Baly und Wumbabaunserem blonden Negerlein, ist der folgende: «Der Mond ist aufgegangen, die weissen...

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© Schweizer Hunde Magazin 4/10 74 Von Beatrice Keck Erst kürzlich, als ich beim Einwerfen eines gefüllten Säckleins wieder einmal mehr über diese rätselhafte Auf- schrift auf den Robidog-Abfallkübeln sinnierte, erkann- te ich urplötzlich des Rätsels Lösung. Da stand nämlich: «Bitte nur verknotet einwerfen». Ahaaa! Dieses Falsch-Lesen erinnert mich an meinen kleinen Göttibuben, der anlässlich einer Oldtimer-Parade begeis- tert ausrief: «Lueg Gotti, all die Altzheimer!» Oder nicht minder schön ist die Geschichte der welschen Service- angestellten, die beim Liedtext «Alperose» von Polo Ho- fer immer verstand: «e halbe Rosé». Oder ein weiterer hübscher Verhörer, passend zu Baly, unserem blonden Negerlein, ist der folgende: «Der Mond ist aufgegangen, die weissen Sternlein prangen, am Him- mel hell und klar. Der Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget, der weisse Neger Wumba- ba.» Sie alle kennen das Lied, nur wohl etwas weniger mythisch: «… aus den Wiesen steiget, der weisse Nebel wunderbar». Aber zurück zu den Robidog-Säcklein beziehungsweise zum unvermeidlichen Stoffwechselendprodukt, das alle Säuger, somit auch Baly, produzieren. Nein, nein: nicht nochmals ein Verleser, nicht Elend-Produkt: Stoffwech- sel-End-Produkt! Beim letzten routinemässigen Tierarztbesuch wegen der alljährlichen Impfung entschied unser Tierarzt Josi (Josi und Isabelle, die besten Tierärzte der Welt!), dass er Ba- lys Urin untersuchen will. Baly tröpfelt manchmal etwas aus seinem «Pfiffli» und wir wollten ganz sicher gehen, dass er keine Entzündung hat. Aber um diesen wertvol- len Baly-Saft untersuchen zu können, muss er zuerst mal in einem Gefäss eingesammelt sein. Theoretisch ganz einfach, aber bitte sammeln Sie mal praktisch den Urin eines aktiven und sehr agilen Hunderüden ein. Da er ge- nau wusste, was mir bevorstand, drückte mir der Tierarzt mit einem breiten Grinsen im Gesicht ein Gefäss, eine Art Becher in die Hand. Komplettiert wurde das Urinauf- fangutensil mit einem schnabelförmigen Trichter. «Die- sen Trichter», meinte Josi, «auf den Becher aufmontiert, hältst du ganz einfach Baly an seinen Penis, sobald er sein Bein hebt, um zu urinieren.» Ganz einfach! Baly und Wumbaba Baly ist nun schon einige Jahre bei uns in der Schweiz. Viele Rituale haben sich längst eingespielt. Nur eine Frage verwirrte mich nach wie vor und ich konnte sie beim besten Willen noch immer nicht beantworten: «Weshalb», fragte ich mich immer wieder verwundert, «weshalb bloss steht auf den grünen Robidog-Abfallkübeln der Text: Bitte nur verkotet einwerfen?»

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Von Beatrice Keck

Erst kürzlich, als ich beim Einwerfen eines gefüllten Säckleins wieder einmal mehr über diese rätselhafte Auf-schrift auf den Robidog-Abfallkübeln sinnierte, erkann-te ich urplötzlich des Rätsels Lösung. Da stand nämlich: «Bitte nur verknotet einwerfen». Ahaaa!

Dieses Falsch-Lesen erinnert mich an meinen kleinen Göttibuben, der anlässlich einer Oldtimer-Parade begeis-tert ausrief: «Lueg Gotti, all die Altzheimer!» Oder nicht minder schön ist die Geschichte der welschen Service-angestellten, die beim Liedtext «Alperose» von Polo Ho-fer immer verstand: «e halbe Rosé».

Oder ein weiterer hübscher Verhörer, passend zu Baly, unserem blonden Negerlein, ist der folgende: «Der Mond ist aufgegangen, die weissen Sternlein prangen, am Him-mel hell und klar. Der Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget, der weisse Neger Wumba-ba.» Sie alle kennen das Lied, nur wohl etwas weniger mythisch: «… aus den Wiesen steiget, der weisse Nebel wunderbar».

Aber zurück zu den Robidog-Säcklein beziehungsweise zum unvermeidlichen Stoffwechselendprodukt, das alle Säuger, somit auch Baly, produzieren. Nein, nein: nicht nochmals ein Verleser, nicht Elend-Produkt: Stoffwech-sel-End-Produkt!Beim letzten routinemässigen Tierarztbesuch wegen der alljährlichen Impfung entschied unser Tierarzt Josi (Josi und Isabelle, die besten Tierärzte der Welt!), dass er Ba-lys Urin untersuchen will. Baly tröpfelt manchmal etwas aus seinem «Pfi ffl i» und wir wollten ganz sicher gehen, dass er keine Entzündung hat. Aber um diesen wertvol-len Baly-Saft untersuchen zu können, muss er zuerst mal in einem Gefäss eingesammelt sein. Theoretisch ganz einfach, aber bitte sammeln Sie mal praktisch den Urin eines aktiven und sehr agilen Hunderüden ein. Da er ge-nau wusste, was mir bevorstand, drückte mir der Tierarzt mit einem breiten Grinsen im Gesicht ein Gefäss, eine Art Becher in die Hand. Komplettiert wurde das Urinauf-fangutensil mit einem schnabelförmigen Trichter. «Die-sen Trichter», meinte Josi, «auf den Becher aufmontiert, hältst du ganz einfach Baly an seinen Penis, sobald er sein Bein hebt, um zu urinieren.» Ganz einfach!

Baly und Wumbaba

Baly ist nun schon einige Jahre bei uns in der Schweiz. Viele Rituale haben sich längst eingespielt. Nur eine Frage verwirrte mich nach wie vor und ich konnte sie beim besten Willen noch immer nicht beantworten: «Weshalb», fragte ich mich immer wieder verwundert, «weshalb bloss steht auf den grünen Robidog-Abfallkübeln der Text: Bitte nur verkotet einwerfen?»

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Balys Erlebnisse

Todesmutig und wild entschlossen, diesen Kampf zu ge-winnen, lief ich also mit Baly und dem Schnabelbecher los. Und jedes Mal, sobald Baly auch nur das geringste Anzeichen machte, etwas von seinem wertvollen Saft zu verteilen, sprang ich los, um beinahe auf dem Bauch unter meinem Hund zu landen. Nicht nur Baly schaute mich nach den ersten Versuchen meinerseits entgeis-tert an, auch das unvermeidliche menschliche Publikum blieb stehen, drehte sich um, begann sich zu wundern oder lachte ganz einfach lauthals. Nach vielen Anläufen, nachdem Baly zudem entschie-den hatte, nicht mehr «biseln» zu wollen, da das einen seltsamen, unbekannten Sprung-Refl ex bei seiner Chefi n auslöste, hatte ich doch endlich genügend Goldwasser zusammen. In diesem Moment kam eine elegante ältere Dame, die das Spiel ebenfalls beobachtet hatte, auf mich zu und fragte mich ganz fassungslos: «Ja, muss man das Bisi der Hunde jetzt auch schon aufsammeln?»

Kürzlich holte unser lieber Nachbar Hugo Baly zum Spa-zieren ab. Voller Freude kam er nach etwa zwei Stunden zurück und berichtete verblüfft: «Überall wurde ich we-gen Baly angesprochen: Ja, ist das nicht der Baly? Das muss doch der Baly sein! Nicht wahr, das ist der Wüsten-hund von Andrea Vogel und Beatrice Keck, der Baly? Ich kam mir vor, als sei ich mit dem Bundesrat unterwegs.»Das kennen Andrea und ich übrigens auch; es vergeht tatsächlich kein Tag, an dem wir nicht auf Baly angespro-chen werden.

Zwei Tage später wurde Baly von unserer Freundin Mad-lena, der ich die Bundesratsgeschichte natürlich erzählt hatte, für einen Spaziergang entführt. Nach einer knap-pen Stunde erhielt ich ein SMS von ihr: «Der Bundesrat hat bereits zwei Geschäfte erledigt.» Wenn der Bundes-rat doch tatsächlich nur so speditiv wäre …Auch Daniela, Hugos Frau, geht manchmal mit Baly auf die Pirsch. Sie kann die «Hüfeli» jedoch im Gegensatz zu ihrem Gatten nicht aufheben, es «gruuset» sie. Ihre einfache und sehr effektive Methode: Sie markiert die «Hüfeli» von Baly mit einem kleinen Stecken, erklärt uns beim Nachhausekommen, wo sich Balys Ergüsse befi nden und wir sammeln diese dann beim nächsten Spaziergang wieder ein. Ich kann Danielas Grausen nachvollziehen: Als Andrea in Algerien auf der Suche nach Baly war, rekognoszierte ich tagelang Spazier-gänge, die nur durch den Wald führten. Ich war mir da-mals sicher, dass ich es nie schaffen würde, diesen Kot, nur abgetrennt durch eine extrem dünne Plastikhaut, zusammenzulesen. Heute fi nde ich das Ganze manch-mal sogar ganz angenehm, besonders an einem kalten Wintertag wärmt einem das frisch gefüllte Säcklein doch eigentlich ganz schön die Finger …

Abschliessend etwas sehr Ernsthaftes zum Thema To-ilette: In Tamaschek, der Sprache der Tuareg, also des Volkes, wo Baly herkommt, sind «Wüste» und «Toilette» dasselbe Wort: nämlich «ténéré».Für uns Europäer sind Toiletten eine Selbstverständ-lichkeit. 2,6 Milliarden Menschen oder 40 Prozent der Weltbevölkerung haben jedoch keinen Zugang zu einer solchen Einrichtung. Südlich der Sahara betrifft es 37 Pro-zent der Menschen, denen dieser ethisch wie moralisch unerlässliche Zugang zu sanitären Anlagen vorenthalten ist. Eine der tragischen Folgen davon ist, dass alle 20 Se-kunden ein Kind unter fünf Jahren an einer Durchfal-lerkrankung stirbt, meistens hervorgerufen durch unge-nügende Hygiene in der Trink- und Abwasserversorgung. Diese lautlose Katastrophe hat mehr Menschen getötet als Aids oder alle bewaffneten Konfl ikte seit 1945. Die Schweiz im Gegensatz dazu verfügt über ein Kanalisati-onssystem, das doppelt so lang ist wie der Erdumfang. Um den nachhaltigen Zugang zu Trinkwasser und einfa-chen sanitären Anlagen für die Hälfte der Leidtragenden bis 2015 zu ermöglichen, müsste ein jährlicher Betrag von zehn Milliarden Dollar eingesetzt werden. Im Ver-gleich dazu werden in Europa jeden Sommer zehn Milli-arden Dollar für Eiscreme ausgegeben.

Fotos: Andrea Vogel

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