Ausgabe 4-5/2009 Zeitschrift des Deutschen … · Ingrid Andree, Maria Perschy oder Gunter Philipp....

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Ausgabe 4-5/2009 Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der Deutschen Olympischen Gesellschaft

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Ausgabe 4-5/2009Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundesund der Deutschen Olympischen Gesellschaft

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ZUR_Olympia__OlympischesFeuer_211 1 01.12.2008 17:38:48 Uhr

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uch im nacholympischen Sportjahr 2009, liebe Leserinnenund Leser, ist das internationale Ereignis-Barometer die

Richtschnur für eine neuerliche OF-Doppelausgabe. Nach demPekinger Olympia 2008 setzt diesmal die Leichtathletik-Weltmeis-terschaft in Berlin die inhaltlichen Eckpfeiler eines kleinen redak-tionellen Sonderteils. Unsere Autoren, ausgewiesene Experten derKönigsdisziplin, lassen die glanzvollen Tage in der deutschenHauptstadt Revue passieren und ziehen Bilanz unter der Vorgabeeiner realistischen Standortbestimmung: Ist die Leichtathletiknoch das Nonplusultra der olympischen Sommersportarten? Wasmuss man tun, um die Medienaufmerksamkeit zu sichern und dasPublikumsinteresse langfristig zu bündeln? Gibt es Chancen, inSachen Lauf, Sprung und Wurf dauerhaft zur Spitzengruppe derFernsehliga zu gehören? Schlüssige Antworten auf solche undähnliche Fragen sind so leicht und locker nicht zu geben. Dagehören laut Expertenurteil Regelwerke, Programmabläufe undVeranstaltungs-Szenarien gleichermaßen auf den Prüfstand. Vonder Imageverbesserung dieser traditionell im Zwielicht der Mani-pulation verorteten sportlichen Königsklasse ganz zu schweigen.

Trotz allem: Die WM in Berlin hat Glanzlichter gesetzt. DasGesamtgeschehen ist sogar ein kleines deutsches Sommermär-chen geworden. Vergleiche mit der Fußball-WM vergangener Tageverbieten sich zwar - aber immerhin. Inwieweit diese großzügigegastgeberische Neuinszenierung auch eine Steilvorlage fürkünftige deutsche Veranstalter-Ambitionen war oder überhauptsein konnte, wird man sehen. Vielleicht gibt der IOC-Gipfel in dennächsten Wochen erste Aufschlüsse. Dem 13. OlympischenKongress in Kopenhagen Anfang Oktober gilt jedenfalls in dieserOF-Ausgabe besonderes Augenmerk auch unter der Maßgabeeiner hier und da notwendigen Neuorientierung der OlympischenBewegung. In dem Zusammenhang haben wir sogar schon dieMöglichkeit, Bilanz zu ziehen. Und zwar den ersten "VirtuellenOlympischen Kongress" betreffend, der vor allem im Jahr 2008übers Internet ablief und nicht zuletzt auch der Vorbereitung desKopenhagen-Stelldicheins der olympischen Familie diente.

Empfohlen sei natürlich auch die weitere Themenvielfalt diesesHeftes von den zuverlässig vorhandenen sportlichen Problemzo-nen über die eher positiv besetzte Breiten- und Basisarbeit bis zurKultur und Historie. Zu letzterem Bereich gilt es, einmal mehr indiesem Jahr an einem bedeutenden Gedenktag festzumachen,dass man zuweilen auf den Fortschritt selbst in geschichtlichenDimensionen vergeblich wartet. Johann Christoph FriedrichGutsMuths, vor 250 Jahren geboren, hat als Wegbereiter dermodernen Leibeserziehung die Weichen frühzeitig sicher richtiggestellt. Mit dem Schulsport muss danach wohl trotzdem einigesschief gelaufen sein.

Ihr Harald Pieper

Freundliche Grüße aus der OF-RedaktionA

InhaltOOFF MMoossaaiikk 4OOFF--PPooddiiuumm:: HHeellggee SSttrreeuubbeell 6ÜÜbbeerr ddiiee DDooppppeellmmoorraall vvoonn FFaaiirrnneessssbbeesscchhwwöörruunngg uunndd 8vveerrsscchhäärrfftteemm KKoonnkkuurrrreennzzvveerrhhaalltteenn Prof. Dr. Hans LenkMMiitt ddeemm IIddeeaall ddeerr DDeemmookkrraattiiee wwiirrdd iinn ddeenn 12WWeellttssppoorrttoorrggaanniissaattiioonneenn oofftt SScchhiinnddlluuddeerr ggeettrriieebbeenn Prof. Dr. Helmut DigelKKooppeennhhaaggeenn aallss CChhaannccee:: DDiiee 111155 JJaahhrree aallttee OOllyymmppiisscchhee 16BBeewweegguunngg vvoorr eeiinneerr nneeuueenn SSttaannddoorrttbbeessttiimmmmuunnggGünter DeisterDDeerr vviirrttuueellllee OOllyymmppiisscchhee KKoonnggrreessss:: ZZeeiittggeemmääßßeerr WWeeggwweeiisseerr 20ooddeerr IInnssttrruummeenntt ddeerr MMaacchhtteerrhhaallttuunngg iimm WWeellttssppoorrtt??Dr. Marcel FahrnerDDiiee eennddlloossee GGeewwiinnnnssppiirraallee iisstt aauucchh iimm SSppoorrtt kkeeiinnee 24uunneennddlliicchhee GGeesscchhiicchhtteeBianka Schreiber-RietigOOFF--KKoommmmeennttaarree 28Günter Deister, Michael Gernandt, Harald PieperDDeerr GGeenneessuunnggsspprroozzeessss ddeerr KKöönniiggssssppoorrttaarrtt mmaacchhtt FFoorrttsscchhrriittttee 32Michael GernandtBBeerrlliinneerr TTaaggeebbuucchh 33Günter Deister""DDiiee FFrraaggee nnaacchh VVoorrbbiillddeerrnn iisstt sscchhwwiieerriigg zzuu bbeeaannttwwoorrtteenn"" 39IInntteerrvviieeww mmiitt PPrrooff.. DDrr.. HHeellmmuutt DDiiggeellMichael GernandtDDaabbeeii sseeiinn iisstt aalllleess:: DDiiee WWMM aauuss ddeerr SSiicchhtt ddeess VVoolluunntteeeerrss 42Jochen FrankGGeelluunnggeenneerr SSppaaggaatt vvoonn SSppoorrtt uunndd KKuullttuurr 44Torsten Haselbauer""DDiiee TTaaggee vvoonn BBeerrlliinn hhaabbeenn ddeemm ddeeuuttsscchheenn SSppoorrtt gguutt ggeettaann"" 46IInntteerrvviieeww mmiitt DDOOSSBB--PPrräässiiddeenntt DDrr.. TThhoommaass BBaacchhGünter DeisterAAuucchh ddeerr AAmmaatteeuurrssppoorrtt iisstt eeiinn ZZuusscchhaauueerrmmaaggnneett -- 48ttrroottzz BBeessuucchheerrrrüücckkggaannggManfred WeiseDDiiee SSppoorrttwwiisssseennsscchhaafftt ssppiieelltt jjeettzztt iinn ddeerr ""BBuunnddeesslliiggaa"" 50Prof. Dr. Detlef KuhlmannSSppoorrttaabbzzeeiicchheenn -- MMoottiivvaattiioonn ooddeerr 54DDaass ggaannzz ppeerrssöönnlliicchhee OOllyymmppiiaa--GGeeffüühhllSteffen HaffnerSSppoorrttvveerreeiinn uunndd CCoo..:: SSoozziiaallee PPaarrttnneerrsscchhaafftteenn ddiiee ssiicchh lloohhnneenn 56Karl HoffmannDDaass PPffeerrdd -- KKuullttuurrbbeegglleeiitteerr ddeess MMeennsscchheenn uunndd 58SSppoorrttkkaammeerraadd aauuff vviieerr BBeeiinneennHerbert Somplatzki225500 JJaahhrree GGuuttssMMuutthhss:: EEiinn ""DDeennkk--MMaall"" ffüürr ddeenn VVaatteerr ddeess 62SScchhuullssppoorrttssDr. Andreas HöferWWaass mmaacchhtt eeiiggeennttlliicchh ......?? MMiicchhaaeell HHüübbnneerr 66Jochen FrankOOFF--GGaalleerriiee:: FFuußßbbaallll--LLaannddsscchhaafftteenn 68NNaacchhrriicchhtteenn ddeerr DDeeuuttsscchheenn OOllyymmppiisscchheenn GGeesseellllsscchhaafftt 70IImmpprreessssuumm 79NNaacchhrriicchhtteenn ddeess DDeeuuttsscchheenn OOllyymmppiisscchheenn SSppoorrttbbuunnddeess 80NNaacchhrriicchhtteenn ddeerr DDeeuuttsscchheenn OOllyymmppiisscchheenn AAkkaaddeemmiiee 85DDeeuuttsscchheess SSppoorrtt && OOllyymmppiiaa MMuusseeuumm 88

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Olympiasieger unterstützenMünchens Olympiabewerbung

ereits 60 prominente Sportlerinnen undSportler unterstützen die Bewerbung

Münchens um die Olympischen Winterspiele2018. Dies teilte die BewerbungsgesellschaftMünchen 2018 mit. Unter den Botschafterin-nen und Botschaftern befinden sich u.a. diezweifachen Olympiasiegerinnen Ulrike Nasse-Meyfarth und Kati Wilhelm, Handball-

Bundestrainer Heiner Brand und der dreima-lige Rodel-Olympiasieger Georg Hackel.

IOC-Prüfer lobten Kandida-tenstädte für Olympia 2016

io de Janeiro, Chicago, Tokio undMadrid biegen auf die Zielgerade ein. Im

Rennen um Olympische Sommerspiele 2016bescheinigt ihnen der jetzt veröffentlichte

Bericht der Evaluierungskommission desInternationalen Olympischen Komitees (IOC)eine "sehr hohe Qualität". Die IOC-Mitgliederwählen den Gastgeber der OlympischenSpiele 2016 am 2. Oktober 2009 währendder 121. IOC-Session in Kopenhagen. Das13-köpfige Prüfgremium unter dem Vorsitzvon Hürden-Olympiasiegerin Nawal ElMoutawakel aus Marokko (1984) hatte imApril und Mai die Städte inspiziert. WährendChicago mit seinem kompakten Konzept mit22 Sportstätten in einem Acht-Kilometer-Umkreis punktete, wurden für Tokio, das

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uch für diejenigen, die ihn in seineraktiven Zeit nie live fahren sahen, ist

er "der" alpine Skifahrer: Anton EngelbertSailer, genannt Toni. Graue, leicht ver-schwommene Wochenschaubilder zeigeneinen jungen Mann in Keilhose undLederhelm, wie er sich todesmutig in dieTofana-Abfahrt bei den OlympischenSpielen 1956 in Cortina d'Ampezzo stürzt- und zur Legende wird. Der "schwarzeBlitz aus Kitz" hatte vorher bereits denSlalom und Riesenslalom in unnachahmli-cher Art gewonnen. Wie, das beschriebRadioreporter Heinz Maegerlein fastpoetisch damals so: "Es hat den Anschein,als wenn der Fahrer die Bretter laufenlässt und ihnen mit dem Körper nur folgt.Es ist soviel Größe in diesem Lauf, dassman die Wildheit und das Tempo nichtmehr spürt..."

Zwei Jahre später gewann der gelernteGlaser und Spengler bei der Weltmeister-schaft im heimatlichen Bad GasteinAbfahrt, Riesenslalom und Kombination -der zweite Platz im Slalom hinter seinemKitzbühler Klubkollegen Josl Riederer wardie einzige Niederlage seiner Laufbahn,die nur fünf Jahre lang dauerte. Als er1959 zurücktrat, war er populärer denn je.Eine neue Karriere in der Showbranchezeichnete sich schon ein Jahr nach Corti-na ab - vor allem in Japan war der gutaussehende "Austrian" Toni durch seineZweikämpfe mit Igaya, dem Ski-As ausdem Land der aufgehenden Sonne,bekannt. Auch zu Hause "wurde er zumbunten Hund" und konnte kaum unbeob-achtet auf die Straße. Heldenschicksal.Vielleicht war es eine Art Flucht vor der

Verehrerflut und die Suche nach etwasNormalität, als er nach Berlin ging.

Sailer nahm dort in der Anonymität derGroßstadt Schauspiel- und Gesangsunter-richt und startete die zweite Karriere: Erwurde als jugendlicher Held und Liebha-ber gerne besetzt, spielte neben DietmarSchönherr, Gustav Knuth, Rudolf Prack,Ingrid Andree, Maria Perschy oder GunterPhilipp. Und stand mit Sportkollegen wieIna Bauer, Hans-Jürgen Bäumler und

Marika Killius oder Hansi Hinterseer vorder Kamera. Ob er ein guter oder schlech-ter Schauspieler war, da gehen die Mei-nungen weit auseinander. Am besten warer in Filmen, wo er sich selbst spielenkonnte, den Skifahrer, den naturverbun-denen Menschen. "Ein Bursch nach mei-

nem Gusto", beschrieb BergsteigerlegendeLuis Trenker Sailer, mit dem er die Filme"Sein bester Freund" und "Luftsprünge"drehte.

Diejenigen, die ihn gut kannten, beschrei-ben Sailer als kameradschaftlichen undhumorvollen, sozial sehr engagiertenMenschen, der nie die Bodenhaftungverlor. Und nie den Kontakt zum Skisportabreißen ließ. Nach seiner "Filmzeit"kehrte er als Cheftrainer der Österreicher1972 aktiv zum Skisport zurück. Vier Jahrewar er Coach und beendete nach demAbfahrts-Olympiasieg von Franz Klammer1976 in Innsbruck auch diese Arbeiterfolgreich. Etwas Neues lockte ihn: Erging nach Kanada, wo er Skicamps anbotund Ski fertigte. In Vancouver heiratete erdie Rheinländerin Gaby Rummeney, wurdeVater eines Sohnes, kam zurück undübernahm als Chef das Alpinkomitee desInternationalen Skiverbandes (FIS).

"Er hatte viele Ideen, um den Skisportvoranzubringen und zu modernisieren.Manchmal hatte er auch verrückte Einfäl-le, wie etwa, wieder den Massenstart beiAbfahrten einzuführen", erinnert sichMarkus Wasmeier an Gespräche undDiskussionen mit Sailer, der sich auch amHahnenkamm 20 Jahre lang bis 2006 alsRennleiter leidenschaftlich für "seinenSport" engagierte.

Dort im Zielraum nahmen nun Familie,Freunde und Kollegen Abschied von ToniSailer, der im Alter von 73 Jahren denKampf gegen ein Krebsleiden verlor.

Bianka Schreiber-Rietig

Olympischer Held: Abschied von Toni Sailer A

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bereits 1964 Olympia-Gast-geber war, die3,7 Milliarden US-Dollar lobend erwähnt, diefür die Spiele bereits zurückgelegt wordensind. Rio stünde für das größte Vermächtnis,denn nie zuvor fand Olympia in Südamerikastatt. Madrids Vorteil ist die Unterstützungder Bevölkerung. Bei vom InternationalenOlympischen Komitee (IOC) in Auftraggegebenen Umfragen äußerten 85 Prozentder Madrilenen und 86 Prozent der spani-schen Gesamtbevölkerung Zustimmung.

40 Jahre OlympischeSportbibliothek (OSB)

m Jahr 1969 hatten Sportler und Journa-listen um den Geschäftsmann, Dressurrei-

ter und Olympiasieger Josef Neckermanndie kühne Idee, eine Firma zu gründen, diedurch den Vertrieb von hochwertigenSportbüchern Fördergelder für den Sportgeneriert. Eine Idee, deren Erfolg seit 40Jahren anhält und in diesem Jahr Jubiläumfeiern kann. Seither sind in der OSB fast 130Werke zu allen Olympischen Sommer- undWinterspielen sowie zu Fußball-WMs und -EMs erschienen. Ergänzt wird das Portfoliozudem durch die Jahrbücher "Sport-High-lights" und Themenbände, die faszinierendeBereiche jenseits des Sports erschließen.

Auch für das kommende Ereignis, dieOlympischen Winterspiele in Vancouver2010, laufen die Vorbereitungen auf Hoch-touren. Erneut verspricht diese Ausgabe einsowohl inhaltlich wie auch ausstattungs-technisch ein besonders hochwertigesExemplar zur werden.

Grünes Band zur Talentförderung verliehen

chwimm-Olympiasiegerin Britta Steffenhat Anfang September acht Vereinen das

"Grüne Band" für vorbildliche Talentförderungüberreicht. Außerdem erhielten bei der vomDeutschen Olympischen Sportbund (DOSB)

und der Dresdner Bank initiierten Ehrung inBerlin drei Vereine für ihre herausragendeDopingprävention den Anti-Doping-Sonder-preis. "Dieser Preis ist uns ganz besonderswichtig, weil er zum Ausdruck bringt, wiebedeutsam es ist, schon sehr früh bei Kindernund Jugendlichen mit Prävention zu begin-nen. Das sind wir unserer Zukunft und demImage des Sports insgesamt schuldig", sagteDOSB-Generaldirektor Michael Vesper, der diemit jeweils 5000 Euro dotierten Auszeichnun-gen überreichte und sich bei den ausgezeich-neten Vereinen aus Berlin, Brandenburg undMecklenburg-Vorpommern für ihre Arbeitbedankte. Berlin war der Auftakt zur Deutsch-land-Tour des "Grünen Bandes". Bis zum 4.November werden in sieben Städten insge-

samt 53 Vereine mit dem Sport-Förderpreisausgezeichnet, der 1986 ins Leben gerufenund seitdem an 1446 Vereine überreichtwurde. In der Hauptstadt nahmen Vertretervon Alba Berlin (Basketball), DLRG Stralsund(Rettungsschwimmen), SC Berlin (Eiskunstlau-fen), WSC Rostock (Wasserspringen), SCBorussia 1920 Friedrichsfelde (Casting),Sportclub Cottbus (Turnen), TauchsportclubRostock (Sporttauchen) und Sport ClubCharlottenburg (Hockey) Scheck und Pokalentgegen.

20 Jahre InternationalesParalympisches Komitee

n seiner Funktion als IOC-Vizepräsident hatThomas Bach, zugleich Präsident des

Deutschen Olympischen Sportbundes, Grün-dung und Entwicklung des InternationalParalympic Committees (IPC) als "großartigeErfolgsgeschichte" bezeichnet. Als Ausdruckdes Dankes, der Anerkennung und der gutenZusammenarbeit überreichte er IPC-PräsidentSir Philip Craven eine Bronzeplastik mit denOlympischen Ringen: "Die Paralympics sindheute in erster Linie ein Ausdruck der Leis-tungsfähigkeit und nicht der Behinderung der

Aktiven. Sie zeigen, dass Motivation undErfolgsstreben bei allen Athletinnen undAthleten gleich sind, ungeachtet von Behinde-rung", lobte Bach. Das IPC sorge dafür, dassdies in die Gesellschaft hinein wirke.

Unter dem Motto "20 Jahre Spirit in Motion"feierte das International Paralympic Com-mittee am 04. September 2009 sein Beste-hen seit der Gründung im Jahr 1989. Anlassder Feierlichkeiten war zudem die 10-jährigePräsenz in der Bundesstadt Bonn, demdeutschen Hauptsitz des IPC. IPC PräsidentSir Philip Craven begrüßte 350 geladenenGäste, darunter Persönlichkeiten aus Politik,Wirtschaft und Sport sowie Mitglieder derparalympischen Bewegung. "Ich freue michsehr, heute hier so viele bekannte Gesichterzu sehen. Der Tag ist eine großartige Mög-lichkeit, nicht nur das Wachstum der Orga-nisation, sondern auch das der Paralympi-schen Bewegung zu würdigen", so Sir PhilipCraven. "Ganz gleich ob wir die Entwicklungder Paralympischen Spiele oder die desParalympischen Sports im Allgemeinenbetrachten - Menschen sind weltweit vielbewusster im Umgang mit behindertenAthleten geworden. Dies war immer unserZiel und wird uns in den folgenden Jahr-zehnten weiterhin antreiben." OffizielleGrüße überbrachten neben Thomas Bach derBundesminister des Inneren, Dr. WolfgangSchäuble, Willi Lemke, Sonderberater desUN-Generalsekretärs für Sport im Dienst vonEntwicklung und Frieden, Fürst Albert II. vonMonaco sowie Bärbel Dieckmann, Oberbür-germeisterin der Stadt Bonn.

Drei Bewerber um die Olym-pischen Jugendspiele 2014

rei Kandidaten Posen/Polen,Nanjing/China und Guadalajara/Mexi-

ko, haben ihre Unterlagen zur Bewerbungum die Austragung der 2. OlympischenJugend-Sommerspiele im Jahr 2014 einge-reicht. Das teilte das Internationale Olympi-sche Komitee (IOC) mit. Die Wahl desAusrichters durch die IOC-Mitglieder ist imFebruar 2010 auf der 122. IOC-Session inVancouver vorgesehen. Zuvor wird eine IOC-Kommission die Eignung prüfen. Ihr Berichtsoll im im Dezember 2009 vorliegen. Dieersten Olympischen Jugend-Sommerspielefinden vom 14. bis 26. August 2010 inSingapur statt. Die Premiere der Jugend-Winterspiele folgt 2012 in Innsbruck.

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m August feierte der Vorstreiter einer modernen Lei-beskultur und Erster unseres Berufsstandes seinen 250.Geburtstag. Anlass genug, ihn im Rahmen des Guts-

Muths-Jahres 2009 durch einen Veranstaltungskanon zuwürdigen und seine Verdienste thematisch in einen aktuel-len Kontext zu stellen. So geschehen auch auf der Bundes-versammlung des Deutschen Sportlehrerverbandes (DSLV),die am 8. und 9. Mai 2009 in seiner Geburtsstadt Quedlin-burg stattfand. Die Teilnehmer und Gäste resümiertenübereinstimmend, dass viele der von GutsMuths bereits vorüber 200 Jahren formulierten Forderungen an die körperli-che Erziehung der Jugend auch heute noch gültig sindund somit als Grundlage für die Zielsetzungen und Akti-onsprogramme des DSLV dienen können.

Der 1949 gegründete Deutsche Sportlehrerverband ver-steht sich mit seinen bundesweit 12.000 Mitgliedern alsder Interessenvertreter in Deutschland für alle Sportlehre-rinnen und Sportlehrer und noch wichtiger als Anwaltaller von ihnen unterrichteten Kinder und Jugendlichen. Ervertritt die Belange des Schulsports und des Sportunter-richts in allen Bereichen des öffentlichen Lebens mit demZiel der Förderung einer qualifizierten Sport-, Spiel- undBewegungskultur. Der DSLV nimmt Einfluss auf die päda-gogische und sportliche Ausbildung des Sportlehrernach-wuchses sowie auf die Lehrplanarbeit und ist Herausgeberder Verbandszeitschrift "Sportunterricht".

Wenn wir gegenwärtig von einer "ausbaufähigen Situationdes Schulsports" sprechen, steht zu vermuten, dass Guts-Muths am Ende des 18. Jahrhunderts auf noch beklagens-wertere Zustände traf. Nicht ohne Grund widmete er inseiner "Gymnastik für die Jugend" ein Kapitel den "Hinder-nissen und Einwendungen, die sich der Gymnastik entge-genstellen könnten", als da wären: "Wir haben keineAnstalten dazu, es mangelt an Lehrern und Zeit, es seilächerlich und gefährlich, entwöhne von sitzenderBeschäftigung und verwildere den Geist." Einige Einwen-dungen sind ganz offensichtlich auch in der aktuellenDiskussion keine unbekannten Kategorien. Insbesonderedie "Mangelargumentation" im Sinne von "Sie habenschon Recht und wir würden ja auch gern, aber die äuße-ren Zwänge … und es geht halt nicht" wird noch immergern geführt und dient damit allzuoft als vorgeschobenerRiegel gegenüber jedem weiteren vernünftigen Sachargu-ment.

Besonders im Hinblick auf zu geringe Bewegungszeitengibt GutsMuths die passende Erwiderung: "Zu notwendi-gen und nützlichen Sachen muss man sie nehmen (dieZeit), dies ist Pflicht." Das hat er an der Salzmann'schenErziehungsanstalt in Schnepfenthal konsequent praktiziert.Schade, dass wir von den 4 bis 10 Stunden körperlicher

Bildung am Tag heute so meilenweit entfernt sind. DieForderung nach einer durchgängig zu erteilenden dritten(noch besser täglichen) Sportstunde erscheint unter die-sem Aspekt geradezu bescheiden. Vor allem weil die auseinem Mangel an Bewegung erwachsenden Gefahrenunübersehbar sind. Eine zunehmend medienorientierteFreizeitgestaltung und Lebensführung, d. h. die veränder-ten Bedingungen familiärer und bewegungsbezogenerSozialisation münden in Übergewicht, Haltungsschäden,motorischer Verarmung, fehlender Schwimmfähigkeit,reduzierter Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit,eingeschränkter Konfliktfähigkeit und fehlender Ausbil-dungsreife. Das zwingt zur Kompensation in der Schule,denn nur der Schulsport erreicht alle Schülerinnen undSchüler in allenSchularten undAltersstufen.Stundenkürzun-gen und Ein-schnitte in derLehrerbildungwürde Guts-Muths ebensoheftig kritisierenwie wir!

Und dennoch,von vergleichba-ren Schulab-schlüssen odereiner ähnlichqualifiziertenAus-, Fort- undWeiterbildungkonnte er nurträumen - voneiner breitengesellschaftli-chen Akzeptanzganz zu schwei-gen. Bedauerlich,dass die heute deutlich besseren Grundvoraussetzungen inder pädagogischen Wirklichkeit teilweise konterkariertwerden, beispielsweise durch den Abbausportwissenschaftlicher Kapazitäten an den Hochschulein-richtungen oder durch den zunehmenden Einsatz schnellbesohlter "Minisportlehrer".

Das Motto des DSLV-Bundeskongresses 2008 "Schulsportbewegt alle" unterstreicht einmal mehr die Aufgabe vonuniversitär ausgebildeten Sportlehrern und Sportlehrerin-nen, als qualifizierte "Sport-Allrounder mit pädagogischerVerantwortung" eine breite motorische, sozial-affektive

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und kognitive Grundlagenausbildung sicherzustellen. Diesebreite Basisausbildung verfolgt das langfristige Ziel, dassmöglichst viele Schülerinnen und Schüler Sport und Bewe-gung als unverzichtbares Element in ihr späteres Lebens-konzept integrieren. Insofern erfreut es, dass in fast allenreformierten Sportlehrplänen die bildungspolitischeHauptzielsetzung des Schulsports "Erziehung zum unddurch Sport" verankert ist.

GutsMuths appellierte im Zuge der Aufklärung an dieVernunft der Landesfürsten, denen er den perspektivischenNutzen und die Notwendigkeit eines ausgewogenen Ver-hältnisses von geistiger und körperlicher Bildung vorAugen führte. Wir folgen seinem Beispiel und sagen den

politischen und schulischen Entscheidungsträgern: Über-prüft Eure Prioritäten! Es liegt eben nicht an der Infra-struktur, den Sportunterricht mehr und mehr zu kürzen(vgl. SPRINT-Studie). Nutzt das Konjunkturausgleichspro-gramm, aber nicht nur! Und bedenkt das Verhältnis unddie Verhältnismäßigkeit gegenüber dem Milliardenengage-ment bei HRE, Commerzbank & Co.!

Eine besondere Wirkung erwartet der DSLV von dem erst-mals gemeinsam mit der Deutschen Vereinigung für Sport-wissenschaft (dvs), dem Deutschen Olympischen Sportbund(DOSB) und dem Fakultätentag der Sportwissenschaftli-

chen Institute Deutschlands (FS) erstellten "Memorandumfür den Schulsport", in dem unterschiedliche Positionen zueinem konsensfähigen Strategie- und Positionspapierzusammengefasst werden. Sport- und bildungspolitischenEntscheidungsträgern ebenso wie alltäglich mit der Schul-sportpraxis konfrontierten Lehrkräften und Ausbildernsollen hiermit richtungweisende und zumindest mittelfris-tig realisierbare Impulse zur Optimierung der Situation desSchulsports auf allen Schulstufen gegeben werden.

In Quedlinburg hat der DSLV dem Memorandum und dendarin formulierten Forderungen bereits grundlegend zuge-stimmt und ist überzeugt, dass die Zielsetzungen desMemorandums von zahlreichen weiteren Verbänden und

Organisationen mitgetragen werden. Sie finden im DSLVeinen kompetenten Ansprechpartner.

Der 22 Punkte umfassende Katalog von Forderungen kanndurchaus als konzertierte Antwort von DSLV, dvs, FS undDOSB auf gegenwärtige Hindernisse und Einwendungenbetrachtet werden, quasi als "einen Schritt weiter" in dierichtige Richtung und Aufruf an die Landesfürsten "Guten-Muthes" und vor allem mit "GuterThat" die Situation desSchulsports überprüfbar zu verbessern. Das wäre ohneZweifel "menschenfreundlich" und daher ganz im Sinnedes Philanthropen Johann Christoph Friedrich GutsMuths.

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Das Schulsport-Dilemma oder 250Jahre Johann Christoph FriedrichGutsMuths und (k)einen Schritt weiterVon Helge Streubel, Vizepräsident Schulsport des Deutschen Sportlehrerverbandes

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ibt es Unterschiede bei der Unfairness des Dopings,des Nachtretens im Wasserball- oder Fußballspieloder des Tiefschlags im Boxen? Es scheint sinnvoll,

die Fairness im direkten Wettkampf von allgemeiner Konkur-renzfairness, Chancengleichheit und gerechter Beteiligungfeiner zu unterscheiden. Der Gehalt und die Deutung derFairnessidee als Wettkampf-Fairness hat sich im Laufe derGeschichte gewandelt und ist abhängig von sozialen Grup-pen, von Tätigkeitsbe-reichen, den Sportar-ten usw. Vom Verhal-tenskodex der Ritterund Gentlemen wan-delten sich Idee,Inhalt, Funktion derFairnessnormen unddes Fairnessbegriffs zueiner eher bürgerli-chen Verhaltensrege-lung ohne aristokrati-schen Kern, welche dieChancengleichheitund die geordnetegeregelte Durchfüh-rung des Wettkampfesgarantieren undkontrollieren sollte.Standesgebundenheitwich umfassenderformaler Gleichbe-rechtigung für beliebi-ge Mitspieler, Gegnerund Handlungspartnerallgemein. Es entstanddaraus sogar einebesondere Regel zurAbwehr von sozialenUnterschieden unddarauf beruhenden Diskriminierungen. Eine Minimaldefinitionder Wettkampffairness, die sich im wesentlichen auf fünfBedingungen stützt, soll im folgenden skizziert werden:

1. Das Gebot der Wettkampffairness umfasst das Moment,die Spielregeln einzuhalten - man spricht von konstituti-ven Spielregeln, die nicht verletzt werden dürfen. Andern-falls würde man das jeweilige Spiel nicht mehr spielen.Wer immer Hand spielt im Fußball, spielt nicht Fußball.

2. Die Einhaltung regulativer Spielregeln und Vorschriften istinnerhalb des Spiels geboten. Boxhiebe sind im Fußball-spiel nicht erlaubt. Wer einen Mitspieler im Fußballspiel"boxt", spielt trotzdem noch Fußball, wenn er dies aller-dings dauernd macht, ist es natürlich kein Fußballspielmehr. - Es gibt also durchaus fließende Übergangsfälle.

3. Die strikte Beachtung des Schiedsrichterurteils ist gefor-dert und wird normalerweise als unverzichtbarer Bestand-teil des Fairnessgebotes aufgefasst.

4. Die Idee der Chancengleichberechtigung und der formalenGleichheit der Startchancen wird gefordert und dadurchzu erreichen gesucht, dass Regeln diese Chancengleichheitnach Möglichkeit realisieren und garantieren sollen.

5. Gefordert ist auch die Achtung und Beachtung des Geg-ners als eines Spielpartners. Das ist die Restidee der infor-mellen Fairness, der Idee der "Ritterlichkeit" oder Gentle-man-Haltung, die weiterhin üblicherweise in den Auffas-sungen der Fairness vorhanden ist.

Im Hochleistungssport erleben wir vielfach die Doppelmoralder Fairnessbeschwörung nach außen und der insgeheimenunfairen Manipulation oder Regelübertretungen. Die Lippen-dienst-Fairness erweckt dabei allzu sehr den Anschein eineröffentlichen Alibistrategie oder kaschiert gar nur eine eigen-tümliche Ohnmacht der.

Auch in der Wirtschaft wird mit harten Bandagen konkur-riert, Fairness ist nicht einmal geboten, sondern verkommtallzu leicht zu Lippenbekenntnissen und Sonntagspredigten.

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"Ethik ist ein Fass von Würmern", so fasste beißend ein Kon-gressabgeordneter seine Meinung über die Ethik in der Politikund der Wirtschaft zusammen. Viele Firmen haben zwargroßtönende ethische Leitregeln für die Öffentlichkeit wie:"Wir glauben, dass Ethik schon an der Firmenrezeptionbeginnt!" "Unglücklicherweise" - so könnte man kommentie-ren - "enden diese Urteile gewöhnlich dort auch." Zu welchenMissbräuchen der Konkurrenzkampf in der Geschäftswelt

führte, zeigte sich bei internationalen und nationalen Beste-chungsskandalen schon seit drei Jahrzehnten, als sich vieleamerikanische Firmen selbst unethischer Praktiken bezichtig-ten; sie hatten Bestechungs-, Erpressungs- und Schmiergel-der gezahlt, um sich auf diese Weise im Interesse derGeschäftsausweitung oder -erhaltung Vorteile gegenüber denKonkurrenten zu sichern. Wirtschaftsethiker meinen zwar,weitverbreitete Bestechung würde faire Konkurrenz unmög-lich machen - und natürlich den Verbraucher schädigen, dochhandelte es sich um eine gängige Praxis. Und ist dieseErkenntnis für die deutschen Verhältnisse etwa gänzlichunzutreffend? Wohl kaum.

Sozial-, Staats- und Rechtsphilosophen sprechen vomFairnessgrundsatz (oder gar vom "Prinzip des Fair Play"),falls Menschen in einem gerechten, auf gegenseitigen

Nutzen ausgerichteten gemeinsamen Gefüge sozialerZusammenarbeit ihre Freiheit zum allgemeinen VorteilBeschränkungen unterwerfen. Sie selber ziehen darausVorteile, aber übernehmen auch Verpflichtungen, indem sieihren angemessenen ("fairen") Anteil leisten oder zu leistenhaben. "Fairness" und "Fair Play" umfassen in diesem Sinnesoziale Verpflichtungen - nämlich jene, nicht ohne anteiligeEigenleistung Vorteile von anderen und der Gemeinschaft

zu genießen. Die Fairnessverpflichtung soll dem sogenann-ten Schwarzfahrerproblem begegnen. Natürlich hat dieserGedanke etwas mit der allgemeinen Fairnessidee zu tun. Esist nur nicht einzusehen, warum dabei von Fair Play dieRede ist, wenn man nicht metaphorisch den Begriff des(geregelten) Spiels aus dem Sport auf soziale Verabredungenund Verträge überträgt. Das Funktionieren der Gesellschaftals quasi-sportliches Spiel aufzufassen, ist natürlich eininteressantes Bild.

Entsprechende Fairness-Überlegungen spielen in der Auffas-sung der "Gerechtigkeit als Fairness" (so das erste Kapitel vonJohn Rawls' berühmtem Buch "Eine Theorie der Gerechtig-keit") eine bedeutsame Rolle. Doch ist diese allgemeine Deu-tung der sozialen Fairness - im übrigen über die Grenzenunterschiedlicher Generationen hinweg - viel zu umfassend,

Über die Doppelmoral von Fairnessbeschwörung und verschärftem KonkurrenzverhaltenVon Hans Lenk

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um das übliche Prinzip der Wettkampf-Fairness zu treffen.Die angemessene Berücksichtigung der sonst Meistbenachtei-ligten ist ja neben dem Grundsatz der Chancengleichheit derAusgangspunkt für Rawls` Idee zur Begründung einergerechten Gesellschaftsordnung. Doch diese Deutung von"Fairness" ist noch weit von dem üblichen Verständnis imZusammenhang sportlicher Auseinandersetzungen entfernt.Sie könnte als eine Verallgemeinerung dieser konkreterenFairnessvorstellungen auf eine umfassende Sozialethik aufge-fasst werden. Dabei würde sich Fairness auf die sozialeKooperation beziehen. Noch allgemeiner könnte man sogar

auf die Forderung verzichten, dass die Handelnden genaubestimmten Regeln folgen und dass nahezu alle Teilnehmerwirksam mitarbeiten müssten, also z. B. nicht "schwarzfah-ren" dürften, um von "fairem" Beitrag zu sprechen.

In der Sozialphilosophie wird im Anschluss an John Rawls oftvom Fairnessgrundsatz als einer "Regel fairer Chancen"gesprochen, die aber in dem erwähnten weiteren sozialenSinne gedeutet wird: Niemand sollte diesem Grundsatzzufolge gesellschaftliche oder wirtschaftliche Vorteile auf-grund unverdienter, ihn bevorteilender Eigenschaften davon-

tragen, noch sollten ihm solche aufgrund unverdienter, ihnbenachteiligender Eigenschaften verwehrt werden, weil sieoder er für diese Eigenschaften nicht verantwortlich gemachtwerden können. Einige solcher möglicherweise vorteilhafteroder nachteiliger Eigenschaften sind veränderlich und kön-nen ausgeglichen werden - wie z. B. ein niedriger Bildungs-stand oder ein provinzieller Dialekt; andere sind unüberwind-lich, wie z.B. Geschlecht, Rassenzugehörigkeit und zumbeträchtlichen Teil auch der Intelligenzquotient und - für denSport besonders einschlägig - die körperlichen Anlagen. Dieveränderlichen Fähigkeiten/Unfähigkeiten kann man mit John

Rawls der "sozialen Lotterie"des Lebens, die unveränderli-chen Talente bzw. Bega-bungsmängel der "natürli-chen Lotterie" des Lebenszuordnen. Aufgabe desFairnessgrundsatzes alssozialethischer Leit- undReformregel ist es nun,solche Handikaps der "natür-lichen" oder "sozialen Lotte-rie" des Lebens im Sinneeiner Verteilungsgleichheitmöglichst auszugleichenoder zu kompensieren -entweder durch unterstüt-zende Sonderprogramme(etwa in der Erziehung) oderdurch ausgleichende oderwenigstens die Benachteili-gung verringernde Sonder-güterzuteilung. Diese Ideeder Fairness, die Rawlsheranzieht, um seine Theorieder "Gerechtigkeit als Fair-ness" zu begründen, richtetsich in erster Linie auf mög-lichste Gleichheit der Vertei-lung von Gütern, Nutzen,Dienstleistungen, Entwick-lungschancen usw. aus. Diesegenerelle Fairnessregel ist

also insofern inhaltlich, als sie auf grundsätzliche Gleichheitvon Güterverteilungen und den Genuss von Dienstleistungen,Zuteilungen und Chancen zielt. Diese Güterausgleichs-Fair-ness ist ergebnisorientiert.

Die allgemeine Fairness-Grundregel des gleichen Genussesbzw. der sozialen Gerechtigkeit oder des Zugangs zu Güternund auch jene Anteiligkeits-Fairness des oben erwähnten"fairen" Anteils an den zu übernehmenden Soziallasten sindgerade nicht jene Fairness-Formen, die im Sport und in derWirtschaft bedeutsam sind. Wenn wir von dem Prinzip Fair-

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ness sprechen, so meinen wir hier in erster Linie die Konkur-renz-Fairness der gleichen Chancen und des entsprechendenUmgangs mit dem Konkurrenten im geregelten Wettkampfoder Wettbewerb, also die Wettkampffairness im eigentlichenSinne. Die allgemeine sozialethische Fairnessregel der ausglei-chenden Vorteils- und Lastenverteilung ist von diesem sport-lichen Fairnessprinzip deutlich zu unterscheiden und solltebesser nicht eine "Regel fairer Chancen" genannt werden.

Die letztere, allzu allgemeine, auf Kooperation zur Schaffungsozialen Wohls ausgerichtete Fairnessauffassung ist offen-sichtlich nicht die übliche, die etwa den Forderungen des"Fair Play" im Sport oder auch in anderen Konkurrenzberei-chen, etwa in Wirtschaft und Politik, zugrunde liegt. Hierhandelt es sich um Wettbewerb und Konkurrenz, die vonbesonderen Regeln geleitet, ja, erst erzeugt werden. Fairnessin diesem engeren Sinne bezieht sich notwendig auf regelge-leitetes Konkurrenzverhalten, also in erster Linie auf geregelteAuseinandersetzung statt auf soziales Zusammenwirkenschlechthin. Natürlich ist auch die Konkurrenz, der Wettbe-werb, ein Zusammenwirken von gegnerischen Partnern, diegewissen Regeln der Auseinandersetzung, den "Spielregeln",verpflichtet sind. Die Idee der Fairness und das Prinzip Fair-ness wurden umso wichtiger, je mehr die Gesellschaft sichaus einer Ständegesellschaft zu einer Konkurrenzgesellschaftentwickelte, je mehr individuelle Leistung im Wettbewerbwichtig wurde und funktionale Normen der Regelung erfor-derte. Das Fairnessgebot scheint so in erster Linie eine not-wendige Norm bei der Entwicklung zu einer individualisti-schen pluralistischen Konkurrenzgesellschaft zu sein. Indiesem Sinne lassen sich natürlich der Ursprung und dieÜbertragung der Idee aus dem Sport leicht verstehen. Jemehr die Gesellschaft zu einer Leistungs- und Wettbewerbs-gesellschaft wird, desto wichtiger wird eine solche regelndeVerhaltensnorm. Sie hat in erster Linie funktionalen, das heißteben formal regelnden Charakter. Jedoch entsprechen ihrauch eine Einstellung und Haltung, die über das Formalehinausgehen. Dies macht die Fairnessidee sozusagen zueinem Leitwert. Hier schon zeigt sich, dass auch der engereBegriff "Fairness" - gerade schon im Sport - unterschiedlicheTeilbedeutungen enthält, die auseinandergehalten werdenmüssen.

Übrigens ist genauer noch die Wettkampffairness (die beson-dere Fairness im sportlichen Wettkampf) von der allgemeine-ren Wettbewerbsfairness (etwa in der Wirtschaft, in derKonkurrenz mit unter Umständen nicht bekannten Konkur-renten oder bei unübersichtlich vielen Wettbewerbern aufdem wirtschaftlichen Markt) zu unterscheiden: Im letzterenFall findet ja kein direkter Wettkampf als ein zeitlich undräumlich abgegrenztes Ereignis statt. Natürlich ist die Ver-wendung von Doping-Mitteln im Training als Unfairnessgegenüber allen potenziellen Mitwettbewerbern - auchdenen, mit denen man nicht unmittelbar in einen Wettkampf

eintritt - eher von der zweiten anonymeren Art der Fairness-verletzung. Die allgemeine Konkurrenzfairness als generelleChancen-Regel spielt also auch im Sport eine Rolle undbeeinflusst natürlich dann faire Chancengleichheit in Wett-kämpfen. Dennoch ist es sinnvoll, die besondere Wettkampf-fairness als Beachtung der Fairnessregeln innerhalb desWettkampfes gegenüber den Wettkampfpartnern von derallgemeinen Regel und Idee der Konkurrenzfairness zu unter-scheiden.

Generell müssten im Hochleistungssport und in abgewandel-ter (abgeschwächter?) Form auch in der Wirtschaftskonkur-renz die institutionelle Einbettung und verfahrensmäßigeKontrollen dazu führen, dass die Doppelmoral der Fairnessbe-schwörung nach außen und der insgeheimen unfairen Mani-pulation oder Regelübertretungen außer Kraft gesetzt wird.Appelle und Beschwörungen allein helfen hier ebensowenigwie bloße Werbeaktionen zu Gunsten der Idee. Man muss mitder Fairness wirklich ernst machen, darf aber die Gesichts-punkte der Durchsetzbarkeit und der Institutionalisierungnicht außer acht lassen. Verfahrensgestützte Kontrollen,Abänderungen, Varianten und Umorganisationen sind uner-lässlich.

Fairness und Fair Play sind zu wichtige ethische Orientie-rungswerte, als dass man sie mit marktschreierischen Alibi-Anpreisungen im Ausverkaufsbetrieb der Ellenbogengesell-schaft verramschen dürfte. Im Gegenteil könnten die Ideenund das Prinzip Fairness unter geeigneten Regelungs- undKontrollbedingungen, bei gelassenerer Einstellung und insbe-sondere angesichts der eigenständigen, erlebnisorientiertenAufbruchstimmung der jungen Generation auch künftig nochzu einem Leitwert für andere gesellschaftliche Bereichewerden. Also doch noch kein Schwanengesang für die Fair-nessidee? Ideen sind notwendig immer utopisch - ethischezumal. Man wird aber nicht die Zehn Gebote deswegenabschaffen wollen, weil sie oft gebrochen werden. Man mussfreilich realistisch bleiben und die Kontrollen wirksamermachen und vielleicht auch die Extremforderungen herab-schrauben. Realistische utopische Forderungen - ein "hölzer-nes Eisen"? In der Tat - in gewissem Sinne. Ideen dürfenutopisch malen, dies sollte aber mit Blick auf die Realistik aufAnwendungsbedingungen bezogen werden. Deren Kontrolleund Institutionalisiserung (durch Anreize auch, nicht nurdurch Sanktionen!) ist nötig, um aus Sonntagspredigtenrealistische Normen zu machen. Wie für die Geschwindig-keitsbeschränkungen auf den Autobahnen gilt das auch fürFairnessregelungen in Sport, Wirtschaft und Gesellschaft. DieGesellschaft lebt von der weitgehend (allgemeinen) Fairness-beachtung, die sie (als extreme Konkurrenzgesellschaft etwa)nicht erzwingen kann. Können wir zu einer Moderierung derKonkurrenzgesellschaft im Sinne einer wirklichen Fairnessge-sellschaft kommen? Wir müssen es hoffen, wünschen unddafür arbeiten.

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n diesen Wochen und Monaten mehren sich die kriti-schen Kommentare zur Situation der Weltsportorganisa-tionen. Eine Prinzessin beherrscht den Weltverband der

Reiter, ein ägyptischer Export-Import-Händler wird desMachtmissbrauchs im Welthandballverband bezichtigt, undwann immer von Wahlen in den olympischen Fachverbändendie Rede ist, so wird auch über den damit angeblich verbun-denen Stimmenkauf gesprochen. Betrachten wir die Organi-sationen des Weltsports etwas genauer, verfolgen wir derenEntwicklung über mehrere Jahrzehnte, so ist in der Tat zuerkennen, dass die Führungspositionen in den internationalenFachverbänden begehrte Objekte der Begierde sind für Men-schen, die auf der Suche nach Macht sind. Die Begierde nachMacht geht dabei mit einer Vielzahl von Eigeninteresseneinher, die man mittels des Sports befriedigen möchte. Mitt-lerweile ist es immer weniger wahrscheinlich, dass Persön-lichkeiten in die leitenden Positionen des Sports gewähltwerden, die ausschließlich an der Sache selbst orientiert sindund die sich auch durch eine entsprechende Fachkompetenzauszeichnen.

Stellt man die Frage, warum und wie solch eine Entwicklungin den Sportorganisationen möglich werden konnte, so hatman einen Blick auf die Satzungen der Weltsportorganisatio-nen zu werfen und die Regularien zu betrachten, die dieWahlen in die höchsten Ämter des Sports leiten. Noch in denfünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhun-derts waren fast sämtliche olympischen Sportarten vorrangigeine Angelegenheit der europäischen Sportnationen. Sportar-ten wie Handball, Leichtathletik oder Schwimmen wurdenüberwiegend in Europa bzw. in den Vereinigten Staatenbetrieben, und es war dabei üblich, dass man ein Delegie-rungsprinzip in die Gremien des Sports beachtete, bei demvor allem die Interessen der aktiven Sporttreibenden reprä-sentiert werden. Verbände, die über viele Aktiven verfügten,hatten deshalb mehr Stimmen im Vergleich zu jenen Verbän-den, die nur wenige Aktive aufzuweisen hatten. Heute lässtsich dieses Delegierungsprinzip eher im Sinne einer Ausnah-me - z.B. beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) -beobachten. Bei der Hauptversammlung des DOSB verfügtdeshalb der Deutsche Fußball-Bund über wesentlich mehr

Stimmen als alle übrigen Fachverbände, was damit begründetwird, dass er die höchste Mitgliederzahl hat. Dieses aufnationaler Ebene noch teilweise berücksichtigte und wertge-schätzte Prinzip der demokratischen Delegierung wurde inden sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahr-hunderts zunehmend in Frage gestellt. Nicht mehr die Zahlder aktiven Mitglieder sollte die Basis der demokratischenStruktur innerhalb einer Sportorganisation sein, als demokra-tisch höherwertiges Prinzip wurde die Maxime "eine Stimme- ein Land" zur Mitbestimmungsforderung aller jungenNationen. Entscheidend für die Veränderung war dabei

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Mit dem Ideal der Demokratie Weltsportorganisationen oft

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jedoch, dass sich zunächst machtgierige Europäer diesesneuen demokratischen Prinzips bedienten, um sich ihreMacht möglichst lebenslang zu sichern. Autoritäre Persön-lichkeiten wie der verstorbene Präsident des Welt-Leichtath-letikverbandes, der ehemalige Präsident des Weltfußballver-bandes und noch eine Reihe weiterer Präsidenten schobendabei das hehre Ideal der Demokratie vor, um auf Dauer ihreMacht zu zementieren. Aus der Sicht von heute kann manfeststellen, dass der demokratische Paradigmenwechsel in densiebziger und achtziger Jahren verhängnisvolle Folgen aufzu-weisen hat.

Zunächst ist dabei festzustellen, dass mit der damaligenVeränderung eine Rückkehr zur mitgliederbezogenen Demo-kratie für immer verstellt ist. Mit der Einführung des Systems"ein Land - eine Stimme" wurde bewusst oder unbewusstentschieden, dass dieses System nicht mehr umkehrbar ist. Diefür eine Rücknahme dieser Entscheidung notwendige Zwei-drittelmehrheit, wie es in allen Satzungen der internationalerSportorganisationen festgeschrieben ist, ist angesichts derMehrheit der kleinen Länder prinzipiell nicht mehr erreichbar.Eine sehr viel weiter reichende Folge ist darin zu sehen, dassmit diesem mathematischen Kalkül in vielerlei Hinsicht vor-hersagbar ist, dass zunehmend Repräsentanten aus den klei-nen Ländern jene Kandidaten an die Macht bringen können,die von den kleinen Ländern unterstützt werden. Schon seitlängerer Zeit ist dabei zu beobachten, dass auf diese Weisebestimmte Weltregionen zu einer außergewöhnlichen Machtin Bezug auf die Führungsentscheidungen gelangen, die ihnenvon der Sache selbst her kaum zusteht. Fünfzig afrikanischeStimmen werden so beispielsweise zu einem entscheidendenFaktor bei der Vergabe der sportpolitischen Positionen. Immerwahrscheinlicher ist es dabei auch, dass eigene Kandidatenaus diesen Regionen in Machtpositionen gelangen, Kandida-ten der großen Sportnationen hingegen zukünftig immergeringere Chancen haben werden, entscheidende Führungspo-sitionen in der Welt des Sports zu erreichen.

Dieser Prozess wird begünstigt durch eine Konkurrenzsituati-on, die zwischen den großen Sportnationen existiert, was inder Regel dazu führt, dass in fast allen olympischen Sportver-bänden die Repräsentanten Europas nur selten einig sind undsich meist nicht einmal gegenseitig unterstützen, wobei auchfür Europa hinzuzufügen ist, dass mittlerweile der europäi-sche Sport ebenfalls immer intensiver von den kleinen Natio-nen dominiert wird. Die eigentliche Gefahr des demokrati-schen Ideals "ein Land - eine Stimme" kommt bei den Wahlenin den Sportorganisationen meist dadurch zum Ausdruck,dass es angesichts dieses Prinzips für machtgierige Menschensehr leicht geworden ist, jene Stimme, über die jedes Mit-gliedsland verfügt, im Interesse der eigenen Macht zu mani-pulieren. Betrachten wir die große Mehrheit der Mitgliedsor-ganisationen in den Weltsportverbänden, so müssen wir

wird in den Schindluder getrieben Von Helmut Digel

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erkennen, dass von den 210 Mitgliedsnationen eines globalenWeltverbandes oft nur ein Drittel über intakte Verbandsstruk-turen verfügt. Delegierte, die bei den Wahlen ihren nationa-len Verband vertreten, sind in ihrer großen Mehrheit mit denProblemen und Fragestellungen ihrer Sportart nur wenig, oftauch gar nicht vertraut. Immer häufiger ist dabei auch mög-lich, dass Delegierte über die Zukunft einer Sportart abstim-men, die in ihrem eigenen nationalen Verband über so gutwie keine Athleten verfügen.

Die große Mehrheit der Delegierten ist von dem eigentlichenGeschäft der internationalen Sportverbände nur indirektbetroffen. Die Ausrichtung von Weltmeisterschaften odersonstigen sportlichen Großereignisse sind für viele der Dele-gierten irrelevante Themen. Diskussionen über WADA, NADA,Marketing und Sponsoring oder über den Verkauf von Fern-sehrechten müssen für die Repräsentanten dieser Verbändenotwendigerweise abstrakt sein. Vor diesem Hintergrund istes nicht überraschend, dass die Stimme, die sie bei den Kon-gressen abzugeben haben, sehr schnell zur Manövriermassevon Manipulationen werden kann. Jene, die die Machtanstreben, haben dabei ein leichtes Spiel. Warum sollte einDelegierter, der weiß, dass er eigentlich nie etwas zu sagenhat, seine Stimme nicht zur Ware werden lassen, wenn ergleichzeitig erkennt, dass seine Stimme aus der Sicht derer,die die Macht begehren, Warencharakter und damit einenWert hat? Stimmen werden so immer häufiger gegenGeschenke ausgetauscht, und es wird wahrscheinlicher, dassStimmen ihren Preis haben. Dabei gibt es für die Mächtigenfreilich das Risiko, dass Stimmen mehrfach verkauft werden.Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn in geheimerAbstimmung über die Machtpositionen im Weltsport ent-schieden wird.

Mit dem Prinzip "Anzahlung" vor der Abstimmung und"Erfolgsprämie" nach erfolgreicher Wahl versuchen dies nun-mehr die Machtgierigen zu steuern. Doch auch damit lässtsich das Machtkalkül nur begrenzt absichern. Vielmehr ist dieSituation zunehmend dadurch geprägt, dass Betrüger Betrü-ger betrügen und Betrug zum kennzeichnenden Merkmalpseudodemokratischer Wahlentscheidungen im Sport wird.Nahezu alle Wahlen für die Führungspositionen der interna-tionalen Sportverbände sind deshalb in jüngster Zeit mitGerüchten verbunden, und Bestechlichkeit scheint eine struk-turelle Qualität im System des Sports zu erreichen. Bestech-lichkeit kann dabei vielfältige Varianten aufweisen, und dassdie Delegierten den Mächtigen wohlgesonnen sind, mussnicht notwendigerweise mit Bezahlungen verbunden sein. DieGewährung bestimmter Privilegien, die Bereitstellung vonSponsoren, die Zusicherung von Entwicklungshilfe, der Nutzendurch Beziehungsnetzwerke, die Vergabe von Stipendien oderdie Hilfe beim Bau von Sportstätten bis hin zur Bereitstellungvon Sportausrüstung und Fahrzeugen können dabei die ent-scheidenden geldwerten Vorteile ausmachen.

Das Schindluder, das in den olympischen Sportorganisationenmit dem Ideal der Demokratie betrieben wird, ist beklagens-wert. Der Missbrauch dieses Ideals hat jedoch noch sehr vielweitreichendere Folgen. Zunächst und vor allem bewirktdieser Missbrauch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass fach-fremde Persönlichkeiten den Sport führen, sich ständigerhöht. Dies bewirkt, dass immer größere Risiken eingegan-gen werden in Bezug auf die Steuerung der Sportentwicklungin den Sportarten selbst. Weltmeisterschaften werden deshalbimmer öfter nicht unter sportlichen Gesichtspunkten oder,was nicht weniger wichtig ist, unter wirtschaftlichenGesichtspunkten vergeben, sondern politische Interessenprägen die Entscheidungen. Kommissionen und Komiteeswerden zu teuren, gleichzeitig aber folgenlosen Foren politi-scher Partizipation. Die Führungsspitzen der internationalenSportverbände werden oligarchisch und entziehen sich immerhäufiger jeder Kontrolle. Weltverbände agieren finanzwirt-schaftlich zunehmend in einem rechtsfreien Raum. Sie unter-liegen so gut wie keiner Aufsicht. Was die Gewinne betrifft,die mittels des Weltsports erwirtschaftet werden, so partizi-pieren jene, die mittels ihrer Stimmenpakete die Macht derMächtigen sichern, immer mehr an diesen Einnahmen. Unterder Etikette der Entwicklungspolitik werden dabei vor allemdie Verbände Afrikas begünstigt. Die europäischen Verbändemüssen hingegen vermehrt erkennen, dass von ihnen allen-falls erwartet wird, dass sie die Einnahmen sichern. Ihr Ein-fluss auf die relevanten Entscheidungen hat sich jedocherheblich verringert.

Die Gefahr, dass die Sportarten zum Spielball von Mächtigengeworden sind, die vorrangig ihre eigenen Interessen bedie-nen, hat sich dabei in den letzten Jahren erheblich erhöht,und bereits heute ist abzusehen, dass auf diese Weise diewirtschaftlichen Grundlagen vieler olympischer Fachverbändegefährdet werden. Notwendige Investitionen in die Moderni-sierung der Sportarten werden nur selten getätigt, und dieolympischen Verbände geraten in eine immer intensivereAbhängigkeit zum IOC. Die große Mehrheit der olympischenVerbände ist sich mit ihren Führungsgremien dieser Gefahrennur im Ausnahmefall bewusst. Selbst die aktuelle Wirtschafts-krise führt nur selten zu einer neuen Besinnung. Dabei ist esoffensichtlich, dass die Unzufriedenheit in den Weltsportor-ganisationen wächst. Da sich die aktuelle Führungspolitik inden Weltsportorganisationen vor allem zu Lasten der Athle-ten entwickelt, ist es nicht verwunderlich, dass es die Athle-tenschaft ist, die sich vermehrt gegen die Verbände stellt. Eskann auch kaum überraschen, dass jene, die vorrangig imSport unter ökonomischen Gesichtspunkten partizipieren,anstelle der politischen Ranküne ökonomische Professionali-tät setzen möchten. Und jene Mitgliedsorganisationen, diesich ungerecht behandelt fühlen, diskutieren schon öffentlichdie Gründung von Gegenorganisationen. All dies sind Zeicheneiner brisanten Entwicklung, deren Zukunft in vielerlei Hin-sicht offen ist.

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Ralf BartelsWM-Bronze 2009

Steffi NeriusWeltmeisterin 2009

Betty HeidlerWM-Silber 2009

m Alter von 115 Jahren kommt die olympische Welt zumdreizehnten Mal zusammen, um über sich selbst nachzu-denken, Positionen zu beziehen und dabei gute Gründe

zu finden für ihre Existenz auch im 21. Jahrhundert. Derbesondere Reiz der neun olympischen Tage vom 1. bis 9.Oktober liegt in der Möglichkeit, Theorie und Realität,Wunsch und Wirklichkeit in Augenschein zu nehmen. Inwelcher Verfassung die Olympische Bewegung ist, das wirdder Olympische Kongress deutlich machen. Die Realitätenwerden sich zeigen bei der 121. Vollversammlung des Inter-

nationalen Olympischen Komitees (IOC). Gleich am Anfangbestimmt sie am 2. Oktober die Ausrichterstadt der Sommer-spiele 2016, am Ende steht die Präsidentenwahl auf derAgenda. Die Verlängerung der achtjährigen Amtszeit des 67Jahre alten Belgiers Jacques Rogge bis 2013 gehört zu denGewissheiten der olympischen Mammutveranstaltung in derdänischen Hauptstadt mit ihren rund 800 Teilnehmern.

Besonders verbunden sind Kongress und Session durch ihrenbilanzierenden Charakter. Nach dem letzten OlympischenKongress 1994 in Paris war das IOC durch ein selbst ausgelös-tes Erdbeben erschüttert worden. Der Korruptionsskandal umden erfolgreichen Olympiabewerber Salt Lake City hatte denAnführer der Olympischen Bewegung an einen Abgrundgetrieben, nur Notmaßnahmen verhinderten einen Absturz.Zur Ersten Hilfe gehörte eine Säuberungsaktion, die 10 IOC-Mitglieder das Amt kostete, und ein 1999 in großer Eilebeschlossenes Reformpaket. Die Verantwortung für denweltweiten Ansehensverlust trug der Spanier Juan AntonioSamaranch, Präsident von 1980 bis 2001. In Kopenhagenwird nun in einer globalen Sprechstunde untersucht werden,ob der Mediziner Rogge als Nachfolger von Samaranch die

richtigen Mittel eingesetzt hat und welche Heilkräfte nochnotwendig sind, um den Patienten IOC zu stärken.

Gemessen an den Olympischen Spielen hat sich durch denPräsidentenwechsel nicht viel geändert. Die noch von Sama-ranch zu verantwortenden Sommerspiele zeichneten sich inAtlanta 1996 durch ein Übermaß an Kommerz und, imGegensatz zu Sydney 2000, durch die Abwesenheit einerolympischen Atmosphäre aus. Die ebenfalls noch unter demSpanier vergebenen Spiele von Athen 2004 und Peking 2008

hinterließen tiefen Zwiespalt. Sie waren für das kleine Grie-chenland eine große Überforderung und für das große Chinaein Mittel zum Zweck, sein autoritäres System hinter derFassade einer Großartigkeit verstecken zu können. Einedurchgehende Erfolgsgeschichte waren die Winterspiele.Durch die von Samaranch initiierte Herauslösung aus demJahresschatten der Sommerspiele sind sie seit Lillehammer1994 und dann in Nagano, Salt Lake City und Turin zu einemSolitär mit zunehmendem Aufmerksamkeitswert geworden.

Rogge hat es geschafft, das von Samaranch forcierte Wachs-tum Olympischer Spiele, gemessen an Teilnehmerzahlen undSportarten, zu begrenzen. Zugleich sorgte er dafür, dass nurnoch "Elefantenstädte" mit ihren Infrastrukturen um dieMilliarden-Spiele erfolgreich konkurrieren können. Ein Signalwar die Disqualifikation von Leipzig in der Vorrunde für dieSpiele 2008, obwohl die sächsische Halbmillionen-Stadt vonden IOC-Prüfern eine bessere Benotung gefunden hatte alsdas zum Wahlfinale zugelassene Moskau. Zu klein für Olym-pia, eine 2,5-Millionen-Stadt müsste es schon sein, lautetseitdem die selektive Richtlinie. Somit käme für eine künftigedeutsche Bewerbung nur noch Berlin infrage.

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Kopenhagen als Chance:

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Die 115 Jahre alte Olympische Bewegungvor einer neuen StandortbestimmungVon Günter Deister

Ökonomisch gesehen steht das IOC mit seinen OlympischenSpielen glänzend da. Sie werfen in Vier-Jahres-Fristen mitt-lerweile mehr als vier Milliarden Dollar ab. Die IOC-Partner,Ausrichterstädte, Nationale Olympische Komitees und dieolympischen Sportverbände, partizipieren enorm und bisherstets mit beträchtlichen Zuwachsraten. So kann auch derBelgier in Kopenhagen im Bewusstsein vor seine olympischeFamilie treten, sie wie sein Vorgänger gut versorgt und dasgemeinsame Haus materiell abgesichert zu haben. Das istnicht wenig, aber längst nicht genug. Denn das IOC ist nachseinem eigenenAnspruch allesandere als einKonzern und seinePartner weit mehrals Aktionäre.Zudem beinhaltetdie Ökonomisie-rung olympischerPolitik beträchtli-che Gefahren. DasIOC hat sicheinem Wachs-tumszwangunterworfen, derin Zeiten vonWirtschaftskrisenbesondere Gefah-ren birgt.

Deutlich wird dasbei der Vergabeder Olympischen Spiele 2016. Mit Chicago, Madrid, Tokio undRio de Janeiro hat das IOC in einem AusscheidungsrennenFinalisten ermittelt, die laut Evaluierungsbericht alle "hervor-ragend" in der Lage sind, die Spiele zu organisieren. DenAusschlag wird vermutlich der größte ökonomische Nutzwertgeben, der bei Chicago liegt und auch bei Rio de Janeiro. EineDenkschule im IOC geht davon aus, dass der US-amerikani-sche Markt im Abstand von etwa 20 Jahren mit Heimspielenbedient werden sollte. Spiele in den USA bringen dem ameri-kanischen "Amateursport", der ausschließlich von Sponsoren-geldern lebt, am meisten ein. Ohne diese Einnahmen, so dieÜberlegung, könnte der US-Sport seine Spitzenstellung nichthalten. Die jedoch ist eine Garantie für olympische Attraktivi-tät und auch dafür, dass die Spiele nicht von der globalenLangeweile einer chinesischen Dominanz heimgesucht wer-den. Hauptsponsor des US-Sports - und des IOC - ist dasamerikanische Fernsehen.

2016 würde aber auch Rio de Janeiro attraktive Live-Bilder inbester Sendezeit nach Nordamerika liefern. Das macht diebrasilianische Metropole neben der Tatsache, dass Südamerikanoch nie Olympische Spiele ausrichten durfte, zu einem Mitfa-

voriten. Rogge hat sich der Forderung der amerikanischenKommerz-Riesen gebeugt, die TV-Rechte für die USA entgegenbisheriger Gewohnheit erst nach der Städte-Wahl auszuhan-deln. Erst die Ware, dann das Geld, lautet in krisenhafter Zeitdie Forderung der konkurrierenden Fernsehgiganten. Wer inKopenhagen für Chicago (oder Rio) votiert, gibt seine Stimmefür Mehreinnahmen. Bei Tokio oder Madrid müssten das IOCund seine Partner Verluste einkalkulieren. Maßstab für denWert der Spiele sind jene 1,2 Milliarden Dollar, die NBC demIOC für die Spiele von London 2012 bezahlt.

Die verstärkte ökonomische Denkweise ist auch Folge derReform von 1999. Seitdem sind neben 70 unabhängigenPersönlichkeiten und 15 Athleten-Vertretern auch jeweils 15Repräsentanten aus NOKs und Verbänden als Ex-officio-Mitglieder zugelassen. Sie sind zuallererst Interessenvertreterund damit weniger dem Allgemeinwohl verpflichtet. Olympierwie der in Kopenhagen mit 80 Jahren aus dem IOC scheiden-de Walther Tröger sehen diese Fraktionsbildungen kritischund fordern eine Reform der Reform. Tröger wünscht sichneben den 70 "Unabhängigen" nur noch die 15 Athleten-Vertreter in der Vollversammlung. Im Gegensatz dazu siehtsich das IOC erneut mit der Forderung der 33 olympischenSportverbände konfrontiert, allen einen Platz in der Sessioneinzuräumen.

Andere Anregungen laufen darauf hinaus, die Basis des IOCdurch Mitgliedschaften aus anderen gesellschaftlichen Berei-chen wie Wissenschaften und Kultur zu verbreitern, auch imSinne eines Kompetenzzuwachses. Wie zahlreiche andereKollegen macht sich Tröger auch stark für die Rücknahme desBesuchsverbots von Olympia-Bewerbern. Nach seiner Ein-schätzung hat eine solche Sperre Züge einer Entmündigung

Der Olympische KongressDer 13. Olympische Kongress seit 1894 führt in Kopenhagen vom 3. bis 5. Oktober das Internationa-le Olympische Komitee mit seinen Hauptpartnern Internationale Sportverbände und NationaleOlympische Komitees zusammen. Beteiligt sind auch die Organisationskomitees Olympischer Spiele,Athleten, Trainer, Mediziner, Schiedsrichter, Kampfrichter, Sponsoren, Medien. Unter dem Generalti-tel "Die Olympische Bewegung in der Gesellschaft" werden fünf Themen zur Diskussion gestellt:Athlet, Olympische Spiele, Struktur der Olympischen Bewegung, Olympismus und Jugend, DigitaleRevolution. IOC, Verbände und NOKs leiten die Diskussionen jeweils mit Grundsatzbeiträgen ein. EinSchlussdokument fasst die wesentlichen Aussagen zusammen. Es hat empfehlenden Charakter fürdas IOC, das mit seiner 121. Session den Kongress umrahmt. Ihm voraus ging vom 1. Januar bis 31.Dezember 2008 erstmals ein "Virtueller Kongress". Eine breite Öffentlichkeit hatte dabei die Mög-lichkeit, ihre Anregungen und Vorstellungen zur Olympischen Bewegung dem Kongress-OrganisatorIOC per Internet mitzuteilen. Der letzte Olympische Kongress fand 1994 in Paris statt. Deutschlandwar 1930 in Berlin und 1981 in Baden-Baden Gastgeber dieser globalen olympischen Versammlung.

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und einer Einschränkung von persönlicher Autonomie, unddas in der wichtigsten Entscheidung, die der IOC-Vollver-sammlung verblieben ist.

So könnte die Autonomie in der Strukturdebatte des Olympi-schen Kongresses zu einem überlagernden Thema werden.Der olympische Gründervater Pierre de Coubertin hat sie demIOC dadurch sichern wollen, dass er deren Mitglieder ganzüberwiegend aus der bis ins 19. Jahrhundert hineinreichen-den "Adelsgenossenschaft" berief. Heute stellt sich die Frage:Kann eine Organisation in einer immer komplexeren Welt, inder die Abhängigkeiten und Verbindungen immer größer, dasWissen immer umfassender, die Durchdringungen immerstärker, die Notwendigkeiten zur Zusammenarbeit immergrößer geworden sind, noch autonom sein? Oder wäre geradedeshalb Autonomie so wichtig? Und wie ist Autonomie überdie Zuständigkeit für das Organisieren und Regulieren desolympischen Sports hinaus überhaupt begründbar? Fest steht,dass derjenige (an) Autonomie verspielt, der durch ein Über-maß an Kommerzialisierung Auswüchse geradezu befördert:Doping, Korruption, Gewalt, politi-schen Missbrauch.

Autonomie findet eine Rechtferti-gung durch den Versuch, durchBildung von Partnerschaften undKooperationen überzeugende Pro-blemlösungen zu erreichen. Mit derSchaffung des InternationalenSportgerichtshofs CAS ist das gelun-gen, mit der Gründung der Welt-Anti-Dopingagentur WADA bishernicht. Unter Samaranch hat dieMedizinische Kommission des IOC dieAnti-Doping-Vorgaben gemacht,allerdings höchst unvollkommen undkritikwürdig. Nun liegt die Kompe-tenz im Kampf gegen den Leistungs-betrug aus guten Gründen bei derWADA und ihren nationalen Able-gern. Die WADA ist eine schwerfälli-ge, hälftig von der Politik mitgetragene Behörde, die vonProporz und nicht von besonderer Kompetenz gesteuert wird.Noch immer hat sie eine Vielzahl desinteressierter Staatennicht anerkannt, Zahlungen bleiben aus. Die Kooperation aufnationaler Ebene ist oftmals unbefriedigend bis mangelhaft,was auch an den Sportorganisationen liegt.

Dem IOC ist nur die Kompetenz geblieben, im eigenen Hausder Olympischen Spiele für Sauberkeit zu sorgen. Roggeversucht seine "Null-Toleranz-Politik" durch Olympia-Sperrenfür Athleten und mit dem Nachuntersuchen von eingefrore-nen Blutproben zu belegen und kooperiert, wenn nötig, mitder Polizei, die er in Turin ins Olympische Dorf zu einer

Doping-Razzia rief. Außerhalb der eigenen Grenzen, in denHoheitsgebieten der NOKs und der internationalen Verbände,wirkt das IOC ohnmächtig. Dabei hätte es Rogge in der Hand,seuchenartiges Auftreten von Doping in Ländern, Sportartenoder auch nur Disziplinen mit Olympia-Ausschluss zu bestra-fen, zumindest aber zu bedrohen. So wird der Kongress vorallem auch daran gemessen werden, ob er sich auf Lösungenim Kampf gegen den Leistungsbetrug als der großen Glaub-würdigkeitsproblematik des Sports verständigen kann.

Zur Aufarbeitung der Vergangenheit gehört die wesentlicheFrage, welche Rolle vor dem Hintergrund der Spiele vonPeking die Menschenrechte im olympischen Sport künftigspielen sollen: Soll die Einhaltung von Menschenrechtenausdrücklich zur Bedingung gemacht werden bei Olympia-Bewerbungen? Muss sich das IOC als autonome, politischneutrale Organisation nicht bekennen zu seinen politischenWirkungen, um dann in Bedrängnis zu diesen Wirkungenauch zu stehen und sie zu vertreten? Na klar. Jacques Roggekonnte in Peking das Duell mit chinesischem Absolutismus

nicht gewinnen, aber verloren hat erauch durch Versäumnisse undUndeutlichkeit.

Die neun Tage von Kopenhagenwerden nach den chinesischenSpielen zur größten Herausforderungseiner nunmehr achtjährigen Präsi-dentschaft. Was er macht und waser sagt, was er unterlässt und wozuer schweigt - das wird das Bild desBelgiers als oberste Autorität derOlympischen Bewegung wesentlichprägen. Bisher war er mehr einGetriebener in maßlosen Zeiten.

Mit den Spielen in London wird erals Schlusspunkt seiner Amtszeitwohl gut leben können. Ob er Sot-schi 2014 verhindern wollte, ist nichtersichtlich geworden. Dass die Win-

terspiele als mit unlauteren Mitteln erworbene Putin-Spielenicht mehr in seine Amtszeit fallen, könnte ein Glück für ihnsein. Die Wahl von Rio de Janeiro birgt für ihn die Chance,dass erstmals Südamerika auf die olympische Landkartekommt. Bleiben die Olympischen Jugendspiele, 2010 zumersten Mal in Singapur ausgetragen, als eigentliches Ver-mächtnis. Aber nur dann, wenn es Rogge gelingt, sie vorökonomischen Zwängen, materiellem Eigennutz, Chauvinis-men und frühzeitigem Dopingzwang zu bewahren und ihrenpädagogischen, kulturellen und moralischen Nutzwert deut-lich sichtbar werden zu lassen. Immer mehr, immer größer,immer prächtiger - die Olympische Bewegung hat jede Men-ge Gründe, in sich zu gehen und einzuhalten.

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Olympische Sternstunde, die nachwirkt: Willi Daume vor 15 Jahren

ach Abschluss der Olympischen Spiele in Pekingstehen das Internationale Olympische Komitee (IOC)und seine Mitgliedsorganisationen vor Herausforde-

rungen, die für die Zukunft der Olympischen Bewegung vonentscheidender Bedeutung sind: Umgang mit Politisierungund Ökonomisierung der Olympischen Spiele, Gestaltung desolympischen Sportprogramms, soziale und gesundheitlicheAbsicherung der Hochleistungsathleten, Bekämpfung vonDoping und Korruption, Gestaltung nachhaltiger olympischerSportstätten und Stärkung der olympischen Erziehung sindhierfür beispielhaft zu nennen. Dabei kann es für die Olympi-sche Bewegung angesichts gesellschaftlicher Komplexität undDynamik keine einfachen Lösungen geben.

Der Reflexion sportpolitischer Herausforderungen dienen imolympischen Weltsport traditionell Olympische Kongresse.Vertreter der IOC-Mitgliedsorganisationen sowie der Bewer-bungskomitees bisheriger und zukünftiger Olympischer Spielesollen hier zusammen mit ausgewählten Trainern, Funktionä-ren und Vertretern von Wirtschaft und Massenmedien wichti-ge Zukunftsthemen beraten und Richtungsentscheidungender Olympischen Bewegung vorbereiten. Im Oktober 2009wird die Olympische Bewegung in Kopenhagen zum 13.Olympischen Kongress zusammenkommen, um unter demMotto "Die Olympische Bewegung in der Gesellschaft" Ver-gangenheit und Zukunft des olympischen Weltsports, zeitge-mäße Formen der Olympischen Spiele, grundlegende Proble-me des modernen Hochleistungssports sowie Fragen derZusammenarbeit der Internationalen Sportorganisationen zudiskutieren. Dabei wünscht sich nicht zuletzt IOC-PräsidentJacques Rogge neue, richtungsweisende Ideen und Initiati-

ven, um den aktuellen Herausforderungen nicht allein mitaltbekannten Routinen zu begegnen.

Während man beispielsweise im Vorfeld des OlympischenKongresses in Baden-Baden von 1977 bis 1981 insgesamt vierSymposien durchführte und acht Bulletins veröffentlichte (u.a. zu den Schwerpunkthemen Sport und internationaleKooperation, Sport und Organisation, Sport und Kommunika-tion, Sport und Leistung, Sport und Geld) waren nun erstmalsin der Geschichte der Olympischen Kongresse Vertreter derOlympischen Bewegung und alle interessierten Personeneingeladen, sich über einen mehrjährigen "virtuellen Kon-gress" unter dem Motto "Taking the pulse" an der inhaltlichen

Vorbereitung des Olympischen Kongresses 2009 in Kopenha-gen zu beteiligen. Auf der Suche nach Denkanstößen undVorschlägen setzte das IOC also auf digitale Medien unddamit auf neue Formen der verbandspolitischen Entschei-dungsvorbereitung. Inwiefern der virtuelle Olympische Kon-gress als Instrument einer wissensbasierten Entwicklung derOlympischen Bewegung umgesetzt wurde, steht im Mittel-punkt der folgenden Überlegungen.

Für den virtuellen Kongress legte das IOC fünf zentrale Pro-blemfelder mit jeweils drei Unterthemen fest, die auch fürden Olympischen Kongress 2009 in Kopenhagen kennzeich-nend sein werden:

. Thema 1 "Die Sportler": (a) Verhältnis von Athleten zuVereinen, Verbänden und NOKs, (b) Gesundheitsvorsorge inTraining und Wettkampf, (c) Soziale und berufliche Bedin-

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Der virtuelle Olympische Kongress:Zeitgemäßer Wegweiser oderInstrument der Machterhaltung imWeltsport? Von Marcel Fahrner

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gungen für Hochleistungssportler während und nach ihrerLeistungssportkarriere.

. Thema 2 "Olympische Spiele": (a) Wie können die Olympi-schen Spiele ihren Status als besonders herausragendesEvent behalten? (b) Olympische Werte, (c) Universalität undEntwicklungsländer.

. Thema 3 "Die Struktur der Olympischen Bewegung": (a)Autonomie der Olympischen Bewegung, (b) Gute sportpoli-tische Führung/Steuerung und Ethik/Moral, (c) Beziehungenzwischen Olympischer Bewegung und ihren Interessen-gruppen.

. Thema 4 "Olympismus und Jugend": (a)Entwicklung einer aktiven Gesellschaft, (b) IstLeistungssport noch attraktiv? (c) Jugend-sport-Events.

. Thema 5 "Die digitale Revolution": (a) Einneues Management von Sportrechten, (b) Wielässt sich das Sportpublikum vergrößern? (c)Kommunikation mit Interessengruppen imDigitalzeitalter.

Nach einmaliger Online-Anmeldung über dieKongress-Homepage konnte von Oktober 2007bis Februar 2009 weltweit jeder Interessierte inEnglisch oder Französisch Beiträge (à 1.000Wörter) zu zwei der fünf Themen einreichen.Auf diese Weise sollten möglichst umfassendeGelegenheiten geschaffen werden, neue Ideenund Lösungsalternativen für die zentralen Herausforderungender Olympischen Bewegung zusammenzutragen. Das imWeltsport vorhandene Expertenwissen sollte systematischoffen gelegt und dokumentiert werden, um es zukünftigunabhängig von konkreten Einzelpersonen in Entscheidungs-prozessen der Olympischen Bewegung nutzen zu können.

Auf dem Olympischen Kongress in Kopenhagen werden diesefünf Themen und 15 Unterthemen diskutiert. Dabei stehen fürjedes Thema 180 Minuten zur Verfügung: 30 Minuten füreinen Hauptredner, gefolgt von jeweils 15-minütigen State-ments eines Vertreters von IOC, NOK und InternationalenFachverbänden sowie einem 15-minütigen Beitrag entwedereines Athletenvertreters, eines Vertreters von Organisationsko-mitees Olympischer Spiele (OCOG) oder eines Medienvertreters.Nach 15 Minuten Pause wird dann jedes der drei Unterthemenin getrennten Parallelsitzungen diskutiert. Für die Diskussionder Unterthemen ist eine 10-minütige Einleitung durch einenModerator vorgesehen, gefolgt von einem jeweils fünfminüti-gen Statement eines Vertreters von IOC, NOK und eines Inter-nationalen Fachverbands. Daran anschließend ist ein Beitragvon fünf Minuten entweder eines Athletenvertreters, eines

OCOG-Vertreters oder eines Medienvertreters geplant. Demfolgt eine 45-minütige Diskussion. Wie bei den vorangegange-nen Olympischen Kongressen dürfte dieses starre Reglementspontane Wortmeldungen und offene Diskussionen überProblemsichten und Standpunkte erschweren.

Betrachtet man die Regelungen für den virtuellen Kongress,ist hier jedoch zumindest Skepsis angebracht, ob die inten-dierten Chancen dieses Verfahrens in der praktischen Umset-zung gewahrt wurden. Denn die eingereichten Beiträgewaren erst nach einer redaktionellen Bearbeitung durch dieKongress-Redaktionskommission des IOC im Kongress-Extra-net für die angemeldeten Teilnehmer einsehbar. Eine gemein-

schaftliche Beitragserstellung seitens der registrierten Perso-nen war somit praktisch ausgeschlossen. Nach Möglichkeitwäre aber gerade eine kommunikative Bezugnahme undVerknüpfung der eingereichten Beiträge zu fördern. DennHinzufügungen oder Modifizierungen und dadurch in Ganggesetzte "Meta-Diskussionen" können besondere Chancenbieten, z. B. die Heterogenität von Problemsichten und dieKontingenz von Entscheidungen im Weltsport beobachtbarzu machen. Um dies gewährleisten zu können, wären mit denschriftlichen Beiträgen zum virtuellen Kongress allerdingsjeweils auch situative Hintergründe und Erfahrungskontextezu dokumentieren gewesen. Die Verfasser hätten aufzeigenmüssen, was sie zu ihren Problembewertungen führt und wiesie zu ihren Einschätzungen kommen. Eine solche Führungder schriftlichen Beiträge, etwa durch einheitliche Formulare,fehlte jedoch. Deshalb ist es naheliegend, dass über diesesVerfahren vor allem persönlich Wünschenswertes zusammen-getragen wurde, ohne jeweils den Begründungszusammen-hang offen zu legen und transparent zu machen.

Dabei ist kaum anzunehmen, dass Erfahrungen und Positio-nen im internationalen Sport ohne weiteres miteinander

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kompatibel sind. Beispielsweise können geografische, finan-zielle oder personelle Unterschiede dazu führen, dass zubestimmten Themen in den olympischen Sportorganisationenunterschiedliche Problemsichten existieren - etwa zwischenEinzel- und Mannschaftssportarten, zwischen medienattrakti-ven Disziplinen und "Randsportarten" oder zwischen europäi-schen, afrikanischen und asiatischen Sportverbänden. Mögli-cherweise hält man nicht einmal überall die fünf vom IOCgewählten Themen für die zentralen Problemfelder undHerausforderungen. Gerade hierin könnte also eine besondereLeistung des virtuellen Kongresses liegen: diese unterschiedli-chen Perspektiven offen zu legen und zu beschreiben.

Ein wenig transparenter, Top-down-gesteuerter Umgang miteingereichten Beiträgen ermöglicht ferner eine Verfahrens-steuerung durch verbandspolitisch privilegierte Interessen-gruppen - was sich letztlich auch negativ auf die Motivationzur Teilnahme an Verfahren wie dem virtuellen Kongressauswirken kann. Deshalb bleibt fraglich, ob die mit demvirtuellen Olympischen Kongress angestrebten Austauschpro-zesse in gewünschter Form in Gang gebracht und die Olympi-sche Bewegung ausreichend mobilisiert wurde. Dabei ist auchzu berücksichtigen, dass Experten des internationalen Sportsvon sich aus nur selten bereit sind, ihr Wissen offenzulegen,systematisch erfassen zu lassen und damit personenunab-hängig nutzbar zu machen. Denn oftmals kann ja gerade dieGeheimhaltung exklusiven Wissens bestimmte Machtpositio-nen erhalten oder stärken. Austauschprozesse von Informati-on lassen sich zu diesem Zweck in vielfältiger Art und je nachEigeninteressen beeinflussen.

Um notwendige Motivation und Offenheit von hauptberufli-chen Mitarbeitern wie ehrenamtlichen Funktionären derOlympischen Bewegung zu fördern und es damit wahrschein-licher zu machen, dass sie sich an Verfahren wie dem virtuel-len Kongresses aktiv beteiligen, müssten diese Expertenbeispielsweise darauf vertrauen können, mit ihren Beiträgenfür den virtuellen Kongress in der Olympischen Bewegungoder ihren Sportorganisationen persönlichen Imagegewinn zuerlangen. Dies scheint ebenso fraglich, wie dass die Beiträgezum virtuellen Kongress ehrenamtliche oder berufliche Kar-rieren ihrer Autoren im olympischen Sport befördern könn-ten. Auch waren mit der Einreichung von Beiträgen keinefinanziellen Prämien für die Verfasser verbunden. Undschließlich muss an dieser Stelle offen bleiben, inwiefernMitarbeiter der Sportverbände über formalen Zwang, z. B. perDienstanweisungen zur aktiven Mitwirkung am virtuellenKongress verpflichtet waren.

Doch ungeachtet dieses nicht über alle Zweifel erhabenenVerfahrens ermöglichen die schriftlichen Kongressbeiträge derOlympischen Bewegung wichtige überindividuelle Gedächt-nisfunktion. Die im Rahmen des virtuellen OlympischenKongresses gesammelten Wissensbestände können somit der

Olympischen Bewegung grundsätzlich als wichtige Entschei-dungsgrundlage dienen und einen wesentlichen Beitrag zurLösung zentraler Probleme des olympischen Sports beitragen.Besondere Relevanz erhalten die auf diesem Weg zusammen-geführten Informationen jedoch erst dann, wenn sie inEntscheidungen der internationalen Sportverbände überführtund entsprechend kommuniziert werden. Dass dies nichtselbstverständlich gelingt, ist in Organisationen allerdingsimmer wieder zu beobachten.

Die Reflexion aktueller Probleme und Herausforderungen desolympischen Sports, ihrer Ursachen und möglicher Lösungenist für die Olympische Bewegung sehr bedeutsam. Dabei kannder virtuelle Olympische Kongress als wegweisend angesehenwerden, da er grundsätzlich neue Formen der Öffentlichkeitermöglicht und damit Bedingungen schafft, neue Ideen,alternative Sichtweisen und unterschiedliche Problemwahr-nehmungen in der Olympischen Bewegung offen zu legenund zu erfassen.

Da digitale Medien im globalen Maßstab mit vielfältigensozialen, sprachlichen, kulturellen und technischen Barrierenkonfrontiert sind, könnten für die Erfassung neuer Ideen undalternativer Problemlösungen zukünftig weitere Maßnahmenund Instrumente sinnvoll sein. Beispielsweise ließen sichdezentrale Wissensbestände der Olympischen Bewegung auchin einem weltweiten Bottom-up-Prozess erschließen, etwaindem internationale Teams mittels Interviews und Beobach-tungen vor Ort relevante Informationen sammeln.

Angesichts der Komplexität aktueller Fragestellungen dürfteder eingeschlagene Weg einer verstärkten Wissensbasierungin der sportpolitischen Arbeit der Olympischen Bewegunglangfristig ohne Alternative sein. Jedoch ist fraglich, inwie-fern in den internationalen Sportorganisationen bereitsnotwendige Anreizsysteme des Wissensmanagements existie-ren und funktionieren. Fehlen solche unterstützenden Verfah-rensregeln, kann aktiver Wissenstransfer im olympischenSport aber nicht gelingen. Verteilte Ideen und Erfahrungenlassen sich außerdem nur dann in verbandspolitische Ent-scheidungen überführen, wenn sie nicht zu sehr von tradier-ten Routinen und Beharrungskräften behindert werden. Inden etablierten Entscheidungsverfahren des Weltsports sindaber häufig Macht und Geld - und eher selten Wissen -bedeutsame Steuerungsmedien.

Gleichwohl gelingt es dem IOC über das innovative Instru-ment des virtuellen Kongresses, zentrale Umwelterwartungenin seine Diskussionen und Verfahren aufzunehmen und ingekonnter Form symbolisch zu bearbeiten. Auf diese Weisesichert sich das IOC nicht zuletzt seine Position und seineLegitimation als zentrale Instanz des Weltsports - und eröff-net sich damit den Zugang zu wichtigen materiellen undimmateriellen Ressourcen.

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itten in die Weltwirtschaftskrise und die Diskus-sion um korrupte Unternehmen, geldgierigeManager oder Banker und versagende Politiker

platzte die Meldung vom 94 Millionen Euro Transfer des Fuß-ballers Cristiano Ronaldo von Manchester United zu RealMadrid. Für den Portugiesen handelte der Spielerberater JorgeMendes die bisher höchste Ablösesumme für einen Fußballeraus. Doch damit nicht genug: Real im Einkaufsrausch holteaußerdem Kaka für 65 und Karim Benzema für 35 MillionenEuro ins Team. Und auch die Bayern ließen sich den StuttgarterStürmer Mario Gomez 30 Millionen (so die offizielle Summe)kosten.

Millionengeschäfte im Sport, speziell im Fußball, sind nicht neu.Seit Spielerberater (oder Sportlermanager), die viele als Men-schenhändler und Profitgeier einstufen, russische Oligarchen,arabische Prinzen, Showgrößen und Ölmagnaten Sportler undganze Mannschaften einkaufen, ist nicht nur der Fußballmarktaus den Fugen geraten. Die Summen, die einem da um dieOhren fliegen, sind atemberaubend: 2008 führte der Spitzen-verdiener der Golfer, Tiger Woods, die Liste mit 91 MillionenEuro an, gefolgt von seinem Kollegen Phil Michelson mit 49,5Millionen. Knapp dahinter der erste Fußballer: David Beckhammit 47,5 Millionen. Bemerkenswert an der Summe ist, dass derBrite diesen Betrag laut Fünf-Jahres-Vertrag alle zwölf Monatein der eher unterklassigen US-Fußball-Liga bezahlt bekommt.Basketballer Michael Jordan verdiente 35,5 Millionen - danehmen sich die 14,5 Millionen seines Kollegen Dirk Nowitzkials deutscher Spitzenverdiener schon fast bescheiden aus.

Auch Boxer Oscar de la Hoya mit 33 Millionen oder dieMotorradasse Valentino Rossi aus Italien (32 Millionen) und

Les Brown James aus den USA (31,6) gehören zu den Spitzen-verdienern. Der derzeit beste Tennisspieler, der SchweizerRoger Federer, konnte im letzten Jahr 27,5 Millionen Euroverbuchen und seine russische Kollegin Maria Scharapowa20,5 Millionen. Ihre Landsfrau, Stabhochspringerin YelenaIsinbayeva, beschied sich mit 2,5 Millionen und zum Ver-gleich: Biathletin Magdalena Neuner schaffte eine Millionund Gewichtheber Matthias Steiner - allgegenwärtig inGazetten - grade mal 70.000 Euro.

Exklusive und populäre Sportarten werden gerne von Spon-soren und Medien gefördert, da werden die Aushängeschilderals Werbeträger gut bezahlt. Zwei- oder gar Dreiklassenge-sellschaft ist angesagt, was auch auf den Konten von Athle-ten nicht zu übersehen ist. Selbst wenn ein Kanute ein Super-mann wäre - finanziell wird er es kaum zum mehrfachenMillionär bringen. Sein Sport: Kein Umsatz versprechenderWerbeträger! Leistung und Erfolg sind eben nicht gleichLeistung und Erfolg. Warum sollen Sportler und Sportlerinnennicht das große Geld machen? Künstler verdienen doch auchMillionen. Zum Beispiel machen die Popstars Madonna undJustin Timberlake als Spitzenverdiener 40 Millionen Euro, einDirigent und Klaviervirtuose wie Daniel Barenboim dagegenbescheidene fünf Millionen.

Ein Vergleich der Tätigkeitsfelder taugt nicht. Wer einenMann wie Zinedine Zidane in seinen besten Tagen auf demRasen zaubern sah, der war (und ist) beeindruckt. Wer Pava-rotti singen hört(e), ist ebenso fasziniert. Und wer vor einemGemälde eines Vincent van Gogh steht, der kann sichernachvollziehen, was an den Bildern so anziehend ist. Aberauch das Engagement von Mutter Teresa war bewunderns-

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wert. Also: Außergewöhnliches soll auch seinen Preis haben,aber stimmen denn heute noch die Relationen oder haben siejemals gestimmt?

Tennisspielerin Martina Navratilova wurde einmal gefragt, obsie die hohen Preisgelder bei Turnieren für gerechtfertigthielte. Im Prinzip schon, meinte sie, schließlich bringe manLeistung, sorge für Unterhaltung und habe auch ein Umfeld,das bezahlt werden müsse, "aber im Verhältnis zu anderenBerufen, wo es um große Verantwortung geht, sind wir danndoch wohl etwas überbezahlt". Hauptargument für die hohenSummen im Sport ist immer noch, dass der Beruf des Sport-lers nur in einer sehr kurzen Zeitspanne ausgeübt werdenkann und mit allerlei Risiken verbunden ist. Richtig: Diebiologische Uhr tickt, die Verletzungsanfälligkeit ist groß undkann schnell das Aus bedeuten.

Und so will nun jeder das Optimale für sich herausholen.Denn worum es bei den großen Sportereignissen - nicht nurOlympischen Spielen - mittlerweile geht, das haben diebeiden englischen Reporter Vyv Simson/Andrew Jennings inihrem 1992 erschienenen Buch "Geld, Macht und Doping" sobeschrieben: "Die Sieger der Olympischen Millionen-Spielestehen fest, lange bevor der erste Startschuss fällt. Ein Filzaus Sponsoring und Bestechung, Machenschaften und Mani-pulationen hat sich der schönsten Nebensache der Weltbemächtigt und das größte Sportereignis in eine Marketing-Show verwandelt."

So haben die Unterhaltungsware Sport und ihre Protagonis-ten ihren Preis - und geben vieles preis, wie ein Beispiel beider Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin zeigte. Der

Leichtathletikverband von Jamaika hatte eigentlich einigeSuperstars als disziplinarische Maßnahme gesperrt. DerInternationale Leichtathletikverband IAAF (und Sponsoren)setzten sich durch: Die Sperre wurde aufgehoben - weitereZuschauermagneten aus der Karibik sollten für Spannungsorgen. Geld regiert die Sportwelt, da werden dann Regelnschon mal über Bord geworfen. Von Funktionären und Athle-ten.

Sie stecken in einem System, das Leistung fordert, Leistungmit öffentlichen Mitteln fördert und belohnt und bei demLeistung sich für alle in Werbeverträgen und viel Geld nieder-schlagen kann. Der Idealfall ist: Man hat einen Sportler odereine Sportlerin, der/die überragende Leistungen bringt, nettaussieht und eine vorbildliche Art hat - kurz, als Vorbildtaugt. Wenn das Umfeld mitzieht, wenn dann auch fürsorgli-che Trainer und Manager agieren, wird die Symbiose auf Zeitklappen mit einem dicken Plus am Ende der Karriere für alle:Auf dem Bankkonto und in der Öffentlichkeit.

Doch das sind dann heute doch eher die Ausnahmen. Vieleder vermeintlichen Superstars sind oft schlechte Inszenierun-gen. Wer von David Beckham spricht, der hat kaum noch denFußballer im Blick: Er sieht ihn als Dressmann, Verramscheraller möglichen Produkte, als Karikatur seiner selbst - immerim Schlepptau seine peinliche Gattin Victoria. Der britischeFan liebt harte Kerle wie Wayne Rooney und verachtet Wer-be-Ikonen mit Chamäleon-Verhalten wie Beckham. Sind dievielen Euros diesen Preis wert? Offensichtlich schon. Warumstürzt sich Boris Becker, der für viele ein Idol war, nun selbstdurch sein permanent öffentlich zur "Piep"-Schau gestelltesPrivatleben vom verdient eroberten Sportpodest? Haben die

Die endlose Gewinnspirale ist auch im Sport keine unendliche GeschichteVon Bianka Schreiber-Rietig

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Heroen, die irgendwo an ihre körperlichen Grenzen gelangtsind, aber unbedingt weitermachen wollen und müssen -nicht nur aus Prestige-, sondern auch aus finanziellen Grün-den - wirklich einen Platz in der Hall of Fame verdient? Sie,die dann nicht selten zu illegalen Mitteln greifen, umUnsterblichkeit zu erlangen? Ist es ein Werbevertrag wert, alsBetrüger und Lügner entlarvt zu werden? "Es lastete einunheimlicher Druck auf mir, jeder bedrängte mich underzählte mir, was ein Olympiasieg für die Leute um michherum, mich selbst und meine Familie bedeuten würde",versuchte der Sprinter Ben Johnson seinen Sündenfall vonSeoul 1988 zu erklären, wo er erst gefeiert und dann ausge-stoßen wurde.

"Die Aussicht auf viel Geld und soziales Ansehen treibt nichtnur Funktionäre und Betreuer an, Karrieren mit allen Mittelnnach vorne zu treiben, sondern auch Väter und Mütter",beklagte ein Kinderpsychologe, der sich mit jugendlichen"Sportopfern" beschäftigte, in einer US-amerikanischenTalkrunde. "Für eine Handvoll Dollar locken Sie heute keinenJugendspieler mehr in ein Team. Da muss schon ein Gesamt-paket vorliegen: Studienplatz, Auto, Wohnung, Gehalt undPrämien. Dafür sind dann alle bereit, alles mitzumachen." Der

Druck und die gegenseitige Erwartungshaltung steigertensich mit wachsendem Erfolg - und wenn dieser ausbliebe,dann nehme man auch ein "unmoralisches Angebot" an, washeißt: Pharmaindustrie und Medizin werden gerne als ver-steckte Helfer akzeptiert.

Das System funktioniert dank vieler beteiligter Rädchen, dieam liebsten nur Supermenschen mit Rekordleistungen zurGewinnmaximierung am Start sehen wollen. Manchmalgelingt es - wie mit dem Jamaikaner Usain Bolt, den mantrotz aller Fragezeichen hinter seinen Rekordleistungen alsden unbeschwerten, talentierten und mit körperlich idealenVoraussetzungen bedachten Athleten-Typ beschreiben könn-te. Manche anderen Sportler wirken eher als "SterblicheMaschinen", die der US-amerikanische Autor John Hober-mann in seinem gleichnamigen Buch schildert: "Der Hoch-leistungssport ist zu einem Experiment am Menschen gewor-den, mit dem Ziel, den menschlichen Körper in eine effektive,robuste und ausdauernde Maschine zu verwandeln."

Das Bild vom idealen Körper, der das "citius, altius, fortius"locker und grenzenlos erfüllen kann - stellvertretend für unsalle. Früher waren edle Ritter auf weißen Rössern und Prinzes-

sinnen die Märchenfiguren, die unsere Träumeverkörperten, heute eben gestylte, ausgeflipptePopikonen oder hochgepuschte Sportakteure, diegerne auch peppig-locker rüber kommen wollen.Dieses Showelement haben manche Athletenübernommen. Haben sie früher gerne Distanz zuMedien gehalten, suchen sie heute nicht seltenselbst Kontakt, ziehen sich mal für den Playboy ausoder laden die Yellow Press zu Homestories ein undwerben plötzlich für die Bildzeitung, um positiv imGespräch zu bleiben. Denn jeder weiß, wie mächtigMedien sind: mit Nicht-Erwähnung oder üblenSchlagzeilen kann eine Karriere schnell zu Endesein. Adieu Werbeverträge, adieu Millionen...

Bundespräsident Horst Köhler hat angesichts derKrise zur "Rückbesinnung auf die eigentlichenAufgaben und Werte" aufgefordert. Im Hochleis-tungssportgeschäft scheint das nicht angekom-men zu sein, wie die Beispiele zeigen. Oder nurdann, wenn sich Sponsoren wie BMW oder Merce-des, von der Krise geschüttelt, zurückziehen, weilMillionen-Investitionen für die Formel 1 undgleichzeitige Entlassung von Belegschaft öffentlichnicht gut vermittelbar sind.

Krise und Reflexion im Sport - Fehlanzeige: VieleSportfunktionäre und auch nicht wenige Athletenglauben immer noch, dass der Sport eine unendli-che Geschichte schreibt mit einer endlosenGewinnspirale. Doch zu welchem Preis?

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28 OF-KOF-KOMMENTOMMENTAREARE

Das olympische Fußball-Problemit der bevorstehenden Aufnahme von Golf und Rugbymit Siebenermannschaften scheint IOC-Präsident

Jacques Rogge ein wesentliches Problem der Programmge-staltung Olympischer Spiele gelöst zu haben. Demnach wer-den bei den Sommerspielen 2016 wieder 28 Sportartenvertreten sein. Mit Geschick hatte Rogge die Vollversamm-lung um ihre Kompetenz, allein über neue Sportarten zubestimmen, teilenteignet und ihr dabei das Zugeständniseines Vorschlagsrechts durch das Exekutivkomitee abgerun-gen. Würde das olympische Parlament der Empfehlung seinerRegierung bei der Session Anfang Oktober in Kopenhagennicht folgen, wäre das vor allem eine Desavouierung vonRogge. Dies werden die Olympier dem 67 Jahre alten Belgiernicht antun wollen. Er müsste sonst arg geschwächt in seineletzte, 2013 endende Amtszeit gehen.

Dennoch bleibt eine wesentliche Programmfrage offen. Es istdie Frage, welche Rolle der Fußball künftig olympisch spielensoll und ob überhaupt. Der Fußball, so wie er bisher beiSommerspielen aufgetreten ist, wirkt als Anachronismus. DasIOC versteht Olympia als Treffen der Besten, schon alleindeshalb, um seine Spiele besser vermarkten zu können. KobeBryant bei den Basketballern, Roger Federer bei den Tennis-spielern, Usain Bolt bei den Leichtathleten und künftig TigerWoods bei den Golfern - ohne diese Zugnummern würde dasGeschäft mit den Fernsehrechten nicht florieren.

Doch es gibt mit dem Welt-Fußballverband FIFA eine mächti-ge Organisation, die mit ihren Besten ihr eigenes großesGeschäft macht, und das exklusiv. Würde sie ihre Stars an denKonkurrenten IOC "verleasen", würde ihr eigenes Geschäfts-modell stark an Wert verlieren. Aus diesem Interessenskonfliktentstanden faule Kompromisse. Faul vor allem für das IOC,das sogar Verletzungen seiner Regeln hinnehmen musste.Zwar erlaubte die FIFA ab 1984 die Teilnahme von Profis, ließfür Olympia aber nur solche Spieler zu, die noch nicht anWM-Qualifikationen oder Weltmeisterschaften teilgenommenhatten. Seit 1992 hat die FIFA dem IOC die Bestimmungaufgezwungen, dass nur noch U-23-Teams teilnehmen kön-nen, verstärkt durch maximal drei ältere Spieler. Eine Alters-begrenzung nach oben geben die IOC-Regeln nicht her.

FIFA-Präsident Joseph Blatter, der als neues IOC-Mitglied1999 geloben musste, alles zu tun, was dem IOC nutzt undfrommt, möchte die Teilnahmebedingungen seiner Fußballernoch weiter einschränken. Deshalb die öffentlichen Absichts-erklärungen, nur noch U-21-Teams abzustellen oder aberMannschaften ohne Alterslimit, in denen kein Spieler seindarf, der schon einmal an einer Weltmeisterschaft teilgenom-men hat. Das hat selbst beim duldsamen Rogge eine öffentli-che Unmutserklärung ausgelöst. "Ich bin nicht sein Boss, der

ihm sagt was er zu tun hat", ließ der IOC-Präsident verneh-men mit der Zusatzaufforderung an den Weltverband: "MeineHerren, bitte entscheidet euch."

Vielleicht gibt der deutsche Fußball-Präsident Theo Zwanzi-ger einen Hinweis, wie die Entscheidung ausfallen könnte.Als Exekutiv-Mitglied des Europa-Verbandes spricht er von"Strömungen innerhalb der UEFA, auf eine Olympia-Teilnah-me im Männer-Bereich ganz zu verzichten". Ein solcherVerzicht wäre ehrenwert, anderenfalls könnte Roggegezwungen sein, ein Machtwort zu sprechen, jedenfallsdrängen ihn einflussreiche IOC-Mitglieder dazu: Fußballer-Teilnahme nur zu IOC-Bedingungen. Der Fußball bliebe aufjeden Fall olympisch präsent über die Fußballerinnen. IhrAlleinstellungsmerkmal würde eine Aufwertung bedeuten,die sogar Blatters FIFA gefallen müsste. Das IOC wäre seinemQuotenziel eines olympischen Pari-Anteils der Geschlechternoch näher gekommen. Und über den Ausschluss einesWettbewerbs könnte das IOC- Exekutivkomitee sogar auseigener Vollmacht entscheiden.

Günter Deister

Absurder Siegespokerber ja doch, in aller Welt wird schon wieder an derVerteilung der Olympiamedaillen 2012 gearbeitet. Drei

Jahre bevor es losgeht an der Themse. Im Land von ElizabethWindsor päppeln sie die britischen Sportler pfundweise mitLotteriemillionen, damit es ein erfolgreiches Heimspiel wird.Die USA forcieren das "project 30" der Leichtathleten undzurren so die Medaillenzahl für London frühzeitig fest. InRussland nimmt man sich nun endlich ernsthaft der Doping-bekämpfung an, um nicht wieder aussichtsreiche Medaillen-kandidatinnen auf die Strafbank schicken zu müssen. Undauch der deutsche Sport bastelt eifrig daran, den Medaillen-schwund nach 1992 endlich zu stoppen.

Bevor nun das Fell des Bären verteilt wird, ehe der Bär erlegtist, müsste allerdings erstmal die Situation bereinigt werden,die sich aus der Medaillenvergabe der Spiele 2000 ergibt.Sagt zumindest der gesunde Menschenverstand. Die istnämlich auch im neunten Jahr nach Sydney nicht abge-schlossen. In fünf Disziplinen der Leichtathletik weiß maninzwischen wohl, wer was verloren - die 2007 nachträglichwegen Dopings disqualifizierte Marion Jones -, indessennicht, wer nun was gewonnen hat.

Richtig, wäre die Geschichte nicht ebenso verzwickt wieheikel, hätte sie das IOC längst vom Tisch. Aber was ist heut-zutage schon einfach im Spitzensport? Ein garantiert ein-wandfrei ermitteltes sportliches Ranking und hundertprozen-

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29OF-KOF-KOMMENTOMMENTAREARE

tig korrekte Dopinganalysen ergeben erst dann ein finalesErgebnis, wenn auch die Juristen kein Haar mehr in der vomKommerz angedickten Suppe gefunden haben. Und dieMedaillencausa 2000 lappt nun mal ins Hochjuristische - undfolglich ins Hochpekuniäre. Und da ist Vorsicht geboten, willman beispielsweise als Verband nicht plötzlich den Insolvenz-richter bitten müssen.

Fakt ist: Das IOC will das Jones aberkannte 100-m-Gold vonSydney nicht einfach an die Zweite, Katerina Thanou ausGriechenland, weiterreichen. Und auch die Umverteilung derMedaillen in vier weiteren Bewerben mit Jones-Beteiligung,inklusive zweier Staffeln, hat noch nicht offiziell stattgefun-den. Das Problem ist die griechische Dame und ihr Ruf. Derfreilich nahm offiziell erst weit nach Sydney durch Verletzun-gen der Dopingregeln Schaden. Daraus ergibt sich die Zwick-mühle für das IOC: Darf es Thanou das Jones-Gold vorenthal-ten, weil dumpfe Zweifel an der Unbescholtenheit der Grie-chin schon immer existieren und der öffentliche Protestgegen halbherzigen Antidopingkampf zu befürchten ist?Andererseits: Der Weltverband der Leichtathleten überließThanou aus Mangel an juristischen Argumenten die Jones-Medaille der WM 2001.

Guter Rat wurde noch teurer, als die griechische Seite indiesem Sommer einen vom IOC angebotenen Deal abgelehnthat: Sydney-Gold gegen das Eingeständnis, die OlympischeBewegung 2004 in Athen durch unakzeptables Verhalten -man erinnert sich: Motorradflucht vor Dopingkontrolleurenmit vermutlich getürktem Unfall - in Misskredit gebracht zuhaben. Dass Thanou eiskalt kontern würde, musste befürchtetwerden: Sie will Gold oder Geld. Eine Millionenklage gegendas IOC sei vorbereitet und wird wohl auch eingereicht wer-den, wenn ein griechisches Zivilgericht die Sprinterin imNovember vom Vorwurf des Fehlverhaltens in der Motorrad-geschichte freisprechen sollte.

Wie lange die Farce so weitergeht? Man wird ja wohl nochfragen dürfen. Es lebe der Sport, der olympische!

Michael Gernandt

Wasserstandsmeldungenie Sensationen der Moderne wollen richtig eingeordnetund bewertet sein. Oftmals lässt diese Bewertung aber

zu wünschen übrig. Nehmen wir das Beispiel Schwimmen.Wer hier nach dem aktuellen Nonplusultra öffentlicher Wahr-nehmung fragte, der wurde mit Rekorden auf der Basishochleistungssportlicher Materialschlachten konfrontiert. Einneuer Schwimmanzug ermöglichte Fabelzeiten und Traumer-gebnisse. Und das Mediengetöse war entsprechend.

Dagegen nahmen Wasserstandsmeldungen, die die eigentli-che Sensation darstellen, nur eine bescheidene Randpositionein. Pünktlich zu Beginn der Sommersaison wurde verkündet,dass sich die Gewässerqualität in Deutschland und Europaerheblich verbessert hat. EU-Kommission und EuropäischeUmweltagentur bescheinigten: Flüsse, Seen und Küstenpräsentieren sich hochprozentig sauber und laden zu unge-trübtem Badespaß, solange es die Temperatur erlaubt. EineEntwicklung, die noch vor wenigen Jahren angesichts allzuvieler Kloaken in der freien Natur als utopisch erschien. Aufnationaler Ebene hat beispielsweise auch der organisierteSport dieses Umweltdesaster frühzeitig erkannt und benanntund in verbandspolitischen Aufgabenkatalogen weit nachvorne gerückt. Bereits in den 1970er-Jahren machte etwa dieDeutsche Sportjugend mit Umweltaktivitäten öffentlichkeits-wirksam Furore.

Jetzt also dauerhaft "Wasser marsch" ohne Reue? Nur weilaus trüber Brühe weitgehend klares Nass geworden ist, sindnatürlich nicht sämtliche Baderisiken ausgeschlossen. DieDeutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) weist imGegenteil sogar auf eine Ausweitung der Gefährdung hin,weil mehr Badegelegenheiten die Sicherheitsproblematikerhöhen. Auch im sauberen Wasser kann man ertrinken, sodie DLRG. Zigtausende Rettungsschwimmer leisten zwarMillionen von Stunden ehrenamtlichen Wachdienst pro Jahrmit bemerkenswerter Erfolgsquote, aber eine wachsende Zahlunbewachter Gewässer lässt auch die Risiken steigen. MitNachdruck weist die DLRG gerade in ihrer neuesten Öffent-lichkeitskampagne Gesetzgeber und Behörden von der Bun-desebene bis zur kommunalen Basis auf den großen Nachhol-bedarf bei Sicherheitsstandards hin. Gefahren erkannt, abernoch längst nicht gebannt - vor allem auch, wenn man diebesondere Nichtschwimmer-Problematik mit sträflichenVersäumnissen im Kindes- und Jugendalter hinzurechnet.

Auslaufende Badesaison 2009: Gute Wasserqualität für Mil-lionen Schwimmbegeisterte und Sorgen um die Sicherheithielten sich wohl die Waage. Der rekordverdächtigeSchwimmanzug für die wenigen Spitzencracks erscheint danachträglich als Randnotiz. Bis zur nächsten Schieflage in deröffentlichen Bewertung von Sensationen…

Harald Pieper

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Britta Heidemann

Olympiasiegerin 2008 im Degenfechten

12. Leichtathletik-Weltmeisterschaften

Berlin 200931

Der Genesungsprozessder Königssportart macht

FortschritteVon Michael Gernandt

tephanie Brown Trafton, 29, hat zugegeben, beimerstmaligen Betreten des Berliner Olympiastadionsdoch ein wenig verstört gewesen zu sein. "All die

Säulen und Steinblöcke, sie sind Furcht einflößend." Spontanwar der amerikanischen Olympiasiegerin von 2008 im Diskus-wurf der Landsmann Jesse Owens in den Sinn gekommen, indessen Namen die US-Mannschaft bei der Weltmeisterschaftder Leichtathleten im vergangenen Monat den Wettstreit umdie Medaillen aufgenommen hatte. Sie könne sich jetztvorstellen, "wie Jesse sich gefühlt haben muss, als er in diesesStadion kam und das auch noch in einer Situation, in der dieMenschen ihm nicht unbedingt die Daumen drückten".

Es gilt indessen als verbürgt, dass die Amerikanerin mit demhohen Wurfpotenzial im Verlauf der WM nicht weiter vondunklen Gedanken heimgesucht worden ist. Spätestens beider Siegerehrung für den Weitsprung der Männer müssen sieverflogen gewesen sein. Diese Verleihung der Medaillen warauf Initiative der Berliner Veranstalter von den Enkelinnendes wegen seiner Rasse von den Nationalsozialisten verhöhn-ten, vierfachen Olympiasiegers von Berlin 1936, Jesse Owens,und seines deutschen Gegners und Freunds Lutz Long vorge-nommen worden. Brown Traftons neues Deutschlandbild war

nun scharf konturiert. Die locker-gelöste, immer friedlich-aufgeschlossene Atmosphäre im Stadion mag ihr eine Hilfegewesen sein.

Schon zum fünften Mal - nach den Olympischen Spielen1972, den Weltmeisterschaften 1993 und den Europameister-schaften 1986 und 2002 - leisteten demnach deutscheSportfreunde bei einem internationalen Championat derLeichtathletik mit ihrem ausgeprägten Verständnis für einfaires Miteinander den am Ende wertvollsten Beitrag desMeetings. Sie haben bei aller berechtigten, nie ausuferndenBegeisterung über die Leistungen eigener Athleten die Wür-digung der sportlichen Rivalen aus dem Ausland und ihrerErgebnisse nie aus den Augen verloren. So empfand BlankaVlasic, die anfangs skeptische kroatische Gegenspielerin undBezwingerin der deutschen Hochsprung-Favoritin ArianeFriedrich, den ihr zuteil gewordenen Beifall wie ein Wunder."Die beste Leistung", urteilte der Berliner "Tagesspiegel", habedas Publikum gezeigt - "ganz ohne Aufputschmittel". 1993hatte das IOC die schwäbischen Fans ob ihrer Fairness bei derStuttgart-WM mit einem Pokal ausgezeichnet. Die Herren derRinge sollten sich bei den Berlinern in ähnlicher Weisebedanken.

Die Erinnerung an diesen Aspekt der WM wird fraglos langehaften bleiben. Andere bedürfen erst noch der Klärung, bevorman sie als zukunftstauglichen Wert begreifen kann. Da stehtan erster Stelle die spannende Frage: Wie geht die deutscheLeichtathletik, die nach dem historisch schlechtestenAbschneiden 2008 in Peking die beste Bilanz seit 1999/2001registrieren durfte (neun Medaillen, 5. Platz in der Nationen-wertung) mit dem Berliner Hoch um und mit dem Zuwachsan TV-Quoten aus der Gruppe der 15- bis 49-Jährigen? Wennkein Heimvorteil mehr jedweden Rückenwind verursacht,Alltag wieder einzieht im Jahr 2010 ohne globales Champio-nat (nur eine EM in Barcelona), wenn die WM 2011 inschwierigem Terrain (Korea) vonstatten geht und für Olympia2012 in London die internationale Konkurrenz die Ärmelhöher krempelt als im Jahr nach Olympia 2008. Die deutscheLeichtathletik, hat Ehrenpräsident Helmut Digel im Interviewmit dem "Olympischen Feuer" festgestellt, bewege sich ineinem ständigen Auf und Ab. Tatsächlich folgte auf die vielgelobte Heim-WM 1993 zwei Jahre später ein Tief, von demman sich erst 1999/2001 erholt hatte - um 2003/2004 aber-mals einzubrechen.

Denkbar ist allerdings auch: Die nach Olympia 2004 vomdamaligen Cheftrainer und nun als Sportdirektor in denRuhestand zu verabschiedenden Jürgen Mallow ("Ich wusstedoch, dass die deutsche Leichtathleten besser sind als ihrRuf") in Angriff genommene Reform der Leistungsorganisati-on für das Nationalteam festigt sich erst jetzt; in Verbindungmit dem in Berlin vollzogenen Generationenwechsel führt siegar zu selteneren negativen Ausschlägen der Leistungskurve.

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Was eher noch wichtiger ist: Dass die Recht bekommen, dieder Leichtathletik nun mehr gesellschaftliche Bedeutungattestieren wollen (wofür allgegenwärtige A-Promis und imWahlkampf stehende Politiker bei WM-Parties noch langekein Indiz sind), oder die WM als "eine Initialzündung fürunsere Sportart in Deutschland" (DLV-Präsident ClemensProkop) empfunden haben. Der deutsche Verband DLV wirdgut beraten sein, um Wiedervorlage zu bitten: Es geht umVersprechungen all der Schulterklopfer, die ihm während derBerliner Tage schön getan haben. Denn nur mit bessererFinanzausstattung des Verbands, verbesserter sozialer Absi-cherung seiner Elite und frischer Hilfe für die weltweit über-aus erfolgreichen Nachwuchskader bei deren Planung vonSportkarriere und Beruf, einer Hilfe, die nicht nur auf demPapier stehen darf, lässt sich das seit Berlin auf dem Ambosliegende glühende Eisen schmieden.

Nicht unverstellt ist zudem der Blick auf die internationaleLeichtathletik. Sie ringt, das war in Berlin unverkennbar, aufdiversen Feldern (u.a. weiße Flecken auf der Weltkarte derDopingbekämpfung, unzeitgemäße Präsentationsformate derWettkämpfe) um die richtigen Mittel, die zur Genesung einesseit geraumer Zeit zu beobachtenden Leidens mit NamenImage- und Akzeptanzverlust bei jungen, am Sport interes-sierten Menschen beitragen sollen. Der britische Vizepräsidentdes Weltverbands IAAF, Cheforganisator der Londoner Spiele2012 und ehemalige 800-m-Weltrekordler Sebastian Coe hatin einem Gespräch mit der "Berliner Zeitung" die Leichtathle-tik-Führung ermahnt, sie müsse "kreativer werden und mehrKraft auf zeitgenössische Darstellungsformen verwenden". Als"größte Herausforderung" für die IAAF erkannte er jedoch:"Dass wir den fundamentalen Wandel in der sozialen Wirk-lichkeit junger Menschen verstehen. Wir müssen die Jugendaus der Virtualität in die Realität zurückholen."

Dass sie diesen schwierigen Prozess des Weglotsens derJugend von der Spielkonsole vor allem mit Unterstützung desLaufwunders aus der Karibik, Usain Bolt, vorantreiben wollen,daraus machen die IAAF und der alte Mann an ihrer Spitze,der 76-jährige, 2011 (!) zur Wiederwahl bereite SenegaleseLamine Diack, keinen Hehl. Bolt spielt ihnen in die Karten,vermittelt er doch den Eindruck, selbst "eine Figur aus einemComputerspiel" (US-Rivale Darvis Patton) zu sein. Ob derIAAF-Führung mit dem Dreifachmeister und Eroberer vonUtopia im Sprint als Königsfigur der richtige Zug auf demSchachbrett des Weltsports gelingt, muss sich allerdings erstnoch erweisen. Was, wenn nur eine Sicherung durchbrennt,wie bei der zweiten Galionsfigur der IAAF, der russischenWeltrekordlerin im Stabhochsprung, Jelena Isinbajewa? Siemusste Berlin nach drei Fehlversuchen an einer arroganthoch gewählten Anfangshöhe mit leeren Händen verlassen.

Bolts Auftritt in Berlin hat ja beileibe nicht nur uneinge-schränkten Jubel ausgelöst (der war wohl gewaltig, gleich-

wohl nicht mehr vom ekstatischen Ausmaß wie 2008 inPeking); auch die Skepsis einer nicht zu unterschätzenden,fachlich versierten Minderheit erhielt in Anbetracht deszweiten Vorstoßes in schier unmenschliche Bereiche neueNahrung. Welcher Natur ist die Antriebskraft des Mannes ausder Karibik? Heilsbringer oder Katalysator der Glaubwürdig-keitskrise, Ikone der Werbung oder Ikone des Zweifels?Glücksfall aus der Sicht des Marketing oder Spalter derGenerationen? Ältere Freunde der Leichtathletik wollen nichtbegreifen, dass mit pubertärem Herumgealbere à la Bolt derKnoten zerschlagen werden kann, junge Konsumenten emp-finden derlei als "endgeil", weil sie von den Protagonisten desmodernen TV-Entertainments nichts anderes gewohnt sind.

So gesehen darf man gespannt sein, wer demnächst wiederzur Leichtathletik geht oder sich ihre Feste via Fernsehen insWohnzimmer holt - sofern das elektronische Medium endlichwieder Interesse zeigt auch am leichtathletischen Alltag. Undder hat bekanntlich am Tag nach dem letzten Finale imOlympiastadion begonnen.

BERLINER TAGEBUCHAm Anfang ein Paulus-Zitat, am Endeeine Aufforderung: "Lasset uns beten,

dass Usain clean ist"Von Günter Deister

Donnerstag, 13. AugustEin ökumenischer Gottesdienst im Deutschen Dom als WM-Ouvertüre. Eine fröhliche Gemeinde aus Sportlern, Leichtath-letik-Anhängern und Touristen klatscht zuweilen Beifall, eswird mehrsprachig gebetet, gesungen und auch gelacht.Bischof Wolfgang Huber bezeichnet die Weltmeisterschaft als"Raum zur Begegnung", zwanzig Jahre nach dem Mauerfallgehöre die WM "zu den großen Akzenten" der Einheitsfeiern.Und Huber zitiert aus dem ersten Brief Paulus an die Korin-ther: "Wisst ihr nicht, dass die, die in der Kampfbahn laufen,die laufen alle, aber einer empfängt den Siegerpreis? Lauft so,

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I M P R E S S I O N E N

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dass ihr ihn erlangt. Jeder aber, der kämpft, enthält sich allerDinge; jene nun, damit sie einen vergänglichen Kranz emp-fangen, wir aber einen unvergänglichen." Offene Fragen zueinem theologischen Diskurs können an 25 akkreditierteSeelsorger gerichtet werden, die den WM-Athleten als geistli-che WM-Dienstleister zur Verfügung stehen. Die für dasMonetäre zuständige Industriebank Berlin rechnet aus, dassdie WM ein zusätzliches Inlandsprodukt von 110,9 MillionenEuro generiert, was dem Berliner Senat 21,6 Millionen Euroan Steuer- und Gebühreneinnahmen einbringen werde. DieStadt ist bei der WM mit 20 Millionen Euro ins Obligo getre-ten.

Freitag, 14. August:Jacques Rogge ("Null-Toleranz gegen Doping") erregt als Chefdes olympischen Weltsports Aufsehen mit dem Bekenntnis, essei ihm "nicht bewusst gewesen", dass es im Kampf gegenden Leistungsbetrug in Russland und Afrika bisher noch keineBlutprobe gegeben habe. Die Pressekonferenz des IOC-Präsi-denten verfolgen etwa 30 Journalisten. Für den fast gleich-zeitigen PR-Termin von Usain Bolt interessieren sich 300Medienvertreter. Kanzlerin Angela Merkel lässt sich in einemWort zur WM mit der nicht ganz überraschenden Mahnungvernehmen, "der Sport muss insgesamt auf seine Glaubwür-digkeit achten". Im First-Class-Hotel Interconti versammelnsich 55 IOC-Mitglieder, die alsbald von den Lobbyisten ausChicago, Tokio, Rio de Janeiro und Madrid umschwärmtwerden, den Bewerbern um die Sommerspiele 2016. Bürger-meister Klaus Wowereit sagt: "Berlin ist in Topform."

Samstag, 15. August: In Berlin Mitte kommt die Leichtathletik zu den Menschen.Und siehe da, 100 000 umjubeln am Brandenburger Tor dieGeher, wie sie bei 30 Grad im Schatten auf glutheißem Pflas-ter über 20 Kilometer den ersten Weltmeister ermitteln. Derrussische Sieger wird mit 60.000 Dollar belohnt, der Preis-geldtopf ist mit 7,3 Millionen Dollar gefüllt. 42.546 Menschenkommen zur Leichtathletik ins Olympiastadion, wo die teuers-te Karte für 153 Euro zu haben ist. Bundespräsident HorstKöhler eröffnet offiziell und die Kanzlerin lässt sich ebenfallsblicken. Kugelstoßer Rolf Bartels, ein 140-Kilo-Mann, sagt,das "sensationelle Publikum" habe ihn zu Bronze getragen.Bolt joggt zum Vorlaufsieg in 10,20 Sekunden, Tobias Unger(10,42) und Stefan Schwab (10,50) bleiben trotz maximalerAnstrengung auf der Strecke. Münchens Bürgermeister Chris-tian Ude ist nach Begegnungen mit IOC-Mitgliedern ganzeuphorisch: "Es klang fast so, als wenn sie sagten, auf Wie-dersehen 2018 bei den Winterspielen."

Sonntag, 16. August:9,58 Sekunden nach 41 Höchstgeschwindigkeitsschritten inmaßgeschneiderten Hightech-Spikes mit der höchst überflüs-sigen Aufschrift "WHO FASTER?" - Bolts Auftritt vor fast zehnMillionen ARD-Zuschauern hinterlässt ein Gemisch aus

Euphorie, Fassungslosigkeit und Zweifel. Der Leichtathletik-Professor Eike Emrich beklagt die fehlende Chancengleichheitim weltweiten Kampf gegen Doping und versucht eine Erklä-rung: "Sicher ist es auch der Wunsch, ab und zu Stars mitschier unmenschlichen Leistungen zu haben." Die umjubeltenNadine Kleinert und Jennifer Oeser sorgen mit ihren Vize-weltmeisterschaften dafür, dass Bolt seinen unglaublichenAlleingang mit achtminütiger Verspätung inszenieren muss.Steffi Nerius beginnt ihre Qualifikation mit dem Stirnband-spruch: "Nun aber ran an die Buletten." Die Berliner Polizeimeldet vom Wochenende nur einen Zwischenfall. EinDemonstrant hatte im Olympiastadion einen Stützpfeiler desDaches erklommen und ein Transparent mit dem Wort"Peace" festgemacht.

Montag, 17. August:Der Tag des Echos und der Tränen. "Übermenschlich, galak-tisch, außerirdisch, die vierte Dimension" schreiben die Zei-tungen in aller Welt über Bolt. Ein Farbpsychologe behauptet,dass "das Blau der Bahn im Olympiastadion den AthletenFlügel verleiht. Blau ist eine fließende Farbe. Auf einer blauenBahn können die Sportler viel befreiter laufen." Geschwindig-keitsexperten relativieren die 45 km Stundengeschwindigkeitvon Bolt mit dem Hinweis, dass das schnellste Lebewesen einWanderfalke im Sturzflug sei mit 300 km/std. und ein Gepardmit 120 Sachen vorankomme. Auch Alt-Sprinter Armin Haryund der Chefstatistiker des Leichtathletik-WeltverbandesOttavio Castellini treten auf die Euphoriebremse. "Mein Gott,Zweifel bleiben immer. Bolt müsste sich mächtig anstrengen,um vor 50 Jahren auf Asche mit 4 cm langen Dornen unteralten Spikes auf 10,0 zu kommen", meint Hary. Castellini sagt:"Mit Zahlen können wir heute junge Menschen nicht mehrfür die Leichtathletik begeistern, sondern nur mit menschli-chen Geschichten und mit Champions." Im Olympiastadionwird bitterlich geweint. Es weinen die StabhochspringerinSilke Spiegelburg über ihren vierten und der HammerwerferMarkus Esser über seinen sechsten Platz. Und es weint dierussische Stabhochsprungartistin Jelena Issinbajewa, aller-dings mit metaphysischem Hintergrund. Ihr Salto nullo sei"Schicksal gewesen. Eine Erklärung gibt es dafür nicht".

Dienstag, 18. August: Es ist der Tag der Erfüllung eines "Kindheitstraums": Einmaldie Nationalhymne für sich auf dem Siegespodest zu hören.Steffi Nerius schafft es am Ende ihrer Speerwurf-Karriere mit37, und das auch gleich im ersten Versuch über 67,30 Meter.Am späten Abend kommt im WM-Klub der deutschen Leicht-athletik noch die Kanzlerin vorbei, um mit Küsschen derÜberraschungsweltmeisterin "im Namen von 80 MillionenMenschen in Deutschland" zu gratulieren. 15.000 Dollar ihrerSiegprämie will Steffi Nerius anlegen, um ihrem Trainer eineHarley Davidson zu kaufen. Ansonsten herrscht wiedereinmal Aufregung über Robert Harting und ein erneut nurhalb gefülltes Olympiastadion. Der Diskus-Riese mit Berliner

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Schnauze, der zuweilen Ungares bis Unsägliches entfleucht,sagt Sätze, die die Sprecherin der DDR-Doping-Opfer InesGeipel zu einer "Morddrohung" eskalieren lässt. Die Sätzegehen so: "Wenn der Diskus auf den Rasen aufspringt, soll ergleich gegen eine der Brillen springen, die die Doping-Opferhier verteilt haben. Aber ich bin kein Mörder, ich will nur,dass sie wirklich nichts sehen." Die WM-Organisatoren ("KeinSommerschlussverkauf, keine Schleuderpreise") widersetzensich der Forderung, durch Preisnachlass bei den WM-Ticketsfür ein gefülltes Olympiastadion zu sorgen. Ein marokkani-scher Hindernisläufer wird als erster Dopingsünder entlarvt.Der Puma-Vorstandsvorsitzende Jochen Zeitz sagt: "Usain(Bolt) hat gesagt, Jamaika würde ihn hassen, wenn er gedoptwäre. Das spricht für sich. Natürlich soll man niemals niesagen. Und sollte es dennoch passieren, passiert es eben."Zeitz rechnet vor: Der bei den Olympischen Spielen in Pekingerrechnete "Medialwert" seines Goldjungen von 250 Millio-nen Euro habe sich durch die WM-Auftritte sicher nocherhöht.

Mittwoch, 19. August:Als Steffi Nerius am 6.30 Uhr nach durchfeierter Nacht imZimmer von Franka Dietzsch (41) auftaucht, hat sie ein Ver-sprechen eingelöst: Ihrer Zimmerkollegin eine störungsfreieNacht zu gewähren. Genutzt hat das nichts. Während Neriusihren Interview-Marathon mit dem Eingeständnis fortsetzt,sie befinde sich noch "im Schockzustand, ich bin nicht in derLage, zu weinen, weil meine Tränen alle aus mir herausge-strömt sind", beendet die dreimalige Diskus-Weltmeisterinihre Karriere etwas unrühmlich in der Qualifikation. AmAbend der Auftritt des Robert Harting: Der goldene Wurfüber 69,43 Meter im letzten Versuch, ein rasender Athlet imBad einer euphorisierten Menge - und eine unaufgeregteErklärung ins Stadionmikrofon: "Was meine Äußerungen zuden Dopingopfern betrifft, tut es mir leid, ich würde siezurücknehmen, wenn ich könnte." Im Semifinale über 200 mein Zusammentreffen des 19-jährigen deutschen MeistersRobert Hering, gefördert mit 75 Euro im Monat durch dieSporthilfe, mit dem Multimillionär Bolt. Hering verpasst alsFünfter nur knapp das Finale, hatte aber zuvor zu verstehengegeben: "Wenn jemand so weit vorneweg läuft, fühlt mansich verarscht." Sportminister Wolfgang Schäuble überraschtmit einem Wunsch: "Ich würde schon gern sehen, dass unsereSprinter auch ein wenig von den Erfahrungen von Jamaikalernen." Den Aufreger des Tages liefert die SüdafrikanerinCaster Semenya mit ihrem 15-m-Vorsprung-Sieg über 800Meter. Für die Entscheidung der Weltverbandes IAAF, dasGeschlecht der 18-Jährigen mit den Äußerlichkeiten einesmännlichen Wesens untersuchen zu lassen, findet die "Berli-ner Zeitung" die (Chromosomen-)Überschrift: "XY ungelöst."

Donnerstag, 20. August:Diesmal 19,19 - Bolt ist bei seinem Weltrekord über die langeSprintstrecke von Anfang an so schnell unterwegs, dass der

amerikanische Dritte Wallace Spearmon gesteht: "Ich habeihn maximal drei Sekunden gesehen." Der "Außerirdische"erdet sich bei den Berlinern auch dadurch, dass er beimAufwärmen ein Trikot mit der Aufschrift "Ich bin ein Berlino"trägt. Berlino ist als tapsiges Bärenmaskottchen der Stim-mungsmacher im Stadion. Berlino umarmt, kugelt sich,klatscht ab, nimmt Huckepack, wird auch mal hochgestemmt.Harting berichtet: "Der hat mir gleich mit seiner Pranke insGesicht gehauen. Da musste ich ihn erstmal wegräumen." Ausdeutscher Sicht ist am heißesten Tag des Jahres (32,4 Grad)von Belang , dass Ariane Friedrich ihr Hochsprung-Heimspielvor 8,6 Millionen ZDF-Zuschauern gegen Rivalin Blanka Vlasicnicht gewinnen kann, wohl auch deshalb, weil das Publikumim erstmals fast ausverkauften Stadion der Kroatin alles

andere als ein Auswärtsspiel beschert. Nach einer durchfeier-ten Nacht entschuldigt sich Harting erneut, diesmal für seine"unüberdachten" Äußerungen. Aus Südafrika kommen Reak-tionen der Empörung. Die Zeitungen bewerten den von derIAAF geforderten Test als Rassismus, Imperialismus, eurozen-trischen Neid. Die Regierung kündigt Beschwerde an bei derUN-Menschenrechtskommission. Caster Semenya wird zitiertmit den Worten: "Ich bin kein Junge. Niemand hat mir erklärt,dass ich keine Frau sei. Warum hat man mich hierher nachDeutschland gebracht. Man hätte mich zuhause in meinemDorf lassen müssen."

Freitag, 21. August:Bolt hat an seinem 23. Geburtstag "sehr, sehr lange ausge-schlafen" und somit genug Kraft, im Olympiastadion jedeMenge Autogramme zu geben. Ein kluger Mensch rechnetvor, dass der doppelte Weltmeister bei seinen acht Rennenpro Sekunde 2665 Dollar an Prämien verdient hat. Der ver-letzte Weitspringer Sebastian Beyer erklärt sein Scheitern inder Qualifikation so: "Stecken Sie sich zwei Heftzwecken

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Die deutschen Medaillengewinner

Jennifer Oeser, 2. Platz, Siebenkampf A. Möllinger, M. Wagner, C. Tschirch, V. Sailer, 3. Platz, 4 x 100 m Staffel Nadine Kleinert, 2. Platz, Kugelstoßen

Betty Heidler, 2. Platz, Hammerwerfen Robert Harting, 1. Platz, Diskuswerfen Steffi Nerius, 1. Platz, Speerwerfen

Rolf Bartels, 3. Platz Kugelstoßen Raul Spank, 3. Platz, Hochsprung Ariane Friedrich, 3. Platz, Hochsprung

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unter den Fuß, und dann gehen Sie nicht nur, sondern rennenund springen Sie auch noch." Steffi Nerius wird samt Gefolgevom Türsteher eines bekannten Berliner Clubs abgewiesen("Weltmeisterin, kann ja jeder sagen"). Hochspringer RaulSpank sagt nach seinem dritten Platz: "Ich wiederhole, ichwill über 2,40 m springen und Olympiasieger werden." Einenigerianische Hürdenläuferin wird zum zweiten Doping-Fallder WM.

Samstag, 22. August: Aller guten Dinge sind neun - Betty Heidler schleudert denHammer im letzten Versuch auf die deutsche Rekordweitevon 77,12 Meter und kann sich vor Freude kaum einkriegen,obwohl sie hinter der neuen polnischen Weltrekordlerin AnitaWlodarczyk um 84 Zentimeter zurück bleibt. "Das ist derHaaaaammer", brüllt sie vor 59.926 Zuschauern ins Mikrofon.Hammerwerfen der Frauen gewinnt im ZDF mit 5,70:3,71Millionen Zuschauern gegen die Bundesliga-Sportschau inder ARD. Medaille Nummer acht ist eine Staffel-Medaille ausBronze. Verena Sailer, Europas schnellste Sprinterin bei derWM, verliert hinter dem Ziel vor lauter Jubel das Gleichge-wicht, holt sich jede Menge blauer Flecken und sagt: "Füreine Medaille lege ich mich gern auf die Schnauze." Boltsdritter WM-Sieg mit Jamaikas Sprintstaffel wird als Routinewahrgenommen. Überraschender ist seine Aussage: "Ichmöchte ein Vorbild für die Jugend sein, weltweit."

Sonntag, 23. August: Tag der Bilanzen. Von 500.000 Karten sind nur 400.000 ver-kauft. Dadurch ist der WM-Etat von 44 Millionen Euro nichtganz gedeckt. Dennoch sagt Innensenator Erhart Körting:"Die WM war für Berlin ein Schnäppchen." Die Medaillenwer-tung hat der 299-Millionen-Einwohner-Riese USA mit 10:7Siegen gegen den 2,9-Millionen-Einwohner-Zwerg Jamaikagewonnen. Dagegen droht das "schnellste Land der Welt" denNordamerikanern immer mehr davon zu sprinten. Leichtath-letik-Sportdirektor Jürgen Mallow sagt: "Der Neuaufbau derNationalmannschaft ist in hohem Maße gelungen." DLV-Vizepräsident Emrich erweckt den Eindruck, als habe seinVerband den Aufschwung trotz einer verfehlten Förderpolitikdes DOSB erreicht. Er beklagt, dass zu viele Strukturen desDDR-Sports wieder Einzug in den deutschen Sport gehaltenhätten und behauptet: "Die Leistungsbürokratie funktioniertnicht mehr." Fernseh-Macher antworten auf die Frage, obLeichtathletik nun wieder eine größere Chance im öffentlich-rechtlichen TV habe, mit der Aussage, die WM sei ein "Einzel-ereignis" gewesen. Weltverbands-Präsident Lamine Diack, einSenegalese, verwahrt sich gegen den Vorwurf des Rassismus,bezeichnet die öffentliche Behandlung des Falles CasterSemenya aber als Fehler: "Wir hätten es besser machensollen." Bürgermeister Wowereit schenkt Bolt ein drei Meterhohes und drei Tonnen schweres Stück der Berliner Mauer,auf dem der Athlet lebensgroß aufgemalt ist, und sagt:"Usain hat sportlich gezeigt, dass man Mauern einreißen

kann, die als unüberwindbar gelten." In Kingston schreibt dieZeitung "Caribbean News": "Lasst uns beten, dass Usain cleanist."

"Die Frage nach Vorbildern ist schwierig

zu beantworten"Interview mit Prof. Dr. Helmut Digel

ie Weltmeisterschaften der Leichtathleten vergange-nen Monat in Berlin waren das Sportereignisschlecht-

hin in diesemJahr. Sie fandenbei Medien undÖffentlichkeit einfacettenreichesnationales undinternationalesEcho, das alles inallem positivausfiel. Gleich-wohl war dasneuntägige Sport-fest im Olympia-stadion letztlichnur eine Moment-aufnahme. DieKarawane ziehtweiter, die nächs-ten Großmeister-schaften - 2010die EM in Barcelo-na, 2011 die 13.WM in Daegu (Südkorea), 2012 Olympia in London - stehenbereits auf der Agenda und mit ihnen die nicht unbedingtklar strukturierte Zukunft der olympischen Kernsportart

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Nummer eins. Wie die von der WM in Berlin beeinflusstwerden kann, welche Eindrücke dort gewonnen wurden,darüber sprach das "Olympische Feuer" (OF) mit dem Tübin-ger Soziologen Helmut Digel, 65, Mitglied im Council desLeichtathletik-Weltverbands IAAF und Ehrenpräsident desDeutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), dessen Chef er von1993-2001 gewesen ist.

OF: Die internationale und die nationale Leichtathletik hat-ten in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Image- undAkzeptanzprobleme. Hat die WM in Berlin diesbezüglichetwas zum Positiven verändert, oder wird nach dem letztenFinale im Olympiastadion wieder grauer Alltag sein?

Digel: Diese WM hat ohne Zweifel einen positiven Effekt inBezug auf ihre Anschlussfähigkeit gegenüber dem Fernsehenund den Wirtschaftspartnern, sie stellte sich im Gegensatzzur WM 2007 in Osaka als besonderes Zugpferd heraus. Daslag an den außergewöhnlichen Leistungen im Männersprintund der Atmosphäre in Berlin. International wurde die Leicht-athletik mit viel Aufmerksamkeit beobachtet, die Expertenwaren überrascht, dass es der Leichtathletik doch nochgelingt, so viele Zuschauer an sich zu binden, denn es istimmer noch außergewöhnlich, wenn man bei einer Veranstal-tung an neun Tagen 400.000 Karten auf dem freien Marktverkauft. Die Leichtathletik dort zu positionieren, das war dieHerausforderung.

OF: War die Art und Weise, wie wir die Titelkämpfe in Berlinerlebt haben, auch ein Votum für Europa als dem im Grundefür die Präsentation der Leichtathletik am besten geeignetenKontinent?

Digel: Ich glaube, dass Leichtathletik in dieser Größenord-nung nur noch in ganz wenigen Ländern durchgeführt wer-den kann, in Skandinavien, England und Frankreich. Deutsch-land ist nach wie vor der herausragende Veranstaltungsmarkt,ansonsten wird man überall auf der Welt mit einer solchenVeranstaltung erhebliche Probleme haben. Weder wird mandie gleichen Einschaltquoten wie von der Berliner WM errei-chen können und mit ihnen eine angemessene Position aufdem internationalen Markt, noch eine vergleichbare Zuschau-erzahl im Stadion.

OF: Zur deutschen Leichtathletik. Wird sie durch die BerlinerStimmung und Erfolgsbilanz den für die Zukunft notwendi-gen Schub bekommen oder bleibt es hierzulande beimZustand, der vor der WM anzutreffen war?

Digel: Nehmen wir die Rangliste nach Punkten für die Plätzeeins bis acht, hat sich ja in den letzten 20 Jahre nichts Gra-vierendes verändert, da gab es für die Deutschen immer einAuf und Ab. Ich meine, dass dies der falsche Bezugspunkt ist.Wir müssen vielmehr sehen, dass wir eine gespaltene Leicht-

athletik haben, das war bereits zu Beginn der 1990er-Jahrezu erkennen gewesen: In den Würfen bestimmen wir dieWeltklasse mit, aber anfängliche Erfolge der Läufer habensich aufgelöst.

OF: Diese Spaltung geht zu Lasten der Aufmerksamkeit fürdie deutsche Leichtathletik?

Digel: Es ist einerseits richtig, dass die Läufe als attraktivempfunden werden und sich das Fernsehen deshalb verständ-licherweise prioritär daran ausrichtet. Andererseits gibt es denBeleg, dass auch technische Disziplinen erfolgreich übertra-gen werden können. Nehmen wir den Hochsprung, der war inBerlin spannend, wurde aber immer wieder zu Gunsten vonLäufen unterbrochen. Läufer haben überall Vorfahrt, auchwas das Preisgeld bei der Golden League betrifft. Aus derSicht der Werfer und Springer ist das diskriminierend. DieseEntwicklung hat zu einer problematischen Situation in derdeutschen Leichtathletik geführt, was die mediale Präsentati-on anbelangt. Denn die Deutschen haben ihre Stärken genauin den Disziplinen, die man auf dem Fernsehmarkt angeblichals schwächer einstuft.

OF: Ist die Leichtathletik an dieser Situation nicht selbstschuld?

Digel: Ja, die organisierte Leichtathletik - die IAAF und ihreMitglieder - hat diesen Fehler gemacht, indem sie sich demDiktat (des Fernsehens) unterworfen hat. Das Fernsehen hatdie Deutungsmacht, mit ihr ist ein entscheidender Eingriff indie Leichtathletik erfolgt. Dem haben sich die Verbandsfunk-tionäre nicht widersetzt, einerseits, auf der anderen Seitehaben wir nicht die notwendigen Veränderungen herbeige-führt, nun sind wir ohne Chance.

OF: Die vom Fernsehen gewünschte Schwerpunktbildung hatdemnach das Präsentationsformat für die Zuschauer imStadion negativ beeinflusst?

Digel: Das Programm, so wie es dem Zuschauer im Augen-blick offeriert wird, ist nicht ausreichend attraktiv. Es ist zumTeil geprägt von Langeweile. Das ist ein Verbrechen amZuschauer. Wir sollten uns da nicht in die eigene Taschelügen. Eigentlich müssten wir bei der Programmgestaltungauch die Athleten mit einbinden, deren Meinung ist wichtig,nur sind sie in dieser Frage leider keine Profis. Sondern sogareine Barriere, weil jeder was anderes will.

OF: Auch die Frage, wie lange so eine WM dauern soll, wirdkontrovers diskutiert.

Digel: Alle zerren an dieser Frage: Das deutsche Fernsehenwar für sechs Tage (statt neun), das japanische wollte denMarathon, an dem es vor allem interessiert ist, am Anfang

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und am Schluss, japanische Sponsoren bevorzugen zweiWochenenden, und die Sporttechnik hat aus Sicherheits-gründen, wenn Läufe und Würfe zeitgleich stattfinden, auchnoch eigene Vorstellungen. Das Problem ist: die IAAF hat indieser Frage keine Führung. Gleichwohl hat das Council jetztbegriffen, dass für die Zukunft der Zeitplan verändert wer-den muss.

OF: Dass das Olympiastadion oft Lücken auf den Rängenaufwies, liegt also nicht nur an der mehrfach kritisiertenPolitik des Kartenverkaufs und an der durch die Dopingpro-blematik und -berichterstattung hervorgerufenen Glaub-würdigkeitskrise, sondern Ihrer Meinung nach am unattrak-tiven, wenig komprimierten Ablauf einer solchen Meister-schaft.

Digel: Das ist entscheidend. Die in den Finals gebotenenAthletenleistungen faszinieren nach wie vor, auch jene, diedie Leichtathletik nicht nur als Experten wahrnehmen. Wasdie Abschreckung durch die Dopingdiskussion betrifft, mussman sich angesichts der Phänomene im Boxen und im Rad-sport eines Besseren belehren lassen. Es gibt wohl eine Min-derheit - die ältere Generation -, die sagt: Das ist nicht mehrmein Sport. Aber die an kurzweiliger Unterhaltung Interes-sierten stört das nicht mehr. Eine Befragung in Berlin ergab:47,5 Prozent glauben, dass die Leichtathletik nicht sauber sei.Das wird aber offensichtlich hingenommen. Das macht denKampf gegen Doping ausgesprochen schwierig; und machtihn in Zukunft noch schwieriger, weil diejenigen, die dasschon immer dem reinen Spiel der Kräfte überlassen wollten,mehr Menschen auf ihrer Seite haben. Da bin ich sehrbesorgt.

OF: Ist ein Stadion von der Größe des Berliners - Fassungs-vermögen 72.000 - unter Umständen auch gar nicht mehrvon der Leichtathletik zu füllen?

Digel: Da müssen wir wohl in Zukunft rochieren, zudemEinfluss auf die Entwicklung von Stadien in einer Größenord-nung von 30.000 bis 50.000 nehmen. Sebastian Coe, derCheforganisator der Londoner Spiele 2012, plant ja ein Stadi-on, das man zurückbauen, aber auch wieder hochfahrenkann. Flexible Anlagen, das muss der Weg sein.

OF: Die IAAF kämpft um einen neuen, existenziell wichtigenund deshalb möglichst nicht schlechter dotierten Vertrag mitdem Verbund EBU der öffentlich-rechtlichen TV-SenderEuropas. Hat die WM 2009 das Verhandlungsklima begüns-tigt?

Digel: Für unsere TV-Rechte gibt es mehrere Interessenten,Berlin hat die Situation günstiger gemacht. Aber angesichtsder Wirtschaftskrise darf man nicht von utopischen Abschlüs-sen träumen. Alle haben sie Finanzierungsprobleme. Am Ende

hoffe ich jedoch, dass die Partnerschaft mit der EBU fortge-setzt wird. Es ist aber auch durchaus möglich, sich mit einemanderen Partner zu einigen.

OF: Was ist von der aktuellen PR-Strategie der IAAF zuhalten, wieder verstärkt den Rekord in den Mittelpunkt zurücken und die Propagierung des originären Wesens derLeichtathletik, die athletische Auseinandersetzung aller Fina-listen, zurück in den Hintergrund zu stellen? Mit der Ablen-kung vom Rekord wollte der Weltverband ja ein zusätzlichesMittel gegen Doping in die Hand bekommen.

Digel: Ich hatte mich ja schon früh dafür eingesetzt, dieOrientierung an den Weltrekorden abzuschaffen, weil ichglaube, dass sie in Verbindung mit der Kommerzialisierung dieGefahr des Dopings in dieser Sportart ganz wesentlicherhöht. Wir müssen einfach die Situation erkennen, in dersich der Athlet befindet. Da geht es um eine Abwägung derMöglichkeiten: Wie kann ich mein Geld verdienen? Und derGegner prüft die Frage in gleicher Weise. In diesem Abwä-gungsspiel der Konkurrenten besteht heute die große Gefahr,dass beide zu der Erkenntnis kommen: Wenn ich manipuliere,habe ich mehr ökonomische Chancen, als wenn ich sauberbleibe. Gerät der Athlet in diese Falle, und erweist sich dieOption des Betrügens als lohnender, dann ist es nicht überra-schend, wenn Experten annehmen, dass sich mittlerweilemehr als 50 Prozent der Athleten in dieser Falle befinden. Indieser Situation darf man meines Erachtens nicht weiter ander Rekordschraube drehen.

OF: Wie ist, im Fall eines neuen Weltrekords, die vom Sta-dionsprecher gern benutzte Floskel vom historischen Momentzu bewerten?

Digel: Ich habe meine Bedenken, wenn man 60.000 imStadion und Milliarden vor dem Fernseher suggeriert, gera-de ein historisches Ereignis erlebt zu haben. Wir wissendoch alle um die nur kurze Lebensdauer dieser historischenEreignisse. Und haben wir nicht Marion Jones wie einenEngel gefeiert, Tim Montgomery, Carl Lewis? Man könntedie Namen aneinander reihen. Wenn eine Disziplin wie derMännersprint, historisch gesprochen, so oft bewiesen hat,dass das, was sich da ereignet hat, problematisch ist, dannsollte man auch in der aktuellen Situation zumindest mitdiesen außergewöhnlichen Urteilen vorsichtig sein. Auf dieDauer irritiere ich auch meine Zuschauer. Gibt es keinenWeltrekord, kann Frustration eintreten. Wenn der Zuschauerzum Besuch der WM mit dem Hinweis motiviert wird, erkönne dort Weltrekorde erleben, dann ist Enttäuschung dienotwendige Konsequenz, sollten keine aufgestellt werden.Die Rekordorientierung halte ich für die Weiterentwicklungder Leichtathletik als gefährlich, ja sogar gefährdend bezo-gen auf den Bestand.

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OF: Wie sind die Rekorde von Usain Bolt in diese Überlegun-gen einzubinden?

Digel: Wenn ein Läufer eine Disziplin derart dominiert, entstehtein Problem. Weil die Situation nicht mehr gegeben ist, die denklassischen Wettkampf prägt. Wer mit fünf Metern Vorsprunggewinnt, stellt diesen klassischen Wettkampf in Frage.

OF: Bolt, ist er Heilsbringer für die Leichtathletik oder eherKatalysator der Glaubwürdigkeitskrise?

Digel: Für die Leichtathletik unter dem Aspekt ihrer ökono-mischen Entwicklung ist er ein Glücksfall. In der Welt desSports gilt zur Zeit das Ranking der Einschaltquoten. Wennman nun hört, dass beim Bolt-Sprint die Werte höher lagenals bei der Bundesliga, dann kommt das unter dem Gesichts-punkt der Vermarktung der Leichtathletik einer Sensationgleich. Für die Sponsoren ist das die Bestätigung ihres Enga-gements. So gesehen Heilsbringer. Das ist aber nur die eineSeite. Man muss sich andererseits fragen, was Bolts Überle-genheit für die Weiterentwicklung der Leichtathletik bedeu-tet, für die, die an diese von Bolt verschobenen Grenzen nichtherankommen?

OF: Welche Vorbilder braucht eigentlich die Sportjugend, umzur Leichtathletik zu stoßen oder ihren dort eingeschlagenenWeg aktiv weiter zu gehen: Solche wie Usain Bolt, der ja aucheine "Ikone des Zweifels" (Berliner Zeitung) ist mit seinenaußerirdischen, schwer nachzuvollziehenden Leistungen, undden wegen seiner unappetitlichen Attacken auf Dopingopferzu Recht gescholtenen deutschen Diskusweltmeister RobertHarting? Oder doch eher solche wie Speerwurf-WeltmeisterinSteffi Nerius, die Spitzensport und die Betreuung von Behin-dertensportlern unter einen Hut bringt?

Digel: Die Frage nach den Vorbildern ist schwierig zu beant-worten. Sie sind ja selten geworden. Jugendliche wechselnschnell ihre Vorbilder. Wem sollen sie nacheifern? Denen mitMarkencharakter, die oft keine Verbindung zu den eigentli-chen Werten haben? Oder denen, die Verantwortung über-nehmen für ihr Leben nach dem Sport? Ein Mensch, derMillionen durch den Sport verdient, nimmt oft eine einseitigeEntwicklung. Ich würde empfehlen, sich an Steffi zu orientie-ren. Nicht an Bolt.

Das Interview führte: Michael Gernandt

Dabei sein ist alles: Die WM aus der Sicht des Volunteers

Von Jochen Frank

n traditioneller koreanischer Tracht heißt Idylle Klada(FOTO 1) den Besucher willkommen. Auf das elegante,leuchtend gelbe Hanbok hat sie eine weinrote Schleife

gebunden. "Annyong-haseyo!" (Guten Morgen). LeichteVerbeugung. Und ein Lächeln. Besser kann der Arbeitstag fürden Volunteer nicht beginnen…

Morgens auf dem Olympischen Platz, riesiges Areal vor demBerliner Olympiastadion. In den Tagen der 12. Leichtathletik-Weltmeisterschaften wird es auch von den Organisatoren desnächsten IAAF Championats in Daegu 2011 zur Präsentationgenutzt. Idylle Klada steht am Eingang des Informationsstan-des. "Daegu liegt rund 300 Kilometer südöstlich von Seoulund hat etwa 2,5 Millionen Einwohner. Das Stadion ist mitüber 66.000 Plätzen das größte des Landes", verblüfft die 27-jährige Architekturstudentin den Volunteer mit tadellosemDeutsch. "Ja", lächelt sie, "ich bin in Berlin geboren undaufgewachsen." Mutter Koreanerin, Vater Grieche… Wie dasLeben so spielt.

Für Daegu wirbt sie, "weil es schön für mich ist, Korea reprä-sentieren zu dürfen". Informationsmaterial und Pin verstautsie in einer Tüte. Stadtplan von Daegu inklusive. Man kann janie wissen. "Kamsa-hamnida." (Danke schön). Verbeugung. EinLächeln. Der Volunteer bedankt sich. Er gehört zur Schar derüber 3.000 freiwilligen Helfer bei dieser WM. Ohne sie,behaupten die, die es wissen müssen, wäre eine internationa-le Sportveranstaltung dieser Größenordnung nicht zu bewäl-tigen. In 16 verschiedenen Bereichen werden Volunteerseingesetzt. Von der Akkreditierung über Fahrdienst, Logistikund Marketing bis hin zur Medien- und VIP-Betreuung. Inspeziellen Schulungen sind sie auf die Aufgaben vorbereitetworden. Hauptkriterien für alle: Aufgeschlossenheit, Freund-lichkeit, Höflichkeit, Kontaktfreudigkeit.

Doch begonnen hat alles schon ein Jahr zuvor. Bewerbungper Internet und viele Fragen - Hürde Nummer eins. Monatespäter Einladung zum Gespräch - Hürde Nummer zwei. Dannendlich die Mitteilung per Mail: "…freuen wir uns, Dich imVolunteer-Team begrüßen zu dürfen…"

Über 5.000 Bewerbungen soll es gegeben haben. Aus Deutsch-land und 7,5 Prozent aus dem Ausland. Zum Beispiel ausJapan, Australien, Kanada, den USA, Polen, Österreich und derSchweiz. Einfach dabei sein, dazu gehören, mitmachen, miter-leben. Als kleines Rad im großen weltmeisterlichen Getriebe.

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Der Volunteer arbeitet in zwei Schichten, in der Regel sechs,sieben Stunden, manchmal auch mehr. Ohne jegliche Entloh-nung. Dafür ist er von Kopf bis Fuß eingekleidet worden undwird verpflegt. An der Farbe des Hemdes ist der Bereichauszumachen, in dem er arbeitet. Blau - ein Beispiel - ist dieFarbe des "Allrounders". Er zählt zur schnellen Eingreiftruppe.Wo Not am Manne ist. "Springer" sozusagen.

Morgens beziehungsweise am frühen Nachmittag meldet ersich. "Ich heiße Jürgen", sagt der Team-Leiter, "untereinan-der sind wir alle per du." Es geht locker zu und unkompli-ziert. Jung und Alt, zwischen 18 und 80, harmonieren mitei-nander. Arbeit gibt's mal mehr, mal weniger. Dass sich dereine unterfordert, der andere überfordert fühlt, liegt in derNatur der Sache. Begehrt sind die Jobs im Stadion. Dochwer bei der Vergabe leer ausgeht, hat in seiner Freizeitfreien Zutritt.

Beobachtung am Stadioneingang. Zwei Frauen (FOTO 2)haben sich unter den fünf Ringen getroffen. Sie lachen undfreuen sich. Ist das nicht…? Natürlich, Tanja Damaske (37), dieSpeerwurf-Europameisterin von Budapest '98. Mittlerweile alsDiplompsychologin mit beiden Beinen im Berufsleben, hatsich die Berlinerin mit ihrer einstigen Rivalin und FreundinMikaela Ingberg (35) verabredet. Die Finnin ist noch aktiv,blieb in Berlin aber im Sieb der Qualifikation hängen. Stundenspäter wird Tanja Damaske den "goldenen Abend" genießen.Steffi Nerius aus Leverkusen holt den ersten Titel fürDeutschland bei dieser WM.

Aus Leverkusen kommt auch Nachwuchstrainerin IngridThyssen (53). Gemeinsam mit Bruder Norbert und Lebensge-fährte Gerhold Wohlfarth hat die zweimalige Olympiateilneh-merin im Speerwerfen eine Dauerkarte für alle WM-Tage."Nach Steffis erstem Versuch habe ich gleich gesagt, dieseWeite ist nicht mehr zu toppen." An das Berliner Olympiasta-dion hat sie beste Erinnerungen, denn beim ISTAF vor 22Jahren stand sie mit deutscher Rekordweite (69,68 m) alsSiegerin auf dem Podest.

Block P.3, Reihe 2, Sitz 1 bis 4. Rechtzeitig vor dem erstenStartschuss der Vormittagswettbewerbe sind die vier Nieder-länder am Platze (FOTO 3). Nach der letzten Entscheidung amAbend kehren sie in ihre Pension zurück. Zwei befreundeteEhepaare aus dem Süden Limburgs sind es, die ihren Berlin-Trip als Urlaub betrachten, wie der Volunteer erfährt: Riet (55)und Michel Visschers (58) sowie Ine (57) und Klaas Pollema(63).

Die Dauerkarten für die WM - 531,10 Euro pro Stück - habensie schon im vorigen Jahr geordert. "Viel Geld, aber dafürerleben wir eine Meisterschaft auf hohem Niveau", sagtMichel. Ein holländischer Medaillengewinn sei von vornherein"illusorisch" gewesen. Übrigens kennt er sich in Berlin bestens

aus. Dreizehn Mal hat erden Berlin-Marathonerfolgreich beendet.

Apropos Urlaub: Diemeisten der Volunteershaben zwei, drei oder garvier Wochen ihrer Ferienfür diese Arbeit geopfert."Nein, von Opfer kannnicht die Rede sein", sagtEmmanuel Cheo Ambe(FOTO 4). Mit seinen Eins-achtzig und seiner dunk-len Hautfarbe ist er imKreis der "Freiwilligen"nicht zu übersehen. Erkommt aus Muyuka inKamerun. Seit 2003studiert er an der Cottbu-ser TU. FachrichtungUmwelt - Ressourcen -Management. "Wenn inDeutschland so ein großersportlicher Event stattfin-det, wollte ich unbedingtdabei sein", begründet ersein Motiv, sich für dieWM zur Verfügung zustellen.

Im Einsatz als Volunteermitten in den Semesterfe-rien sehen auch DenisFoot aus Berlin (studiertJudaistik) und Pia Stein-feld aus Sinzig (Mathema-tik) eine "willkommeneGelegenheit, neue interes-sante Leute kennen zulernen". Der Reiz, "einmalhinter die Kulissen einersolchen Veranstaltung zusehen", spielte bei NadineOberthür aus Berlin einewesentliche Rolle. VomBezirksamt Friedrichs-hain/Kreuzberg mit Son-derurlaub unterstützt,begleitet die 32-Jährigedie WM-Vorbereitungschon längere Zeit undleitet als "EVA" - übersetztheißt das Ehrenamtliche

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Volunteer-Assistentin - die "Freiwilligen" an. Nach der WMkehrt sie als Berufsberaterin und Arbeitsvermittlerin an ihrenArbeitsplatz zurück.

Auf reichliche Volunteer-Erfahrung können Iris und PeterKumfert aus Opladen (Nähe Leverkusen) verweisen. Fußball-EM 2008 und Fußball-EM 2006 sind zwei der Stationen, diedas Ehepaar (FOTO 5) schon gemeinsam erlebt hat. In Berlinhat sich Iris (49) bei den Allroundern zur Verfügung gestellt,Peter (60) für den Fahrdienst. Erfolgserlebnisse? Iris zeigt stolzdas Autogramm von Frank Busemann auf ihrer Akkreditie-rung, und Peter freut sich, dass er einen Tag lang NamibiasSprinter-Legende Frankie Fredericks chauffieren konnte.

Als IOC-Mitglied dürfte Mr. Fredericks die Präsentation dervier Olympiabewerber für die Sommerspiele 2016 auf demOlympischen Platz aufmerksam registriert haben. AnfangOktober wird er bei der 121. IOC-Session in Kopenhagen mitentscheiden, welche Stadt in sieben Jahren Olympias Gastge-ber sein wird. Chicago, Rio de Janeiro, Tokio oder Madrid?DerVolunteer spielt "ein bisschen IOC-Mitglied" und trifft seinepersönliche Wahl. Vielleicht haben die US-Amerikaner mehrGlück mit dem kleinen Teddy als die Berliner, die 1993 schei-terten, als es um die Spiele 2000 ging. Fotografieren lässt sichCarrie Baizer (FOTO 6) mit dem Maskottchen der ChicagoerBewerbung jedenfalls gern.

Gelungener Spagat vonSport und Kultur Von Torsten Haselbauer

s gehört mittlerweile längst zum guten Ton, dass sichsportliche Großveranstaltungen von Weltrang miteinem aufwändigen Kulturbeiprogramm schmücken.

Das hat Tradition und war schon im antiken Olympia nichtviel anders. Allerdings trafen sich in Griechenland der Sportund die Kultur immer auf engstem Raume und nicht wieheute, an verschiedenen Orten. Die Athleten im Stadion, dieKultur in den Museen. Über den nachhaltigen Sinn dieser

Kulturaktionen wird selten diskutiert, Besucherzahlen werdenbei der Auswertung so gut wie nie genannt. Auch zur Leicht-athletik-Weltmeisterschaft in Berlin präsentierten die Organi-satoren ein Kulturprogramm. Es wurde mit einem Etat vonzwei Millionen Euro vom Bundesministerium des Innerenfinanziert. Erlöse, die aus dem Verkauf einer 10-Euro-Gedenk-müntze zur Leichtathletik-WM stammen.

Dass die zahlreichen Kulturdarbietungen in den neun Tagendieser 12. Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin einErfolg wurden, verdanken die Organisatoren ihrer Programm-strategie. Der Spagat von Sport und Kultur wurde gemeistert,indem man die Kultur ganz pragmatisch an den breitenBedürfnissen und unterschiedlichsten Interessen des BerlinerPublikums ausrichtete. Kurzum, es war für jeden etwas dabeiund keiner wurde überfordert.

Den Massengeschmack des Eventpublikums beispielsweisetraf man am Pariser Platz in Sichtweite des BrandenburgerTors im sogenannten "Kulturstadion". Dass sich da manchemder Bezug zur Leichtathletik-WM nicht gleich oder gar nichterschloss, spielte erstmal keine Rolle. Das war wohl auch garnicht intendiert. Denn hier am Pariser Platz ging es einfachum gute Unterhaltung. Da passte der massenkompatibleStargeiger Nigel Kennedy ebenso gut auf die Bühne wie dieHauptstadt-Showgruppe "Blue Man Group", die einen Mixaus Musik, Multimedia-Performance und Komödie darbot. Alskleines Korrektiv dazu und für den höheren Anspruch tanzteauch mal das Staatsballett Berlin. Und dann zum Abschluss,was auch sonst, Kochen auf der offenen Showbühne und amHerd. Das geht immer!

Wer sich bei dieser WM für mehr und Tiefsinnigeres interes-sierte, der musste sich vom Pariser Platz entfernen. Je weiter,je besser. Direkt an das Kulturstadion schloss sich eine Foto-ausstellung an. "In Bewegung" wurde sie betitelt und präsen-tierte am einstigen Prachtboulevard der Hauptstadt - Unterden Linden - sechzig überdimensional große Schwarz-WeißFotografien berühmter Sportlegenden. Von den Anfängen derSportfotografie vor 125 Jahren, die damals noch "Bewe-gungsfotografie" hieß, bis heute spannte sich da der Bogender Fotos und Motive auf dem Mittelstreifen der Straße. Essind Zeugnisse der Leichtathletikfotografie bedeutenderFotokünstler wie John Heartfield, Robert Lebeck oder AnnieLeibovitz. Die großformatigen Bilder waren chronologischangeordnet. Das erste zeigt einen Diskuswerfer und einenLäufer im Sprint als Studie des menschlichen Bewegungsab-laufs in einer Reihenfotografie. Aufgenommen hat es der ausEngland stammende Fotograf Eadweard Muybridge bereits imJahr 1884. Es folgt eine chronologische Reise durch dieGeschichte der Sportfotografie mit fast zwei Meter hohenBildern von Jesse Owens, Armin Hary und anderen Ikonen derLeichtathletik. Der Sport wandelte sich. Doch auch die Kame-ratechnik machte Fortschritte und perfektionierte sich. Die

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Perspektiven, der Blick auf die Athleten, ändert sich. Manch-mal sind nur noch Details zu sehen, eine Hand, eine Kugel,ein Start.

Nicht mehr sehr weit vom Boulevard entdeckte man imersten Stock des "Roten Rathauses" die Ausstellung "Run,Jump and Throw - Leichtathletik in der zeitgenössischenKunst". Über eineinhalb Jahre ist die Kuratorin der Ausstel-lung, Renate Bauer, in alle Kontinente dieser Welt gereist undhat Künstler motiviert, sich mit dem Thema Leichtathletikauseinanderzusetzen. Heraus kamen Kunstwerke der GattungMalerei und Fotografie. Es sind ganz individuelle Ansichtenund Aspekte, welche die 25 Künstler mit dem Thema Leicht-athletik in Verbindung bringen. Frei assoziiert quasi, weilnichts vorgegeben war. Mal erschließen sich die Werke demBesucher direkt, mal ist es anstakt und der Zugang zum Bildfast ein wenig verschlossen. Diese Arbeiten wurden eigens fürdiese WM geschaffen und waren erstmalig in der Öffentlich-keit zu sehen und zu bestaunen. Wer das verpasst hatte, derkann diese Kunst als Lizenzprodukte als Repro, auf Mützen, T-Shirts und Taschen erwerben. Eine immer beliebtere Strategie,Ausstellungen mit einem geringen Budget refinanzierbar zumachen.

Zum Schluss des Kulturrundgangs zur Leichtathletik-WMsollte man noch in das Centrum Judaicum gegangen sein.Im mächtigen Repräsentantensaal, dort also, wo einstmalsdas jüdische Gemeindeparlament tagte, war die Ausstellung"Vergessene Rekorde- jüdische Leichtathletinnen vor undnach 1933" platziert. Es war sicher das Beste, was dasKulturprogramm bei dieser WM zu bieten hatte. Von derhohen Kuppeldecke hingen kreisförmig vierzehn Tafeln tiefin den Raum hinab. Schöne, große und stolze Frauen warenda auf Schwarz-Weiß-Fotos zu sehen. Darunter finden sichkurze, anschauliche Texte über ihr Leben. Es geht um GretelBergmann, Martha Jacob und Lilli Henoch. Drei jüdischeLeichtathletinnen, die zwischen 1922 und 1936 allerhanddeutsche Rekorde errangen, Weltrekorde aufstellten und somanchen Titel bei internationalen Meisterschaften gewan-nen. Mit Ernst und Hingabe, zunächst voller Glück undFreude und später dann mit fast unglaublicher Selbstach-tung und Selbstbehauptung betrieben sie ihren Sport. Solange, wie sie es in Deutschland durften und vor allemaushalten konnten.

Bis 1933 waren sie gleichberechtigt integriert in die bürgerli-chen Sportvereine. Lilly Henoch beim Berliner SC, GretelBergmann im Ulmer FV und Martha Jakob beim SC Charlot-tenburg in Berlin. Sie waren echte Stars, frühe Profis und fürihre Zeit überaus emanzipierte Frauen. Stolz klebten dieKinder der Weimarer Republik ihre Sammelbilder in die Spor-talben jener Zeit. Gretel Bergmann neben Max Schmeling. Dasging gut, bis die Nazis 1933 die Macht ergriffen. So normalsich das sportliche Leben der drei in der Ausstellung gezeig-

ten Athletinnen in der Weimarer Republik noch gestaltete,umso tragsicher wendete es sich nach 1933. Am Ende standdie Emigration oder die Deportation. Wie schnell sich auchein Sportverein von einem Hort der Gemeinschaft zu einemOrt der Ausgrenzung und Anfeindung verwandeln kann, dashaben alle drei Sportlerinnen gleichermaßen zu spürenbekommen. Denn der Antisemitismus ereichte den organisier-ten Sport im Deutschland des Jahres 1933 ebenso rasch wieandere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens auch. Manchesagen, sogar noch ein wenig schneller.

Wie in einem Wettlauf um die Gunst der Nationalsozialisten,in vorauseilendem Gehorsam quasi und noch ohne staatli-chen Druck, schalten sich die meisten Sportvereine undSportverbän-de ab demJanuar 1933gleich. Siebeschlossendie "Vollari-sierung",warfen ihrejüdischenMitgliederaus denVereinen undführen dasWehrsport -und Führer-prinzip ein.Die sportli-che Biografieder meistenjüdischenSportler gehtdennochweiter. Esfolgt sogareine kurze, wenngleich von den Nazis erzwungene undgeduldete Scheinblüte der jüdischen Sportvereine, in die diejüdischen Athleten nun abgeschoben werden und Zufluchtfinden. In den beiden jüdischen Sportverbänden Maccabi undSchild finden auch die drei in der Ausstellung biografiertenSportlerinnen Unterschlupf, Halt, soziale Bindungen undnicht zuletzt halbwegs sichere Orte des Sporttreibens. DieHochspringerin Gretel Bergmann wird auf internationalenDruck sogar als einzige "Volljüdin" in das deutsche Olympia-team aufgenommen. Aus dem sicheren England kehrt sienach Deutschland zurück. In Stuttgart, im Adolf- Hitler-Stadion, stellt sie im April 1936 und 22-jährig mit übersprun-genen 1,60 Meter den deutschen Rekord ein. Es nutzte nichts.

Obwohl dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) undder damals wie heute mächtigsten Sportnation USA nicht

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verborgen blieb, dass Bergmann keine echte Chance auf eineTeilnahme an den Spielen hatte, lassen sie sich von derScheinnominierung beschwichtigen. Sie lehnen einen Boy-kott der Spiele ab. Avery Brundage, ein ausgewiesener Anti-semit und später Präsident des Internationalen OlympischenKomitees (IOC), ist in jener Zeit Präsident des NationalenOlympischen Komitees der USA. Er drängte auf eine Teilnah-me der USA. Am 16. Juli 1936 macht sich das US-Team vonNew York aus mit dem Schiff nach Deutschland auf. Ein Tagspäter wird Gretel Bergmann aus dem deutschen Teamgeworfen. "Ein böses Erwachen aus einem wunderschönenTraum", erinnert sie sich später in ihrer Biografie. 1937schließlich wandert Bergmann in die USA aus und heiratet.Lilli Henoch bleibt in Berlin. In ihrer Wohnung gibt sie Pri-vatstunden in Gymnastik. Sie hat Angebote aus dem Aus-land. Doch sie will ihre Mutter und ihre Schüler nicht verlas-sen. Lilli Henoch wird deportiert und schließlich am 5. Sep-tember 1942 in der Nähe von Riga im Alter von 43 Jahrenermordet. Martha Jacob verlässt bereits Ende 1933 Berlin,geht nach London, dann nach Südafrika. Dort stirbt sie 1976in Kapstadt. Gretel Bergmann lebt heute in New York. Sie ist95 Jahre alt, und ein Film über ihr Leben ("Berlin 36") läuftnun in den deutschen Kinos.

"Die Tage von Berlinhaben dem deutschen

Sport gut getan" Interview mit DOSB-Präsident

Dr. Thomas Bach

OF: Neun Tage Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin,welche Bedeutung hatten sie und welche Wirkungen gingenvon ihnen aus?

Bach: Sie waren eine Perle mehr in der Kette sympathischerWeltmeisterschaften in Deutschland. Das Bild des Landes hat

erneut eine positive Prägung bekommen, der Sport-StandortDeutschland hat sich wieder bewährt. Die Fairness und dieSachkunde des Publikums, gepaart mit Begeisterungsfähig-keit, ist eine Mischung, die man weltweit selten erlebt.

OF: Zum Beispiel?

Bach: Der Hochsprung der Frauen. Blanka Vlasic hat dieselbeAnerkennung gefunden wie Ariane Friedrich, und auch diesel-be Aufmerksamkeit. Ariane Friedrich mahnte das Publikumzur Stille vor ihrem Versuch, Blanka Vlasic dirigierte zumBeifall - beide bekamen, was sie wollten. Dass der Beifall füreinen gelungenen Versuch von Ariane Friedrich dann dochetwas stärker ausgefallen ist, gehört zu einem gesundenPatriotismus.

OF: Die vielen Lücken im Stadion vor allem in den erstenTagen der Weltmeisterschaft können auch Ihnen nicht gefal-len haben, zumal es im Hintergrund Erfolg versprechendeBemühungen gegeben hat, Abhilfe zu schaffen.

Bach: Das grandiose Publikum war fähig, das zu überdecken.

OF: Welches Zeugnis stellen Sie Berlin aus?

Bach: Die Stadt steckt an. Sie entwickelt eine Eigendynamik,sie ist offen und neugierig. Und Berlin hat viel zu bieten,unter anderem ein reiches kulturelles Leben.

OF: Der Leichtathletik-Präsident Clemens Prokop hat BerlinOlympiareife bescheinigt und eine erneute Bewerbung für dieSommerspiele empfohlen.

Bach: Ich freue mich über die Begeisterung und über dashohe Interesse an Olympischen Spielen. Unsere ganze Kon-zentration gilt jetzt der Bewerbung Münchens um die Win-terspiele. Die Weltmeisterschaft hatte sicher auch eine Nütz-lichkeit für das Projekt 2018.

OF: Kaum wahrgenommen worden ist, dass mit 55 IOC-Mitgliedern die halbe olympische Vollversammlung nachBerlin gekommen war. Die Olympier konnten sich einenEindruck aus unmittelbarer Nähe machen und bei einemEmpfang mit Präsident Horst Köhler und Kanzlerin AngelaMerkel spüren, dass die politische Führung ein Unterstützerdes deutschen Sports ist.

Bach: Ich habe mich über den zahlreichen Besuch meinerKollegen sehr gefreut. Es zeigt ein großes Interesse an unse-rem Land. Für uns war es eine weitere Möglichkeit, einenEindruck zu vermitteln von einem friedlichen, sportbegeister-ten Deutschland. Man kann insgesamt sagen, die Tage vonBerlin haben dem deutschen Sport gut getan.

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OF: Nur drei Medaillen für Leichtathleten und Schwimmer alsolympische Kernsportarten bei den Sommerspielen in Peking,und ein Jahr später nun nach deren Weltmeisterschaftenstarke Hinweise auf einen Aufschwung. Das Bild der Sieben-kämpferin Jennifer Oeser, die sich nach ihrem Sturz imabschließenden 800-m-Lauf aufraffte und noch Zweitewurde, könnte symbolhaft sein.

Bach: Tatsächlich haben wir hervorragende Leistungen gesehen,das freut uns, und Jennifer Oeser ist ein gutes Beispiel. Dochman darf nicht den Fehler machen, die Erfolge auf die Olympi-schen Spiele 2012 in London hochzurechnen. NacholympischeJahre sind Jahre des Umbruchs. Sie stehen am Anfang einerneuen Anstrengung und eines Neuaufbaus in einem Rhythmusvon vier Jahren. Und Berlin bot den Vorteil einer Heim-WM.

OF: Aber auch unter diesem Gesichtspunkt haben die globa-len Wettkämpfe in Rom und Berlin doch erfreuliche Perspek-tiven für den deutschen Sport eröffnet.

Bach: Man kann das festmachen an Paul Biedermann undRaul Spank. Der eine ist schon an einem Höhepunkt angekom-men, der andere erst 21 Jahre alt, schon fast auf gleicher Höhemit der Hochsprung-Weltspitze und vom eigenen Anspruchangetrieben, Olympiasieger werden zu wollen. Beide sind junge,hoch motivierte, unverkrampfte Leistungsträger. Das ist das,was wir im deutschen Sport brauchen. Also zwei hervorragen-de Beispiele für eine olympische Perspektive.

OF: Kann auch der Diskus-Weltmeister Robert Harting alsVorbild dienen?

Bach: Er ist sicher kein Vorbild außerhalb des Diskusrings. Dochich bin da mit dem Leichtathletik-Vizepräsidenten Eike Emricheinig, der gesagt hat, er sei kein Freund des sofortigen Abstra-fens, sondern des Verständnisses und des genau Hinhörens,und Harting hat mit seiner Entschuldigung einen ersten Schrittgetan. Wenn Harting sich aus Einsicht entschuldigt hat, wenner daraus gelernt hat, dann kann auch er vorbildlich sein. Manmuss bei seinen teilweise fatalen Äußerungen auch unterschei-den. Wenn ich an meine heftige Kritik an der Verbandsführungin meiner Athletenzeit denke - da hätte es genügend Gründegegeben, mich aus der Mannschaft zu werfen, und nichts wäregewesen mit dem Gewinn von Medaillen.

OF: Sie haben in der Vergangenheit wiederholt die Rekord-sucht angeprangert und gesagt, der Wettkampf sei im Sportdas Entscheidende. Der Internationale Leichtathletik-Verbandexerziert genau das Gegenteil. Er gewichtet den WM-Titel mit60.000 Dollar, den Weltrekord prämiert er mit 100.000 Dollar.Kritikwürdig?

Bach: Man muss den fairen Wettkampf lieben, der Rekord istnur ein Beiwerk, schön, wenn es ihn gibt. Wenn schon Prämi-

en, dann sollte das auch einen Ausdruck finden in der Höheder Prämierung. Beim IOC bleibt es dabei, es wird keinerlei Artvon Prämien geben. Es wäre ja auch eine Entwertung derolympischen Goldmedaille.

OF: Usain Bolt vereint alles, was den Sport faszinierendmacht. Für manche steht er aber auch für Übertreibung undMaßlosigkeit und somit für Gefährdung. Sie selbst haben ihnein Jahrhunderttalent genannt, das Sie an den fabelhaftenJesse Owens erinnere. Doch Bolt ist ein Jahrhunderttalent des21. Jahrhunderts. Was ist Ihr Bild von Usain Bolt?

Bach: Grundsätzlich gilt, eine Skepsis ist immer da, Dopingist und bleibt eine riesige Herausforderung für den modernenSport. Als Vorsitzender der IOC-Disziplinarkommission weißich besonders, es gibterschütternde Fälle,und es gibt Abgrün-de. Doch es darfnicht sein, dass derGeneralverdacht zumbestimmendenMaßstab jeglicherLeistung herangezo-gen wird. Das ent-spricht nicht derRealität und diffa-miert den sauberenAthleten, den es ineiner großen Über-zahl gibt. Somit gibtes auch keineBerechtigung, UsainBolt mit einemGeneralverdacht zuüberziehen. Der Sport lebt von Ausnahmeathleten, und erlebt auch von Sternstunden. Das begeisterte, begeisterndeBerliner Publikum hat eine solche Sternstunde erlebt.

OF: Könnten Sie dennoch der Formulierung zustimmen, BoltsLeistungen seien unglaublich gut?

Bach: Nein. Das lässt zuviel Raum für Interpretationen.

Das Interview führte Günter Deister

enige Großveranstaltungen, viele Kleinveranstal-tungen" - auf diese Formel lässt sich das Systemder Sportveranstaltungen reduzieren. In der

Schweiz werden etwa 230.000 Sportveranstaltungen proJahr durchgeführt, wobei sechs Sportarten (Fußball, Hand-ball, Volleyball, Schießen, Tischtennis und Tennis) für 80Prozent der Veranstaltungen stehen, so kürzlich eine Studieder Fachhochschule Luzern. Rechnet man diese Zahlen aufDeutschland (hierzulande hat noch niemand die Zahl derSportveranstaltungen berechnet) hoch, kommt man auf rund2,5 Millionen Sportveranstaltungen.

Bei den meisten der 2,5 Millionen Sportveranstaltungenhandelt es sich um Kleinveranstaltungen mit 20 bis 150Zuschauern. Jedoch kann auch Kleinvieh eine Menge Mistmachen: Beispielsweise zählt der deutsche Amateurfußball(von Oberliga bis C-Klasse ohne Juniorenspiele), der fast dieHälfte aller Sportveranstaltungen in Deutschland ausmachendürfte, pro Wochenende knapp über zwei MillionenZuschauer. Zum Vergleich: Etwa 550.000 Zuschauer findensich pro Wochenende beim Profifußball ein. Grundsätzlichlässt sich sagen, dass wir es im Profisport in aller Regel mitwenig Wettkämpfen und vielen Zuschauern zu tun haben,während sich der Amateursport durch viele Wettkämpfe mitwenig Zuschauern auszeichnet. Eine Zahl aus Großbritan-nien: Hier wohnten 2004 rund 96 Millionen Zuschauer

Amateursportveranstaltungen bei, während die professionel-len Sportveranstaltungen nur 12 Millionen Zuschauer zähl-ten.

Gleichzeitig herrschen ganz unterschiedliche Besuchsmotivebei den Zuschauern von Profi- und Amateursport vor. Soetwa beim Profi- und Amateurfußball: Zu Spielen der Ama-teur- und Jugendligen geht man, weil man einen odermehrere Spieler auf dem Spielfeld persönlich kennt oder mitihnen verwandt ist, man als Vereinsmitglied den Vereinunterstützen und Freunde oder Bekannte auf dem Sport-platz treffen will. Ein Befund, der für alle Amateursport-wettkämpfe gelten dürfte. Dagegen will man beim Profi-sport die Atmosphäre, Spektakel und Stars erleben - und isträumlich und sozial weit entfernt von den Akteuren in derSportarena. Mit anderen Worten: Groß- und Profiveranstal-tungen sind "hochstehende Ereignisse mit hoher Aufmerk-samkeit für Wettkampf und Ambiente", während einedurchschnittliche Amateursportveranstaltung für dieZuschauer ein "soziales Ereignis mit hohem kommunikati-vem Stellenwert" darstellt.

Zudem findet bei Großveranstaltungen eine Ausdifferenzie-rung des Publikums in VIPs (Very Important Persons), Tribü-nenpublikum und Fans statt, während bei Amateursport-wettkämpfen eine solche Differenzierung fehlt - alle

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Auch der Amateursport istein Zuschauermagnet -trotz Besucherrückgang

Von Manfred Weise

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Zuschauer sind gleich und ihre sozialen und gesellschaftli-chen Rollen nicht sichtbar. Bei einer Reihe von Amateurver-anstaltungen (etwa Leichtathletik-Meetings, Schießwettbe-werbe, Turnfeste, Turniere usw.) sind die Wettkampfteilneh-mer gleichzeitig Zuschauer - sogenannte "zuschauendeTeilnehmer", die während ihrer Wettkampfpause die Wettbe-werbe anderer Disziplinen verfolgen.

Besucht werden Sportveranstaltungen sowohl von Personenmit tieferen wie mit höheren Bildungsabschlüssen. Jedochbleibt der Besuch stärker eine Domäne der Männer, obwohlauch bei ihnen mit dem Alter der Besuch von Sportveran-staltungen zurück geht. Sportanlässe besuchen korreliertpositiv mit expressiven und sportlichen Aktivitäten (Musizie-ren oder selber Sport treiben) sowie Geselligkeit und Unter-haltung auswärts (Freunde, Bekannte, Kollegen treffen oderKino-, Disco-, und Gaststättenbesuch), negativ mit Entfal-tung und Kultur (Sprach-, Koch- und Handwerkskurse besu-chen oder ins Theater, in Oper, in Ausstellung gehen), so eineStudie im Jahre 2005. Klar ist auch, dass Jugend-Wettkämp-fe in aller Regel fast ausnahmslos von Eltern, Geschwisternund Freunden besucht werden.

Was bedeutet der Besuch von Sportveranstaltungen inZahlen? Laut Datenreport 2006 des Statistischen Bundesam-tes besucht die Hälfte der Bundesbürger nie Sportveranstal-

tungen, 29 Prozent tun dies sehr sporadisch und nur rund20 Prozent mindestens einmal pro Monat - was sich zum Teildadurch erklären lässt, dass in vielen Sportarten Sportveran-staltungen selten stattfinden (Turnen, Leichtathletik usw.).

Offenbar ist der Besuch von Sportveranstaltungen rückläu-fig. Der Freizeitforscher Horst Opaschowski hat für Deutsch-land festgestellt, dass seit 1987 der Anteil der Deutschen, dienie zu Sportveranstaltungen gehen, deutlich zugenommenhat (von 31 auf mittlerweile fast 50 Prozent). Ähnliches giltfür Österreich. Es lässt sich vermuten, dass der Besuch vonsportlichen Kleinveranstaltungen geringer geworden ist:Zum einen wegen des abnehmenden Interesses an Sportver-anstaltungen, zum anderen sind die Besucherzahlen vonsportlichen Großveranstaltungen in den letzten Jahrengestiegen. Genaue Zahlen hierzu fehlen, weil in Freizeitstudi-en bei der Frage zum Besuch von Sportveranstaltungen nichtzwischen Profi- und Amateursport oder verschiedenenSportarten unterschieden wird.

Sicher ist hingegen, dass der Besuch von Sportveranstaltun-gen im Vergleich zum Ausgehen, zur TV-Nutzung und zumFreunde besuchen - was fast alle regelmässig machen -keine grosse Rolle einnimmt. Wie schon gesagt, nur einFünftel der Deutschen besucht mindestens einmal proMonat Sportveranstaltungen.

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ie Sportwissenschaft hierzulande gilt als eine jungeWissenschaft im Konzert der Disziplinen an denUniversitäten. Der Beginn der Karriere der modernen

Sportwissenschaft in der Bundesrepublik kann rückblickendum die 1970-er Jahre terminiert werden. Der Ausbau desFaches lässt sich somit auch als Ausläufer der damaligenBildungsexpansion einordnen. Ein wesentlicher Karriereschubfür das Fach Sportwissenschaft, das mittlerweile an über 60Standorten von Kiel bis Konstanz und von Vechta bis Chem-nitz studiert werden kann, basiert aber auf einschneidendenaußeruniversitä-ren Entwicklun-gen: Die Vergabeder OlympischenSommerspielenach München1972 auf dereinen Seite unddie Erweiterungdes Sportver-ständnisses imSinne der flottenFormel "Sport füralle" bzw. derStart der Trimm-Dich-Aktionendes DeutschenSportbundes imJahre 1970 aufder anderen Seitelassen sich alsmonumentaleMeilensteinemarkieren. Sie haben letztlich mit dazu beigetragen, dass sichdie Sportwissenschaft in Lehre und Forschung nach und nachan den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen etab-lieren konnte. Der Sport als ein bedeutsames Kulturgut unse-rer Zeit wird seitdem von der Wissenschaft über den Sportgespiegelt.

Ein weiteres Faktum auf dem Wege der fortschrittlich fort-schreitenden Institutionalisierung der Sportwissenschaft inDeutschland war schließlich die Gründung eines Personen-verbandes als Interessenvertretung und Berufsorganisationfür das in der Sportwissenschaft tätige Personal: Im Oktober1976 wurde in München die Deutsche Vereinigung für Sport-wissenschaft (dvs) gegründet, der inzwischen rund tausendMänner und Frauen angehören, die von Berufs wegen in derSportwissenschaft wirken, also lehren und forschen - sei esauf dem Gebiet der Sportpsychologie, der Sportpädagogikoder sei es in der Trainings- und Bewegungswissenschaftsowie der Sportökonomie und der Sportgeschichte. DieSportwissenschaft als eine Disziplin von Disziplinen kann sogesehen ihre Fragestellungen und ihre Erkenntnisinteressen

aus verschiedensten Perspektiven auf das weite Feld desSports richten.

Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse des ersten bundes-weiten Rankings für das Fach Sportwissenschaft, das dasPräsidium der dvs mit seinem langjährigen Präsidenten Prof.Dr. Bernd Strauß (Münster) wesentlich vorangetrieben hat,scheint nun eine weitere wichtige (etwa schon die letzte?)Hürde auf dem langen Wege bis zur vollständigen Etablie-rung erfolgreich genommen zu sein - denn: Noch nie zuvor

in der langen Geschichte dieser medienwirksamen Evaluie-rung der aktuellen Leistungen von Studienfächern bzw.Wissenschaftsdisziplinen an den Universitäten in Deutschlandwar das Fach Sportwissenschaft hier vertreten. Den jetztvorliegenden Studienführer 2009/10 hat die Wochenzeitung"Die Zeit" als Broschüre publiziert. Er geht auf das Hochschul-Ranking des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) inGütersloh (Bertelsmann lässt grüßen!) zurück. Diese Premierefür die Sportwissenschaft macht den Studienführer zu einemeinzigartigen sporthistorischen Dokument: Um es im sportli-chen Bild auszudrücken: Die Sportwissenschaft ist endlich indie Bundesliga aufgestiegen … mehr noch: Es gibt jetzt eineeigene Bundesliga nur für die Sportwissenschaft, in dereinige Institute bzw. Hochschulen ganz oben und andere imMittelfeld oder derzeit nur im unteren Drittel der Tabellerangieren - ganz abgesehen davon, dass einige wenige Insti-tute sich gar nicht für diese Liga qualifizieren wollten oderkonnten. Im Klartext heißt das:

Zur Erstellung dieser Art von Bundesliga-Tabelle warenhöchst umfangreiche Erhebungen an den sportwissenschaft-

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lichen Hochschuleinrichtungen bei Studierenden sowie beiProfessoren und Professorinnen notwendig. Allerdings wur-den ganz kleine Standorte (z.B. Bamberg, Bremen, Braun-schweig) aus Gründen der Vergleichbarkeit bei dieser Erhe-bung nicht berücksichtigt, während einige andere Standorte(z.B. die Universitäten in Darmstadt und Dortmund, aber auchdie Deutsche Sporthochschule Köln) auf eine Teilnahme amRanking freiwillig verzichtet haben. Bei der Befragung wur-den Daten zu 34 Kriterien über den jährlichen Umfang voneingeworbenen Forschungsgeldern (sogenannten Drittmittel)

genauso erfasst wie u. a. die Situation der Sportstätten unddie Betreuungssituation der Studierenden vor Ort. Aus diesenund weiteren Informationen über die einzelnen Standorte(z.B. auch über den Hochschulsport) wurde dann die gesamteStudiensituation ermittelt und in drei Ranggruppen einge-teilt, ohne jedoch numerische (wie bei der richtigen Bundesli-ga-Tabelle!) Platzziffern zu vergeben. Demzufolge gibt esbeim Ranking für die Sportwissenschaft jeweils nur eine"grüne" Spitzengruppe, ein "gelbes" Mittelfeld und eine "rote"Schlussgruppe. Im gedruckten Studienführer bzw. im Internet(unter www.das-ranking.de) sind diese Differenzierungen zufinden.

Wie muss man sich nun diese Bundesliga-Tabelle für dieSportwissenschaft konkret vorstellen? Welche Einblicke sinddamit in die weite Landschaft der Sportwissenschaft inDeutschland möglich? Ein Ergebnis lautet: Mindestens siebenInstitute bzw. Universitäten können sich als Sieger bei diesemRanking bezeichnen: Am besten in der Gesamtbeurteilungschneiden im gegenwärtigen Untersuchungszeitraum für dieLehramtsstudiengänge die Institute für Sportwissenschaft der

Universitäten in Freiburg, Münster, Potsdam, Saarbrücken undTübingen ab. Es folgen: Karlsruhe, Kassel und Konstanz. Beiden sogenannten Bachelorstudiengängen, die nach einemnur sechs semestrigen Studium auf Berufsfelder außerhalbder Schule vorbereiten sollen, gehören Jena, Kiel, Potsdamund Tübingen zur Spitzengruppe. Betrachtet man nur dieForschungssituation separat, dann liegen hier neben weiterenJena und Karlsruhe ganz vorn, während nach den derzeitigenUntersuchungsergebnissen die Ausstattung für das Studiumdes Faches Sportwissenschaft (also die Sportanlagen, die

Bibliothek etc.) inOldenburg und inFreiburg offensicht-lich Spitze ist.

Wem nutzen solcheErgebnisse eigent-lich? Dieser jährlicherscheinende Studi-enführer soll vorallem Studieninte-ressierten einenÜberblick und ver-lässliche Informatio-nen bieten zu denVoraussetzungenund der Art, derAusrichtung und denAnforderungenmöglicher Studienfä-cher sowie zu denAbschlüssen (Lehr-amt, Bachelor, Mas-

ter) und den Berufsfeldern mit den derzeitigen Berufsaus-sichten: Wo kann man das Fach Sportwissenschaft am bestenstudieren? Welches Institut hat die höchste Reputation, wasForschung und Lehre in der Sportwissenschaft anbelangt?Wer Antworten auf solche und andere Fragen speziell für dasFach Sportwissenschaft sucht, kann übrigens auch im Inter-net surfen unter: www.zeit.de/studium/sport. Darüber hinausliefern die Ergebnisse des aktuellen Rankings den Leitungs-gremien an den einzelnen Standorten wichtige Erkenntnisseüber die Entwicklung des Faches an der eigenen Hochschule -nicht ohne Folgen für das Fach Sportwissenschaft. Das kannman so oder so sehen: Ein gutes Abschneiden im Rankinglässt das Fach im Wettbewerb um Ressourcen besser daste-hen. Und eine derzeitige Platzierung in der Schlussgruppe(wer will da schon verweilen?) zeigt Defizite auf, die eswomöglich durch vermehrte Investitionen für das Fach zubeseitigen gilt. Das Ranking avanciert zu einem Steuerungs-instrument im modernen Wissenschaftsbetrieb.

Zwischendurch noch einmal zurück zu den Wurzeln derWissenschaft über den Sport als gesamtgesellschaftliches

Die Sportwissenschaft spielt jetzt in der "Bundesliga"Von Detlef Kuhlmann

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Phänomen unserer Zeit: Die moderne Sportwissenschaftunserer Tage hat mehrere Vorläufer, deren Spuren sich bisweit in das 19. Jahrhundert zurückverfolgen lassen, als es andeutschen Universitäten erstmals exklusive Leibesübungen fürdie (männlichen) Studenten in einem sogenannten "Collegi-um illustre" auf Rennbahn und Turnierplatz,im Ballhaus und auf anderen Übungsstättengab, wofür eigens angestellte Exerzitien-meister für Reiten, Fechten, Turnen undBallspiele angestellt waren. Daran erinnertbeispielsweise Prof. Dr. Ommo Grupe in derzum 150-jährigen Bestehen des Instituts fürSportwissenschaft der Universität Tübingenherausgegebenen Chronik in einem Beitragmit der Überschrift: "Von der Gymnastischen Anstalt zumInstitut für Sportwissenschaft". Der heute 78-jährige OmmoGrupe kam als Dr. phil. im Jahre 1958 an das damals noch sobezeichnete Institut für Leibesübungen, wurde 1960 dessenDirektor und habilitierte sich im Jahre 1967 in der Philoso-phischen Fakultät der Universität Tübingen mit einer Arbeitzu "Grundlagen der Sportpädagogik" als Erster in der DisziplinSportwissenschaft überhaupt.

Grupe, der auch zahlreiche Ehrenämter in Institutionen (z.B.im Bundesinstitut für Sportwissenschaft) und Organisationendes Sports (z.B. beim Deutschen Sportbund und NationalenOlympischen Komitee) bekleidet hat und im Jahre 1971 dierenommierte Zeitschrift "Sportwissenschaft" begründete, giltals Nestor der Sportwissenschaft bzw. der Sportpädagogik inDeutschland. Das Institut für Sportwissenschaft an der Eber-hard-Karls-Universität Tübingen, das er bis zu seiner Emeri-tierung im Jahre 1999 leitete, war das erste in Deutschlandmit dieser mittlerweile vielerorts üblich gewordenen Bezeich-nung. Das Tübinger Institut mit seinem heutigen DirektorProf. Dr. Helmut Digel an der Spitze kann somit als eine derwichtigsten "Keimzellen" der Sportwissenschaft in Deutsch-land bezeichnet werden. Die Einrichtung blickt übrigensinzwischen auf ihr 170-jähriges Bestehen zurück. Und derBogen von der Moderne der Sportwissenschaft quasi zurPostmodernen lässt sich - wenn man so will - ganz gutspannen von der traditionsreichen (nämlich im Jahre 1477gegründeten) Universität Tübingen zur noch jungen (genau40-jährigen Reform-) Universität Bielefeld, wo vor etwasmehr als 30 Jahren die Abteilung Sportwissenschaft als eineder letzten Neugründungen in der alten Bundesrepublik(neben Konstanz, Bochum, Oldenburg u. a.) ihren Lehr- undForschungsbetrieb aufnahm. Die erste Berufung auf eineProfessur für Sportwissenschaft bzw. Sportpädagogik inBielefeld erhielt übrigens damals im Herbst 1978 der Grupe-Schüler Dietrich Kurz, der kürzlich mit 66 Jahren und nach 61Semestern feierlich emeritiert worden ist.

Zurück in die Bundesliga: Über die späte Aufnahme desFaches Sportwissenschaft in das Hochschul-Ranking kann die

Gemeinde der Sportwissenschaftler und Sportwissenschaftle-rinnen in Deutschland nur froh sein. Das Fach Sportwissen-schaft ist damit ein Fach wie viele andere, die schon seitetlichen Jahren regelmäßig auf diese Wese beurteilt werden(z. B. Architektur, Germanistik, Medizin, Informatik): "Die

Teilnahme am Hochschulranking des CHE istein wichtiger Schritt zur weiteren Etablie-rung der Sportwissenschaft als Lehr- undForschungsdisziplin an den über 60 Univer-sitäten im Lande", bekräftigt Prof. Dr. BerndStrauß, der noch bis zum Herbst 2009amtierende Präsident der dvs. Ob man dasRanking deswegen gleich als einen Festtagfür die Sportwissenschaft hochstilisieren

sollte … das bleibt eine offene Frage. Da ist wohl eherBescheidenheit angesagt. Da sollten die Tabellenplätze nichtüberbewertet, sondern manche eher als eine Herauforderungangesehen werden, dort nachzubessern, wo Steigerungenmöglich sind. Für die derzeitigen Sieger gilt wie im richtigenSport der weise Herberger-Ausspruch: "Das nächste Spiel istimmer das schwerste!" - was hier auch modifiziert heißenkönnte: "Kein Ranking ohne Revanche!" … nämlich in dreiJahren, und spätestens dann gilt es, die erreichten Leistungenaufs Neue zu bestätigen. Die Aufnahme in das bundesweiteRanking sollte derzeit jedenfalls weder dem Ansehen nochder Akzeptanz der Sportwissenschaft an den Universitätenund außerhalb geschadet haben. Aber auch die feinen Unter-schiede bei dieser fachspezifischen Gruppensortierung derStandorte der Sportwissenschaft dürfen nicht darüber hin-wegtäuschen, dass es auch eine Kehrseite gibt:

Rankings sagen rein gar nichts aus über all die kleine undgroßen Sorgen und Nöte, die es derzeit auch an den verschie-denen Standorten des Faches zu bewältigen gibt - ob das nundie Umstellung von Studiengängen von Staatsexamina aufBachelor- und Masterabschlüsse ist, was in aller Regel ohneErhöhung von Ressourcen vonstatten gehen muss, oder ob esum die Streichung, Umwidmung oder verzögerte Besetzungvon wichtigen Personalstellen geht - ganz zu schweigen vonden in manchen Bundesländern erhobenen Studiengebühren… bis hin zu der Schließung ganzer Sportinstitute, wie dies vorJahren an der Freien Universität Berlin der Fall war und jüngstan der Universität Bremen wohl kaum noch abzuwenden ist,wo sich dann zukünftig gleich ein ganzes Bundesland von derhochschulischen Ausbildung für das Schulfach Sport verab-schieden würde.

Ein spielerisches Fazit zum Schluss: Das Ranking für das FachSportwissenschaft ist bei Lichte betrachtet nur ein Spiel, beidem im Augenblick die einen ganz oben sind und demnächstdie anderen ganz oben sein können. Bei Rankings gibt esstrahlende Sieger, die morgen schon als enttäuschte Verliererdastehen können. Aber richtiger Sport sind Rankings deswe-gen noch lange nicht.

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GLAUBWÜRDIG,AUTHENTISCH,

TRANSPARENT, MIT ETHISCHERVERANTWORTUNG

Wir rufen zu einem fairen Umgang mit anderen auf, zum Respektieren des Gebots der Chancengleichheit,aber auch zur Verantwortung gegenüber dem eigenen Körper.

mmer wieder Mittwoch. Im schmucken Karbener Leicht-athletik-Stadion "An der Waldhohl" herrscht zwischen17.00 und 19.00 Uhr die gewohnte Betriebsamkeit. Vor

zwei Jahren haben wir uns in die Gruppe der Sportabzeichen-Bewerber gemischt. In der Übungsstunde des TV Petterweilkam der Vorschlag: Mach doch mit. Nach vier JahrzehntenPause wollten wir wie Günter, Gerhard, Klaus und Wolfgangwissen, was noch geht. Vergessen wir die Leistungen voneinst. Die Fünf-Kilo-Kugel kommt uns heute so schwer vorwie einst die 7,25 Kilo-Kugel. Vor allem in diesem Jahr. Dierechte Schulter ist gerade ausgeheilt von der Verletzung, diewir uns bei einem missglückten "Hochsprung" zugezogenhaben. Es fehlt an Kraft, und auch die Koordination ist durch-

einander. Aber die mäßige Weite reicht, wenn wir auch nichtdas Ergebnis vom Vorjahr erreichen. Der persönliche Ehrgeiztreibt nicht nur uns an.

Wenn es nicht gerade in Strömen regnet, sind WilhelmBaumgärtel (78), Richard Diegel (61) und Wolfgang Puth (73)zwischen Mai und Oktober zur Stelle. Wie seit zwanzig Jahrenund mehr. Die drei Prüfer führen selbst die Technik vor, gebenTipps, was zu verbessern ist. Hin und wieder stößt, wenn essein Beruf erlaubt, Peter Bräutigam dazu. Und wir hoffen,dass uns der erfahrene Marathonläufer gegen Ende derSaison wieder beim 3.000-Meter-Lauf "zieht".

Die Übungen werden mit einer angenehmen Beiläufigkeitabsolviert. Wer die Norm schafft, sagt: "Schreib doch malauf." Der Fall wird notiert. Ebenso spätere Leistungssteigerun-gen. Damals, in den sechziger Jahren, im Frankfurter Waldsta-dion war das noch anders. Der Prüfer kommandierte dieKandidaten zu den verschiedenen Disziplinen. Der Vorteil:Konkurrenz belebte das Geschäft. Der Nachteil: Es herrschtePrüfungsstress. Bei der Bundeswehr ging es noch strammerzu. Dafür trugen wir das Sportabzeichen stolz an der Ausgeh-uniform - als Orden.

Die Älteren wie wir bestimmen die Szene, alle schon imRuhestand und deshalb mit zeitlichem Spielraum. Auch "Ander Waldhohl" sind die mittleren Jahrgänge, die unter höchs-tem Berufs- und Familienstress stehen, eher rar. Dafür tau-chen vermehrt Frauen in den mittleren Jahren mit ihrenKindern auf. Die zehnjährige Fiona versucht es zum zweitenMal. "Am besten bin ich im Weitsprung. Ich habe schon 2,58Meter geschafft. Da fehlen nur noch zwei Zentimeter." Wirdschon … Der zwölfjährige David braust beim 50-Meter-Laufdem fast sechzig Jahre älteren Puth davon, einem ehemali-gen Leichathleten, der sich oft als Mitläufer zur Verfügungstellt. Der Junge verrät Talent. Eine Frau ist enttäuscht vonihren Ergebnissen und erklärt sich das so: "Man stellt halt zu

hohe Ansprüchean sich." Das warAnfang Juli undder Sommer nochlang. Regelmäßi-ges Üben wirdschon zu dennötigen Fort-schritten verhel-fen. Das wäreauch der Sinn desBemühens,anstatt sich großdamit tun, dassman die Bedin-gungen auf

Anhieb ohne Training erfüllt hat. Andererseits: Eine Millionvon zwei Millionen Bewerbern haben das Deutsche Sportab-zeichen nicht geschafft. Ein Hinweis, dass es so leicht auchnicht ist, diesen Fitness- und Leistungstest zu bestehen.

Heinz, Jahrgang 1939, sagt: "Ich mache mein Leben langSportabzeichen." Räumt aber auch ein: "Fünfzehn Jahre langhabe ich ausgesetzt." Das ist typisch für die Männer in derMitte des Lebens. Ihm fällt es nicht schwer, die gefordertenLeistungen zu bringen. Sport, vorneweg Radfahren, gehört imAlltag für ihn dazu. Neuerdings auch Nordic Walking. Den-noch lauern Tücken für die Älteren bei den Schnellkraft-Übungen. Statt des riskanteren Weitsprungs mit Anlaufspringen wir wie die antiken Vorbilder aus dem Stand. Werbei zwei Meter im Sand landet, gilt schon als Könner. Auchder Sprint birgt Gefahren. Vor einem Jahr hat sich Heinz beim50-Meter-Lauf einen Muskelfaserriss zugezogen. Wir laborie-ren noch an einer Verhärtung in der rechten Wade, haben eswohl bei den 400-Meter-Runden als Training für den 1.000-Meter-Lauf übertrieben. Haben wir uns am Anfang richtig"warm" gemacht? Das Dehnen haben wir ausgeblendet.

Nach wie vor steht die Leichtathletik im Mittelpunkt derSportabzeichen-Übungen. Gefolgt vom Schwimmen, das miteiner Strecke ein Muss ist, aber auch noch Alternativen für

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Sportabzeichen-Motivationoder Das ganz persönlicheOlympia-Gefühl Von Steffen Haffner

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Schwächen auf der Laufbahn oder im Kugelstoßring bietet.Ein Bademeister im Bad Homburger Seedamm-Bad wird unswieder die Zeit stoppen und sie mit Unterschrift und Stempeldokumentieren. Was machen wir, wenn uns die Verletzungam Laufen hindern sollte? Wer nimmt uns 10 KilometerWandern oder 7 Kilometer Nordic Walking ab? Im Frühherbstwird noch einmal Radfahren über 20 Kilometer angeboten.Dafür müssten wir erst trainieren. Oder für 1.000 MeterSchwimmen in maximal 44 Minuten. Nur lieben wir dasKacheln zählen so gar nicht. Zur Not würden wir auch dasauf uns nehmen, um wieder die Silberplakette (Bronze für einbis zwei, Silber für drei und Gold für fünf Wiederholungen)mit den verschlungenen Buchstaben DOSB (für DeutscherOlympischer Sportbund) und eine Urkunde mit den fünfLeistungen in den Bereichen Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit,Springen und Schwimmen zu bekommen.

Ähnlich wie hier in Karben geht es überall zu in Deutschland.Das Olympia für jedermann, wie das von Carl Diem 1913eingeführte Sportabzeichen genannt wird, ist kein Fall für dieSchlagzahlen. Allenfalls wird davon Notiz genommen, wennBundespräsident Horst Köhler wie schon Richard von Weizsä-cker wieder einmal den Test besteht. Oder, wenn, wie indiesem Jahr, zum ersten Mal für 2008 die Marke von einerMillion verliehener Sportabzeichen verkündet wird. DOSB-Präsident Thomas Bach nannte dies "einen grandiosen Erfolgfür Sport, Gesundheit und Lebensfreude in Deutschland". Alsbesonders wertvoll wurde bezeichnet, dass mehr als dreiViertel Kinder und Jugendliche waren. Diese Zielgruppewurde auch mit einer über zehn Stationen führenden Sport-abzeichen-Tour aktiviert. Für zusätzliche Motivation undöffentliche Aufmerksamkeit sorgten dabei zwei Leichathletik-Idole wie Olympiasiegerin und Weltmeisterin Heike Drechslerund der Zehnkampf-Olympiazweite von Atlanta 1996, FrankBusemann, dazu der Kanu-Olympiasieger Andreas Dittmer.Sie waren als Aushängeschilder der drei Sportabzeichen-Förderer im Einsatz: Heike Drechsler als Mitarbeiterin derBarmer, die in Kooperation mit den meisten Landessportbün-den pro Sportabzeichen 50 Cent für Sportgeräte an dieSchulen bezahlt. Andreas Dittmer engagiert sich als Vertreterdes Sparkassen- und Giroverbandes, der 100.000 Euro füreinen über Internet organisierten Wettbewerb auswirft, beidem Schulen, Unternehmen und Vereine für besonderserfolgreiche Beteiligung Geldprämien erhalten. Frank Buse-mann trat, gesponsert vom Süßwarenhersteller Ferrero, dermit einem Gewinnspiel das Sportabzeichen unterstützt,gleich sechs Mal bei der Tour als Animateur auf.

Die Bemühungen haben sich ausgezahlt. Dass im Vorjahr 75Prozent von einer Million Sportabzeichen an Kinder undJugendliche gingen, spricht für sich. Die Kehrseite derMedaille: Nur rund 225.000 Erwachsene haben den "Sportor-den" erworben. Das ist für ein 82-Millionen-Volk erschre-ckend wenig. In dieser Zahl sind mehr als 41.000 Pflichtab-

nahmen bei der Bundeswehr und rund 3.000 bei der Bundes-polizei enthalten. Im Ausland wurden, meist in Verbindungmit deutschen Schulen und Unternehmen, 9.400 Mal dieBedingungen für das Sportabzeichen erfüllt. Erfreulich, dassauch 7.600 geistig und körperlich Behinderte auf diese Weisezu einem schönen Erfolgserlebnis kamen.

Traditionell nimmt zwischen 20 und 40 Jahren die Zahl derBewerber drastisch ab. 145.000 Männer und knapp 80.000Frauen haben 2008 das Sportabzeichen erworben. Doch dasweibliche Geschlecht ist auch hier auf dem Vormarsch. DasPotenzial für große Steigerungen ist gewaltig. Die Frage ist:Wie lässt es sich besser anzapfen? Bernd Laugsch, beim DOSBverantwortlichfür das Deut-sche Sportab-zeichen, sagt:"Den Königs-weg haben wirnoch nichtgefunden." EineArbeitsgruppeaus DOSB,Landesportbün-den und Spit-zenverbändenarbeite zurzeitan einemneuen Konzept."Das Sportab-zeichen verfügtzwar übereinen hohenBekanntheits-grad. Aber dieBereitschaft,sich dem jährlichen Leistungs- und Fitnesstest zu stellen, istbei den Erwachsenen nicht besonders ausgeprägt." Also gehtes darum, das Sportabzeichen im Bewusstsein der Öffentlich-keit attraktiver zu machen. Dabei wird nach wie vor diskutiert,ob der Akzent mehr auf die Leistung oder mehr auf die Fitnessgesetzt wird. Entsprechend der demographischen Entwicklungmüssten die Übungen für das Sportabzeichen für die Älterenmodifiziert werden. Die Prüfer sollten die Probanten nochkonsequenter anhalten, sich sinnvoll auf die Übungen vorzu-bereiten. Auch wenn beim Ablegen des Sportabzeichensweitgehend das Prinzip "Eigenverantwortung" gilt, bis hin zumärztlichen Check.

Die Betriebe könnten stärker einbezogen, die Familien geziel-ter motiviert und die Vereine durch Sportabzeichen-Kurse fürÜbungsleiter und andere Anreize besser eingebunden werden.Die magische Marke "eine Million Sportabzeichen" ist einschönes Signal - für einen Aufbruch zu neuen Ufern.

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orkshopsfür RopeSkipping,

Cheerleading undTanzen sind die erstenerfolgreich durchge-führten Veranstaltun-gen des Turn- undSportvereins Gries-heim 1899 für Mäd-chen und Jungen.Partnerschaftlich istdie Jugendförderungder Stadt Griesheimmit von der Partie,sachlich über dasZuschusswesen undmenschlich durch die"netten Mitarbeiter"(TuS-Vereinsnachrichten, Ausgabe 1-2/2009). Der OrtsgruppeBarsinghausen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft(DLRG) ist es zu verdanken, dass während eines einzigenSchuljahres 186 Schülerinnen und Schüler des Hannah-Arendt-Gymnasiums in Barsinghausen eine Prüfung zumRettungsschwimmen bestanden haben.

Afrikaner, Russlanddeutsche und einheimische Bürgerinnenund Bürger sind buchstäblich zusammengerückt, als dieSportgemeinschaft Gießmannsdorf und die KirchengemeindeLuckau zu einem Toleranztag für Menschlichkeit und Gleich-berechtigung eingeladen hatten. Der Sportverein Hobbachund der Hobbacher Seniorenkreis gewinnen mit altersent-sprechender Gymnastik und Lesestunden die Älteren undAlten für das Vereinsleben. Behinderte Menschen könnenregelmäßig spielen und Sport treiben, weil der TurnvereinCannstatt 1846 jetzt auch mit dem Caritasverband Stuttgartkooperiert und seine Platzanlage zur Verfügung stellt.

Zeitgemäß handelnde Vereinsvorstände wollen Maß und Zielan sportlich-sozialer Verantwortung in Übereinstimmungbringen. Diese gesellschaftliche Herausforderung erfordertimmer öfter die partnerschaftliche Vorgehensweise. Ihr dientdie "Mitarbeit in kommunalen, regionalen und bundesweitenVereinigungen bzw. Netzwerken, deren Inhalt die Förderungvon Zielen ist, die dem Vereinszweck entsprechen". So stehtes in der Satzung der Turn- und Sportgemeinde Rohrbach1889, Heidelberg, zuletzt geändert am 13. März 2009. Dieerste Mitgliederversammlung der Sport-Gemeinschaft EmporNiederbarnim, Panketal, gegründet am 24. Juni 2008, schreibtin ihrer Satzung "die Zusammenarbeit mit anderen Einrich-tungen zur Förderung des Breitensports" fest.

Neue Vereine finden sich schnell in der Gemengelage derörtlichen Gegebenheiten zurecht. Die länger bestehenden

entwickeln ihre gesellschaftlichen Maßnahmen weiter, wobeida häufig die Beschlüsse zur Satzung die nachvollzogenenBestätigungen für engagiertes Handeln der verantwortlichenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Führung, Sportpraxis undVerwaltung sind. Auf diese Weise werden Akteure und Aktivi-täten durch Formulierungen abgesichert, die der Gesetzgeberverlangt. Zeitnahe Zustimmungen von Jahreshauptversamm-lungen kommen dazu. Die obersten Vereinsorgane bestätigendas Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und setzen zusätzli-che Kräfte frei.

Die in den letzten Jahren kaum noch besuchte Vereinsgast-stätte "Jahnstube" hat der Turn- und Sportverein Neuhausen1898 - auch mit öffentlichen Geldern - zum Sportkindergar-ten umgebaut, die Nutzung der unmittelbar anschließendenTurnhalle eingeschlossen. Der Männergesangverein Neuhausen1851 ist daran interessiert, die musikalische Bildung zu über-nehmen. Im kooperativen und beweglichen Einsatz ist bereitsdas Kreativmobil "Bunter Hund" aus Denkendorf. Das machtvon Kindesbeinen an das Leben möglichst barrierenfrei.

Selbstverständlich ist das nicht. Deshalb hat die Stadt Mörfel-den-Walldorf mit der Sport- und Kulturgemeinschaft 1888Walldorf als einem kompetenten Partner eine Arbeitsgemein-schaft für Mädchenfußball gegründet, die dem Sport und derIntegration von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte zugutekommen wird. "start - Sport überspringt kulturelle Hürden"heißt das Projekt.

Damit Hindernisse bestenfalls gar nicht erst aufgebaut wer-den, entstehen Netzwerke im kleinen oder größeren Verbund,immer passend "gestrickt" und ausbaufähig, wenn die Situa-tion es erfordert. Sie sind auf Dauer angelegt, aber im ständi-gen Dialog veränderbar. Regelmäßig angesetzte Gespräche zuInhalten erhöhen die Effektivität. Sie führen zur Erkenntnis,

Sportverein und Co.: Soziale Partnerschaften

die sich lohnen Von Karl Hoffmann

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dass die eigenen Stärken, mit denen der Partner geschicktverknüpft, neue Möglichkeiten eröffnen.

Altersgemäß sind die Kursangebote, die der Turn- und Sport-verein Spandau 1860 (TSV), Berlin, mit qualifizierten Übungs-leitern seit sieben Jahren für die Bewohner des "UferpalaisSeniorenresidenz am Spandauer See" macht. Beiderseitig istder Vorteil. Denn die TuS-Mitglieder haben freien Eintritt zuden Veranstaltungen im Uferpalais. Als das Zentrum Ober-wiehre Freiburg (ZO) zusammen mit der Heiliggeistspitalstif-tung und dem Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee seinendritten Seniorentag mit den Themen Leben und Wohnen imAlter, Pflege, Fitness und Gesundheit durchführte, war auchdie Freiburger Turnerschaft von 1844 mit einem stark besuch-ten Informationsstand vertreten.

"Mit Partnern außerhalb des Sports versucht der größtelippische Sportverein attraktive Angebote für die LemgoerBevölkerung zu gestalten", schreibt der Turnverein Lemgo von1863 in seiner Vereinszeitschrift mit dem treffenden Titel "TVBewegungsMelder", Ausgabe Juni 2009. Zum Beispiel mitdem Gesundheitsnetzwerk Lemgo. Dort kooperieren dasKommunale Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe, dasAmtsgericht Lemgo, der Landesverband Lippe als wichtigerWirtschaftsfaktor und der TV Lemgo selbst. Das KrebszentrumLemgo wird besichtigt. "Aquacycling", "Rücken-Fit" und"Entspannung" sind Inhalte von Kursen. Gemeinsam wirdgekocht und lecker gegessen: "Ruck-zuck auf den Tisch". OderErnährungsberatung als Vortrag: "kurz und knackig".

Netzwerke sind vor allem für Familien wichtig. Hier mitzu-knüpfen, entspricht dem Selbstverständnis der Sportvereine.Deshalb beteiligen sie sich auch am Projekt "Lokale Bündnissefür Familie" des Bundesministeriums für Familie, Senioren,Frauen und Jugend. 550 gibt es zur Zeit zwischen Aachen,

Zehdenick und Zell. DerFamiliensportverein Rückers-dorf ist Gründungsmitglieddes lokalen Bündnisses indieser brandenburgischenGemeinde. Das Lokale Bünd-nis für Familie Limburg ander Lahn sammelt Spendenbei Institutionen, Unterneh-men und Privatpersonen. Siewerden an Musik- undSportvereine weiter geleitet,damit dort auch Kinder vonfinanzschwachen Familiengefördert werden können.Das Bündnis übernimmt ausdem Spendenaufkommenzum Beispiel die Kosten fürdie Mitgliedschaft, verläss-

lich und gut beraten von Caritas und Kindertagesstätten.

Der Einstieg in den jugendgemäßen Sport im Sinne vonPatenschaften für sozial Benachteiligte ist ein Anfang, deranders wohl nicht zu bewerkstelligen wäre. Noch mehr Sportzu preiswerten Bedingungen kommt dagegen den Mitglie-dern gerade recht, die Spaß an der Abwechslung haben. DieVereine verstehen die Wünsche und setzen sie um, ohne dasssie zusätzliche Probleme mit Personal und Räumlichkeitenhaben. Dennoch positionieren sie sich im örtlichen Markt undwerden von der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen.

Deshalb hat die Turngemeinde 1878 Oberlahnstein (TGO) eineVereinbarung mit dem PhysiodomLahnhöhe, Limburg, getrof-fen. Danach können TGO-Mitglieder das innovative Zentrumfür Trainingstherapie zu einem ermäßigten Monatsbeitragnutzen. Wasserski und Wakeboarding offeriert der Verein fürLeibesübungen (VfL) Pinneberg als neuer Partner der "Wasser-skiarena" Pinneberg. Das ideale zusätzliche Freizeitvergnügenist im Vergleich zu den üblichen Eintrittspreisen für VfL-Mitglieder mit Saisonkarte für den halben Preis zu haben.

Wenn Zusammenarbeit auf lokaler Ebene ernsthaft ange-strebt wird, sind inzwischen Berührungsängste tabu. Ent-scheidend ist die Übereinstimmung von Anbietern, Organisa-tionen und Institutionen in den Zielen. "Profis im Ehrenamt",hier und dort, hauptberufliche Mitarbeiter im Sport undanderswo ziehen an einem Strang. Verhandelt wird aufAugenhöhe, gehandelt ebenso. Die Wege sind kurz, die Ver-ständigung geht schnell, die Abwicklung ist unbürokratisch.

Alles wird öffentlich und intern selbstkritisch daran gemes-sen, wie es dem Menschen hilft. Und der gegenseitige Nutzender Partner vor Ort - ob gemeinnützig oder kommerziell - istauch ein fairer Anspruch.

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eginnen wir unseren Exkurs über das Verhältnis desMenschen zu einem ganz besonderen Tier mit einemlegendär anmutenden Beispiel aus der an Besonder-

heiten nicht gerade armen Geschichte Olympischer Spiele derNeuzeit. Man schreibt das Jahr 1956. Im australischen Mel-bourne finden die Olympischen Sommerspiele statt, dieWinterspiele im italienischen Cortina d'Ampezzo; und dasschwedische Stockholm veranstaltet die Olympischen Reiter-spiele. Unter den Augen der Königspaare von England undSchweden und weiterer 23.000 Zuschauer beginnt in derHauptstadt Schwedens am 17. Juni das Große OlympischeJagdspringen. Auch eine deutsche Mannschaft reitet um den"Preis der Nationen": Alfons Lütke Westhues mit der Stute"Ala", Fritz Thiedemann mit dem 13-jährigen Wallach "Mete-or" und Hans Günther Winkler mit seiner "Halla".

Es ist der erste Umlauf. Lütke Westhues und Tiedemannhaben den 775 Meter langen Parcour mit seinen 14 Hinder-nissen bereits geritten und mit insgesamt 24 Fehlerpunkteneine gute Vorgabe geschaffen. Jetzt kommt Hans GüntherWinkler mit seiner Stute Halla. Er reitet in zügigem Tempound hat bereits 12 Hindernisse fehlerfrei genommen. Nunsind Pferd und Reiter schon vor dem wohl kompliziertestenHindernis, der dreifachen Kombination mit dem 1,45 Meterhohen Oxer, der 1,52 Meter hohen Barriere und dem OffenenOxer von 1,45 Meter Höhe und 1,70 Meter Breite angelangt.Aber auch hier gelingt ein fehlerloser Sprung -schon sind sieam vorletzten Hindernis. Halla springt, eine Stange zittert,

doch sie bleibt liegen; Halla setzt auf - und auf einmal hängtihr Reiter schmerzverkrümmt im Sattel.

Für einen Moment scheint das Pferd ratlos zu sein, dochdann setzt es mit seinem hilflosen Reiter über das letzteHindernis, die 1,60 Meter hohe Parkmauer. Im Sprung streifendie Vorderbeine das Hindernis; es zittert, es fällt: 4 Fehler-punkte. Doch es genügt, um Deutschland mit 28 Punkten vorEngland und Italien vorne zu sehen. Aber Hans Günter Wink-ler muss man aus dem Sattel helfen und die Diagnose derÄrzte lautet: Leistenbruch mit teilweisem Bauchdeckenriss.Seine Mannschaftskameraden und die Betreuer sind bestürzt,doch Winkler will weitermachen; denn für die deutscheMannschaft hängt jetzt alles davon ab, ob er und sein Pferdden 775 Meter langen Parcour meistern kann. Die Ärzteverordnen ihm eine Morphiumspritze gegen die fast uner-träglichen Schmerzen, bevor er den zweiten Umlauf zu reitenbeginnt. Aber trotz dieses äußerst starken Schmerzmittelshängt er mehr als er sitzt im Sattel. Und manche Zuschauerleiden bei diesem Anblick mit ihm mit.

Doch Halla trägtihren Reiter feh-lerfrei über diezweifache, diedreifache Kombi-nation, ja über alleHindernisse hin-weg. Und am Endedieses dramati-schen Wettkamp-fes gelingt es mitdiesem legendärenRitt nicht nur demReiter Hans Gün-ther Winkler,sondern auch derdeutschen Mann-schaft, die ersehn-te Goldmedaille zusichern. Und so istdieses OlympischeJagdspringen am17. Juni 1956 imStockholmerStadion zu einer

Das Pferd:B

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Legende geworden, in deren Nachwirkungen der Stute Halla imwestfälischen Warendorf sogar ein Denkmal errichtet wurde!

Doch es war ein sehr weiter Weg durch die Berge und Tälerder Evolution, ehe sich aus jenem Lebewesen mit dem wis-senschaftlichen Namen "Eohippus", das vor 50 MillionenJahren im Erdzeitalter des Tertiär graste, das Pferd bis zuseiner heutigen Gestalt entwickeln konnte. Damals nur etwa25 Zentimeter hoch, war dieses Tier wohl alles andere alsstattlich zu nennen. Und auch noch 25 Millionen Jahre späterwar es erst auf 50 Zentimeter Größe angewachsen.

Es mussten noch circa 20 Millionen Jahre vergehen, ehe derevolutionäre Vorläufer unseres Pferdes in etwa zu der unsMenschen vertrauten Größe heranwachsen konnte, ehe sichschließlich in den Steppen und Halbwüsten Asiens und Afri-kas das Wildpferd entwickelte; jener hochspezialisierte, hoch-beinige Unpaarhufer, der wie kein zweites Tier den Lauf derMenschheitsgeschichte beeinflusst hat, als es dem Menschengelang, die Wildheit des Fluchttieres Pferd zu zähmen und esin mannigfacherWeise für seineZwecke "einzu-spannen". Sei esals schwer arbei-tendes Ackerpferdoder als Antriebvon Kampf- undStreitwagen in derAntike, aber auchals pfeilschnellesFortbewegungs-mittel der Reiter-horden desDschingis-Khan.Und auch bei densportlichenWagenrennen imklassischen Grie-chenland und imalten Rom ent-schieden letztend-lich die Pferdeüber Sieg oderNiederlage.

Zucht und Training der Pferde sind also keine Erfindungender Neuzeit. Schon im Jahr 400 vor unserer Zeitrechnungberichtete der Grieche Xenophon, ein Schüler des Philoso-phen Sokrates, über die Pferdedressur und beschrieb dasrichtige Reiten folgendermaßen: "Einen Sitz wie in einemSessel, also mit hochgezogenen Knien, kann ich durchausnicht loben. Richtig sitzt der Reiter, wenn er mit beidenSchenkeln gespreizt aufrecht auf dem Pferde sitzt. Denn aufdiese Art wird er mit beiden Oberschenkeln mehr am Pferdfesthalten, er reitet mit festerem Schluss."

Diesen altgriechischen Anweisungen wollen wir nicht wider-sprechen, denn das hieße "das Pferd vom Schwanz her auf-zäumen". Und wenn ein weiterer Spruch behauptet: "Wer eingutes Pferd hat ist gut bewaffnet", dann erinnert er uns anjene Zeit, als ungezählte Pferde als "Waffen" mit ihren Rei-tern auf den Schlachtfeldern der Geschichte ihr Leben ließen,während so mancher berühmte Feldherr, sei es nun Alexanderder Große oder Napoleon, "hoch zu Ross" gesessen und demSchlachtgetümmel zugesehen hat.

Kulturbegleiter des Menschen und Sportkameradauf vier Beinen Von Herbert Somplatzki

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Doch auch Kunst und Dichtung haben sich in vielfältigerWeise des Pferdes angenommen und ihm mit der Kreationdes "Pegasus" sogar Flügel verliehen. In diesem Zusammen-hang sei an den bekannten Satz: "Ein Pferd! Ein Pferd! MeinKönigreich für ein Pferd!" erinnert, den der große Dramen-dichter William Shakespeare seinen König Richard III. imgleichnamigen Theaterstück in allerhöchster Not rufen lässt.

Selbst die politische Rede ist scheinbar auf das Pferd angewie-sen. So rief etwa Bismarck, bekannt als "Eiserner Kanzler", 1882den Zuhörern im Preußischen Abgeordnetenhaus zu: "Einbraves Pferd stirbt in den Sielen!" Aber auch heutzutage, imZeitalter von Atomreaktoren und Weltraumeroberungen, sindSätze zu hören wie: "Sie ist unser bestes Pferd im Stall!", "Mitdem kann man Pferde stehlen", "Das war aber eine Pferdekur!"- aber auch: "Mich bringen keine zehn Pferde von der Stelle!"

Doch mit Redensarten allein ist der Einfluss des Pferdes nochlängst nicht erschöpft; denn als "PS", dieser Abkürzung von"Pferdestärke", treibt es in manchmal hundertfacher Verdich-tung die Explosionsmotoren unseres liebsten Fortbewegungs-mittels, des Automobils, zu immer größerer Geschwindigkeitan. Auf diese Weise bleibt, selbst in unserer Computer-gesteu-erten und global vernetzten Zeit, das Lebewesen Pferd in seinervielseitigen Wechselwirkung sprachlich mit dem menschlichenLeben verbunden. Doch auch ein weiteres Feld praktischerBedeutung ist dem Pferd mit dem Sport entstanden und hatdem einstmaligen Arbeitstier einen neuen Stellenwert

gebracht, der ihm selbst bei den Olympischen Spielen derNeuzeit einen festen Platz sichert. Aber es nicht der Spitzen-sport allein, der die heutige Bedeutung des Pferdes beflügelt;denn gerade der Breitensport hat in den Industrieländern demPferd seinen neuen Rang beschert. Ja, man könnte fast sagen,dass diesem Tier durch den Sport das traurige Schicksal erspartwurde, auf die Liste der aussterbenden Arten zu geraten!

Und dieser Aufwärtstrend des Sportpferdes geht weiter. Hattebeispielsweise die Deutsche Reiterliche Vereinigung zuAnfang der 1970-er Jahre noch einen Mitgliederbestand vonknapp 200.000, so wuchs diese Zahl schon 10 Jahre späterauf 450.000, um schließlich 2008 auf über 750.000 anzustei-gen. Da es jedoch Schätzungen gibt, die besagen, dass sichaußerhalb des organisierten Sports mindestens noch einmalso viele Menschen mit dem "biologischen Sportgerät Pferd"beschäftigen, kann man die Größe dieser Bewegung durchausals außerordentlich bezeichnen.

Doch auch der Betrug macht vor diesem Lebewesen nichthalt. Es ist weniger das alte Betrügen, das ein Sprichwort ausItalien so beschreibt: "Beim Pferdehandel misstraue sogardeinem Vater!" Es sind vielmehr seine modernen Varianten,die den "Sportkameraden auf vier Beinen" zum schuldlosenOpfer machen. Seien es die rüden Trainingsmethoden man-cher Reiter oder aber die unterschiedlichen Delikte desDopings, hier wird ein Lebewesen, das sich dagegen nichtwehren kann, der Willkür des Menschen ausgesetzt. Der

vierbeinige Hoch-leistungssportlernamens Pferd hateinen besonderenAnspruch darauf,nicht denGewinnmaximie-rungs-Gelüsteneinzelner Men-schen ausgeliefertzu sein! Aber wirwollen die Schuldsolcher Fehlent-wicklungen nichteinseitig auf denSpitzensportabladen, dennhier werdenschon Maßnah-men ergriffen, dieden Dopingbetrugahnden. Was vielgrößere Sorgenbereiten müsste,ist, wie ein Tier-arzt berichtete,

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das Doping der Pferde im Amateurbereich. Hier sollen sich,ungehemmt durch gezielte Kontrollen, in zunehmendemMaße so genannte "Pferdefreunde" an dem ihnen anvertrau-ten Lebewesen Pferd des Dopings schuldig machen. Umdiesem erschreckenden Problem beizukommen, bedarf eseines breiten Widerstandes; hier müsste auch der Tierschutzeingreifen. Ist doch das Lebewesen Pferd dem Menschen, deres vor Jahrtausenden zähmte, in seiner domestizierten Formauf Gedeih und Verderb wehrlos ausgeliefert. Und wenn derLeiter der Abteilung Veterinärmedizin bei der DeutschenReiterlichen Vereinigung, Dr. Michael Düe, sagt: "Das Pferdmuss auf gewissen Gebieten vor dem Zugriff des Menschengeschützt werden", dann wird unsere Verantwortung fürdieses Lebewesen zur Pflicht.

Trotz dieser Schattenseiten in der Begegnung zwischenMensch und Tier hat es aber den Anschein, dass jene einstmalswilden Herdentiere aus den Steppen und Halbwüsten Asiensund Afrikas, inzwischen zu Araberstuten und Hengsten, zuTrakehnern, Hannoveranern, Holsteinern, Lippizanern oder zuKaltblutpferden herangezüchtet, sich durch den Sport wiedereinen festen Platz in unserer Kulturgesellschaft erobert haben.

Es war auf der größten Pferdemesse der Welt, der "Equitana2009" in Essen, der "Kulturhauptstadt Europas 2010", als aneinem der Messestände eine Frau zu einer anderen sagte:"Nun reite ich schon so viele Jahre, aber erst heute ist mir hierso richtig klar geworden, wie unglaublich viele Dinge es gibt,die man um dasPferd herumkaufen oderverkaufen kann!"Das ist einewirklich ermun-ternde Aussage inZeiten der großenFinanzkrise, dieden Pferdestärkender Autoindustrieweltweit so vielzu schaffenmacht. Der Pfer-desport alsWachstumsmotorin wirtschaftlichschwierigenZeiten? Es scheintso zu sein. Istdoch die Anzahlder internationa-len Aussteller, diebei der "Equitana"vor zwei Jahrennoch 800 betra-

gen hat, bei der Messe 2009 auf 850 angewachsen. Pferde-freunde aus 30 Nationen sind in die Stadt im Ruhrgebietgekommen, um diesem Jahrtausende langen Kulturbegleiterdes Menschen ihre Aufmerksamkeit zu widmen.

Das Angebot "rund um's Pferd" in den 17 großen Messehallenist fast unüberschaubar gewesen. Auf einer Ausstellungsflä-che von gewaltigen 110.000 Quadratmetern konnten Pferde-freundinnen und -freunde jene Dinge finden, die angeblichihre Herzen höher schlagen lassen. Zwar soll das Glück dieserErde, wie es ein geflügeltes Wort behauptet, auf dem Rückender Pferde liegen, doch scheint es fraglich, ob alle dieseDinge, die da als Zubehör manche Ausstellungshalle bis andie Ränder füllten, auch notwendig sind, um dieses Glück invollem Umfang zu genießen.

"Das Pferd ist oft klüger als sein Reiter", heißt es zwar ineinem Sprichwort, aber in Rezessionszeiten wie diesen ist esdurchaus richtig zu zeigen, welchen finanziellen Stellenwertdieses besondere Tier auch für unsere Volkswirtschaft besitzt.Wie sagte doch einst ein gewisser Buffon, ein Pferdefreundohne Zweifel: "Die schönste Eroberung, die der Menschjemals gemacht hat, ist die Zähmung des stolzen und feuri-gen Tieres, des Pferdes." Dass sich der Sport dieser schönstenEroberung des Menschen, trotz der inzwischen bekanntenSchattenseiten, in zunehmender Weise weit gefächertannimmt, spricht sicherlich nicht gegen die Aussage, dass derSport ein Kulturgut unserer Zeit ist.

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it der Vaterschaft ist es so eine Sache. Vater zuwerden ist nicht schwer, es zu sein dagegen sehr.Diese Erkenntnis, wohl so alt wie die Menschheit,

hat bekanntlich Wilhelm Busch auf seine unnachahmlicheWeise auf den Punkt gebracht und weiter ausgeführt: "Selbstder Lasterhafte zeigt, dass er gar nicht abgeneigt. Nur will ermit seinen Sünden keinen guten Zweck verbinden."

Im Blick auf die Vaterschaft von Johann Christoph FriedrichGutsMuths ist freilich weniger von Laster und Sünden, umsomehr aber vom guten Zweck zu berichten, zumal sich letzte-rer mit einem bemerkenswerten Erfolg verband - wobei hiernicht die Verdienste um die Erziehung seiner immerhin elfKinder in Rede stehen, über die sich ohnehin nur mutmaßenließe.

Im Blickpunkt steht vielmehr die weit über das Privatehinausreichende Lebensleistung eines großen Pädagogen,dessen 250. Geburtstag den Anlass für eine ganze Reihe vonAktivitäten und Festivitäten bot, deren Höhepunkt ein Festaktam 9. August im thüringischen Schnepfenthal darstellte. Ebendort nämlich hat der Jubilar fast sein gesamtes beruflichesLeben verbracht und dabei den ansonsten bis heute eherbeschaulichen Ort zum Begriff gemacht.

So steht Schnepfenthal ebenso für die Anfänge der Leibes-übungen in Deutschland wie etwa die Berliner Hasenheide,wo GutsMuths' 19 Jahre jüngerer Zeitgenosse FriedrichLudwig Jahn entsprechende Impulse setzte. Während Letztge-nannter als "Turn-Vater" mit gleichsam offiziösem Beinamenin das historische Gedächtnis Einzug nahm, ist der - zumaleher ungewöhnliche - Name des anderen allgemein wohlweit weniger geläufig, als seine ebenfalls bahnbrechendeErfindung, für die er die Bezeichnung "Gymnastik" wählte.Dass er zudem als der "Vater des Schulsports" zu würdigenist, dürfte nur in Fachkreisen bekannt sein.

Schon von daher und sicher aus dem gegebenen Anlass ist esverdienstvoll, die Erinnerung an den am 9. August 1759 inQuedlinburg in Sachsen-Anhalt geborenen GutsMuths wach zuhalten und bei dieser Gelegenheit einmal kritisch zu beleuch-ten, was aus seinen innovativen Initiativen denn geworden ist.

Wenn wir also einen Blick auf die Situation und Perspektivedes Schulsports, auf entsprechende Errungenschaften undDefizite werfen, mag ein Rückgriff auf die Anfänge, aufGutsMuths und auf Schnepfenthal durchaus inspirierend odergar motivierend wirken. Schließlich sind der Mut und dieWeitsicht despassioniertenErziehers, dersich schon injungen Jahrenals Hauslehrerverdingte,durchausbeispielhaft -auch undgerade fürjene, die sich inihrem Bemü-hen um Fort-schritte imhiesigen Bil-dungswesenam üblichenWiderstand derBedenkenträ-ger und Zau-dernden reiben.

Während sichheutiger

250 Jahre GutsMuths: Ein "Denk-Mal" für den Vater des Schulsports Von Andreas Höfer

M

62Skizzen aus „Gymnastik für die Jugend“

Reformeiferletztlich und imgünstigsten Fallzumeist mitkleinen Korrektu-ren am herge-brachten Modellzu begnügen hat,richtete sich derEhrgeiz des jun-gen GutsMuths -einfacher undschwierigerzugleich - auf dieErschließung einesgänzlich neuenHorizontes, wobeier sich die allge-

meine Aufbruchstimmung zunutze machte, die aus derAufklärung resultierte.

Wie andere auch verschrieb er sich der Aufgabe, den Men-schen den Weg aus ihrer manifestierten Unfreiheit zu weisenund als Vehikel die Bildung zu nutzen. Dabei fühlte er sich imbesonderen dem Philantropismus verpflichtet, eine Bewe-gung, die in Idee und Begriff auf den ReformpädagogenJohann Bernhard Basedow zurückgeht und im berühmtenDessauer "Philantropinum" eine zentrale Wirkstätte fand. Indieser "Pflanzschule der Menschheit" galt die Maxime der

Menschlichkeit, die, so das neue Denken, auch und gerade imUmgang mit Kindern und Jugendlichen die Richtschnur allen(pädagogischen) Handelns sein sollte. Diese sollten eben nichtals "kleine Erwachsene", sondern im Sinne ihrer spezifischenBedürfnisse behandelt, sprich erzogen werden, auf dass siesich zu einem "nützlichen", zugleich aber auch individuellenund selbstbestimmten Mit-glied der Gesellschaft zu entwi-ckeln vermochten.

In diesem Geiste wirkte auch Christian Gotthilf Salzmann inDessau, bevor er 1784 eine eigene philantropische Lehranstalteben in Schnepfenthal gründete und bereits kurze Zeit späterden jungen GutsMuths, gerade Mitte Zwanzig, einstellte.Dieser hatte sich durch ein breitgefächertes Studium in Hallean der Saale, Fremdsprachenkenntnisse, gewisse Erfahrungenals Hauslehrer sowie auch und vor allem durch seine pädago-gische Passion empfohlen, die sich offenkundig mit entspre-chendem Ehrgeiz und Talent verbanden.

Wie richtig Salzmann mit seiner Einschätzung lag. Jedenfallssollte der Berufseinsteiger die in ihn gesetzten Erwartungenüber die Maßen erfüllen, wobei dies im Übrigen auch umge-kehrt galt. Was immer sich GutsMuths von einem Engage-ment in Schnepfenthal erhofft haben mochte, er hatte seineLebensaufgabe gefunden, der er sich fortan mit bemerkens-werter Energie und nicht minder großem Erfolg widmensollte. Mehr als fünfzig Jahre lang hat GutsMuths unterrich-tet, erzogen, geforscht und geschrieben und dabei nicht nurvor Ort bis heute sichtbare Spuren hinterlassen.

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Neben der Geographie war es der Körper des (jungen) Men-schen, dem seine ganze Schaffenskraft galt. In seiner Verant-wortung für die gymnastische Unterweisung der Schnepfen-thaler Zöglinge sammelte er wertvolle Erfahrungen, die ermit gezielten Beobachtungen und speziellen Untersuchungenverband und deren Ergebnisse er der Öffentlichkeit nichtvorenthalten wollte. So legte er 1793 seine berühmte "Gym-nastik für die Jugend" vor, ein erstes Lehrbuch zum Thema,das schnell als Standardwerk, ja als Klassiker galt, verschiede-ne Neuauflagen und Übersetzungen erfuhr und nicht nurJahn inspirierte, sondern die Entwicklung der Leibeserziehungauch außerhalb Deutschlands, insbesondere in Skandinavien,beförderte.

Im Kern plädiert das Buch dafür, die Bedeutung und dieFunktion des Körpers in seiner Korrelation mit der Seele zubegreifen, wobei letztere als der eigentliche Zweck des päda-gogischen Bemühens und ersterer als Mittel zum selbenanzusehen sei. Wird der Leib, so die GutsMuths'sche These,nur entsprechend erzogen, wird auch die Seele trainiert, alsodas Gute im Menschen gestärkt und entwickelt, und zwarzum Wohle einer starken und gesunden, zudem hohen mora-lischen Ansprüchen genügenden Gesellschaft.

Dabei korrespondiert das Primat der Moral mit der Verpflich-tung zur Leistung, dem unermüdlichen Streben immer besserzu werden, einer Kardinaltugend, der sich der Mensch inseiner Verantwortung für sich und für die Gemeinschaft, derer angehört, stets verpflichtet fühlen sollte. Hier bezog sichGutsMuths - ähnlich wie etwa hundert Jahre später Pierre deCoubertin, ein anderer "Gründervater" der neuzeitlichenSportgeschichte - auf das (vermeintliche) Vorbild der grie-chischen Antike und das Ideal einer harmonischen Verbin-dung von Körper und Geist. Wie später der französischeBaron, der seine Olympische Idee in erster Linie als pädagogi-sche Idee verstanden wissen wollte und dessen ursprünglicheIntention auf eine Stärkung des französischen Schulsportsnach englischem, aber auch deutschem Vorbild zielte, war esauch GutsMuths darum zu tun, dem physischen und damitauch moralischen Verfall der Gesellschaft Einhalt zu gebieten.

Während Coubertin sein Bemühen aber mit einem internatio-nalen, ja globalen Anspruch verband, blieb der Fokus beiGutsMuths - wie auch und viel mehr noch bei Jahn - auf diedeutsche Jugend gerichtet. An diese ging sein Appell: "Lasstuns den Körper mehr abhärten, so wird er mehr Dauer undNervenstärke erhalten; lasst uns ihn üben, so wird er kraftvoll

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und tätig werden, dann wird er den Geist beleben, ihn männ-lich und kraftvoll, unermüdlich und muthvoll machen."

Ein Aufruf, der sich, wenn auch nicht in der Wortwahl, sodoch in seiner Intention an die heutige Jugend und ihreErzieherinnen und Erzieher richten könnte, wie auch dieVizepräsidentin für Bildung und Olympische Erziehung,Gudrun Doll-Tepper, in ihrem Vortrag beim SchnepfenthalerFestakt im Namen des Deutschen Olympischen Sportbundesakzentuierte.

Wobei sie gleich die Einschränkung machte, dass jedes(sport)pädagogische Bemühen inzwischen zu Recht und zumGlück auch die weibliche Adressatengruppe gleichberechtigtumfasse, während GutsMuths, trotz allem Reformeifer dochauch noch dem Zeitgeist verhaftet gewesen sei. Immerhinwollte er, wie manche seiner Zeitgenossen, die Aktivitätenvon Mädchen und Frauen keineswegs auf Haus und Hofbeschränkt wissen, doch bezogen sich seine Vorstellungenweiblicher Leibesübungen auf "tägliche Bewegungen imFreyen, muntere und bewegende häusliche Verrichtungen,kleiner Fußreisen" sowie ausgewählte "Übungen, die gefahr-los, vorteilhaft und weit anständiger wären als Reiten".

"Andere Aspekte der Theorie und Praxis der Leibesübungenvon GutsMuths", so führte Doll-Tepper weiter aus, "weisenaber eine geradezu zeitlose Relevanz auf. Den Gedankenetwa, Kinder nicht zu ihrem (sportlichen oder auch musikali-schen) Glück zwingen zu dürfen, erscheint uns - etwa imBlick auf übermotivierte ‚Sporteltern' - auch heute besonderssympathisch. Und wenn GutsMuths stattdessen die Kraft desguten Vorbildes anmahnt, so fühlen wir uns, die wir im Sportund im Bereich der Erziehung generell Verantwortung tragen,durchaus immer noch angesprochen. Hier kommt eine huma-ne Grundhaltung zum Tragen, der wir uns auch heute umsomehr verpflichtet fühlen, als die negativen Aspekte desHochleistungssports auch im Kindes- und Jugendalter unsAnlass zur Sorge und Anlass zum Handeln geben."

So gesehen ist dem Motto des "GutsMuths-Jahres" beizupflich-ten: "GutsMuths - gut tut's!" Sollte aus den entsprechendenAktivitäten zumindest ein kleiner Impuls zu Gunsten desSchulsports entstehen, hätte sich der Aufwand bereits gelohnt.Ganz abgesehen davon, dass ein Wort seines größten Zeitge-nossen, nämlich Goethe, dessen Geburtstag sich am 28. Augustzum 260. Mal jährte, das Erinnern an GutsMuths zu beflügelnvermag: "Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt."

65Schulgebäude Schnepfenthal

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ünf Tage kein Fernsehen, kein Telefon, kein Internet.Kaum vorstellbar. Doch nicht unmöglich. Am drittenTag habe er "um eine Zeitung betteln müssen", sagt

Michael Hübner, "damit man wenigstens in etwa weiß, wasdraußen los ist". "Draußen", das heißt in diesem Falle außer-halb der Klostermauern. Freunde hatten dem Chemnitzer zuseinem "Fünfzigsten" im April ein ungewöhnliches Geschenkgemacht, den Aufenthalt in der Benediktinerabtei Plankstet-ten im Altmühltal. Mal 'raus aus täglichem Trott... ThomasSchönlebe und Jens Carlowitz,dem Leichtathletikfreund alsehemalige 400-Meter-Assebekannt, geleiteten den Jubilarbis zum Portal. Katja, HübnersLebensgefährtin, nahm ihn nachfünf Tagen wieder in Empfang.Resümee: "Es hat mir sehr, sehrgut getan. Ich habe Ruhe gefun-den, die man nirgendwo sonstfindet. Und ich hatte Zeit, überDinge nachzudenken, über dieman sonst nicht nachdenkt." Ja,und gewandert sei er, fügt ernicht ohne Stolz hinzu: fünfzigKilometer innerhalb von vierTagen. Bemerkenswerte Bekennt-nisse eines Mannes, der "keinKind von Traurigkeit" war.

Der Sport habe ihn "zu einemewigen Kämpfer" gemacht, sagter. Aufgeben, gibt's nicht. "Wasman macht, muss man konse-quent machen", ist der erste Grundsatz, den er auch "seinen"Sportlern mit auf den Weg gibt. "Wir wollen jungen Leutenalte Werte vermitteln", umreißt er die Richtung des Chemnit-zer Radteams Erdgas 2012. Mit der Jahreszahl ist das Zielvorgegeben: Olympia in London. Als Sportlicher Leiter hatHübner mit dem dreimaligen Sprint-Olympiasieger Jens

Fiedler (Team-Manager) und Ralph Müller (Trainer) engagierteMitstreiter an der Seite.

Ohne Umschweife verkündet er die Vorgabe für das sächsi-sche Team für 2012. "Mit zwei, vielleicht auch drei Athletenwollen wir dabei sein." Dass zur jungen, hoffnungsvollenGarde sein Sohn Sascha gehört, motiviert ihn verständlicher-weise zusätzlich. Mit dem Namen des Vaters als Bürde könneder 21-Jährige umgehen, sagt Michael Hübner. Er ist ehrgei-

zig und einer, der sich im Wettkampf steigern kann. Mit der"Zwei-Neun" (1:02,9 Minuten über 1.000 Meter), die Saschaim Mai in Frankfurt/Oder erreichte, sei "das Ende der Fahnen-stange noch nicht erreicht". Bei der U 23-Europameister-schaft im Juli in Minsk bestätigte Hübner junior diese Kilome-terzeit, die ihm Rang sechs einbrachte. Wenige Tage vorher

WWas macht eigentlich ...?as macht eigentlich ...?

Michael HübnerMichael HübnerVon Jochen Frank

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war er in Erfurt mitdem Erdgas-Trio imTeamsprint deut-scher Meistergeworden. Schrittfür Schritt, so derVater, sollte esaufwärts gehen.

Die Frage, ob erdem Sohn alsAnsporn einesseiner Weltmeis-tertrikots mit denRegenbogenfarben

überlassen habe, verneint er unmissverständlich. "Das muss ersich selbst erarbeiten." Sieben Exemplare des begehrtestenTrikots, das der internationale Radsport zu vergeben hat,hängen bei ihm zu Hause im Schrank. Seit 1983, als er inZürich hinter seinem ewigen Rivalen Lutz Heßlich aus Cott-bus und dem Russen Sergej Kopylow den Bronzeplatz belegthatte, kehrte er bis zum Abschied 1996 von keiner Weltmeis-terschaft ohne Medaille zurück.

Seine sportlichen Ziele verfolgte er mit einem Ehrgeiz undeiner Hartnäckigkeit, die er heute bei anderen vermisst. "Diewenigstens sind bereit, die Opfer auf sich zu nehmen, die derSport verlangt, wenn man an die Spitze will. Viele sind miteinem Platz im Kaderkreis schon zufrieden. Hauptsache, dieSporthilfe ist gesichert." Hübner spricht verallgemeinernd voneiner "Verweichlichung der Gesellschaft", die er mit Sorgebeobachtet. Mit 37 sagte er den Pisten adieu. Mit WM-Silbervon Manchester, gemeinsam mit Jens Fiedler und SörenLausberg im olympischen Sprint erkämpft, setzte er einenwürdigen Schlusspunkt unter eine Karriere, die in dieserSparte beispiellos ist. Insgesamt siebenmal Gold, siebenmalSilber und zweimal Bronze stehen unterm Strich. Als verspot-teter Sprinter-Opa, der nach hinten durchgereicht wird,wollte er nicht abtreten. Es hätte seinem Ruf als Ausnahme-könner, den er sich hart erarbeitet hatte, nur geschadet.

Hübner, der Modellathlet. Hübner, das Kraftpaket. Hübner, derVelo-Schwarzenegger... Welche Attribute hat man nicht allefür den 1,88 Meter großen, blonden Hünen gefunden, derden Radsprint plötzlich auch für weibliche Fans attraktivmachte. Hatte Hübner die reichlich 100 Kilo Körpergewichtals Schwungmasse auf dem Rad zur Höchstgeschwindigkeitgebracht, kam kaum einer an ihm vorbei. Wenn er nichtgerade Lutz Heßlich hieß. "Wir haben uns jahrelang die Kantegegeben", resümiert Hübner im Nachhinein, obwohl er in dengroßen Duellen mit dem Lausitzer meist den Kürzeren zog.Ausnahme war das WM-Finale der Amateure 1986 in Colora-do Springs, das er mit 2:1-Läufen gewann. Eine seiner Stern-stunden, die er mit dem WM-Doppel in Sprint und Keirin

1992 in Valencia und mit dem WM-Sieg mit Fiedler und Janvan Eijden im Mannschaftssprint 1995 in Bogota auf eineStufe stellt. Nach dem Mauerfall stand der damals 30-Jährigevor der entscheidenden Frage, ob er sein Sportstudium fort-setzen oder ins Profilager wechseln sollte. "Eine der schwers-ten Entscheidungen meines Lebens." Bereut hat er's nie. Elfseiner 16 WM-Medaillen entfallen auf die Jahre ab 1990. Wasihm fehlt in der üppigen Sammlung an Plaketten, Schleifen,Urkunden, Titeln und Pokalen ist eine olympische Medaille.Obwohl er über einen Zeitraum von vier Olympiaden Welt-spitze verkörperte. Nach dem Boykott-Jahr 1984 erlebte erSeoul 1988 wenigstens als Ersatzmann. Pro Disziplin war proLand nur ein Starter zugelassen. Und an Heßlich führte keinWeg vorbei.

1992 in Barcelona verhinderte die Trennung zwischen Ama-teuren und Profis eine Teilnahme. 1996 verzichtete Hübnerauf eine Startchance in Atlanta, um der jungen, folgendenGeneration nicht den Weg zu verbauen und sich selbst aufseinen WM-Abschied in Manchester konzentrieren zu können.In der Erinnerung an Seoul '88 schwärmt er von der "locke-ren, einmaligen Atmosphäre" im Olympischen Dorf, in demman den Stars anderer Sportarten begegnen konnte. Lachendfügt er hinzu, dass es nach Siegen "traumhafte Partys" gabund er für die Beschaffung alkoholischer Getränke "verant-wortlich" war. "Ich hatte ja Zeit…"

Michael Hübner hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er somanches Mal über die Stränge geschlagen und "auch vielMist gebaut" hat. Seine Ehe mit Heidi ist "durch meineSchuld gescheitert". Er spricht Klartext. Er gehört zur Katego-rie Mensch, bei der man weiß, woran man ist. "Herumeierei",typisch sächsischer Ausdruck, mag er nicht. Noch vor derpolitischen Wende hatte er beispielsweise in einem seinerzeitAufsehen erregenden Zeitungsinterview als einer der erstenDDR-Sportler einen Anteil aus den finanziellen Einnahmendes Staates nach Erfolgen im Ausland gefordert. Es war dieZeit, als Preisgelder von Grand-Prix-Wettbewerben in dieKasse des Staates flossen und der DDR-Athlet mit einemTagesgeld zufrieden sein musste. Später, als Profi, hat er gutverdient. Mit einer Immobilienfirma, mit der er sich einzweites berufliches Standbein geschaffen hatte, erlebte erdas Auf und Ab der Branche und arbeitet heute für eineFirma, die Einzelhandelsstandorte im Osten Deutschlandsentwickelt.

Entspannung sucht der Liebhaber italienischer Küche beiFernsehsendungen mit populärwissenschaftlichem oder mitgeschichtlichem Hintergrund. Dass er Sascha, dem jüngerenseiner beiden Söhne (Alexander ist 27), jetzt so manchenKniff aus seinem Erfahrungsschatz mit auf den sportlichenWeg geben kann, ist für ihn Reiz und Genugtuung zugleich.Und Motivation für die Arbeit in "seinem" Team mit Blickrich-tung 2012. Mit aller Konsequenz. Ein "ewiger Kämpfer" eben.

ußballplätze gehören ebenso zum Stadt- und Dorfbild wieSakralbauten, markante Häuser, Brücken und ähnliches -

nicht nur in Deutschland. Neben den kommerziellen Arenendes Profifußballs gibt es unzählige "einfache" Plätze desAmateurfußballs. Und diese strahlen oft eine ganz besondereAtmosphäre aus, die Besucher stärker in ihren Bann ziehenkann als ein modernes Stadion. Ein Beispiel für solche Besu-cher sind der Bonner Jurist Hubert Detmer und sein Mitstrei-ter Thomas Frison, beides begeisterte Fotografen, die derFaszination von Amateur-Fußballplätzen seit einigen Jahrenerlegen sind und die besuchten Stätten fotografisch doku-mentieren.

Detmer und Frison sind dabei jedoch keine Groundhopper undauch keine Sportfotografen: "Sportfotografie interessiert unsweniger. Die jeweilige Landschaft, die Architektur oder einebizarre Atmosphäre - das ist klassische Konzeptfotografie. DerFußballplatz ist die Klammer für Spurensuche, Dokumentation,Fotoroman oder auch Reisereportage. Stilistisch ist uns dasVerhältnis zwischen Detail und Totale wichtig. Ansonsten:Naturalismus - immer möglichst nah an der Wirklichkeit."

Einige hundert Bilder von Fußball-Landschaften haben Detmerund Frison mittlerweile zusammengetragen und auf ihrerWebsite www.fussball-landschaft.de veröffentlicht.

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Fußball-LandschaftenHubert Detmer und Thomas Frison und die Amateurfußballplätze

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Aktuelles aus der Bundesgeschäftsstelle

RegionaltreffenEinen kritischen Blick in die Vergangenheitund auch in die Zukunft in Bezug aufMitgliederstruktur, Finanzen, Chancen,Risiken, Probleme und Projekte haben dieVertreter der Zweigstellen zusammen mitdem Präsidium am Anfang des Jahresgeworfen. Unter der Anleitung der Füh-rungsakademie des DOSB fanden vierRegionaltreffen statt, die sich mit denZielen, Aufgaben und Visionen der Deut-schen Olympischen Gesellschaft beschäftig-ten. Die Tagesordnung behielt Themen wiedie Zusammenarbeit der Zweigstellen mitdem Präsidium und der Bundesgeschäfts-stelle sowie die Aufgaben und Ziele derZweigstellen vor.

In einem abschließenden Gespräch zogennun das Präsidium, die Geschäftsstelle unddie Führungsakademie ihr Fazit. Alle Betei-ligten begrüßten das Gespräch mit denZweigstellenvertretern und möchten dieseVerbindung weiterhin aufrechterhalten. ImRahmen der Treffen wurde deutlich, dassdie Deutsche Olympische Gesellschaftderzeit über keine zentrale Ausrichtungverfügt. Hierfür sprechen insbesondere dievielen einzelnen Projekte der Zweigstellen,die zum Teil auf recht unterschiedlicheInhalte und Ausführungen zurückgreifen.Ein gemeinsames bundesweites Projektsollte in Zukunft die Basis einer DeutschenOlympischen Gesellschaft sein, auch wenndarüber hinaus die Zweigstellen ihre regio-nalen Schwerpunkte weiterhin setzen.

Mit Stolz kann die Deutsche OlympischeGesellschaft auf ihre einzigartige Vergan-genheit zurückblicken. In den letzten 60Jahren wurde nicht nur vieles bewegt undAußergewöhnliches geschaffen, sondern vorallem die Olympische Familie gefestigt. VieleAufgaben aus der Gründerzeit werden

mittlerweile durch andere Verbände, Institu-tionen und Einrichtungen abgedeckt.Dennoch verfügt die Deutsche OlympischeGesellschaft als einzige Mitgliedsorganisati-on der Olympischen Idee über ein Alleinstel-lungsmerkmal, welches es nun gezielt inden 50 Zweigstellen zu verdeutlichen gilt.

Das bereits im letzten Jahr neu entwickelteSelbstverständnis der Deutschen Olympi-schen Gesellschaft bedarf einer aktivenUmsetzung und einer entsprechendenMotivation. "Die Deutsche OlympischeGesellschaft ist ein Förderverein, der sich fürdie Verbreitung des Olympischen Gedankensin Sport und Gesellschaft einsetzt! Sieverfolgt das Ziel mit der Vermittlung Olym-pischer Werte (gesellschaftliche) Problemeim Sport und durch Sport zu lösen." DieAktivitäten der Zweigstellen sollten denFokus auf diesen Schwerpunkt legen.

Mit einem bundesweiten Projekt möchtesich die Deutsche Olympische Gesellschaftgemeinsam mit ihren Zweigstellen undMitgliedern bereits in naher Zukunft prä-sentieren und sich dabei verstärkt für dieVerbreitung der Olympischen Idee einsetzen.Erste Gespräche mit einigen Zweigstellen-vertretern, Kooperationspartnern undpotentiellen Sponsoren finden bereits statt.

Olympic Day RunMittlerweile zum 61. Mal fand der weltweiteLauf für die Olympische Idee auch 2009statt. Wie im Vorjahr engagierten sichsieben Städte für die Olympische Bewegungund machten den Olympic Day Run für alleSportbegeisterten erlebbar. Die einstigenZiele haben in diesem Jahr nicht an Aktuali-tät verloren. Der Olympic Day Run verbindetweltweit Menschen, um miteinander Sportzu treiben. Nicht Zeiten und Platzierungensondern einzig die Teilnahme zählt, dennochsoll die Leistung des Einzelnen nicht außerAcht gelassen werden.

Frankfurt

Der Startschuss für die weltweit größteBreitensportveranstaltung fiel am 31. Mai inFrankfurt. Am Pfingstsonntag organisierteder Hessische Leichtathletik-Verband (HLV)in Zusammenarbeit mit dem DeutschenTurner-Bund (DTB) und der ZweigstelleFrankfurt/Rhein-Main den Lauf, der imRahmen des diesjährigen InternationalenDeutschen Turnfestes in Frankfurt stattfand. Unter dem Leitmotiv "Leistung machtSpaß" liefen die 1.500 Laufbegeisterte imAlter von 5 bis 79 Jahren bei optimalen

Nachrichten der DOG

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Wetterbedingungen Distanzen zwischen 0,8km und 8,5 km, um ihren persönlichenErfolg vor einem großen Publikum zu feiernund ein Zeichen für die Olympische Idee zusetzen. Die Besucher konnten sich ebenfallsüber die Teilnahme des DTB-PräsidentenRainer Brechtken und dessen Vizepräsiden-ten Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke sowieüber den Vorsitzenden der ZweigstelleFrankfurt/Rhein-Main Karl Eyerkaufer(ehem. Deutscher Meister und Landrat)freuen. Ein weiteres Highlight war dieTeilnahme des Ex-Top-Hürdenläufers undBronzemedaillengewinners der OlympischenSpiele von Seoul 1988, Edgar Itt.

Bergisch Gladbach

Auch in diesem Jahr wurde der Olympic DayRun in Bergisch Gladbach wieder erfolgreichmit dem zweitältesten Frauenlauf, dem 24.Bensberger Frauenlauf, verknüpft. 515Frauen und Mädchen konnten zwischendem klassischen Frauenlauf, dem LadiesWalking Day und dem in diesem Jahr daserste mal stattfindenden Girlies Fun Runwählen. Neben der traditionellen Rose,einem T-Shirt und GRANINI - Fruchtsaft gabes für die Teilnehmerinnen einen weiterenPreis: sie durften alle zur Entspannung undzur Belohnung für die erbrachte Leistungdie Saunalandschaft der Wellness - Oase"Mediterana" besuchen.

Kiel

Der Sporttag der Kieler Schulen, der imRahmen der Kieler Woche jedes Jahr statt-findet und die größte Einzelveranstaltungim Programm der Kieler Woche darstellt,fand wie bereits im vergangenen Jahrseinen Abschluss mit dem Olympic Day Runder Schüler. 2380 Schülerinnen und Schüler,vom geübten Läufer, dem Gelegenheitsläu-fer bis zum Anfänger, aus ganz Schleswig-Holstein meldeten sich für die 10km langeStrecke an. Natürlich war auch das Rah-menprogramm dem Sport gewidmet. DieSchüler, denen der Lauf noch nicht reichte,um sich auszupowern, konnten in denverschiedensten Sportarten an Wettkämp-fen teilnehmen.

Odenwald-Tauber

Rund 800 Teilnehmer und hochsommerli-ches Wetter trugen dazu bei, dass derOlympic Day Run in Walldürn ein erfolgrei-cher Tag war, den Aktive sowie auch Zu-schauer noch lange in Erinnerung behalten

werden. Zusammen mit der ZweigstelleOdenwald-Tauber richtete das Erzbischöffli-che Kinder- und Jugendheim "St. Killian"den Lauf aus. Die Teilnehmer waren aufge-fordert, eine Stunde lang so viele Rundenauf einem etwa einen Kilometer langenRundkurs durch die Walldürner Innenstadtzu laufen, walken oder zu skaten. Pro Rundespendete ein Sponsor des Kinder- undJugendheims einen bestimmten Betrag.Bürgermeister Markus Günther, die Vorsit-zende der Zweigstelle Odenwald-TauberElisabeth Krug und der Olympiadritte undWeltmeister im Schwimmen Thomas Lurzließen es sich nicht entgehen, die Aktivenaller Altersgruppen anzufeuern.

Rems-Murr / Auenwald

Knapp 200 begeisterte Läufer liefen entwe-der die 5km-, die 10km-Strecke oder ent-schieden sich für die 10km lange Walking-Strecke des 2. Auenwaldlauf in dem derOlympic Day Run eingebettet war. ZumAbschluss der Veranstaltung gab es eintypisch schwäbisches "Hocketse", ein ge-mütliches Beisammensein mit traditionellenSpeisen und Getränken unter freiem Him-mel.

Degerloch / Stuttgart

Eine Premiere gab es beim diesjährigenOlympic Day Run in Degerloch. Zum erstenMal wurde im Rahmen des ODR und zu-gleich dem 27. Degerlocher Volkslauf "Rundum die Hohe Eiche" auch ein Rollstuhl-Lauffür Jugendliche angeboten. Zusätzlich zudieser Premiere konnte des Weiteren noch

ein Teilnehmerrekord von 288 Läufernaufgestellt werden.

Berlin

Den Abschluss bildete der am 6. Septemberin Berlin ausgetragene Olympic Day Run. ImRahmen des Nationalen Leichtathletik-Meetings, dem DKB-Cup, ist dieser Laufrund um die historische Kulisse des Olympi-schen Dorfes von 1936 eingebettet worden.Der DKB-CUP wurde ins Leben gerufen, umdeutschen Topathleten einen zusätzlichenAnreiz und weitere Unterstützung für diepersönliche Leistungsentwicklung bieten zukönnen. Somit trafen die aktiven Läufer desOlympic Day Runs auf Leichtathletikstars,wie beispielsweise die frischgebackeneWeltmeisterin Steffi Nerius und Tim Lobin-ger.

BewegungspatenschaftDas Ziel, 5.000 Bewegungsstunden inDeutschlands Kindergärten zu etablieren, isterreicht. Besonders dank der Unterstützungder Charity-Partner iglo und dem DeutschenFußballbund ist es gelungen, 5.000 Bewe-gungsstunden für insgesamt 20 Kindergär-ten zu erreichen. Leider konnten aufgrundder großen Bewerberanzahl nicht alleKindergärten berücksichtigt werden.

Mit der finanziellen Unterstützung in Höhevon 500 Euro pro Kindertageseinrichtungwird den Einrichtungen die Möglichkeitgegeben, zusätzliche Bewegungsstunden

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durch ortsansässige Übungsleiter, Physio-therapeuten oder Motopädagogen zuetablieren. Die Erzieherinnen und Erziehersammeln durch die Anleitung des Fachper-sonals sowie durch Fortbildungen Anregun-gen, um langfristig Bewegung alltäglich zumachen. Ein Schritt, der für die Entwicklungder jüngsten Generation elementar ist.

Natürlich ließen es sich die Vorsitzenden derZweigstellen nicht nehmen, persönlich denScheck über 500 Euro an die Leitung desKindergartens ihn ihrem Gebiet zu überrei-chen.

Zur feierlichen Übergabe der Patenschafts-urkunde durch die Vorsitzende der Zweig-stelle Miltenburg-Obernburg, Rosi Dauphin,an den Kindergarten "Abenteuerland"erschien ebenfalls der Bürgermeister Mat-thias Luxem, der sich spontan mit einemPurzelbaum in die Vorstellung der Kindereinband und somit seine Vorbildfunktionauch im Bereich des Sports und der Bewe-gung unterstrich.

In Dresden wurden der Vorsitzende derZweigstelle Dr. Jürgen Löffler und dieehemalige Ruderolympiasiegerin KerstinFörster mit einem Sportfest im Kindergarten"Leubener Kinderinsel" begrüßt. Diesersportliche Empfang hob die Bewegungs-freude und die Vorfreude auf die gewonnenBewegungsstunden hervor.

Georg-von-Opel-PreisWie im vergangenen Jahr heißen auch diediesjährigen Preisträger Lena Schönebornund Eric Walther. Beide gewannen dieInternationalen Deutschen Meisterschaftenim Modernen Fünfkampf am 23. und 24.Mai 2009 in Bonn und sind damit zugleichdie Preisträger des Georg-von-Opel-Wan-derpreises der Deutschen OlympischenGesellschaft. Traditionell erhält den Pokal,der nach dem 1. Präsidenten der DOGbenannt ist, der Deutsche Meister imModernen Fünfkampf.

Verbunden mit dem Georg-von-Opel-Preisist ebenfalls eine Geldprämie in Höhe von2000 Euro. Darüber hinaus haben die beidenbesten Nachwuchsathleten Janine Kohl-mann und Alexander Nobis jeweils 1000Euro zur Unterstützung ihrer weiterensportlichen Entwicklung erhalten.

Die Prämien wurden von der Familie vonOpel gestiftet. Carlo von Opel, Sohn Georgvon Opels und Vorsitzender der ZweigstellePfalz, betonte: "Mit der Erweiterung desPreises wollen wir die Erinnerung an dengroßen Sportförderer Georg von Opel wachhalten und zugleich den Modernen Fünf-kampf unterstützen, der als Sportart gewis-sermaßen für das vielfältige Engagementund die Leidenschaft meines Vaters für denSport steht."

Neuer Landesvorsitzenderin HessenMit einem einstimmigen Beschluss wurdeMitte Juni der Vorsitzende der ZweigstelleFrankfurt/Rhein-Main Karl Eyerkaufer zumVorsitzenden des Landesverbandes Hessengewählt.

Der ehemalige Olympiateilnehmer KarlEyerkaufer übernahm das Amt von seinemlangjährigen Vorgänger Hubert Hey. DerEhrenvorsitzende der Kreisgruppe Odenwaldgab diesen Posten aus Altersgründen ab. ZumStellvertreter von Eyerkaufer wurde, ebenfallseinstimmig, Johann Weyrich (Vorsitzenderder Kreisgruppe Odenwald) gewählt.

Neben den Wahlen standen weitere Themenauf der Agenda. So unter anderem umfang-reiche Informationen über die Aufnahmedes Landesverbandes Hessen in den Landes-sportbund Hessen sowie die hiermit zuerwartenden Anforderungen und Aufgaben.Die anwesenden Zweigstellenvertretertauschten zudem ihre Erfahrung in deneinzelnen Zweigstellen aus.

Berlin gewinnt vor Baden-Baden/MittelbadenMitgliederwerbung innerhalb der DeutschenOlympischen Gesellschaft ist Ehrensache. Um

das Engagement der Zweigstellen zu würdi-gen, vergibt die Bundesgeschäftsstelle jährlichden Wilhelm-Garbe-Preis. Die Zweigstellender DOG sind jährlich aufgefordert, vom01.08. bis zum 31.07. des Folgejahres neueMitglieder für die Olympische Idee zu werben.Der Lohn der Mühen zeigt sich durch dasPreisgeld im Gesamtwert von 3.000 Euro. DerErstplatzierte erhält ein Preisgeld in Höhe von1.500 Euro und wird vom Präsidenten miteiner Urkunde ausgezeichnet. Der Zweiteerhält 1.000 Euro, der Dritte immerhin noch500 Euro für die Zweigstellenarbeit vor Ort.Zudem werden alle Erstbeiträge der Neumit-glieder im darauffolgenden Jahr dem Zweig-stellenkonto gutgeschrieben.

Die Auszeichnung erinnert an den treuenDOG-Anhänger und fleißigen Werber Wil-helm Garbe. Die Faszination Olympia zuverbreiten, das Netzwerk zu stärken undneue Mitglieder für die Olympische Idee zugewinnen, gehörten zu seinen Kernaufgaben.

Erneut konnte sich der LandesverbandBerlin e.V. den ersten Platz sichern. Bereitszum vierten Mal in Folge macht die Haupt-stadt auf ihre aktive Mitgliederarbeit vor Ortaufmerksam und setzt somit ein Zeichen fürdie Zukunft der Olympischen Idee. Darüberhinaus stehen regelmäßige Aktivitäten vonJung und Alt im Vordergrund, die Interes-sierte davon überzeugen, sich der Zweig-stellenarbeit anzuschließen.

Über den zweiten Platz kann sich dieZweigstelle Baden-Baden/Mittelbadenfreuen. Erst vor knapp zwei Jahren gegrün-det, wächst auch hier die Mitgliederzahl vonJahr zu Jahr. Leider verpasste die ZweigstelleMittelfranken den dritten Platz nur knapp.Mit 13 neuen Mitgliedern fehlten lediglichzwei Mitglieder, um die Voraussetzung vonmin. 15 Neumitgliedern zur Berücksichtungim Wilhelm-Garbe-Preis zu erfüllen.

Mit den Endergebnissen 2009 fällt zugleichder Startschuss für die neue Wertung desWilhelm-Garbe-Preises. Die Bundesge-schäftsstelle wünscht allen Zweigstellenbeim Werben viel Erfolg.

Jugend

Sport verbindetSeit vielen Jahren schon betreibt die Stadt-sportjugend Brandenburg einen regen

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Austausch mit der israelischen Stadt Raana-na. Organisiert wird dieser vom Verein fürinternationale Arbeit im Sport "Ra'anana e.V.".Jedes Jahr fliegt eine Gruppe von deutschenSchülern nach Israel und umgekehrt.

Neben diesem Schüleraustausch findetebenfalls jährlich ein Fachkräfteaustauschfür Multiplikatoren statt. In diesem Jahrvertrat Felix Odebrett (Bundesjugendaus-schuss) als Fair Play-Botschafter die Deut-sche Olympische Gesellschaft bei dieseminternationalen Austausch.

Die Multiplikatoren waren vor Ort in einerisraelischen Gastfamilie untergebracht undhatten somit die einmalige Gelegenheit, dasAlltagsleben in Israel hautnah miterleben zukönnen sowie interessante Gespräche mitEinheimischen zu führen. Die Stadt, in dersie mit ihren Gastfamilien lebten, warRaanana. Raanana ist eine halbe Autostun-de nordöstlich von Tel Aviv entfernt und giltals grünste Stadt Israels.

Der erste Ausflug führte die Teilnehmernach Jerusalem. Nach einem Besuch mitFührung durch das Holocaustmuseum ginges in die Altstadt von Jerusalem. Geschicht-

strächtige Orte wie die Klagemauer, die al-Aqsa-Moschee oder dem Berg Golgota, aberauch die engen Gassen und Marktständegeben dieser bedeutenden Stadt ihrenbesonderen Charme. Die nächste Busfahrtführte in die Wüste Negev. Nach einersieben Kilometer langen Wanderung durcheine atemberaubende Wüstenlandschafterreichte die Gruppe eine idyllische Oase.Sieben Kilometer später, zurück am Aus-gangspunkt, stand der Besuch des Grabmals

von Ben Gurion auf dem Programm. Hierwartete eine Besonderheit: Eine Zeltnachtmitten in der Wüste.

Von der Wüste Negev ging die Fahrt ansTote Meer. In einem Selbstversuch über-zeugten sich die jungen Sportler, dass selbstNichtschwimmer hier nichts zu befürchtenhaben. Die zweite Städtereise hatte dasnahegelegene Tel Aviv als Ziel. Nach einemBesuch im historischen Hafen von Jaffa,erkundeten sie die quirlige Innenstadt vonTel Aviv mit seinem reichhaltigen Markt.

Insgesamt standen zwei Tage zur freienAusgestaltung zur Verfügung. Felix Odebrettnutzte den ersten dieser Tage, um mit vieranderen Mitreisenden die archäologischenAusgrabungen in Caesarea zu bewundern.Von Caesarea führte der Weg weiter nachAkko, um die Kreuzfahrerfestung und dieAl-Jazzar-Moschee zu besichtigen. Auch einausführlicher Spaziergang durch die Alt-stadt, die seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbeist, und dem dazugehörigen Basar bliebnicht aus. Der zweite Tag galt einem Be-such, vorbei am See Genezareth über dieGolanhöhen (hier war der Weg das Ziel), derDrusenstadt Daliyat al-Karmil.

Der Zeitraum der Reise schloss das israeli-sche Pessachfest ein. Dieses erinnert an denAuszug Ägyptens, also an die Befreiung derIsraeliten aus der dortigen Sklaverei. Durchdie Unterbringung in israelischen Gastfami-lien bot sich die Gelegenheit, dieses Festgemeinsam mit den Gastfamilien zu feiernund Teil der Zeremonien zu sein.

"Sport verbindet eben in allen Lebenslagenund lehrt Völkerverständigung wie sie im

Buche steht. So bin ich dankbar, überdiesem Wege Israel von seiner schönstenSeite kennengelernt zu haben und hoffe,dass dies nicht mein letzter Besuch imHeiligen Land gewesen ist.", lautet das Fazitvon Felix Odebrett nach einer einzigartigenReise.

Felix Odebrett

Baden-Baden/Mittelbaden

Feuer und Flamme"Feuer und Flamme" sind derzeit zumindestschon einmal die Schützenvereine PSCWaidmannslust Sandweier und JagdschlossBaden-Baden von einem unter dieserBezeichnung vorgestellten Förderprojekt.Realisiert wurde dieses auf Initiative desBaden-Badener Sportausschuss-PräsidentenArmin Zeitvogel mit Unterstützung derZweigstelle Baden-Baden/Mittelbaden.Durch eine vereinsübergreifende Förderungvon besonders talentierten Jugendlichen,wie in diesem Fall mit einer ab Herbst diesesJahres vorgesehenen Schießsportgemein-schaft (SG) Baden-Baden, hat man sich

sogar eine mögliche Olympiateilnahme 2012in London zur Zielsetzung gemacht.

So umriss Zeitvogel den Hintergrund desProjekts und hob als gleichzeitiger Vorsit-zender der Zweigstelle Baden-Baden/Mit-telbaden auf eine heutzutage immer mehrgefragte Zusammenarbeit innerhalb derVereinswelt ab. So auch bei den allein inBaden-Baden insgesamt 56 aktiven Sport-vereinen mit rund 18.000 Mitgliedern. Der

Fair Play-Botschafter Felix Odebrett (hinten Mitte) beim Internatio-nalen Austausch in Israel.

Die Repräsentanten von Sportausschuss und der ZweigstelleBaden-Baden/Mittelbaden mit den Sponsoren beim Training derSchießsporttalente aus den Schützenvereinen Sandweier undJagdschloss in der elektronischen Schießanlage in Sandweier.

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Sicherung dieser Vereinsexistenz und derenJugendarbeit gelte es deshalb im Sinne desOlympischen Gedankens Rechnung zutragen, sagte Zeitvogel. "Wer sich bereitsals Jugendlicher engagiert, der bleibt demSport auch später treu", ergänzte hierzuder Sportausschuss-Ehrenpräsident AlfredWolf.

Der Sandweierer OberschützenmeisterAnsgar Rauch betonte, dass die jetzigeKooperation auch jederzeit für weitereinteressierte Vereine offen stehe, und diesauch in den Schützenkreisen schon vorge-stellt wurde. Derzeit seien sechs bis achtJugendtalente im Alter von zwölf bis 21Jahren bereits mit zusätzlichen Trainingsein-heiten aktiv. Dass eine Erfolgsorientierungauch über die Blickrichtung des eigenenVereins hinausgehen müsse, wie Rauchsagte, unterstrich sein Jagdschloss-KollegePeter Bleich mit der Feststellung, dassvereinsübergreifende Wettkampfteilnahmennicht nur problemlos möglich seien, sondernauch durch parallele Mannschaftsbildungenmehr höherqualifizierte Wettkampfeinsätzeermöglichen würden. Wie ein "Feuer undFlamme"-Synonym haben sich zumindestschon einmal die Talente Melanie Georgoder Franziska Späth mit ihren mehrfacherfolgreichen Teilnahmen an den DeutschenMeisterschaften erwiesen.

Einen besonderen Dank sprach ArminZeitvogel dem präsenten und von derZweigstelle der Deutschen OlympischenGesellschaft vermittelten Sponsoren desFörderprojektes aus. Mit stolzen 5.000 Eurounterstützt dieses die Volksbank-Stiftungfür Kunst, Kultur, Sport, Umwelt und Sozia-les. "Nach Prüfung der uns vielfältig vorlie-genden Anträge unterstützt unsere Stiftungdieses Projekt mit Überzeugung!" erläuterteFilialbereichsdirektor Joachim Warth. Alsweiterer Sponsor mit einer Überlassung vonTankgutscheinen im Wert von zunächst 500Euro fungiert außerdem Emil Fahrer, Betrei-ber der EFA-Tankstellen.

Am Rande sprachen die Teilnehmenden desPressegesprächs auch noch vom Amoklaufvon Winnenden. Der Jagdschloss-Vorsitzen-de und gleichzeitige Präsident des Südbadi-schen Sportschützenverbandes, Peter Bleich,sagte hierzu: "Wir unterliegen ohnehinschon dem strengsten Waffengesetz. DasProblem, wie bei dieser Tat noch dazu voneiner Aufsichtspflichtverletzung begleitet,liegt in der Gesellschaft und nicht an denSporttreibenden."

Berlin

Kitajade: "Es gibt keinKind, das nicht gewinnt"Die blaue Bahn im Berliner Olympiastadionist nicht erst seit der Leichtathletik-WM einMarkenzeichen. Wenige Wochen vor derLeichtathletik-WM durften Berlinder Mäd-chen und Jungen im Alter zwischen dreiund sechs Jahren die bereits bestens präpa-rierte Piste und den gepflegten grünenRasen des Innenraums begutachten undunter ihre kleinen Füßchen nehmen. Kitaja-de, so hieß das Zauberwort für die 350Dreikäsehochs aus insgesamt 20 Kitas,wobei im Gegensatz zu den großen Starskein Leistungsdruck vorhanden war.

"Es gibt kein Kind, das nicht gewinnt". Unterdieses Motto hatte Peter von Löbbecke, der

Geschäftsführer der Olympiastadion BerlinGmbH und Initiator, die Premieren-Veran-staltung gestellt, die dank der tatkräftigenUnterstützung der Bundesinnungskranken-kasse Gesundheit (BIG) und der DeutschenOlympischen Gesellschaft, LandesgruppeBerlin, zu einem vollen Erfolg wurde.

Und das geschah bei diesem Modellversuchin Berlin mit fünf interessanten Stationenglänzend und zwar mit einem Hindernis-Parcours, Weitsprung (sogar auf der Origi-nal-WM-Anlage), Schwungtücher-Wedeln,einer abwechslungsreich gestalteten Bewe-

gungslandschaft sowie einem Mannschafts-spiel mit dem ungewöhnlichen Namen"Haltet den Garten sauber", wo Werfen undFangen gepaart mit sozialer Kompetenz undAusdauer gefragt waren.

Die Geburtsstunde der BIG-Kitajade gehtauf eine Begegnung in der Moabiter Kinder-tagesstätte Emdener Straße zurück, die seit2004 im Rahmen des Projekts "Kinderbewegen" ein Modellkindergarten derDeutschen Olympischen Gesellschaft Berlinist und in der 216 Heranwachsende aus 28verschiedenen Nationen von Montag bisFreitag ein vorübergehendes Zuhausehaben. Als vor einem Jahr von Löbbeckediese Kita mit einem 80-prozentigen Kin-deranteil nicht-deutscher Herkunft besuch-te, kam ihm sofort der Gedanke, dass manden dort erlebten, gut kanalisierten Bewe-gungsdrang auch einmal in größeremRahmen stattfinden lassen sollte. So wie eres schon früher einmal mit Erfolg als

Managerprokurist in der DortmunderWestfalenhalle hatte.

Von der ersten Überlegung bis zur Ausfüh-rung der Kitajade vergingen knapp zwölfMonate, dann stand das Konzept derDurchführung, die Anfahrt mit Extra-Bussenund auch die entsprechende Ausrüstung,denn jedes Kind erhielt ein farbiges Basecap,dazu einen Überraschungsbeutel mit einemWasserball, einem Malbuch vom Olympia-stadion, einem Plüsch-Herthinho sowieeiner Bio-Brotbox. Außerdem bekam jedesKind am Schluss eine Medaille, die für die

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meisten etwas ganz Besonderes darstellte,egal ob sie nun Julian, Fatima, Sarah oderManar hießen.

Weil alles prächtig geklappt hat, die kleinenSportler zwei Stunden lang ganz spielerischund ohne erhobenen Zeigefinger bei derSache waren, soll es im nächsten Jahr eineWiederholung geben. "Wir überlegen, ob dasmit noch mehr Kindern durchgeführtwerden und vielleicht sogar der Startschussfür eine bundesweite Aktion gewesen seinkann ", meinte von Löbbecke, der darüberhinaus "sein" Olympiastadion während derKitajade zum Tag der offenen Tür deklarier-te. Eltern, Familienangehörige und Freundekonnten das - natürlich inzwischen längstmodernisierte - Bauwerk der OlympischenSpiele von 1936 von außen und innen inAugeschein nehmen, denn die Führungengingen auch bis in die unterirdischenGewölbe mit den Umkleidekabinen, wo sichunter anderem die Hertha-Fußballer aus-und anziehen, der kleinen Kapelle, Auf-wärmhalle der Leichtathleten und demStellplatz unterhalb des Marathontors.

"Bewegung für die Kinder ist ja so unend-lich wichtig", erklärte Helga Tschitschke-Neufindt, die Kita-Leiterin in der EmdenerStraße. "Seit wir die Kooperation mit derDeutschen Olympischen Gesellschaftgeschlossen haben und dadurch in die Lageversetzt wurden, dass zweimal pro Wochespezialisierte Vereins-Übungsleiter zu unskommen, sind unsere Kinder wacher,frischer und fitter, wie Ärzte bei der Ein-schulung in die erste Klasse festgestellthaben."

Hans-Jürgen Wille

Bremerhaven/Cuxhaven

Neuer Vorstand - GroßeAufgabenRund 55 Jahre nach Gründung der Zweig-stelle Bremerhaven, die sich seither intensivum die Verbreitung der Olympischen Ideebemüht, scheint die Bezirksgruppe Bremer-haven/Cuxhaven reif für einen neuenAufschwung zu sein.

Den Vorsitz übernahm Matthias Ditzen-Blanke und trat somit die Nachfolge vonDr. Herbert Böttcher an. Bereits seit mehre-ren Jahren engagierte sich Böttcher um die

Förderung des Schulsports, des Kindertur-nens und der Vereine und dokumentiertedamit die gute Partnerschaft mit demKreissportbund. Der Schwerpunkt der"Küsten-DOG", die Verbreitung des Olympi-schen Gedankens, hat bereits seit geraumerZeit richtungsweise Bedeutung. FünfVereinen, die sich jahrzehntelang mit derDOG eng verbunden fühlten, übergabMatthias Ditzen-Blanke Ehrenurkunden.Gewürdigt wurde in der Aussprache DOGZweigstellen-Mitbegründer Paul-G. Pätzel(92), der über 50 Jahre als geschäftsfüh-rendes Vorstandsmitglied eine Antreiberrol-le spielte.

Der Hauptversammlung (30.04.) im neuenDruckzentrum Nordsee folgte am 06. Julidie erste Sitzung des neuen Vorstandes: 1.Vorsitzender Matthias Ditzen-Blanke, 2.Vorsitzender Michael Porwoll, KassenwartinOrtrud Grundmann-Steffen, Ehrenvorsitzen-der Erich Stender sowie die Beisitzer UweLissau, Dr. Walter Schmel, Prof. Dr. JosefStockemer und Norbert Tränkner. DemBeirat gehören Günter Bahr, Rainer Beut-tenmüller, Dr. Herbert Böttcher, Nils Katariusund Paul-Georg Pätzel an.

Angedachte Themenfelder und inhaltlicheSchwerpunkte für die nahe Zukunft sind:Fachvorträge, Tagungen, Zusammenarbeitmit Schulen zur Förderung sportlicherAktivitäten (Konzept von OberschulratPorwoll) und die Förderung von sozialbedürftigen Kindern für Vereinsmitglied-schaften. "Viele Bausteine, wie der imFrühjahr 2009 eingeführte DOG Kleinbus,zeigen bereits deutliche Erfolge", erklärteMatthias Ditzen-Blanke. Vor allem Jugend-mannschaften mit Top-Talenten sollen denDOG-Bus zu überregionalen Wettkämpfennutzen.

Darmstadt

Grundstein für mehr BewegungDie Stadt Darmstadt ist mit Recht stolzdarauf, in diesem Jahr zum 31. Mal dasgroße Sport- und Spielfest veranstaltet zuhaben. Mitten in der Stadt, zwischen denalten Bäumen des Herrngarten-Parks,sprossen viele neue Ideen zum Motto"Bewegung und Gesundheit". So zumBeispiel war ein Projektseminar des Sportin-

stituts der TU Darmstadt mit einem eigenenBereich "Gesundheitsspielen" aktiv. Rund 80Spielstationen boten eine beachtlicheVielfalt, wobei das Animationsgeschick derÜbungsleiter und das Werbeinteresse allerbeteiligten Sportvereine Hand in Handgingen. Quasi als Dach der Vereine organi-siert der Sportkreis 33 Darmstadt im Ver-bund mit der Stadt Darmstadt und demHauptsponsor Fa. Merck dieses Fest derBewegungsfreude für alle. Die Firma Merckstellt außer der finanziellen Unterstützungauch einen Großteil der 350 Spielfesthelfer,die eine solche Veranstaltung für die 10.000Besucher erst möglich machen.

Bei sommerlichen Temperaturen hattenatürlich die Wasserlandschaft die größteAnziehungskraft bei den jungen Gästen.Sinnvollerweise bot gleich gegenüber dieAktionsbühne von 11 bis 17 Uhr ein vollesProgramm mit allen erdenklichen Tanzarten,Aikido, Fechten, Kickboxen, Taekwondo usw.Kinder und Jugendliche konnten durch dasPassieren der Stationen zu den ThemenAugen, Füße, Zähne, Ernährung, Bewegungund Erste Hilfe einen Gesundheitspasserwerben, der durch die Kooperation derDarmstädter Betriebskrankenkassen ermög-licht wurde.

Die Zweigstelle Darmstadt war mit zweiAktivitäten in das Spielfest eingebunden.Insbesondere der Sommer-Biathlon fandgute Resonanz bei Jung und Alt. NachBewältigung einer Power-Walking-Streckekonnten die insgesamt 180 Sportler mitLasergewehren ihre Treffsicherheit bewei-sen. Häufiger als erwartet spielte die"Strafrunde" eine entscheidende Rolle.Spätestens durch die Ehrungs-Zeremoniefür die besten Kinder durch Till Lufft undClaus Kapelke wurde möglicherweise dieBasis für das eine oder andere sportorien-tierte Leben gelegt.

Die konstante Warteschlange zum Segway-Probefahren war von der DOG-Crew einkal-kuliert. Stehend auf einem Brett mit zweiRädern können geübte Fahrer auf diesemFortbewegungsmittel durch gezielte Ge-wichtsverlagerung bis zu 20 km/h erreichen.Erstmals konnten sich die Darmstädter dieserBalancier- und Geschicklichkeitsübung unterAnleitung des Trainers Gerd Schilling unter-ziehen. Mit diesem Highlight hat sich dieZweigstelle Darmstadt sicher gut in dieErinnerung künftiger Sport- und Spielfestbe-sucher eingeprägt.

Walter Schwebel

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Dresden

Traditionelles VogelschießenBereits zum 13. Mal hatte die ZweigstelleDresden der Deutschen Olympischen Gesell-schaft zu ihrem traditionellen Vogelschießeneingeladen. Vertreter aus Politik, Wirtschaftund des Sports wetteiferten dabei um denbegehrten Titel "Schützenkönig" der Landes-

hauptstadt Dresden. Der Vorsitzende Dr.Jürgen Löffler konnte auch diesmal einhochrangiges Teilnehmerfeld begrüßen. Diesreichte von Sportbürgermeister WinfriedLehmann bis zur Präsidentin der DresdenerEislöwen Barbara Lässig. Nach einem span-nenden Schießen konnte sich dann derPräsident des Dresdner Sportclubs, GüntherRettich, mit dem Titel und der entsprechen-den Schärpe schmücken.

Frankfurt/Rhein-Main

Golden League Die Zweigstelle Frankfurt/Rhein-Mainbesuchte im Juni das 68. InternationaleStadionfest (ISTAF) in Berlin, das Start derAF Golden League und WM-Generalprobezugleich war.

Angetrieben von der Begeisterung für dieLeichtathletik begaben sich Mitglieder derZweigstelle Frankfurt/Rhein-Main mitKindern und Jugendlichen aus der Region,darunter auch Sportler der TSG Marxheimund Schüler der Gutenbergschule ausDarmstadt, auf die Reise nach Berlin. Für dieReisestrapazen wurden alle Teilnehmer der

Fahrt durch einen äußerst gelungenen Tagin der Hauptstadt entschädigt, denn nachder Ankunft am Brandenburger Tor um 9Uhr blieb noch genügend Zeit zur Erkun-dung der wichtigsten Sehenswürdigkeiten,bevor im Olympia-Stadion Rekorde undWeltjahresbestleistungen bestaunt werdenkonnten.

Das Ziel der Deutschen Olympischen Gesell-schaft, Kinder und Jugendliche sportlich zufördern und die Olympische Idee zu vermit-teln, konnte durch das finanzielle Engage-

ment der Deutschen Kredit Bank AG erfolg-reich umgesetzt werden, denn nach diesemErlebnis dürften die Teilnehmer nochmotivierter als bisher getreu dem Motto"Leistung macht Spaß" an ihren persönli-chen Erfolgen arbeiten.

Christoph Spieß

Heilbronn-Unterland-Hohenlohe

Leistungsplakette an Kurt SchefflerBei der Mitgliederversammlung des Heil-bronner Stadtverbandes für Sport wurdeKurt Scheffler mit der Plakette für Besonde-re Leistungen im Sport ausgezeichnet. InAnwesenheit von Bürgermeister HarryMergel und zahlreichen Vertretern Heilbron-ner Sportvereine nannte Sigrid Seeger-Losch, die Vorsitzende der KreisgruppeHeilbronn-Unterland-Hohenlohe, KurtScheffler eine der herausragenden Persön-lichkeiten des Unterländer Sports. Kaumjemand hätte so viel ehrenamtlichen Einsatzfür den Sport erbracht wie er. Typisch für ihnist, dass er dieses große Engagement einmalals "Selbstverständlichkeit" bezeichnete.

Kurt Scheffler war 20 Jahre Vorsitzender desStadtverbandes für Sport und legte diesesAmt jetzt in jüngere Hände. Eine beeindru-ckende Liste von Funktionen nahm odernimmt er jedoch immer noch im Sport ein.Er war unter anderem lange Jahre imHaupt- und Finanzausschuss und späterauch im Vorstand des WürttembergischenLandessportbundes tätig und ist Vorsitzen-der des Verwaltungsausschusses des größ-ten Heilbronner Sportvereins, der TSGHeilbronn.

Er hat bis heute viel bewirkt, viel erreicht,Beispielhaftes geleistet und sich selbstlosfür das Gemeinwohl eingesetzt, betonteSigrid Seeger-Losch in ihrer Laudatio. DieVerleihung des Ehrenrings der Stadt Heil-bronn im Jahre 2006 war die logische Folgedieses großen Engagements. Seit fast 20Jahren ist er mit dem Stadtverband Mitgliedbei der Deutschen Olympischen Gesellschaftund man hat ihn immer als eine Persönlich-keit kennengelernt, welche die OlympischenWerte wie Fairness und Fair Play zu lebenund zu schätzen wusste.

Er wird weiterhin im Forum Ehrenamt anvorderster Stelle mitarbeiten und es werdenauch in Zukunft noch manche wegweisen-den Impulse für die Stadt und den Sport vonihm zu erwarten sein.

Sigrid Seeger-Losch

Hochstift Paderborn

Vater-Kinder-SporttagDer Vorstand der Zweigstelle HochstiftPaderborn konnte Kurt Bendlin im Sommer2006 als Paten für die Kinder des Städt.Kindergartens Paderborn-Wewer gewinnen.

Die Teilnehmer des Vogelschießens mit demSchützenkönig vom DSC.

Sigrid Seeger-Losch verleiht an Kurt Scheff-ler die DOG-Leistungsplakette.

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Seit dieser Zeit kümmert sich Kurt Bendlinum die Kindergartenkinder. Er besucht imRahmen des Projekts "Kinder bewegen" dieGruppen in regelmäßigen Abständen undbeschäftigt und bewegt sie, wobei er einbesonderes Talent hat, die Kinder zu begeis-tern. Bisher fanden diese Treffen im Kinder-garten statt.

Kurt Bendlin lud zum zweiten Mal mehr als40 Väter mit über 65 Kindern zu einemSpiel- und Sporttag auf den Sportplatz inPaderborn-Wewer ein. Mehr als 100 Akteureund Erzieherinnen waren dieser Einladunggefolgt. Genau richtig für fitte Kindergar-tenkinder und ihre Väter. Dem Bewegungs-drang aller wurden keine Grenzen gesetzt:viele verschiedene Sportgeräte standen zurVerfügung, es wurde Fußball, Fangen undHockey gespielt. Kurt Bendlin verstand eshervorragend, die Truppe zu bewegen undzu beschäftigen. Natürlich gab es auch eingemütliches Picknick für alle Teilnehmer.

Der Weltrekordler und Bronzemedaillenge-winner im Zehnkampf bei den OlympischenSpielen in Mexico hat sich in Wirtschafts-kreisen als Management- und Teamtrainereinen sehr guten Namen gemacht. Er hatüber die von ihm durchgeführten Outdoor-Naturcamps einen besonderen Zugang zuMenschen entwickelt. Bendlin fördert diesozialen Kompetenzen und ermöglichtpersönliche Entwicklung durch gezielteAktivitäten und Herausforderungen, und dassowohl bei Erwachsenen als auch beiKindern und Jugendlichen.

"Es hat riesigen Spaß gemacht! MeineErwartungen an diesen Tag haben sich mehr

als bestätigt. DiePersönlichkeit desTrainers Kurt Bend-lin, das Miteinandermit den jungenKindern und dieIntensität dersorgfältig ausge-wählten Aktivitätenwaren eine hervor-ragende Mischung",berichtet ein begeis-terter Vater. AuchPetra Hensel, lang-jährige Leiterin desStädtischen Kinder-gartens in Pader-born-Wewer, ist vondem Projekt überzeugt und empfindet dieArbeit Kurt Bendlins mit den Kindern alspositive Bereichung.

Potsdam

Erster Runder TischZum Ersten Runden Tisch mit dem Thema"Sport und Bildung" lud die ZweigstellePotsdam Mitte Juli in die örtliche Niederlas-sung der Deutschen Kreditbank AG ein.

Teilnehmer der ersten Gesprächsrunde dieserArt waren der Minister für Bildung, Jugendund Sport des Landes Brandenburg HolgerRupprecht, Stephanie Schiller, Gewinnerin derOlympischen Bronzemedaille im Doppelvierer2008, der Vorsitzende des Sportausschussesdes Deutschen Bundestages Dr. Peter Dan-

ckert, AndreasGerlach, Hauptge-schäftsführer desLandessportbundesBrandenburg, Andre-as Klemund, Leiterdes Olympiastütz-punktes Potsdam, Dr.Victor Stimming,Präsident der IHKPotsdam sowieRüdiger Ziemer,Leiter der PotsdamerSportschule.

In der von DietmarTeige, RundfunkBerlin-Brandenburg,moderierten Ge-sprächsrunde

tauschte sich der hochkarätige Kreis überdas Verhältnis von Spitzen- und Breiten-sport, Schulsport und Sportschule sowie dieVerantwortung von Spitzensport in derGesellschaft aus. Insbesondere die Fragestel-lung, ob der Spitzensport verpflichtet sei,der Gesellschaft auch neben den sportlichenLeistungen etwas zurückzugeben, wurdevon den Teilnehmern rege diskutiert.

Die Zweigstelle Potsdam verfolgt mit derInitiierung eines Runden Tisches des Sportsin Potsdam das Ziel, die "Welt des Sports"stärker mit den Vertretern anderer gesell-schaftlicher Gruppen zu vernetzen.

Ewold Seeba, Vorsitzender der ZweigstellePotsdam, sieht sich durch den Erfolg desErsten Runden Tisches in dieser Zielstellungbestärkt und kündigte an, noch in diesemJahr zum Zweiten Runden Tisch, voraus-sichtlich zum Thema "Sport und Gesund-heit", zu laden.

Odenwald

Kinder bewegen - ElternsprechenUm das erfolgreiche Projekt "Kinder bewe-gen", im Rahmen dessen die KreisgruppeOdenwald mittlerweile elf Einrichtungenbetreut, weiter auszubauen, ergab sich dieKooperation mit dem Kinderfacharzt Dr.Rainer Trumpfheller. Ehrenamtlich wird erfür Diskussionsrunden und Referate zurVerfügung stehen, um seine langjährigenErfahrungen mit der Erziehungsproblematikmit Eltern und Erzieher/ -innern zu teilen.

Mit Begeisterung verbrachten Kinder und Väter einen bewegungs-reichen Tag mit Kurt Bendlin (Mitte).

Interessante Gespräche und begeisterte Zuhörer - der Erste RundeTisch war ein voller Erfolg.

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Aus "Kinder bewegen" wird "Kinder bewe-gen - Eltern sprechen". Es hat sich gezeigt,dass Eltern einen großen Einfluss auf dasBewegungsverhalten der eigenen Kinderhaben. Um diesen Einfluss und das damitverbundene Vorbildverhalten in die richtigeRichtung lenken zu können, können dieEltern die Hilfe von Dr. Trumpfheller unent-geltlich in Anspruch nehmen Der Aspekt desaktiven Kontakts mit den Eltern soll fest indas Projekt verankert werden.

Als gelungene Unterstützung des Projektes"Kinder bewegen" bezeichnete der Vorsit-zende Johann Weyrich das Kinderturnfestdes Höchster Kindergarten. 50 Vorschulkin-der stellten sich erfolgreich dem siebenStationen umfassenden Turnwettbewerb.Jedes Kind bekam eine Urkunde verliehen.Doch auch die Kindergartenleiterinnengingen nicht mit leeren Händen nachHause, Johann Weyrich überreichte ihnenim Namen der Deutschen OlympischenGesellschaft eine Geldspende als Würdigungihres Einsatzes und ihrer Anstrengungen.

VereinskooperationVon dem TV Dorf-Erbach wurde die Kreis-gruppe eingeladen, das 100-jähriges Beste-hen des Vereins zu feiern. Dieser Verein istmit seinen 1000 Mitgliedern, die auf elfSportdisziplinen verteilt sind, ein sehr gutesBeispiel dafür, dass Sportvereine gerade inkleinen und mittleren Städten hervorragendpositioniert sind. Der Ehrenvorsitzende derKreisgruppe Hubert Hey gratulierte imNamen des Vorstands und überreicht eineSpende zur Förderung der Jugendarbeit. Derenge Kontakt und die gegenseitige Unter-

stützung, beispielsweise aufgrund desKreisgruppen-Projekts "Junge Könnerbrauchen Gönner" sieht die Kreisgruppe alseine ihrer vorrangigen Aufgaben. Auch dieanwesende Festgemeinde würdigte die Rolleder Kreisgruppe mit einem tosenden Beifall.

Nachwuchstalent auf EuropakursWie wichtig das Projekt "junge Könnerbrauchen Gönner" und die damit verbunde-ne Hilfe ist, zeigt sich an dem Beispiel derInline-Skaterin Madeleine Graupner. 2008wurde sie von der Kreisgruppe Odenwald alsSportlerin des Jahres ausgezeichnet. Indiesem Jahr unterstützte die Kreisgruppedas junge Talent finanziell, um die Reise zuder Europameisterschaft im Inline-Skatingin Belgien zu ermöglichen. Das Daumendrü-cken der Kreisgruppe Odenwald hat sichausgezahlt, denn die A-Juniorin holte aufihrer Paradedisziplin (500 Meter) eineSilbermedaille auf der Straßenstrecke undeine Bronzemedaille auf der Bahn.

BundesverdienstkreuzDas langjährige DOG-Mitglied und stellver-tretender Präsident des Rodel- und Bob-Verbandes Bernd Hasenzahl wurde imRahmen der Ehrenstunde des LandratsamtesOdenwaldkreis im Juni mit dem Bundesver-dienstkreuz der Bundesrepublik Deutschlandausgezeichnet. Grund für diese Ehrung istsein jahrelanges ehrenamtliches Engage-ment und seine Dienste für den Rodel- undBobsport. Der Vater des Geehrten, Erwin

Hasenzahl, einer der Mitgründer des Sport-förderkreis Odenwald e.V., konnte dieEhrung leider nicht miterleben, da er imFrühjahr verstarb. Der Sportförderkreis unddie Kreisgruppe Odenwald trauern um einenhilfreichen Freund und Förderer des Olympi-schen Gedankengutes. Auch in RichtungKulturen-Verständigung wird es einengroßen Schritt geben: Geplant ist eingemeinsames Fußballspiel mit dem Türk-Sport Verein aus Michelstadt. Die Kreisgrup-pe hofft, dass es nicht bei diesem einmali-gen Ereignis bleibt, sondern dass es nur denAnfang einer vertrauensvollen Zusammen-arbeit markiert.

Wiesbaden

Ehrungsfeier der GrundschulenAuch in diesem Jahr konnte die StadtgruppeWiesbaden wieder die Ehrungsfeier für dieTeilnahme und Leistung bei den Wiesbade-ner Grundschulwettkämpfen im Schuljahr2008/2009 ausrichten. Gestaltet wurdediese Feierstunde von der Hafenschule inWiesbaden-Schierstein. Eingeladen waren13 große und 10 kleine Schulen, die anmindestens drei der sieben Wettkämpfe imJungen- und Mädchenfußball, Orientie-rungslauf, Handballspielfest, Schwimmen,Hallensportfest (Turnen) und Leichtathletikteilgenommen hatten.

Die Stadtgruppe Wiesbaden hielt nicht nurbei jedem der einzelnen Wettkämpfe fürjedes Kind Teilnahmeurkunden sowie Pokale

Der geehrte Bernd Hasenzahl mit dem EhrenvorsitzendenHubert Hey (links).

für die vier besten Mannschaften bereitsondern auch einen Wanderpreis für denjeweiligen Stadtmeister. Bei der Ehrungsfei-er wurden alle Ergebnisse nochmals für diestolzen Schulleiter, Eltern und Sportlerzusammengefasst. Deutlich wurde vorallem, dass insbesondere die Teilnahmezählt, die mindestens genau so hoch bewer-tet wird wie ein erster Platz.

Bis auf zwei haben alle Schulen mit einerKinderdelegation an dieser Ehrungsfeierteilgenommenen und warteten gespanntauf die Übergabe der Urkunden und Pokale.Die sieben Stadtmeister waren durch denVorsitzenden Jürgen Portmann bereits direktnach den Wettbewerben geehrt worden.Nun ging es um die engagierteste Schule:die Grundschule Wiesbaden-Breckenheimkonnte sich diesen Titel bei den kleinenSchulen mit bis zu zwei Klassen im Jahr-gang zum 21.Mal in Folge sichern. Bei dengroßen Schulen mit mindestens zweiKlassen im Jahrgang ging der Wanderpreiszum 6. Mal in Folge an die Rudolf-Dietz-Schule in Wiesbaden-Naurod.

Der Vorsitzende Portmann erklärte denKindern bei der Übergabe der Auszeichnun-gen, dass Bewegung und Lernen in einemengem Zusammenhang stünden und vielbeim Sport erlernt werden könne: so zumBeispiel gewinnen und verlieren, Rücksicht zunehmen und fair zu sein, Regeln einzuhalten,Fehlentscheidungen zu akzeptieren. Manlernt, dass Sport eine Leistung verlangt undtrotzdem ein Spiel ist, welches ein ganzesLeben lang gespielt werden kann und vorallem lernt man, dass der Gegner kein Feindist, sondern dass er als Partner gebraucht

wird, um überhaupt Sport treiben zu können.Alles in allem war es wieder eine vielbeach-tete, gelungene Veranstaltung der Stadt-gruppe Wiesbaden, die dem Sportreferat desStaatlichen Schulamtes für die Stadt Wies-baden zugesagt hat, auch im kommendenSchuljahr den Schulsport wieder nachKräften zu unterstützen.

Jürgen Portmann

Zwickau

Ehrenplakette für Dr. Werner BeuschelIm Rahmen der Eröffnung des zweitenJugend- und Breitensporttages der Leicht-athletik in Zwickau nahm Jürgen Croy,Vorsitzender der Stadtgruppe Zwickauneben der Übergabe des Preisgeldes an diedie integrative Kindertagesstätte Eschenwegdes DRK im Rahmen der Bewegungspaten-schaft eine weitere bedeutende Auszeich-nungen vor.

Eine Ehrenplakette der Deutschen Olympi-schen Gesellschaft in Bronze erhielt Dr.Werner Beuschel. Mit dieser Auszeichnungwürdigte die Gesellschaft seine langjährigeTätigkeit als Stellvertreter des Vorsitzendender Stadtgruppe Zwickau. Besondere Ver-dienste erwarb sich Beuschel in der Verbrei-tung des Fair Play-Gedankens, im Sport-sponsoring, in seiner begleitenden Arbeit imProjekt "Kinder bewegen" und bei derGestaltung von Aktivitäten rund um dieOlympischen Spiele.

Große Freude bei den Schülerinnen und Schüler über ihre Auszeichnung.

Olympisches FeuerZeitschrift des Deutschen OlympischenSportbundes und der Deutschen Olympischen Gesellschaft

HHeerraauussggeebbeerrkkoolllleeggiiuumm::Gerd Graus (DOSB), Harald Denecken (DOG),Steffen Haffner, Michael Gernandt

CChheeffrreeddaakktteeuurr:: Harald Pieper

RReeddaakkttiioonn:: Dr. Stefan Volknant, Dr. Andreas Höfer,Daniela Doerinckel

RReeddaakkttiioonnssaannsscchhrriifftt::Dr. Stefan VolknantDeutscher Olympischer SportbundOtto-Fleck-Schneise 12, 60528 FrankfurtTelefon: 0 69 / 6 70 02 27, Fax: 0 69 / 67 00 12 27E-Mail: [email protected]

Harald PieperStieglitzstraße 263263 Neu-IsenburgTelefon: 0 61 02 / 5 22 62

HHeerrsstteelllluunngg,, VVeerrttrriieebb && VVeerrllaagg::Peter Kühne VerlagTheodor-Heuss-Straße 1163303 DreieichTelefon: 0 61 03 / 8 07 91 70, Telefax: 0 61 03 / 8 07 91 71E-Mail: [email protected]

GGrraaffiisscchhee GGeessttaallttuunngg:: Werner Pettersch, Dreieich

SScchhlluussssrreeddaakkttiioonn//AAnnzzeeiiggeennlleeiittuunngg:: Peter Kühne

Die Zeitschrift erscheint 6 x jährlich.Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag derDeutschen Olympischen Gesellschaft abgegolten.

DDrruucckk:: HMS-Druckhaus GmbHBenzstraße 57 - 59, 63303 DreieichTelefon: 0 61 03 / 93 39-0.

DDaass OOllyymmppiisscchhee FFeeuueerr iisstt zzuu bbeezziieehheenn dduurrcchh::Geschäftsstelle der Deutschen OlympischenGesellschaft, Otto-Fleck-Schneise 12 - Haus II,60528 Frankfurt am Main, Telefon: 0 69 / 69 50 16-0, Telefax: 0 69 / 6 77 18 26, E-Mail: [email protected], Frankfurter Sparkasse, Kontonummer 200313592, Bankleitzahl: 500 502 01

Das Olympische Feuer ist ein Diskussionsforum.Mit Namen gekennzeichnete Artikel müssen nichtunbedingt der Meinung der Redaktion, des DOSBbzw. der DOG entsprechen.

TTiitteellggrraaffiikk:: Eberhard Stroot

FFoottooss,, IIlllluussttrraattiioonneenn,, KKaarriikkaattuurreenn::ppiiccttuurree--aalllliiaannccee//ddppaaFred Marcus Olympiastadion BerlinFelix Odebrett Erna SchwarzErnst Schmerker Eberhard Stroot

ImpresImpressumsum

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Informationen aus dem PräsidiumAnfang Juli trat das DOSB-Präsidium zuseiner 27. Sitzung in Berlin zusammen -unmittelbar vor einem Wahlhearing amAbend zuvor, an dem sich Vertreter dergroßen Parteien den Fragen des Sports zuihren Wahlprogram-men stellten. Vor150 geladenenGästen moderierteJohannes B. Kernerim Haus des Deut-schen Sparkassen-und Giro Verbandesdie Veranstaltung,bei der Bundesin-nenminister Dr.Wolfgang Schäuble(CDU/CSU), Bundes-justizministerinBrigitte Zypries(SPD), der FDPPartei- und Frakti-onsvorsitzende Dr.Guido Westerwelle,der Fraktionsvorsit-zende der "Linken",Dr. Gregor Gysi,sowie die Parteivor-sitzende der Grü-nen, Claudia Roth,zu Gast waren.Einmütig unterstri-chen sie die beson-dere Bedeutung desSports. SPD, FDP,Die Linke und dieGrünen betontendie Wichtigkeit, denSport als Staatszielins Grundgesetzaufzunehmen.Bundesinnenminister Schäuble unterstrichdie Autonomie des Sports: "Diese verteidi-gen wir mit großer Entschiedenheit".

Die Geschäftsführer der München 2018GmbH, Bernhard Schwank und Richard

Adam, informierten über den Stand derPlanungen der Bewerbung um die Olympi-schen Winterspiele und Paralympics 2018.Im Oktober 2009 muss die Bewerbung beimIOC formell abgegeben werden; die Vorbe-reitungen hierauf liegen voll im Plan.

Die Olympischen Winterspiele 2010 inVancouver stehen vor der Tür. Nach Ab-schluss der vorolympischen Saison hat das

DOSB-Präsidium das Olympia Top Team vonbislang 96 auf nun 136 Athleten/innenerweitert. Auf diesen Kaderkreis werden diesieben Wintersportverbände und der DOSBdie Förderung in den kommenden Monatenkonzentrieren, um das große Ziel zu errei-

chen, Platz eins von Turin zu verteidigen.Angesichts der erwarteten Konkurrenz wäreaber ein Platz unter den ersten drei alsErfolg zu werten. Dreiviertel der Mitgliederdes Top Teams haben einen "Profistatus"(Bundeswehr, Bundespolizei, Zoll, Berufs-sportler). Zugleich haben wir die sportart-spezifischen Nominierungskriterien verab-schiedet, die in enger Abstimmung mit denWintersportverbänden erarbeitet wordenwaren. Wiederum bilden eine begründeteEndkampfchance und ein Leistungsnachweisin zeitlicher Nähe zu den Winterspielen dieVoraussetzung für eine Nominierung. DieEhren- und Verpflichtungserklärung fürTrainer, Ärzte, Physiotherapeuten undBetreuer wurde in Abstimmung mit derVorsitzenden der Konferenz der Spitzenver-bände und Vertretern der Wintersportver-bände noch einmal überarbeitet und er-gänzt; sie wird den Verbänden in Kürzezugehen. Erfreulich ist, dass in Vancouverwieder ein Olympisches Jugendlager statt-finden wird.

Eingehend beschäftigte sich das Präsidiummit dem Thema "Solidarität im organisiertenSport" beschäftigt. Dazu hatte das Direktori-um ein umfangreiches Arbeitspapier vorge-legt, das sich mit der Frage beschäftigt, wiedie Sportorganisationen mit der wachsen-den Zahl Wettkampf ungebundener Mitglie-der und mit der verstärkten selbstorgani-sierten "Versportlichung" unserer Gesell-schaft sowie mit den Angeboten kommer-zieller Sportanbieter umgehen sollten.

Das Präsidium diskutierte darüber hinausden Abschlussbericht der Expertenkommissi-on zur Aufklärung von Dopingvorwürfengegenüber Ärzten der Abteilung Sportmedi-zin des Universitätsklinikums Freiburg. DieKommission hatte durch ihren Vorsitzendenmitgeteilt, dass es "keine Anhaltspunkte(gibt), die einer Wiederzulassung der Abtei-lung Rehabilitative und Präventive Sport-medizin als Untersuchungszentrum für dieDurchführung der sportmedizinischenGrunduntersuchungen von Kadersportlernentgegenstehen". Der ärztliche Direktor,Professor Dr. Dickhuth, wird ein umfassen-des Anti-Doping-Management der Klinik

Nachrichten des DOSB

Im Vorfeld der Leichtathletik-Weltmeisterschaften trat in Berlin dieExekutive des Internationalen Olympischen Komitees zusammen.Hier im Bild der Präsident des IOC, Jacques Rogge und IOC-Vizepräsident Thomas Bach.

erarbeiten und vorlegen. Es soll eine Wie-derholung der Dopingpraktiken durchFehlverhalten von ärztlichem und nichtärzt-lichem Personal verhindern. Das Präsidiumhat die im Mai 2007 verfügte Aberkennungder Zulassung als SportmedizinischesUntersuchungszentrum aufgehoben undbeschloss zugleich, alle 27 Untersuchungs-zentren aufzufordern, ihr Anti-Doping-Management im Einzelnen darzulegen.

Auch die gymnasiale Schulzeitverkürzungbesser bekannt unter dem Stichwort G8stand auf der Tagesordnung unserer Bera-tungen. Wir haben dazu eine gemeinsammit der Deutschen Sportjugend abgestimm-te Stellungnahme verabschiedet, die wirbeifügen und die gewiss in den kommendenMonaten als Grund-lage für weiterge-hende Diskussionenund die Erarbeitungnotwendiger Maß-nahmen der Sport-organisationendienen wird.

Das Präsidiumbefasste sich auchmit der Empfehlungder UnabhängigenKommission zurÜberprüfung vonTrainern/innen undOffiziellen (Steiner-Kommission) im FallWerner Goldmann.

Das Präsidium hatsich ferner aufgrundeines Berichtes vonVizepräsident WalterSchneeloch mit demStand der Arbeitenzur Reform desDeutschen Sportabzeichens befasst undhierzu eine Steuerungsgruppe eingesetzt, dieaus verbandspolitischer Sicht den weiterenReformprozess begleiten soll. Als Mitgliederwurden die Vizepräsidenten Walter Schnee-loch und Hans-Peter Krämer sowie Frau Dr.Christa Thiel, Herr Dr. Rolf Müller und FrauDr. Petra Tzschoppe berufen.

Darüber hinaus gab es eine ganz Reiheaktueller Berichte, z. B. über die Gespräche,die mit dem Verein Doping-Opfer-Hilfe e. V.am 9. Juni 2009 und mit einer Abordnungvon DDR-Dopingopfern am 30. Juni 2009geführt worden waren. Vizepräsidentin Ilse

Ridder-Melchers berichtete eingehend überden Stand des Jahres der Frauen im Sport.

Begegnung der Kirchenmit dem Sport in Frankfurt Vertreter der beiden großen Kirchen inDeutschland und des Deutschen Olympi-schen Sportbundes (DOSB) sind EndeAugust in Frankfurt/Main zusammengetrof-fen. Für die Katholische Kirche nahmen andem Spitzengespräch u.a. Erzbischof Dr.Robert Zollitsch, Vorsitzender der DeutschenBischofskonferenz, und Pater Dr. HansLangendörfer SJ, Sekretär der Deutschen

Bischofskonferenz, teil, für die EvangelischeKirche in Deutschland (EKD) u.a. Bischof Dr.Wolfgang Huber, der Vorsitzende des Ratesder EKD, sowie der EKD-SportbeauftragteValentin Schmidt. Im Haus des deutschenSports wurden sie von einer Delegation desDOSB mit Präsident Dr. Thomas Bach an derSpitze empfangen. Bach wurde von Vizeprä-sidentin Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper sowiedem Vorsitzenden der Deutschen Sportju-gend, Ingo-Rolf Weiss, und GeneraldirektorDr. Michael Vesper begleitet.

Kirchen und Sport verbinden zahlreichegemeinsame Werte wie Toleranz, Rücksicht-

nahme, Solidarität oder Fairness. Grundlageihrer Partnerschaft ist für Kirchen und Sportaber auch die Anerkennung ihrer Verschie-denheit: Der Sport ist keine Religion undwill auch keine Ersatzreligion sein. Bei dem Treffen berieten die Teilnehmerüber ein gemeinsames Grundsatzpapier mitdem Titel "Zum Wohl der Menschen und derGesellschaft - Perspektiven der Zusammen-arbeit von Kirche und Sport in Deutsch-land". In diesem betonen sie die gemeinsa-me Basis für das gesellschaftliche Engage-ment von Kirche und Sport. Diese Basisbestehe in der "Verantwortung, die Gesell-schaft aktiv mitzugestalten und den Men-schen, gerade in Zeiten der Unsicherheit,Räume für eigenverantwortliches Handeln,Verlässlichkeit und Geborgenheit zu bieten",

heißt es in demDokument. Sportund Kirchen wirktendurch "Vermittlungvon Toleranz,Rücksichtnahme,Solidarität oderFairness" an derGestaltung derGesellschaft mit.

Einig zeigten sichKirchen- undSportvertreter in dergesellschaftlichenBedeutung desSonntags "als Tagder Arbeitsruhe unddamit als Unterbre-chung des Alltags,als Tag des Gottes-dienstes wie als Tagzur Pflege von Spielund Sport". DOSB-Präsident Bachführte in diesemZusammenhang an,

dass das Präsidium des DOSB die Verfas-sungsbeschwerde der beiden großen Kirchengegen das Berliner Ladenschutzgesetz, diezur Zeit vor dem Bundesverfassungsgerichtanhängig ist, unterstütze.

Desweiteren wandten sich die Kirchen- undSportvertreter gegen Ausgrenzung undDiskriminierung. In den "Perspektiven" heißtes dazu: "Jeder Mensch verdient einegerechte Chance auf eine selbstbestimmteTeilhabe am gesellschaftlichen Leben -unabhängig von seiner sozialen Herkunft,Weltanschauung und Religion." Sport undKirchen betonen darüber hinaus die Bedeu-

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Vertreter von Kirche und Sport trafen sich am 21. August 2009 in Frankfurt. Teilnehmerwaren unter anderem Erzbischof Zollitsch, Bischof Huber und DOSB-Präsident Dr. ThomasBach, Vizepräsidentin Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper, der Vorsitzende der dsj, Ingo Weiss undDOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper.

tung einer umfassenden Bildung für dieEntwicklung des Einzelnen wie für dieTeilhabe an der Gesellschaft.

Vor dem Hintergrund ihres ganzheitlichenMenschenbildes hoben Kirchen und Sportdie Bedeutung des Religionsunterrichts unddes Sportunterrichts als ordentliche Lehrfä-cher in der Schule hervor. Weder Religionnoch Sport dürften innerhalb der Schule anden Rand gedrängt werden.

Auch die Möglichkeiten, im Sport besondereLeistungen zu erbringen, wurden von denTeilnehmern des Spitzengesprächs und imverabschiedeten Grundsatzpapier begrüßt.Dabei betonen Kirchen und Sport, dass siealle Versuche der Leistungsmanipulation imSport, etwa durch die Einnahme verbotenerSubstanzen oder die Anwendung entspre-chender Techniken, strikt ablehnen.

Der genaue Wortlaut des verabschiedetenGrundsatzpapiers ist einer dieser Pressemit-teilung anliegenden Datei zu entnehmen.Bitte beachten Sie auch den Link zumDownload eines Bildes. Darüber hinausfügen wir die Predigt von Bischof Dr. Wolf-gang Huber im Gottesdienst zur Eröffnungder Leichtathletik-Weltmeisterschaften am13. August 2009 im Berliner Dom an.

Kristalle, Berge und Spu-ren im SchneeDeutschland sucht das Logo fürMünchner Bewerbung

50.000 Sportfans aus ganz Deutschlandhaben bis zum 21. August im Internet überdas offizielle Logo für die Münchner Bewer-bung um die Olympischen Winterspiele2018 abgestimmt. Unter http://www.muen-chen2018.org/de/logo-abstimmung konntensie unter drei Logos auswählen. Eine 18-köpfige Jury hatte die Vorauswahl zuguns-ten der Entwürfe `Münchener Schneekris-tall´, `Berge bei Föhn´ und `Die Spuren derSpiele´ getroffen.

Zugleich legte das IOC den detailliertenFahrplan für die Bewerbung um die Olympi-schen Winterspiele 2018 vor: Anmeldeschlußfür Bewerberstädte ist der 15. Oktober 2009.Einen Tag danach will die Münchner Bewer-bungsgesellschaft das gewählte Logo be-kannt gegeben werden. Die Entscheidung,welche Bewerber den Status einer Kandida-

tenstadt erhalten, wird Ende Juni 2010gefällt. Nach den Besuchen der Evaluations-kommission des IOC im Februar und März2011 bei den Kandidaten, wählen die IOC-Mitglieder den Gastgeber für 2018 am 6. Juli2011 auf der 123. IOC-Session in Durban.

Kooperationsvereinbarungzwischen israelischem unddeutschem Sport Das Olympische Komitee Israels und derDeutsche Olympische Sportbund haben eineIntensivierung ihrer Zusammenarbeit

vereinbart. Eine entsprechende Vereinba-rung unterzeichneten die Präsidenten beiderOrganisationen, Zvi Varshaviak und ThomasBach, am Rande der 18. Makkabiade im Juli2009 in Tel Aviv.

"Unsere Länder haben einen langen gemein-samen Weg zurückgelegt, seit Deutschlandwieder in die Völkergemeinschaft und dieOlympische Bewegung aufgenommenwurde. Gegenseitiges Vertrauen ist gewach-sen. Wir sind dem Olympischen Komitee fürIsrael und allen israelischen Sportlerinnenund Sportlern dankbar für ihre großartigeGastfreundschaft und Offenheit gegenüberdem deutschen Sport. Die Kooperationsver-einbarung ist eine Investition in die Zukunftunserer Sportorganisationen", sagte Thomas

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Zur Erinnerung an die Opfer des Terroranschlags bei den Olympischen Spielen München 1972wurde am Fliegerhorst Fürstenfeldbruck eine Gedenkstätte geschaffen. Ein Bild dieser Gedenk-stätte übergab DOSB-Präsident Bach dem Olympischen Museum in Tel Aviv.

Der Geschäftsführer der Olympia-Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH, RichardAdam, präsentierte Ende Juli in München die drei Vorschläge für das Logo der OlympischenSpiele 2018.

Bach, Präsident des Deutschen OlympischenSportbundes.

"Wir wollen mit diesem Schritt insbesonderejungen Sportlerinnen und Sportlern dieGelegenheit geben, sich kennenzulernenund gemeinsam über die Vergangenheit unddie Zukunft zu sprechen. Diese jungenMenschen werden darüber entscheiden,welchen Weg die deutsch-israelischenBeziehungen im Sport künftig nehmenwerden. Wir freuen uns über die Vereinba-rung mit der wir unsere Zukunft positivgestalten können", erklärte Zvi Varshaviak,Präsident des Olympischen Komitees vonIsrael.

Chancengleichheit, Fairplay, OlympischeWerte und der Kampf gegen jegliche Formder Manipulation stehen im Mittelpunkt derVereinbarung. Zur praktischen Umsetzungwurden Begegnungen und Zusammenarbeitinsbesondere im Bereich der sportlichenJugendarbeit sowie Olympischen Erzie-hungs-, Bildungs- und Kulturprogrammenvereinbart.

Thomas Bach, Präsident des DeutschenOlympischen Sportbundes und Vizepräsidentdes Internationalen Olympischen Komiteesbesuchte die Eröffnungsfeier der 18. Makka-biade, der größten Veranstaltung desjüdischen Sports. Am Vorabend hatte er diedeutsche Makkabiade-Delegation begrüßt,die mit einer Rekordzahl von 150 Athletenam Start ist.

Am Tag zuvor gedachte Bach in einerfeierlichen Zeremonie in der GedenkstätteYad Vashem in Jerusalem der Opfer desNationalsozialismus und der Shoa. InAnwesenheit seines israelischen IOC-Kollegen Alex Gilady legte er dabei einenKranz nieder.

Im Olympischen Museum "New OlympicExperience" in Tel Aviv wurde der elfisraelischen Athleten und Trainer und desdeutschen Polizeibeamten gedacht, die ihrLeben beim Terrorakt während der Olympi-schen Spiele 1972 in München verlorenhaben.

In einer bewegenden Zeremonie übergabGilady eine Original-Fackel der Spiele derXX Olympiade München 1972 an dasMuseum. In Gegenwart zweier Witwen derisraelischen Opfer übergab Bach eineErinnerungsgabe bestehend aus einem Bildder Gedenkstätte für die Opfer in Fürsten-

feldbruck und - in Anlehnung an jüdischesBrauchtum - einem Stein aus dem Apparte-ment der israelischen Olympiamannschaftvon 1972. "Dieser Stein steht nicht alleinfür das was in der Vergangenheit geschah,sondern er steht auch für die Zukunft",sagte Bach, einem Zitat von Willi Daume,dem Erfinder dieser Spiele folgend, dereinst gesagt hatte: "Erinnerung heißtBauen".

"Der israelische Sport und das OlympischeKomitee als seine Dachorganisation sindverpflichtet, die Erinnerung an die elf Opferund deren Willen wach zuhalten", sagteEfraim Zinger, Generalsekretär des Olympi-schen Komitees von Israel während derZeremonie.

Senegal würdigt Verdienstevon Thomas Bach mit demOrdre National du Lion Thomas Bach, Präsident des DeutschenOlympischen Sportbundes und Vizepräsidentdes Internationalen Olympischen Komitees(IOC), hat am 22. Juli 2009 in Dakar denOrdre National du Lion der Republik Senegalerhalten. Die Auszeichnung wurde von

Staatspräsident Abdoulaye Wade durch einentsprechendes Dekret verliehen.

Die Übergabe erfolgte traditionell durchdessen Großkanzler General Dia im Präsi-dentenpalast. Dieser hob in einer feierlichenZeremonie den Stellenwert der Auszeich-nung als höchste Ordensklasse der Republik

Senegal hervor. Er würdigte in seiner Be-gründung die in 20 Jahren erworbenenVerdienste von Thomas Bach um diedeutsch-senegalesischen Beziehungen.Ausschlaggebend für die Verleihung desOrdens sei darüber hinaus das von huma-nistischen Idealen geprägte Handeln vonThomas Bach.

Die Ehrung erfolgte auf Initiative vonMamadou Diagna Ndiaye, Präsident desNationalen Olympischen Komitees fürSenegal, in Anwesenheit von Lamine Diack,Präsident des Internationalen Leichtathletik-Verbandes IAAF und Mitglied des Internatio-nalen Olympischen Komitees, zahlreichenweiteren Persönlichkeiten und Repräsentan-ten des Sports im Senegal und Vertreternder deutschen Botschaft.

Im Anschluss an die Zeremonie fand einausführliches Gespräch zwischen demPremierminister des Senegal, Cheikh Hadji-bou Soumaré, und Bach statt. Dabei betonteder Premierminister das große Interesse desSenegal an einer Vertiefung der deutsch-senegalesischen Beziehungen auf allenGebieten.

Bei dem nachfolgenden Empfang fürmehrere Hundert führende Vertreter ausSport und Gesellschaft, darunter zahlreicheKabinettsmitglieder, würdigte der Präsident

des NationalenOlympischen Komi-tees des Senegal dieVerdienste vonThomas Bach. DieBeziehungenzwischen demdeutschen und demsenegalesischenSport hätten ineinem vielfältigenAustausch vonAthleten undTrainern sowie derVorbereitung undAusrüstung dersenegalesischenOlympiamannschafteinen besonderen

Ausdruck gefunden. Darüber hinaus habesich Bach neben vielen anderen Projekteninsbesondere um die Keba MBaye Stiftungverdient gemacht.

In seiner Dankesrede würdigte Thomas Bachinsbesondere den früheren, inzwischenverstorbenen Vizepräsidenten sowohl des

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DOSB-Präsident Thomas Bach

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Internationalen Olympischen Komitees (IOC)als auch des Internationalen Gerichtshofs inDen Haag, Keba Mbaye, der am Beginnseiner besonderen Beziehung zum Senegalgestanden habe: "Durch die langjährige undenge Freundschaft und Zusammenarbeit mitKeba MBaye sind mir der Senegal und Afrikabesonders ans Herz gewachsen." Er nehmedie Auszeichnung als Anerkennung derengen Zusammenarbeit gerne für dengesamten deutschen Sport entgegen.

Am Rande der Olympischen Spiele in Pekinghatte der Deutsche Olympische Sportbund(DOSB) ein Kooperationsabkommen mit demsenegalesischen Nationalen OlympischenKomitee geschlossen. Inhaltliche Schwer-punkte dieser Zusammenarbeit sind derAnti-Doping-Kampf, die Olympische Erzie-hung und die Sportförderung. Dabei wurdenmit Unterstützung des Auswärtigen AmtesProjekte im Bereich der Leichtathletik, desBehindertensports und der Trainerausbil-dung auf den Weg gebracht.

DOSB und Bundesagenturfür Arbeit vereinbartenPartnerschaftDer Deutsche Olympische Sportbund (DOSB)und die Bundesagentur für Arbeit (BA)vereinbaren eine Partnerschaft mit dem Ziel,Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zuintegrieren. Mit Ausbildungs- und Arbeits-angeboten in den Sportvereinen soll Lang-

zeitarbeitslosen der Wiedereinstieg insBerufsleben erleichtert werden.

DOSB-Präsident Thomas Bach und dasVorstandsmitglied der Bundesagentur fürArbeit (BA), Heinrich Alt, unterzeichneten im

Juli in Frankfurt in Gegenwart von Bundes-arbeitsminister Olaf Scholz einen entspre-chenden Kooperationsvertrag. Die Vereinba-rung zielt darauf ab, über die bereits beste-hende Zusammenarbeit von Sportvereinenund regionalen Agenturen hinaus weitereProjekte zu initiieren und zu fördern. Dabeisoll der Tatsache Rechnung getragenwerden, dass für Langzeitarbeitslose derSportverein häufig zu den wenigen nochverbliebenen intakten Verbindungen in dieGesellschaft zählt.

Der Bundesarbeitsminister begrüßte diePartnerschaft: "Der Sport vermittelt, erverbindet Menschen, er kann Brückenbauen, in die Gesellschaft genauso wie inden Arbeitsmarkt. Das ist es, was wir unsmit der Kooperation zwischen der Bundes-agentur für Arbeit und dem DeutschenOlympischen Sportbund zunutze machen.Grundsätzlich bleibt es Ziel aller Anstren-gungen, 'fit zu machen' für einen Job aufdem ungeförderten Arbeitsmarkt."

Thomas Bach sagte: "Wir bieten mit dembundesweit einmaligen Netzwerk unserermehr als 91.000 Vereine Unterstützung beider Integration von Langzeitarbeitslosen an.Die integrative Kraft des Sports kann helfen,sich ohne Berührungsängste wieder an dieAnforderungen der Arbeitswelt heranzutas-ten. Die Kooperation soll Vereine undregionale Arbeitsagenturen ermuntern, hieralle Chancen zu ergreifen, die der Sportbietet."

Heinrich Alt betonte für die Bundesagentur:"Sport leistet nicht nur einen Beitrag dazu,

die körperliche Verfassung unddas Selbstwertgefühl Arbeitloserzu verbessern. Sport hilft auch,persönliche Netzwerke aufzu-bauen und dies sehe ich alsganz entscheidend an. Im Sportfinden sich Manager, Personal-chefs, Beschäftigte - jeder vonihnen kann wichtiger Unterstüt-zer bei der Suche nach einemArbeitsplatz sein. Über diesepersönlichen Netzwerke funktio-niert Arbeitsvermittlung sehrerfolgreich."

Sportvereine und regionale Arbeitsagentu-ren arbeiten bereits heute vielfach zusam-men: Sie bieten Langzeitarbeitslosen regel-mäßige und sinnvolle Beschäftigung undnutzen das soziale Netzwerk des Sports, umArbeitslose weiter zu vermitteln oder bei der

Suche nach einem Ausbildungsplatz zuhelfen. In Frankfurt existieren Kooperatio-nen mit 430 Frankfurter Vereinen. So bildetdie Sportjugend Frankfurt gemeinsam mitder Arbeitsagentur und der "Sozialen StadtFrankfurt" Arbeitslose über neun Monate zuÜbungsleitern aus. Dabei erhalten dieTeilnehmer für eine Wochenarbeitszeit von25 Stunden eine Mehraufwandsentschädi-gung zusätzlich zum Arbeitslosengeld II.

Zur weiteren Information zu diesem Themahat der DOSB die Dokumentation desWorkshops "DOSB|Kooperation Sportverbän-de - Arbeitsagenturen" auf seiner Homepa-ge www.dosb.de (http://www.dosb.de/de/ser-vice/download-center/kooperationen/)bereit gestellt. Diese können Sie auchtelefonisch in der Pressestelle bei FrauManuela Oys, Tel: 069-6700 255, anfordern.

DOSB begrüßt Gesetzesver-besserungen im Vereinsrecht Durch die Verabschiedung von zwei neuenGesetzen zu Verbesserungen im Vereinsrechthat der Deutsche Bundestag die Bedeutungdes Ehrenamtes in Sportvereinen gestärkt."Das ist ein ganz wichtiger Schritt, um denmehr als acht Millionen Menschen, die sichehrenamtlich im Sport engagieren, dieMotivation zu geben, dies auch weiterhin zutun. Wir begrüßen die Entscheidung desBundestages sehr. Der Deutsche OlympischeSportbund hat dies seit langem gefordertund wir werden auch in Zukunft weitereSchritte anmahnen, um die Stellung desEhrenamtes weiter zu verbessern", sagteDOSB-Präsident Thomas Bach.

Die Bundestagsbeschlüsse betreffen dieHaftungsbegrenzung für ehrenamtlichtätige Vereinsvorstände und Vorschriften,mit denen elektronische Anmeldungen zumVereinsregister erleichtert werden. Bach:"Für die 91.000 Sportvereine in Deutschlandist dies eine klare Verbesserung in ihrertäglichen Arbeit. Vielen Vereinsvorständenwird somit endlich auch eine rechtlicheUnsicherheit genommen."

Ehrenamtliche Vereins- und Stiftungsvor-stände werden künftig nur noch für Vorsatzund grobe Fahrlässigkeit einstehen müssen.Zudem wird die Möglichkeit geschaffen,Anmeldungen zum Vereinsregister aufelektronischem Weg zu erledigen.

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Nachrichten der DOA

"Im Dienste der Olympische Idee":DOA-Publikation erinnert an IOC-Session von 1909

Die Aufarbeitung historischer Begebenhei-ten erscheint umso wertvoller, je augen-scheinlicher sie sich mit einem gegebenenAnlass verbindet. Im Falle der IOC-Sessionvon 1909 spannte die Tagung der IOC-Exekutive am 13./14. August diesen Jahresin Berlin den historischen Bogen.

Ende Mai/Anfang Juni vor 100 Jahrenhatten sich Baron Pierre de Coubertin und21 seiner Kollegen zur 12. Session desolympischen Führungsgremiums erstmalsauf deutschem Boden und zwar ebenfalls inBerlin und dort im Preußischen Herrenhausversammelt, um über drängende Fragen derolympischen Zukunft zu diskutieren undentsprechende Entscheidungen zu fällen.

Zu Hintergründen, Verlauf und Ergebnissender mehrtägigen Veranstaltung hat dieDeutsche Olympische Akademie rechtzeitigzum oben genannten Anlass eine Publikati-on vorgelegt. Unter dem Titel "Im Diensteder Olympischen Idee" vermitteln dieAutoren Andreas Höfer und Karl Lennartzauf 96 reich illustrierten Seiten und anhand

zahlreicher zeitgenössischer Dokumenteeinen fundierten Einblick in das durchausbedeutsame Ereignis, den Zeitgeist und denhistorischen Kontext.

Der DOSB-Präsident äußerte sich ebensolobend über das zweisprachige "wirklichgelungene Werk", wie IOC-Präsident JacquesRogge, dem wie den übrigen Teilnehmerin-nen und Teilnehmern der Exekutiv-Sitzungder Band ausgehändigt worden war.

Als zweite historische Reminiszenz über-reichte Thomas Bach seinen Gästen auch

die Nachprägung einer Medaille, die Cou-bertin zur Erinnerung an die Gründung desIOC hatte prägen lassen und 1909 seinenBerliner Gastgebern zum Dank verlieh. Diemit Genehmigung des IOC erfolgte Nach-prägung war von der DOA angeregt worden.Bei Interesse an der Publikation erteilt dieDOA-Geschäftsstelle nähere Auskunft.

Olympische Erziehung in der Schule:DOA-Lehrerfortbildung in Inzell

Ein traditionelles und vielfach bewährtesInstrument zur Förderung der OlympischenErziehung stellen spezifische Fortbildungs-maßnahmen für Lehrerinnen und Lehrer dar,die in der Vergangenheit meist im grie-

chischen Olympia durchgeführt wurden. Ausunterschiedlichen Gründen wählte die DOAdieses Mal das bayerische Inzell als Veran-staltungsort und als spezielle Zielgruppesolche Pädagogen, die an Eliteschulen desSports oder sportbetonten Schulen tätigsind. Der rege Zuspruch sowie die einhelligpositive Rückmeldung der Teilnehmerinnenund Teilnehmer aus unterschiedlichenBundesländern bestätigte die Organisatorenin ihrer Intention und lässt sie auf einenachhaltige Wirkung hoffen.

Als ein wichtiger und hilfreicher Nebenef-fekt der mehrtägigen Veranstal-tung (29. August bis 2. Septem-ber) wurde allerseits die Mög-lichkeit zu einem intensivenErfahrungsaustausch empfun-den, insbesondere würdigte manaber die zahlreichen Impulsedurch Vorträge und Diskussio-nen von und mit hochkarätigenExperten.

Zur Eröffnung sprach Prof. Dr.Robert Prohl (Universität Frank-furt) über "das Prinzip Elite" undreflektierte die Frage, ob undinwieweit selbiges als "Chancefür Sport und Gesellschaft"

dienlich sei. Rolf Geßmann (DeutscheSporthochschule Köln) referierte über "diepädagogische Dimension der OlympischenIdee", während Prof. Dr. Roland Naul (Uni-versität Duisburg-Essen) die Tauglichkeit derOlympischen Erziehung als "Thema für dieEliteschule des Sports" begründete. Prof. Dr.Gerhard Treutlein (Pädagogische Hochschule

Olympiasiegerin und Weltmeisterin: AndreaHenkel im Gespräch mit Andreas Höfer.

Gruppenfoto mit Damen: Pierre de Coubertin undKollegen erstmals zu Gast in Deutschland.

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Heidelberg), Begründer und Leiter desHeidelberger "Zentrums für Dopingpräven-tion" zeigte deren Möglichkeiten und Gren-zen in historischem, soziologischem undpsychologischem Kontext auf. Berichte ausder pädagogischen Praxis lieferten Dr. UlrichBecker (Heinrich-Heine-Gymnasium Hoch-speyer) und Hennes Weiß (Alfred-Delp-Schule Dieburg).

Eine ganztägige Exkursion nach Münchendiente ebenso als Ausflug in die olympischeVergangenheit wie auch als Ausblick in dieolympische Zukunft. In diesem Sinne standdie Erinnerung an die Spiele von 1972 derBewerbung um die Austragung der Winter-spiele von 2018 gegenüber, über deren Standund Perspektive Vertreter der Bewerbungsge-sellschaft unterrichteten. Beim Besuch desBundesstützpunktes Biathlon in Ruhpoldingbestand zudem Gelegenheit, auch praktischeErfahrungen zu sammeln und unter fachkun-diger Anleitung Treffsicherheit zu beweisen.Im abendlichen "Kamingespräch" mit Stütz-punktleiter Herbert Fritzenwenger und derzweifachen Olympiasiegerin und sechsfachenWeltmeisterin Andrea Henkel ließen sichentsprechende Einsichten auf eindrucksvolleWeise vertiefen.

Aus Sicht der DOA war auch die achteLehrerfortbildung zur Olympischen Erziehungein großer Erfolg. Ein wirklicher Mehrwertaber ist vor allem dann gegeben, wenn dieTeilnehmerinnen und Teilnehmer sich inZukunft als Multiplikatoren des Anliegensverstehen. Entsprechende Erfahrungen ausder Vergangenheit erlauben diesbezüglichjedoch alle Hoffnungen für die Zukunft.

Berlin '36Frankfurter Filmpremiere

Am 3. September, genau eine Woche vordem Kinostart, präsentierten die Deutsche

Olympische Akademie gemeinsam mit demDeutschen Filmmuseum in einer FrankfurterPremiere den deutschen Spielfilm "Berlin'36". Darin erzählt der gefragte TV-Regisseurund Grimme-Preis-Träger Kasper Heidelbachdie authentische Geschichte der jüdischenHochspringerin Gretel Bergmann (KarolineHerfurth), der trotz sportlicher Qualifikationdie Teilnahme an den Olympischen Spielen

von 1936 in Berlin verweigertwird. Um einer Boykottdrohungder USA zu begegnen, war sieals Medaillenkandidatin von denNationalsozialisten zwar in dendeutschen Kader aufgenommen,dann aber von einer "Konkur-rentin" ausgebootet worden,deren Geschlecht Anlass zuZweifeln bot.

Im Anschluss an die sehr gutbesuchte Filmvorführungdiskutierten unter Leitung von

DOA-Direktor Andreas Höfer RegisseurHeidelbach, der vielfach ausgewiesenePublizist Volker Kluge sowie der langjährigePräsident des Nationalen OlympischenKomitees für Deutschland, Prof. WaltherTröger, über den Film und seine historischenund politischen Implikationen.

Ein besonderer Reiz des Podiumsgesprächserwuchs aus dem Umstand, dass alle Betei-ligten der Protagonistin des Films, die heuteim Alter von 95 Jahren bei guter Gesundheitin einem Vorort von New York lebt, ausunterschiedlichen Anlässen persönlichbegegnet sind und nicht nur mit den im

Film erzählten Begebenheiten, sondern auchmit Bergmanns "Leben danach" vertrautsind.

Allen cineastisch und/oder sporthistorischInteressierten sei der Film ebenso empfoh-len wie das von Jutta Braun und BernoBahro vorgelegte "Buch zum Film" (Verlagfür Berlin-Brandenburg) sowie Bergmanns2003 vom "Haus der Geschichte Baden-Württemberg" herausgegebene Autobiogra-phie "Ich war die große jüdische Hoffnung".

"Mein Olympia: Ein Sporterlebnis"Literaturwettbewerb abgeschlossen

Die Qual der Wahl - dies ist das natürlicheLos jeder Jury. Auch im Falle eines geradeabgeschlossenen Wettbewerbs der Deut-schen Olympischen Akademie machten essich die Jurorinnen und Juroren nicht leichtbei der Ermittlung der vermeintlich bestenaus einer Fülle guter Arbeiten, die vonSchülerinnen und Schülern im Alter zwi-schen acht und 18 Jahren eingereichtworden waren. In Verbindung mit der"Stiftung Lesen" waren diese aufgefordertworden, sich unter dem Titel "Mein Olympia:

Frankfurt '09: Kaspar Heidelbach, VolkerKluge und Andreas Höfer (v.l.).

Jury liest: Andreas Höfer, Cornelia Hanisch,Bernd Hunger und Steffen Haffner (v.l.).

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Ein Sporterlebnis" literarisch zu betätigen,was nicht nur den Siegerinnen und Siegernteils in bemerkenswerter Weise gelang.

Durch sprachliche Reife und erzählerischesTalent bestachen insbesondere die Texte derelfjährigen Laura Müller aus Langenau, dieein dramatisches "Radrennen mit Hindernis-sen" beschreibt sowie der 17jährigen Berli-nerin Kahina Toutaoui, die einen nichtminder spannenden Schwimmwettkampfschildert. Beide Arbeiten wurden dem IOCzur weiteren Verwendung gemeldet. In derAltersgruppe bis zwölf Jahre waren es SaidaRojas-Gimenez (Solms-Oberbiel) sowie dieerst achtjährige Linda Knorr (Helmstedt), beiden Älteren Jasmin Sültemeyer (Kaiserlau-tern) sowie Sarah Schulze (Lich). Keineswegsim Sinne einer Quotierung wurden zweijunge männliche Autoren für je einen DOA-Sonderpreis ausgewählt: der 14jährigeFabian Gieger aus Bochum und der ein Jahrjüngere Lucas Minding aus Oranienburg.

Die DOA dankt nicht nur allen Autorinnenund Autoren für ihre Mitwirkung, sondernauch den Mitgliedern der Jury für ihrfachkundiges Urteil: die SchriftstellerinUlrike Draesner, Petra Petzhold von der"Stiftung Lesen", der langjährige Leiter derFAZ-Sportredaktion Steffen Haffner, DOA-Vorstandsmitglied Dr. Klaus Schormann, diebibliophilen Pädagogen Cornelia Hanischund Bernd Hunger sowie die DOA-Haupt-amtlichen Achim Bueble und Andreas Höfer.Die ausgezeichneten Arbeiten sind auf derDOA-Homepage verfügbar. Eine Ehrung derSiegerinnen und Sieger wird bei passenderGelegenheit erfolgen.

Laufende Erinnerung:Olympic Day Run 2009

Alle Jahre wieder erfolgt - nicht nur - inDeutschland eine "laufende Erinnerung" andie Gründung der Olympischen Bewegung,namentlich des Internationalen Olympi-schen Komitees am 23. Juni 1894 in derPariser Sorbonne.

Auch in diesem Jahr waren hierzulande - imAuftrag des Deutschen Olympischen Sport-bundes und in der organisatorischen Ver-antwortung der Deutschen OlympischenAkademie und der Deutschen OlympischenGesellschaft - mehr als 7.000 Läuferinnenund Läufer unter dem Label "Olympic DayRun" unterwegs, und zwar in den Olympia-

städten Berlin und Kiel sowie in Bergisch-Gladbach, Frankfurt, Rems-Murr-Auenwald,Stuttgart-Degerloch und Walldüm.

Möglicherweise war der Olympic Day Run2009 aber der letzte seiner Art. Schließlichhat das Internationale Olympische Komiteeeine Ausweitung und Aufwertung seinertraditionsreichen Initiative angekündigt.Demnach sollen die weltweiten Laufveran-staltungen in nationalen Aktionstagen,sprich in einem "Olympic Day" gebündeltund durch entsprechende Programmpunkteersetzt oder ergänzt werden.

Im Auftrag des DOSB wird die DOA einediesbezügliche Konzeption vorlegen.

Sport im "Kalten Krieg":Untersuchung mit Hilfe von Daume-Stipendium

Als Band acht der "Studien zur Sportge-schichte" hat Dr. Evelyn Mertin (DeutscheSporthochschule Köln) eine Untersuchungzu den "sowjetisch-deutschen Sportbezie-hungen im Kalten Krieg" vorgelegt.

Die intensiv - auch in russischen Archiven -recherchierte Arbeit schließt eine Lücke inder Erforschung des deutschen und interna-tionalen Nachkriegssports und findet andieser Stelle auch deswegen Erwähnung,weil sie mit Hilfe des Willi-Daume-Stipendi-ums abgeschlossen werden konnte. DieAutorin verweist zudem auf die Erkenntnis-se, die sie durch Nutzung der Archivbestän-de der Deutschen Olympischen Akademieaus dem Nachlass Willi Daumes gewonnenhat. Die Arbeit, die an der Sporthochschule

als Dissertation angenommen wurde,betreute DOA-Vorstandsmitglied Prof. Dr.Manfred Lämmer, der auch die oben er-wähnte Schriftenreihe ins Leben rief.

Olympische Erziehungauch beim dvs-Hochschultag

Beim diesjährigen "Hochschultag" derDeutschen Vereinigung für Sportwissen-schaft (dvs), vom 16. bis 18. September inMünster, ist auch die Deutsche Olympische

Akademie mit einemArbeitskreis vertre-ten. Unter dem Titel"Wege von derTheorie zur Praxis"referieren Prof. Dr.Roland Naul (Uni-versität Duisburg-Essen), der stellver-tretende DOA-Vorsitzende Prof. Dr.Helmut Altenberger(Universität Augs-burg), Prof. Dr. AxelHorn (PädagogischeHochschule Schwä-bisch Gmünd) undHennes Weiß(Alfred-Delp-Schule

Dieburg) über Olympische Erziehung inSchule und Verein sowie als Option für dieneu geschaffenen Youth Olympic Games.Interessenten sind herzlich eingeladen. DerArbeitskreis findet statt am Freitag, dem 18.September, 12.30 bis 13.30 Uhr. WeitereInformationen sind über die Homepage derdvs abrufbar.

"Jugend trainiert":DOA in Berlin

Wie schon im Winter und Frühjahr wird dieDOA auch beim Herbstfinale des großenSchulwettbewerbs "Jugend trainiert fürOlympia", vom 22. bis 26. September inBerlin, vertreten sein. Neben einem Info-stand am Hauptbahnhof sowie am Randedes Hockeyturniers in Zehlendorf werdenwie vielfach bewährt auch wieder einOlympiaquiz, eine Ausstellung und Filmepräsentiert. Teilnehmerinnen und Teilneh-mer der Großveranstaltung sowie interes-sierte Gäste sind wie immer herzlich einge-laden.

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Deutsches Sport & Olympia Museum

Herausgeber: Deutsches Sport & Olympia Museum Jahrgang 29 - Heft 4-5/2009Im Zollhafen 1, 50678 Köln, Tel.: +49 (0)221 3 36 09-0Verantwortlich für den Inhalt: Klaus H. SchopenInternet: www.sportmuseum.info

Frank Dürr neuer Direktordes Deutschen Sport & Olympia MuseumsDer Vorstand des Deutschen Sport & Olym-pia Museums hat Frank Dürr (41), Diplom-Dokumentar; zum neuen Direktor berufen.Er nimmt seine Tätigkeit am 1. September2009 auf.

Der gebürtige Kölner ist seit 2007 Leiter derArchive des Rundfunk Berlin-Brandenburg(rbb). Zuvor hat er das Sportarchiv bei RTLTelevision als eines der heute führendenSportarchive im deutschen Fernsehen mitaufgebaut und geführt. Olympische Spiele,Welt- und Europameisterschaften hat er alsDokumentar über Jahre vor Ort begleitet. Erist ausgewiesener Experte für digitaledokumentarische und redaktionelle Produk-

tionsabläufe, war als Lehrbeauftragter tätigund entwickelte zudem erfolgreich Präsen-tations- und Vermittlungskonzepte hin-sichtlich der Nutzung neuer Medien. FrankDürr ist Vorstandsmitglied im Berufsverbandder deutschsprachigen Medienarchivare(VFM) und hat sich mit Tagungsbeiträgenzur Sportdokumentation, digitalen Videoar-chivierung, Wirtschaftlichkeitsanalyse vonArchiven und Ausbildungsfragen einenNamen gemacht.

Die Leichtathletik WM 2009 in Berlinbetreute er federführend für die Archive derARD und folgt nun dem Ruf des DeutschenSport & Olympia Museums.

"Ich freue mich mit Frank Dürr eine Persön-lichkeit gewonnen zu haben, die die Bedeu-tung und die zeitgemäße Präsentation vonSportgeschichte authentisch zu vermittelnweiß. Durch seine bisherigen Tätigkeitenüberblickt er die Entwicklung des Sports der

vergangenen Jahrzehnte und kann durchseine Kenntnisse im Umgang und beimEinsatz moderner Medien der Aktualisierungdes Museums richtungsweisende Impulsegeben", so Professor Walther Tröger, Vor-standsvorsitzender des Museums.

Pferd & OlympiaAthletische Jünglinge auf schnellen Pferdenund mörderische Wagenrennen mit spekta-kulären Unfällen im antiken Olympia,Dressur, Springen und Vielseitigkeit heute -das Pferd war und ist das einzige Tier, dasdauerhaft eine Bedeutung bei olympischenWettkämpfen erlangt hat und die Reiter-spiele waren und sind von besondererBedeutung in der Historie der OlympischenSpiele. Grund genug dem Thema "Pferd undOlympia" eine eigene Ausstellung zu wid-men.

Frank Dürr - neuer MuseumsdirektorSchirmherr der Ausstellung „Pferd und Olympia“, Hans Günther Winkler, auf der "Wunderstute" Halla bei denlegendären olympischen Reiterspielen von Stockholm 1956.

Kuratiert wurde die Ausstellung "Pferd &Olympia - von der Antike bis Hongkong"vom westfälischen Pferdemuseum, dort warsie bereits vom 27. November 2008 bis 1.Juni 2009 zu sehen. Sie entstand in Koope-ration mit dem Deutschen Sport & OlympiaMuseum und dem Deutschen OlympiadeKomitee für Reiterei e. V. (DOKR), Waren-dorf. Schirmherr, der vom Innenministeriumdes Landes Nordrhein-Westfalen geförder-ten Ausstellung ist Reitsportlegende HansGünter Winkler.

Beginnend mit dem mörderischen Wagen-rennen der Antike spannt die Ausstellungeneinen Bogen bis hin zu den letztjährigenWettbewerben in Hongkong. OriginaleObjekte wie antike Vasen oder die olympi-sche Fackel von 1936, Filme, Fotos undpersönliche Gegenstände der Sportlersorgen für eine abwechslungsreiche Schau,die den olympischen Geist in einer ArtNachlese aufleben lässt. Neben olympischenHelden und ihren berühmten Pferden,werden aber auch die veränderten Ansprü-che an den Turniersport, die aufwändigenLogistikanforderungen und die aktuelleDopingproblematik thematisiert. So erzähltdie Ausstellung zahlreiche interessanteEpisoden über einen faszinierenden Sport,wobei auch die Schattenseiten nicht ausge-spart werden.

In diesem Zusammenhang sei daraufhingewiesen, dass im Frühjahr 2010 dasMuseum gemeinsam mit dem KölnerStadtanzeiger zu einem Themenabend"Pferdesport" einladen wird. Deutschlandserfolgreichste Dressurreiterin, Isabell Werth,hat Ihre Teilnahme in Aussicht gestellt undist bereit über ihren Dopingfall und dieBehandlung ihres Pferdes "Wispher" zuberichten.

Der Radsport zwischenGlanz und ElendRadsport ist in Deutschland sehr populär,Radsport ist aber auch umstritten aufgrundder vielen Dopingfälle der vergangenenJahre. Die ganze Problematik der Sportartspiegelte sich beim Kölner Sportgesprächzum Thema Radsport im Deutschen Sport &Olympia Museum, am 23. Juni 2009, wieder,in dem es streckenweise sehr hitzig zuging."Stadt-Anzeiger"-Redakteur Stephan Klemmdiskutierte zehn Tage vor dem Start der

Tour de France mit den Milram-Profis LinusGerdemann (26) und Gerald Ciolek (22)sowie dem ehemaligen Gerolsteiner-Team-chef Hans-Michael Holczer (55) über ihreZiele, Probleme und Konflikte.

Mehr als 300 Zuschauer im Museum erleb-ten zwei junge Radprofis, die sich bemer-kenswert offen und eloquent über dieProblematik ihres Metiers äußerten. Das isteher die Ausnahme als die Regel in einerBranche, in der ein mürrischer Verweisdarauf, dass als sauber zu gelten hat, wernicht erwischt wurde, von vielen als Ant-wort auf den Generalverdacht für ausrei-chend gehalten wird.

Aber natürlich ist da auch Hilflosigkeit:"Mehr als absolut transparent zu sein,können wir nicht tun", sagte Ciolek, der

Sprinter aus Pulheim. Gerdemann wider-sprach der Annahme, dass große Erfolgeohne Doping gar nicht mehr zu erreichenseien. "Ich habe meine guten Ergebnissesauber eingefahren. Das kann ich mit gutemGewissen behaupten." Der Milram-Kapitän,der bei der Tour eine vordere Platzierung inder Gesamtwertung anstrebt, sieht imRadsport mit seinen verschiedenen Kontroll-systemen und Anti-Doping-Programmensogar Ansätze zur Besserung: "In den 90erJahren war die Problematik größer. Betrü-gen wird immer schwieriger. Irgendwannwird auch der Dümmste begreifen, dassman so nicht durchkommt."

Diesen Optimismus konnte Holczer nichtteilen. Kein Wunder - der Versuch desehemaligen Lehrers, als Quereinsteigeraufzuzeigen, dass ein sauberer Weg mög-

lich ist, muss nach den positiven Proben beiseinen Fahrern Davide Rebellin, StefanSchumacher und Bernhard Kohl als ge-scheitert gelten. "Ich habe kein Patentre-zept und bin ein Stück weit distanziert",sagte Holczer, für den Doping mehr ist alsdas Fehlverhalten einzelner: Nämlich einGeschäft mit vielen Profiteuren vollerSkrupellosigkeit und teilweise kriminellerEnergie.

Einigen Radsportfans, das wurde in derDiskussion deutlich, geht das Thema Dopingauf die Nerven. Die mediale Wahrnehmungihrer Lieblingssportart sei - in Deutschlandmehr als in anderen Ländern - zu sehr aufdie Dopingberichterstattung verengt.Erstens käme dadurch die sportliche Leis-tung zu kurz. Zweitens sei das ungerechtim Vergleich zu anderen Sportarten, die

weniger Doping-Nachrichten produ-zierten - aberwomöglich nur, weilkeiner genauhinschaue.

Das ist ein Dilemmades Radsports: Werviel kontrolliert,findet auch viel,sorgt für Schlagzei-len und Misstrauen.Für Medien wird dieHalbwertzeit vonHeldengeschichtenzu kurz - allzu oft,immer wieder,haben die Laborsdie großen Sieger

als große Betrüger entlarvt. Holczer diag-nostizierte im Radsport-Volk eine "eigenar-tige Mischung": "Viele sagen beim ThemaDoping: `Naja, ist halt so. Aber es ist fürmich trotzdem faszinierend. Lasst unsdamit in Ruhe, wir wollen die Bilder se-hen?'“

Aber auch die faszinierenden Aspekte desRadsports waren im "Sportgespräch" Thema.Gerdemann und Ciolek beantwortetenausführlich Fragen zu technischen Details.Ciolek, der sich einen Tagessieg bei der Tour2009 vorgenommen hat, sprach über diebeeindruckenden Kraft-Werte der Sprinterin einem Finale. Und Gerdemann, 2007schon einmal im Gelben Trikot des Tour-Gesamtführenden, berichtete über dieHerausforderung an den steilen Rampen inden Alpen und Pyrenäen.

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Linus Gerdemann und Gerald Ciolek vom Team Milram verteidigtenbeim Kölner Sportgespräch ihren Sport.

Handball-Ikone

Wer erinnert sich nicht gerne an die Euphorieund den Jubel, als Deutschland am 4. Februar2007 in Köln Handball-Weltmeister wurde, einTriumph, der als "Wintermärchen" in derGeschichte dieser Sportart unvergessen bleibenwird. Unvergessen bleibt aber auch ein anderesEreignis, als fast auf den Tag genau vor 29Jahren die deutsche Handball-Nationalmann-schaft in Kopenhagen erstmals den WM-Titelgewann. Maßgeblichen Anteil an diesem Erfolg- wenn auch nur mit einem erzielten Tor -hatte dabei ein junger, wurfgewaltiger Rück-raumspieler, der zu diesem Zeitpunkt jedocherst am Beginn seiner ungewöhnlich erfolg-reich verlaufenen sportlichen Karriere stand.

Die Rede ist von Erhard "Sepp" Wunderlich, der1976 von seinem Heimatverein FC Augsburgzum VfL Gummersbach wechselte und dort bis1983 mit seinen Toren mithalf, zahlreichenationale wie internationale Titel zu gewinnen.Höhepunkt war sicherlich der Gewinn des

Europapokals der Landesmeister im Jahre 1983.Parallel hierzu folgten zahlreiche Berufungenin die Nationalmannschaft - letztlich waren es140. Im Zenit seines Erfolges stehend, gabErhard Wunderlich dem Werben des Spitzen-clubs FC Barcelona nach und wechselte nachSpanien. Das Engagement dauerte indes nurein Jahr. 1984 schloss er sich dem TSV Mil-bertshofen an, dem er bis 1989 treu blieb. Esfolgten zwei weitere Jahre beim VfL BadSchwartau, wo er 1991 seine aktive Karrierebeendete.

In Würdigung seiner sportlichen Verdiensteerhielt Erhard Wunderlich zahlreiche Auszeich-nungen und Ehrungen. So wurde er 1981 und1982 zum "Handballer des Jahres" gewählt, imJahre 1999 sogar zum "Handballspieler desJahrhunderts". Die Politik ehrte ihn in den

Jahren 1978, 1983 und 1984 mit der höchsten,sportlichen Auszeichnung - dem "SilbernenLorbeerblatt".

Ausgewählte Erinnerungsstücke, darunterseine WM-Medaille von 1978, das "SilberneLorbeerblatt" sowie ein Trikot der National-mannschaft und eins des FC Barcelona hatErhard Wunderlich nun dem Deutschen Sport& Olympia Museum, mit dem er seit Jahren inenger Verbindung steht, überlassen.

Polit-Stoff

Kenner der Materie wissen es: das Aufspürenund Sichern von attraktiven Objekten für diemuseale Sammlung gestaltet sich im Regelfallaufwändig und langwierig. Mitunter jedochkürzen Glück und Zufall diesen Prozess ab, wienachfolgendes Beispiel veranschaulicht.

Vor einiger Zeit erhielt das Museum einenAnruf aus der Redaktion des "Trödel-Kings"Roland Beuge mit dem Hinweis,dieser sei bei seinen Aktivitätenauf einen interessanten Gegen-stand gestoßen, der vielleicht auchfür den Fundus des Museums vonBedeutung sein könnte. Die Redeist von einem Badetuch, ausgege-ben vom Nationalen OlympischenKomitee der DDR an ihre Athleten,die sich für die Teilnahme an denXXIII. Olympischen Sommerspielenvon Los Angeles 1984 qualifizierthatten.

Auf den ersten Blick haftet diesemFund allerdings nichts Außerge-wöhnliches an, da ein solchesBadelaken bei der Einkleidung derSportler des Öfteren zur Grundausstattunggehört hat. Seine tatsächliche, sporthistorischbesondere, Bedeutung gründet sich in diesemFall jedoch auf die besonderen politischenUmstände zur damaligen Zeit. Auf Initiativedes großen "russischen Bruders" boykottiertenämlich auch die DDR als einer von insgesamt14 Staaten des damaligen Ostblocks die Spielevon Los Angeles. Als Begründung wurde ein zugroßes Sicherheitsrisiko für die Teilnehmer ausdem Osten angegeben. Über die wahrenGründe lässt sich indes nur spekulieren. Einezentrale Rolle hat jedoch zweifelsohne der, vonzahlreichen westlichen Staaten - so auch derMannschaft der Bundesrepublik Deutschland -als Reaktion auf den Einmarsch russischer

Truppen in Afghanistan ausgeübte Verzicht ander Teilnahme der Olympischen Sommerspielevon Moskau 1980 gespielt. Aber auch dieAussicht, das sowjetische Team könnte sich inder Medaillen-Gesamtwertung erstmalig hinterder DDR platzieren oder die Sorge, eigeneAthleten würden, geblendet vom Kapitalismus,lieber im sonnigen Kalifornien bleiben, werdendie Verantwortlichen in ihre Revanche-Überlegungen miteinbezogen haben. Wenn-gleich der Boykott öffentlich keine Kritiker inder DDR fand, wissen wir heute, dass nicht nurder Unmut im Kreise der Sportler groß war,denen ein möglicher Sieg bei OlympischenSpielen verwehrt blieb, sondern dass auch dieostdeutsche Sportführung, angeführt vomdamaligen Präsidenten Manfred Ewald, diesenVerzicht nur widerwillig mitgetragen hat.

Als quasi Entschädigung für die erzwungeneNicht-Teilnahme an den Olympischen Som-merspielen wurde den Sportlern in den Mona-ten Juli bis September 1984 die Möglichkeitgeboten, an den "Wettkämpfen der Freund-

schaft" in neunder boykottieren-den Staaten(DDR, Bulgarien,UdSSR, Polen,Tschechoslowakei,Ungarn, Kuba,Nordkorea undMongolei)teilzunehmen,um ihre Kräftezumindest imsozialistischenMaßstab verglei-chen zu können.Dabei wurdeneine Reihe vonBestleistungen

aufgestellt, wie z.B. die beim "OlympischenTag" in Berlin am 21. Juli 1984 vom DDR-Speerwerfer Uwe Hohn erzielte, schier un-glaubliche Weite von 104,80 Metern , die ihmin Los Angeles locker die Goldmedaille einge-bracht hätte, da der dortige Sieger ArtoHärkönen aus Finnland "nur" 86,76 Metererreicht hatte.

Das Deutsche Sport & Olympia Museum freutsich, in Kürze dieses Badetuch in seine Samm-lung aufnehmen zu können. Als Objekt mithoher sportpolitischer Symbolkraft wird eszukünftig dazu beitragen, in der Dauerausstel-lung diesen Aspekt der Olympischen Spieleeindrucksvoll darzustellen.

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Sammlungsgeschichten

Erhard Wunderlich 1983 in Barcelona

Badetuch des NOK der DDR

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