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VR International 1 VR International Nummer 9 | September 2017 Ländersteckbrief Kasachstan | Seite 6 Wolf AG: Weichen für internationale Märkte gestellt | Seite 10 Warentransportversicherung sinnvoll | Seite 11 Australien: Ein „europäisches Land“ fernab von Europa In diesem Jahr stellt sich Australien mit seinem „Australia-now“-Kulturjahr in Deutsch- land modern und innovativ dar. Auch wirtschaftlich ist das Australien von heute sehr nah an Europa, trotz der großen geografischen Distanz. Es wird eine wegweisende Premiere: Die deutsch-australische Handelskam- mer wird vom 3. bis 5. November 2017 in Westaustralien – wo ein Großteil der Rohstoffeinnahmen Australiens er- wirtschaftet wird – eine große bilate- rale Wirtschaftskonferenz ausrichten, die „Asia-Pacific Regional Conference“ (APRC) in Perth. Diese deutsch-australi- sche Initiative richtet den gemeinsamen Fokus auf Investitionsmöglichkeiten im asiatisch-pazifischen Raum. Deutschland und Australien sind hierbei natürliche Partner. Warum? Australien wirbt mit seinem immen- sen Reichtum an Bodenschätzen, die immer noch eine geringe Staatsverschul- dung und niedrige Steuersätze möglich machen, um neue Investoren. Das Land positioniert sich als guter Forschungs- standort und ist bekannt dafür, die Eliten Asiens auszubilden – inzwischen gehö- ren seine Universitäten zu den besten der Welt. Australien interessiert sich für Industrie 4.0 und fördert auch Start-ups in Produktion und Service, um weiter zu den Top-25-Wirtschaftsnationen der Welt zu gehören. Zudem sucht Australien die Part- nerschaft mit Deutschland. Wer einmal erlebt hat, wie enthusiastisch selbst der Eurovision Song Contest auf dem fünf- ten Kontinent verfolgt wird und wie viele Australier ihre langen Sommerfe- rien in Europa verbringen, der versteht: Australien fühlt sich sehr europäisch an, auch wenn immer mehr Einwanderer aus Asien die Gesellschaft bereichern. Europäische Wurzeln Australien ist ein europäisch geprägtes Land mit europäischen Werten – güns- tig gelegen in der Nähe der Wachstums-

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VR International Nummer 9 | September 2017

VR_Intern_03_2017_VR International 02.03.17 13:46 Seite 1

Ländersteckbrief Kasachstan | Seite 6Wolf AG: Weichen für internationale Märkte gestellt | Seite 10Warentransportversicherung sinnvoll | Seite 11

Australien: Ein „europäisches Land“ fernab von EuropaIn diesem Jahr stellt sich Australien mit seinem „Australia-now“-Kulturjahr in Deutsch-land modern und innovativ dar. Auch wirtschaftlich ist das Australien von heute sehr nah an Europa, trotz der großen geografischen Distanz.

Es wird eine wegweisende Premiere: Die deutsch-australische Handelskam-mer wird vom 3. bis 5. November 2017 in Westaustralien – wo ein Großteil der Rohstoffeinnahmen Australiens er-wirtschaftet wird – eine große bilate-rale Wirtschaftskonferenz ausrichten, die „Asia-Pacific Regional Conference“ (APRC) in Perth. Diese deutsch-australi-sche Initiative richtet den gemeinsamen Fokus auf Investitionsmöglichkeiten im asiatisch-pazifischen Raum. Deutschland und Australien sind hierbei natürliche Partner. Warum?

Australien wirbt mit seinem immen-sen Reichtum an Bodenschätzen, die immer noch eine geringe Staatsverschul-dung und niedrige Steuersätze möglich machen, um neue Investoren. Das Land positioniert sich als guter Forschungs-standort und ist bekannt dafür, die Eliten Asiens auszubilden – inzwischen gehö-ren seine Universitäten zu den besten der Welt. Australien interessiert sich für Industrie 4.0 und fördert auch Start-ups in Produktion und Service, um weiter zu den Top-25-Wirtschaftsnationen der Welt zu gehören.

Zudem sucht Australien die Part-nerschaft mit Deutschland. Wer einmal erlebt hat, wie enthusiastisch selbst der Eurovision Song Contest auf dem fünf-ten Kontinent verfolgt wird und wie viele Australier ihre langen Sommerfe-rien in Europa verbringen, der versteht: Australien fühlt sich sehr europäisch an,

auch wenn immer mehr Einwanderer aus Asien die Gesellschaft bereichern.

Europäische Wurzeln

Australien ist ein europäisch geprägtes Land mit europäischen Werten – güns-tig gelegen in der Nähe der Wachstums-

 

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Im Fokus

märkte Asiens. Zu asiatischen Staaten hat Australien, allein durch seine Einwan-derungs- und Bildungspolitik, hervor-ragenden Zugang, ganz zu schweigen vom Export wichtiger Rohstoffe. Große Teile Australiens liegen immerhin in der gleichen Zeitzone wie China, Indonesien oder Korea, und Firmen haben guten Zu-gang durch zweisprachige Immigranten. Ein Vorteil, der im Exportland Deutsch-land noch nicht genug erkannt wird.

Viele kennen das wunderschöne Syd-ney mit hohem Freizeitwert, allerdings auch mit hohen Preisen für Wohnungen und Lebenshaltung. Im vergleichswei-se preiswerteren und kleineren Adelai-de in Südaustralien leben rund 130.000 deutschstämmige Menschen. Im Barossa Valley, in der Nähe Adelaides, haben sich Weinbauern angesiedelt, die Spitzenwei-ne produzieren. Die Kunst und Festival-szene dort orientiert sich an Festivals in Edinburgh und Avignon. Derweil verbin-det der „Tonsley Innovation District“ in Adelaide Spitzenforschung und Hand-werksausbildung mit Unternehmen und Start-ups im Bereich „high value manufac-turing“. Melbourne, als zweitgrößte Stadt hinter Sydney, ist auf der Überhol spur. Hier haben zum Beispiel Siemens und Bosch ihre Hauptniederlassungen. Die Start-up-Szene ist stark ausgeprägt, und noch etwa 50.000 deutschstämmige Aus-tralier machen sich überall in dieser sonst eher von südeuropäischen Einwanderern geprägten Stadt bemerkbar, die auf den ersten Blick ziemlich britisch aussieht.

Die Lohnkosten, insbesondere im Dienstleistungssektor in Australien, ge-hören zu den höchsten weltweit. Daher setzt Australien mittlerweile auch auf die erwartete neue technologische Revolu-tion, um durch Innovation und Industrie 4.0 mit Billiglohnländern konkurrieren

zu können. Vor allem große deutsche Software-Anbieter wie SAP sind neben US-Firmen auf dem Markt aktiv, wenn es um die Begleitung der digitalen Wende geht.

Innovationsfreudiges Australien

Australien macht sich derzeit einen Na-men im Bereich der Medizin, Gesund-heitstechnik und Forschung. In Adelaide entsteht gerade „BioMed City“, eins der modernsten Krankenhäuser, gekop-pelt mit einer Universität. Erfolgreicher Schwerpunkt ist die Krebsbehandlung.

Auch in Perth, in Westaustralien, werden Investitionen in Milliardenhö-he im Gesundheitssektor geplant. Dazu kommen die Anwendung von Nano-technologie im Gesundheitswesen und die Herstellung künstlicher Körperteile durch neue 3-D-Verfahren sowie neuar-tige Gewebestrukturen und Oberflächen in der Orthopädie, beispielsweise an der Queensland University of Technology (QUT) in Brisbane in deutsch-australi-scher Kooperation.

In der Landwirtschaft werden eben-falls erfolgreich Innovationen implemen-tiert. Thyssen-Krupp baut gemeinsam mit MSF Sugar ein Energiekraftwerk, welches höchste Standards in Bezug auf Nutzung erneuerbarer Energien setzt. Im warmen Queensland entstehen auch neuartige Fischfarmen für riesige Tro-penfische und neue landwirtschaftliche Produkte wie Bananenmehl oder neue Fruchtsorten. In Südaustralien finanziert ein deutscher Investor den Anbau von Tomaten in riesigen Gewächshäusern in großem Stil mitten in der Wüste, und zwar mit durch Solarenergie entsalztem Wasser und unter Umwandlung schädli-cher CO2-Emissionen in Pflanzennahrung.

Günstige Perspektiven

Die australische Regierung unterstützt durch intensive Freihandelspolitik und einen soliden rechtlichen Rahmen den Handel. Es gibt ein enges Netz bilateraler Abkommen, diverse Freihandelsabkom-men mit wichtigen asiatischen Staaten wie Japan und China. Die Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwi-schen Australien und der EU sollen Ende 2017 aufgenommen werden. Das bilate-rale Abkommen mit den USA vor einigen Jahren hat zu einem rasanten Anstieg des Handels geführt. Mit Deutschland wurde Anfang 2017 das bestehende Doppelbesteuerungsabkommen moder-nisiert und erneuert. Die Besteuerung für kleinere und mittlere Unternehmen in Australien wurde gerade reformiert, Steuern gesenkt.

Australien setzt auf Freihandel, Innova-tion und Zusammenarbeit, vermehrt auch mit Europa, um innovative Forschung an den hervorragenden Universitäten in die Produktion umzusetzen. Wichtig wäre aus deutscher Sicht insbesondere der Bereich der erneuerbaren Energien und des Um-weltschutzes, um die stark auf Rohstoffe ausgerichtete australische Wirtschaft wei-ter zu diversifizieren.

Die australischen Wirtschaftsdaten zeigen seit einem Vierteljahrhundert ein Wachstum. Das Bruttoinlandsprodukt ist 2016 um 2,8 Prozent gestiegen und ist breiter angelegt, als man vermutet. Berg- bau, Land- und Forstwirtschaft sowie pro-fessionelle wissenschaftliche und techni-sche Dienstleistungen dominieren. Mit nur 1,9 Prozent Inflation, niedrigen Zin-sen und geringer Arbeitslosigkeit sehen auch die Rahmendaten gut aus. Gefahr droht einzig von der starken Zunahme der privaten Verschuldung, die durch eine

Melbourne, zweitgrößte Stadt Australiens mit über vier Millionen Menschen, ist auf der Überholspur. Hier mit Yarra River.

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Im Fokus

Autorin

Dr. Anna PrinzDeutsche Botschafterin in Australien119 Empire CircuitYarralumla, ACT 2600Australia0061 2 [email protected]

Ein unternehmerisches Engagement im UK zieht eine ganze Reihe von zu be-rücksichtigenden Aspekten nach sich. Im ersten Schritt sollte jedoch die wohl wichtigste Frage geklärt werden: Soll das Engagement in Form einer Nieder-lassung oder einer Tochtergesellschaft erfolgen? Immer mehr Unternehmen entscheiden sich für die Wahl einer Tochtergesellschaft in Form der Limited Company, kurz Ltd., welche das britische Pendant zur deutschen GmbH darstellt.

Die Gründung einer britischen Toch-tergesellschaft in der Rechtsform einer Ltd. bringt im Vergleich zur Gründung einer deutschen GmbH diverse Vor- teile mit sich. Die Gründung dauert meist lediglich zwischen 24 Stunden und ein bis zwei Wochen und kann unter

bestimmten Voraussetzungen ver-hältnismäßig bequem online durchge-führt werden. Auch die mit der Grün- dung einer Ltd. verbundenen Kosten sind gegenüber der Gründung einer GmbH verhältnismäßig gering. Da- neben zielen Gründer einer Ltd. dar-auf ab, von Innovationsfördermöglich-keiten, organisatorischer Flexibilität, Vorteilen in der Finanzierung und der steuerlichen Gesamtbetrachtung sowie einer Risikodiversifizierung profitie-ren zu können. Voraussetzung für die Gründung einer Ltd. ist die Stellung je eines Gesellschafters und Geschäfts-führers, wobei die Niederlassung be-ziehungsweise der Sitz, das Registe-red Office, im UK angesiedelt sein muss.

Unternehmerisches Engagement im UK: Vorteile der Limited Company

News inside: DZ BANK German Desk London

Vervierfachung der Immobilienpreise im letzten Jahrzehnt hervorgerufen wurde.

Bisher ist Australien von den Immo-bilienkrisen weitgehend verschont ge-blieben. Dennoch wird die Überhitzung ernst genommen. Die in Sydney rasant wachsende FinTech-Szene stellt sich schon auf neue Verfahren ein, um die Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmer einzuschätzen. Nicht mehr das eigene Häuschen dient als Pfand, sondern das gesamte Einnahme- und Ausgabeverhal-ten der Kunden wird analysiert und dient als Grundlage. Auch hier sind chinesische Anbieter bereits sehr weit vorn, weitge-hend unbemerkt von der öffentlichen Diskussion in Europa. Australien heute ist deutlich besser mit den Entwicklungen in Asien verbunden als Europa.

Asia-Pacific Regional Conference

Die Asia-Pacific Regional Conference (APRC) im November in Perth soll die deutsch-australischen Wirtschaftsbezieh-ungen noch weiter ausbauen und vertie-fen. Eröffnet wird sie durch Bundesprä-sident Frank-Walter Steinmeier. Bereits

nach offiziellen Angaben etwa 16 Milliar-den EUR zwischen 2014 und 2018 vor.

Derzeit gibt es mit der Regierung Turnbull und Finanzminister Cormann, der einer hochrangigen Beratergruppe zur Verbesserung der deutsch-australi-schen Beziehungen vorgestanden hat, eine Chance, bei diesem neuen Aufbruch dabei zu sein. Australien ist nach dem Sin-ken der Rohstoffpreise aufgewacht, um sich für die Zukunft besser und weit gefä-cherter aufzustellen. Wir sollten diese Ein-ladung zur Zusammenarbeit annehmen und Australien neu für uns entdecken.

Informationen und den Link zur An-meldung für die Konferenz in Perth fin-den Sie unter www.aprcperth2017.com.

Autorin

Johanna SchallertGerman DeskDZ BANK AG London150 CheapsideEC2V 6ET0044 207776 [email protected]

Besonders wertgeschätzt von deut-schen Unternehmern wird die German-Bri-tish Chamber of Industry & Commerce, auf Deutsch: Deutsch-Britische Industrie- und Handelskammer, mit Sitz in London. Diese steht mit deutschsprachigen An-sprechpartnern bei der Wahl der richtigen Rechtsform sowie bei der Klärung ent- stehender Pflichten beratend zur Seite.

jetzt haben der Premierminister Austra-liens, Malcolm Turnbull, und zahlreiche seiner Kabinettsminister ihre Teilnahme zugesagt. Minister aus benachbarten Ländern, ebenso wie das Bundeswirt-schaftsministerium, der DIHT, OAV und die Handelskammern in Deutschland un-terstützen zusammen mit der „Australian Trade and Investment Commission“ (Aus-trade) und anderen australischen Einrich-tungen diese Konferenz.

Es ist ein erklärtes Ziel des Schirmher-ren dieser Veranstaltung, dem deutsch-sprachigen Finanzminister Mathias Cor-mann, die deutsche Wirtschaft verstärkt nach Australien zu holen. Forschung und Produktion sollen für innovative Verfahren besser verbunden werden. Aus dem vorü-bergehenden Einbruch der Rohstoffpreise in den letzten Jahren, der durch den Roh-stoffmix weitgehend aufgefangen wer-den konnte, hat Australien gelernt und setzt massiv auf Investitionen zur Diver-sifizierung der Wirtschaft. Westaustralien trug im Jahr 2016 20 Prozent zu den wirt-schaftlichen Gesamtinvestitionen bei. Al-lein in Perth sehen die Investitionspläne für Infrastruktur für einen Vierjahreszeitraum

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Märkte & Chancen

Indonesien: neue DZ BANK-RepräsentanzDie Bankenaufsicht in Indonesien hat der DZ BANK die Lizenz zur Eröffnung einer Repräsentanz in Jakarta erteilt. Mit 250 Millionen Einwohnern und einem Brut-toinlandsprodukt-Wachstum von durch-schnittlich mehr als 5 Prozent pro Jahr ist Indonesien gegenwärtig eine der attrak-tivsten Wachstumsregionen weltweit. Im indonesischen Markt unterstützt die DZ BANK ihre Firmenkunden bereits heu-te insbesondere in den Bereichen Han-dels- und Exportfinanzierung.

Geleitet wird die Repräsentanz, de-ren offizielle Eröffnung am 2. August

mit rund 100 Gästen aus Politik und Wirtschaft, darunter der stellvertretende Botschafter der deutschen Botschaft in Jakarta, war, von Monica Kwik, die zuvor bereits viele Jahre lang für verschiedene renommierte Finanzinstitute in der Re- gion tätig war.

Vorstandsvorsitzender Wolfgang Kirsch begrüßte die Gäste und betonte, die Einweihungsfeier zeige das klare Be-kenntnis der DZ BANK und ihrer Kunden zu Indonesien: „Ich glaube, es ruft auch ins Gedächtnis, dass internationaler Han-del und Zusammenarbeit weiterhin der

Schlüssel zu globalem Wachstum und Fortschritt sind.“ Neben den Filialen in Hongkong und Singapur sowie den Re-präsentanzen in Beijing und Mumbai ist die DZ BANK damit an einem weiteren Standort in Asien vertreten. Das Stand-ortnetz im Ausland umfasst zudem Fi-lialen in London und New York sowie Repräsentanzen in Istanbul, Moskau und São Paulo.

Weitere Informationen:in der Oktober-Ausgabe der VR Inter- national

Georgien und Armenien: Markteintritt relativ unkompliziertDeutschen Firmen, die sich bei Infrastruk-turprojekten in Georgien und Armenien einbringen möchten, stehen verschie-dene Wege für die Suche nach Projekt-frühinformationen und die Partnersuche offen. Die Kontaktaufnahme zu Behör-den und anderen Ansprechpartnern ist weitgehend unkompliziert.

Hauptansprechpartner in Georgien sind neben der Georgischen Eisenbahn drei Struktureinheiten des Ministeriums für Regionalentwicklung und Infrastruk-tur: das Referat für Infrastrukturpolitik (Ansprechpartner: Irakli Matkava, erster Stellvertreter des Ministers, [email protected]), die Straßenbaubehörde Roads Department of Georgia (An-sprechpartner: George Seturidze, Leiter der Behörde, [email protected]) und der Kommunale Entwick-lungsfonds Georgiens (Ansprechpartner:

Gagi Buadze, Direktor des Fonds, [email protected]).

Auf den Internetseiten des Ministe-riums (www.mrdi.gov.ge), der Straßen-bauhörde (www.georoad.ge), des Fonds (www.mdf.ge), des neuen Projektportals (http://build.gov.ge, Straßenbau und kommunale Projekte aller Art) sowie der Georgischen Eisenbahn (www.railway.ge) können umfangreiche Informatio-nen über aktuell laufende und bis 2020 geplante Projekte sowie über Ausschrei-bungen recherchiert werden. Hauptin-formationsquelle für geplante Vorhaben im Transportsektor sind ein vom Minis-terium für Regionalentwicklung und In-frastruktur im Frühjahr 2017 vorgelegter Aktionsplan für den Zeitraum 2017 bis 2020.

Die wichtigsten zentralen Ansprech-partner in Armenien für den Verkehrs-

Weitere Informationen:Deutsche Wirtschaftsvereinigung GeorgienAnsprechpartner: Oliver Regner, Geschäftsführer00995 32/20 57 [email protected]://georgien.ahk.de

Deutsche Wirtschaftsvereinigung ArmenienAnsprechpartnerin: Mariam Mazhinyan, Projektmanagerin00374 [email protected]://georgien.ahk.de/armenien

wegebau sind das Referat für Straßenbau des Ministeriums für Transport, Kommu-nikation und Informationstechnologien (Ansprechpartner: Kadzhik Kabayan, Leiter des Referats; [email protected]), die Durchführungsorganisati-on für den Straßenkorridor Nord-Süd (Ansprechpartner: Vardan Karapetyan, Geschäftsführer, [email protected]), das Referat für den Bahntransport des Ministeriums für Transport, Kommuni-kation und Informationstechnologien (Ansprechpartner: Arsen Musoyan, Lei-ter des Departments, [email protected]) sowie die Südkaukasische Eisenbahn (Ansprechpartner: Alexander Konowa-low, Leiter der Direktion für Infrastruktur, [email protected]).

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MESSETIPPS

WWETT Show (Pumper & Cleaner Environ-mental Expo International) Water & Wastewater Equipment, Treatment & Transport Show In Indianapolis, Vereinigte Staaten, findet vom 22. bis 24. Februar 2018 die WWETT Show (Pumper & Cleaner Environmental Expo International) – Water & Wastewater Equipment, Treatment & Transport Show statt. Branchenschwerpunkte sind Umwelt und Klimaschutz (Branche 86), Angebotsschwerpunkte Abflussrohre, Dienstleistungen, Entwässe-rung, Klärschlammbehandlung, Pumpen, Rei-nigungstechnik, Rohre, Sanitärtechnik, Sicher-heitstechnik und Software. Die Messe findet mit deutscher Beteiligung statt, mit Firmen- gemeinschaftsausstellung und Informations- zentrum. Kontakt:Informa Exhibitions6191 N. State Hwy. 161, Suite 500Irving, TX 75038Vereinigte Staaten001 972 5366300www.informa.comProjektteam [email protected]/

FERMA International Fair CATTLE FARM & Interna- tional Fair PIGS AND POULTRY FARM Die FERMA – International Fair CATTLE FARM & International Fair PIGS AND POULTRY FARM öffnet in Lodz, Polen, vom 16. bis 18. Februar 2018 ihre Tore. Branchenschwerpunkte sind Land- und Forst-wirtschaft, Garten- und Landschaftsbau, Er-werbsfischerei, Nutztierhaltung (Branche 49), AngebotsschwerpunkteFuttermittel, Geflügelzucht, Rinderzucht, Schweinezucht, Stalleinrichtungen, Stallun-gen, Tierhaltung, Tiernahrung, Tierproduk- tion, Tierzucht und Veterinärausrüstung.

Kontakt: DLG e.V.Eschborner Landstraße 12260489 Frankfurt/Main069 [email protected]

Vietnam: Unternehmerreise für fertigende Industrie

Vietnam bietet seit einigen Jahren at-traktive Rahmenbedingungen für auslän-dische Investoren wie wirtschaftliche und politische Stabilität, günstige Lohnkosten sowie eine junge und überdurchschnitt-lich gut ausgebildete Bevölkerung. Um einen authentischen Eindruck der sich bietenden Chancen und Möglichkei-ten zu verschaffen, läd der OAV zur Unternehmerreise nach Vietnam vom 26. November bis 1. Dezember ein. Ziel der Reise ist es, sich ein vertieftes Bild über die Projekte und Förderungsmaß-nahmen der vietnamesischen Regierung

zu machen, welche Auslandsunterneh-men ein Engagement erleichtern sollen. Hierzu werden Ministerien und Behörden sowie bereits in Industriezonen investier-te Unternehmen besucht. Schwerpunkte der Delegationsreise sind die Hauptstadt Hanoi, die Hafenstadt Haiphong, die Pro-vinz Vinh Phuc sowie Ho-Chi-Minh-Stadt.

Italien: Potenzial in der BahntechnikDie Italienische Handelskammer für Deutschland bietet am 17. Oktober 2017 eine ganztägige Informationsveranstal-tung zu Geschäftschancen und Rahmen-bedingungen im Bereich der Bahntechnik und -infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Berlin. Das Projekt wird durch das Bundeswirtschaftsministerium gefördert.

Der italienische Markt bietet viel Potenzial: So werden bis zum Jahr 2020 17 Milliarden EUR vom italienischen Mi-nisterium für Verkehr und Infrastruktur für die Sanierung der italienischen Bahn-verkehrsstrecken investiert. Weitere 1,2 Millarden EUR fließen in die Erneuerung von Sicherheitssystemen und Moderni-sierungen der städtischen Verkehrsnet-ze und der Bahnhöfe. Auch investiert Trenitalia, die italienische Staatsbahn,

4,5 Milliarden EUR für die Erneuerung ihrer Schienenfahrzeuge. Ziel der Infor-mationsveranstaltung ist es, den deut-schen Teilnehmern einen Überblick über die Marktsituation der Bahntechnik und -infrastruktur in Italien zu bieten. Dabei informieren Experten aus Italien über die Chancen, Perspektiven und möglichen Schwierigkeiten sowie rechtlichen Rah-menbed ingungen auf diesem Markt. Erfahrungsberichte deutscher Unterneh-men auf dem italieni-schen Markt runden das Programm ab.

Weitere Informationen:www.oav.de ➞ laenderinforma- tionen ➞ vietnam

Weitere Informationen:siehe QR-Code

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Ländersteckbrief

KasachstanPolitische Lage

Das politische System Kasachstans weist stark autokratische Züge auf. Ebenso wie bei den meisten anderen aus der ehema-ligen Sowjetunion hervorgegangenen Staaten ist die Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Judikative und Legislative in Kasachstan nur schwach ausgeprägt. Der seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 re-gierende Präsident Nasarbajew verfügt über eine große Machtfülle. So ernennt der Präsident die Spitzen der Justiz, der Regierung und die Verwaltungschefs der Provinzen. Darüber hinaus ist er be-fugt, das Parlament bei einem Misstrau-ensantrag gegen die Regierung aufzu-lösen. Zwar begrenzt die kasachische Verfassung die Amtszeit des Präsidenten grundsätzlich auf zwei fünfjährige Amts-perioden. Allerdings ist Präsident Nasar-bajew von dieser Amtszeitbegrenzung durch eine Ausnahmeregelung in der Verfassung befreit.

Ein wichtiges Stabilitätsrisiko für Ka-sachstan ist die ungeklärte Nachfolge des 77-jährigen Präsidenten Nasarbajew. Die Medien und oppositionelle Politiker sind in Kasachstan starken Repressionen ausgesetzt. Die Organisation Repor-ters without Borders stuft Kasachstan im World Press Freedom Index des Jah-res 2017 lediglich auf Platz 157 von 180 Plätzen ein. Zudem besteht eine sehr enge Verflechtung von wirtschaftlichen und politischen Eliten. So bekleideten

Der Bajterek-Turm in der Hauptstadt Astana ist das Wahrzeichen der Stadt.

Halyk Bank 15.176

Kazkommertsbank 13.807

Tsesnabank 6.413

Subsidiary Bank Sberbank of Russia 4.683

ATFBank 4.124

Quelle: Orbis Bank Focus

Die fünf größten Geschäftsbanken Kasachstans (gemessen an der Bilanzsumme 2016 in Mio. EUR)

Wirtschaftsstruktur

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Kasach-stans pro Kopf betrug 7.453 USD im Jahr 2016 und lag damit deutlich oberhalb des Durchschnittswertes der GUS-Staa-ten von 3.962 USD. Der im regionalen Vergleich überdurchschnittlich hohe Wert des BIP pro Kopf kann in erster Li-nie auf den Abbau und den Export von Bodenschätzen zurückgeführt werden (z. B. Erdöl, Gas, Kohle, Kupfer, Uranium). Eine hohe Bedeutung kommt hierbei insbesondere der Erdölförderung zu, da Kasachstan über die weltweit zwölft-größten Erdölreserven verfügt. Die Erd-ölförderung in Kasachstan wird durch Joint Ventures der staatlichen Erdölfirma KazMunaiGas mit internationalen Erdöl-firmen betrieben und wurde seit Ende der 1990er-Jahre stark ausgeweitet. So stieg die jährliche Rohölfördermenge im Zeitraum 1998–2016 um 201 Prozent. Auch für die kommenden Jahre kann

wichtige Akteure des kasachischen Wirt-schaftslebens wie Timuar Kulibaev und Bulat Utemuratov in der Vergangenheit einflussreiche politische Positionen. Die Außenpolitik Kasachstans wird traditi-onellerweise durch eine enge politische und wirtschaftliche Allianz mit Russland geprägt. Im Januar 2015 gründete Ka-sachstan mit Armenien, Kirgisistan, Russ-land und Weißrussland die Eurasische Wirtschaftsunion. Zur Stärkung seiner Unabhängigkeit gegenüber Russland unterhält Kasachstan jedoch auch enge diplomatische Beziehungen zu seinen an-deren Nachbarstaaten China, Kirgisistan, Turkmenistan und Usbekistan sowie zu den USA („multivektorielle Außenpoli-tik“).

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Ländersteckbrief

von einem Anstieg der Rohölfördermen-ge ausgegangen werden, da im Oktober 2016 die Ölförderung im Offshore-Ölfeld Kashagan im Kaspischen Meer aufge-nommen wurde. Einnahmen aus dem Rohölexport spielen eine wichtige Rolle im öffentlichen Haushalt (23,5 Prozent der Staatseinnahmen 2016) und in der Exportstruktur (52,7 Prozent der Güter- exporte 2016). Während Kasachstan als Folge hoher Erdölexporte einen deutli-chen Überschuss in der Handelsbilanz er-zielt (7,2 Prozent des BIP 2016), weist das Land Defizite in der Dienstleistungsbilanz (–3,6 Prozent) sowie in der Bilanz der Er-werbs- und Vermögenseinkommen (–9,8 Prozent) auf. Letzteres geht insbesonde-re auf Gewinnausschüttungen ausländi-scher Unternehmen im Bergbausektor an ihre Mutterkonzerne zurück. Neben der Wertschöpfung im Bergbausektor (12,8 Prozent des BIP 2016) beeinflusst die Erdölförderung auch in hohem Maße die konjunkturelle Dynamik anderer Sek-toren, da die Höhe der Erdölexportzu-flüsse eine wichtige Determinante der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage dar-stellt. Ein hoher Einfluss kann hierbei ins-besondere für den Handel (17,1 Prozent des BIP 2016), die Immobilienwirtschaft (8,4 Prozent) und den Bausektor (6,0 Pro-zent) konstatiert werden. Die verarbei-tende Industrie (11,1 Prozent) umfasst in erster Linie einfache Konsumgüterin-dustrien wie die Lebensmittelproduktion oder energieintensive Schwerindustrien. Die Rolle des Staates im Wirtschaftsge-schehen kann trotz eines hohen Bestan-des an ausländischen Direktinvestitionen innerhalb des Bergbausektors als domi-nant eingestuft werden. So hält die kasa-chische Regierung über den Staatsfonds Samruk-Kazyna Beteiligungen an knapp 600 Unternehmen in verschiedenen Wirt-schaftssektoren Kasachstans.

Wirtschaftslage und -politik

Nachdem sich die konjunkturelle Dyna-mik Kasachstans in den Jahren 2015 und 2016 als Folge des starken Ölpreisrück-gangs deutlich abgekühlt hatte, ist ge-genwärtig ein erneuter Anstieg des Real-wachstums zu beobachten. Während das BIP-Realwachstum im Jahr 2016 lediglich bei 1,1 Prozent lag, erwarten wir für das Jahr 2017 ein BIP-Realwachstum von 3,0 Prozent. Der Anstieg des Realwachstums im Jahr 2017 geht insbesondere auf eine

gestiegene landesweite Ölproduktion in-folge des Förderbeginns im Offshore-Öl-feld Kashagan zurück. Im ersten Quartal 2017 erhöhte sich die Ölproduktion Ka-sachstans gegenüber dem Vorjahreszeit-raum um 6,0 Prozent. Darüber hinaus stieg die konjunkturelle Dynamik inner-halb der Nicht-Erdöl-Wirtschaft im bishe-rigen Jahresverlauf leicht an. Mittelfristig gehen wir jedoch davon aus, dass sich die Wachstumsdynamik der kasachischen Volkswirtschaft auf einem deutlich nied-rigeren Niveau einpendeln wird als zu Zeiten der Erdölboomjahre 2000–2013,

in welchen das durchschnittliche jährliche BIP-Realwachstum bei 8,0 Prozent lag. Nachdem die Inflationsrate Kasachstans im Jahr 2016 auf hohe 14,6 Prozent ge-stiegen war, erwarten wir für das Jahr 2017 einen merklichen Rückgang der Teuerungsrate auf 7,4 Prozent. Der An-stieg der Inflationsrate im Jahr 2016 ging insbesondere auf Einmaleffekte infolge der starken Abwertung der Landeswäh-rung Tenge in den Jahren 2015 und 2016 zurück, da der gesunkene Außenwert des Tenge die Importpreise von Import-gütern deutlich erhöhte. Als Folge des

Große Bedeutung für das Land hat die Erdölförderung, da Kasachstan über die weltweit zwölftgrößten Erdölreserven verfügt.

Jahr Bruttoinlandsprodukt Inflationsrate Haushaltssaldo (real) (Jahresdurchschnitt) (BIP)

2015 1,2 6,7 –6,3

2016 1,1 14,6 –4,4

2017s 3,0 7,4 –6,3

2018p 2,4 6,2 –2,1

s = geschätzt p = Prognose

Quellen: International Monetary Fund; eigene Schätzungen

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung (in Prozent)

Jahr Leistungsbilanzsaldo Direktinvestitionen Währungsreserven (netto) (ohne Gold)

2015 –5.464 3.123 20.295

2016 –8.156 14.436 19.916

2017s –6.350 6.000 21.030

2018p –4.900 5.000 22.500

s = geschätzt p = Prognose

Quellen: International Monetary Fund; UNCTAD; eigene Schätzungen

Entwicklungen in der Außenwirtschaft (in Mio. USD)

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Ländersteckbrief

starken Erdölpreisrückgangs seit Sommer 2014 verzeichnete Kasachstan in den ver-gangenen beiden Jahren hohe Defizite in der Leistungsbilanz (2016: -6,5 Prozent des BIP) sowie im öffentlichen Haushalt (-4,4 Prozent des BIP). Das Defizit im öf-fentlichen Haushalt geht hierbei auch auf eine expansive Fiskalpolitik in den Jahren 2015 und 2016 zurück. So versuchte der kasachische Staat durch das Infrastruk-turinvestitionsprogramm Nurly Zhol dem starken Rückgang der konjunkturellen Dynamik entgegenzuwirken. Für das Jahr 2017 gehen wir von einem erneuten An-stieg des öffentlichen Haushaltsdefizites auf 6,3 Prozent des BIP aus. Hauptgrund hierfür sind Stützungsmaßnahmen des Staates für kasachische Geschäftsbanken in Höhe von 4 Prozent des BIP. Gemäß Berechnungen des IMF liegt der durch-schnittliche Ölpreis, den Kasachstan für einen ausgeglichenen öffentlichen Haus-halt benötigen würde, im Jahr 2017 bei 61 USD und damit merklich oberhalb der gegenwärtigen Weltmarktpreise für Öl. Positiv werten wir, dass die öffentliche Verschuldung des kasachischen Staates zum Jahresende 2016 lediglich 26,2 Pro-

zent des BIP betrug und sich damit noch auf einem niedrigen Niveau befand. Einen Risikofaktor für den öffentlichen Haushalt stellt jedoch der kasachische Finanzsektor dar, dessen aggregierte Bi-lanzsumme sich per Dezember 2016 auf rund 54 Prozent des BIP belief. So leidet der kasachische Finanzsektor weiterhin unter einem hohen Bestand an notlei-denden Krediten, welcher in erster Linie auf das Platzen einer Immobilienblase Ende der 2000er-Jahre zurückgeht. Da-rüber hinaus erhöhte die starke Abwer-tung des Tenge die Kreditrisiken für den Bankensektor merklich, da gegenwärtig rund 29 Prozent der Kreditforderungen im kasachischen Finanzsektor Fremd-währungskredite darstellen. Positiv im Hinblick auf die kurz- und mittelfristige Solvenz des kasachischen Staates werten wir hingegen die weiterhin hohen Re-serven innerhalb des staatlichen Ölfonds National Fund. Per Dezember 2016 belie-fen sich die Aktiva des im Jahr 2000 auf-gelegten Ölfonds auf 60 Milliarden USD. Dies entsprach hohen 46 Prozent des BIP. Allerdings ist anzumerken, dass die Aktiva des Ölfonds in den Jahren 2015 und 2016 bereits um rund 18 Prozent zurückgegangen sind, da hierdurch De-fizite im öffentlichen Haushalt finanziert wurden. Die Bruttoauslandsverschul-dung der kasachischen Volkswirtschaft belief sich zum Jahresende 2016 auf 163,8 Milliarden USD. Rund 56 Prozent der Bruttoauslandsverschuldung geht auf konzerninterne Kredite ausländischer Unternehmen an ihre Joint-Venture-Be-teiligungen insbesondere im kasachi-schen Bergbausektor zurück. Die Brut-toauslandsschulden des kasachischen Staates betrugen per Dezember 2016 lediglich 12,9 Milliarden USD oder 9,8 Prozent des BIP. Das wichtigste langfristi-ge wirtschaftspolitische Ziel Kasachstans ist eine geringere volkswirtschaftliche Abhängigkeit vom Ölsektor. Gegenwär-

tig werden die Wachstumsperspektiven der Nicht-Erdöl-Sektoren jedoch durch eine hohe Korruption, eine geringe Rechts sicherheit und eine marktbeherr-schende Stellung einzelner Oligarchen in verschiedenen Wirtschaftssektoren beeinträchtigt. So belegt Kasachstan auf dem Corruption Perception Index 2016 von Transparency International lediglich Platz 131 von 176 Plätzen.

Beziehungen zu Deutschland und EU

Kasachstan spielt im Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland eine wich-tige Rolle. Zum einen ist Kasachstan für Deutschland das sechstgrößte Liefer-land von Rohöl. Im Jahr 2016 entfielen sehr hohe 90,4 Prozent der deutschen Importe aus Kasachstan auf Rohöl. Zum anderen stellt Kasachstan für die deut-sche Exportwirtschaft trotz eines rück-läufigen Exportvolumens in den vergan-genen Jahren weiterhin den wichtigsten Absatzmarkt in Zentralasien dar. Die Gesamtausfuhren Deutschlands nach Ka-sachstan beliefen sich im Jahr 2016 auf 1,1 Milliarden EUR und befanden sich da-mit auf einem deutlich höheren Niveau als in anderen zentralasiatischen Ländern wie Usbekistan (0,4 Milliarden EUR) und Turkmenistan (0,4 Milliarden EUR). Der Rückgang der deutschen Exporte nach

Botschaft der Bundesrepublik Deutschland

ul. Kosmonawtow 62Mikrodistrikt Chubary010000 [email protected]. astana.diplo.de

Botschaft des Staates Kasachstan

Nordendstraße 14–1713156 [email protected]. botschaft-kasachstan.de

Delegation der deutschen Wirtschaft für Zentralasien

Kurmangasy Str. 84-A050022 [email protected]://zentralasien.ahk.de/

Nützliche Adressen

Jahr Deutsche Ausfuhr Deutsche Einfuhr Saldo

2013 2.156 4.593 –2.437

2014 1.717 4.445 –2.728

2015 1.235 2.825 –1.590

2016 1.086 2.900 –1.814

Quellen: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; GENESIS-Online Datenbank

Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland mit Kasachstan (in Mio. EUR)

Eine Reduktion der Abhängigkeit vom Erd-ölsektor ist langfristig unabdingbar.

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VR International 9

Ländersteckbrief

Kasachstan in den beiden vergangenen Jahren kann hierbei insbesondere auf die konjunkturelle Abkühlung der kasa-chischen Volkswirtschaft sowie die deut-liche Abwertung der Landeswährung Tenge zurückgeführt werden, da dies die Nachfrage nach wichtigen deutschen Ex-portgütern wie Arzneiwaren (8,0 Prozent der deutschen Exporte nach Kasachstan 2016), Gaskompressoren (4,1 Prozent) und Flüssigkeitspumpen (2,9 Prozent) abschwächte. Dagegen begründet sich der gesunkene Gesamtwert deutscher Einfuhren aus Kasachstan in erster Linie im starken Preisrückgang des Hauptlie-

fergutes Rohöl seit Sommer 2014. Die Europäische Union und die kasachische Regierung unterzeichneten im Dezem-ber 2015 ein Partnerschaftsabkommen, durch welches eine Vertiefung der politi-schen und wirtschaftlichen Beziehungen angestrebt wird. Europäische Unterneh-men sind wichtige Investoren insbeson-dere im kasachischen Bergbausektor. Die meisten europäischen Direktinvestitio-nen entfallen hierbei gegenwärtig auf die Niederlande und Frankreich. Gemäß Auswärtigem Amt sind derzeit rund 200 deutsche Unternehmen in Kasachstan vertreten.

Aussichten

Der deutliche Rückgang des Erdölpreises seit Sommer 2014 stellt langfristig eine große wirtschaftspolitische Herausfor-derung für Kasachstan dar. Zwar hat sich das Realwachstum im Jahresver-lauf 2017 als Folge des Förderbeginns im Offshore Ölfeld Kashagan erhöht. Wir erwarten jedoch, dass sich die kon-junkturelle Dynamik in den kommenden Jahren auf einem deutlich niedrigeren Niveau einpendeln wird als zu Zeiten der Erdölboomjahre 2000–2013. Eine Redu-zierung der hohen volkswirtschaftlichen Abhängigkeit vom Erdölsektor ist lang-fristig unabdingbar. Gegenwärtig wird das Wachstumspotenzial der Nicht-Erd-öl-Wirtschaft durch eine hohe Korrupti-on, eine geringe Rechtssicherheit und eine marktbeherrschende Stellung ein-zelner Oligarchen in verschiedenen Wirt-schaftssektoren beeinträchtigt. Ein wich-tiger Risikofaktor für den Staatshaushalt ist der kasachische Finanzsektor, da die-ser unter einem beträchtlichen Bestand an notleidenden Krediten leidet. Positiv auf die Solvenz des kasachischen Staates wirken sich hingegen die derzeit niedri-ge öffentliche Verschuldung sowie hohe Finanzreserven im staatlichen Ölfonds National Fund aus, welche während des Erdölbooms der 2000er-Jahre akkumu-liert wurden. Zwar gingen die Reserven in den vergangenen beiden Jahren um rund 18,0 Prozent zurück, da hierdurch hohe Defizite im öffentlichen Haushalt finanziert wurden. Allerdings beliefen sich die Finanzreserven des Fonds zum Jahresende 2016 noch auf rund 46,0 Prozent des BIP. Die kasachische Regie-rung verfügt daher kurz- und mittelfris-tig über einen beträchtlichen Liquiditäts-puffer.

Yesenn El-Radhi

DZ BANK AG

Bevölkerung:

17,5 Millionen

Hauptstadt:

Astana

Korrespondenzsprachen:

Deutsch, Englisch

Wichtige Feiertage:

Tag der Verteidiger des Vaterlandes: 7. Mai

Tag der Hauptstadt: 6. Juli

Unabhängigkeitstage: 16. und 17. Dezember

Zollflughäfen:

Aktau, Karaganda, Shimkent, Zhezkazgan (Auswahl)

Zolltarif:

Harmonisiertes System

Einfuhrlizenzen:

Einfuhrlizenzen sind für wenige Waren (z. B. hochfrequente Apparate für zivile Zwecke, elektronische Rechenmaschinen, Registrierkassen, bestimmte Datenverar-beitungsmaschinen etc.) erforderlich, die je nach Warenart bei der zuständigen Be-hörde beantragt werden müssen.

Zahlungsbedingungen und Angebote:

Angebote in deutscher oder russischer Sprache auf EUR-Basis ab Werk. Falls Ak-kreditive nicht durchsetzbar auf Vorkasse bestehen. Kasse gegen Dokumente nur noch langjährigen Geschäftsbeziehungen.

Maße und Gewichte:

Metrisches System

Währungseinheit:

1 Tenge (T) = 100 Tiyn, Code: KZT

Auszug aus den „Importbestimmungen anderer Länder“ 2014 sowie aus den „Konsulats- und Mustervorschriften“ (42. Auflage, 2017/2018).

Eckdaten für den Export nach Kasachstan

Raffinerieprodukte 3,1

Medikamente 2,8

Geräte Nachrichtentechnik 2,4

Eisen- und Stahlrohre 2,1

Armaturen, Dampfkessel, Wannen 1,9

Quelle: Comtrade

Hauptimportgüter Kasachstans 2016(in Prozent der Gesamteinfuhr)

Der Ak-Orda-Präsidentenpalast – seit 1991 im Amt ist der heute 77-jährige Präsident Nasarbajew. Die Nachfolge ist ungeklärt.

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Interview des Monats

Wolf Maschinenbau AG: Weichen für internationale Märkte gestellt Wolf Maschinenbau fertigt und vertreibt technologische Lösungen auf Basis eines Rundtakt-Prinzips. Das Unternehmen ist Pionier bei Teller-Schalttisch-Maschinen und bietet die Implementierung individueller Prozesse in einer Maschine – für die prä-zise Fertigbearbeitung von Fließpressteilen, Drehteilen oder Teilen aus Rohr- oder Vollmaterial. Eine solche Produktionseinheit verkaufte Wolf nun nach Indien.

VR International: Sehr geehrter Herr Lichtl, Sie haben vor Kurzem einen ers-ten größeren Auftrag nach Indien ab-schließen können – Kauf und Transport von einer Rundtaktmaschine TSM 280. Eine eher langwierige Transaktion!?

Markus Lichtl: Ja, das ist absolut richtig! Es hat ganz schön gedauert, aber es war eine gute Transaktion. Wir sehen das Pro-jekt als die Chance, eine erste Referenz im Wachstumsmarkt Indien – insbeson-dere in der Smart City Pune – zu schaf-fen.

Es ist sehr wichtig in einem Spezial- und Nischenbereich den Zug nicht zu verpassen und einen Namen zu haben. Wir sind davon überzeugt, dass unser Produkt eine sehr große Zukunfts- chance in Indien haben wird. Denn es bietet einen geringen Platzbedarf, nied-rigen Stromverbrauch, arbeitet präzise und hocheffizient und damit wirtschaft-lich.

Seit 2011 haben wir schon viermal an der Messe IMTEX in Bangalore mit dem Bundeswirtschaftsministerium im Baden-Württemberg-Pavillon teilgenom- men. Anfangs war das zunächst die Su-che nach sprichwörtlichen „Nadeln im Heuhaufen“, was die Anzahl der poten-ziellen Interessenten, Kunden und Ver-treter angeht. Doch wir stellten fest, dass die Interessenten uns immer wieder kontaktiert haben und sich für das Un-ternehmen Wolf und unser Produkt stark interessiert haben. Von Zeit zu Zeit hat sich ein Netzwerk ergeben mit weiteren potenziellen Kunden und einem Vertre-ter direkt vor Ort in Chennai. Bei der Hannover-Messe 2015 war dann Indien das Gastland. Einige Interessenten hatten die Gelegenheit genutzt und haben den Messebesuch mit einem Besuch in unse-rem Werk verknüpft. Hierbei hat unser Kunde diesen Auftrag voraus per Hand-schlag erteilt.

VR International: Bei den Zahlungsbe-dingungen waren Sie auch in Konkur-renz mit einer chinesischen Firma? Was waren die Gründe dafür?

Markus Lichtl: Unser Kunde hatte be-reits mehrfach Maschinen beispielsweise aus Japan gekauft und das Geschäft mit einem L/C abgesichert. Diese Dokumen-te hat er uns im Vorfeld mit der Bitte um Prüfung zur Verfügung gestellt, um eine „ähnliche Basis“ zu schaffen. Den aktuel-len Maschinenkauf wollte er vergleichbar abwickeln mit einer 100-prozentigen L/C und einer Laufzeit von drei Jahren. Dies war natürlich ein großes unternehmeri-sches Risiko, da keine Anzahlung verein-bart werden sollte. Üblich ist es, eine An-zahlung von 30 bis 40 Prozent zu leisten. Der Rest wird über L/C abgesichert.

VR International: Das Akkreditiv mit einem dreijährigen Zahlungsziel über-nahm dann schließlich die DZ BANK. Warum?

Markus Lichtl: Die Union Bank of India war bei der DZ BANK im Bonitätsrating gut eingestuft und somit ist ein bestätig-tes Akkreditiv mit Forfaitierung zustande gekommen. Zudem hat die DZ BANK uns die besten Konditionen angeboten.

VR International: Sie arbeiteten zu-dem bei diesem Projekt mit der Volks-bank Heilbronn eG zusammen – bei der Zwischenfinanzierung für den Bau bis zur Auszahlung des Akkreditivs. Wie wichtig war das für Sie?

Markus Lichtl: Das war ein sehr wich-tiger und auch entscheidender Faktor, um das Projekt stemmen zu können. Bei unseren kundenspezifischen Projekten ist eine Anzahlung für das Engineering und die Beschaffung von Komponenten sehr wichtig, damit der Cashflow gewährleis-

tet wird. Bei dem Akkreditiv über 100 Prozent ohne Anzahlung ist das über die Zwischenfinanzierung sichergestellt wor-den. Als weitere Absicherung hat unser Kunde einen kleinen Betrag für ein Werk-zeugpaket im Vorfeld getätigt und somit das Geschäft zusätzlich bestätigt.

VR International: Wie sehen Sie es ab-schließend: Wurden Sie ausreichend unterstützt von der genossenschaft-lichen FinanzGruppe? Und würden Sie bei Folgeaufträgen wieder auf die Ansprechpartner von DZ BANK, Kom-petenzCenter International und Volks-bank Heilbronn eG zugehen?

Markus Lichtl: Wir wurden von der ge-nossenschaftlichen FinanzGruppe jeder-zeit fachlich kompetent und zuverlässig unterstützt. Auch in schwierigen Situati-onen, wie bei benötigten L/C-Anpassun-gen während des Projekts, hat uns die genossenschaftliche FinanzGruppe im-mer schnell und professionell unterstützt. Bei Folgeaufträgen werden wir mit den gewonnenen Erfahrungen wieder auf das entstandene Netzwerk zugehen. Wir sehen es so: Nun sind die Weichen für zukünftige Projekte in Indien und weiteren internationalen Märkten ge-stellt.

VR International: Vielen Dank für Ihre interessanten Antworten!

Interview mit …

Markus LichtlSenior Sales ManagerWolf Maschinen- bau AGWilhelm-Maybach- Straße 274336 Brackenheim07135 [email protected]

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Von Praktikern für Praktiker

Warentransportversicherung sinnvollGüter sind auf dem Transport zu Lande, zu Wasser und in der Luft vielfältigen Gefahren ausgesetzt. Dabei überschreiten sie Grenzen und gehen durch viele Hände. Die Waren-transportversicherung gehört zu den ältesten Versicherungszweigen der Welt. Dennoch hält sich bei Verladern eisern die Ansicht, eine Warentransportversicherung sei entbehr-lich, schließlich hafte ja der Spediteur und Frachtführer. Eine Fehleinschätzung, unter Umständen mit fatalen Folgen. Daran hat sich auch nach Einführung der viel beachteten, neuen Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen 2017 (ADSp 2017) nichts ge- ändert. Ohne Warentransportversicherung gibt es oft keine volle oder gar keine Entschädigung.

Warenversendern ist oft nicht klar, dass die Haftung der Verkehrsträger stark ein-geschränkt ist. Der Grund: Die Haftung des Spediteurs oder Frachtführers muss in einem vernünftigen Verhältnis zum Frachtentgelt stehen und kann deshalb nicht unbegrenzt sein.

Bei unverschuldeten Schäden, in de-nen der Schaden auch bei größter Sorgfalt nicht vermieden werden konnte, soge-nannte „unabwendbare Ereignisse“, haf-tet der Spediteur oder Frachtführer nicht, der Verlader erhält keinen Schadenersatz. Beispiele dafür sind Raubüberfälle, Brand-stiftungen, Steinewerfer. Diese Ereignisse stellen in vielen Fällen für den Transpor-teur ein unabwendbares Ereignis dar, mit der Folge, dass er keinen Schadenersatz zu leisten hat. Ohne eine Warentransport-versicherung würde der Verlader in diesen Fällen auf dem Schaden komplett sitzen bleiben. Für Güterschäden infolge nicht beanspruchungsgerechter Verpackung oder unsachgemäßer Verladeweise durch den Versender haftet der Spediteur oder Frachtführer grundsätzlich nicht.

Üblicherweise haftet der Frachtführer auch nicht für Güterschäden, die beim

Be- und Entladen durch den Absender oder Empfänger entstehen.

Ohne Warentransportversicherung geht der Verlader oft leer aus

Schließlich sei noch auf wichtige Haf-tungsausschlüsse bei Seetransporten hin-gewiesen. Während der Seereise haftet der Spediteur oder Reeder üblicherweise nicht für Feuer und Explosion an Bord und für nautisches Verschulden. Auch die Reform des deutschen Seehandelsrechts im Jahre 2013 hat daran nichts geändert, durch Vereinbarung entsprechender AGB ist dieser Haftungsausschluss nach wie vor zulässig und in der Praxis auch üblich.

Aber selbst wenn der Transporteur gemäß seinen Geschäftsbedingungen für den Schaden einzutreten hat, ist voller Schadenersatz eher die Ausnah-me. Denn die gesetzliche oder durch AGB vereinbarte Haftung steht üblicher-weise in Relation zum Warengewicht. Bei innerdeutschen Frachtverträgen zum Beispiel beträgt die Regelhaf-tung 8,33 Sonderziehungsrechte (SZR), das sind rund 10,50 EUR je Kilogramm Bruttogewicht. Bei hochwertigen Gü-tern mit geringem Gewicht muss der Verlader also mit erheblichen Verlusten rechnen.

Darüber hinaus spielt bei der tatsäch-lichen Haftung des Spediteurs das Mitverschulden des Absenders zuneh-mend eine Rolle. Je nach dem Grad des Mitverschuldens trägt der Ladungsinte- ressent einen Teil des Schadens selbst.

Luftfrachtführer haften im Übrigen selbst bei Vorsatz des Luftfrachtführers oder seiner Mitarbeiter, also auch bei planmäßigem Diebstahl, der durch man-gelhafte Organisation ermöglicht wird, beschränkt mit 17 SZR oder rund 22 EUR je Kilo.

Beispiel: Ein Schaltschrank wird während des Transports beschä-digt, weil ein Mitarbeiter des Ver-senders den sonst üblichen Kan-tenschutz versehentlich unterlassen hat. In diesem Falle würde seitens des Transporteurs keine Schaden-ersatzleistung zu erwarten sein, d. h., der Verlader müsste den kom-pletten Schaden selbst schultern.

Beispiel: Beim Beladen des Spedi-tions-Lkw durch den Absender stürzt infolge Fehlbedienung des Staplers eine Palette Druckerpatronen zu Bo-den und wird beschädigt. Ohne eine Warentransportversicherung würde der Verlader in diesen Fällen den Scha-den vollständig selbst tragen müssen.

Beispiel: Während des Lkw-Trans-ports von München nach Hamburg wird eine Sendung EDV-Geräte total beschädigt; der Wert der Ware be-trägt 95.000 EUR, das Sendungsge-wicht 180 kg. In diesem Falle würde die Ersatzleistung des Frachtführers gerade einmal rund 1.890 EUR und der ungedeckte Differenzschaden so- mit 93.110 EUR betragen.

Beispiel: Durch einen Navigations-fehler des Kapitäns läuft das See-schiff auf ein Riff und sinkt. Oder an Bord eines Seeschiffes bricht ein Brand aus und vernichtet die Ladung. Ansprüche auf Schaden- ersatz gegen den Verfrachter hät-te der Ladungsinteressent in diesen Fällen nicht; eine Warentransportver-sicherung hingegen versichert diese Ereignisse.

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Von Praktikern für Praktiker

IMPRESSUM

Herausgeber: DZ BANK AG, Deutscher Genossenschafts-Verlag eGVerantwortliche Redakteurin: Dr. Sabine Theadora Ruh, freie Wirtschaftsjournalistin, Allendorfer Straße 47, 60433 FrankfurtObjektleitung: Ricarda Kriegelstein, DG VERLAG, E-Mail: [email protected]: Deutscher Genossenschafts-Verlag eG Vertreten durch den Vorstand: Peter Erlebach (Vorsitzender), Franz-J. Köllner und Mark Wülfinghoff, Leipziger Str. 35, 65191 Wiesbaden

Druck und Versand: Görres-Druckerei und Verlag GmbH, Niederbieberer Str. 124, 56567 NeuwiedBildnachweis: Auswärtiges Amt, DZ BANK, Wolf Maschinenbau, KRAVAG, Fotolia.com Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Deutschen Genossenschafts-Verlages eG zulässig.ISSN 2195-206XVR International erscheint monatlich und ist bei Volksbanken und Raiffeisenbanken erhältlich. Das Manuskript für diese Ausgabe wurde Mitte August 2017 abgeschlossen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit keine Gewähr.

Gute Gründe für eine Warentransportversicherung

Wer es hinsichtlich der Nicht-Haftung seiner Transporteure genauer wissen will, muss sich in eine Vielzahl von unter-schiedlichen Geschäftsbedingungen ein-lesen. Eine Orientierung ist dabei für den Laien äußerst schwierig, bei multimoda-len Verkehren fast unmöglich.

Die KRAVAG-LOGISTIC verfügt als Spezialversicherer des Transportgewerbes über fundamentale Kenntnisse des Trans-portrechts und bietet Verladern vor dem Abschluss einer Warentransportversiche-

rung kompetente Beratung. Für eine Vor-aborientierung bietet KRAVAG-LOGISTIC verschiedene tabellarische Übersichten zur Haftung der Verkehrsträger an.

Wie vorstehende Beispiele zeigen, ist eine Warentransportversicherung uner-lässlich, denn die Haftungsgrenzen der Spediteure und Frachtführer können für den Wareneigentümer im schlimmsten Fall sogar existenzielle Folgen haben. Eine Warentransportversicherung schützt vor diesen Risiken und leistet – ungeachtet der bestehenden Haftungsvorschriften – Schadenersatz bis zur Höhe des vollen Wa-renwertes.

Autor

Wolfgang ManingerKRAVAG-LOGISTIC Versicherung AGAbteilung Transport/Marine Division Raiffeisenplatz 165189 Wiesbaden 0611 533-4518 [email protected]