BDI/BDA Brüssel Aktuell 04|2015

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+VOJ &68FUUCFXFSCTGハIJH LFJUTSBU Vom 28. bis 29. Mai 2015 tagte der EU- Wettbewerbsfähigkeitsrat. Auf der Agenda standen u. a. die Produktsicher- heit, die SUP-Richtlinie und die Digitali- sierung der Industrie. 4FJUF &VSPQBQPMJUJL x#SFYJUGàISUJOEJF4BDLų HBTTFj Anfang Juni hat BDI-Hauptgeschäftsfüh- rer Markus Kerber in London Gespräche mit dem britischen Partnerverband CBI geführt. 4FJUF #FTTFSF3FDIUTTFU[VOH 6NGBTTFOEFT1BLFU[VS #FTTFSFO3FDIUTFU[VOH Am 19. Mai hat die Europäische Kommis- sion ihre Agenda für Bessere Rechtset- zung vorgelegt. Das Paket besteht aus mehreren Initiativen. 4FJUF )BOEFMTQPMJUJL 1SP[FTTVN55*13FTPMVų UJPOEFT&1WFS[レHFSUTJDI Die Abstimmung im Plenum zu TTIP – eigentlich für den 10. Juni angesetzt – wurde kurzfristig vertagt. 4FJUF 4613JDIUMJOJF 3BUCFTDIMJFUBMMHFNFJOF "VTSJDIUVOH Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit hat am 28. Mai 2015 eine allgemeine Ausrich- tung zur SUP-Richtlinie beschlossen. 4FJUF 8FJUFSF5IFNFO &61FOTJPOTGPOETSJDIUMJOJF 4FJUF &61FOTJPOTGPOETSJDIUMJOJF 4FJUF

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Thema u.a.: EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat | Umfassendes Paket zur Besseren Rechtsetzung | Prozess um TTIP-Resolution des EP verzögert sich | »Brexit führt in die Sackgasse« | Rat beschließt allgemeine Ausrichtung

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Juni 2015

EU-Wettbewerbsfähig-keitsrat

Vom 28. bis 29. Mai 2015 tagte der EU-Wettbewerbsfähigkeitsrat. Auf derAgenda standen u. a. die Produktsicher-heit, die SUP-Richtlinie und die Digitali-sierung der Industrie.

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Europapolitik

»Brexit führt in die Sack­gasse«

Anfang Juni hat BDI-Hauptgeschäftsfüh-rer Markus Kerber in London Gesprächemit dem britischen Partnerverband CBIgeführt.

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Bessere Rechtssetzung

Umfassendes Paket zurBesseren Rechtsetzung

Am 19. Mai hat die Europäische Kommis-sion ihre Agenda für Bessere Rechtset-zung vorgelegt. Das Paket besteht ausmehreren Initiativen.

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Handelspolitik

Prozess um TTIP-Resolu­tion des EP verzögert sich

Die Abstimmung im Plenum zu TTIP– eigentlich für den 10. Juni angesetzt –wurde kurzfristig vertagt.

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SUP-Richtlinie

Rat beschließt allgemeineAusrichtung

Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit hat am28. Mai 2015 eine allgemeine Ausrich-tung zur SUP-Richtlinie beschlossen.

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Weitere Themen

EU-Pensionsfondsrichtlinie>> Seite 6EU-Pensionsfondsrichtlinie>> Seite 6

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EU-WettbewerbsfähigkeitsratEU-Wettbewerbsfähigkeitsrat

Vom 28. bis 29. Mai 2015 tagte der EU-Wettbewerbsfähigkeits-rat. Auf der Agenda standen u. a. die Produktsicherheit, dieSUP-Richtlinie und die Digitalisierung der Industrie. Deutsch-land war durch den Staatssekretär im Bundesministerium derJustiz und für Verbraucherschutz, Gerd Billen, vertreten.

Strittig war insbesondere die Einführung einer verpflichtendenUrsprungskennzeichnung (Made in) im Rahmen der geplantenProduktsicherheitsverordnung. Auf dem Tisch lag eine techni-sche Studie der EU-Kommission, in der sie die Auswirkungeneiner Made-in-Regelung auf sechs Produktgruppen untersucht.Die Diskussion im Rat bestätigte, dass eine Mehrheit von 15nord- und mittelosteuropäische Mitgliedstaaten – darunterDeutschland – eine verpflichtende Ursprungskennzeichnungauch für wenige Sektoren entschieden ablehnt. Offen ist, wiedie Kommission weiter verfahren wird. Der BDI lehnt eine ver-pflichtende Ursprungskennzeichnung weiterhin ab. Sie würdezu einem hohen bürokratischen Aufwand für Unternehmen undzum Verlust des bewährten nach Qualitätsmerkmalen bestimm-ten deutschen Gütesiegels »Made in Germany« führen.

Überraschend hat der Rat eine allgemeine Ausrichtung zurRichtlinie über Gesellschaften mit beschränkter Haftung miteinem einzigen Gesellschafter, sogenannte SUP-Richtlinie, be-schlossen. Der Durchbruch gelang, nachdem Ungarn in dasLager der SUP-Befürworter gewechselt war. Da die Richtliniekein Verbot der Sitzaufspaltung vorsieht, lehnte Deutschland abund folgte damit einer Entschließung des Bundestages. Offenist, wie sich das Europäische Parlament zum Richtlinienvor-schlag positionieren wird. Eine Abstimmung im Rechtsaus-schuss ist für frühestens Mitte September 2015 geplant. AusSicht der deutschen Industrie ist es ein wichtiges Signal für denEuropäischen Binnenmarkt, dass eine Mehrheit der EU-Mit-gliedstaaten der Niederlassungsfreiheit Priorität einräumt.

Schließlich ging vom Rat ein wichtiges Signal für die Digitalisie-rung der Industrie in Europa aus. Die Ratsschlussfolgerungenbetonen zu Recht die Notwendigkeit einer verstärkten europäi-schen und globalen Zusammenarbeit bei der Standardisierungim ICT-Bereich. Damit leisteten die EU-Wirtschaftsministereinen wichtigen Input für den Europäischen Ratvom 25. bis 26. Juni, von dem Orientierungen zum DigitalenBinnenmarkt erwartet werden. Ferner kündigte Kommissar Oet-tinger zur Stärkung der europäischen Zusammenarbeit an, dieverschiedenen nationalen Initiativen zu Industrie 4.0Ende Juni 2015 an einen Tisch zu bringen.

Ansprechpartner:Joscha Ritz (BDI), [email protected]

EU-Kommission legt umfassendes Paket zur Besseren Rechtsetzung vorEU-Kommission legt umfassendes Paket zur Besseren Rechtsetzung vor

Am 19. Mai hat die Europäische Kommission ihre Agenda fürBessere Rechtsetzung vorgelegt. Durch umfangreiche Refor-men entlang des gesamten Politikzyklus und mehr Transparenzin den Entscheidungsprozessen soll die Qualität europäischerRechtsetzung verbessert und mehr Kohärenz sichergestelltwerden.

Das Paket besteht aus mehreren Initiativen. Im Zentrum stehtder Vorschlag für eine neue interinstitutionelle Vereinbarung zurBesseren Rechtsetzung, die bis Ende des Jahres zwischen Rat,Parlament und Kommission verhandelt werden soll. Auch diegesetzgebenden Institutionen der EU – Rat und Parlament –sollen damit auf die Einhaltung und Durchführung von Maßnah-men der Besseren Rechtsetzung verpflichtet werden.

Kernpunkt des Vorschlags ist insoweit, beide Institutionen beiwesentlichen Änderungen des Kommissionsvorschlags zu

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Folgenabschätzungen zu verpflichten. Ein unabhängiges Gre-mium soll die eigenen Folgenabschätzungen von Rat und Par-lament überprüfen können. Die genaue Arbeitsweise diesesGremiums bleibt indes noch unklar. Ein weiteres Hauptanliegen der EU-Kommission ist die Schaf-fung von mehr Transparenz. Künftig sollen öffentliche Konsulta-tionen zu den verschiedenen Schritten einer Politikinitiativedurchgeführt werden. So soll die Position der Öffentlichkeit stär-ker berücksichtigt werden. Die Rolle und Autonomie der Sozial-partner ist dabei gewahrt. Vorgesehen sind auch Konsultatio-nen zu den Roadmaps der Kommission, zu sog. »inception im-pact assessments«, bei denen die jeweiligen Handlungsalterna-tiven und Optionen zur Regelung eines Sachverhalts konsultiertwerden. Darüber hinaus soll sich die Öffentlichkeit zu dem vonder Kommission vorgelegten Rechtsakt innerhalb von acht Wo-chen nach dessen Annahme äußern können, ebenso wie zu de-legierten und Implementierungsrechtsakten.

Auch institutionelle Veränderungen werden vorgeschlagen. Derneue Ausschuss für Regulierungskontrolle (Regulatory ScrutinyBoard) ersetzt den Ausschuss für Folgenabschätzung (ImpactAssessment Board). Er soll mit drei externen Experten besetztwerden die zusammen mit drei weiteren Kommissionsmitarbei-tern und einem Vorsitzenden in Vollzeit Folgenabschätzungenüberprüfen.

Eingerichtet wird auch eine neue REFIT-Plattform, die aus Ver-tretern der Mitgliedstaaten sowie Interessenträgern besteht. Siesoll Vorschläge zur Senkung des Regelungsaufwands sammelnsowie konkrete Bürokratieabbauvorschläge vorlegen.

BDI und BDA begrüßen die Vorschläge der EU-Kommission alseinen wichtigen Schritt, um die Qualität europäischer Gesetzezu verbessern. Für europäische Unternehmen sind schlankeund effiziente Regelungen für den europäischen Binnenmarktentscheidend. Es ist zu begrüßen, dass auch Rat und Parla-ment stärker bei der Durchführung von Folgenabschätzungen indie Pflicht genommen werden sollen. Mehr Mut zur Einrichtungeines wahren Kontrollgremiums für alle drei Institutionen wäreallerdings wünschenswert.

Ansprechpartner:Carolina Müller (BDI), [email protected] Eric Veillerobe (BDA), [email protected]

Prozess um TTIP-Resolution des EP verzögert sich Prozess um TTIP-Resolution des EP verzögert sich

Die Abstimmung im Plenum zu TTIP – eigentlich für den10. Juni angesetzt – wurde kurzfristig vertagt. Der Handelsaus-schuss im Europäischen Parlament hatte am 28. Mai einen kon-sensfähigen Bericht zu den TTIP-Verhandlungen beschlossenund ins Plenum eingebracht. Die Resolution des EuropäischenParlaments sendet ein starkes politisches Signal an die Eu-ropäische Kommission. Rechtlich bindend ist die Erklärung desEuropäischen Parlaments nicht. Die Europäische Kommissionführt die Verhandlungen mit den USA.

Am 10. Juni sollte das Plenum zunächst über TTIP debattierenund anschließend über die Resolution sowie über insgesamtüber 200 Eingaben abstimmen. Am Abend des 9. Juni wurde je-doch bereits bekannt, dass Martin Schulz, Präsident des EP,entschieden hat, die Abstimmung zu verschieben. Dies erlaubt Artikel 175 der Geschäftsordnung des Europäischen Parla-ments: »Wurden zu einem Bericht mehr als 50 Änderungsan-träge und Anträge auf getrennte oder gesonderte Abstimmungzur Prüfung im Plenum eingereicht, so kann der Präsident denzuständigen Ausschuss nach Anhörung des Ausschussvorsit-zes auffordern, eine Sitzung zur Prüfung dieser Änderungsan-träge oder Anträge einzuberufen.« Am 10. Juni stimmte dasPlenum mit 183 zu 181 Stimmen dafür, auch die Debatte überTTIP zu vertagen.

Nun muss zunächst der Handelsausschuss tagen, um die Än-derungsanträge zu prüfen und darüber abstimmen. Dabei kannder Handelsausschuss keine neuen Änderungsanträge mehreinbringen. Diejenigen Änderungsanträge, die mindestens zehnProzent der Stimmen im Ausschuss erhalten, werden dem Ple-num schließlich zur Abstimmung vorgelegt. Ein genauer Zeit-plan ist noch nicht bekannt.

Die große Zahl der eingereichten Änderungsanträge zeigt, dassin Teilen des Ausschusses noch große Uneinigkeit herrscht.Daher ist es sinnvoll, wenn die Abgeordneten zunächst offeneFragen klären. Trotzdem sollte sich das Europäische Parlament

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bald zu TTIP positionieren. Es ist wichtig, dass in diesem Jahrernsthafte Fortschritte bei den TTIP-Verhandlungen erzielt wer-den. Es bleibt zu hoffen, dass die TTIP-Verhandlungen von derVerzögerung im Europäischen Parlament nicht gebremst wer-den, sondern zügig auf Basis des Verhandlungsmandates wei-tergeführt werden.

Insgesamt greift der Resolutionsentwurf des Handelsausschus-ses die wichtigsten Forderungen der Industrie auf. Insbeson-dere ist zu begrüßen, dass das Europäische Parlament einenumfassenden Verhandlungsansatz unterstützt. Die Formulierun-gen zum Investitionsschutz bringen die Prioritäten des Aus-schusses deutlich zum Ausdruck, lassen der EU-Kommissionaber zugleich hinreichenden Verhandlungsspielraum. In der er-neuten Sitzung des Handelsausschusses zur TTIP-Resolutionsollten die Abgeordneten diese Formulierung weiterhin unter-stützen. Es wäre ein Fehler, ISDS von vornherein abzulehnenund damit das gesamte TTIP-Abkommen zu gefährden. Ein re-

formierter Investitionsschutz in TTIP würde die Möglichkeit bie-ten, einen hohen globalen Standard für einen modernisierten In-vestitionsschutz und ein modernisiertes Investor-Staat-Schieds-verfahren (ISDS) zu etablieren. Diese Chance darf nicht leicht-fertig vergeben werden. Die Position zu den Kernarbeitsnormenist angesichts der bundesstaatlichen Struktur der USA politischnur schwer umsetzbar. Die USA bekennen sich überdies bereitsheute zu den Prinzipien der ILO-Kernarbeitsnormen.

Bei den Empfehlungen des Handelsausschusses wurden Stel-lungnahmen von dreizehn anderen Ausschüssen berücksichtigtund fast 900 Änderungsanträge diskutiert.

Ansprechpartner:Julia Howald (BDI), [email protected] Eric Veillerobe (BDA), [email protected]

»Brexit führt in die Sackgasse«»Brexit führt in die Sackgasse«

Anfang Juni hat BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber inLondon unter anderen mit der Confederation of British Industry(CBI), dem britischen Partnerverband des BDI, Gespräche imHinblick auf den Verbleib des Vereinigten Königreichs in derEuropäischen Union geführt.

Zuvor schon hatte sich Kerber anlässlich des Besuchs des briti-schen Premierministers David Cameron bei BundeskanzlerinAngela Merkel (CDU) Ende Mai in Berlin geäußert: »Europabraucht einen starken und kritischen britischen Partner in derEU. Nur gemeinsam werden wir Europäer in der Welt noch er-folgreich sein können – oder getrennt in der Bedeutungslosig-keit versinken. Denn 2050 wird aller Voraussicht nach kein eu-ropäisches Land allein mehr zu den neun größten Volkswirt-schaften weltweit zählen«.

Ohne das Vereinigte Königreich würde der europäische Binnen-markt deutlich an Gewicht verlieren, sagte Kerber. Doch für In-vestitionsentscheidungen von Unternehmen sei die Marktgrößeausschlaggebend; ein künftig eigenständiger Markt mit 64 Mil-lionen Briten stünde dann im Schatten des europäischen Bin-nenmarktes mit seinen aktuell 500 Millionen Verbrauchern. »EinBrexit führt uns alle in die Sackgasse. Der BDI fordert von derneuen britischen Regierung, klar für den Verbleib in der EU ein-zustehen«, richtete sich der BDI-Hauptgeschäftsführer an denbritischen Regierungschef.

Die Probleme der EU ließen sich nur im konstruktiven Dialog lö-sen. Im eigenen und im Interesse der gesamten EU müsstendie wirtschaftlichen Schwergewichte Deutschland und das Ver-einigte Königreich künftig noch enger zusammenarbeiten. »DieBriten sind für uns entscheidend, wenn es darum geht, den eu-ropäischen Binnenmarkt zu vertiefen, den Zugang zu neuenMärkten zu erschließen und für strukturelle Reformen zuguns-ten der europäischen Wettbewerbsfähigkeit einzustehen«, er-gänzte Kerber.

Ansprechpartner:Manuel Kilian (BDI), [email protected]

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Rat beschließt allgemeine Ausrichtung zur SUP-RichtlinieRat beschließt allgemeine Ausrichtung zur SUP-Richtlinie

Der Rat für Wettbewerbsfähigkeit hat am 28. Mai 2015 eine all-gemeine Ausrichtung zum Richtlinienvorschlag über Gesell-schaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesell-schafter (COM (2014) 212) angenommen.

Die Einigung kommt überraschend, da sich im Rahmen der Dis-kussionen zwischen den Mitgliedstaaten zunächst eine Sperr-minorität gebildet hatte, die Bedenken zu möglichen Risikendes Vorschlags (Online-Eintragung, Mindestkapital und Sitz)zum Ausdruck gebracht hatten.

Deutschland lehnt den Kompromissvorschlag ab und folgtedamit einer Entschließung des Deutschen Bundestages vom7. Mai 2015. In dieser wurde die Bundesregierung aufgefordert,die SUP abzulehnen, wenn in den Verhandlungen kein Verbotder Sitzaufspaltung erreicht würde. Diese »Möglichkeit der Sitz-aufspaltung würde es ermöglichen, eine SUP in einem anderenMitgliedstaat, der eine Mitbestimmung nicht kenne oder einniedrigeres Mitbestimmungsniveau aufweise, zu gründen undden Verwaltungssitz in Deutschland zu nehmen«, so die Ent-schließung. Dadurch könnten geltende Mitbestimmungsrechteunterwandert werden. Die ursprünglich in Art. 10 des Richtlini-envorschlages vorgesehene Sitzaufspaltung wird in der allge-meinen Ausrichtung nun gestrichen und soll ebenso wieAspekte des Arbeitsrechts auf mitgliedstaatlicher Ebene behan-delt werden. Ein Sitztrennungsverbot wurde allerdings nichtbeschlossen.

Das von der EU-Kommission vorgeschlagene und heftig um-strittene Konzept einer »Online-Eintragung« wird in der Allge-meinen Ausrichtung nun teilweise neugeregelt. So gelten für dieErrichtung einer SUP die nationalen Rechtsvorschriften. Eine

Online-Neugründung, nach der der Gründungsgesellschafternicht vor einer Behörde in einem Mitgliedstaat erscheinenmuss, soll aber weiter möglich sein. Die dazu notwendigen Kri-terien werden in dem Ratstext vorgesehen. So soll ein Online-Formular in der jeweiligen Amtssprache für die einzelnen Er-richtungsakte einer SUP zur Verfügung gestellt werden.

Das entsprechende Eintragungsverfahren selbst, einschließlicheiner Überprüfung der Identität, Rechts- Geschäfts-, und Hand-lungsfähigkeit des Gründungsgesellschafters unterliegt dem je-weiligen nationalen Recht. Zugelassene elektronische Identifi-zierungsmittel sind von den jeweiligen Eintragungsbehörden an-zuerkennen. Entsprechen diese aber nicht den Vorgaben derVerordnung (EU) Nr. 910/2014 über die elektronische Identifi-zierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionenim Binnenmarkt kann der Mitgliedstaat die grenzüberschrei-tende Online-Registrierung von SUPs verweigern. Diese Bedin-gung wurde auf Betreiben der ungarischen Delegation kurzfris-tig in den Ratstext eingefügt. Bei Vorliegen aller erforderlichenUnterlagen ist die Eintragung innerhalb von fünf Werktagen vor-zunehmen.

Die Mindestkapitalanforderung von einem Euro wird beibehal-ten. Um Gläubigerschutz zu gewährleisten, können die Mitglied-staaten vorsehen, gesetzliche Rücklagen zu bilden. Außerdemsollen die Mitgliedstaaten in Artikel 18 der Richtlinie nationaleMechanismen einrichten, die verhindern, dass eine SUP nachder Ausschüttung von Gewinnen ihre Schulden nicht mehrzurückzahlen kann. Das ursprünglich vorgesehene alleinige Mit-tel einer Solvenzbescheinigung kann nun durch weitere Mecha-nismen ergänzt werden. Der Ratstext begegnet damit insge-samt vielen Bedenken der Mitgliedstaaten im Hinblick auf Risi-ken für Geldwäsche und Gefahren für die öffentliche Ordnung.Auch der BDI begrüßt den Ratstext, der vielen Bedenken mitangemessenen Lösungen begegnet.

Das Europäische Parlament hat sich bisher noch nicht zumRichtlinienvorschlag positioniert, sieht diesen aber überwiegendkritisch. Eine Abstimmung im zuständigen Rechtsausschuss istfrühestens für Mitte September 2015 geplant.

Ansprechpartnerin:Carolina Müller (BDI), [email protected]

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Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.Breite Straße 29; 10178 Berlin; www.bdi.eu

EU-Pensionsfondsrichtlinie: Stellungnahme vom EMPL-Ausschuss stellt wichtigeWeichen für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV)EU-Pensionsfondsrichtlinie: Stellungnahme vom EMPL-Ausschuss stellt wichtigeWeichen für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV)

Am 28. Mai 2015 stimmte der Ausschuss für Beschäftigung undSoziales (EMPL) des Europäischen Parlaments (EP) über denRichtlinienvorschlag über die Tätigkeiten und die Beaufsichti-gung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung(EU-Pensionsfondsrichtlinie) ab. Mit ihren deutlichen Korrektu-ren am EU-Kommissionsvorschlag lieferten die EMPL-Mitglie-der dem federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Währung(ECON) eine entscheidende Vorlage für seine beginnendenBeratungen.

So bekräftigte der EMPL-Ausschuss in seiner Stellungnahmedie wesentlichen Prinzipien der EbAV. Deren soziale Funktionwurde hervorgehoben und die Dreiecksbeziehung zwischen Ar-beitgeber, Arbeitnehmer und EbAV zum Leitprinzip der Richtli-nie erklärt, in der dies erstmals festgeschrieben werden soll.Der EMPL-Ausschuss positioniert sich somit zu Recht entgegender bisherigen Definition der EU-Kommission, die EbAV alleinals »Anbieter von Finanzdienstleistungen« sieht. Zudem lehn-ten die EMPL-Mitglieder die Anwendung quantitativer Eigenmit-telvorgaben nach den Grundsätzen von Solvency II auf EbAVund folglich auch die Einführung eines Bilanzierungsmodellsnach dem Holistic-Balance-Sheet-Ansatz dezidiert ab. Durchdie Streichung von delegierten Rechtsakten erteilten sie darü-ber hinaus der nachträglichen Einführung von Eigenmittelvorga-ben durch Eigenermächtigung der EU-Kommission eine klareAbsage.

Die Stellungnahme des EMPL-Ausschusses sieht zudem aus-drücklich vor, dass für EbAV verantwortliche Tätigkeiten auchvon Personen des Trägerunternehmens übernommen werdendürfen. Dies gewährleistet eine effiziente und kostengünstigeVerwaltung vieler EbAV. Schließlich sprachen sich die EMPL-Mitglieder für einen reduzierten und dem Bedarf angepasstenUmfang der Informationsverpflichtungen im Rentenanwart-schaftsbescheid aus.

Die EMPL-Stellungnahme untermauert den Standpunkt vomECON-Berichterstatter, Brian Hayes (EVP-Fraktion, Irland),dass EbAV eine zentrale soziale Funktion ausüben, in denendie Interessen der Berechtigten aufgrund der kollektiven Orga-nisation durch die Tarifsvertrags- bzw. Betriebsparteien gewahrtwerden. Weder dürfen sie wie Finanzinstitutionen behandelt,noch deren Begünstigten als Verbraucher definiert werden.MdEP Hayes erkennt zwar die Relevanz der EU-Koordinierungim Bereich der Altersvorsorge an, den Vollharmonisierungsan-satz des Richtlinienvorschlags lehnt er aufgrund der Vielfalt dernationalen Rentensysteme jedoch kategorisch ab. In einer vonihm organisierten Anhörung von EbAV-Experten aus der Indus-trie im ECON-Ausschuss am 26. Mai stellte er klar, dass derKommissionsvorschlag auf den konkreten Praxisbedarf derEbAV entsprechend den nationalen Gegebenheiten angepasstwerden müsse. Geplant ist es, dass MdEP Hayes seinen Be-richtsentwurf Mitte Juli vorlegt, während im November über dieRichtlinie im ECON-Ausschuss abgestimmt wird.

Ansprechpartnerin:Séverine Féraud (BDA), [email protected]

Bildnachweise:Adpic/H.Dora (1, 2), Fotolia/Martin Schmidt (1, 2), BDI (1, 3),BDI/Christian Kruppa (1, 4), Fotolia/Alexei Fateev (1, 5)

Redaktion: Leonie Dack, Joscha Ritz (V.i.S.d.P.)Die Verantwortung für die Inhalte der Fremdbeiträge tragen die jeweiligen Autoren.