Banker an den Galgen? Erwartungen und Realitäten Bank Kader Verein Zürich, 11. Juni 2014

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Banker an den Galgen? Erwartungen und Realitäten Bank Kader Verein Zürich, 11. Juni 2014 Daniel Zuberbühler. Einleitung 1. Personelle Sanktionen gegen leitende Bankorgane 1.1 . Schweiz: Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen i.S. UBS - PowerPoint PPT Presentation

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Übersicht

Einleitung 1. Personelle Sanktionen gegen leitende Bankorgane1.1. Schweiz: Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen i.S. UBS

1.2 UK Parliamentary Commission on Banking Standards

2. Sanktionen gegen Banken als Unternehmungen2.1 Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Banken

2.2 Bussen-Wettrüsten gegen grosse Finanzinstitute

3. Prudentielle Alternativen zu personellen oder monetären Sanktionen3.1 Viel mehr hartes Eigenkapital / Capital Punishment

3.2 Organisatorische Vereinfachung / Komplexitätsreduktion

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Einleitung

Disclaimer: keine Todesstrafe für Banker• Rückfall ins Mittelalter

• Eigentor für Aufseher: Suche nach Versagern erfasst auch sie

• Finanzkrise: Niemand sieht gut aus Zurückhaltung im Urteil

Ruf nach Sanktionen verständlich nach Mega-Finanzkrise• Sünder zur Rechenschaft ziehen Nachfolger in Pflicht nehmen

• Banker ideale Projektionsfläche, da überbezahlt und entzaubert• „Paid too much for doing the wrong things“

• Pauschaler Vertrauensschwund in Banken als Krisenfolge• Aber heuchlerischer Vorwurf kriminellen Verhaltens im Inland für

Geschäftsmodell mit ausländischen Steuerhinterziehern

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1. Personelle Sanktionen gegen leitende Bankorgane

„Freiwillige“ Rücktritte von Topmanagern & VR-Mitgliedern nach Solvenz-gefährdenden Verlusten oder staatlicher Rettung• Marktdruck (grosse Aktionäre / Kundenreaktionen)

• Medial befeuerte Aufforderung durch Politiker• Wink der Aufsichtsbehörde, ohne formelles Enforcement

• Übernahme durch andere Banken

Nur untere Chargen formell entlassen oder strafrechtlich verfolgt unbefriedigend und ungerecht

Politik versucht, Spitzenbanker zur Verantwortung zu ziehen für vergangenes oder zumindest zukünftiges Versagen

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1.1 Schweiz: GPK-Bericht i.S. UBS, 30.5.10

Parlamentarische Oberaufsicht über Regierung und Verwaltung: nur Verhalten der Bundesbehörden untersucht• Motionen, Postulate, Empfehlungen primär an Behörden

• FINMA: was wusste oberste UBS-Leitung über QIA-Verstösse?

• Berufsverbot (FINMAG 33) für Ausgeschiedene: Rückwirkungsverbot

Empfehlung 19: „GPK nehmen die UBS in die Pflicht“• Unabhängiges Expertengremium soll bankinternen Umgang von VR, GL

und Revisionsstelle aufarbeiten, insbesondere• Opportunität von Strafanzeigen & Verantwortlichkeitsklagen• Traktandierung Déchargeerteilung für die Krisenjahre

• Abgangsregelung für höheres & mittleres Management

• Transparenz über VR-Verzicht auf straf- & zivilrechtliche Klagen gegen früheres UBS-Management UBS Transparenzbericht vom 14.10.10

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Expertenbericht Tobias Straumann: Die UBS-Krise aus wirtschaftshistorischer SichtUBS-Topmanager waren keine Hasardeure, sondern in ihrer Selbstwahrnehmung (und externer Einschätzung) risiko-avers und eher konservativ vorsichtig, aber ohne Spürsinn für verdeckte Risiken, gesundes Misstrauen, unabhängiges Urteil, Führungsstärke

UBS beging im historischen Vergleich keine aussergewöhnlichen Fehler• Subprime: Wenn sich Finanzblasen aufbauen, lassen sich viele

Marktteilnehmer dazu verleiten, bewährte Bankregeln zu vernachlässigen

• US x-border WM: Zu erwarten, dass CH-Banken Probleme bekundeten, ihre traditionelle Vermögensverwaltung an ein dramatisch verschärftes regulatorisches Umfeld anzupassen. UBS handelte nur besonders unvorsichtig, aber nicht fundamental anders als die übrigen Banken

Grundsatzfrage: Wie sollen sich UBS & CS inskünftig aufstellen? Binäre Wahl zwischen internationalem Geschäftsmodell oder Rückzug ins Reduit / Illusion: optimierte Regulierung & Aufsicht

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Härtere Sanktionen für Manager von Banken mit formeller oder faktischer Staatsgarantie?

Kantonalbankorgane: kein persönlicher moral hazard• Steuerzahler reagieren besonders empfindlich & nachtragend

• Widerspricht Lebenserfahrung, dass Manager & Politiker bewusst das Risiko eingehen, sich dem Fegefeuer auszusetzen

Grossbankorgane wollen bewusst keine Staatsrettung• Ideologischer Gräuel staatlicher Einmischung in Geschäftsausrichtung

und Saläre wie Todesstrafe

• Gesellschaftliche Ächtung abschreckend

Falscher Anreiz bei Erwartung von Kunden, Gegenparteien, Aktionären in staatliches Auffangnetz tiefe Risikoprämie• Eingehen systemgefährdender Risiken mit minimalem Eigenkapital

Wurzelbehandlung: mehr Eigenkapital, Abwickelbarkeit, Verlustbeteiligung von Aktionären und Gläubigern (Bail-in)

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1.2 UK Parliamentary Commission on Banking Standards: Changing banking for good

Empfehlungen von Regierung & Parlament übernommen:• Financial Services (Banking Reform) Act vom 18.12.2013

Massnahmen zur persönlichen Verantwortlichkeit sowie Sanktionen• Befund: Zu viele Banker, v.a. auf oberster Stufe, operierten in

Umfeld mit ungenügender persönlicher Verantwortung• Nichtwissen• Kollektive Entscheidprozesse in komplexen Organisationen• Corporate Governance als potemkinsches Dorf: effektive Kontrolle

und Überwachung nur vorgespiegelt

• Persönliche Verantwortung muss real werden

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UK: Senior Persons Regime für Spitzenbanker

Schlüsselverantwortungen einzelnen Individuen präzise zuordnen• Senior Persons: VR und oberste GL & weitere Schlüsselfunktionen

• Detaillierter Aufgabenbeschrieb• Übergabeprotokoll bei Stellenwechsel: Wie wurde Aufgabe erfüllt;

kritische Punkte zuhanden Nachfolger

• Bleibt verantwortlich auch bei Delegation oder Kollektiventscheid

• Umkehr der Beweislast für aufsichtsrechtliche Sanktionen:

• Nach erfolgreichem Enforcement gegen Bank: Senior Person muss nachweisen, dass sie alle vernünftigen Schritte zur Verhinderung / Milderung des Versagens unternommen hat

• Bei reckless misconduct: ganze Entlöhnung rückforderbar

Zweifel an Gerechtigkeit formalisierter Verantwortung / Bürokratie

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Von EBK verworfene Sündenbock-Idee

Verantwortlicher GD für Compliance• Rücktritt bei Verstoss der Bank Winkelried finanziell abgesichert Bei jedem Unfall neues Opferlamm

auf Schleudersitz Nicht nachhaltig & ungerecht

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UK: Licensing Regime für andere Bankmitarbeiter mit Schädigungspotential

Ziel: Enforcement auch gegen untere Sünder erleichtern• Licensed Persons: Banker, deren Verhalten die Bank, ihre

Reputation oder ihre Kunden schwer schädigen können• Arbeitsvertragliche Verpflichtung auf Banking Standards Rules

• Bank verantwortlich für Instruktion und Überwachung

• Keine vorgängige Prüfung / Bewilligung durch Aufsicht Bank allein verantwortlich

Zentrales öffentliches Register für Senior & Licensed Persons• FIDLEG-Projekt: Aus- und Weiterbildungexamen &

Registrierungspflicht für Kundenberater des Finanzbereichs

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UK: Strafe für „reckless misconduct“

Gefängnis bis 7 Jahre für grobfahrlässiges, unverantwortliches Fehlverhalten von Senior Persons

• Wenn durch ihre Handlungen oder Unterlassungen die Bank versagt = „failed“ • zahlungsunfähig, substantielle Kosten für Steuerzahler, bleibende

Folgen für Finanzsystem oder grosser Kundenschaden)

• Ihr Verhalten weit unter dem Standard, welcher in ihrer Position vernünftigerweise erwartet werden durfte

• Des Risikos bewusst, dass ihr Verhalten zum Versagen der Bank führen könnte

Nur für schwerste Fälle und vorab für grosse Banken• Bei kleineren Banken Nachweis individueller Verantwortlichkeit

leichter & Schadenspotential viel geringer

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2. Sanktionen gegen Banken als Unternehmungen 2.1 Strafrecht

CH-Unternehmensstrafrecht 102 StGB: symbolisch statt praxistauglich wenigstens kein OverkillBeunruhigender: US-Strafklagen gegen Unternehmen sind existenzgefährdend. Beweggrund für• FINMA-Rettungsakt für UBS vom 18.2.09: Kundendaten an US DoJ

• US Tax Program des DoJ für übrige Schweizer Banken

• Fall Wegelin: Aufgabe der Banktätigkeit vor gerichtlichem Urteil; Schnauf wäre vorher ausgegangen

• Arthur Andersen: 3 Jahre nach Anklageerhebung freigesprochen

US-Strafdrohung sehr effizient, aber unverhältnismässige, rechtsstaatlich bedenkliche Waffe: Todesstrafe durch Aushungern

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2. Sanktionen gegen Banken als Unternehmungen 2.1 Strafrecht

CH-Unternehmensstrafrecht 102 StGB: symbolisch statt praxistauglich wenigstens kein OverkillBeunruhigender: US-Strafklagen gegen Unternehmen sind existenzgefährdend. Beweggrund für• FINMA-Rettungsakt für UBS vom 18.2.09: Kundendaten an US DoJ

• US Tax Program des DoJ für übrige Schweizer Banken

• Fall Wegelin: Aufgabe der Banktätigkeit vor gerichtlichem Urteil; Schnauf wäre vorher ausgegangen

• Arthur Andersen: 3 Jahre nach Anklageerhebung freigesprochen

US-Strafdrohung sehr effizient, aber unverhältnismässige, rechtsstaatlich bedenkliche Waffe: Todesstrafe durch Aushungern

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US-Strafanklage gegen Unternehmen: tödlich auch für nicht-systemrelevante Banken im Reduit: Wegelin

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No bank is too big to jail: CS als erstes OpferPlea agreement, US District Court of Eastern Virginia, 19.5.14Guilty plea to conspiracy to aid and assist US taxpayers in filing false income tax returns and other documents to the IRS, employing a variety of means:•          assisting clients in using sham entities to hide undeclared accounts;

•          soliciting IRS forms that falsely stated, under penalties of perjury, that the sham entities were the beneficial owners of the assets in the accounts;

•          failing to maintain in the United States records related to the accounts;

•          destroying account records sent to the United States for client review;

•          using Credit Suisse managers and employees as unregistered investment advisors on undeclared accounts;

•          facilitating withdrawals of funds from the undeclared accounts by either providing hand-delivered cash in the United States or using Credit Suisse’s correspondent bank accounts in the United States;

•          structuring transfers of funds to evade currency transaction reporting requirements; and

•          providing offshore credit and debit cards to repatriate funds in the undeclared accounts.

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Credit Suisse bezahlt 2.8 Mia. USD an USA

• 1‘800 Mio. USD an Department of Justice

1‘137 Mio. Busse

666 Mio. Entschädigung für von US-Kunden hinterzogene Steuern

• 100 Mio. USD an Federal Reserve Bank• 715 Mio. USD an New York State Department of Financial Services• 196 Mo. USD an Securities and Exchange Commission

-------------------------------------------------------------------------------------------------------• 780 Mio. USD UBS Deferred Prosecution Agreement vom 18.2.2009

-------------------------------------------------------------------------------------------------------

• 5 – 10 Mia. USD? BNP für Verletzung von US Wirtschafts-Sanktionen (Iran, Kuba, Sudan)

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Worauf schwören diese Herren?

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2.2 Bussen-Wettrüsten gegen grosse Finanzinstitute – ohne formelle Anklage 1

Milliardenbussen gegen Banken für vor oder während der Finanzkrise begangene Sünden:• Endphase der Krisenbewältigung: nachträgliche Umverteilung

der Krisenverluste vom Staat oder Anlegern zu den Banken, kombiniert mit zivilrechtlichen Schadenersatzklagen

• Sieger der Finanzkrise werden nachträglich zu Verlierern:

• Vor Marktzusammenbruch toxische Subprime-Papiere verkauft und dank besserer Risikoeinschätzung Verluste auf eigenen Handelsbeständen vermieden Vorwurf der Täuschung „unwissender“ Marktteilnehmer

• Bezahlung auch für Sünden übernommener insolventer Banken• Fannie Mae & Freddy Mac: Federal Housing Finance Agency belangt

18 Banken für total 200 Mia. USD für Verluste der staatsnahen Hypothekenfinanzierer; UBS und CS bezahlen je 885 Mio. USD

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2.2 Bussen-Wettrüsten gegen grosse Finanzinstitute für Compliance-Verstösse 2

Milliarden an Bussen, Gewinneinziehung, Schadenersatz, nicht nur Subprime-Hypothekenverbriefungen• Sanktionsrecht, Korruption, Geldwäscherei, Wettbewerbsrecht,

Produktevertrieb, Manipulation von Leitzinsen (LIBOR etc.) und bald auch Manipulation von Devisenkursen

• J.P. Morgan bezahlte im Jahr 2013 22 Mia. USD zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten, und erzielt trotzdem Reingewinn von 18 Mia. USD

• Davon 920 Mio. USD an UK und US-Behörden für Kontrollmängel beim riskanten Derivathandel des „Whale of London“ mit Verlust von 6.2 Mia. USD

• UBS bezahlte für LIBOR-Skandal total 1.4 Mia. CHF an US, UK und CH-Behörden, wovon allein 1.2 Mia. USD an US-Behörden; Busse von 2.5 Mia. € für EU-Wettbewerbsrecht entgeht sie dank Kronzeugenregel

• EU-Kommission büsste im Libor-Fall 8 Banken mit 1.7 Mia. € für Wettbewerbsrechts-Verletzung, davon Deutsche Bank mit 725 Mio. €

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2.2 Bussen-Wettrüsten gegen grosse Finanzinstitute – Vorgehen und Motive

3Wettrüsten der Aufseher & Strafverfolger um immer höhere monetäre Sanktionen durch Vergleich (Settlement)• International koordiniertes Vorgehen: Abstimmung der

Untersuchungen und Kommunikation des Abschlusses, aber • konkurrierende sachliche & geographische Zuständigkeit führt zu

kumulativer Bestrafung, v.a. Wettbewerb unter den vielen US-Behörden Revier markieren & im Rudel eigene Beute sichern

Beweggründe für Sanktionswettrüsten• Deklariertes Ziel: Bestrafung und Abschreckung für künftiges

Fehlverhalten / monetärer Anreiz für präventive Massnahmen der Unternehmensleitungen (Aufmerksamkeit von VR und CEOs)

• Öffentlicher Erwartungsdruck: „Main Street vs. Wall Street“

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2.2 Bussen-Wettrüsten gegen grosse Finanzinstitute – Motive der Behörden 4

Schlagzeilenträchtige Bussen: WIN-WIN für Behörden• Ruf als harte Aufseher kompensiert Vorwurf früherer Laxheit

oder Branchennähe (regulatory capture)

• Karriereförderung für leitende Beamte oder Staatsanwälte bei

• politischer Wahl oder Wechsel in Privatwirtschaft (revolving door)

• Beitrag für leere Staatskasse• Vergleich begrenzt Aufwand und Verfahrensrisiken

unterdotierter Behörden; keine mühsame Suche nach Schuldigen

• Settlement vermeidet Overkill der Strafanklage Aber: eigennützige Motive untergraben moralische Autorität

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2.2 Bussen-Wettrüsten gegen grosse Finanzinstitute – Zweifel an Zielerreichung

5Fokus auf Unternehmen schwächt individ. Verantwortung• Altlasten-Bereinigung: bequem für aktuelles Management Schuld

der Vorgänger; Lehren gezogen, aber• Bei Wiederholung Verdacht: Ordentliche Gewinne von heute

werden zu Altlasten von morgen Nachfolger werden sie auch als ausserordentlichen Verlust / Sonderfaktoren ausklammern; „bereinigtes“ Ergebnis = Schönfärberei Operationelle Risiken aus Regelverstössen & exorbitante Sanktionen Normalzustand

• Rechtfertigung von Bonuszahlungen durch Ausblenden monetärer Sanktionen als a.o. Sonderfaktoren, auch bei Reinverlust

• Steuerabzug als geschäftsmässig begründeter Aufwand: Bussen umstritten, aber bei Vergleich ohne Schuldanerkennung zulässig• US-Bussenexzesse zulasten der CH-Steuerzahler; ohnehin keine

Gewinnsteuern dank Verlustvortrag (Deferred Tax Assets)

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2.2 Bussen-Wettrüsten gegen grosse Finanzinstitute – Zweifel an Zielerreichung

6• Bussen-Dosis muss ständig erhöht werden, um Wirkung auf

Unternehmen und Publikum zu erzielen ≈ Drogenkonsum

• Kosten von Aktionären getragen: • Ungerecht gegen passive Anleger ohne Einfluss auf Verhalten

• Prudentielles Interesse an hoher Eigenkapitalausstattung gestört durch Mittelentzug oder fehlende Attraktivität von Bankaktien

Krasse Verletzung der Verhältnismässigkeit• Leitschnur für Sanktion: Regelverstoss darf sich nicht lohnen

Ausrichtung am erzielten Gewinn + gewisses Verlustrisiko + Verfahrens- und Parteikosten + Verbesserungsprogramm

• Bussen weit oberhalb, da meist wenig profitable Aktivitäten

• Positives Beispiel: Gewinneinziehung der FINMA bei UBS-LIBOR Keine Befugnis der EBK/FINMA für happige Vermögensstrafen

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3. Prudentielle Alternativen zu personellen oder monetären Sanktionen

Für kleine / mittlere Banken oder untere Chargen in Grossinstituten braucht es keine Sanktionsverschärfung• Sanktionsdiskussion zu Recht fokussiert auf grosse, komplexe und

meist international ausgerichtete Banken und ihre Organe

Aufgezeigte Ansätze sind je nach Ausprägung zur Zielerreichung untauglich, aufwendig bürokratisch, ungerecht, rechtstaatlich bedenklich oder schlicht unverhältnismässigRealistischer Ansatz: mit präventiven prudentiellen Mitteln dafür sorgen, dass

1. Grosse Verluste ohne Gläubiger- oder Systemgefährdung aufgefangen werden können, und

2. Risiko schwerer Fehler durch organisatorische Vereinfachung komplexer Organisationen herabgesetzt wird

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3.1 Viel mehr hartes Eigenkapital & Capital Punishment anstelle von Bussen

Verdoppelung der Leverage Ratio auf mindestens 7-8% des Gesamtengagements, mit hartem Kernkapital Überprüfung des Too big to fail-Regimes im Frühjahr 2015

Capital Punishment anstelle von Bussen• Aufsichtsrechtlicher Eigenkapitalzuschlag für Verluste und schwere

Compliance Verstösse Statt Schwächung der Bank durch Entzug von Eigenkapital, Stärkung der Verlust-Absorptionsfähigkeit durch Eigenkapital-Erhöhung oder Reduktion riskanter Aktivitäten

• Keine Strafe und Schuldfrage: faktischer Beweis, dass Bank ihre Risiken nicht im Griff hat höheres Sicherheitspolster

• FINMA-Variante: Eigenmittelzuschlag von 50% für operationelle Risiken aus Rechts- und Compliance-Risiken Korrektur eines ungenügenden internen Modells = Nahkampf gegen die Schwindsucht risikogewichteter Aktiven durch interne Modelle

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cutting through complexity

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3.2 Organisatorische Vereinfachung / Komplexitäts-ReduktionKeine „Schuldigen“ unter leitenden Organen für Versagen komplexe Kolosse nicht mehr führ- und kontrollierbar• Zu gross und komplex, um von Konzernleitung geführt, vom VR kontrolliert

und von Regulatoren beaufsichtigt zu werden

• Statt bürokratisch-formalistischen bzw. kausalhaftungsähnlichen Verantwortlichkeiten, organisatorische Vereinfachung und Kompartimentierung der Konzernstruktur

• Verbesserte Abwickelbarkeit global systemrelevanter Banken bedingt präventive strukturelle Eingriffe: Abschottung systemrelevanter Funktionen vom riskanten Handel der Investmentbanken; Eigenhandels-Verbot (Volcker rule); Subsidiarisation lokaler Einheiten

• Nebeneffekt: Geschäftsbereiche und rechtliche Einheiten besser überschaubar und einfacher führ- und kontrollierbar; Investmentbank reduziert durch Eigenfinanzierung und Basel III

• Abschottungsdoktrin vielleicht auch nur Modeerscheinung Falls Experiment misslingt Radikalerer Schluss: Zerschlagen, da schlicht zu gross also trial and error der Finanzmarktregulierung

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Daniel ZuberbühlerFürsprecherSonnenbergstrasse 33013 Bern

Mobil: +41 78 710 48 [email protected]

Banker an den Galgen? Erwartungen und Realitäten, in Jusletter 24. März 2014, http://jusletter.weblaw.ch/_750?current=1