Aufgabenvariation als...

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Prof. Dr. Hans Schupp, Universität des Saarlandes StD Günter Schmidt, Studienseminar Bad Kreuznach OStR Hans Knichel, Gymnasium am Rotenbühl Saarbrücken Ass.d.L. Michael Schuler, Studienseminar Saarbrücken in Verbindung mit Prof. Dr. Herbert Henning, Universität Magdeburg und Mitarbeitern sowie Prof. Dr. Wilfried Herget, Universität Halle-Wittenberg und Mitarbeitern Willst Du ins Unendliche schreiten, geh´ nur im Endlichen nach allen Seiten. Johann Wolfgang von Goethe in „Gott, Gemüt und Welt“ 1815 Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem. Johann Wolfgang von Goethe zu Kanzler von Müller 1821 In re mathematica ars proponendi questionem pluris facienda est quam solvendi. 3. These der Dissertation von Georg Cantor 1867 ...; denn das Wesen der Mathematik liegt gerade in ihrer Freiheit. Georg Cantor in „Über unendliche lineare Punctmannichfaltigkeiten“ 1879 In einer Gesellschaft, die sich ständig verändert, ist die Fähigkeit, mit Wandel umzugehen, Wandel zu nutzen, Wandel zu gestalten, eine der wichtigsten. Bundespräsident Rau beim Kongress „Wissen schafft Zukunft“ im Juli 2000 Nur was man variiert, kann man begreifen. Horst Karaschewski in „Das funktionale Denken im ganzheitlichen Rechen- Unterricht“ 1962 Forschungsprojekt Aufgabenvariation als Unterrichtsgegenstand (oder: Be merry, vary!)

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Prof. Dr. Hans Schupp, Universität des SaarlandesStD Günter Schmidt, Studienseminar Bad KreuznachOStR Hans Knichel, Gymnasium am Rotenbühl SaarbrückenAss.d.L. Michael Schuler, Studienseminar Saarbrücken

in Verbindung mitProf. Dr. Herbert Henning, Universität Magdeburgund Mitarbeitern

sowieProf. Dr. Wilfried Herget, Universität Halle-Wittenbergund Mitarbeitern

Willst Du ins Unendliche schreiten, geh´ nur im Endlichen nach allen Seiten.

Johann Wolfgang von Goethe in „Gott, Gemüt und Welt“ 1815

Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem.

Johann Wolfgang von Goethe zu Kanzler von Müller 1821

In re mathematica ars proponendi questionem pluris facienda est quam solvendi.

3. These der Dissertation von Georg Cantor 1867

...; denn das Wesen der Mathematik liegt gerade in ihrer Freiheit.

Georg Cantor in „Über unendliche lineare Punctmannichfaltigkeiten“ 1879

In einer Gesellschaft, die sich ständig verändert, ist die Fähigkeit, mit Wandel umzugehen, Wandel zu nutzen, Wandel zu gestalten, eine der wichtigsten.

Bundespräsident Rau beim Kongress „Wissen schafft Zukunft“ im Juli 2000

Nur was man variiert, kann man begreifen.

Horst Karaschewski in „Das funktionale Denken im ganzheitlichen Rechen- Unterricht“ 1962

Forschungsprojekt

Aufgabenvariation als Unterrichtsgegenstand(oder: Be merry, vary!)

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Inhalt:

0 Kurzvorstellung 1 Beispiel 2 Rahmen 3 Ausgangssituation 4 Begründungen 5 Unterrichtsplanung 6 Methodische Details 7 Strategien 8 Hypothesen 9 Einwände und Probleme10 Erprobung und Evaluation11 Literatur

Anhang 1: Parallelogrammdrittelung Anhang 2: Zahlenspiel Anhang 3: Kreisgleichung Anhang 4: Schulbuchseite Anhang 5: Schulbuchseite Anhang 6: Weltbevölkerung Anhang 7: Summanden gesucht Anhang 8: Drahtmodell Anhang 9: Abfüllung in Flaschen Anhang 10: Zwischenbruch Anhang 11: Ballpyramide Anhang 12: Tankfüllung Anhang 13: NIM-Spiel Anhang 14: Spielabbruch Anhang 15: Quadratzerlegung Anhang 16: Abstandsmenge Anhang 17: Dreieckszerlegung Anhang 18: Stammbruchdarstellung Anhang 19: Beckenfüllung Anhang 20: Thales-Satz Anhang 21: Mittelsenkrechtenschnittpunkt Anhang 22: Computerprogramm Anhang 23: Dürer-Quadrat Anhang 24: Dreieckskonstruktion Anhang 25: Abstandsgleichheit Anhang 26: Plantagenaufgabe

3 4 7 9 14 23 26 30 34 36 40 42

48 49 50 51 53 55 57 58 60 62 65 66 67 71 73 78 82 87 89 91 96 99 101 107 111 113

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Anhang 27: Lineare Funktion Anhang 28: Quadratische Funktion Anhang 29: Gleichungssystem Anhang 30: Olympiade-Aufgabe *Anhang 31: Termvergleiche Anhang 32: Uhrzeiger *Anhang 33: Parallelogrammfolge Anhang 34: Orts“fläche“ Anhang 35: Quadrat und Kreis Anhang 36: Winkelpassung Anhang 37: Isoperimetrisches Problem Anhang 38: Minimale Abstandssumme Anhang 39: Urne mit Bällen Anhang 40: Geburtstagsproblem Anhang 41: Zuverlässigkeit Anhang 42: Irrationalitätsbeweis Anhang 43: Wurzelschnecke Anhang 44: Wurzelgleichung Anhang 45: Dreiecksinhalt Anhang 46: Summenbildung Anhang 47: Sinusfunktionen Anhang 48: Rohrknie Anhang 49: Brückenproblem Anhang 50: Kurvendiskussion Anhang 51: Kurvenbestimmung *Anhang 52: Arbeitsblatt Prozentrechnung *Anhang 53: Besonderes Datum **Anhang 54: Pascal-Dreieck **Anhang 55: Addition zweier Nachbarzahlen **Anhang 56: Kreise im Dreieck **Anhang 57: Rösselsprung **Anhang 58: Pythagoras am Tetraeder **Anhang 59: Rotationskörper **Anhang 60: Lineare Bestimmungsgleichung **Anhang 61: Vermessung am Chiemsee **Anhang 62: Mühlefigur

116 121 126 129 133 139 141 146 150 155 157 163 168 172 174 177 181 185 189 192 196 202 208 211 217 222 224 227 230 236 240 247 255 257 265 270

Die Anhänge mit * gehen auf Anregungen aus dem Unterricht zurück, diejeni-gen mit ** sind direkte Unterrichtsberichte.

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0 Kurzvorstellung

Im Projekt soll umfassend geklärt und begründet sowie - in Zusammenarbeit mitKolleginnen und Kollegen aus Schule und Hochschule - erprobt und evaluiertwerden, daß und wie Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schulstufenund Schulformen fremdgestellte Aufgaben nach deren Lösung möglichst eigen-ständig abwandeln, diese Varianten untersuchen und die dabei benutzten Strate-gien erarbeiten und anwenden können. Wir sind überzeugt, damit einen wichti-gen Beitrag leisten zu können zur Förderung der Aufgabenkultur im Mathema-tikunterricht und damit zu dessen qualitativer Weiterentwicklung, zumal die bis-herigen Unterrichtserfahrungen recht ermutigend sind.

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1 Beispiel

Es soll exemplarisch verdeutlichen, welche Variationsmöglichkeiten in einerschulüblichen Aufgabe stecken. Bei jeder Variation wird angegeben, was ge-genüber dem ursprünglichen Text verändert wurde und welche Strategie dahin-tersteckt. In Klammern stehen kurzgefaßte Lösungshinweise.

Initialproblem:

Addiere drei aufeinanderfolgende natürliche Zahlen. Was fällt Dir auf?

Vermutung:

Die Summe ist stets durch 3 teilbar.

Lösung(en):

a) Die Summe ist stets das 3-fache des mittlerenSummanden, da sich erster und dritter Summand

entsprechend ergänzen (s. Fig.1)

b) n + (n+1) + (n+2) = 3n + 3 = 3⋅(n+1) bzw. (n−1) + n + (n+1) = 3n

c) Die kleinste Summe 1 + 2 + 3 ist durch 3 teilbar,ebenso 2 + 3 + 4, 3 + 4 + 5 usw., weil der hinzu-kommende Summand jeweils um 3 größer ist als

der entfallende (weil jeder Summand um 1 und Fig.1

damit die Summe jeweils um 3 wächst).

Nebenresultat: Die Summe ist auch durch den mittleren Summanden teilbar.

Mögliche Variationen:

a) Addiere zwei aufeinanderfolgende natürliche Zahlen. Was ...? (Summe immer ungerade, also nicht durch 2 teilbar.) Addiere vier aufeinanderfolgende natürliche Zahlen. ... (Summe immer durch 2, aber nie durch 4 teilbar.) Addiere fünf aufeinanderfolgende natürliche Zahlen. (Summe immer durch 5 und den mittleren Summanden teilbar.)

Strategie: geringfügig ändern (hier: Summandenzahl)

b) Addiere ungerade viele aufeinanderfolgende natürliche Zahlen. (Summe immer durch die Anzahl der Summanden und durch den mittleren

Summanden teilbar.) Addiere gerade viele aufeinanderfolgende natürliche Zahlen. (Summe gerade, wenn die Summandenzahl durch 4 teilbar ist, sonst ungera-

de.)

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Addiere n aufeinanderfolgende natürliche Zahlen (keine monolithische Teilbarkeitsaussage möglich, sondern nur eine Fallun-

terscheidung gemäß den ersten beiden Aussagen)

Strategie: verallgemeinern (hier: Summandenzahl)

c) Kann man irgendeine andere Aussage machen über die Summe von n aufein-anderfolgenden natürlichen Zahlen?

((m+1) + (m+2) + ... + (m+n) = n⋅m + (1 + 2 + ... + n) = n⋅m + ½ ⋅n⋅(n+1) = n ⋅ (m + ½ ⋅ (n+1)). Es gibt also eine Summenformel (der man auch ansehen

kann, daß die Summe genau dann durch n teilbar ist, wenn n ungerade ist).)

Strategie: Frage abändern (hier: weil ursprüngliche Frage (s. b)) nicht ge-schlossen beantwortbar war)

d) Stelle eine durch 3 teilbare natürliche Zahl als Summe dreier aufeinanderfol-gender natürlicher Zahlen dar.

(3n = (n−1) + n + (n+1))

Strategie: umkehren (hier: Denkrichtung)

e) Addiere drei aufeinanderfolgende gerade Zahlen.((2n−2) + 2n + (2n+2) = 6n . Die Summe ist durch 6 teilbar.)

Strategie: spezialisieren (hier: den Zahlentyp)

f) Addiere drei gleichabständige natürliche Zahlen. ((n−d) + n + (n+d) = 3n . Summe immer noch durch 3 teilbar.) Dazu Änderung der Summandenzahl wie oben

Strategie: verallgemeinern (hier: Bedingung)

g) Addiere drei aufeinanderfolgende ganze Zahlen. (nicht Neues)

Strategie: verallgemeinern (hier: Zahlentyp)

h) Addiere drei aufeinanderfolgende Quadratzahlen. ((n−1)2 + n2 + (n+1)2 = 3n2 + 2. Die Summe läßt bei Division durch 3 den

Rest 2.)

Strategie: Bedingung abändern (hier: Zahlentyp)

Hinweis: Hingegen ist die Summe dreier aufeianderfolgender Kubikzahlendurch 3 teilbar, weil (n−1)3 + n3 + (n+1)3 = 3·(n2 + n + 1) ist.

i) Addiere drei aufeinanderfolgende Stammbrüche.

(1 1 1

n n +1

1

n + 2 n+ + < . Die Summe wird beliebig klein, wenn n beliebig

groß wird.)

Strategie: Bedingung abändern (hier: Zahlentyp)

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j) Addiere drei aufeinanderfolgende Primzahlen.(keine Aussage möglich (außer der trivialen, daß die Summe ungerade ist,wenn der Summand 2 nicht dabei ist))

Strategie: Bedingung ändern (hier: Zahlentyp)

k) Multipliziere drei aufeinanderfolgende natürliche Zahlen. (Vermutung: Produkt immer durch 6 teilbar. Lösung: Einer der Faktoren ist durch 3 teilbar, einer durch 2.) Änderung der Summandenzahl wie oben

Strategie: analogisieren (hier: Verknüpfung)

l) Multipliziere n aufeinanderfolgende natürliche Zahlen. (Vermutung: Produkt durch n! teilbar.

Lösung: ( ) ( ) ( ) ( )m +1 m + 2 m + n

n!

m + n

m! n!

⋅ ⋅ ⋅=

⋅=

+

... ! m n

m∈ )

Strategie: verallgemeinern (von j) her) bzw. kombinieren (hier: die Varia-tionen in b) und j))

m) Multipliziere n gleichabständige natürliche Zahlen. (keine Aussage möglich)

Strategie: kombinieren (hier: die Variationen in f) und k))

n) Drei natürliche Zahlen werden zufällig bestimmt. Wie groß ist die Wahr-scheinlichkeit, daß ihre Summe (ihr Produkt) durch 3 teilbar ist?

(w = 1/3 bzw. w = 1 − (2/3)3 = 19/27)

Strategie: Bedingung ändern (hier: Zustandekommen der Zahlen)

o) n natürliche Zahlen werden zufällig bestimmt. Wie groß ist die Wahrschein-lichkeit daß ihre Summe (ihr Produkt) durch n teilbar ist?

(w = 1/n bzw. w = 1 − ((n−1)/n)n )

Strategie: verallgemeinern (von n) her) bzw. kombinieren (nämlich b) undn))

Wie solche Variationen im Unterricht erarbeitet und wie mit ihnen umgegangenwerden soll, wird später erörtert (s. 5 und 6). Zunächst gehen wir darauf ein,warum man dies tun sollte (s. 2, 3 und 4).

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2 Rahmen

Mathematikunterricht ist problemlösender Unterricht

Daß er dies zumindest auch und nicht zuletzt ist, darf heute als eine selbstver-ständliche, ernsthaft nicht mehr bestrittene Forderung gelten (s. etwa Törner;Zielinski 1992). Sie leitet sich ab sowohl aus der geschichtlichen Entwicklungder Mathematik, die stets entlang von Initial- und Folgeproblemen geschah, alsauch aus dem gesellschaftlichen Auftrag der Schule, deren Absolventen die (inQuantität und Komplexität ansteigenden) Probleme der Gegenwart und Zukunftzu bestehen haben, und vor allem aus der anthropologischen Charakterisierungdes Menschen als (biologisches und geistiges) Wesen, das sich im Umgang mitProblemen bildet. „Alles Leben ist Problemlösen“ (Popper 1994).

Problemlösen bedarf polarer Dispositionen

In diesem Zusammenhang hat Strunz 1968 herausgestellt, daß erfolgreichesProblemlösen zwei polare dispositionale Voraussetzungen hat, nämlich kriti-sches, folgerichtiges und gründliches Denken einerseits (Kerschensteiner 1928spricht von geistiger Zucht), Ideenreichtum, Beweglichkeit und Phantasie ande-rerseits (Strunz faßt zusammen: Esprit). Möglicherweise hängt dies mit den un-terschiedlichen Aufgaben und Arbeitsweisen der beiden Gehirnhemisphären zu-sammen (s. Pehkonen 1997). Mit Blick auf die idealtypischen Phasen der Arbeitan einem Problem (s. dazu etwa Ulmann 1968) ist anzumerken, daß die willens-gesteuerte, angestrengte, eher kognitive Komponente des produktiven Denkensvor allem in den Phasen der Lösungsversuche und der Lösungsausarbeitung zurGeltung kommt, während die spielerisch-kreative, eher affektive Komponente inden Phasen der Problemgenese und der Lösungsfindung wichtig ist.

Kreative Phasen sind im Mathematikunterricht allzu selten

Wer die Praxis des gegenwärtigen Mathematikunterrichts (sowie des Mathema-tikstudiums) und die sie rahmenden Regularien kennt, muß befürchten, daß die-se zweite Komponente vernachlässigt wird. Die weltweit durchgeführte TIMS-Studie (s. Baumert et al. 1997 und 2000) und darin insbesondere die auf Japan,die USA und Deutschland beschränkte TIMS-Video-Studie haben gezeigt (s.Blum; Neubrand 1998), daß die nur mittelmäßigen Mathematikleistungen deut-scher Schülerinnen und Schüler u.a. auch auf eine zu starke Ausrichtung anStandardaufgaben und -verfahren sowie auf mangelnden Umgang mit unge-wohnten Fragestellungen oder gar mit wirklichen Problemen1 zurückgehen (an-ders in Japan). Zwar befaßt sich auch unser Unterricht durchaus mit Aufgaben(so sehr, daß die Kritik der „Aufgabendidaktik“ durch Lenné 1968 immer nochaktuell ist), darunter auch (allerdings schon seltener) mit Problemen, doch die-

1 Diese Typisierung ist selbstverständlich auf den jeweiligen Kenntnis- und Leistungsstandder Lerngruppe zu beziehen.

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nen diese häufig nur dazu, eine zu lernende Methode, einen hieb- und stichfestenAlgorithmus einzuführen und - vor allem - zu üben. Dann aber haben unortho-doxe, originelle oder auch nur ungewohnte Lösungsideen keinen Platz.

Wer stellt die Aufgaben?

Noch mehr ist allerdings die heuristische und bildnerische Funktion der Phaseder Problemgenerierung bedroht, und zwar einfach dadurch, daß die vielen Auf-gaben des Mathematikunterrichts in der Regel solche der Lehrenden sind, direktoder vermittelt über Schulbücher, Aufgabensammlungen und didaktische Lite-ratur, so daß die Lernenden allenfalls reagieren können. Leider trifft dies meistauch für denjenigen Unterricht zu, der sich dem Problemlösen wirklich ver-pflichtet fühlt. Wer aber zustimmt, daß „Mathematikunterricht die Bereitschaftund die Fähigkeit zu schöpferischen Denken und Kreativität fördern soll“ (MNU1988), schon deshalb, weil „Mathematik lebendiges und phantasievolles Han-deln ist, das auf menschlicher Kreativität beruht“ (MNU 1998), der sollte auchdarüber nachdenken, wie Schülerinnen und Schüler an der Erzeugung von Auf-gaben beteiligt werden können.

Daß es im täglichen Leben nicht nur darauf ankommt, fremdbestimmte Proble-me zu lösen, sondern auch und vielleicht noch mehr darauf, sie zu adaptieren, zureduzieren, weiterzuentwickeln, in einen Sinnzusammenhang einzupassen, vondort her auf neue Fragen zu stoßen usw., und nicht zuletzt darauf, aufkommendeProbleme rechtzeitig zu sehen, bedarf eigentlich keiner Erwähnung.

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3 Ausgangssituation

Nun wird niemand eine Stunde mit der Frage beginnen: „Wer hat ein Problem?“bzw. „Wer weiß eine schöne Aufgabe?“; auch dann nicht, wenn klar ist, daß sichdie Frage auf die aktuelle Unterrichtseinheit bezieht. Hingegen liegt es nahe,Aufforderungen solcher Art an gerade behandelte und gelöste Aufgaben anzu-schließen und sie entsprechend zu formulieren, etwa „Wie können wir dieseAufgabe(n) abwandeln (verändern, variieren, umgestalten)?“ oder „Wer gibt unseine ähnliche, eine verwandte Aufgabe?“.

Polya hilft weiter

Erste Anleitungen dazu findet man schon bei Polya 1949, dem Altmeister dermathematischen Heuristik. In seiner die Bearbeitung eines Problems abschlie-ßenden Phase der Rückschau steht die Frage: „Kannst Du das Resultat oder dieMethode für irgend eine andere Aufgabe gebrauchen?“ Er differenziert dann(S.147): „Wir können uns leicht eine neue Aufgabe ausdenken, wenn wir mitden hauptsächlichsten Mitteln, eine Aufgabe zu variieren, etwas vertraut sind,wie Verallgemeinerung, Spezialisierung, Analogie und Zerlegung und Zusam-mensetzung.“ Und er macht Mut (S.148): „Gute Aufgaben und Pilze haben et-was gemeinsam: sie finden sich stets in Haufen.“ Schließlich verdeutlicht er sei-ne Anmerkungen am Beispiel der Aufgabe, zu den gegebenen Kantenlängen ei-nes Quaders die Länge seiner Diagonalen zu finden.

In Anhang 1 findet der Leser ein anderes, ebenfalls aus der Literatur bekannteselementargeometrisches Beispiel (s. Wittmann 1973 und Siemon 1976).

In weiteren Werken „Mathematik und plausibles Schließen“ 1962/63 und „VomLösen mathematischer Aufgaben“ 1966/67 hat Polya seine Analysen und Anre-gungen (leider nicht die zum Variieren) anhand vielfältiger Aufgaben und Pro-bleme erweitert und vertieft. Doch hat er damit in der breiten Unterrichtspraxis -obwohl viel gelobt und immer wieder zitiert - nicht genügend Resonanz gefun-den.

Die didaktische Literatur bietet inzwischen gute Anregungen

Denk- und Lernpsychologie befassen sich überwiegend mit dem Verhalten vonProbanden beim Lösen vorgelegter Probleme; für unser Anliegen erhalten wirdaher kaum Hinweise.

Auch in der didaktischen Literatur waren weiterführende Beiträge nicht ebenhäufig. Es ist bezeichnend, daß die Datenbank MATHDI (im Oktober 1999) aufdas Stichwort „Aufgabe“ 6360 Antworten gab, aber keine einzige zur „Aufga-benvariation“. Allerdings mehren sich hilfreiche Untersuchungen und Arbeitengerade in den letzten Jahren:

- Steinhöfel; Reichold 1971 nennen als letzten Schritt innerhalb des Gesamtpro-zesses des problemlösenden Beweisens das Ziehen von Schlußfolgerungen und

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führen dazu u.a. Verallgemeinerungen, Sonderfälle, Grenzfälle, Umkehrungendes bewiesenen Satzes sowie das Beweisen analoger Sätze an.

- Wittmann 1971 plädiert für „erzeugende Probleme“, die den Kern bilden füreine Schar „verwandter Aufgaben, die durch Analogisierung, Abwandlung, Ver-allgemeinerung usw. gewonnen werden“ (S.291) und erläutert diese Erzeugungan einleuchtenden, im Schwierigkeitsgrad recht verschiedenen (und daher unter-schiedliche Schulstufen betreffenden) Beispielen. In einer späteren Arbeit(1973) vergleicht er die dabei verwandten Heurismen mit den Mutterstrukturender Mathematik (und spricht konsequenterweise von den „Mutterstrategien derHeuristik“).

- Krautkrämer 1985 weist bei der Vorstellung des Hamburger Modells zur För-derung von mathematisch besonders begabten und interessierten Schülern all-gemein und an Beispielen auf die Bedeutung des Erkennens von Problemen unddes Findens von Anschlußproblemen für mathematische Denkleistungen hin.

- Walther 1985 zeigt mittels der Aufgabe „Läßt sich die Zahl 1000 als Summeaufeinanderfolgender natürlicher Zahlen darstellen?“, welche Einsichten Schüler(und Lehrer) durch Drehen und Wenden der Lösung und der Aufgabenstellunggewinnen können. Sie ist entstanden innerhalb des MA-THEMA-Projekts, mitdem in Schleswig-Holstein mathematisch interessierte SI-Schülerinnen und -Schüler in Arbeitsgemeinschaften gefördert werden (s. Walther; Kühl 1988).

- Bruder 1988 macht auf die Möglichkeit des Abwandelns von Aufgaben zumZwecke effektiver und differenzierender Festigung aufmerksam. Doch geschiehtdies vornehmlich durch den Lehrer, während der Schüler höchstens auswählenkann. Diese - in unseren Augen starke - Einschränkung gilt leider auch für dieim Anschluß an die Piaget´schen Forschungen propagierte (und ansonstenhöchst sinnvolle) operative Gesamtbehandlung einer mathematischen Einheit (s.Fricke 1969).

- Walsch 1995 spricht sich für „Aufgabenfamilien“ aus, die aus einer Ein-stiegsaufgabe hervorgehen, und erläutert deren Vorzüge an einleuchtenden Bei-spielen. Wer sie entwickelt (und mit welchen Strategien), wird allerdings nichtweiter thematisiert.

- Käpnick 1996 führt unter den Fördermaßnahmen für mathematisch interes-sierte und begabte Grundschulkinder auch das „eigenständige Finden und For-mulieren von Anschlußproblemen“ auf, weist aber auch darauf hin, daß „sicheine Reihe von Kindern mit dem Lösen eines Ausgangsproblems zufriedengibt“.

- Das 1997 erschienene Gutachten zum BLK-Programm „Steigerung der Effizi-enz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts“ nennt innerhalb ei-ner von ihm propagierten Aufgabenkultur ausdrücklich auch die Aufgabenva-riation als geeignetes Mittel, Motivation zu bewirken, Sinn zu erzeugen undkumulative (statt isolierte) Lernprozesse in Gang zu setzen.

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- Lehmann 1998 entwickelt Software in Gestalt von „Bausteinen“, die sich ausje einer Aufgabenserie formieren und ihrerseits zu neuen Aufgabenfolgen Anlaßgeben. Hier werden Schüleraktivitäten bewußt gefordert und gefördert.

- Weiterhin sei auf Vollrath 1987 und Weth 1999 hingewiesen. Dort geht eszwar um Begriffsbilden als kreatives Tun im Mathematikunterricht, doch gibt esviele und vielfache Bezüge zur Problemvariation, einfach deshalb, weil Proble-me mit Begriffen formuliert werden und weil Lösungsprozesse und LösungenAnlaß geben zu neuen Begriffen, die ihrerseits weitere Probleme schaffen. Zu-dem hat Weth Strategien (er nennt sie Routinen) entwickelt und erprobt, die inkreativen Phasen hilfreich sein können und daher auch für uns von Wichtigkeitsind. Jüngst haben Trunk; Weth 1999 mit „merkwürdigen Punkten und Linienim Dreieck“ ein überzeugendes Beispiel für eine entsprechende unterrichtlicheRealisierung publiziert.

- Für erste publizierte Beispiele aus dem eigenen Projekt sei auf Hein; Knichel1999, auf Schupp 1999a,b und 2000 a,b sowie auf Henning; Leneke 2000 ver-wiesen.

- Das o.a. BLK-Programm (inzwischen kurz SINUS genannt), an dem sich alleBundesländer mit Ausnahme des Saarlandes über Modellschulen beteiligen, hatinzwischen zu einer erfreulichen Förderung und Konkretisierung der Aufgaben-kultur im alltäglichen Unterricht geführt, die sich vor allem im Bemühen umoffenere Aufgaben und im Bewirken von unterrichtlichen Öffnungsprozessenäußert, in die sich unser Ansatz (obwohl unabhängig davon und zuvor entstan-den) gut einfügt1. Beispielhaft sei die Zeitschrift „mathematiklehren“ aufgeführt,die seit 1995 eine von W. Herget betreute Rubrik „Die etwas andere Aufgabe“enthält und sich in H. 100 dem „Aufgaben öffnen“ widmet. Insbesondere seiendie „Variationen einer Textaufgabe“ (Böhmer 2000) erwähnt. Auch wir hattenGelegenheit, unseren Ansatz vorzustellen (Schupp 2000b), wie er überhaupt imRahmen des SINUS-Projekts starke Beachtung findet, was zu zahlreichen Prä-sentationen auf Bundes- und Landesebene geführt hat, und was uns in Kontaktbrachte zu weiteren Kolleginnen und Kollegen, die unsere Materialien erprobenund eigene Ideen entwickeln wollen.

Wie sieht es im Ausland aus?

Gewichtige Anstöße kommen, etwa ab 1980 und seither in zunehmendem Maße,vor allem aus dem englischsprachigen Raum (s. Bishop et al. 1996).2

1 Es ist bemerkenswert, daß das SINUS-Modul 1 (Weiterentwicklung der Aufgabenkultur immathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht) das von den Bundesländern bzw. Modell-schulen weitaus am meisten aufgegriffene und umgesetzte Modul ist. Weiterhin zeichnet sichab, daß von dort auch positive Impulse auf die Arbeit in den anderen Modulen ausgehen.2 Einschlägige Arbeiten aus anderen Sprachräumen werden international leider kaum beach-tet. Für entsprechende Hinweise sind wir dankbar.

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- So schätzt Kantowski 1980 das Variieren bekannter Aufgaben als eine derjeni-gen Fähigkeiten ein, die für die vierte und höchste Stufe charakteristisch sind, zuder ein Problemlöser gelangen kann.

- Kilpatrick 1985 nennt als mögliche Problemquelle „andere Probleme“, geht indiesem Zusammenhang auf wichtige Strategien ein (Assoziation, Analogie, Ver-allgemeinerung, Kontradiktion) und denkt über Möglichkeiten nach, sie im Un-terrricht zu verankern.

- In The Curriculum and Evaluation Standards for School Mathematics (NCTM1989) heißt es: „Students in grade 9-12 should also have some experience reco-gnizing and formulating their own problems, an activity, that is in the heart ofdoing mathematics.“1

- Stevenson 1992 stellt 60 „exploratory problems“ zusammen, wobei zu denAuswahlkriterien u.a. gehört: „The problems should suggest several other pro-blems“. Denn er gliedert den Explorationsprozeß in eine induktive, eine deduk-tive und eine kreative Phase (Antwortsuche, Antwortbegründung, eigene Unter-suchungen).

- „Problem posing“ ist neuerdings geradezu ein Schlagwort, jedenfalls aber einBuchtitel (Brown; Walter 1983, 1990, 1993) geworden. Man unterscheidet freie,halb- und ganzstrukturierte problem-posing-situations je nach dem Grad derAbhängigkeit von einem Initialproblem.2 Stoyanova 1999 gibt dazu eine noch-malige Verfeinerung an und erläutert sie an zahlreichen Beispielen. Variationengehören demnach zu den vollständig strukturierten problem-posing-situations,die auf einem spezifischen Problem basieren und dadurch generiert werden, daßman entweder das Problemvokabular oder die semantische Struktur des Pro-blems oder die Problemfrage ändert.

Anhang 2 skizziert ein in Brown; Walter 1993 ausgearbeitetes, diesmal arithme-tisches Beispiel, das auch bereits für jüngere Schüler geeignet ist.

- In Norwegen befaßt sich eine Forschungsgruppe um R. Solvang damit, kleine-re Forschungsfelder („Landschaften“) für den Unterricht zu schaffen. Dabei gehtsie je von einer Situation (Daten, Fakten, Bilder, Beziehungen) und einem zuge-hörigen „Startproblem“ aus, dessen Lösung zu weiteren Problemstellungen an-regen soll (Pedersen; Solvang 1997).

1 Die kürzlich (2000) erschienenen „Principles and Standards for School Mathematics“ (s.http://standards.nctm.org/document) sagen das leider nicht mehr so deutlich. Immerhin for-dern auch sie, Lernumgebungen zu schaffen, in denen Schüler „will be more likely to poseproblems and to persist with challenging problems“ (S.53).2 Unter „problem“ versteht man im Englischen weniger das deutsche „Problem“ als vielmehrdie „Aufgabe“.

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- English 1997 berichtet ausführlich über ein 10 Wochen dauerndes problem-posing Programm (mit zwei 35-minütigen „activity sessions“ pro Woche), dasmit 17 10jährigen Schülern durchgeführt wurde, und vergleicht deren Endver-halten (ausführlich auch das dreier ausgewählter Probanden) mit dem einer 10Schüler umfassenden Kontrollgruppe. Die Ergebnisse sind ermutigend und las-sen den Einbau solcher Aktivitäten in den Normalunterricht geraten erscheinen.

- In Pehkonen 1997 sind Beiträge zusammengestellt, die zwischen 1993 und1996 in der Diskussionsgruppe „Using Open-ended Problems in Mathematics“innerhalb des PME-Forums (Psychology of Mathematics Education) gehaltenwurden und sich u.a. mit Problemvariationen beschäftigen.

- Es finden sogar schon Versuche statt, „problem-posing-tests“ zu entwickeln,einzusetzen und auszuwerten, in denen Komponenten kreativen Tuns (nachGuilford 1950: Flüssigkeit, Flexibilität und Originalität der Eigenproduktion) beiden Probanden gemessen werden (s. Leung 1997).

- Das überdurchschnittlich gute Abschneiden asiatischer Schülerinnen und Schü-ler in der TIMS-Studie hat den dortigen Mathematikunterricht interessant ge-macht. Cai 1998 stellt in einer vergleichenden Studie anhand eines Tests, der inden USA und in China geschrieben wurde, fest, daß die Überlegenheit sich we-niger beim Lösen komplexer Probleme als vielmehr in der Sicherheit beim Be-wältigen von Aufgaben mittleren Schwierigkeitsgrades bemerkbar macht.Wichtiger für uns ist, daß der Test einmal mehr gezeigt hat, wie eng gekoppeltproblem-posing- und problem-solving-Fähigkeiten sind (s. dazu 4 e)). Interes-sant auch und vielleicht tröstlich die abschließende Feststellung, daß problem-findende Aktivitäten im Unterichtsalltag beider Länder noch recht selten sind.

- Neubrand; Neubrand 1999 analysieren und beurteilen eine japanische Unter-richtsstunde, die im Rahmen der TIMS-Video-Studie aufgezeichnet worden ist.

Im Anschluß an eine Aufgabe, bei derein Winkel zwischen zwei Strecken in-nerhalb eines Parallelstreifens zu be-rechnen war, wurden die Schülerinnenund Schüler aufgefordert: „Make yourown problems by changing the conditi-ons between (the) parallel lines“.

Fig.2

50

30

x

- Stoyanova 2000 stellt Lehrerfragen bereit, welche geeignet sind, die Verbin-dung von problem-posing- und problem-solving-Aktivitäten zu intensivieren.

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4 Begründungen

Warum sollte man - weit mehr als bisher - eigene Problemstellungen der Schüle-rinnen und Schüler fördern?

a) Heraus aus der bloßen Reaktion

v. Hentig 1997 (in einem Interview): „Wir überschütten unsere Kinder mit Ant-worten auf Fragen, die sie nicht gestellt haben.“ Und die meist auch die Lehren-den nicht gestellt haben, sondern die sie weitergeben aus dem Schulbuch undaus sonstiger Literatur. Im Mathematikunterricht sind das im Verlaufe von 13Jahren einige tausend Aufgaben! Paulsen 1913 schreibt vom Abiturienten:„Zwölf Jahre hindurch an alles gewöhnt, nur nicht daran, sich selber Aufgabenzu stellen und aus eigenem Antrieb zu arbeiten, weiß er nun mit der so plötzlichund im Übermaß hereinbrechenden akademischen Freiheit nichts zu beginnen.“

Wobei einschränkend hinzuzufügen ist, daß die Hochschulmathematik die Auf-gabenzentriertheit zunächst eher noch fortsetzt und steigert. In der Tat hat dieerste Phase der Ausbildung zum Mathematiklehrer die Bereitschaft zur bloßenEntgegennahme von Aufgaben, die Hinnahme des fast ausschließlichen Gemes-senwerdens an der Qualität der zugehörigen Lösungen noch verstärkt; das Bear-beiten von Aufgabenblättern nimmt einen Großteil studentischer Aktivitäten ein.

Bei Postman 1995 heißt es (S.97): „ Alle Kinder treten als Fragezeichen in dieSchule ein und verlassen sie als Punkte.“ Er beklagt (S.216), daß die Frage „alsdas wichtigste intellektuelle Werkzeug, das dem Menschen zur Verfügung steht,in der Schule nicht gelehrt wird“.

Mit brutaler Offenheit heißt es im Eingangslied der Sesamstraße: „Wer nichtfragt, bleibt dumm!“

b) Wider ein falsches Bild von Mathematik

Es wird einem ebenso verbreiteten wie unzutreffenden Bild von Mathematikgewehrt als einer Wissenschaft, die keine wirklichen Probleme mehr hat, derenFormel- und Rezeptsammlung abgeschlossen ist, und die demnach ihre (natür-lich vollständig lösbaren) Aufgaben nur noch zu Trainingszwecken konstruiert.Erstaunlich leicht nämlich kommt man durch einfache Variationen einer gelö-sten Aufgabe neben unsinnigen, trivialen, leichten und anspruchsvollen Frage-stellungen zu sehr schwierigen, für Schüler und nicht selten auch für Lehrer un-lösbaren (u.U. aber höchst aktuellen), ja zu noch ungelösten oder prinzipiellnicht lösbaren Problemen (s. dazu 1).

Ein weiteres Beispiel: Im Anschluß an die Behandlung pythagoreischer Zahlen-tripel und ihrer Konstruktion liegt es nahe, zu fragen: Gibt es Zahlen a,b,c,d ∈ *

mit

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a1 + b1 = c1 ,a0 + b0 = c0 ,a3 + b3 = c3 usw.,a-1 + b-1 = c-1 ,a1/2 + b1/2 = c1/2 ,a2 + b2 + c2 = d2 ,a2 + b2 = c2 + d2 usw.

Wenn ja, gibt es jeweils wieder einen Algorithmus, mit dem man alle Grundtri-pel (Grundquadrupel) erhalten kann? Gibt es wie bei den pythagoreischen Tri-peln ein geometrisches Gebilde, das sie charakterisiert?

Mathematik wird - vielleicht zum ersten Mal - als lebendiger Prozeß erlebt, indem Fragen entstehen, (vielleicht nur teilweise) beantwortet werden und neueFragen nach sich ziehen, ein Prozeß auch der „Befreiung vom Gegenstand“ (Fi-scher 1984), d.h. des Gebundenseins an allzu spezielle Wissenspartikel (vgl. daszweite Cantor´sche Zitat). Kurz: Es wird authentisch gelernt.

c) Vernetztes Denken

Walsch 1995 weist darauf hin, daß das beim Bearbeiten von Aufgabenfamilienerforderliche „Variieren von Daten, Bedingungen und Fragestellungen dazubeitragen kann, die Grenzen monokausaler Sichtweisen zu überwinden und An-sätze zu einem mehr vernetzten Denken zu entwickeln.“ Eine solch lokale Ver-netzung (im Unterschied zu eher globalen Zusammenführungen bei den üblichenGesamtwiederholungen) kann auch dem schon von Wagenschein 1968 gerügten,weil erdrückenden Turmcharakter der Schulmathematik vorbeugen. Jedenfallsschafft Aufgabenvariation Verbindungen zu früherem Wissen (und gibt damitdie Möglichkeit impliziter Wiederholung), zu anderem Wissen (fächerüber-greifende Bezüge) und zu (curricular) späterem Wissen, ohne dieses erschöp-fend behandeln zu müssen (s.u.).

d) Motivation und Interesse

Es ist eine Binsenweisheit, daß man zur Lösung eigener Fragen mehr motiviertist als zur Replik auf Fragen dessen, der die Antworten schon kennt.

Beispiel: Die Frage eines Schülers, wie man ein Trapez konstruieren könne ausseinen vier Seitenlängen (a¦c vorausgesetzt) (als Reaktion auf die Aufforde-rung, Aufgaben zur Trapezkonstruktion zu bilden), hat einen der Projektleiterund seine Klasse eine Unterrichtsstunde lang und noch zuhause beschäftigt.1

Erfreulich, daß zu dieser Überzeugung auch eine Bestätigung von empirisch-pädagogischer Seite vorliegt (Deci; Ryan 1993)

1 Das wiederholte sich für ihn, als er kürzlich auf die Aufgabe stieß, ein Trapez aus den bei-den parallelen Seiten und den beiden Diagonalen zu konstruieren.

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Vielleicht kann auf solche Weise sogar eine Haltung gegenüber der Mathematikgeweckt und gefördert werden, die wertvoller ist als die bloß einleitende unddaher kurzfristige Motivation: das verweilende Interesse am Fach (nach Herbartsogar das Ziel eines jeden Unterrichts), hier insbesondere an dessen Fragestel-lungen und Lösungswegen (s. Bauer 1989).

Um einem Mißverständnis vorzubeugen: Die gute, d.h. aktivitätsanregende Leh-rerfrage wird durchaus nicht überflüssig, sondern bleibt bitter notwendig. Dochkönnte so manche Gängelei durch kurzschrittige Fragesequenzen (das meinteGaudig mit seiner „Despotie der Frage“) durch geeignete Variationsphasen ab-gelöst werden. Dies wäre jedenfalls eine Möglichkeit, die einigermaßen parado-xe, nur in der Schule vorfindliche Situation, daß derjenige fragt, der es weiß,und derjenige antworten muß, der es eventuell nicht weiß, wenigstens hin undwieder zu durchbrechen.

e) Üben in sinnvollem Kontext

Der Leser schaue sich das Beispiel in 1 einmal daraufhin an, wie hier, selbstwenn beileibe nicht alle dortigen Fragen formuliert und behandelt werden, derzweckmäßige Umgang mit einfachen Termen im Zusammenhang mit dem Lö-sen einfacher Teilbarkeitsfragen geübt wird, und man halte dagegen, wie lang-weilig diese Übungsphase in unseren Schulbüchern und wohl auch in den mei-sten Schulstunden gestaltet wird. In Schupp 2000 b wird dargestellt, daß das un-vermeidliche Üben der Binomischen Formeln sich als Variation der Grundbe-ziehung (a+b)2 = a2 + 2ab + b2 arrangieren läßt und zudem zu Einsichten führt,die beim Bewältigen entsprechender Aufgabenplantagen nicht erreicht werdenkönnen.

f) Variation als Lösungsstrategie

Ohne Zweifel ist die Variation einer Ausgangsfrage ein wesentliches Momentauch schon bei der Beantwortung dieser Frage selbst. „Kennst Du eine ver-wandte Aufgabe?“ ist eine der Anregungen im Polya´schen Fragenkatalog. Under stößt nach: „Versuche zuerst eine verwandte Aufgabe zu lösen! Kannst DuDir eine zugänglichere verwandte Aufgabe denken?“

Walter; Brown 1977 zeigen am Beispiel der Aufgabe „Finde ein gleichseitigesDreieck, dessen Fläche so groß ist wie die Flächen zweier vorgegebener gleich-seitiger Dreiecke zusammen.“, wie ein Zusammenspiel von Schülerfragen und-antworten bis zur Entdeckung des verallgemeinerten Satzes von Pythagoras (fürähnliche Figuren) führt.

Winter 1989 macht an mehreren Stellen überzeugend deutlich, wie wichtig undfruchtbar die Variation gegebener Größen bzw. Informationen für das Durch-dringen einer Aufgabe und das Auffinden ihrer Lösung ist. Schon deshalb, weilmit ihr die unvermeidlichen Blockaden bzw. Fixierungen (s. Haylock 1987)überwunden werden können.

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Bugdahl 1995 faßt seine Überlegungen zum Problemlösen in folgendem „Kern-satz“ zusammen (S.29): „Probleme löst man durch motivierte Modifikation“.

Beispiel: Beim Problem der Parallelogrammdrittelung von einer Ecke her (s.Anhang 1) wäre die Abänderung „Versuche erst eine Halbierung oder Vierte-lung!“ bzw. die Frage „Wie könntest Du die Fläche auf andere Weise dritteln?“eine große Hilfe gewesen (s. Fig.3,4).

Fig.3 Fig.4

g) Einsicht durch Weiterdenken

Weiterdenken nach einer Lösung macht oftmals den neuen Sachverhalt undmehr noch dessen Bedeutung und Grenzen erst wirklich einsichtig. Das aber istwesentlich: „Aufgabe des Fachunterrichts im offiziellen Bildungssystem sollteheute nicht nur und nicht in erster Linie das Heranführen an bestimmtes Wissensein, ... sondern die Entwicklung eines reflektierten, realistischen Verhältnisseszum jeweiligen Wissen.“ (Fischer 1984, S.52)

Beispiel (s. auch Anhang 21): Hat man erarbeitet, daß die Mittelsenkrechten ei-nes Dreiecks genau einen gemeinsamen Punkt haben, der dann der Mittelpunktdes Umkreises sein muß, so machen eigentlich erst die Nachfragen

„Wie ist das insbesondere beim rechtwinkligen, spitzwinkligen, stumpfwinkli-gen Dreieck?“„Verläuft durch drei Punkte immer ein Kreis?“„Gilt der Satz auch für Vierecke?“„Für welche Vierecke gilt er bestimmt?“„Und für welche n-Ecke?“„Wie ist das bei anderen Dreieckslinien?“„Und bei solchen, die wir uns selbst ausdenken?„Was entspricht dem beim Tetraeder?

die Tragweite des Satzes deutlich. Solche Nachfragen werden, wenn überhaupt,durch den Lehrer gestellt. Mehr oder minder systematische Variation des erar-beiteten Satzes sollte dazu führen, daß auch die Schüler zu fragen beginnen.

Manche solcher Fragen führen auf orthodoxe, ja curricular vorgeschriebene An-schlüsse (z.B. weitere Dreieckstransversalen). Andere öffnen Wege zu späteren

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Curriculumteilen, die durchaus vorgezogen werden können (z.B. Mittelsenk-rechten im Viereck). Wieder andere sind ungewöhnlich, weisen aber durchausauch auf bisher übersehene Verflechtungen hin (z.B. transversale Geraden undEbenen beim Tetraeder).

An dieser Stelle sei erstmals daran erinnert, daß das „Thema mit Variationen“seit Jahrhunderten eine bei Komponisten und Hörern beliebte musikalische Ge-staltungsform ist. Warum? Weil es reizvoll und erfrischend anzuhören ist, wieBekanntes und Neues sich mischen, wie das scheinbar Bekannte durch Variationan Weite und Tiefe gewinnt.

h) Stärkung des Schüler-Ichs

Sie ist nach Heymann 1996 eine wesentliche Komponente eines schulischenAllgemeinbildungskonzepts. Es geht um „die Entwicklung von Selbstbewußt-sein, Selbstvertrauen, personaler Identität, um die Fähigkeit, eigene Ziele, Wün-sche und Vorstellungen klar zu erkennen und handelnd zu verwirklichen, mitden eigenen Stärken und auch Schwächen realistisch umzugehen“ (S.166);Heymann fügt hinzu (S.177): „Die angestrebte Ich-Stärkung der Schüler hat zurVoraussetzung, daß ihnen hinreichend Gelegenheit zur Entfaltung ihrer Phanta-sie und Kreativität gegeben wird.“ Erfolgt diese Stärkung nur auf der Basiskurzfristig eintrainierter und gleich und in gleicher Weise abgeprüfter Standard-verfahren bzw. -aufgaben, ist die große Gefahr der (irgendwann offenkundigwerdenden) Selbsttäuschung gegeben.

Nach unserer Erfahrung stärkt es die Selbstkompetenz gerade jüngerer Schülerungemein, wenn sie erfahren, daß es ihnen möglich ist, Aufgaben, die ihnennormalerweise abverlangt werden, auch selbst formulieren und weiterentwickelnzu können. Es macht sie nicht zuletzt selbstsicherer auch gegenüber fremdge-stellten Aufgaben (und damit unabhängiger von ihnen). Schulen sollen „DieMenschen stärken und die Sachen klären“ (v. Hentig 19961). Wir hoffen dazubeizutragen.

Denken wir auch daran, daß - wie viele psychologische Untersuchungen ergebenhaben (s. Haylock 1987) - Kreativität und Intelligenz einerseits sowie Kreativitätund Schulleistung andererseits nur schwach positiv korreliert sind. Mit demEinbau kreativer Phasen werden wir also insbesondere auch jenen Schülern ge-recht, deren Stärke die Ideenproduktion ist. Hierzu liegen bereits bestätigendeUnterrichtserfahrungen vor, insbesondere bei jüngeren Schülerinnen und Schü-lern.

Der traditionelle Mathematikunterricht zeichnet sich nicht gerade dadurch aus,daß er entsprechende Freiräume hinlänglich zur Verfügung stellt; er tut dies im

1 Gegenüber einer früheren Fassung hebt v. Hentig insbesondere das „und“ heraus. In der Tat:Nur der klärende Mensch wird wirklich gestärkt und und nur der starke Mensch kann eigen-ständig klären.

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Verlaufe der Schulzeit sogar immer weniger. Die vorgeschlagene Aufgabenva-riation kann ein (von Schulstufe und Unterrichtseinheit durchaus unabhängiges)Mittel sein, aus dem Ritual des Gebens und Nehmens auszubrechen, jeder nachseiner Façon, der eine vorsichtig, die andere mutig, die eine eher schwierigkeits-orientiert, der andere mehr spielerisch und angetan von den im Kontext gebote-nen Möglichkeiten. Wichtig, ja entscheidend bleibt jedoch das in 2 erwähnteZusammenspiel von Gründlichkeit und Beweglichkeit.

Anhang 3 bringt ein Beispiel mit besonders großer Spannweite.

English 1997 macht darauf aufmerksam, daß das Aufwerfen und Bearbeiten ei-gener Fragen wichtige Einsichten liefert darüber, wie Lernende Mathematik se-hen und erleben, welche Einstellungen und Gefühle sie gegenüber mathemati-schen Problemen haben.

Schließlich sei darauf hingewiesen, daß einfache Formen des Variierens denLernenden unabhängig vom Lehrer und vom Schulbuch die Möglichkeit bieten,sich weitere Übungen zu verschaffen, wenn sie sich noch nicht genügend sicherfühlen oder sich auf eine Klassenarbeit vorbereiten möchten. Jedenfalls ist einesolche Zusatzaktivität, zumal sie individueller Natur ist, dem gemeinsamen Ab-arbeiten von Aufgabenplantagen vorzuziehen, weil dabei i.a. erheblich mehrgelernt wird, als man zu üben glaubte.

i) „Sich öffnende Probleme“ als Weg zu einem „offenen Unterricht“

Hat man eine Lerngruppe erst einmal so weit, daß mehrere interessante Abände-rungen vorliegen, weil viele Teilnehmer dazu beitragen konnten, dann liegt esnach einer gemeinsamen kritisch-strukturierenden Sichtung nahe, Arbeitsgrup-pen zu bilden, die sich den akzeptierten Varianten widmen und schließlich imPlenum über ihre Ergebnisse berichten. Selbstverständlich sind auch arbeitsteili-ge Hausaufgaben möglich. Insgesamt darf man auf einen vergleichsweise offe-nen Unterricht hoffen (s. 5).

Nun gibt es ja durchaus nicht wenige Möglichkeiten, offenen Unterricht zu be-wirken (s. etwa Wallrabenstein 1991, Silver 1997, Becker; Shimada 1997, Hol-lenstein; Eggeberg 1998). Von fachdidaktischem Interesse sind insbesonderesolche, die in den Unterrichtsinhalten selbst schon angelegt sind. Etwa dadurch,daß es zu einer Aufgabe mehrere Lösungen, noch besser mehrere Lösungswegegibt. Oder dadurch, daß man offene Probleme stellt. Erinnert sei an „Here is asituation. Think about it.“ (Pollak 1969) oder an die Forderung nach möglichsteigenständiger Problemstellung bei nur ungefährer Sachvorgabe ein halbes Jahr-hundert davor (Kühnel 1928).

Ohne die didaktische Relevanz solcher Probleme (bei angemessener Behand-lung) im geringsten anzuzweifeln, wird von uns ein anderer Weg propagiert,nämlich über sich öffnende Probleme, bei dem erst nach Lösung eines vorgege-benen Initialproblems eine allmähliche Öffnung vollzogen wird.

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Wenn man weiß, daß die Behandlung offener Probleme allzuoft als „Trichter“inszeniert wird (s. Voigt 1984), d.h. daß die anfängliche Offenheit („Was gibt esin Ägypten alles zu sehen?“) durch geschicktes Nachfragen des Lehrers und ge-eignetes Auswählen der eintreffenden Antworten immer mehr eingeschränktwird, bis am Ende eine rigide Aufgabe („Wie groß ist das Volumen einer Pyra-mide?“) steht, so liegt es nahe, unser Vorgehen mit der Metapher des umge-kehrten Trichters, der „Trompete“ oder besser der „Blüte“ zu kennzeichnen.

Die Kombination eines traditionellen Anfangs mit offenen Erweiterungen hatzahlreiche Vorteile. Drei davon haben wir in 4 b), f) und g) bereits genannt:stimmiges Mathematikbild, Variation als Lösungsstrategie, tieferes Verständnis.

Wir fügen hinzu:

- Der Übergang von gegebenen zu selbstgefertigten Aufgaben (und umgekehrt)macht den Unterricht abwechslungsreich und lebendig.

- Er bringt Eigenaktivität und Unterweisung als komplementäre Faktoren desLernens (s. Wittmann 1971) zur gebührenden Geltung. Die BLK-Expertise(BLK 1997, S.39) drückt es folgendermaßen aus: „Unterricht muß ... der ...Selbsttätigkeit in angemessener Weise Raum geben, darf dabei aber das Errei-chen fachlicher Ziele nicht aus dem Auge verlieren. Dies setzt voraus, daß derUnterricht unter pädagogischen und lernpsychologischen Gesichtspunkten kom-petent (bezogen auf die Lernprozesse), aspektreich (bezogen auf die Gegenstän-de) und authentisch (bezogen auf die fachliche Bedeutung der Inhalte) gestaltetwird.“

- Die Variation vorgegebener Aufgaben gibt dem kreativen Spiel einen festenAnfang. „Phantasie haben heißt nicht, sich irgend etwas ausdenken, sondern ausden Dingen etwas machen.“ (Thomas Mann). Sie erlaubt strategische Hinweise,wo und wie diese Phantasie angreifen kann (s. 7).

Wir halten diese Tatsache für besonders wichtig in einer Zeit, in der mit demBegriff der „Kreativität“ grober Mißbrauch und Unfug getrieben wird (s. Hentig1998), nämlich immer dann, wenn sie intellektuelle Anstrengung und Kompe-tenz ersetzen statt begleiten und befruchten soll.

- Durch das empfohlene Vorgehen wird weder der vorgeschriebene Lehrplanvernachlässigt noch werden herkömmliche Formen des Unterrichts gesprengt,sondern allenfalls erweitert. Insbesondere wird das Arbeiten an Aufgaben nichtin Frage gestellt. Wo und wann man zu schülereigenen Aufgaben kommt, be-stimmt zunächst der Lehrer unter Berücksichtigung günstiger und mathematischergiebiger Gelegenheiten.

Selbstverständlich schließt dies nicht aus, daß eine dementsprechend erfahreneLerngruppe auch selbst die Initiative ergreift. In einem solchen Falle wird manschon eine einzige Variation verfolgen, wenn sie lohnend erscheint (s. dazu dasUnterrichtsbeispiel in Anhang 59).

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Unser Ansatz ist also recht konservativ und ohne größere Umstände realisierbar.Andererseits läßt sich nicht leugnen, daß er höhere geistige Risiken für Lernendeund Lehrende mit sich bringt (aber wird dies nicht heute allenthalben gefor-dert?). Wohin die Änderungen tragen und wie man mit ihnen sinnvoll umgeht,kann man nicht (zumindest nicht vollständig) vorausplanen.

Insoweit sind die in den Anhängen vorgestellten Variationen (soweit sie nichtdirekte Erfahrungen wiedergeben), mit Vorsicht zu genießen: Im Unterrichtwerden manche, vielleicht sogar viele der jeweils angegebenen Varianten unter-bleiben; dafür treten andere auf, an die man bei der Planung nicht gedacht hatte.

- Im Unterschied zu Polya meinen wir, daß es unter den schulüblichen Aufgabenkeine prinzipiellen, sondern nur graduelle Unterschiede hinsichtlich ihrerBrauchbarkeit als „Thema mit Variationen“ gibt. Um dies zu belegen, haben wireinem aktuellen Lehrwerk zwei Übungsseiten zufällig (wirklich zufällig!) ent-nommen und unsere Varianten angebracht (s. Anhänge 4 und 5). Es ist erstaun-lich, was dabei „herauskommt“ (und hoffentlich in die Schüler „hinein-kommt“).1 Selbstverständlich ist damit nicht gemeint, daß im Unterricht jedeAufgabe (oder auch nur eine Aufgabe) pro Stunde mit einer Variation endenmuß. Wie immer gilt: Allzuviel ist ungesund!

In diesem Zusammenhang sei auch auf M. Winter 1997 verwiesen, der aus-drücklich auf nichtspektakuläre Aufgaben hinweist, die seine Schüler „zu ihreneigenen machten“, indem sie „aus den Aufgaben etwas machten“. Und weiterauf Mozart, der für seine wunderschönen Klaviervariationen meist recht einfa-che Themen (z.B. Kinderlieder) benutzte.

- Die Anhänge 4,5 sollen überdies verdeutlichen, daß die Variierbarkeit wederabhängt vom (auf die Lerngruppe bezogenen) Schwierigkeitsgrad der Aufgabenoch davon, wie sehr sie innermathematischen Charakter hat. Insbesondere mußauch dem Vorurteil entgegengewirkt werden, das Variieren verleite zu notwen-dig realitätsfernen, unverbindlichen Spielereien.

Die Anhänge 6, 9, 19, 41, 48 und 61 zeigen Abänderungsmöglichkeiten im An-schluß an eine Anwendungsaufgabe. Böhmer 2000 gibt ein weiteres Beispiel.

- Schließlich ist das Variieren unabhängig vom Stand der Aufgabe in der ma-thematischen Hierarchie, und damit von der Lernstufe. Grundsätzlich kann eineAufgabe zur Abänderung weder zu einfach noch zu kompliziert sein.

1 Inzwischen kommt folgende Erfahrung hinzu: Innerhalb mehrerer Lehrerfortbildungstagun-gen, auf denen wir unser Konzept vorgestellt haben, sind die Teilnehmerinnen und Teilneh-mer gebeten worden, das Variieren als Selbsterfahrung dadurch anzustoßen, daß sie eine zu-fällig gewählte Lehrbuchaufgabe zum Thema machen. Bisher sind wir dabei kein einzigesMal enttäuscht worden. Anhang 26 bringt ein solchermaßen entstandenes Beispiel.Man vergleiche damit die durchaus eingestandenen Schwierigkeiten beim Finden geeigneterEinstiegsprobleme für offenen Unterricht (s. Becker; Shimada 1997)

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Anhang 15 bringt einen trivialen Einstieg, der bei den Schülerinnen und Schü-lern einer mathematischen Spezialklasse 7 in Sachen-Anhalt zunächst ein ver-wundertes Lächeln bewirkte, dann aber beim Variieren zu profunden Aktivitätenund Einsichten führte. Hingegen bietet Anhang 49 ein Problem, das auch ma-thematikhistorisch Anfangscharakter hatte, ja eine mathematische Teildisziplin(die Graphentheorie) konstituieren half.

Anhang 7 führt ein Beispiel aus der Grundschule an, die Anhänge 11, 12, 14 und62 zeigen Variationsmöglichkeiten für Aufgaben in Kursen der SekundarstufeII, wie sie zwei der Projektleiter selbst angeregt bzw. erlebt haben.

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5 Unterrichtsplanung

Optimal erscheint uns folgender (idealtypisch zu verstehender) Verlauf:

a) Es wird eine Aufgabe auf übliche Weise vorgegeben und gelöst.

b) Die Lerngruppe wird aufgefordert, die gelöste Aufgabe zu variieren.

Hierbei hat sich für unerfahrene Variierer folgende Hilfestellung („What-else-Strategie“) bewährt:

Versuche, möglichst jeden in der Aufgabe vorkommenden Begriff (jedes Wort,jedes Zeichen) nacheinander sinnvoll abzuändern.1

Sie sollte allerdings zugunsten heuristischer Basisstrategien allmählich zurück-treten (s. 7).

c) Die einzelnen Vorschläge werden gesammelt.

Von Lehrerseite geschieht dies bewußt ohne jeden Kommentar. Selbstverständ-lich sollten ad-hoc-Äußerungen von Schülerinnen und Schülern (insbesonderezu unsinnigen und trivialen Vorschlägen) erlaubt sein, wenn sie nicht diskrimi-nierend sind.

d) Die gesammelten Vorschläge werden geordnet, gruppiert, eingeschätzt undausgewählt.

Das geschieht anhand von Fragen wie

„Was ist unsinnig?“ „Was ist leicht (zu leicht, machbar, schwer, zu schwer)?“„Was hängt mit wem wie zusammen?“ (später auch: „Wohinter steckt dieselbeStrategie?“) „Was lassen wir weg?“ „Womit fangen wir an?“ „Was folgt dann?“„Wer möchte was übernehmen?“ (Später auch: „Wohinter steckt dieselbe Stra-tegie?“)

e) Die anstehende Arbeit wird aufgeteilt.

Hierbei sind unterschiedliche Sozialformen (Plenums-, Gruppen-, Einzelarbeit(auch zuhause)), Arbeitsaufteilungen (parallel oder sequentiell) und Differenzie-rungsweisen möglich. Späterhin ist durchaus denkbar, daß auch einmal ein lei-

1 Sie geht zurück auf die „What-if-not-strategy“ von Brown; Walter (1983, 1993). Wir habensie erweitert und dies auch im Namen zum Ausdruck gebracht.

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stungsfähiger und engagierter Schüler als Moderator beim Variieren auftritt.1

f) Die ausgewählten Varianten werden gelöst bzw. zu lösen versucht. Dabei sindwechselseitige Korrekturen (auch gruppenübergreifend) durchaus möglich.

g) Die Lösungen werden, wenn nicht dort schon erarbeitet, im Plenum vorge-stellt und diskutiert. Dies geschieht unter Herausarbeiten der zugrundeliegendenStrategien (s. 7). Neuere Forschungsresultate weisen daraufhin, welche Bedeu-tung in diesem Zusammenhang der schriftlichen Fixierung von Verlauf und Re-sultaten der Eigen- bzw. Gruppenarbeit (auf dem Notizblock, an der Tafel, aufeiner Folie) zukommt.

h) Vielleicht wendet man sich weiteren Variationen zu, die sich inzwischen an-geboten haben.

i) Eventuell werden die behandelten Varianten in einer ansprechenden Gesamt-darstellung schriftlich zusammengefaßt und Außenstehenden vorgestellt (Po-ster)2. Auf jeden Fall sollte eine abschließende Bewertung der geleisteten Arbeitsowie der erzielten Resultate stattfinden (zur Notwendigkeit einer solchen Meta-kognition s. Vollrath 1988).

In dieser anspruchsvollen Form hat das Variieren eines vorgegebenen „Themas“fast schon Projektcharakter und wird mehrere Unterrichtsstunden in Anspruchnehmen. Es kann jedoch auch ganz anders verlaufen. Etwa wenn die Lerngruppenoch keine oder wenige Erfahrungen im Variieren hat und zu dieser optimalenForm erst allmählich hingeführt werden muß. Oder wenn die Einstiegsaufgabevergleichsweise unergiebig ist (ganz ist sie es nie, s.o.). Oder aber, wenn ein Va-riationsvorschlag spontan aus der Klasse kommt, oder ...

Bei der allmählichen Hinführung an optimales Variieren empfehlen wir folgendeVorstufen (s. dazu auch die Anhänge 54 bis 62 und insbesondere das Arbeits-blatt in Anhang 52):

zu a):

Anfänglich eignen sich insbesondere solche Aufgaben zum Variieren, die schonüber die „What-else“-Strategie zu mehreren Varianten führen, die unterschiedli-chen Schwierigkeitsgrad haben. Das unter 1 angeführte Beispiel hat sich dabeimehrfach (in beiden Sekundarstufen) bewährt.

1 In einer studentischen Übungsgruppe zum Variieren während des SS 1998 (s. 6) wurde einesolche Übernahme durch Studierende wegen Verhinderung des Dozenten zweimal erforder-lich und vollzog sich völlig unproblematisch.2 Hier berührt sich unser Ansatz erneut mit einem schweizer Forschungsprojekt (s. Gallin; Ruf1993), in der die wichtige Rolle des Verschriftlichens mathematischer Lernprozesse und Re-sultate für den Aufbau einer tieferreichenden Fachkompetenz unter dem Anspruch von All-gemeinbildung herausgearbeitet wird.

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zu b):

- Variation einer einzelnen Aufgabenkomponente- Aufnahme eines einzelnen Variationsvorschlages- gezielte Nachfrage („Kann man statt ... auch ... ?“)

zu c):

mehr oder minder stark kommentiertes, z.T. auch geführtes bzw. vorstruktu-riertes Sammeln („What-else“, Vorgabe von Strategien)

zu d):

mehr oder minder starke Unterstützung durch geeignete Hilfsfragen bzw.Hinweise

zu f):

mehr oder minder starke, möglichst spezifische Lösungshilfen

zu g) und i):

- Hilfen bei der Darstellung mathematischer Wege und Ergebnisse- erst allmähliches Explizitmachen der immanenten Strategien

Wichtig, ja geradezu konstitutiv ist die in d) angedeutete Reflexionsphase. Hierlernen die Schülerinnen und Schüler, mit den gemachten Vorschlägen sinnvollumzugehen und die weitere Arbeit vorzubereiten. Indem wir sie zu Gutachternihrer Einfälle machen, tragen wir zur Stärkung ihres Verantwortungsgefühls undzu ihrer Geschmacksbildung (Was ist uninteressant, was nebensächlich, washilfreich, was wesentlich?), generell zur Selbstregulation beim Lernen bei. Es istzu hoffen, daß dadurch sowie mit dem allmählichen Herausarbeiten wichtigerVariationstrategien (s. g)) auch die Qualität der Vorschläge steigt.

In einem Unterricht, bei dem alle Anregungen vom Lehrer ausgehen, ist hinge-gen alles gleich wichtig, d.h. gleich unwichtig.

Insgesamt schaffen wir beim Variieren (allmählich) Lernumgebungen, welcheals substantiell gelten dürfen, d.h. (s. Wittmann 1995) welche

- zentrale Ziele, Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts repräsentieren

- Verbindungen anbahnen zu bedeutsamen mathematischen Inhalten und Ver-fahren, welche noch jenseits des gegenwärtigen Stoffgebiets liegen, und zwardurch erste diesbezügliche Aktivitäten

- nicht festgezurrt sind, sondern sich der Lerngruppe flexibel anpassen

- durch ihre Verschränkung mathematischer, psychologischer und pädagogischerAspekte Anlaß geben können zu aufschlußreichen Feldstudien.

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6 Methodische Details

Selbst wenn die „Aufgabenvariation als Unterrichtsgegenstand“ grundsätzlichüberzeugt, werden die Lehrenden sie nicht ohne weiteres im Unterrichtsalltagrealisieren. Das liegt einmal an den vielfältigen Zwängen, denen sich Fachunter-richt heute ausgesetzt sieht (z.B. Stundentakt, Notengebung, Bürokratie, volleund rigide Lehrpläne), zum anderen aber auch daran, daß sie selbst die Variationals Heurismus in ihrer Ausbildung in Hochschule und Studienseminar kaumkennengelernt oder gar verinnerlicht haben und darum auch nicht die notwendi-gen Kompetenzen und Routinen entwickeln konnten.

In der Tat sind entsprechende Aktivitäten schon im Lehramtsstudium unver-zichtbar, etwa im Zusammenhang mit dem Bestreben, die Lehramtskandidaten„Mathematik in statu nascendi“ erleben zu lassen, mit ihnen Mathematik wirk-lich zu betreiben statt sie lediglich vorzusetzen bzw. entgegenzunehmen. In ei-ner Veranstaltung „Wecken und Fördern heuristischer Fähigkeiten im Mathe-matikunterricht“ an der Universität des Saarlandes im SS 1997 haben wir mehr-fach versucht, den Prozeß des Umgangs mit einem Problem möglichst vollstän-dig zu durchlaufen, wozu auch das schließliche Erstellen und Lösen von Folge-problemen gehört. Das Beispiel in 1 zeigt ein dort entwickeltes (vergleichsweiseeinfaches) und inzwischen bereits mehrfach in der Schule erprobtes Beispiel.Eine zweite, anspruchsvollere (bis zur Benutzung eines Satzes aus der Grup-pentheorie führende) Variation kann man in Schupp 1999b nachlesen. In einemFachdidaktikseminar „Mathematik im Alltag“ an der Universität Mainz (eben-falls im SS 1997) suchten sich die Studierenden selbst die Probleme und Aufga-ben (im Rahmen von Erkundungen, Exkursionen, Interviews) und stellten dannsowohl diesen Prozeß als auch die verschiedenen Problemlösungen vor (s.Schmidt; Kroll 1999). Zur Vorlesung „Aufbau des Zahlensystems“ im SS 1998und dann noch einmal zur Vorlesung „Euklidische Geometrie“ im SS 1999 ander Universität Saarbrücken bildeten wir zwei Übungsgruppen, von denen sicheine sich in traditioneller Weise mit Aufgabenblättern beschäftigte, während dieandere sich nur einiger weniger Aufgaben annahm, diese aber möglichst weitge-hend zu variieren suchte. (Mitten im Semester wurde gewechselt, so daß manvergleichen konnte.) Anhang 16 ist so entstanden. Ebenso die Arbeit Frey;Schupp 1999 (Herr Frey war damals Student), in der eine ungewöhnliche, aber

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durchaus sinnvolle Variation des Dezimalsystems dargestellt wird: das Stellen-wertsystem mit Basis −10 und die zugehörigen Grundrechnungsarten.

Außerhalb unseres Projekts hat Kantor 2000 über eine Variation des Satzes vonViviani mit ihren Studierenden berichtet.

Daß man an Hochschulen i.a. weiter ausholen kann als mit Schülern, ist selbst-verständlich kein Gegenargument, sondern macht darauf aufmerksam, daß auchschon in der Schule je nach kognitivem Stand und Vorwissen der Lerngruppepassende Variationsthemen vorzugeben und unterschiedliche Anschlußfragen, -antworten und -begründungen zu erwarten sind (was natürlich mit den Lehr-amtsstudierenden zu diskutieren ist und zu entsprechenden Planungen führensollte). Man vergleiche etwa das Beispiel in 1 und den Anhang 56.

Das beschriebene Ausbildungs- und Lehrdefizit betrifft selbstverständlich auchdie Projektleiter. Ihre Erfahrungen mit schülerzentriertem Variieren von Aufga-ben im Unterricht sind immer noch nicht repräsentativ, jedoch durchaus ermuti-gend - in Übereinstimmung mit den (einstweilen noch wenigen) einschlägigenLiteraturberichten. Die folgenden Hinweise sind daher nicht als „Regieanwei-sungen“, vielleicht nicht einmal als zu beherzigende Ratschläge zu verstehen,sondern als zu berücksichtigende Planungsmomente.

a) Niemand ist ausgeschlossen

Aufgabenvariation ist nicht etwa ein Additum für besonders leistungsfähige oderengagierte Schüler, sondern richtet sich an alle Lernenden. Ganz im Ge-genteilist zu hoffen, daß solche Aktivitäten auch diejenigen Schüler ansprechen, die dergegenwärtig dominierenden logisch-kalkülhaften Seite der Schulmathematikferner stehen und darum besonders bei einem zu technisch geführten Algebra-Unterricht der SI abschalten. Unsere bisherigen Erfahrungen bestätigen dies.Allerdings muß auch erwähnt werden, daß manche Schüler nun (zumindest vor-übergehend) zurücktreten; diejenigen, die am liebsten mit starken Vorgaben undauf gewohnten Bahnen operieren.

b) Kein Inhalt und keine Methode sind ausgeschlossen

Aufgabenvariation ist auch nicht gebunden an bestimmte Voraussetzungen in-haltlicher oder gar formaler Art. Da sich jede Aufgabe variieren läßt (s.o.), kannman auch jede Lerngruppe jederzeit damit befassen.1 Wir haben vermutet undbisher bestätigt bekommen, daß das Variieren besonders gut bei jüngeren Schü-lern ankommt, weil bei ihnen die Freude am spielerischen Abwandeln und derMut zum geistigen Risiko noch besonders ausgeprägt sind. Aber auch bei älte-ren Schülerinnen und Schülern sollte sich nach einer eventuell längeren Anlauf-zeit Freude und Risikobereitschaft einstellen, insbesondere wenn deutlich wird,daß solches Tun auch dem Lösen gestellter Aufgaben zugutekommt. Wer selbst

1 Noch einmal: „kann“ heißt nicht „soll“.

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Aufgaben bilden kann, verliert die Angst vor Aufgaben Anderer und die Über-schätzung des Expertentums dieser Anderen.

c) Der Computer bietet weitere Chancen

weil Variationen (z.B. von Punkten, Figuren, Zahlen, Matrizen, Funktionen)durch geeignete Software besonders einfach realisiert und auf ihre Konsequen-zen hin befragt werden können. Die Anhang 21 und 23 stehen dafür. Anhang 22zeigt darüber hinaus, daß auch einfache Programme durchaus Initialcharakterhaben können.

d) Hilfen sind möglich (s.o.)

Die Kenntnis von Variationsroutinen ermöglicht es dem Lehrer, im Anschluß aneine generelle Aufforderung zur Abänderung der gelösten Aufgabe geeignet er-scheinende Hilfen zu geben. Das kann zunächst mit der „What-else“-Routine (s.5) geschehen. Auf die Dauer jedoch sollte man dafür sorgen, daß die Charakteri-stika der heuristischen Basisstrategien (s. 7.1 - 7.13) explizit gemacht und be-nutzt werden. Nur sie gestatten die volle Ausschöpfung des Variationspotentialsund nur sie helfen auch beim Problemlösen weiter.

e) Es gibt unterschiedliche Einstiege in die Thematik

Was den Einstieg in die Aufgabenvariation anbetrifft, so sind zwei Szenarien(als die beiden Enden einer gleitenden Skala) denkbar:

- „gleitend“, d.h. mit einfachen Variationen von Zahlen, Größen, Punkten,Strecken usw. („wackeln“), die erst allmählich von intensiveren Modifikationenbegleitet werden (wobei - noch einmal sei es gesagt - Anstöße und gute Bei-spiele zunächst durchaus vom Lehrer kommen können)

- „abrupt“, d.h. anläßlich eines als günstig angesehenen Problems werden mög-lichst viele Veränderungen durchgespielt, um sogleich die ganze Bandbreite derdarin beschlossenen heuristischen Möglichkeiten anzudeuten.

Im ersten Falle kommt man gewiß denjenigen Schülern entgegen, die mehr übenwollen (s. 4 h)).

Im zweiten Falle wird man darum bitten, entsprechende Varianten nun auch beianderen Aufgaben und Problemen anzubringen, nach und ohne Aufforderung.

f) Man sollte sich günstige Gelegenheiten zunutze machen

Als günstig für das Variieren erscheinen uns folgende Momente (ohne Anspruchauf Vollständigkeit):

- Stundenabschlüsse (statt „noch einer Aufgabe“)

- Phasen des komplexen Übens innerhalb größerer Unterrichtseinheiten (somanche „graue“ Übungsstunde könnte durch Aufgabenvariation belebt werden)

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- sinnvolle Hausaufgaben

- repräsentative Beispiele und Aufgaben

- individuelle Lösungsvorschläge unterschiedlicher Art

- Fehler bzw. Mißverständnisse (s. dazu etwa Ulshöfer 1998)

- Einstiege in ein neues Sachgebiet (im Sinne des Erkundens der gebietstypi-schen Aufgaben und Probleme) .

g) Aufgabenvariation erfordert „Tugenden“ und macht sie frei

Variieren verlangt „Muße“ im Unterricht, auch die Fähigkeit zum Zuhören, beiLehrenden und Lernenden gleichermaßen. Einfache Bewertungskriterien imSinne von richtig/falsch verbieten sich, eine konstruktive Einstellung zu „Feh-lern“ ist unerläßlich.

h) Sie ist mathematisch wesentlich

Noch einmal: Es ist wichtig, daß die Aufgabenvariation von den Lernendennicht etwa als bloße Spielerei, sondern als genuine mathematische Arbeit ange-sehen wird.1 Das erreicht man in der Breite und auf Dauer nur dann, wenn ent-sprechende Leistungen auch notenwirksam sind. Dabei sollte nicht nur anmündliche Noten, sondern auch an Reaktionen auf diesbezügliche Aufforderun-gen in Klassenarbeiten gedacht werden. Das ist leichter gesagt als getan. Hierhoffen wir auf konkrete Erfahrungen und Hinweise aus der Lehrpraxis. ErsteSchritte sind getan (s. Focke 2000).

i) Variieren ist kein Selbstzweck

Aufgabenvariation soll den Unterricht beleben, ihn interessant und hoffentlichauch wesentlicher machen. Deshalb darf sie nicht auch wieder ritualisiert wer-den. Ein letztes Mal: Beileibe nicht alle Aufgaben sollten variiert werden, nichteinmal sehr viele. Wichtiger ist die Vielfalt und die Qualität der Variationen so-wie der Arbeit an ihnen - und daß diese Aktivitäten bewußt und reflektiert ge-schehen. Sonst sind unerwünschte Nebeneffekte, wie sie beim Umgang mit of-fenen Problemen aufgetreten sind (s. Pehkonen 1997), unvermeidlich.

1 Als einer der Projektleiter auf der MNU-Tagung 1999 unseren Ansatz vorstellte, und an-schließend ein Mathematiker über ganzzahlige quadratische Formen vortrug, stellte er heraus,daß dieses Gebiet auf die von seinem Vorredner beschriebene Weise aus dem Vier-Quadrate-Satz (Jede natürliche Zahl ist die Summe von 4 Quadratzahlen) hervorgegangen ist.

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7 Strategien

Welche Standardmöglichkeiten (Strategien, Routinen) gibt es zur Variation einer(gelösten) Aufgabe? Nachfolgende Zusammenstellung ist weder vollständignoch genügend strukturiert.1 Sie hat sich in der Projektplanung und im seitheri-gen Projektverlauf ergeben. Bereits vorliegende Erfahrungen werden im An-schluß an die einzelnen Strategien notiert. Doch sind sie noch keineswegs reprä-sentativ. Hier ist weitere Feldarbeit dringend erforderlich.

7.1 geringfügig ändern („wackeln“)

1. Beispiel: Löse 3x − 2 < 11 ; G = mit 3 → −2 , 2 → 5, 11 → −4, x → y (!)

2. Beispiel: Ziehen eines Basispunktes einer Konfiguration nach deren Kon- struktion mit einer Geometriesoftware (s. auch Anlage 19)

3. Beispiel: Was passiert mit einer Parabel, wenn man in ihrer Beschreibung durch y = ax2+bx+c die Parameter a,b,c einzeln ändert?

Diese naheliegende und fast immer (meist allerdings unbewußt) benutzte Strate-gie ist bestens geeignet, aufgabeninterne Qualitäten und Abhängigkeiten explizitzu machen. Sie gewinnt vor allem mit dem Einsatz des Computers an Bedeu-tung, aber auch im Zusammenhang mit Modellierungen (Änderung der Modell-parameter).

7.2 analogisieren („ersetzen“)

1. Beispiel mit + für −, > statt <, x2 für x

4. Beispiel: Viereck oder Tetraeder statt Dreieck

5. Beispiel: Der Median einer Menge von Daten (die sich ordnen lassen) mini-

1 In den Anhängen findet man zahlreiche weitere, lokale und globale Strategien, die hier nichtgenannt werden.

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miert die Summe der Beträge der Abweichungen von allen Daten. Gibt es analoge Eigenschaften anderer Mittelwerte?

6. Beispiel: Summenregel beim Differenzieren → Produktregel, Summenregel beim Integrieren

Diese Strategie hat vielfältige Erscheinungsformen. Sie kann richtige, aber auchfalsche Aussagen erzeugen und ist darum besonders interessant. Das 6. Beispielmacht noch einmal darauf aufmerksam, daß naheliegende Analogien durchausauch zu lehrplankonformen Fortsetzungen führen können.

Hinweis: Das 4. Beispiel deutet an, daß man die so vernachlässigte Raumgeo-metrie u.a. dadurch fördern kann, daß man beim Variieren planimetrischer Auf-gaben stets auch das eventuelle dreidimensionale Analogon bedenkt.

7.3 verallgemeinern („weglassen“ (von Bedingungen))

1. Beispiel: G = , ax − b < c , 3xn − 2 < 11

7. Beispiel: (a+b)2 → (a+b)n , (T1 + T2)2 (Ti irgendwelche Terme), (a+b+c)2

8. Beispiel: größtes Rechteck geg. Umfangs → größtes Viereck geg. Umfangs → größte ebene Fläche geg. Um- fangs

9. Beispiel: Zahl in einem Funktionsterm → Formvariable (Parameter, der eine Funktionsschar erzeugt)

10. Beispiel: Thales-Satz → Umfangswinkel-Satz

11. Beispiel: Lösungsverfahren für (2;2)-Gleichungssysteme → Verfahren für (n;n)-Gleichungssysteme

Es ist bekannt, daß es sich hierbei um eine der wichtigsten mathematischen For-schungsmethoden handelt („Be wise, generalize!“).

Erfreulicherweise gehört diese Strategie zusammen mit den davorgenannten zudenjenigen Abänderungen, welche auch von den Schülerinnen und Schülern ammeisten und auf eigenen Antrieb hin benutzt werden. Man kann sie recht baldexplizit machen und zu deren bewußter Nutzung anhalten.

7.4 spezialisieren („hinzufügen“ (von Bedingungen))

10. Beispiel: Umfangswinkelsatz → Thales-Satz (beide Richtungen im Unter- richt möglich!)

12. Beispiel: Kosinussatz → Satz des Pythagoras

7. Beispiel: (a+b)2 → (a+a)2

Im Unterricht wird diese Strategie kaum beachtet, obwohl sie geeignet ist, Neu-es mit Bekanntem zu assoziieren und damit auch zu kontrollieren. Gleiches giltfür die nachfolgende Strategie.

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7.5 Grenzfälle betrachten („ausloten“)

13. Beispiel: Gilt die Summenformel für die arithmetische (geometrische) Reihe auch noch für den Fall d = 0 (q = 1) ?

14. Beispiel: Flächeninhaltsformel des Trapezes → Flächeninhaltsformel des Dreiecks, des Rechtecks

7.6 Lücken beheben („dicht machen“)

15. Beispiel: regelm. Dreieck, Viereck, Sechseck → regelm. Fünfeck

16. Beispiel: sss, sws, wsw → alle Dreiecksbestimmungen aus 3 Stücken

Auch diese so wichtige, seit der Gestaltpsychologie vielbeachtete Strategie istleider weitgehend unbekannt.

7.7 zerlegen („trennen“)

17. Beispiel: regelmäßiges n-Eck → n-Eck mit gleichgroßen Winkeln bzw. gleichlangen Seiten)

18. Beispiel: natürliche Potenz mn (m,n ∈ ) → Basiserweiterung, Exponent- erweiterung

Diese Strategie (die auch hinter dem Beweis durch Fallunterscheidung steckt)läßt sich häufig als Hilfsroutine benutzen, wobei die Komponenten dann einzelnabgeändert werden. In der Unterrichtsmethodik und demzufolge bei Lehrendenist sie als „Isolation der Schwierigkeiten“ wohlbekannt, hingegen nicht aufSchülerseite.

7.8 kombinieren („vereinigen“)

1. Beispiel: 4x2 + 3 > 11, G =

7. Beispiel: (a+b)2 → (a+b+c)3

Kombinieren ist eine wichtige Strategie in der Endphase des Variierens: Manlegt vorhandene Variationen zusammen (s. auch zahlreiche Anhänge). Hierherrscht in unserem Unterricht eindeutig Nachholbedarf.

Die letzten beiden Strategien gewinnen im Zusammenhang mit dem Einsatz desComputers als Werkzeug zum Problemlösen unter dem Begriff „modulares Ar-beiten“ eine besondere Bedeutung (s. dazu auch Lehmann 1998).

7.9 umzentrieren („Blick wechseln“)

1. Beispiel: 3⋅(x−2) < 11; G =

19. Beispiel: Lösungsmenge zu einer (Un)Gleichung → andere (Un)Gleichung zu dieser Lösungsmenge

20. Beispiel: Flächeninhaltsformel eines Dreiecks → Formel für Geländedrei-

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eck

Blickwechsel sind wichtig zum besseren (oft erst wirklichen) Verständnis derAusgangssituation.

7.10 umkehren („Richtung wechseln“)

21. Beispiel: logisches Umkehren einer Aussage

22. Beispiel: Gleichungssystem lösen→ zur gefundenen Lösung ein wesentliches anderes Gleichungs- system mit dieser Lösung konstruieren

Diese Strategie ist durchaus vorhanden, beschränkt sich aber noch zu sehr aufdie bloße Satzumkehr.

7.11 Kontext ändern („Rahmen wechseln“)

23. Beispiel: Gleichung ↔ Textaufgabe

24. Beispiel: analytisches Ein- bzw. Entkleiden eines geometrischen Begriffs

Eine besonders geeignete Strategie, die heute allzu dominante Methodenorient-heit des Mathematikunterrichts (s. Schupp 1995) zu durchbrechen. Einstweilenist sie noch unterrepräsentiert, kann jedoch ohne größere Schwierigkeiten ge-lehrt und gelernt werden.

7.12 iterieren („weitermachen“)

25. Beispiel: Abbilden einer Figur → Abbilden der Bildfigur usw.

26. Beispiel: konkrete Rechnung → mit Resultat entsprechend weiterrechnen

Diese Strategie profitiert in besonderer Weise vom Einsatz des Computers: Erübernimmt die Rolle des schnellen und präzisen Rechen- bzw. Zeichenknechts.Mit seinem Einsatz wird sich auch der Bekanntheitsgrad dieser wichtigen Stra-tegie deutlich heben.

7.13 anders bewerten („interessant machen“)

27. Beispiel: s. Anlage 6 (Weltbevölkerung)

28. Beispiel: Wie viele Teiler hat 100? → Welches ist die kleinste natürliche Zahl, die schon so viele Teiler hat?

Erfahrungsgemäß (s. auch M. Winter 1997) sind bei dieser Strategie jüngereSchüler besonders produktiv. Häufig fehlt dazu aber noch der Anstoß von Leh-rerseite.

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8 Hypothesen

Der aufmerksame Leser wird gemerkt haben, daß in der vorgetragenen Argu-mentation mehrere, trotz stützender Erfahrung noch durchaus anfechtbare Ver-mutungen stecken. Wir stellen einige davon im folgenden als im Verlaufe desProjekts noch zu ergänzende, weiter zu präzisierende und zu sichernde (oderauch zu falsifizierende bzw. zu korrigierende) Hypothesen zusammen. Analogzu 7 sind - wieder mit aller gebotenen Vorsicht und ohne jeden Anspruch aufRepräsentativität - erste Stellungnahmen beigegeben.

1. Es bedarf zunächst Geduld und Hilfe, bis die Lernenden die Möglichkeitenund Vorzüge des Aufgabenvariierens erkennen und nutzen.

2. Lernende sind (zumindest anfänglich) umso motivierter zur Aufgabenvariati-on und darin produktiver, je jünger sie sind.

3. Auch auf derselben Stufe gibt es große Unterschiede von Schüler zu Schülerund von Lerngruppe zu Lerngruppe, was Engagement und Kompetenz zumVariieren anbetrifft.

Diesen drei Hypothesen wird allgemein und ohne Einschränkung zugestimmt.

4. Die in 3. genannten Unterschiede werden geringer in dem Maße, wie man dasVariieren als möglichen Unterrichtsabschnitt fest verankert.

Diese Hypothese stößt mehrheitlich (aber nicht durchweg) auf Skepsis undscheint sich nicht zu bestätigen.

5. Nach einiger Zeit schlagen die Lernenden auch unaufgefordert Aufgabenvari-anten vor, insbesondere, wenn es gelingt, die wichtigsten Variationsmethodenexplizit und für den sonstigen Mathematikunterricht dienstbar zu machen.

Hierzu und zur nächsten Hypothese sind die Reaktionen gemischt.

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6. Ebenso steigt allmählich die Qualität der Variationsvorschläge sowie das Ver- mögen, solche Vorschläge angemessen zu bewerten.

7. Aufgabenvariation kann auch solche Schülerinnen und Schüler ansprechenund aktivieren, die sich bisher im Mathematikunterricht zurückhielten oder alsweniger leistungsfähig eingeschätzt wurden.

Erfreulicherweise überwiegen hier - manchmal gegen die anfängliche Er-wartung - die bestätigenden Erfahrungen.

8. Die Konstruktion eigener Aufgaben und ihre Bearbeitung verändert mittel-und langfristig das mathematische Weltbild der Lernenden (auch ihr Lehrer-bild) und macht sie der Mathematik gegenüber selbstsicherer, im Mathema-tikunterricht aktiver. Das betrifft alle Schüler, auch die leistungsschwächerenunter ihnen.

Hierzu und zu 10. können aus verständlichen Gründen noch keine Aussagen gemacht werden.

9. Vom bewußten Umgang mit Aufgabenvarianten profitiert der gesamte Unter-richt, insbesondere steigt die Qualität des Problemlöseverhaltens.

Diese Auswirkung scheint sich erfreulicherweise zu bestätigen.

10. Es gelingt schließlich, das Variieren von Aufgaben, das Beurteilen und Be-arbeiten von Varianten zu einem festen Bestandteil des Mathematikunter-richts in allen seinen Formen (auch in bezug auf Haus- und Klassenarbei-ten) zu machen.

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9 Einwände und Probleme

Wir haben unseren Ansatz vielen Kolleginnen und Kollegen aus Schule undHochschule vorgestellt. Die Reaktion war durchweg positiv. Doch gab es durch-aus auch einzelne Einwände.

9.1 „Das kostet leider zu viel Zeit.“

Hierbei wird übersehen, daß das Variieren dem sonstigen Unterricht nicht ein-fach nur hinzugefügt wird, sondern diesen höchst positiv anregt. Variieren hatmanchmal einführenden, häufig wiederholenden, immer aber übenden Charak-ter. „Übungen unter immer wieder neuen Gesichtspunkten, an immer wieder an-derem Material, in immer wieder neuen Zusammenhängen, anderen Anwendun-gen, unter immer wieder neuen, größeren Aufgaben - darin steckt das Geheimnisdes Übens.“ (Roth 1976) S. dazu auch Anhang 61.

9.2 „Das ist nicht neu! Ein erfahrener Lehrer hat immer schon variiert.“

Sicher richtig. Aber: Es war eben der Lehrer, der - aus unterschiedlichen Grün-den - gewisse Varianten einer Ausgangskonstellation in seine Planung aufnahm.Seine Schüler durften diese Varianten lediglich lösen, womit sie auf dieseschließlich doch wie linear gefügte Aufgaben wirkten.

Für unsere Projektintention genügt das nicht. Ganz entscheidend ist hier, wer dieVariationen komponiert, wer dazu hilfreiche Strategien verwendet und wer diegesammelten Anstöße und Fragen bewertet, strukturiert und selektiert. Und daßfür die Schülerinnen und Schüler die Chance besteht, sich mitten im Normalcur-riculum via Selbstregulation ein kleines Forschungsfeld einzurichten.

Das unterscheidet unsere Bemühungen denn auch von Anregungen, wie sie inder mathematikdidaktischen Literatur nachzulesen sind, z.B. vom Denken inAufgabenfamilien (s. Walsch 1995) oder vom Prinzip der operativen Durchdrin-

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gung einer Unterrichtseinheit (s. etwa Fricke 1969, Kothe 1977, Wieker 1999)oder vom Prinzip des funktionalen Denkens beim ganzheitlichen Betrachten ei-ner Sachaufgabe (s. Karaschewski 1962, der ausdrücklich von Zahlvariablenund Phänomenalvariablen (bei Variation des Kontextes) spricht und ihre Be-deutung für das Verständnis der Aufgabe selbst und ihrer Lösung heraus-streicht1, aber die „Rhythmik“ solchen Variierens ausschließlich dem Lehrerüberträgt). Mehr Gemeinsamkeiten gibt es schon mit dem in Japan entwickelten„Open-Ended-Approach“ (s. Becker; Shimada 1993), insbesondere was das Öff-nen eines Aktivitätsfeldes und die recht freie Beweglichkeit darin betrifft. Indes-sen wird das Öffnen auch hier vorgegeben, nämlich durch die offene Ausgangs-frage. Am nächsten stehen unserem Ansatz, der ganz bewußt von Schülerfragenausgeht, zweifellos die Arbeiten von Weth (s. Weth 1999) zur kreativen Be-griffsbildung.

9.3 „Das Variieren betont allzu sehr die spielerische Seite der Mathematik. Ihreweltaufschließende Funktion kommt zu kurz.“

Hierzu wird noch einmal auf die Anlagen 4, 5, 6, 9, 19, 41 und 61 (sowie aufBöhmer 2000) verwiesen. Sie stehen für die Tatsache, daß zur Variation jederTextaufgabe selbstverständlich auch adäquate (nachbessernde, erweiternde, pro-blematisierende, aktualisierende) Änderungen der Ausgangssituation gehören.Darüber hinaus kann eine Veränderung auch dadurch bewirkt werden, daß manfür eine innermathematische Beziehung eine situative Einbettung sucht (s. 7.11).

Klar ist indessen, daß bei der Variation von Anwendungsaufgaben die „What-else“-Hilfsstrategie zurücktritt. Nun sind Variationen gefragt, die im gegebenenKontext sinnvoll bleiben; oder aber solche, die zu einer anderen, aber struktur-gleichen Situation führen. Dazu ist neben mathematischen Fertigkeiten und Fä-higkeiten stets auch „Sach“verstand erforderlich (wie schon bei der Antwort aufdie Ausgangsfrage).

9.4 „Das unbeschränkte Sammeln von möglichen Variationen birgt die Gefahrder Beliebigkeit.“

Ein Kollege hielt unseren Ansatz gar für typisch postmodern: Anything goes.Und mehrere Kollegen meinten, die Schüler würden sich ein Gaudium darausmachen, die neueste Marotte ihres Lehrers mit mehr oder minder unsinnigenVorschlägen zu befriedigen.

Tatsächlich haben wir bei unseren Erprobungen solche Entgleisungen kein ein-ziges Mal erlebt. Im Gegenteil: Die betroffenen Schülerinnen und Schüler warenin sämtlichen Phasen einer Variation (s. 5) mit Ernst und Eifer dabei. Nachträg-liche Befragungen (s. etwa die Anlagen 61 und 62) ergaben, daß sie diese für sieneue Form des Mathematiktreibens nicht nur akzeptieren, sondern begrüßen,

1 S. dazu das Zitat auf der Titelseite.

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auch wenn sie durchaus sehen, daß sie recht anspruchsvoll sein kann.

Zur Beliebigkeit: Dieser Einwand wäre vielleicht berechtigt, wenn man über die„What-else“-Strategie nicht hinauskäme. Diese soll jedoch dem gezielten Ein-satz von Grundstrategien allmählich weichen. Und weiter: Es ist doch gerade dieanfängliche Unordnung und unterschiedliche Qualität der Sammelstücke, diedazu auffordert, sie zu vergleichen, einzuschätzen, teilweise auch abzulehnen,zurückzustellen, einige zu bevorzugen, anzugehen, und nicht zuletzt auch diebenutzten Strategien offenzulegen. „Denken als Ordnen des Tuns“ (Aebli1980/81) (und „Nachdenken als Ordnen des Denkens“) sollten wir endlichernstnehmen. Nicht das Variieren allein, erst die zugehörigen kognitiven, heuri-stischen und metakognitiven Aktivitäten (s. 4-7) rechtfertigen die investierteZeit.

BLK 1997, S.13: „Teil einer zukunftsfähigen Allgemeinbildung sind ... Fähig-keiten der Selbstorganisation und Selbstregulation des Lernens einschließlichder Bereitschaft, selbständig weiterzulernen ... . Das Konzept der metakogniti-ven Kompetenzen und Lernstrategien ... schließt insbesondere jene Erwerbs-und metakognitiven Überwachungsstrategien ein, die auf ein tiefes Verstehendes Gelernten zielen.“

In der „Zeit“ vom 8.10.1998 schreiben U. J .Heuser und G. v. Randow in ihremArtikel „So kommt Neues in die Welt - Deutschland muß wieder lernen zu ler-nen. Eine Einladung zum schöpferischen Vergnügen.“: „Im Reformmodus zusein bedeutet die Lust daran die Dinge aus der Perspektive anderer Menschen zusehen. Nur so kommt es zum Vergleich der Ideen und zum Wettbewerb derKonzepte. Prinzipienreiter nennen das Beliebigkeit; das Gegenteil trifft zu -schließlich soll ja ein gemeinsames Konzept der Beteiligten herauskommen,noch eines dazu, das Bestand hat, wenn es jemand scharf ansieht.“

Neben diesen Einwänden, denen wir entgegnen können, gab es allerdings auchkritische Bemerkungen, die auf Probleme hinweisen, wie sie sich im Verlaufeunserer nun vierjährigen Planungen und Erprobungen tatsächlich ergeben haben.

9.5 Wenn Variationen mittel- und langfristig von den Schülern als ernsthafteMathematik akzeptiert werden sollen, müssen sie auch eingebunden werden indie üblichen Formen der schulischen Leistungsüberprüfung, insbesondere inKlassenarbeiten. Wie soll das geschehen? Insbesondere: Wie sind solche Varia-tionen und der Umgang mit ihnen zu bewerten? Welche Rolle spielen dabei An-zahl und Art der Variationen sowie der Lösungsversuche? Wie sollen unsinnigeoder banale Varianten ins Gewicht fallen?

Mit Becker; Shimada 1993 meinen wir, daß die Kriterien „fluency“ (hier: Wieviele Variationen legt ein Schüler, eine Schülerin vor?), „flexibility“ (Wie vieleunter ihnen sind wesentlich verschieden?) und „originality“ (Welche führen ex-plizit zu neuen Einsichten?) wichtige Beurteilungskriterien sind. Und wissen,daß sie bei Routineaufgaben gar nicht erst abgeprüft werden können.

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Eine bereits vorliegende Staatsexamensarbeit (Focke 2000) vergibt für das Va-riieren in einer Klassenarbeit 10% der erreichbaren Punkte, wobei sowohl dieAnzahl als auch die Qualität der Varianten sowie die zugehörigen Lösungsskiz-zen eingerechnet wurden. Die Schülerinnen und Schüler (einer 10.Klasse) hattenzu dieser für sie völlig neuen Überprüfung keine Einwände und dieser Teil derArbeit fiel denn auch keineswegs ab.

Leichter ist es, Variationsleistungen in mündliche Noten zu integrieren. Auchvon daher wäre es wünschenswert, daß diese ein größeres Gewicht bekommen.

9.6 Es liegen uns bereits zahlreiche Erfahrungsberichte über einmalige Varia-tionen vor. Noch einmal: Sie sind höchst ermutigend. Der so wichtige Übergangvon „What-else“ zu heuristischen Grundstrategien kann jedoch nur gelingen,wenn in einer Lerngruppe häufiger variiert und schließlich auch über das Variie-ren selbst nachgedacht wird. Das ist bisher noch zu selten geschehen. Insofernläßt sich gegenwärtig noch wenig sagen zu den mittel- und langfristigen Wir-kungen des unterrichtlichen Variierens.

Die hier und in 9.5 angesprochenen Probleme haben wir uns mit unserem An-satz keineswegs erst eingehandelt. Anspruchsvolle Leistungen zu messen undlangfristige Wirkungen zu erzielen (s. dazu Bambach 1996 bzw. Vollrath 1995)gehört zu den ebenso wichtigen wie schwierigen pädagogischen Grundaufgaben,mit denen sich jeder Unterricht befassen muß (oder doch sollte).

9.7 Daß unsere bisherigen Unterrichtserfahrungen noch nicht genügend reprä-sentativ sind, hängt damit zusammen, daß diejenigen Kolleginnen und Kollegen,die sich zur erprobenden Mitarbeit entschlossen haben, einstweilen nicht so vor-ankommen, wie sie und wir gedacht hatten.

Das liegt einmal an den zahlreichen und sich leider ständig verstärkenden, fastimmer innovationshemmenden Regularien bzw. Beeinträchtigungen des Schul-alltags (z.B. den übervollen und rigiden Lehrplänen) und der daraus erwachsen-den Zeitnot. Es liegt aber auch an einer gewissen Scheu mancher Kolleginnenund Kollegen, sich in diese für sie neue Unterrichtssituation hineinzubegeben,die nicht im traditionellen Sinne planbar ist, zahlreiche ad-hoc-Entscheidungenerfordert und vor allem das gewohnte Lehrer-Schüler-Verhältnis mit seinen ein-geübten Verhaltensmustern sowie die für unbedingt notwendig gehaltene Fähig-keit der Lehrperson zur sofortigen Meisterung aller auftretenden Fachprobleme(dies eine Besonderheit der Mathematiklehrersozialisation) in nicht geringemMaße zur Disposition stellt.

Was kann man dagegen tun?

Wir bieten an, daß Mitglieder des Projektstabes mit einer Lerngruppe vor Ortvariieren. Dieses Angebot wird leider selten genutzt, hat aber (mit einer Aus-nahme, die auf einer äußerst ungünstigen Klassensituation beruhte) stets be-fruchtende Wirkung gehabt. So mancher Kollege hat seine Klasse kaum wieder-

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erkannt.

Weiterhin sind wir der Überzeugung, daß die „Aufgabenvariation“ zum selbst-verständlichen didaktisch-methodischen Rüstzeug eines Mathematiklehrers ge-hört und daher schon in dessen Ausbildung einen festen Platz einnehmen sollte.Deshalb arbeiten wir mit mehreren Studienseminaren zusammen und lassenlängst auch unsere Lehramtskandidaten in deren Übungsstunden variieren (s. 6).

In zahlreichen Lehrerfortbildungsveranstaltungen mit Workshopcharakter habensich zwei Arbeitsformen recht gut bewährt:

- das Austeilen einer Aufgabenliste, aus der einzelne Lehrergruppen sich je eineAufgabe heraussuchen können, die sie zunächst für sich selbst variieren unddann im Unterricht behandeln

- das Simulieren einer Unterrichtseinheit im Variieren mit dem Referenten alsLehrer und den anwesenden Kolleginnen und Kollegen als Lerngruppe.

Für Hinweise auf weitere Möglichkeiten des Aufbrechens liebgewordener, abereben manchmal auch blickverstellender Gewohnheiten sind wir dankbar.

10 Erprobung und Evaluation

Ein solch unterrichtsbezogenes und unterrichtsnahes Projekt wie das unsere be-darf selbstverständlich der ständigen und möglichst breiten Verankerung, Kon-trolle und Bewertung im Unterrichtsalltag (dem es ja zugute kommen soll). Wirhaben eine längere Erprobungsphase unter Mitarbeit möglichst vieler Lehrerin-nen und Lehrer aller Schulstufen und Schulformen eingeplant und befinden unsmittendrin.

Erprobungen können und sollten zunächst dadurch geschehen, daß man kleine„Variationsszenarien“ innerhalb des (ansonsten gleichbleibenden) Unterrichts angeeignet erscheinender Stelle vorbereitet, durchführt und kritisch reflektiert (z.B.in bezug auf die Hypothesen 1,2,3 und 7). Im weiteren Verlauf wird man dannmittel- und langfristige Ziele anstreben (Hypothesen 4-6 und 8-10.).

Die Zusammenarbeit zwischen Projektgruppe und erprobenden Kollegen ge-schieht auf mehrfache Weise: durch Ausfüllen eines Fragebogens zum Projekt,zu den Projektmaterialien und vor allem zu eigenen Planungen und Unterrichts-erfahrungen. Dem schließen sich persönliche Kontakte am Dienstort der Kolle-gen an. Besuche im Unterricht bzw. auch Übernahme von Unterricht sind mög-lich, falls dies gewünscht wird. Im weiteren Verlauf sind selbstverständlich auchTreffen aller Beteiligten sinnvoll, in denen Erfahrungen ausgetauscht und Anre-gungen gegeben werden können.

Die Zwischenergebnisse, weitere Materialien, Überarbeitungen dieses Projekt-papiers und ein Abschlußbericht werden selbstverständlich allen Projektteilneh-mern zugesandt. Erprobte Szenarien sollen (zusammen mit wichtigen Erfahrun-gen) in einer Beispielbank gesammelt werden. Für das Projektpapier sind wir

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insbesondere noch an realistischen Beschreibungen von Variationsabläufen(auch und gerade wenn sie nicht unproblematisch verlaufen sind) interessiert.

Wir sind uns dessen bewußt, daß das Variieren von Aufgaben nur eine von vie-len Möglichkeiten ist, die Qualität des Umgangs mit Aufgaben voranzutreiben,wie auch die Förderung der Aufgabenkultur nur einer von vielen Wegen ist, un-seren Mathematikunterricht weiterzubringen. Andrerseits meinen wir aber auch,und fühlen uns durch die bisherigen Erfahrungen bestätigt, daß im schülerbezo-genen Variieren ein hohes didaktisches Potential steckt, das bisher leider über-sehen wurde.

Kolleginnen und Kollegen, die das Projekt bisher nicht kannten, denen es prin-zipiell zusagt und die in ihm mitarbeiten möchten, schicken wir die erforderli-chen Unterlagen gerne zu. Sie mögen sich wenden an

H. Schupp

Universität des Saarlandes, Fakultät für Mathematik und InformatikPostfach 15115066121 Saarbrücken

Tel.: 0681 / 302 2456Fax: 0681 / 302 4443e-mail: [email protected]

Kurzfassungen dieses Projektpapiers findet man im Internet unter

www.math.uni-sb.de/EX/schupp/aufgabenvariation.html undblk.mat.uni-bayreuth/blk/blk/material/mathe.html .

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11 Literatur

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11.2 zur Vertiefung

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Bugdahl, V.: Kreatives Problemlösen im Unterricht - Frankfurt: Cornelsen-Scriptor 1995

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Käpnick, F.: Mathematisch interessierte und begabte Grundschullehrer - Das Neubranden-burger Projekt - In: Zentralblatt für Didaktik der Mathematik 28 (1996), H.5, S.136-142

Lehmann, E.: Mathematik mit Bausteinen und ihren Parametern - In: Praxis der Mathematik40 (1998)

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Paulsen,F.: Geschichte des gelehrten Unterrichts (2 Bde.) - Leipzig 1919

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von Hentig, Hartmut: Bildung – München: Hanser 1996

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11.3 zur Rahmung

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Vollrath, H.J.: Didaktische Probleme langfristiger Lernprozesse im Mathematikunterricht -In: Beiträge zum Mathematikunterricht 1995, S.54-61. Bad Salzdetfurth: Franzbecker 1995

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11.5 StaatsexamensarbeitenFocke, P.: Aufgabenvariation als didaktisches Prinzip bei der Bearbeitung des Themas „Tri-gonometrie“ – Studienseminar Berlin

Gyoenggyoesi, R.: Computernutzung im Geometrieunterricht am Beispiel der Transversalen-sätze im Dreieck – Studienseminar Bensheim

Haas, G.: Thema mit Variationen - Vorschläge und Erfahrungen aus dem Unterricht der 7.und 8. Jahrgangsstufe – Studienseminar Bamberg

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Schuler, M.: Aufgabenvariation in der Unterrichtspraxis der Klassen 9 und 11 – Studiense-minar Saarbrücken

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