Abgezeichnet von: AMS Dir/WAMS/WSBE-VPW 1 Chef vom Dienst … · 2018-12-09 · der aussieht wie...

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Die Cook’s Islands Passenger Trans- port Ltd. hat drei Busse und nur zwei Routen: Die eine führt gegen den Uhrzeigersinn in 55 Minuten um Rarotonga (ab Avatiu), die ande- re im Uhrzeigersinn (ab Tupapa). Verfahren kann man sich nicht. Tipp: Das Kleingeld dem Busfahrer abgezählt geben! Ticket acht Neu- seeland-Dollar, etwa fünf Euro für die Runde, www.busaboutraro.com EINE SCHNELLE RUNDE WELT AM SONNTAG NR. 43 23. OKTOBER 2016 80 REISEN ZUSAMMENGESTELLT VON BARBARA KOLLMANN WELTREISE COOKINSELN Typisches, Rekordverdächtiges, Skurriles Es waren die größten Seefahrer der Welt, die zuerst die 15 Cookinseln, die Kuki Airani, wie sie in der Spra- che der Cook Islands Maori heißen, ansteuerten. Nicht die Spanier, die landeten erst 1595 auf Pukapuka. Auch nicht die Engländer (Namens- geber Captain James Cook zum Beispiel schaute erst 1773 und 1779), sondern die Polynesier, die sich im 9. Jahrhundert mit ihren Kanus aufmachten. Ihre Legenden er- zählen von der Reise des Helden Ru-enua, der mit vier Gattinnen, vier Brüdern und 20 jungen Frauen nach Aitutaki segelte. Seit 1965 sind die Inseln mit rund 242 Quadrat- meter Fläche ein autonomer Staat in „freier Assoziierung mit Neusee- land“, Hauptstadt ist Avarua auf Rarotonga. Auf den Cookinseln gibt es keine eigene Staatsangehörigkeit: Die 18.000 Bewohner sind Bürger Neuseelands, Staatsoberhaupt ist die Queen. DAS LAND Captain William Bligh (1754–1817), Eintrag vom 11. April 1798 im Log- buch der „Bounty“. Bligh war der erste Europäer, der die Insel Aituta- ki sichtete: „Das Eiland hatte die fruchtbarste Anmutung“, notierte er begeistert. 18 Tage nach seiner Ent- deckung Aitutakis wurde William Bligh während der berühmten Meu- terei auf der „Bounty“ auf See aus- gesetzt. Von der Admiralität wurde Bligh schon bei seiner Rückkehr nach England von jeder Schuld freigesprochen; er starb 1817, hoch- geehrt, im Rang eines Vizeadmirals auf seinem Landsitz in Kent. Den- noch ging der Captain als unbe- rechenbarer Tyrann in die populäre Geschichtsüberlieferung ein, auch durch den Filmklassiker über die Meuterei aus dem Jahr 1962 mit Marlon Brando. ICH SAH KEINEN RAUCH. ABER KAUM VORSTELLBAR, DASS SO EIN BEZAUBERNDES FLECKCHEN MENSCHENLEER SEIN SOLLTE SOUVENIR WWW.BUSABOUTRARO.COM; DDP IMAGES/SERGI REBOREDO Taakura war das schönste Mädchen von Rarotonga, sie hatte langes rotes Haar und liebte einen Krieger der Insel. Doch entdeckte sie, dass er sie betrog. Seitdem hasst sie die Männer von Rarotonga. Taakura beging damals Selbstmord, um in Zukunft als Geist über die Insel spuken zu können. Nun sitzt sie auf einem Felsen an einer Brücke, sie kämmt ihr langes Haar und lockt mit ihrer Schönheit Männer zum Sturz in den Tod und Fischerboote in den Untergang. Noch bis mindes- tens in die 80er-Jahre hinein soll sie als Geist aktiv gewesen sein: Von der letzten Sichtung berichtete ein Autofahrer, der mit seinem Wagen von der Brücke abgekommen war. Er überlebte und schwor, Taakura sei’s gewesen, die den Unfall ver- ursacht habe. DIE LORELEY „Papa’a“ heißt vierlagig – es ist aber kein Toilettenpapier gemeint, das Wort bedeutet „Fremde“: Die ersten Missionare waren aus Sicht der Bewohner mit Unmengen von Stoff bedeckt. Der britische Reverend John Williams landete 1821 auf Aitu- taki an und christianisierte die Ein- wohner. Und zwar so gründlich, dass von der polynesischen Kultur kaum etwas übrig blieb. Heute wirbt Aitutaki mit dem weltweit höchsten Pro-Kopf-Quote an Gotteshäusern, mehr als zwanzig Kirchen auf 1800 Einwohner – und verkauft die Holz- figuren der alten Maori-Götter. LAGEN 4 Sechs hoch motivierte Surfschüler sitzen zusam- mengedrängt in einem tür- kisfarbenen Surf-Van. Der alte VW Bus hüpft und schaukelt den Weg ent- lang. Über sandige Landstraßen und kurvige Schotterpisten, die zu den besten Surfspots in Neuseeland füh- ren. Die liegen an der Westküste der neuseeländischen Nordinsel. Raglan gilt als der Surfort schlechthin, und das schon seit Ende der 60er-Jahre, nachdem der Surf-Film-Klassiker „The Endless Summer“ hier gedreht wurde. Seitdem sind Raglans Surf- spots wie Manu Bay, Whale Bay und Indicators berühmt und locken Sur- fer aus der ganzen Welt in das 2500- Einwohner-Dorf. Am Steuer sitzt Surflehrer Alex, der aussieht wie aus dem Katalog: muskulös und braun gebrannt, mit blonden Wuschelhaaren, die er trotz 30 Grad Celsius unter eine Mütze ge- stopft hat. Immer wieder hält er an und starrt minutenlang auf den Ozean. Obwohl niemand von uns eine Ahnung hat, worauf wir eigentlich warten, starren wir andächtig mit. Doch Alex ist nie zufrieden. Irgendwann runzelt er die Stirn, gibt Gas und fährt weiter. Erst der vierte Spot scheint seinen An- sprüchen zu genügen. „Hier können wir bleiben“, stellt er zufrieden fest. „Sind die Wellen nicht viel zu klein zum Surfen?“, fragt ein Holländer aus unserer Gruppe. Doch Alex lächelt nur. Er weiß, dass wir uns alle noch umschauen werden. Surfen statt sonnenbaden. So oder so ähnlich beginnt jede Surfgeschich- te. Wellenreiten ist mittlerweile ein Breitensport geworden und schon lange nicht mehr einer kleinen Grup- pe von Extremsportlern vorbehalten. Die wenigsten bleiben dem Surfen auf Dauer treu, aber Spaß macht es ei- gentlich allen. Zumindest habe ich in meiner nun fünf Jahre andauernden Surfkarriere noch nie einen Anfänger erlebt, der nach seiner ersten Stunde nicht mit einem breiten Grinsen aus dem Wasser gekommen ist. Warum das so ist, habe ich bis heute nicht ganz verstanden. Denn Ferien im Surfcamp sind so ziem- lich das Gegenteil der landläufigen Definition eines gelun- genen Urlaubs. Schmerzen statt Wellness, Panik statt Erholung und Salzwasser statt Piña Colada. Selbst trainierte Menschen erleben nach den ersten Surfstunden den Muskel- kater ihres Lebens. Und dann ist da noch das frühe Aufstehen! Die Natur schickt nun mal die besten Wellen oft in den frühen Morgenstunden. Aber warum tun wir uns das trotz- dem an? Bringt das Surfen einfach nur den Masochisten in uns zum Vor- schein? Oder gibt es vielleicht noch einen anderen Grund, warum wir un- seren bequemen Liegestuhl freiwillig gegen schmerzende Arme, Gehirn- spülungen und blaue Flecken tau- schen? Ja, den gibt es. Und ich durfte ihn glücklicherweise direkt in meiner ersten Surfstunde erfahren. Es ist dieses magische Gefühl, von einer Welle getragen zu werden – im voll- kommenen Einklang mit sich selbst und der Natur. Egal ob im Stehen oder anfangs nur im Liegen, es fühlt sich einfach surreal an. „Feeling sto- ked“, nennen viele Surfer dieses rauschartige Glücksgefühl auf den Wellen. Ausgelöst durch Adrenalin und einer Flut an Emotionen, zu de- nen auch pure Freude und lähmende Angst gehören. Denn beim Surfen gibt es nur mich, mein Board und den Ozean. Ich schreie vor Angst, wenn ich wieder mehrere Sekunden unter Wasser ge- drückt werde. Ich heule vor Wut, wenn die perfekte Welle an mir vorü- berzieht. Und ich lache vor Glück, wenn ich endlich auf dem Brett stehe und die gewaltige Kraft der Wasser- massen unter meinen Füßen spüre. Nur für diesen einen Moment igno- riere ich meine schmerzenden Mus- keln und paddle dann bis zur totalen Erschöpfung – stundenlang, und das jeden Tag. Denn Surfen ist für mich wie eine Metapher. Nur wer wagt, ge- winnt, und nur wer Zweifel und Angst überwindet, hat am Ende die Chance, über alle Maßen belohnt zu werden. Wie von der perfekten Welle an Neu- seelands Küste. T Bloggerin Franziska Reichel schreibt über Reisen und Sport auf ihrem Blog www.coconut-sports.de. Die Blogger- welt erscheint alle zwei Wochen mit verschiedenen Autoren Im Rausch der Welle BLOGGERWELT VON FRANZISKA REICHEL DENN BEIM SURFEN GIBT ES NUR MICH, MEIN BOARD UND DEN OZEAN Pa heißt Papapaiiaku, aber das ist auch einem Cook-Insulaner für die Anrede im Alltag zu lang. Deswegen wird er nur Pa genannt. Er lebt auf Rarotonga, kennt aber auch die Pflanzen der anderen Inseln. Schon als Kind lernte er von seiner Groß- mutter, Blätter und Kräuter, die in der traditionellen Heilkunst ver- wendet werden, zu sammeln. Heute führt er Touristen durch die Wälder Rarotongas und zeigt ihnen Pflan- zen wie Puanini, einen seltenen Strauch (Fagraea berteroana). Die Einheimischen sagen, dass Men- schen vom bloßen Anblick seiner fünfblättrigen Blüten gesund wür- den. Ein weiteres Heilkraut, das Pa schätzt, ist Maire puaka (Morinda myrtifolia). Es wird bei Knochen- brüchen angewandt. Es gibt 32 Pflanzenarten, die nur auf den In- seln wachsen, wie die ’Ange (Maka- tea geniostoma); die Inselbewohner verfeinern damit ihr Kokosöl. DAS WUNDERKRAUT Im Gegensatz zu manch anderen Südseebewohnern gehen die fröhli- chen Cookinsulaner unbeschwert mit ihrer kannibalistischen Ver- gangenheit um, worüber aber nicht jeder Urlauber lachen kann. So verkauften sie als Souvenir T-Shirts mit einem weißen Mann im Koch- topf: „Schickt mehr Touristen, die letzte Lieferung war köstlich!“ Das Shirt wurde trotzdem ein Verkaufs- hit. Von Rarotonga ist aber nur ein einziger Fall überliefert, in dem eine weiße Frau gegessen wurde. Es war Anne Butcher, die Geliebte des Kapitäns Phillip Goodenough, die mit ihm auf der „Cumberland“ reiste. Sie legten 1814 auf Rarotonga an, als erste Europäer. Weil sie die Kokosnussvorräte des Häuptlings plünderte, landeten sie zur Strafe im Kochtopf.

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Page 1: Abgezeichnet von: AMS Dir/WAMS/WSBE-VPW 1 Chef vom Dienst … · 2018-12-09 · der aussieht wie aus dem Katalog: muskulös und braun gebrannt, mit blonden Wuschelhaaren, die er trotz

Die Cook’s Islands Passenger Trans-port Ltd. hat drei Busse und nurzwei Routen: Die eine führt gegenden Uhrzeigersinn in 55 Minutenum Rarotonga (ab Avatiu), die ande-re im Uhrzeigersinn (ab Tupapa).Verfahren kann man sich nicht.Tipp: Das Kleingeld dem Busfahrerabgezählt geben! Ticket acht Neu-seeland-Dollar, etwa fünf Euro fürdie Runde, www.busaboutraro.com

EINE SCHNELLE RUNDE

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80 23.10.16 23. OKTOBER 2016 WSBE-VP1BELICHTERFREIGABE: --ZEIT:::BELICHTER: FARBE:

WELT AM SONNTAG NR. 43 23. OKTOBER 201680 REISENZUSAMMENGESTELLT VON BARBARA KOLLMANN

WELTREISE COOKINSELNTypisches, Rekordverdächtiges, Skurriles

Es waren die größten Seefahrer derWelt, die zuerst die 15 Cookinseln,die Kuki Airani, wie sie in der Spra-che der Cook Islands Maori heißen,ansteuerten. Nicht die Spanier, dielandeten erst 1595 auf Pukapuka.Auch nicht die Engländer (Namens-geber Captain James Cook zumBeispiel schaute erst 1773 und 1779),sondern die Polynesier, die sich im9. Jahrhundert mit ihren Kanusaufmachten. Ihre Legenden er-zählen von der Reise des HeldenRu-enua, der mit vier Gattinnen,vier Brüdern und 20 jungen Frauennach Aitutaki segelte. Seit 1965 sinddie Inseln mit rund 242 Quadrat-meter Fläche ein autonomer Staatin „freier Assoziierung mit Neusee-land“, Hauptstadt ist Avarua aufRarotonga. Auf den Cookinseln gibtes keine eigene Staatsangehörigkeit:Die 18.000 Bewohner sind BürgerNeuseelands, Staatsoberhaupt istdie Queen.

DAS LAND

Captain William Bligh (1754–1817),Eintrag vom 11. April 1798 im Log-buch der „Bounty“. Bligh war dererste Europäer, der die Insel Aituta-ki sichtete: „Das Eiland hatte diefruchtbarste Anmutung“, notierte erbegeistert. 18 Tage nach seiner Ent-deckung Aitutakis wurde WilliamBligh während der berühmten Meu-terei auf der „Bounty“ auf See aus-gesetzt. Von der Admiralität wurdeBligh schon bei seiner Rückkehrnach England von jeder Schuldfreigesprochen; er starb 1817, hoch-geehrt, im Rang eines Vizeadmiralsauf seinem Landsitz in Kent. Den-noch ging der Captain als unbe-rechenbarer Tyrann in die populäreGeschichtsüberlieferung ein, auchdurch den Filmklassiker über dieMeuterei aus dem Jahr 1962 mitMarlon Brando.

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RAUCH. ABER KAUMVORSTELLBAR, DASS SO EINBEZAUBERNDESFLECKCHENMENSCHENLEER SEIN SOLLTE

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Taakura war das schönste Mädchenvon Rarotonga, sie hatte langesrotes Haar und liebte einen Kriegerder Insel. Doch entdeckte sie, dasser sie betrog. Seitdem hasst sie dieMänner von Rarotonga. Taakurabeging damals Selbstmord, um inZukunft als Geist über die Inselspuken zu können. Nun sitzt sie aufeinem Felsen an einer Brücke, siekämmt ihr langes Haar und locktmit ihrer Schönheit Männer zumSturz in den Tod und Fischerbootein den Untergang. Noch bis mindes-tens in die 80er-Jahre hinein soll sieals Geist aktiv gewesen sein: Vonder letzten Sichtung berichtete einAutofahrer, der mit seinem Wagenvon der Brücke abgekommen war.Er überlebte und schwor, Taakurasei’s gewesen, die den Unfall ver-ursacht habe.

DIE LORELEY

„Papa’a“ heißt vierlagig – es ist aberkein Toilettenpapier gemeint, dasWort bedeutet „Fremde“: Die erstenMissionare waren aus Sicht derBewohner mit Unmengen von Stoffbedeckt. Der britische ReverendJohn Williams landete 1821 auf Aitu-taki an und christianisierte die Ein-wohner. Und zwar so gründlich,dass von der polynesischen Kulturkaum etwas übrig blieb. Heute wirbtAitutaki mit dem weltweit höchstenPro-Kopf-Quote an Gotteshäusern,mehr als zwanzig Kirchen auf 1800Einwohner – und verkauft die Holz-figuren der alten Maori-Götter.

LAGEN 4

Sechs hoch motivierteSurfschüler sitzen zusam-mengedrängt in einem tür-kisfarbenen Surf-Van. Deralte VW Bus hüpft undschaukelt den Weg ent-lang. Über sandige Landstraßen undkurvige Schotterpisten, die zu denbesten Surfspots in Neuseeland füh-ren. Die liegen an der Westküste derneuseeländischen Nordinsel. Raglangilt als der Surfort schlechthin, unddas schon seit Ende der 60er-Jahre,nachdem der Surf-Film-Klassiker„The Endless Summer“ hier gedrehtwurde. Seitdem sind Raglans Surf-spots wie Manu Bay, Whale Bay undIndicators berühmt und locken Sur-fer aus der ganzen Welt in das 2500-Einwohner-Dorf.

Am Steuer sitzt Surflehrer Alex,der aussieht wie aus dem Katalog:muskulös und braun gebrannt, mitblonden Wuschelhaaren, die er trotz30 Grad Celsius unter eine Mütze ge-stopft hat.

Immer wieder hält er an und starrtminutenlang auf den Ozean. Obwohlniemand von uns eine Ahnung hat,worauf wir eigentlich warten, starrenwir andächtig mit. Doch Alex ist nie

zufrieden. Irgendwann runzelt er dieStirn, gibt Gas und fährt weiter. Erstder vierte Spot scheint seinen An-sprüchen zu genügen. „Hier könnenwir bleiben“, stellt er zufrieden fest.

„Sind die Wellen nicht viel zu kleinzum Surfen?“, fragt ein Holländer ausunserer Gruppe. Doch Alex lächeltnur. Er weiß, dass wir uns alle nochumschauen werden.

Surfen statt sonnenbaden. So oderso ähnlich beginnt jede Surfgeschich-te. Wellenreiten ist mittlerweile einBreitensport geworden und schonlange nicht mehr einer kleinen Grup-pe von Extremsportlern vorbehalten.Die wenigsten bleiben dem Surfen aufDauer treu, aber Spaß macht es ei-gentlich allen. Zumindest habe ich inmeiner nun fünf Jahre andauerndenSurfkarriere noch nie einen Anfängererlebt, der nach seiner ersten Stundenicht mit einem breiten Grinsen aus

dem Wasser gekommen ist.Warum das so ist, habe

ich bis heute nicht ganzverstanden. Denn Ferienim Surfcamp sind so ziem-lich das Gegenteil der

landläufigen Definition eines gelun-genen Urlaubs. Schmerzen stattWellness, Panik statt Erholung undSalzwasser statt Piña Colada. Selbsttrainierte Menschen erleben nachden ersten Surfstunden den Muskel-kater ihres Lebens. Und dann ist danoch das frühe Aufstehen! Die Naturschickt nun mal die besten Wellen oftin den frühen Morgenstunden.

Aber warum tun wir uns das trotz-dem an? Bringt das Surfen einfachnur den Masochisten in uns zum Vor-schein? Oder gibt es vielleicht nocheinen anderen Grund, warum wir un-seren bequemen Liegestuhl freiwilliggegen schmerzende Arme, Gehirn-spülungen und blaue Flecken tau-schen? Ja, den gibt es. Und ich durfteihn glücklicherweise direkt in meinerersten Surfstunde erfahren. Es istdieses magische Gefühl, von einerWelle getragen zu werden – im voll-kommenen Einklang mit sich selbstund der Natur. Egal ob im Stehenoder anfangs nur im Liegen, es fühltsich einfach surreal an. „Feeling sto-ked“, nennen viele Surfer diesesrauschartige Glücksgefühl auf denWellen. Ausgelöst durch Adrenalinund einer Flut an Emotionen, zu de-nen auch pure Freude und lähmendeAngst gehören.

Denn beim Surfen gibt es nur mich,mein Board und den Ozean. Ichschreie vor Angst, wenn ich wiedermehrere Sekunden unter Wasser ge-drückt werde. Ich heule vor Wut,wenn die perfekte Welle an mir vorü-berzieht. Und ich lache vor Glück,wenn ich endlich auf dem Brett steheund die gewaltige Kraft der Wasser-massen unter meinen Füßen spüre.

Nur für diesen einen Moment igno-riere ich meine schmerzenden Mus-keln und paddle dann bis zur totalenErschöpfung – stundenlang, und dasjeden Tag. Denn Surfen ist für michwie eine Metapher. Nur wer wagt, ge-winnt, und nur wer Zweifel und Angstüberwindet, hat am Ende die Chance,über alle Maßen belohnt zu werden.Wie von der perfekten Welle an Neu-seelands Küste.

T Bloggerin Franziska Reichel schreibtüber Reisen und Sport auf ihrem Blogwww.coconut-sports.de. Die Blogger-welt erscheint alle zwei Wochen mitverschiedenen Autoren

Im Rausch der WelleBLOGGERWELT

VON FRANZISKA REICHEL

DENN BEIMSURFEN GIBT ESNUR MICH, MEINBOARD UND DENOZEAN

Pa heißt Papapaiiaku, aber das istauch einem Cook-Insulaner für dieAnrede im Alltag zu lang. Deswegenwird er nur Pa genannt. Er lebt aufRarotonga, kennt aber auch diePflanzen der anderen Inseln. Schonals Kind lernte er von seiner Groß-mutter, Blätter und Kräuter, die inder traditionellen Heilkunst ver-wendet werden, zu sammeln. Heuteführt er Touristen durch die WälderRarotongas und zeigt ihnen Pflan-zen wie Puanini, einen seltenenStrauch (Fagraea berteroana). DieEinheimischen sagen, dass Men-schen vom bloßen Anblick seinerfünfblättrigen Blüten gesund wür-den. Ein weiteres Heilkraut, das Paschätzt, ist Maire puaka (Morindamyrtifolia). Es wird bei Knochen-brüchen angewandt. Es gibt 32Pflanzenarten, die nur auf den In-seln wachsen, wie die ’Ange (Maka-tea geniostoma); die Inselbewohnerverfeinern damit ihr Kokosöl.

DAS WUNDERKRAUT

Im Gegensatz zu manch anderenSüdseebewohnern gehen die fröhli-chen Cookinsulaner unbeschwertmit ihrer kannibalistischen Ver-gangenheit um, worüber aber nichtjeder Urlauber lachen kann. Soverkauften sie als Souvenir T-Shirtsmit einem weißen Mann im Koch-topf: „Schickt mehr Touristen, dieletzte Lieferung war köstlich!“ DasShirt wurde trotzdem ein Verkaufs-hit. Von Rarotonga ist aber nur eineinziger Fall überliefert, in demeine weiße Frau gegessen wurde. Eswar Anne Butcher, die Geliebte desKapitäns Phillip Goodenough, diemit ihm auf der „Cumberland“reiste. Sie legten 1814 auf Rarotongaan, als erste Europäer. Weil sie dieKokosnussvorräte des Häuptlingsplünderte, landeten sie zur Strafeim Kochtopf.