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„Wir sind da, um Leuten zu helfen, mehr aus ihrem Leben zu machen“ Marty Flanagan  » Die Frage zum Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen will der Chef der Vermögensverwaltungsgesellschaft Invesco lieber nicht beantworten. Für die Finanzindustrie dränge sich keiner der Kandidaten auf Bild: Lara Rossigno/lInvesco Ltd. AUSGABE 26/16

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„ Wir sind da, um Leuten zu helfen, mehr aus ihrem Leben zu machen“Marty Flanagan » Die Frage zum Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen will der Chef der Vermögensverwaltungsgesellschaft Invesco lieber nicht beantworten. Für die Finanzindustrie dränge sich keiner der Kandidaten auf

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VON FRANK WERNER

Es ist keine Skyline wie in New York. Gleichwohl sieht Marty Flanagan, wenn er seinem Gast die Aussicht seines Büros in 1555 Peachtree Street

gen Süden präsentiert, auf ein paar verspie-gelte Hochhausfassaden in Midtown Atlanta. Dahinter sind allerdings anders als in New York keine Banken, Broker und Hedgefonds untergebracht, sondern die Headquarter von mehr Unternehmen aus der Fortune-500-Liste als in jeder anderen amerikani-schen Metropole. Coca-Cola, Delta Air Lines, CNN sind nur die prominentesten Unterneh-men, die sich in der Hauptstadt des Südstaats Georgia niedergelassen haben.

Der Chef von Invesco, mit einem verwal-teten Vermögen von knapp 800 Milliarden Dollar einer der größten un abhängigen Ver-mögensverwalter der Welt, ist stolz auf die-sen für einen Finanzdienstleister unge-wöhnlichen Standort: „Wir sind hier mitten im realen Business. Und das ist wahrschein-lich ein echter Vorteil. Ich habe nie an der Wall Street gearbeitet, ich habe sie nie ver-misst und ich glaube, auch unsere Leute vermissen sie nicht.“

Atlanta, Austragungsort der Olympi-schen Spiele von 1996, sei ein hervorragen-der Platz zum Arbeiten und Leben, eine multikulturelle, familienfreundliche Stadt mit überragenden Bildungseinrichtungen, einer pulsierenden Kulturszene sowie tol-len Parks und Sportmöglichkeiten. Und die Stadt biete den Invesco-Fondsmanagern mit dem verkehrsreichsten Flughafen der Welt eine erstklassige Anbindung.

Nur nicht an die Wall StreetDas kommt so routiniert, als ob Flanagan

bei dem einen oder anderen Mitarbeiter echte Überzeugungsarbeit leisten musste. Bürgermeister Kasim Reed könnte dem In-vesco-Boss jedenfalls jederzeit das Büro fürs Standortmarketing anvertrauen. Über-zeugender kann man nicht für die 4,5-Mil-lionen-Stadt sprechen. Dem Besucher aus Übersee macht er dann noch die wenigen Sehenswürdigkeiten schmackhaft wie das Geburtshaus von Martin Luther King oder — inmitten der hochmodernen Firmenzen-tralen — ein kleines Südstaatenhaus mit der typischen weißen Veranda: der Ort, an dem Margaret Mitchell „Vom Winde verweht“ schrieb.

In der Invesco-Kommandozentrale hat man allerdings wenig Zeit, sich mit den Überbleibseln der Vergangenheit zu be-schäftigen. Die Asset-Management-Indust-rie ist im Umbruch, der Druck der Regula-toren wächst, das Publikum ist aufgrund

der Niedrigzins politik der Zentralbanken mit den traditionellen Produkten unglück-lich. Marty Flanagan geht die paar Schritte von der Fensterfront zur Sitzecke, gießt Mi-neralwasser in die bereitgestellten Gläser und bittet, mit ihm Platz zu nehmen: „Was wollen Sie wissen?“

€URO AM SONNTAG: Sie sind seit 1983 im Asset-Management-Geschäft, was sind die größten Veränderungen der vergangenen 30 Jahre ? MARTY FLANAGAN: Wir haben es mit höhe-rer Transparenz und demzufolge härterem Wettbewerb, höherer Komplexität, wesent-lich strengerer Regulation und höheren Eintrittsbarrieren zu tun. Manches davon macht uns das Leben schwerer, manches erleichtert unser Geschäft, manches ver-teuert es. Aber grundsätzlich ist das Indus-trieverständnis noch das gleiche wie 1983.

Wie sieht das denn genau aus? Wir sind ein Treuhänder. Nicht mehr und nicht weniger. Für uns stehen die Interes-sen unserer Kunden an erster Stelle.

Da sind dem Publikum mit der Nah-toderfahrung der Märkte im Zuge der Finanzkrise 2008 aber große Zweifel gekommen ...... was die Branche sich selbst eingebrockt hat, weil die Selbstregulierung nicht effek-tiv genug war. Es ist deshalb wichtig, dass die Interessen des Kunden absoluten Vor-rang genießen. Ich bin stolz auf die Kultur, die wir bei Invesco in den vergangenen elf Jahren auf- und ausgebaut haben. Es gibt nur eine Berechtigung für unsere Existenz als Firma: Wir sind da, um den Leuten zu helfen, mehr aus ihrem Leben zu machen, indem wir mehr aus ihrem Geld machen: purer Fokus aufs Anlegen.

Das klingt dann doch ein bisschen zu ein-fach. Fokussieren allein bringt beim Anle-gen noch nicht den Erfolg ... ... womit Sie recht haben, und deshalb bin ich so froh, dass wir die Qualität unserer Ar-beit von Externen bestätigt bekommen. Bei einer vor Kurzem von Morningstar durch-geführten Untersuchung, die 156 deutsche und große internationale Fondsgesellschaf-ten mit-ei nander verglich, waren wir unter den Top 8. Dabei wurde der Anteil des Ver-mögens gemessen, der in Fonds mit einer guten Wertentwicklung angelegt war.

Gut, woran erkenne ich nun diese Fokussierung im Unternehmen?Nun, das sind im Wesentlichen drei Dinge: Erstens betreiben wir keine anderen ge-

VITADer TreuhänderMarty Flanagan, geboren 1960, ist seit elf Jahren Vor-standsvorsitzender von Invesco, einer der größten unab-hängigen Vermö-gensverwaltungs- gesellschaften der Welt. Flanagan stu-dierte Betriebswirt-schaft und schloss die Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer und CFA ab. Nach einem kurzen Gast-spiel bei Arthur An-dersen startete er seine Tätigkeit in der Fondsindustrie – zunächst bei Templeton, ab der Übernah me im Jahr 1992 bis 2005 in unterschiedlichsten Funktionen bei Franklin Templeton. Flanagan lebt mit seiner Familie am Firmensitz in Atlanta.

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schäftlichen Aktivitäten, die wir in irgend-einer Weise unterstützen müssten oder mit denen es intern zu einem Konflikt kommen könnte. Zweitens haben wir keinen globa-len Chief Invest ment Officer, also keinen Anlagechef, sondern lassen eine Vielfalt der Gedanken zu, weil wir nicht glauben, dass es die eine richtige Lösung gibt. Und drit-tens versuchen wir in unseren internen Pro-zessen und im Kundenservice sowohl un-sere eigenen Ziele als auch die Erwartun-gen, die von außen an uns gerichtet sind, überzuerfüllen.

Besteht da nicht die Gefahr, dass Sie sich verzetteln? Nein, Wettbewerber von uns würden viel-leicht versuchen, den gesamten Sachver-stand in Atlanta zu versammeln. Wir ma-chen das absichtlich nicht und sind bislang sehr erfolgreich da-mit gefahren — nehmen Sie nur Ihr Land, Deutschland, als Beispiel, wo die Gruppe Invesco Quantitative Strate-gies um Bernhard Langer rund 35 Milliar-den Dollar managt oder das Münchner Im-mobilienteam. Wir sind einer der ganz we-nigen globalen Asset Manager, der Produkte „made in Germany“ anbieten kann. Warum sollten wir diesen Vorteil aufgeben, wenn wir sowieso der Ansicht sind, dass es keinen Königsweg gibt.

ETFs erfreuen sich immer größerer Beliebtheit bei den Anlegern. Wie gehen Sie mit dieser Herausforderung um? Ist diese

Entwicklung für Invesco eine Bedrohung?Sie spielen auf die Auseinandersetzung „ak-tives versus passives Investieren“ an. Wir glauben nicht, dass das eine besser ist als das andere. Wie gesagt, es gibt nicht den Kö-nigsweg, und für jeden Anleger wird die op-timale Lösung anders aussehen. Im Übrigen sind regelgebundene Ansätze für uns ein al-ter Hut. Im Team von Bernhard Langer ha-ben wir schon immer faktorbasierte Inves-tmentlösungen angewendet. Vor dem Hin-tergrund unserer Erfahrungen sind wir al-lerdings überzeugt, dass regelgebundene Strategien einer einfachen Indexbindung überlegen sind. Entsprechend haben wir unter der Marke Invesco Powershares auch nur Exchange Traded Funds lanciert, die in-telligenten Regeln folgen und in der Vergan-genheit nachweislich eine Outperformance erzielt haben, also faktorbasierte Invest-mentstrategien oder Smart-Beta-Produkte.

Eine Strategie kann noch so wohlüberlegt sein, sie nützt einem nichts, wenn der Kunde sie nicht richtig umsetzt. Können Sie die Anleger nicht von Ihren Überlegungen überzeugen? Das ist in der Tat ein Problem. Zum einen haben die Anleger in jedem Land einen ge-wissen Home Bias, zum anderen sind die Zeithorizonte von Land zu Land sehr unter-schiedlich.

Wie bitte? Doch, doch. Nehmen Sie zum Beispiel die

Europäer und Lateinamerikaner. Die haben im Vergleich zu Nordamerikanern und Asi-aten einen viel kürzeren Zeithorizont und verkaufen in der Regel viel zu früh, weil sie schlechte Phasen an den Märkten einfach nicht aushalten können. Grundsätzlich wer-den die Haltedauern von Investments aber in allen Regionen immer kürzer.

Woran liegt das? Wir fragen uns das selbst und haben bislang keine befriedigende Erklärung gefunden. Wir versuchen gegenzusteuern, indem wir unsere Kunden immer wieder mit einschlä-gigem Informationsmaterial daran erin-nern, dass erfolgreiches Investieren etwas mit langem Atem zu tun hat.

Wie legt der Privatmann Marty Flanagan sein Geld an? Nicht anders als wir es unseren Kunden pre-digen. Unterschiedliche aktive und regelba-sierte Produkte unseres Unternehmens mit einem ganz langem Atem.

Schlussfrage: Wer gewinnt die Präsidentschaftswahlen? Da werden Sie von mir nichts hören. Ich lag in der Vergangenheit bislang immer falsch. Die Industrie sollte sich so aufstellen, dass sie mit jedem auskommt.

Europäer verkaufen in der Regel viel zu früh, weil sie schlechte Phasen an den Märkten einfach nicht aushalten können.“

Marty Flanagan

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