant”. Der Begriff Photon wurde 1926 durch den Chemiker Gilbert Newton Lewis in einem Aufsatz

in der Zeitschrift Nature fur die elementare Anregung des quantisierten elektromagnetischen Feldes eingefuhrt.

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I.1. PHOTONEN UND ATOME 7

Abb. I.3: Elektromagnetisches Feld von Frequenz ν und Polarisation in der x-Richtung in einemHohlraum.

erfullen. Fur den weiteren Ablauf ist es geschickter andere Operatoren statt qj und pj zubenutzen, und zwar, definieren wir

aje−iνjt =

1√

2mj~ωj

(mjωj qj + ipj) ,

a†jeiνjt =

1√

2mj~ωj

(mjωj qj − ipj) . (I.19)

Mit Hilfe dieser Operatoren kann man den Hamiltonoperator fur das Feld (laut Gleichung I.17)als

H =∑

j

~ωj

(

a†j aj +1

2

)

(I.20)

schreiben. Die neue Operatoren, aj und a†j erfullen die Vertauschungsrelationen

[

aj , a†j′

]

= δjj′ ,

[

aj , aj′]

=[

a†j, a†j′

]

= 0 (I.21)

und sind under den Namen Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren bekannt, weil ihre Wirkung

die Vernichtung, bzw. Erzeugung von Photonen einer Mode j ist, wie demnachst erlautert.

Die elektrische und magnetische Felder lassen sich mit den neu eingefuhrten Operatoren wiefolgt ausdrucken

Ex(z, t) =∑

j

Ej(aje−iνjt + a†jeiνjt) sin(kjz) ,

By(z, t) = − ic

j

Ej(aje−iνjt − a†jeiνjt) cos(kjz) , (I.22)

mit

Ej =(

~ωj

ε0L

)1/2

. (I.23)

Damit hat man das Feld in dem eindimensionalen Fall quantisiert. In einer ahnlichen Art undWeise kann man das dreidimensionalem Raum quantisieren. Man betrachtet das Feld in einem

grossen, aber endlichen Volumen V = L3, wo L die Kantenlange des Wurfels bezeichnet. Ein

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8 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

Feld in einem endlichen Volumen kann nach fortschreitenden ebenen Wellen entwickelt werden,so dass die elektrische und magnetische Komponente lauten

~E(~r, t) =∑

~k

~ǫ~kE~kα~ke−iνkt+i~k·~r + c.c. ,

~B(~r, t) =∑

~k

~k × ~ǫ~kωk

E~kα~ke−iνkt+i~k·~r + c.c. . (I.24)

wobei die Summe uber eine diskrete unendliche Menge von Werten des Vektors ~k = (kx, ky , kz)lauft, ~ǫ~k der Polarisationseinheitsvektor ist und α~k dimensionlose Amplituden dastellen. Wie in

dem eindimensionalen Fall gilt

E~k =

(

~ωk

ε0V

)1/2

. (I.25)

Die Wellen in unseren Wurfeln von Kantenlange L mussen periodische Randbedingungen

erfullen, das heisst, die Funktion ei~k·~r muss auf der Eingangsflache und der Ausgangsflache

gleich sein. Diese Bedingungen ergeben bestimmte diskrete Werte fur ~k,

kx =2πnxL

, ky =2πnyL

, kz =2πnzL

, (I.26)

mit den Ganzzahlen nx, ny und nz (0, ±1, ±2, . . . ). Eine elektromagnetische Mode ist dabei

durch die drei Zahlen (nx, ny, nz) definiert. Aus den Maxwell’schen Gleichungen, die ~k · ~ǫ~k = 0

verlangen, ergibt sich die Polarisation des Feldes, mit zwei mogliche Polarisationsrichtungen ~ǫ~kfur jeden ~k.

Die Quantisierung eines solchen dreidimensionalen Feldes ist moglich, indem man die dimen-sionlosen Amplituden α~k und α∗

~kals die harmonischen Oszillatoren Operatoren a~k und a†~k

, mit[

a~k, a†~k

]

= 1 identifiziert. Damit kommt man zu der quantisierten Form der Felder,

~E(~r, t) =∑

~k

~ǫ~kE~ka~ke−iνkt+i~k·~r + h.c. ,

~B(~r, t) =∑

~k

~k × ~ǫ~kωk

E~ka~ke−iνkt+i~k·~r + h.c. . (I.27)

In vielen Fallen sind die Feldanteile mir positiver und negativer Frequenz getrennt betrachtet,

also das elektrische Feld schreibt man als

~E(~r, t) = ~E(+)(~r, t) + ~E(−)(~r, t) , (I.28)

mit

~E(+)(~r, t) =∑

~k

~ǫ~kE~ka~ke−iνkt+i~k·~r ,

~E(−)(~r, t) =∑

~k

~ǫ∗~kE~ka†~keiνkt−i~k·~r . (I.29)

Dabei beinhaltet ~E(+)(~r, t) nur Vernichtungsoperatoren und ~E(−)(~r, t) nur Erzeugunsoperatoren.

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I.1. PHOTONEN UND ATOME 9

Wieviele Moden gibt es in dem Frequenzbereich (ω, ω+ dω)? Dafur brauchen wir zu wissen,wieviele 3-Tupel (nx, ny, nz), bzw. ~k Vektoren, es in dem Frequenzintervall gibt. Lass uns die

Summe∑

~k 1 berechnen, was auch als Integral dargestellt werden kann,

~k

1 = 2

(

L

)3 ∫

d3k . (I.30)

Dabei steht der Faktor 2 fur die zwei mogliche Polarisationswerte fur jeden ~k. Das Volumenele-ment in dem ~k-Raum kann man in Kugelkoordinaten schreiben,

d3k = k2dk sin θdθdφ =ω2

c3dω sin θdθdφ . (I.31)

Die Anzahl von Moden im Volumen L3 mit Frequenzen zwischen ω und ω + dω ist dann

dN = 2

(

L

)3 ω2

c3dω

π∫

0

sin θdθ

2π∫

0

dφ =L3ω2

π2c3dω . (I.32)

I.1.4 Fock Zustande oder Anzahl von Photonen

Lass uns demnachst den Hamiltonoperator des freien Feldes betrachten. Als Vereinfachung seies der Hamiltonoperator eines unimodalen Feldes mit Frequenz ω,

H = ~ω

(

a†a+1

2

)

. (I.33)

Die Bestimmung der Eigenwerte dieses Hamiltonoperators stellt keine besondere Schwierigkeitendar, da sie auf das bekannte Problem der Energieniveaus harmonischer Oszillatoren

zuruckgefuhrt werden kann. Nehmen wir die Eigenwerte En, die den Eigenzustanden |n〉ensprechen,

H|n〉 = ~ω

(

a†a+1

2

)

|n〉 = En|n〉 . (I.34)

Wenn wir jetzt den Operator a von links anwenden, ergibt sich

aH|n〉 = ~ω

(

aa†a+1

2a

)

|n〉 = Ena|n〉 , (I.35)

was nach der Anwendung der Vertauschungsrelation dazu fuhrt, dass

Ha|n〉 = (En − ~ω)a|n〉 . (I.36)

Der Zustand a|n〉 ist also bis zu einer Konstante, die man aus der Normierungsbedingung er-

fahren kann, auch ein Eigenzustand von dem Hamiltonoperator, zu dem Eigenwert (En − ~ω).Genau so kann man zeigen, dass a†|n〉 Eigenzustand des Hamiltonoperators ist fur den Eigen-

wert (En + ~ω). Die Erzeugungs-, bzw. Vernichtungsoperatoren erhohen, bzw. reduzieren dieEnergie des Feldes mit einem Quantum ~ω, erzeugen oder vernichten also ein Photon. Dabei

entspricht n die Besetzungszahl, und a|n〉 = cn|n − 1〉. Wendet man den Vernichtungsoperatorn Mal an, so steigt man auf die Energieleiter in ~ω Schritte ab bis

Ha|0〉 = (E0 − ~ω)a|0〉 , (I.37)

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10 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

wo E0 die Grundzustandsenergie ~ω/2 ist. Da die Energie nicht kleiner werden kann als dieGrundzustandsenergie, muss man ruckschliessen, dass a|0〉 = 0 ist. Der |0〉 Zustand, wovon man

keine weitere Photonen vernichten kann, ist dann der Vakuum-Zustand. Die Energie-Eigenwertelassen sich genau wie bei dem harmonischen Oszillator durch

En =

(

n+1

2

)

~ω (I.38)

beschreiben. Es lasst sich leicht zeigen, dass |n〉 auch einen Eigenzustand von dem Operator a†a

ist,a†a|n〉 = n|n〉 . (I.39)

Dabei nennt man den Operator N = a†a der Besetzungszahloperator. Die Normierungskonstan-ten cn, meistens als reelle Zahlen angenommen, kann man relativ einfach aus der Normierungs-

bedingung

〈n− 1|n − 1〉 = 1

|cn|2〈n|a†a|n〉 = n

|cn|2〈n|n〉 = n

|cn|2= 1 (I.40)

rechnen, was cn =√n ergibt. Ahnlich kann man auch die Wirkung der Erzeugungsoperatoren

a† und die entsprechende Normierungskonstante finden, mit der Zusammenfassung

a|n〉 =√n|n− 1〉 ,

a†|n〉 =√n+ 1|n+ 1〉 . (I.41)

Ganz anschaulich ist es die Energie-Eigenwerte (I.38) als die Anwesenheit von n Quanta oder

Photonen von Energie ~ω zu betrachten. Daher auch der Begriff Besetzungszahlen. Die Eigen-zustanden |n〉 sind auch Fock Zustanden oder Besetzungszahlzustanden des Photonenfeldes

genannt. Eine schematische Abbildung der Energieniveaus ist in Abb. I.4 dargestellt. DieFock Zustanden stellen ein vollstandiges System dar, so dass

∞∑

n=0

|n〉〈n| = 1 . (I.42)

Die Energie-Eigenwerte sind nach der Quantisierung diskret, im Gegensatz zu der klassichen

Theorie, wo die Energie beliebige Werte annehmen kann. Die Energie-Erwartungswert kannaber in der Tat beliebige Werte annehmen, da der Zustandsvektor meistens eine Superposition

der Eigenzustande ist,|Ψ〉 =

n

bn|n〉 . (I.43)

Aus der Eigenschaften der Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren ergibt sich die Er-wartungswert von einem linear polarisierten Feld mit nur einer Mode,

〈n| ~E|n〉 = 0 . (I.44)

Uberrachenderweise sind die Feldfluktuationen (Erwartungswert von ~E2) nicht null,

〈n| ~E2|n〉 = 2|E|2(

n+1

2

)

. (I.45)

Besonders merkurdig ist es, dass die Feldfluktuationen sogar fur den Vakuumzustand nichtnull sind, was eine Reihe von interessanten Phanomenen in der Quantenoptik verursacht, siehe

die Diskussion um die spontante Emission spater. Es ist auch zu beachten, dass wir hier den

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I.1. PHOTONEN UND ATOME 11

Abb. I.4: Energieniveaus des harmonischen Oszillators, der zu dem quantisierten elektromag-netischen Feld asoziiert wird. Der Erzeugungsoperator a† addiert ein Energie-Quantum ~ω,wahrend ein Vernichtunsoperator a dieselbe Menge Energie abzieht.

vereinfachten Fall eines Feldes mit nur einer Mode betrachtet haben—in der Wirklichkeit sind es

eine unendliche Menge von Moden, was sowohl die Fluktuationen, als auch die Nullpunktenergiedes Feldes E0 dann unendlich machen. Wahrend man die Nullpunktenergie mit irgendeiner

formaler Subtraktion vermeiden kann, bleibt das Problem der unendlichen Fluktuationen erstmalnicht gelost.

Die klassische Ausdrucke fur das elektromagnetische Feld als Uberlagerung ebener Wellenin der Quantentheorie sind als Operatorausdrucke anzusehen. Der physikalische Sinn dieser

Operatoren ist jedoch sehr beschrankt. Ein physikalisch sinnvoller Feldoperator musste fur denZustand des Photonenvakuums die Werte Null fur das Feld ergeben, was aber wie schon erwahnt

nicht der Fall ist.

I.1.5 Klassisch oder quantenmechanisch?

Klassisch kann man also das Licht mit den gewohnlichen Feldern ~E und ~B beschreiben, quan-tenmechanisch spricht man von Photonen. Bei makroskopischen und sogar manchen atomaren

Phanomenen kann man die Diskretheit der Photons ignorieren. Siehe das Beispiel von dembekannten Jackson-Buch [Jack2006]: das mittlere elektrische Feld einer 100 Watt-Gluhbirne in

1 Meter Entfernung von ihr hat die Grossenordnung von 50 V/m, und es befinden sich dortungefahr 1015 Photonen/cm2×s. Normalerweise spricht ein Gerat nicht auf die individuellen

Photonen an, sondern es ist der kumulative Effekt vieler emittierter oder absorbierter Photo-nen, der als kontinuierliche, makroskopisch beobachtbare Wirkung erscheint. In diesem Fall

ist eine rein klassische Beschreibungsweise durch die Maxwell’schen Gleichungen erlaubt undangemessen.

Wie kann man aber entscheiden, wann die klassische Beschreibungsweise des elektromag-netischen Feldes adaquat ist? Das folgende Kriterium ist meistens ausreichend: Kann die Zahl

der Photonen als groß betrachtet werden, ist aber der Impuls eines einzelnen Photons im Ver-gleich zu dem des Materiesystem, mit dem er wechselwirkt, klein, so lasst sich die Reaktion des

Materiesystems in adaquater Weise aus einer klassichen Beschreibung des elektromagnetischen

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12 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

Feldes gewinnen. Die Streuung von Licht an einem freien Elektron, z.B., kann bei niedrigenFrequenzen durch die klassiche Thomson-Formel beschrieben werden, jedoch durch die Gesetze

des Compton-Effektes, sobald der Impuls ~ω/c eines einzelnen Photons gegenuber mc groß wird.Der photoelektrische Effekt ist fur das Materiesystem nichtklassicher Natur, da die quasifreien

Elektronen im Metall ihre Einzelenergien um Betrage andern, die denen der absorbiertern Pho-tonen entsprechen. Jedoch kann der photoelektrische Strom der Elektronen quantenmechanisch

berechnet werden, unter Zugrundelegung einer klassichen Beschreibung des elektromagnetischenFeldes.

Die Quantennatur des elektromagnetischen Feldes muss dagegen berucksichtigt werden beider spontanen Emission von Strahlung durch Atome oder andere Systeme, wenn namlich zu

Beginn uberhaupt keine Photonen vorhanden sind und auch nach Abschluss des Prozesses nursehr wenige. Allerdings kann man auch hier im zeitlichen Mittel das elektromagnetische Feld in

Wesentlichen immer noch klassich beschrieben werden. Dabei fugt man die Quanteneffekte wiedie spontane Emission per Hand ein. Ein solches Beispiel ist im nachsten Abschnitt dargestellt,

wo wir die Wechselwirkung zwischen Atomen und einem unimodalen Feld semiklassich betra-chten.

I.2 Wechselwirkung zwischen Atom und Strahlung

Bevor man die grundlegende Prozessen beschreibt, die zwischen Atomen und Photonen stattfin-

den konnen, muss man eine kurze Einfuhrung in der Welt der Atome geben. Der Begriff Atomgibt es eigentlich schon seit der Antike. Griechische Philosophen, vor allen Demokrit, hatten

schon die Vorstellung, die Welt sei aus leeren Raum und Atomen, die kleinsten unteilbarenEinheiten, zusammengesetzt. Es gab allerdings auch Gegner dieser Hypothese, unter anderen

Aristoteles. Nach weiteren mehr als zwei Tausend Jahren Gedankenpause und einer langen De-batte zwischen Chemikern und Physikern, war am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die

Existenz der Atome jedem klar.Unsere Kenntnis von der Struktur und vom Aufbau der Atome wurde entscheidend durch

die Untersuchung der optischen Spektren vermittelt. Nachdem Kirchhoff und Bunsen um 1860gezeigt hatten, dass die optischen Spektren charakteristisch fur die chemischen Elemente sind, die

das Licht emittieren oder absorbieren, wurde eine erste gesetzmassige Ordnung in die Spektrender Atome durch Balmer (1885) mit der nach ihm benannten Formel fur die von Wasserstoff-

Atomen emittierten Spektrallinien gebracht. Zu der Zeit war aber die Ursache der Spektralliniennoch nicht bekannt. Die Entdeckung der Radioactivitat rief viele weiteren Fragen zu der inneren

Struktur des Atoms hervor. Ein Atommodel musste entwickeln werden, welches sowohl die schonbekannte Anwesenheit der Elektronen in dem Atom als auch die Ladungs- und Masseverteilung

erklaren kann.

I.2.1 Das Bohrsche Modell des Wasserstoff-Atoms

Der entscheidende Ansatz stammt von Bohr (1913). Er nahm entsprechend dem RutherfordschenAtommmodell an, dass sich die Elektronen um den Kern ahnlich wie die Planeten um die Sonne

auf Kreisbahnen bewegen. Das Problem bei dem Rutherford Modell war aber, dass sich dieEmission und Absorbtion von Licht mit den bekannten Gesetzen der klassischen Elektrodynamik

nicht zu verstehen lassen. Klassisch sollten Bahnen mit beliebigem Radius und damit einekontinuierliche Folge von Energiewerten fur das Elektron in dem Feld des Kerns moglich sein.

Wurde man die in den Spektralserien in Erscheinung tretenden Energieniveaus jedoch als Wertefur die Energie des Elektrons ansehen, so musste man annehmen, dass nur diskrete Energiewerte

moglich sind. Weiterhin sind Elektronen auf Kreisbahnen beschleunigte Ladungen und sollten als

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I.2. WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG 13

solche elektromagnetische Strahlung abstrahlen, dadurch Energie verlieren und instabile Bahnenhaben.

Um diese Diskrepanz zu den Gesetzen der klassichen Physik zu vermeiden, stellte Bohr inForm von drei Postulaten Forderungen fur von den Gesetzen der klassischen Physik abweichendes

Verhalten der Elektronen im Atom auf. Diese Postulate erwiesen sich als ein ausserst wichtigerSchritt zur Quantenmechanik:

• die klassische Bewegungsgleichungen sollen fur die Elektronen in Atomen zwar gelten. Es

sollen aber nur bestimmte, diskrete Bahnen mit den Energien En erlaubt sein!

• Die Bewegung der Elektronen auf diesen gequantelten Bahnen erfolgt strahlungslos. EinElektron kann von einer Bahn mit hoherer Energie En unter Emission von Strahlung auf

eine Bahn mit geringerer Energie En′ ubergehen. Die Frequenz der dabei emittiertenStrahlung ergibt sich aus En−En′ = ~ω. Bei Absorption von Licht erfolgt der umgekehrte

Prozess.

• Zu Berechnung der Energien aus atomaren Großen benutzte Bohr den Vergleich der Um-lauffrequenz der Elektronen auf den Bahnen mit der Frequenz der emittierten oder ab-

sorbierten Strahlung. Fur kleine Bahnradien trifft dies uberhaupt nicht zu. Es war aller-dings erwartet, dass mit wachsendem Bahnradius r die Gesezte der quantisierten Atom-

physik in diejenigen der klassichen Physik ubergehen sollen, und damit dieser Vergleichgerechtfertigt wird.

Ob Linien zugleich in Absorption oder Emission beobachtbar sind, ist eine Frage der Be-

setzung der Energiezustande. Absorption aus einem Energiezustand setzt voraus, dass dieserZustand mit einem Elektron besetzt ist. Bei Emissions-Ubergangen fallt ein Elektron von einem

hoheren Zustand in einem unbesetzten tieferen. Das Elektron muss vorher durch einen Anre-gungsprozess, also durch Energiezufuhr, in den hoheren Zustand gehoben worden sein.

Damit ist das Problem des Wasserstoffatoms noch nicht erledigt, da das Bohrsche Modellnur eine qualitative Aussage hat. Wichtig fur die Zeit war aber die Erkenntnis, dass man die von

Planck eingefuhren Quantisierung auch fur die Atome benutzen muss und damit in die Welt derQuantenmechanik eintrifft. Eine genaue beschreibung der Atome und deren Spektren erfolgt

uber die Losung der Schrodinger Gleichung und, mit Berucksichtigung des Elektronenspins,der Dirac Gleichung. Die Dirac Gleichung fur das Wasserstoffatom wird erstmal in Kapitel III

erlautert. Fur die Grundlagen der Atom-Licht Wechselwirkung beschrenken wir uns zunachstauf einem einfachen Bohr Modell mit quantisierten Energieniveaus.

I.2.2 Strahlungsgesetze nach Einstein

Ein Atom mit zwei Energiezustanden E1, E2 kann nach Einstein auf drei verschiedene Arten mit

elektromagnetischer Strahlung in Wichselwirkung treten [Eins1917], siehe auch die schematischeDarstellung in Abb. I.5:

• Absorption eines Lichtquantums bringt das Atom aus dem tieferen Zustand E1 in den

energetisch hoheren Zustand E2. Dabei verschwindet ein Lichtquantum der Energie E =E2 − E1 = ~ω aus dem Strahlungsfeld.

• Emission erfolgt aus dem Zustand E2 spontan mit einer Zeitkonstanten, die man als

naturliche Lebensdauer dieses Zustandes bezeichnet. Dabei wird ein Lichtquant der En-ergie E an das Strahlungsfeld abgegeben. Die spontane Emission hangt nicht vom der

Strahlungsdichte ab, bzw. die ist unabhangig von der Zahl der vorhandenen Photonen,

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14 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

sonder nur proportional zur Zahl der angeregten Atome. Quantenmechanik untersagtspontane Ubergange, und spontane Emission kann nur im Rahmen der QED betrach-

tet werden, d.h., sie kann anhand einer klassichen Beschreibung des Feldes nicht erklartwerden.

• Ebenso wie Lichtquanten absorbiert werden konnen, konnen Lichtquanten aus dem

Strahlungsfeld auch Emission erzwingen, wenn das Atom sich in hoheren Zustand E2

befindet. Fur diese erzwungene oder induzierte Emission sind also primar Lichtquanten

erforderlich. Zu den vorher verhandenen Photonen tritt bei der Emission noch ein weitereshinzu.

Bemerkung. Die richtige Erklarung der spontanen Emission entsteht im Rahmen der QED und

ist jenseits des Umfangs dieser Vorlesung. Ganz anschaulich soll man sich die spontane Emissionals eine von den Vakuumfluktuationen induzierte Emission vorstellen. Vakuumfluktuationen gibt

es gar nicht in der klassichen Elektrodynamik, sondern sie entstehen bei der Quantisierung desFeldes, wie man schon im Abschnitt I.1.4 gesehen hat.

Abb. I.5: Absorption, spontane und induzierte Emission von Strahlung der Quantenenergie hνzwischen zwei Energieniveaus E1 und E2.

Anhand der drei Prozesse konnte Einstein die Plancksche Formel sehr anschaulich ableiten.Die Strahlungsdichte ρ(ν, T ) ist was uns interessiert. Die folgenden Ubergange sind dann

moglich:Absorption von 1 nach 2. Die Anzahl der Prozesse je Zeiteinheit ist der Besatzungszahl N1 (s.

Abb. I.6) und der Strahlungsdichte ρ(ν, T ) proportional,

dN12 = B12ρ(ν, T )N1dt . (I.46)

Der Proportionalitatfaktor B12 heisst Einstein-Koeffizient und misst die Warscheinlichkeit eines

Ubergangs je Zeit- und Strahlungsdichte-Einheit.

Der Ubergang von 2 nach 1 setzt sich nach Abb. I.6 aus 2 Prozessen zusammen: aus der

spontane Emission von 2 nach 1. Die Zahl dieser Prozesse je Zeiteinheit ist der BesetzungszahlN2 proportional. Es gilt

dN ′21 = A21N2dt , (I.47)

wo A21 ebenfalls ein Einstein-Koeffizient ist, der die Warscheinlichkeit eines Ubergangs je Zeit-

einheit misst. Der zweite Zerfallsprozess ist die induzierte Emission von 2 nach 1. Sie ist in

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I.2. WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG 15

Abb. I.6: Zur Ableitung der Planckschen Gleichung: zwei Energieniveaus E1 und E2 mit denBesetzungszahlen N1 und N2 sind durch Ubergange mit den Warscheinlichkeiten B12, B21 undA21 verbunden.

Analogie zu (I.46) ebenfalls der Besatzungszahl N2 und der Strahlungsdichte ρ(ν, T ) propor-tional,

dN ′′21 = B21ρ(ν, T )N2dt , (I.48)

wo B21 ein Einstein-Koeffizient analog zu B12 ist.

Im Gleichgewicht erfolgen gleich viele Ubergange in beiden Richtungen. Es muss daher

dN12 = dN ′21 + dN ′′

21 (I.49)

geben, was weiter laut (I.46),(I.47) und (I.48) bedeutet

N2

N1=

B12ρ(ν, T )

A21 +B21ρ(ν, T ). (I.50)

Da thermisches Gleichgewicht besteht, kann das Verhaltnis der Besetzungszahlen der

Energiestufen aber gemass der Boltzmann-Verteilung berechnet werden,

N2

N1=

e−E2/(kBT )

e−E1/(kBT ). (I.51)

Daraus folgt

B12ρ(ν, T )

A21 +B21ρ(ν)=

e−E2/(kBT )

e−E1/(kBT ), (I.52)

und

ρ(ν, T ) =A21

B12ehν/(kBT ) −B21. (I.53)

Zur Bestimmung der Koeffizienten A und B benutzt man jetzt die Grenzbedingung, dass furT → ∞ die Strahlungsdichte ρ(ν) auch gegen ∞ gehen muss, das heisst, der Nenner in der

obigen Gleichung muss gegen Null gehen, was B12 = B21 ergibt. Ausserdem muss fur kleineFrequenzen hν ≪ kBT das experimentell bestatigte Rayleigh-Jeans Gesetz gelten,

ρ(ν, T ) =8πν2

c3kBT . (I.54)

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16 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

Mit der Reihenentwicklung exp[hν/(kBT )] = 1 + hν/(kBT ) + . . . folgt dann

ρ(ν, T ) =A21

B12[ehν/(kBT ) − 1]=A21

B12

kBT

hν, (I.55)

was durch Vergleich mit dem Rayleigh-Jeans Gesetz zu

A21

B12=

8πhν3

c3(I.56)

fuhrt. Damit haben wir schliesslich die Plancksche Formel erhalten,

ρ(ν, T ) =8πhν3

c31

ehν/kBT − 1=

8πν2

c3hν

1

ehν/kBT − 1. (I.57)

Diese Aufteilung der Planckschen Formel in die drei Faktoren wie oben lasst deutlich ihre Struk-

tur erkennen: der erste Faktor ist die Zustandsdichte, die man aus dem Anzahl von Moden in(I.32) berechnen kann, der zweite das Energiequant eines jeden Zustands, und der dritte die

Anzahl der Quanten, mit denen jeder Zustand im statistischen Mittel besetzt ist. Zwischen denEinstein-Koeffizienten fur die Ubergange zwischen 1 und 2 gilt

A21 =8πhν3

c3B12 (I.58)

was dem Kirschhoffschen Gesetz entspricht, wonach die Warscheinlichkeit fur spontane Emissionund Absorption einander proportional sind.

I.2.3 Die induzierte Emission und der Laser

Das Wort Laser ist ein Kunstwort, das aus den Anfangsbuchstaben von Light Amplificationby Stimulated Emission of Radiation besteht. Wie kommt man aber zu “verstarkter”

Strahlung? Von den drei Prozessen, die in dem letzen Abschnitt als Atom-Licht Wechsel-wirkungsmoglichkeiten beschrieben wurden, kann lediglich nur die induzierte Emission die

Strahlung verstarken. Nur in diesem Prozess vermehren sich die Photonen.

In der Tat, under bestimmten Bedingungen kann induzierte Emission ein physikalischesMechanismus fur optische Verstarkung darstellen. Das Laser Licht ist eine durch induzierte

Emission hervorgerufene kollektive Ausstrahlung. Koharente2 induzierte Emission von vielenAtomen ist dann nicht nur verstarktes Licht, sondern auch Licht mit besonderen Eigenschaften:

eine besonders hohe Monochromasie, mit Linienbreiten von der Großenordnung eines Hertz,eine sehr starke Bundelung des Lichts, die praktisch nur durch Beugungseffekte am Austritts-

fenster des Lasers begrenzt ist, und eine hohe Strahlungsintensitat (insgesamt also eine sehrhohe Photonenflussdichte in einem sehr engen Spetktralbereich) in ultrakurzen Lichtpulsen.

Allerdings ist die kollektive Ausstrahlung des Lasers nicht so einfach zu erzeugen, da die

induzierte Emission normalerweise viel schwacher als die Absorption (die auch stattfinden kannwenn ein Photon vorbei kommt) ist, was man an die ubliche großere Besetzung des unteren

Niveaus zuruckfuhren kann. Fur ein Gas von 2-Niveau Systeme im thermischen Gleichgewichtist aber laut (I.51) das Verhaltnis gleich

N2

N1= e−(E2−E1)/(kBT ) < 1. (I.59)

2siehe die Diskussion uber den Begriff Koharenz am Ende des Kapitels

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I.2. WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG 17

Ein thermisches Gas schwacht also in jedem Fall die einfallende Welle. Um eine Verstarkungzu erlangen, muss eine Inversion der Besetzungszahlen vorliegen, derart, dass das betrachtete

VerhaltnisN2

N1> 1 (I.60)

wird. Die obige Inversionsbedingung ist zwar notwendig, aber keineswegs hinreichend fur den

Lasereinsatz. Vielmehr muss sich die stimulierte Emission nicht nur gegen die Absorption, son-dern auch gegen die Konkurrenz der spontanen Emission durchsetzen. Hierzu wird ein gewisser,

minimaler Schwellenwert der Inversion verlangt, der im einzelnen erst im nachsten Kapitel, imAbschnitt zur Schawlow-Townes-Schwellenbedingung abgeleitet wird.

Die weitere Diskussion uber den Laser und sein Funktionsprinzip wird fur das folgendeKapitel gelassen, welches voruberwiegend experimentelle Aspekte beinhaltet. An dieser Stelle

wollen wir weiter die Wechselwirkung zwischen Atome und Licht untersuchen. Der Laser istein fast einmodales Feld, der zugrunde einen atomaren Ubergang hat. Dementsprechend hat

das Laser Licht die geeignete Energie, resonant mit Atomen zu wechselwirken und atomareUbergange zu treiben. Einer der einfachsten aber nicht trivialen Aufgaben zum Thema Atom-

Strahlung Wechselwirkung ist die Kopplung von einem zwei-Niveau Atom an einem einmodalenelektromagnetischen Feld, welche in dem nachsten Abschnitt erlautert wird.

I.2.4 Semiklassiche Atom-Feld Wechselwirkung

Sei es ein Feld mit einer einzigen Mode - also ein monochromatisches Feld, der mit einem Atomwechselwirkt. Der Laser ist so ein (fast) monochromatisches Feld. Man kann das Atom als ein

zwei-Niveau System betrachten, wenn die zwei Niveaus resonant oder fast resonant mit dem Feldsind, wahrend alle andere atomare Niveaus deutlich vestimmt sind. Unter einigen realistischen

Naherungen ist es moglich, diese Aufgabe zu losen. Wir betrachten demnachst diese Aufgabeunder der semiklassichen Annahme, demnach zufolge das Atom ein quantenmechanisches zwei-

Niveau System sei, das Feld dagegen ein klassisches Feld. Das System erlebt von dem Feldgetriebenen Oszillationen zwischen den zwei Zustanden, auch Rabi Oszillationen gennant.

Um die Dynamik des Systems zu beschreiben, starten wir von einem Atom-Feld Wechsel-wirkung Hamiltonoperator, was die minimale Atom-Strahlung Kopplung entspricht,

H =1

2m

[

~p− e ~A(~r, t)]2

+ eΦ(~r, t) + V (r) . (I.61)

Hier ist ~p der kanonische Impulsoperator, ~A(~r, t) und Φ(~r, t) sind die zwei Potentiale, die dasFeld beschreiben, und V (r) ist das elektrostatische Bindungspotential im Atom. Wir verzichten

hier auf die Operatorzeichen . Mit diesem Hamiltonoperator schreiben wir die SchrodingerGleichung,

HΨ = i~∂Ψ

∂t. (I.62)

Hier beschreibt die Wellenfunktion Ψ die Elektronen im Atom, bzw. den atomaren Zustand.

Das Feld wird uber die zwei Potentiale ~A(~r, t) und Φ(~r, t) beschrieben. Wir nehmen an, dassdas Elektron an einen Kern gebunden ist, und sei es ~r0 die Kernkoordinate. Das Atom befindet

sich in einer ebenen durch den Vektorpotential ~A(~r0 + ~r, t) beschriebenen elektromagnetischenWelle. Wenn die Wellenlange des Feldes viel grosser ist, als die Große des Atoms, ~k · ~r ≪ 1,

kann man die Dipol-Naherung benutzen. Dadurch wird der Vektorpotential

~A(~r0 + ~r, t) = ~A(t)ei~k·(~r0+~r)

= ~A(t)ei~k·~r0(1 + i~k · ~r + . . .)

≃ ~A(t)ei~k·~r0 . (I.63)

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18 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

Bemerkung. Man kann immer das Feld entweder nach ebenen Wellen oder nach Kugelwellenentwickeln. Bei einer ebenen Welle ist die Propagationsrichtung ~k und die Polarization ~ǫ~kbekannt, die Kugelwellen dagegen haben bestimmten Drehimpuls l und Multipolaritat λ. Furl = 1 spricht man von elektrische (E1) oder magnetische (M1) Dipolstrahlung, l = 2 be-

deutet Quadrupolstrahlung, usw. Eine ebene Welle ist eine unendliche Summe von aller Mul-tipolstrahlung elektrischer und magnetischer Multipolaritat mit l = 1, 2, . . .. Da die atomaren

Ubergange einen bestimmten Drehimpuls und bestimmte Multipolaritat haben, ist es wichtig, beider Atom-Strahlung Wechselwirkung die Entwicklung nach Kugelwellen (auch Multipolentwick-

lung genannt) zu berucksichtigen.Die oben benutzte Naherung exp(i~k · ~r) = 1 bedeutet, dass man alle Terme ausser E1, (elek-

trische Dipolstrahlung) in der Multipolentwicklung vernachlassigt. Man berucksichtigt dadurchnur die elektrisch-Dipol Ubergange, die aber tatsachlich in der Atomphysik die wesentliche Rolle

spielen. Dies liegt daran, dass die Wahrscheinlichkeit fur einen atomaren E1 Ubergang in der op-tischen Frequenz etwa 6 Großenordnungen großer ist als fur Multipolstrahlung der nachsthoheren

Ordnung. Die elektrisch-Dipol Ubergange sind auch als erlaubte Ubergange bekannt, wahrenddie restlichen M1, E2, usw. verboten genannt werden. Naturlich sind diese Ubergange

eigentlich nicht verboten, und der Begriff bezieht sich nur auf die Tatsache, dass diese Ubergangestark unterdruckt sind.

Zuruck zu unserem Atom-Strahung Wechselwirkung Hamiltonoperator, mit Hilfe der Dipol-Naherung kann man jetzt die Schrodinger Gleichung schreiben,

− ~2

2m

[

∇− ie

~

~A(~r0, t)

]2

+ V (r)

Ψ(~r, t) = i~∂Ψ(~r, t)

∂t. (I.64)

In der Coulomb Eichung, und unter der Annahme,

Ψ(~r, t) = exp

[

ie

~

~A(~r0, t)

]

φ(~r, t) , (I.65)

kommt man nach einigen einfachen Schritten zu dem Ausdruck

i~φ(~r, t) =[

H0 − e~r · ~E(~r0, t)]

φ(~r, t) , (I.66)

mit dem ungestorten Hamiltonoperator-Anteil

H0 =p2

2m+ V (r) . (I.67)

Der gesamt-Hamilton-Operator H = H0+H1, mitH1 = −e~r· ~E(~r0, t) ist auf dieser Art undWeise

mit Hilfe des eichinvarianten Feldes ~E ausgedruckt. Der Anteil H1 stellt hier die Wechselwirkungzwischen dem Atom und dem Strahlungsfeld dar. Eine andere haufig benutzte Form benutzt

statt ~r · ~E einen ~p · ~A Term. Die zwei Formulierungen sind aquivalent, siehe Ref. [Scul1997].

Mit Hilfe der Schrodinger Gleichung wollen wir demnachst die Dynamik des zwei-NiveauSystems in dem elektromagnetischen Feld mit nur einer Mode bestimmen. Dafur gibt es zwei

Methoden, die wir eine nach der anderen ansprechen werden.

I.2.4.1 Die Berechnung der Warscheinlichkeitsamplitude

Sei es |a〉 und |b〉 die zwei atomaren Zustande, wie dargestellt in Abb. I.7, beide Eigenzusandedes ungestorten Hamiltonian-Operators H0. Die dazugeorenden Eigenwerte sind ~ωa und ~ωb.

Die Wellenfunktion des Systems kann man als

|Ψ(t)〉 = Ca(t)|a〉+ Cb(t)|b〉 (I.68)

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I.2. WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG 19

Abb. I.7: Wechlsewirklung zwischen einem zwei-Niveau atomaren System und einem unimodalenFeld.

ausdrucken, wobei Ca(t) und Cb(t) die Warscheinlichkeitsamplituden sind, dass das Atom sich

im Zustand |a〉, bzw. in Zustand |b〉 befindet. Lass uns jetzt damit die Schrodinger Gleichungschreiben,

|Ψ(t)〉 = − i

~

[

H0 − e~r · ~E(t)]

Ψ(t) . (I.69)

Mit Hilfe der Vollstandligkeitsrelation |a〉〈a| + |b〉〈b| = 1 kann man die zwei Hamiltonoperator-

Anteile anders ausdrucken,

H0 = (|a〉〈a| + |b〉〈b|)H0(|a〉〈a| + |b〉〈b|)= ~ωa|a〉〈a|+ ~ωb|b〉〈b| , (I.70)

H1 = −e~r · ~E(t)

= −e(|a〉〈a| + |b〉〈b|)~r · ~ǫ (|a〉〈a| + |b〉〈b|)E(t)

= −(Pab|a〉〈b|+ Pba|b〉〈a|)E(t) . (I.71)

Dabei ist ~ǫ der Polarisationsvektor des elektrischen Feldes, mit ~E(t) = ~ǫE(t) und Pab = P∗ba =

e〈a|~r ·~ǫ |b〉 ist das Matrixelement des elektrischen Dipolmoments. Da wir das elektromagnetischeFeld klassisch betrachten, beinhaltet keiner von dem obigen Hamiltonoperatoren die spontante

Emission. In dem semiklassichen Formalismus muss die spontane Emission per Hand eingefuhrtwerden, indem man annimmt, dass der oberen Zustand |a〉 exponentiell zerfallt. In diesem

Abschnitt werden wir die spontane Emission vernachlassigen, und erst im nachsten Abschnitteine phenomenologische Zerfallsrate im Rahmen des Dichtemastrixformalismus einbauen.

Nehmen wir jetzt an, dass das elektrische Feld linear polarisiert ist in der x-Richtung, so dass~E(t) = ~ǫxE cosωt, mit ω die Feldfrequenz, und Pab = P∗

ba = e〈a|x|b〉. Die Bewegungsgleichungenfur die zwei Warscheinlichkeitsamplituden lauten dann

Ca = −iωaCa + iΩRe−iφ cos(ωt)Cb ,

Cb = −iωbCb + iΩReiφ cos(ωt)Ca , (I.72)

wo φ die Phase von dem Dipolmatrixelement ist, Pab = |Pab|eiφ, und die Rabi Frequenz ΩR

ΩR =|Pab|E

~(I.73)

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20 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

definiert ist. Die zwei gekoppelte Gleichungen lassen sich in der Form nicht so einfach losen.Wir definieren erstmal andere Amplituden, die sich nur langsam mit der Zeit andern,

ca = Caeiωat ,

cb = Cbeiωbt . (I.74)

Damit konnen wir die Gleichungen (I.72), bei Vernachlassigung der schnellen oszillierenden

Termen mit exp [±i(ωab + ω)] umschreiben,

ca = iΩR

2e−iφcbe

i(ωab−ω)t ,

cb = iΩR

2eiφcae

−i(ωab−ω)t , (I.75)

wobei wir die Notation ωab = ωa−ωb benutzt haben. Die Ubergangsenergie ist damit ~ωab. DieVernachlassigung der schnellen oszillierenden oder gegenlaufigen Termen ist under der rotating

wave approximation bekannt.

Die Losungen fur dieses System von zwei gekoppelten Gleichungen haben die Form

ca(t) =(

a1eiΩt/2 + a2e

−iΩt/2)

ei∆t/2 ,

cb(t) =(

b1eiΩt/2 + b2e

−iΩt/2)

e−i∆t/2 , (I.76)

wobei ∆ = ωab − ω die Verstimmung (auf englisch detuning) ist, und Ω =√

Ω2R +∆2. Die

Konstanten a1, a2, b1 und b2 werden durch die Anfangsbedingungen bestimmt,

a1 =1

[

(Ω −∆)ca(0) + ΩRe−iφcb(0)

]

,

a2 =1

[

(Ω +∆)ca(0)− ΩRe−iφcb(0)

]

,

b1 =1

[

(Ω +∆)cb(0) + ΩReiφca(0)

]

,

b2 =1

[

(Ω −∆)cb(0) − ΩReiφca(0)

]

. (I.77)

Damit ist unsere Losung

ca(t) =

ca(0)

[

cos

(

Ωt

2

)

− i∆

Ωsin

(

Ωt

2

)]

+iΩR

Ωe−iφcb(0) sin

(

Ωt

2

)

ei∆t/2 ,

cb(t) =

cb(0)

[

cos

(

Ωt

2

)

+i∆

Ωsin

(

Ωt

2

)]

+iΩR

Ωeiφca(0) sin

(

Ωt

2

)

e−i∆t/2 . (I.78)

Es ist einfach zu prufen, dass

|ca(t)|2 + |cb(t)|2 = 1 , (I.79)

was die Warscheinlichkeitserhaltung entspricht, da das Atom sich entweder in Zustand |a〉 oderZustand |b〉 befindet.

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I.2. WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG 21

Befindet sich das Atom ursprunglich in Zustand |a〉, sind dann die Koeffizienten am t = 0ca(0) = 1 und cb(0) = 0. Die Warscheinlichkeiten, dass das Atom sich spater im Zustand |a〉oder Zustand |b〉 befindet, sind von |ca(t)|2 und |cb(t)|2 bestimmt. Die Besetzungsinversion istdamit geben durch

W (t) = |ca(t)|2 − |cb(t)|2 =(

∆2 − Ω2R

Ω

)

sin2(

Ωt

2

)

+ cos2(

Ωt

2

)

. (I.80)

Dementsprechend induziert das Feld ein Dipolmoment zwischen den zwei atomaren Niveaus.

Das Dipolmoment ist durch den Erwartungswert des Dipolmomentoperators gegeben,

P (t) = e〈Ψ(t)|r|Ψ(t)〉 = C∗aCbPab + c.c = c∗acbe

iωabt + c.c . (I.81)

Mit Hilfe des Koeffizientensausdrucks (I.78) erhalten wir fur ein Atom, welches sich ursprunglich

in dem oberen Zustand befindet,

P (t) = 2Re

iΩR

ΩPab

[

cos

(

Ωt

2

)

+i∆

Ωsin

(

Ωt

2

)]

sin

(

Ωt

2

)

eiφeiωt

. (I.82)

Das Dipolmoment oszilliert also mit der Frequenz des Feldes. Fur den Spezialfall, dass das Feldund das Atom resonant sind (ωab = ω und damit ∆ = 0), haben wir ΩR = Ω und W (t) =

cos(ΩRt). Die Besatzungsinversion oszilliert also zwischen -1 und 1 mit der Frequenz ΩR, wiein Abb. I.8 dargestellt.

Wieso aber tragen diese Oszillationen den Namen des amerikanischen Physikers Rabi? In1937 betrachtete Rabi das Problem eines Spin-1/2 magnetischen Dipols, welches in einem Mag-

netfeld eine Kreiselbewegung macht. Dabei berechnete er die Warscheinlichkeit, dass der Spinsich under der Wirkung eines Radio-Frequenz magnetischen Feldes von Spin-Up zu Spin-Down

oder umgekehrt umdreht (spin flipping). In unserem Fall, unterzieht das Atom Rabi Oszillatio-

nen (Rabi flopping) zwischen dem unteren und oberen Niveau under der Wirkung des elektro-magnetischen Feldes genau so wie die Spins in dem ursprunglichen Problem von Rabi.

I.2.4.2 Dichtematrix fur ein zwei-Niveau System

Fur jedes physikalisches System gibt es die Wellenfunktion oder Zustandsvektor |Ψ〉, welcherdie gesamte Information uber das ganze System beinhaltet. Aus der Wellenfunktion kann manspezifische Informationen uber das System gewinnen, indem man den Erwartungswert fur den

entsprechenden Operator O berechnet,

〈O〉 = 〈Ψ|O|Ψ〉 . (I.83)

Es gibt aber Situationen und Aufgaben, wenn Ψ nicht bekannt ist, sondern vielleicht nur dieWarscheinlichkeit PΨ dass das System sich in Zustand |Ψ〉 befindet. In so einer Situation

genugt es nicht, den quantenmechanischen Erwartungswert zu berechnen. Man muss dabei aucheinen Ensemble-Durchschnitt uber viele identische und gleich preparierte physikalische Systeme

durchfuhren. Statt (I.83) haben wir

〈O〉Ensemble = Spur(Oρ) , (I.84)

mit dem Dichtematrixoperator definiert durch

ρ =∑

Ψ

PΨ|Ψ〉〈Ψ| . (I.85)

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22 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

Abb. I.8: Rabi Oszillationen der Besetzungsinversion W (t) als Funktion der Zeit.

Es ist offentsichtlich dass Spur(Oρ) = Spur(ρO). In dem Sonderfall wenn alle PΨ Null sind,

mit der Ausnahme von einem Zustand Ψ0, ist der Dichtematrixoperator

ρ = |Ψ0〉〈Ψ0| . (I.86)

Der Zustand Ψ0 nennt sich dann einen reinen Zustand. Aus Warscheinlichkeitserhaltung ergibtsich fur den reinen Zustand Spur(ρ) = 1 und damit auch Spur(ρ2) = 1.

Die Bewegungsgleichung fur die Dichtematrix ist durch die Schrodinger Gleichung gegeben,

|Ψ〉 = − i

~H|Ψ〉 . (I.87)

Die Zeitableitung von ρ ergibt

ρ =∑

Ψ

PΨ(|Ψ〉〈Ψ|+ |Ψ〉〈Ψ|) , (I.88)

wobei PΨ zeitunabhangig ist. Die zwei obigen Gleichungen ergeben dann

ρ = − i

~[H, ρ] . (I.89)

Die Gleichung (I.89) ist under den Namen Liouville oder von Neumann Bewegungsgleichung fur

die Dichtematrix bekannt. In einem gewissen Sinne ist die von Neumann Gleichung allgemeiner

als die Schrodinger Gleichung, da sie den Dichtematrixoperator und nicht die Wellenfunktionbeinhaltet, was dann nicht nur quantenmechanischen sondern auch statistischen Wert hat.

Genau wie in der Berechnung der Warscheinlichkeitsamplitude, beinhaltet die Gleichung

(I.89) keine spontane Emission Terme. Die Beschreibung der spontanen Emission erfolgt nurim Rahmen der QED und wird in der semiklassichen Theorie phenomenologisch eingefuhrt. Die

spontane Emission fuhrt zu einer endlichen Lebensdauer des angeregten Zustands |a〉 und damit

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I.2. WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG 23

zu einer endlichen Energiebreite, d.h. der Zustand ist nicht “scharf”. Zusatzlich zur spontanenEmission konnen auch andere Mechanismen dazu fuhren, dass die Linienbreite sich andert, z.B.

Stoße mit anderen Atomen oder andere Phanomene. In Rahmen der semiklassichen Theoriewerden alle diese Prozesse einfach per Hand uber eine Relaxationsmatrix eingefuhrt, die die

phenomenologischen Zerfallsraten beinhalten,

〈n|Γ|m〉 = γnδnm . (I.90)

Hier entsprechen |m〉 und |n〉 die Zustande des Systems (in unserem Fall |a〉 und |b〉) und γn dienaturliche Zerfallsrate von |m〉 nach |n〉. Die von Neumann Gleichung mit dem Relaxationsterm

lautet

ρ = − i

~[H, ρ]− 1

2Γ, ρ , (I.91)

wobei Γ, ρ = Γρ+ ρΓ ist.

Fur unser zwei-Niveau System mit den Zustanden |a〉 und |b〉 und |Ψ(t)〉 = Ca(t)|a〉+Cb(t)|b〉sieht der Dichtematrix-Operator folgendermassen aus

ρ = |Ψ〉〈Ψ| = [|Ca(t)|a〉 + Cb(t)|b〉][C∗a(t)〈a| + C∗

b (t)〈b|]|Ca|2|a〉〈a|+ CaC

∗b |a〉〈b|+ CbC

∗a|b〉〈a| + |Cb|2|b〉〈b| . (I.92)

Die Matrixelemente von ρ sind

ρaa = 〈a|ρ|a〉 = |Ca(t)|2 ,ρab = 〈a|ρ|b〉 = Ca(t)C

∗b (t) ,

ρba = 〈b|ρ|a〉 = ρ∗ab ,

ρbb = 〈b|ρ|b〉 = |Cb(t)|2 . (I.93)

Dabei sind ρaa und ρbb die Warscheinlichkeiten, dass das Atom sich in dem oberen, bzw. un-

terem Zustand befindet. Die nichtdiagonalen Matrixelementen Ca(t)C∗b (t) und C

∗a(t)Cb(t), auch

Koharenzterme genannt, bestimmen die atomare Polarisation, wie man von (I.81) sehen kann.

Im Matrixform lautet die Dichtematrix

ρ =

(

ρaa ρab

ρba ρbb

)

=

(

Ca

Cb

)

(C∗a C

∗b ) =

(

|Ca|2 CaC∗b

CbC∗a |Cb|2

)

. (I.94)

Die Bewegungsgleichungen fur die Dichtematrixelementen ergeben sich aus der Gleichung (I.91)

mit dem Hamiltonoperator H = H0 +H1 in (I.70) und (I.71),

ρaa = −γaρaa +i

~[PabEρba − c.c.] ,

ρaa = −γbρbb −i

~[PabEρba − c.c.] ,

ρab = −(

iωab +γa + γb

2

)

ρab −i

~PabE(ρaa − ρbb) . (I.95)

Diese Gleichungen sind unter dem Namen Bloch Gleichungen genannt und beschreiben dieDynamik des zwei-Niveau-Systems. Die im voherigen Abschnitt angeprochene Besetzungsin-

version W (t) berechnet man als ρaa − ρbb. Abgesehen von der spontanten Emission, die nurin dem Dichtematrixformalismus per Hand eingefuhrt worden ist (was man aber auch in der

Berechnung der Warscheinlichkeitsamplitude machen konnte, indem man den exponentiellen

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24 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

Zerfall des oberen Zustandes einfuhrt), sind die zwei Beschreibungen des zwei-Niveau Systemsaquivalent. Beide Methoden liefern die Zeitentwicklung des atomaren zwei-Niveau Systems

unter der Wirkung eines unimodalen Feldes. Vernachlassigen wir die spontane Emission, indemwir γa = γb = 0 setzen, erhalten wir die Rabi Oszillationen vom Abb. I.8. Die einfache und

vorteilhafte Darstellung im Rahmen des Dichtematrixformalismus macht die Dichtematrix inder Quantenoptik sehr beliebt—die meisten Aufgaben werden damit gelost.

Referenzen

Dieses Kapitel wurde mit Hilfe verschiedenen Bucher und Artikel zusammengebastelt, dessen

Lekture ich nur emphehlen kann:M. O. Scully and M. S. Zubairy, Quantum Optics, (Cambridge University Press, 1997)

B. H. Brandsen and C. J. Joachain, Physics of Atoms and Molecules, (Pearson Education,Harlow, 2003)

P. A. M. Dirac, Proc. Roy. Soc. A 114, 243 (1927)E. Fermi, Rev. Mod. Phys. 4, 87 (1932)

J. D. Jackson, Klassische Elektrodynamik, (Walter de Gruyter, Berlin, 2006)L. D. Landau und E. M. Lifschitz, Lehrbuch der Theoretischen Physik IV: Quantenelektrody-

namik, (Akademie-Verlag, Berlin, 1986)A. I. Achieser und W. B. Berestezki, Quantenelektrodynamik, (Harri Deutsch, Frankfurt am

Main, 1962)W. Heitler, The Quantum Theory of Radiation, (Clarendon Press, Oxford, 1960)

H. Haken und H. C. Wolf, Atom- und Quantenphysik, (Springer, Berlin, 1996)

Fußnote zur Koharenz

Der Begriff “Koharenz” wird oft und gerne benutzt als Substantiv und Adjektiv in verschiedenen

Bereiche der Physik. Dabei ist est vielleicht nicht immer klar, was genau gemeint ist. Hier einekurze Zusammenfassung von verschiedenen Bedeutungen.

• Koharenz bezeichnet eine Eigenschaft von Wellen, die stationare (zeitlich und raumlich un-veranderliche) Interferenzerscheinungen ermoglicht. Allgemeiner beschreibt die Koharenz

die Gesamtheit der Korrelationseigenschaften zwischen Großen eines Wellenfeldes.

• Youngs Doppelspaltexperiment. Eine der Bedingungen fur Interferenz in diesem Experi-ment ist, dass das Licht “koharent” sein muss. Dabei ist es gemeint, dass die zwei Wellen,

die miteinander interferieren sollen, eine feste Phasenbeziehung zueinander haben. Es mussnicht unbedingt die feste Phasenbeziehung zwischen zwei verschiedenen Wellen sein. Die

selbe Welle kann zu einem spateren Zeitpunkt oder an einer anderen Stelle mit sich selbstkonfrontiert werden, siehe hier zeitliche und raumliche Koharenz. Man kann naturlich nur

von einer monochromatischen Welle Koharenz verlangen. Da die in der Natur erzeugtenWellen mehr oder weniger zufallig aus verschiedenen Frequenzanteilen zusammengesetzt

sein, muss man die Teilwellen getrennt betrachten. Der Laser ist die einzige Quelle vonmonochromatischem und koharentem Licht.

• Die Korrelationsfunktion. Die Koharenz von Wellen kann anhand der Korrelationsfunktionquantifiziert werden. Diese Funktion liefert ein Maß fur die Ahnlichkeit des zeitlichen

Verlaufs zweier in Verbindung gebrachten Wellenamplituden.

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I.2. WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN ATOM UND STRAHLUNG 25

Die Korrelationsfunktion fur die Wellen am Zeitpunkt t1, bzw. t1 und Ort ~r1, bzw. ~r2lautet

G(~r1;~r2, t1, t2) = Spur[ρE(−)(~r1, t1)E(+)(~r2, t2)] = 〈E(−)(~r1, t1)E

(+)(~r2, t2)〉 . (I.96)

Dabei haben wir die bereits eingefuhrte Notation fur das Feld (I.29) benutzt, und ρ beze-

ichnet die Dichtematrix. Fur statistisch stationare Felder hangt die Korrelationsfunktion

nur von τ = t2 − t1 ab. Die beiden Amplituden werden an den Ortspunkten ~r1 und ~r2der Wellen und bei einem Zeitunterschied von τ herausgegriffen und als Funktion der Zeit

verglichen. Wenn man die Korrelation einer einzigen Welle mit sich selbst am anderenOrt oder Zeitpunkt untersucht, spricht man von Autokorrelationsfunktion. Die normierte

Korrelationsfunktion

|g(~r1, ~r2; τ)| =∣

G(~r1, ~r2; τ)√

G(~r1, ~r1; 0)G(~r2, ~r2; 0)

(I.97)

liefert nun direkt die Starke der Koharenz als Wert zwischen 0 (vollstandige Inkoharenz)

und 1 (vollstandige Koharenz). Werte zwischen 0 und 1 bedeuten partielle Koharenz.

Physikalsisch kann man |g(~r1, ~r2; τ)| als Maß fur die Sichbarkeit des Interferenzmustersin einem Doppelspaltexperiment mit zwei Spalten P1 und P2 mit Koordinaten ~r1 und ~r2betrachten. Sind die zwei Wellen am ~r1 und ~r2 perkeft koharent (|g(~r1, ~r2; τ)| = 1), siehtman ein ganz scharfes Interferenzmuster.

• Zeitliche Koharenz gibt das Maß der Korrelation zwischen den Amplituden einer Welle

an zwei beliebigen Zeitpunkten, die durch die Verzogerung τ getrennt sind. Im Grundegenommen zeigt die zeitliche Koharenz wie monochromatisch eine Welle ist. Wenn eine

Welle monochromatisch ist, kann sie mit sich selbst zu jeder beliebigen Zeit interferieren.

Zeitliche Koharenz ist dann notig, wenn die Welle zu einer zeitlich verschobenen Kopie

ihrer selbst koharent sein soll. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn in einemMichelson-Interferometer die Weglangen im Objekt- und Referenzarm unterschiedliche

Langen aufweisen. Die Zeit, nach der sich relativ die Phasenlage oder Amplitude sig-nifikant verandert hat (so dass die Korrelation in entscheidendem Maße abnimmt) ist als

die Koharenzzeit τc definiert. Bei τ = 0 ist die Koharenz noch perfekt, sie hat sich

aber nach der Zeit τ = τc entscheidend verringert. Die Koharenzlange lc ist als dieEntfernung definiert, die die Welle innerhalb der Koharenzzeit zurucklegt. Mehr uber

Koharenzzeit, und Korrelationsfunktionen und die Laser-Monochromasie und -Koharenzwird im nachsten Kapitel erlautert.

• Raumliche Koharenz einer Welle ist von der Korrelation zwischen den Amplituden in

zwei raumlich getrennten Ortspunkten fur beliebige Zeiten gegeben. Soll die Welle miteiner raumlich verschobenen Kopie ihrer Selbst interferieren, ist raumliche Koharenz notig.

Dieses ist beispielsweise im youngschen Doppelspaltversuch der Fall: Hier werden durchdie beiden Spalte zwei Punkte aus der einfallenden Welle herausgegriffen, und zur Inter-

ferenz gebracht. Wie weit diese beiden Punkte auseinander liegen durfen, beschreibt dieAusdehnung des Gebiets der raumlichen Koharenz.

• Koharenter Zustand ist ein Begriff, welcher zuerst von Schrodinger in 1926 eingefuhrt

wurde [E. Schrodinger, Naturwissenschaften, 14 (1926) 664]. Nachdem die Quantentheo-rie der Strahlung entwickelt wurde, haben die quantisierten Feldzustande, die am nachsten

ein klassisches elektromagnetisches Feld beschreiben, besondere Aufmerksamkeit auf sich

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26 KAPITEL I. ATOM-LICHT-WECHSELWIRKUNG

gezogen. Ein Beispiel fur solche “klassischen” Zustande ist das von einem klassischenmonochromatischen Strom erzeugte Feld. Koharente Zustande kommen klassischen elek-

tromagnetischen Wellen sehr nahe, weil der Erwartungswert der elektrischen Feldstarke dieForm einer klassischen elektromagnetischen Welle hat, unabhangig vom Erwartungswert

der Teilchenzahl. Wie R. J. Glauber 1963 [R. J. Glauber, Phys. Rev. 130 (1963) 2529]zeigte, lasst sich die elektromagnetische Welle einer Laser-Mode am besten durch koharente

Zustande beschreiben.

• Koharente Superposition gibt es auch. Dabei spielt die rein quantenmechanische Eigen-schaft, dass ein System sich gleichzeitig in mehreren Zustanden befinden kann, die

wesentliche Rolle. Die Wellenfunktion des Systems ist dann eine Uberlagerung aus allenmoglichen Zustanden 1 . . . n, also eine “koharente” Summe

|Ψ〉 =n∑

i=1

cn|ψn〉 . (I.98)

Der quantenmechanische Erwartungswert einer Messgroße A, die durch einen Operator Areprasentiert wird, 〈Ψ|A|Ψ〉, kann, solange |ψi〉 keine Eigenwerte von A sind, auch nicht-

diagonale Terme enthalten. Dabei sind die Phasen zwischen den Termen in der Summewichtig.

Dagegen taucht die inkoharente Superposition in der statistischen Physik auf, wo die Mit-

telung von vornherein inkoharent gerechnet wird. Hier wird mit Wahrscheinlichkeiten piangenommen, dass sich der quantenmechanische Zustand des Systems im Zustand |ψi〉befindet. Die statistischen Erwartungswerte sind dementsprechend

A =∑

i

pi 〈ψi|A|ψi〉 , (I.99)

mit pi ≥ 0 und∑

i pi = 1. Es werden also dabei eigentlich nicht die Zustande, sonderndie Erwartungswerte selbst uberlagert, und Nichtdiagonalelemente treten dann nicht auf.

Ganz vereinfacht ist also der Unterschied zwischen koharenter und inkoharenter Superpo-sition die Wahl zwischen |a+ b|2 und |a|2 + |b|2.