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Page 1: “Auf nach Monte Carlo - Simulationsverfahren zur Risiko ... · PDF fileAuf nach Monte Carlo Simulationsverfahren zur Risiko-Aggregation RISKNEWS 01/04 31 Autor Dr. Werner Gleißner

Veröffentlicht in

RISKNEWS

Heft 1/2004

“Auf nach Monte Carlo -

Simulationsverfahren zur Risiko-Aggregation” Seite 31-37

Mit freundlicher Genehmigung der RISKNEWS-Redaktion, Wiley-VCH Verlag, Weinheim

(http://www.risknews.de)

Ein Service von: FutureValue Group AG eMail: [email protected] Internet: www.FutureValue.de RMCE RiskCon GmbH & Co. KG eMail: [email protected] Internet: www.RMCE.de

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Auf nach Monte Carlo Simulationsverfahren zur Risiko-Aggregation

31RISKNEWS 01/04

Autor

Dr. Werner Gleißner

ist Geschäftsführer derRMCE RiskCon GmbH & Co. KG und Vorstand der Strategie-BeratungsgesellschaftFutureValue Group AG.

Er ist Lehrbeauftragter an der TU Dresden. Der folgende Beitrag entstand unter Mitarbeitvon Thomas Berger, Berater bei der RMCERiskCon GmbH & Co. KGund Lehrbeauftragter ander BA Stuttgart.

Kontakt: [email protected]

FACHBEITRAG

Das Eigenkapital und die Liquiditätsreservensind das Risiko-Deckungspotenzial eines Unter-nehmens, weil sie sämtliche risikobedingtenVerluste zu tragen haben. Um die Angemes-senheit der Eigenkapitalausstattung bestimmenzu können, sind mithin Risiko-Aggregations-Verfahren erforderlich, die mehr leisten, alsidentifizierte und bewertete Risiken einfach zuaddieren. Mit Hilfe solcher Risiko-Aggrega-tions-Verfahren ist es auch möglich, die An-gemessenheit der Rating-Einstufung durch dieHausbank gemäß Basel II, die sich ja letztlichauch auf einen Vergleich des Gesamtrisiko-umfangs und der Risiko-Tragfähigkeit einesUnternehmens stützt, kritisch zu hinterfragen.

Grundlagen der Risikoaggregation

Risiko-Aggregations-Verfahren für Unternehmenbasieren im Grundsatz auf einer Integration der identifizierten und quantitativ bewertetenRisiken in den Kontext der Unternehmens-planung. Risiken werden dabei als Ursachen für mögliche Abweichungen von den geplantenbzw. erwarteten Werten aufgefasst. Zu diesemZweck werden Risiken als Überbegriff für positive wie negative Abweichungen (Chancenbzw. Gefahren) interpretiert.

Eine Voraussetzung für die Bestimmung des„Gesamtrisikoumfangs“ mittels Risiko-Aggre-gation stellt die Verbindung von Risken undUnternehmensplanung dar (vgl. Abb. 1). Es wirddeutlich, dass letztendlich jedes Risiko auf einePlangröße der GuV einwirkt und dort Plan-abweichungen auslösen kann. Dabei könnenRisiken als Schwankungsbreite um einen Plan-wert modelliert werden (z. B. +/- 5 ProzentAbsatzmengenschwankung). Zudem könnenjedoch auch „ereignisorientierte Risiken“ (wie z. B. eine Betriebsunterbrechung durch Maschi-nenschaden) eingebunden werden, die dann

über das außerordentliche Ergebnis den Gewinnbeeinflussen. Ein Blick auf die verschiedenenSimulationsläufe (S1 bis Sn) veranschaulicht,dass sich bei jedem Simulationslauf andereKombinationen von Ausprägungen der Risikenergeben. Damit erhält man in jedem Schritt(unter Berücksichtigung von Wechselwirkungenzwischen den Risiken) einen zufällig erzeugtenWert für die betrachtete Zielgröße (z. B. Gewinnoder Cashflow). Die Gesamtheit aller Simula-tionsläufe liefert eine „repräsentative Stichprobe“aller möglichen Risiko-Szenarien des Unterneh-mens. Aus den ermittelten Realisationen derZielgröße ergeben sich aggregierte Wahrschein-lichkeitsverteilungen (Dichtefunktionen).

Ausgehend von der durch die Risiko-Aggregationermittelten Verteilungsfunktion der Gewinnekann man unmittelbar auf den Eigenkapitalbe-darf (Risk-Adjusted-Capital, RAC) des Unter-nehmens schließen. Zur Vermeidung einerÜberschuldung wird nämlich zumindest sovielEigenkapital benötigt, wie auch Verluste auf-treten können, die dieses aufzehren. Analoglässt sich der Bedarf an Liquiditätsreservenunter Nutzung der Verteilungsfunktion der Zah-lungsflüsse (freie Cashflows) ermitteln. Schließ-lich können Kennzahlen wie die Eigenkapital-deckung, also das Verhältnisses von verfügbaremEigenkapital zu risikobedingtem Eigenkapital-bedarf, abgeleitet werden.

Monte-Carlo-Simulation als Risiko-Aggregations-Verfahren

Analytische Lösungen sind allenfalls für einfa-che bzw. stark vereinfachte Modelle der Realitätverfügbar – und oft genug weisen auch dieseschon einen sehr hohen Komplexitätsgrad auf.Daher muss eine Risiko-Aggregation häufig mitHilfe von statistischen Daten und Simulations-modellen durchgeführt werden. Hier ist man auf

Zielsetzung der Risiko-Aggregation ist die auf die Risiko-Analyse aufbauendeBestimmung des Gesamtrisikoumfangs. Mit der Monte-Carlo-Simulation alswichtigstes Verfahren der Risiko-Aggregation wird anhand eines Fallbeispielserklärt, wie Risiken aggregiert und daraus Eigenkapitalbedarf, Rating undKapitalkostensätze bestimmt werden können.

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Experimente und Messungen angewiesen, mitdem entscheidenden Nachteil, dass eben nurEreignisse beobachtet werden können, diebereits stattgefunden haben.

Mit der inzwischen erreichten Leistungsfähigkeitvon Computern ist es allerdings auch möglich,derartige Ereignisse kostengünstig und in großer Zahl zu erzeugen (zu simulieren). Da derKern einer solchen Simulation die Generierungvon „Zufällen“ ist, hat sich der Name Monte-Carlo-Simulation eingebürgert.

Die allgemeine Vorgehensweise zur Durchführ-ung einer Monte-Carlo-Simulation lässt sich wiefolgt beschreiben:

1. Erzeugen der für die Monte-Carlo-Simulationbenötigten Zufallszahlen.2. Umwandeln der Zufallszahlen in die benötigteVerteilung (z. B. Normalverteilung oder Binomial-verteilung mit Schadenshöhe und Eintritts-wahrscheinlichkeit).3. Berechnen eines Szenarios einer Monte-Carlo-Simulation gemäß den gezogenen Zu-

fallszahlen und der zugehörigen Verteilung.4. Wiederholen der Schritte 1, 2 und 3, bis eineausreichende Anzahl von Simulationen (z. B.20.000 Szenarien) generiert wurde, die eineAbleitung stabiler Verteilungen und statistischerKennzahlen erlaubt.5. Berechnen von Mittelwert, Standardab-weichung oder Quantilen etc. bzw. des Value at Risk der insgesamt simulierten Szenarien(Auswertung).

32 RISKNEWS 01/04

Abb. 1: Integration der Risiken in die Unternehmensplanung

Tab. 1: Mögliche Szenarien für das Gesamtrisiko

R2/R1 -4 -2 0 2 4-4 -8 -6 -4 -2 0-2 -6 -4 -2 0 20 -4 -2 0 2 42 -2 0 2 4 64 0 2 4 6 8

Quelle: RMCE RiskCon GmbH & Co. KG

Plan-GuV 2001

Umsatz- Materialkosten

= Deckungsbeitrag

- Personalaufwand

- Sonstige Kosten

davon Risikotransfer

- AfA

= Betriebsergebnis

- Zinsaufwand

- a.o. Ergebnis

= Gewinn vor Steuern

1.000400

600

300

150

5

50

100

44

0

56

950-380

570

-300

-150

5

-50

70

-44

0

26

1.000-400

600

-300

-150

5

-50

100

-50

-200

-150

1.000-400

600

-306

-150

5

-50

94

-50

0

44

------

---

---

---

---

---

---

---

---

---

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Zins

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aden

+/-5% -100

+/-10%

+/-2%

+/-1%

-200

R1 R2 R3 R4 R5 R6 S1 S2 S3...Sn

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FACHBEITRAG

Tab. 2: Eintrittswahrscheinlichkeit der möglichen Ausprägungen von R

Es seien beispielsweise zwei unabhängigeRisiken R1 und R2 gegeben, mit jeweils fünf verschiedenen Ausprägungen (-4, -2, 0, 2, 4). DieWahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Wertangenommen wird, betrage jeweils 20 Prozent(„Gleichverteilung“). Die gemeinsame Auswir-kung der beiden Risiken, also das GesamtrisikoR, liegt somit im Bereich von -8 bis+8 (vgl. Tab. 1).

Es wird deutlich, dass insgesamt 25 möglicheSzenarien für diese Einzelrisiken existieren. Bei-spielsweise gibt es genau ein Szenario (Kombi-nation von R1 und R2) mit einem Schadenswertfür R von -8; aber es gibt 4 Szenarien mit einemWert von 2. Der Wert 2 ist für die Ausprägungdes Gesamtrisikos R also wesentlich wahrschein-licher als der Wert -8 (vgl. Tab. 2).

Bei der Monte-Carlo-Simulation wird das obenbeschriebene Problem der Bestimmung von Rnicht analytisch gelöst, sondern mit Hilfe vonZufallszahlen. In diesem Fall benötigt man fürjeden Simulationslauf zwei Zufallszahlen Z1 undZ2, die jeweils größer oder gleich 0 und kleiner 1 sind. Mit deren Hilfe werden die realisiertenWerte für R1 und R2 bestimmt. Dazu muss eineFunktion gebildet werden, die unter Beachtungder Eintrittswahrscheinlichkeiten einer Zufalls-zahl jedem Risiko einen Wert zuweist (vgl. Tab. 3).

Werden also in einem Simulationsdurchlauf beispielsweise für Z1 die Zufallszahl 0,3584 undfür Z2 0,8897 gezogen, so nimmt R1 den Wert -2und R2 den Wert 4 an. Damit ergäbe sich ein Gesamtrisiko für R von 2 (R = R1+ R2 = -2 + 4 = 2).Dieses Vorgehen wird nun beispielsweise

20.000 Mal wiederholt, wodurch man jeweils20.000 Ausprägungen von Z1, Z2 und damitauch von R1, R2 sowie R erhält. Auf dieser Basis kann nun der Mittelwert der realisiertenAusprägungen von R als ein Schätzer für dentatsächlichen Erwartungswert von R ermitteltwerden. Gleichzeit lässt sich aber auch einHistogramm für die Häufigkeitsverteilungen der Werte des Gesamtrisikos erstellen, das diegeschätzte Wahrscheinlichkeitsverteilung von Rwiedergibt.

Anhand des folgenden Fallbeispiels wird ge-zeigt, wie die Risiko-Aggregation dazu genutzt werden kann, den Gesamtrisikoumfang unddamit den Eigenkapitalbedarf zu bestimmen.Dazu wird die Risikomanagement-Software„Risiko-Kompass“ (vgl. www.risiko-kompass.de)genutzt, die neben anderer Funktionen (insbe-sondere zur Rating-Vorbereitung durch Finanz-rating, Erfolgspotenzialanalyse etc.) auch eineRisiko-Aggregation mittels Monte-Carlo-Simu-lation unterstützt.

Risiko-Aggregation am Fallbeispielder Rüsselsheimer Spritzguss GmbH

Die Rüsselsheimer Spritzguss GmbH ist einfiktives mittelständisches Unternehmen, dasGummi- und Kunststoffwaren herstellt. DiePlanung der Gewinn und Verlustrechnung fürdas Jahr 2004 ist in Abb. 2 dargestellt.

Nach der Ableitung der Plandaten für die GuVund die Bilanz wurde von der Geschäftsführungeine Risiko-Analyse durchgeführt, bei der die

Wert („Schaden“)HäufigkeitWahrscheinlichkeit

-814%

-628%

-4312%

-2416%

0520%

2416%

4312%

628%

814%

Tab. 3: Zuweisung von Wahrscheinlichkeiten (Bandbreiten) zu den Ereignissen R

Zi

Wert (Ri)0≤Zi≤0,2

-40,2≤Zi≤0,4

-20,4≤Zi≤0,6

00,6≤Zi≤0,8

20,8≤Zi≤1

4

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Risiken identifiziert und bewertet wurden. DieBewertung ergab das aus Tab. 4 ersichtlicheRisiko-Inventar mit den zugehörigen Relevanz-klassen von „1“ (unbedeutendes Risiko) bis „5“(bestandsgefährdendes Risiko). Neben der prä-zisen Quantifizierung der Risiken erlaubendiese eine schnelle Ersteinschätzung der Be-

deutung eines Risikos für das Unternehmen. DieIdentifikation der Risiken wurde mit Hilfe derChecklisten im „Risiko-Kompass“ durchgeführt.Mit Hilfe der Werte der Plan-GuV kann eineRisiko-Aggregation mittels der Monte-Carlo-Simulation durchgeführt werden, aus der sichdie Verteilungsfunktionen einzelner Finanz-

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Abb. 2: Planung der GuV der Rüsselsheimer Spritzguss GmbH für das Jahr 2004

Tab. 4: Risiko-Inventar der Rüsselsheimer Spritzguss GmbH

1. Umsatzerlöse 43.000 Tausend Euro

Gesamtleistung 52.510 Tausend Euro

5. Materialaufwand 25.770 Tausend Euro

6. Personalaufwand 15.300 Tausend Euro

8. sonstiger betrieblicher Aufwand 7.350 Tausend Euro

Betriebsergebnis (EBIT) 4.090 Tausend Euro

13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen 1.601 Tausend Euro

Finanzergebnis -1.601 Tausend Euro

Ordentliches Ergebnis (EBIT) 2.489 Tausend Euro

15. a.o. Erträge 50 Tausend Euro

16. a.o. Aufwendungen 50 Tausend Euro

17. a.o. Ergebnis, Korrekturen 0 Tausend Euro

18. Steuern vom Einkommen und Ertrag 1.469 Tausend Euro

20. Gewinn nach Steuern 1.020 Tausend Euro

Risiko-Beschreibung Relevanz Quantifizierung

Risiken durch Materialkostenschwan-kungen, insbesondere bei PVC-Preisen 4 Materialkostenschwankungen

Schwankungsbreite: 8%

Risiken durch konjunkturelleAbsatzpreisschwankungen 4 Absatzpreisschwankungen

Schwankungsbreite: 8%

Risiken durch konjunkturelleAbsatzmengenschwankungen 4 Absatzmengenschwankungen

Schwankungsbreite: 10%

Risiken durch Planabweichungenbei Personalkosten 3 Personalkostenschwankungen

Schwankungsbreite: 4%

Risiken durch Sachanlageschäden (Feuer etc.) 4

Maschinenschaden in der Produktion Schadenshöhe: 1 Mio. EuroWahrscheinlichkeit: Eintritt alle 75 Jahre

Zinsänderungsrisiken 1 ZinsschwankungenSchwankungsbreite: ein Prozentpunkt

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Abb. 3: Verteilungsfunktion für die Größe „Gewinn vor Steuer“

35RISKNEWS 01/04

FACHBEITRAG

größen für das Jahr 2004 ergibt. Abb. 3 zeigt die Verteilungs- (genauer: Dichtefunktion) desGewinns für die Rüsselsheimer Spritzguss. Aufder Ordinate ist dabei die Wahrscheinlichkeitdieses Simulationsergebnisses abgetragen, wäh-rend die Abszisse die Ausprägung in TausendEuro abbildet. So lassen sich der erwartete Wert(hier 2.467 Tausend Euro),die Höhe des verfüg-baren Eigenkapitals (hier 4.640 Tausend Euroaus der Bilanz) sowie die Höhe des risikobe-dingten Eigenkapitalbedarfs auf dem 95 Prozent(4.513,8 Tausend Euro) bzw. 99 Prozent-Niveau(7.388 Tausend Euro) direkt ablesen. Die gewähl-ten Grenzen von 95 bzw. 99 Prozent bedeutennichts anderes, als dass in fünf bzw. einem Pro-zent der Simulationsläufe Werte erreicht wurden,welche nochmals über dem oben genannten risi-kobedingten Eigenkapitalbedarf lagen. Eben-falls deutlich wird eine realistische Bandbreiteder zu erwarteten Gewinne (hier: - 7 Mio. bis + 10 Mio. Euro), was insgesamt mehr Transpa-renz über die tatsächliche Planungssicherheitunter simultaner Berücksichtigung aller Risikenschafft. Das Fallbeispiel der RüsselsheimerSpritzguss zeigt insgesamt ein sehr hohesGesamtrisiko, das erhebliche Planabweichungenzur Folge haben kann. Die ermittelten Resultatelassen sich auch in einfach interpretierbareRisiko-Kennzahlen umsetzen, die in einem so

genannten „Risiko-Cockpit“ angezeigt werden(vgl. Abb. 4). Diese Darstellung umfasst nebenKennzahlen wie der Eigenkapitaldeckung auchverschiedene Aussagen über die Insolvenzwahr-scheinlichkeit, die für das Rating maßgeblichsind. Dies hilft, die Risiko-Situation besser ein-schätzen zu können.

Bei der vereinfachten Betrachtung der Risiko-Kennzahlen steht der Eigenkapitalbedarf (dasso genannte „Risk Adjusted Capital“) eines Jahres im Vordergrund. Dieser drückt aus,wie viel Eigenkapital vorgehalten werden soll-te, um realistische Verluste tragen zu können.Bei der Rüsselsheimer Spritzguss erreicht das tatsächlich verfügbare Eigenkapital lediglich 62,8 Prozent des risikobedingten Eigenkapital-bedarfs. Um das angestrebte Rating (z. B. „BBB“)und den damit implizit verbundenen Wert fürdie Insolvenzwahrscheinlichkeit zu erreichen,muss hier der Gesamtrisikoumfang (z. B. durchden Ausstieg aus risikobehafteten Geschäfts-feldern, die Absicherung der PVC-Preisschwan-kungen oder zusätzliche Versicherungen) redu-ziert werden, wenn kein zusätzliches Eigen-kapital zur Verfügung gestellt werden kann. Aus den Ergebnissen der Simulation lassen sich auch die Kapitalkostensätze für das Unter-nehmen ableiten. Diese sind nicht zuletzt im

1%

2%

3%

4%

5%

Wahrscheinlichkeit

0%

-175

27-1

5028

-125

30-1

0031

-753

2-5

034

-253

5

-36

2463

4961

7460

9959

1245

814

956

1745

519

954

2245

224

951

2745

029

949

3244

7

RAC 99%=7.388,3

RAC 95%=4.513,8

EW=2.467EK=4.640

0

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Hinblick auf eine wertorientierte Unternehmens-steuerung (z. B. gemäß EVA-Modellen) und derBerechnung des Unternehmenswertes (z. B. inWertgutachten) von Bedeutung. Nahe liegenderWeise sollten die risikoabhängigen Kapital-kostensätze (WACC) vom tatsächlichen Risiko-Umfang eines Unternehmens abhängig sein.Genau diese Informationen stellt das Risiko-management bereit. Der bisher anzutreffende„Umweg“ bei der Bestimmung der Kapital-kostensätze – nämlich Kapitalmarktdaten stattUnternehmensdaten zu nutzen – ist wenig über-zeugend. Gerade bei kleinen und mittelständi-schen Unternehmen dürfte eine Orientierungam Kapitalmarkt äußerst schwierig sein, so dasseine Selbsteinschätzung der Risiko-Situation einrealistischeres Bild abgeben sollte als ein Kapi-talmarktvergleich. Um eine fundierte Ermittlungder Kapitalkostensätze für ihre wertorientiertenSteuerungssysteme zu gewährleisten, solltenUnternehmen aber auf die Erkenntnisse des

Risikomanagements zurückgreifen. Als Formelzur Bestimmung eines geeigneten Kapitalkosten-satzes bietet sich die Berechnung der WACC(Weighted Average Costs of Capital – gewichte-te durchschnittliche Kapitalkosten) an (vgl. Abb.5). Hier wird unterstellt, dass nur risikotragen-des Eigenkapital auch eine Risikoprämie ver-dient. Der Eigenkapitalkostensatz basiert hier-bei auf einem Opportunitätskostenkalkül, d. h.welche Rendite wäre langfristig für das be-nötigte Eigenkapital in einer Alternativanlageerzielbar, wenn man eine bestimmte Ausfall-wahrscheinlichkeit (ggf. auch weitere Risiko-Parameter) unterstellt? Durch die Ableitung desEigenkapitalbedarfs zu einem vorgegebenen (z.B. aus dem angestrebten Rating abgeleiteten)Sicherheitsniveau lässt sich eine (weitgehende)Normierung für alle Unternehmen erreichen.Auf diese Weise lässt sich die Risiko-Aggre-gation auch in eine wertorientierte Unterneh-menssteuerung integrieren (vgl. Abb. 6). Die

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Abb. 4: Risiko-Kennzahlen der Rüsselsheimer Spritzguss GmbH für das Jahr 2004

Abb. 5: Berechnung der Weighted Average Costs of Capital

Insolvenzwahrscheinlichkeit für 1 Jahr

RORACE (Rendite des risikoadjustierten Gesamtkapitals) 12,70%

RORAC (Rendite des Eigenkapitalbedarfs) 33,40%

Eigenkapitalbedarf eines Jahres (RAC) 7.388 Tausend Euro

RAC/Gesamtleistung (Eigenkapitalbedarf zu Gesamtleistung) 13,40%

Eigenkapitaldeckung (Eigenkapital zu Eigenkapitalbedarf) 62,80%

Wahrscheinlichkeit der Illiquidität 14,80%

Wahrscheinlichkeit der Überschuldung 7,70%

Insolvenzwahrscheinlichkeit 15,00%

Kennzahlen 99%

WACC = kEK x ––––––––––––––––––––––––––––––––– + kFK x –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Eigenkapitalbedarf

Gesamtkapital

Gesamtkapital – Eigenkapitalbedarf

Gesamtkapital

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FACHBEITRAG

Abb. 6: Stellung der Risiko-Aggregation im Kontext der wertorientierten Unternehmenssteuerung

Ergebnisse der Einzelrisiken fließen als aggre-gierte Risiko-Position über den Eigenkapital-bedarf (der sich aus der Höhe der Gesamtrisikenergibt) in den Kapitalkostensatz, der wiederumbei der Bestimmung des Unternehmenswertesbenötigt wird.

Neben der Bestimmung des Eigenkapitalbedarfseines Unternehmens und der besseren Fundier-ung des Ratings haben Risiko-Aggregations-Verfahren mithin einen wesentlichen weiterenVorteil: Sie führen das Risikomanagement

aus seiner Isolation und integrieren es in dieoperativen oder auch strategischen Planungs-systeme (Balanced Scorecard) des Unterneh-mens, die für die Erklärung und Steuerung der Cashflows verantwortlich sind. Das Risiko-management erhält durch die Risiko-Aggre-gations-Verfahren seine Stellung als wesentlicherBestandteil der gesamten Unternehmensfüh-rung und unterstützt die Geschäftsleitung bei derFundierung unternehmerischer Entscheidung-en, da Chancen und Gefahren (Risiken) bessergegeneinander abgewogen werden können.

Weiterführende Literatur zum Thema: Deutsch, H.-P.: Monte-Carlo-Simulation in der Finanzwelt, in: Eller, R. (Hrsg.): Handbuch des Risikomanage-ments, 1998. / Frey, H. C.; Nießen, G.: Monte Carlo Simulation. Quantitative Risikoanalyse für die Versicherungsindustrie, Gerling Akademie Verlag 2001. /Gleißner, W.: Identifikation, Messung und Aggregation von Risiken, in: Gleißner, W.; Meier, G.: Wertorientiertes Risikomanagement für Industrie und Handel,Gabler Verlag 2001. / Gleißner, W.:Wertorientierte Analyse der Unternehmensplanung auf Basis des Risikomanagements, in: FinanzBetrieb, 7/8, 2002. / Gleißner, W.;Saitz, B.: Kapitalkostensätze - vom Risikomanagement zur wertorientierten Unternehmensführung, in: Accounting, September 2003. / Gleißner, W.; Füser, K.:Leitfaden Rating, Gabler Verlag. / Gleißner, W.: Risikomanagement für Fortgeschrittene: Risikoaggregation, Eigenkapitalbedarf und Rating, in: Der Controlling-Berater,Haufe Verlag 2003. / Gleißner, W.: Balanced Scorecard und Risikomanagement als Bausteine eines integrierten Managementsystems, in: Romeike, F.; Finke, R.:Erfolgsfaktor Risikomanagement, Gabler Verlag 2003.

Unternehmenswert

vermeiden

begrenzen

selbst tragen

überwälzen

diversifizieren

R1.........Rm

Kosten

Prozess-Perspektive

Mitarbeiter-Perspektive

Markt-Perspektive

Umsatz

UnternehmenswertDivision 1

UnternehmenswertDivision n

Fremdkapitalkostenx

Fremdkapital

Eigenkapitalkostenx

EigenkapitalbedarfCash-Flow Investitionen

(AV + UV)

Kapitalkosten (WACC)= Diskontierungssatz Freier Cash-Flow

Quelle: RMCE RiskCon GmbH & Co. KG

B

R

B

vermindern

Einzelrisiken

netto

AggregierteRisiko-Positionbrutto

Balanced

Scorecard

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