Belozwetoff Pfingsten als eine gemeinsame Initiation der Zwölf

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Über das Pfingstereignis

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NIKOLAI BELOZWETOFF PFINGSTEN ALS EINE GEMEINSAME INITIATION DER ZWÖLF. __________________________________________________________ Dadurch, dass Christus in der Erdenwelt erschienen ist, dadurch, dass Er unter den Menschen als Mensch gelebt hat, dass Er den Kreuzestod auf Golgatha erlitten hat, dass Er den Tod besiegt hat auferstanen ist, geschah eine gewaltige Veränderung wie im Himmel, so auch auf Erden. Betrachtet man die kosmischen Folgen dieser grossen Christus-Tat vom Standpunkte der irdischen Welt, so wird man erfahren können, daß durch diese irdische Offenbarung den Erlösers sich das ganze Verhältnis der göttlichen Dreieinigkäit der Welt gegenüber geändert hat. Vor der Christustat war es die Hypostasie des Vaters, die zur Erdenwelt zugekehrt war und sich dort als das Gesetz offenbarte. Und nur durch dieses Gesetz des Vaters wurde von der Menschheit wie der Sohn, so auch der heilige Geist erkannt, der Sohn, als derjenige, den man zu erwarten hatte, und der Geist als der VerZmder des erwarteten Sohnes. Dadurch aber, dass der Sohn in der Erdenwelt erschienen ist, wurde es möglich, dass wie der Vater, so auch der heilige Geist durch Ihn der Menschheit offenbart wurden. Der Sohn war es jetzt, der das Gesetz des Vaters erfüllte und den heiligen Geist in die Welt sendete. Und nun wirkt unmittelbar auf die Menschheit des neue Testamentes nicht mehr der Vater und nicht mehr der Sohn, sondern der heilige Geist. Und nur durch den heiligen Geist offenbart sich jetzt wie der Sohn, so auch der Vater. So sehen wir, dass infolge davon, dass der Sohn in der Erdenwelt erschienen ist, die ganze Welt erst aus der Hypostasie des Vaters in die Hypostasie des Sohnes und dann in die dritte Hypostasie, in die des heiligen Geistes ubergegangen ist. Und indem die gottliche Dreieinigkeit sich der Welt gegenüber erst mit der ersten, dann mit der zweiten und zuletzt mit der dritten Hypostasie zukehrt, entsteht in der Zeit die Erdenevolution und es erhält die Weltgeschichte ihren eigentlichen Sinn. -2- So liegt der ganzen Weltentwicklung eine dreifache Offenbarung der Dreieinigkeit zu Grunde, die eine Folge der grossen Christus-Tat ist. Infolge dieser grossen Christus-Tat ist demnach auch in der geistigen Welt eine gewaltige Veränderung eingetreten, indem die ganze Welt jetzt in die dritte geistige Hypostasie Übergegangen ist. In dieser dritten geistigen Hypostasie soll sich jetzt die Welt weiterentwickeln. Und eben diese gewaltige Veränderung kann als Weltenpfingsten bezeichnet werden. Nun hatte aber die grosse Christus-Tat auf Erden noch eine andere irdische Seite, die sich in der Wirkung des Gottetwortes auf die Menschenseelen äusserte. Durch diese unmittelbare Wirkung des Erlösers wurden die Seelen der Menschen, die Ihn umgaben so erzogen, dass sie fähig wurden Weltenpfingsten zu erleben. Und am heiligen Pfingsttage wurde die erneuerte Erde mit dem erneuerten Himmel, mit der zur Welt zugekehrten geistigen Hypostasie vermählt. In der Person der zwölf Apostel leuchtete an diesem Tage in der Menschheit das Bewusstein von dem eingetretenen Weltpfingsten auf.

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Unsere Aufgabe wird darin bestehen, diejenige Umstände festzustellen, unter welchen die grosse Pfingstoffenbarung der Zwölf sich ereignet hat. Dazu müssen wir von denjenigen Erlebnissen ausgehen, die nach der Kreuzigung und der Auferstehung des Erlösers die Seelen der Apostel erschütterten. In einem Vortrage Über Weltenpfingsten, gehalten am 17 Mai 1923 in Kristiania schildert Rudolf Steiner den tiefen Schmerz, den die Apostel erleiden mussten, als die Himmelfahrt des Auferstandenen sich vor ihren Augen vollzog. In diesem tiefen Schmerze der Apostel können wir denjenigen Zustand der Seele wiedererkennen, der dann eintritt, wenn ein imaginatives Erlebnis entschwindet um einem höheren, inspirativen Erlebnisse Platz zu machen. Denn die Begegnungen mit Christus, die Seiner Auferstehung folgten, waren von einer imaginativen Art. Doch es vermochten die Jünger diese Imagination des Auferstandenen nach Verlaufe von vierzig Tagen nicht langer festzuhalten. Und so entschwand denn die lichtvolle Imagination, die sie schauen durften, die Imagination des Auferstandenen ihren Geistesblicken in der Himmelfahrt, und es bemächtigte sich ihrer das Bewustein einen unersetzlichen, unendlich schmerzlichen Verlustes. Zehn Tage lang dauerte dieser unermessliche Schmerz, diese Empfindung der eigenen Leere und Öde, der vollen geistigen Verlassenheit. Aber gerade diese zehn Tage des Schmerzes waren es, die die Apostel zum inspirativen Erlebnisse des Auferstandenen reif machten. Und erst am fünfzigsten Tage nach der Auferstehung, als die Seelen der Apostel reif dazu wurden, den Auferstandenen auch inspirativ zu erleben, konnte sich das heilige Pfingstmysterium ereignen. Denn durch das ständige Zusammensein mit dem Erlöser, durch die gewaltige ErschÜtterung, die Seinem Tode und Seiner Auferstehung folgte, durch die Begegnungen mit dem Auferstandenen und durch die Öde und Leere, die sich nach der Himmelfahrt ihrer Seelen bemächtigte, ist in ihrer geistig-seelischen Organisation eine wichtige Veränderung eingetreten, die es ihnen ermöglichte, das große Weltenfpingsten bewusst zu erleben. Diese geistig-seelische Veränderung bestand in einer Ausbildung der Manasorganisation, und zwar entfaltete sich dadurch nicht nur die Manasorganisation eines jeden einzelnen der Apostel, sondern auch eine Manasorganisation, die allen zwölf gemeinsam war. Dadurch wurden die zwölf, geistig betrachtet, zu einer grossen zwölfblätterigen Lotosblume, wobei ein jeder von ihnen je ein Blatt dieser allen ihnen gemeinsamen Lotosblume zur Entfaltung brachte. Diese allen Zwölf gemeinsame Lotosblume ist infolge eines besonderen Verhältnises der Apostel zueinander aufgewachsen. Wie wir ja wissen, entsprachen die Zwölf den zwolf Sternbildern des Tierkreises. Nun sind aber auch die zwölf Lotosblätter der zwölfblätterigen Lotosblume den zwölf Sternbildern des Tierkreises unterordnet. Daher können an Stelle der Lotusblätter auch die Namen der Zwölf gestellt werden. Andreas, Petrus, Jakobus, Johannes, Philippus, Thomas und alle Übrigen sind daher in der zwölfblätterigen Lotosblume eines jeden von ihnen auf eine ganz organische Art enthalten. Eben aus diesem Grunde und in diesem Sinne trug ein jeder von den Zwglf alle Übrigen in seinem eignen Herzen und vermochte bei der Bildung der gemeinsamen zwölfblätterigen Lotosblume mitzuwirken. Zugleich ist aber die zwölfblätterige Lotosblume als ein Ganzes bei jedem der Zwölf einem anderen Sternbilde unterordnet, wodurch zwölf

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-4- verschiedene Modifikationen der Zwölf entstehen, was im Ganzen einhundertvierunddvierzig Modifikationen ergibt. Und eben diese gemeinsame Manasorganisation der Zwölf war es, die beim heiligen Abendmahle als die zwölfblätterige Lotosblume der Apostelgemeinschaft um den Kelch herum aufblühte. Und sie war es auch, die zu Pfingsten vom Windhauche des heiligen Geistes in Bewegung gesetzt wurde. Nun hat aber die zwölfblätterige Lotosblume nicht nur zwölf Blätter, sondern auch einen Kelch als etwas, was allen zwölf Blättern gemeinsam ist, und zwar ist dieser allen zwölf Blättern gemeinsame Kelch die gottliche Weisheit Sophia. Und irdisch kam diese Gemeinschaft der zwölf in der göttlichen Weisheit Sophia dadurch zum Ausdruck, dass sie alle eine gemeinsame Liebe zur Mutter des Jesus, Maria, pflegten. Demnach kann diese allen Zwölf gemeinsame Manasorganisation als eine zwölfblätterige Lotosblume betrachtet werden, eine Lotosblume, deren Kelch Maria-Sophia ist. Und dieser gemeinsame Kelch war es, der vom heiligen Pfingstgeiste ausgefüllt wurde. Und wie die Sonnenstrahlen den Blumen Kunde von der Sonne bringen, so brachten die Strahlen des heiligen Geistes dieser gemeinsamen Lotosblume die Kunde von der Ohristussonne. So haben wir Christus als den Sich Offenbarenden, als eine Sonne oben uns vorzustellen und den Kelch der Sophia unten, und zwischen ihnen die Zwölf Strahlen des heiligen Geistes, der von der Christussonne ausgeht und in den Kelch der Sophia einströmt. Nun ist aber alles was in der geistigen Welt geschieht, nicht abstrakt, sondern wesentlich. So ist Christus ein ganz bestimmtes Wesen, das das Sohnes-Prinzip zu vertreten hat. Und ebenso ist ein ganz bestimmtes Wesen derjehnige, der den heiligen Geist vertritt. Daher haben wir allen Grund danach zu fragen, welches Wesen es war, das als der heilige Geist die Kunde vom Verstandenen den zwölf Aposteln brachte. Um dies zu erfahren, genügt es zu wissen, dass diesen Wesen zwischen der Sophia und dem Christus, oder richtiger gesagt, Über der Sophia und unter dem Christus steht. Nun ist aber Sophia, wie ich es schon einmal in einem Vortrag Über Sophia ausführte und wie es von Valentin Tomberg in seinen Betrachtungen Über das Alte Testament ebenso gesohildert wird, die HÜterin des allmenschlichen Manasprinzipes und Christus der HÜter des all- -5- menschlichen Atmaprinzips, des menschlichen Phantoms, der durch den Kreuzestod des Christus in den Auferstehungsleib sich verwandelte. Demnach müssen wir dasjenige Wesen, das am Pfingsten den heiligen Geist vertrat, zwischen diesen beiden Prinzipien suchen. Zwischen dem allmenschlichen Manas und dem Allmenschlichen Atma steht aber das allmenschliche Budhi-Prinzip. Nun ist aber, wie wir es auch aus den Anthroposophischen Betrachgen von Valentin Tomberg wissen,

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der Hüter des allmenschlichen Budhi-Prinzips Niemand anderer als dasjenige Erzengelwesen, das im nathanischen Jesus sich zum ersten mal auf Erden inkarnierte. Dieses Wesen ist es also, durch das die Christussonne auf die Zwölf wirkte. So sehen wir, dass genau so, wie Manas, Budhi und Atma miteinander verbunden sind, genau so sind in der grossen Pfingstoffenbarung Sophia, der nathanische Jesus und Christus miteinander verbunden. Sophia die gottliche Weisheit ist diejenige Schale, in die die Pfingstoffenbarung aufgefangen wird. Der nathanische Jesus ist der Bringer dieser Offenbarung. Und Christus ist das Sich Offenbarende. Man kann auch sagen, dass die Zwölf in ihre gemeinsame Manasorganisation, in die Schale der Sophia durch den nathanischen Jesus die Offenbarung vom Christus empfangen. Dabei ist die Manasorganisation der Zwölf schon etwas in der Gegenwart Verwirklichtes, während das Atma-Prinzip als Inhalt ihrer Offenbarung nur wie ein Ideal der entferntesten Zukunft ihnen vorschwebt. Und das Budhi-Prinzip, dessen HÜter der nathanische Jesus ist, verbindet für sie diese entfernteste Zukunft mit der bereits errungenen Gegenwart, Atma mit Manas. Es ist die BrÜcke, die vom Atma, aus der Zukunft, zum Manas in die Gegenwart führt. Und dieser geistige Wind, der aus einer entferntesten Zukunft in die Gegenwart weht, ist es, der die zwölfblätterige Lotosblume der Apostelgemeinschaft in Bewegung setzt. Was bedeutet aber, das die gemeinsame Lotosblume durch diesen Windhauch des heiligen Geistes, der vom nathanischen Jasus vertreten wird, in Bewegung gesetzt wurde? Nichts anderes bedeutet es, als eine einzigartige gemeinsame Einweihung der Zwölf, ein gemeinsames Erwachen ihrer Seelen im Geiste. Was den Inhalt dieser gemeinsamen Initiation der Zwölf anbetrifft, so bestand er in einem inspirativen Erleben der Geheimnisse des unsterblichen Auferstehungsleibe der grossen Geheimnisse des allmenschlichen Atmaprinzips, das einst am Ende der Weltgeschichte die Grundlage fÜr die wahre christliche Gemeinschaft aller Menschen, fÜr die swahre Weltkirche bilden soll. Denn es soll am Ende der Zeiten ein Zustand erreicht -6- werden, wo alle Menschen sich so intim gegenseitig durchdringen werden, wie die Zwölf am Pfingsten sich gegenseitig durchdrungen hatten. Dabei ist Pfingsten nicht nur ein inspiratives Erleben der zukünftigen Kirche, sondern auch ein Vorleben dieser erhabenen Zukunft. Denn es wurde von den Aposteln an diesem Tage dasjenige als ein flüchtiger Bewusstseinszustand vorgelebt, was einst zu einer dauernden kosmischen Wirklichkeit werden soll. Wie in einem Samenkorn die zukünftige Pflanze Ätherisch enthalten ist, so war im Erleben der Pfingstoffenbarung dasjenige ätherisch enthalten, was einst eine dauernde Wirklichkeit werden soll: das Sichdurchdrungenwissen aller in Christo. In Zusammenhang damit kann noch Folgendes hinzugefügt werden: es kann nämlich auf dem Wege der Geistesschulung eine wichtige Beobachtung gemacht werden, die sich auf die feineren Erlebnisse der Seele bezieht. Man kann nämlich auf diesem Wege erleben, dass ein jeglicher Gedanke, dem man sich moditativ hingibt, uns wenigstens auf kurze Zeit von unseren Nächsten trennt. Vertieft man sich in einen bestimmten Gedanken so ist man schon nicht mehr im Stnade seiner Nächsten

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zu gedenken. Und dennoch gibt es einen Gedanken, der diese Eigenschaft nicht besitzt, sondern im Gegenteil so ganz besonders dazu geeignet ist, uns mit unseren Nächsten zu verbinden. Und indem wir uns in diesen einzigartigen Gedanken vertiefen, brauchen wir keine Gewissensbisse zu haben und brauchen nicht zu bereuen, dass wir vergesslich und von der Menschheit abgeschlossen sind, denn indem wir uns in diesen einzigartigen Gedanken vertiefen, gedenken wir aller Wesen, wie der allerentferntesten, so auch der allernächsten. Dieser einzigartige Gedanke, der uns mit allen Wesen der Welt verbindet, ist der Gedanke an den Allmenschen, Christus. Nun kann man den Gedanken an Christus nicht nur denken, sondern auch in leben und auch aus ihm herauswirken. Anders gesagt, kann Christus vom Menschen nicht nur imaginativ, sondern auch inspirativ und intuitiv erlebt werden. Und es war das Pfingstmysterium ein inspiratives Erleben des grossen Christus-Welt-Gedanken in seinem Zunammenhange mit der ganzen Menschheit und mit der ganzen Welt. Und indem die Apostel aus diesem Christus-Gedanken handelten und wirkten, legten sie den Grundstein fÜr das intuitive Erleben den Christus-Gedankens, den Grundstein für die Christliche Weltkirche, deren unvollkommenes Abbild die irdische Kirche ist. Denn der grosse Christus-Gedanke ist es, in welchem alle Menschen in einer neuen, neutentamentlichen Weise sich zusammenfinden können. So wurde der Christus-Gedanke zugleich zum Gedanken der Kirche, zum Gedanken -7.- einer Gemeinschaft der in Christo Lebenden. Nun wurde die Welt von diesem erwachten Kirchenbewusstsein vor einer neuen erschütternden Tatsache hingestellt und diese neue Tatsache war dermassen neu und wunderbar, dass sie auch leicht verkannt werden konnte. Und sie wurde auch damals von vielen verkannt, die sie auf eine natürliche Weise als eine Folge der Trunkenheit zu erklären suchten. So wurde das Ergebnis einer hohen Warhheit als das Gegenteil davon, als Trunkenheit verhöhnt. Den Anlass zu dieser falschen Erklärung lieferte nicht nur der Zustand einer tiefen Freude, welche die Apostel empfanden, sondern auch ihre neue Gabe, fremde Sprachen zu verstehen und zu sprechen. Diese eigentümliche Gabe bestand darin, dass die vom heiligen Geist überschatteten Apostel hinter dem ausgesprochenen Worte das unausgesprochene Wort vernehmen konnten so, dass es für sie keine Bedeutung mehr hatte, welcher Sprache oder welchen Dialektes die sie umgebenden Menschen sich bedienten. Das unaubgesprochene Wort war es, worauf die Apostel hinhorchten. Und dieser unausgesprochenen Wort war das Christus-Wort. Und es war es auch, das Petrus stammelnd ausgesprochen hatte, als er sich inmitten der Zwölf erhob um die Zweifelnden zu überreden. Petrus begann damit, dass er sich auf die Worte den Propheten berief, in denen die letzten Tage der Weltgeschichte geschildert werden, und er stellte alsdann das Pfingstmysterium als ein Vorbild derjenigen Erlebnisse hin, die diese letzten Tage der Weltgeschichte auszeichnen werden. Eben in diesem Sinne muss man die Worte des Petrus auffassen und nicht etwa so, als ob er behauptet hätte, dass diese letzten Tage schon eingetreten sind. So geht Petrus in seiner Ansprache von einem gewaltigen Zukunftsbilde aus, das von ihm als eine allmenschliche Verwirklichung des Pfingstmysteriums hingestellt wird.

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Dann schildert Petrus den Kreuzestod des Erlössers und Seine nachfolgende Auferstehung und stellt dieses Mysterium als wahre Ursache der Pfingstoffenbarung hin. Und er schliesst seine Ansprache damit, daso er sich auf David beruft, als auf denjenigen, der die Auferstehung des Christus vorverkündet hat. Und nun bezieht Petrus sich diese Prophezeihung Davids auf den Auferstandenen. Der heilige Pfingstgeist gibt ihm die Fahigkeit, die Identität den Vorverkündeten mit dem Auferstandenen zu durchschauen. So wird das Pfingstmysterium zum ersten mal als eine Folge der Kreuzigung und der Auferstehung und diese letzteren ihrerseits als eine in ErfÜllung -8- gekommene Prophezeihung aufgefasst. Derjenige, den David vorverkündete, braucht nicht mehr erwartet zu werden. Er ist in der Welt bereits erschienen und dass er in der Welt erschienen ist, dies wird durch die wunderbare Tatsache der Pfingstoffenbarung bekräftigt und bestätigt. So wurde von Petrus in stammelnden Worten zum ersten Mal die erhabene Wahrheit von der dreifachen Offenbarung der Dreieinigkeit ausgesprochen, indem Petrus sich der gewaltigen kosmischen Veränderung, dem Übergang der Welt aus der ersten in die zwiete und in die dritte, in die geistige Hypostasie der göttlichen Dreieinigkeit bewusst geworden ist. Und gerade darin haben wir die Ursache für diejenige Wirkung, die seine Worte auf das Volk ausübten und die sie zu einem Grundstein den christlichen Kirchenbewusatseins machten. Wenn man auf diese Weise die Pfingstoffenbarung als eine gemeinsame Initation der Zwölf auffasst, eine Initation, die dazu bestimmt war, ein fernes Zukunftsideal, nämlich das höhere Kirchenbewusstsein vorzuleben, so muss mit einer inneren Notwendigkeit die Frage entstehen, wer bei dieser gemeinsamen Initation als der Initiator aufgetreten ist. Denn wie wir wissen, erfordert eine jede Einweihung einerseits eines Einzuweihenden und anderseits eines Initiators, der das höhere Wissen und die höheren Fähigkeiten dem Einzuweihenden Übermittelt. Ist es daher wahr, dass die Pfingstoffenbarung eine gemeinsame Einweihung der Zwölf war, so muss unbedingt ein Initiator da gewesen sein, der wenn auch nicht auf dem irdischen Plane, so doch im Geiste wirken konnte. Wir haben bereits erwähnt, dass vieles in der göttlichen Welt, so auch auf Erden geschehen musste, damit die grosse Pfingstoffenbarung stattfinden könnte, einerseits mussten gewaltige Veränderungen in Verhältnisse der göttlichen Dreieinigkeit zur Welt eintreten die darin bestanden, dass die göttliche Dreieinigkeit mit der dritten Hypostasie, mit der Hypostasie der heiligen Geistes, sich der Welt zukehrte. Anderseits aber mussten wesentliche Veränderungen in der Geistigseelischen Organisation der Zwölf geschehen, wodurch diese Organisation zu einer gemeinsamen zwölfblätterigen Lotosblume wurde. Durch die erste Veränderung, durch die Veränderung in der geistigen Welt wurde der nathanische Jesus fähig gemacht als der Bringer der

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-9- Kunde vom Christus, als der Vertreter des heiligen Geistes in neutestamentlichen Sinne für die Menschheit aufzutreten. Durch die zweite Veränderung, durch die Veränderung in der geistigseelischen Organisation der Zwölf vermochte Sophia als das empfangende Prinzip unter den Zwölf zu weilen. Nun musste aber das eine mit dem anderen vermählt werden. Und diese Vermählung des neuen Himmels mit der neuen Erde konnte durch denjenigen vollzogen werden, der vor dem Menschwerden des Christus am tiefsten sich an Ihn sehnte und der während des Mysteriums von Golgatha aus den geistigen Welten die kosmische Bedeutung dieses heiligen Mysteriums schauen durfte. Auch konnte nur derjenige als ein Initiator bei dieser Vermählung des neuen Himmels mit der neuen Erde wirken, der neben der Sophia und dem nathanischen Jesus dem Christus am nächsten stand. Und uns ist ein Menschengeist bekannt, der ebenso nahe dem Christus steht, wie Sophia und der nathanische Jesus, und zwar ist es der solomonische Jesus. Denn am meisten von allen Menschenwesen hat der solomonische Jesus das Himmlische dem Irdischen und das Irdische dem Himmlischen nahegebracht. Er war es auch, der das Mysterium von Golgatha aus der geistigen Welt heraus in seiner ganzen Tragik und seiner ganzen unendlichen Tiefe erlebte, wie es nur die Wesenheiten der geistigen Welt erleben konnten. So wurde ihm die ganze kosmische Bedeutung des Mysteriums von Golgatha offfenbart, wie es nur ihm allein die unermessliche Tragik der Erdenevolution vor der Verkörperung des Christus offenbart wurde. Und jetzt war es es, der die kosmische Bedeutung des Christentums der irdischen Menschheit Übermitteln konnte, als ein Vermähler des Himmels und der Erde durch die Zwölf, die sich am Pfingsten zusammengefunden haben, wenn es aber auch wahr ist, dass die Pfingstoffenbarung eine richtige Einweihung der Zwölf war, bei welcher auch ein Initiator mitwirkte, so muss man dennoch feststellen, dass wir in diesem Falle mit einer unvollständigen Einweihung zu tun haben. Denn es konnte ein jeder von den Zwölf nur je ein ZwöIftel der gesamten Pfingstoffenbarung aufnehmen. Um das Geheimnis im Ganzen zu erfassen, müssten die Zwölf sich zu einer intuitiven Erkenntnis erheben. Doch, wie wir es schon sagten, vermochten die Zwölf das grosse Mysterium des Auferstandenen nur inspirätiv zu erleben. Für das Erlangen einer Intuitiven Erkenntnis vom Auferstandenen müsste inmitten der Zwölf noch -10.- ein Dreizehnter wirksam sein, ein Dreizehnter der fähig wäre nicht nur ein Zwölftel der Pfingstoffenbarung, sondern das Ganze in seiner Totalität zu erfassen. Mit anderen Worten musste dieser Dreizehnter sich mit Christus nicht nur inspirativ sondern auch intuitiv verbunden wissen. Nun wird ja dieser Dreizehnte, wie wir es wissen, in der Apostelgeschichte nicht erwähnt. Und dennoch musste er in irgend einer Weise am Pfingstmysterium teilgenommen haben, denn nur in ihm konnte die Initiation ihre Vollendung finden.

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Unsere Aufgabe würde nun darin bestehen, festzustellen wer dieser Dreizehnte war. Um dies festzustellen, müssen wir uns zunächst fragen, im wessen Hause das Pfingstmysterium stattgefunden hat. Die Antwort kommt von selbst, wenn wir uns im die Seelen der Jünger einleben wollen. Wohin konnten sich die Apostel am meisten zurüucksehene, nachdem der Erlöser sie verlassen hat? Wo konnten sie ihre Zusammengehörigkeit am stärksten erleben, wenn nicht dort, so die vor dreiundfünfzig Tagen vorher mit dem Erlöser zum letzten mal das Abendmahl genossen haben und wo die grosse Verkündigung vom tröstenden Geiste aus dem Muunde des Christus erklang? Wo konnte es noch sein, wenn nicht in dem Hause, wo die Zwölf aus dem heiligen Becher das Wein des Abendmahls tranken? Mit grosster Wahrscheinlichkeit kann man daher annehmen, dass es das Haus derjenigen war, der im Besitze des heiligen Bechers war, aus welchem die Apostel tranken und in welchen bald nachher das heilige Blut des Erlösers aufgefangen wurde. Nun war es aber Joseph von Arimathia, der das Blut des Erlösers in den Becher des Abendmahls auffing. Und mit höchster Wahrscheinlichkeit kann man daher annehmen, daso er auch der Besitzer des Kelches war und dase dieser Kelch in seinem eigenen Hause aufbewahrt wurde. Und eben dieses Haus des Joseph von Arimathia war es, wo, wie wir es mit der grössten Wahrscheinlichkeit annehmen können, das grosse Pfingstmysterium stattgefunden hat. Joseph von Arimathia war es also, der die Initation der Zwölf zur Vollendung brachte. Während die Zwölf die Pfingstoffenbung als eine Inspiration verteilt erlebten, erlebte Joseph von Arimathia sie als ein Ganzes intuitiv. Mann könnte auch sagen, dass dieses Pfingstmysterium nicht nur im Hause des Joseph von Arimathia, sondern auch in seinem eignen Geiste sich -11.- vollzogen hat. In seinem Geiste beherbergte er alle Zwölf. So wurde er selbst zum Hause, wo sich das Pfingsmysterium ereignet hat. Somit ist das Pfinstmysterium seinem Wesen nachs das Mysterium einer gemeinsamen Einweihung der Zwölf im Dreizehnten. Und wenn wir dies annehemn, so wird für uns das Pfingstmysterium in einer wunderbaren Weise zum gemeinsamen Ausgangspunkt wie der exoterischen, so auch der esoterischen Tradition, der exotorischen, die in den den Worten das Petrus zum Ausdruck kommt und der esoterischen, die durch das Schweigen des geheimen SchÜlers des Christsus, des Ahnherrn des Graalsgeschlechtes, Joseph von Arimathia sich kundgibt. In dieser Weise enthält sich in die grosse Pfingstoffenbarung wie den Samen der kirchlichen Gemeinschaft, so auch den Samen des Graalgeschlechtes. Von hieraus trennen sich diese beiden Stömungen des Christentums. Die exoterische kirchliche Strömug breitet sich immer mehr und mehr in der Menschheit aus, muss aber dafür allmählich ihren geistigen Inhalt einbüssen und sich immer mehr veräusserlichen. So z.B. das Auferlegen der Hände, durch das von den Aposteln die Gnade des heiligen Geistes übermittelt wurde, zu einer rein äusserlichen formellen Handlung.

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Die zweite, die esoterische Strömung des Graalgeschlechtes dessen Ahnherr der Dreizehnte war, behält zwar im Laufe fast eines ganzen Jahrtausends ihre esoterische Bedeutung, muss aber dafür auf eine Verbreitung verzichten. Nun wird aber noch eine Zeit kommen und zwar in der sechsten Kulturepoche, wo die allmenschliche christliche Strömung auch esoterisch und andererseits das esoterische Wesen des Pfingstmysteriums für die weiten Schichten zugleich werden wird. Denn wird eine esoterische Kirche entstehen können, die das Wesentliche der heute bestehenden Kirche mit dem Wesentlichen einer esotorischen Strömung in sich vereinen wird. Dann wird das Pfingstfest nicht nur von einer kleinen Gemeinde erlebt und gefeiert werden können, sondern von einer ganzen Kultur, wobei nicht mehr zwölf Persönlichkeiten, sondern zwölf Menschenströmungen die gemeinsame Manasorganisation, die dazu nötig ist, entfalten werden. Und endlich zum Schluss der Erdenevolution wird diese gemeinsame Manasorganisation aus "Tausenden" bestehen, die den einzelnen Blättern -12.- der zwölfblätterig Lotosblume in den Zwölf Stämmen des ewigen Israels entsprechen werden, was im Ganzen die apokalyptischen Einhundertvierundvierzig Tausend ergibt. Demnach steht Pfingsten am Anfange eines gewaltigen geistigen Entwicklungsstromes, der erst am Ende der Erdengeschichte seinen Abschluss finden wird. Indem die Menschheit sich immer mehr und mehr in die zur Welt zugekehrte geistige hypostasie der göttlichen Dreieinigkeit einleben wird, wird sie durch den Geist erst zum Sohne und dann zurück zum Vater geführt. Fragt man sich, ob diese Entwicklung ununterbrochen verlaufen wird, dann wird man sehen, dass das grosse Weltpfingsten nur allmählich in abwechselnden Ebbe und Flut von der Menschheit erfasst werden kann. Denn es gibt in der Geschichte der Menschheit Zeiten der Ebbe und die der Flut. Und jedesmal, wenn eine Zeit der Ebbe einbricht, werden von den grossen Führern der Menschheit solche Bedingungen geschaffen, bei welchen eine geistige Flut als Wiederholung der Pfingstoffenbarung eintreten kann. So wiederholen sich die Pfingstoffenbarungen rhytmisch wie die grossen geistigen Atemzüge der Menschheit an den grossen Zeitenwenden, wenn das geistige Leben der Menschheit zu versickern droht. Und diese grossen geistigen AtemzÜge der Menschheit worden sich solange fortsetzen, bis die ganze Menschheit im Stande sein wird, das grosse Weltenpfingstenzu erleben. So war z.B. eine Art Pfingsten in der Geschichte der Menschheit eingetreten, als Parsival den Graal erneuerte. Und ebenfalls war es ein Pfingsten, als das Rosenkreuzertum in der Welt erschien. Denn damals wirkten ebenfalls die Zwölf und der Dreizehnte in ihrer Mitte. Was sind es nun für Bedingungen einer Pfingstoffenbarung? Es sind genau dieselben Bedingungen, die dem evangelischen Pfingsten vorangingen. Damit sich eine Pfingstoffenbarung ereigne, muss erst die Manasorganisation ausgebildet werden und zwar nicht nur eine individuelle, sondern auch eine gemeinsame Manasorganiaation. Es muss eine gemeinsame zwölfblätterige Lotosblume aufwachsen und aufblühen

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können oder anders gesagt, müssen sich zwölf Persönlichkeiten oder auch zwölf Strömungen mit dem Dreizehnten in ihrer Mitte in Liebe zusammenfinden. Ferner muss Sophia als der allen Zwölf gemeinsamer Kelch unter ihnen weilen. Und dieser allen Zwölf gemeinsamer Kelch, der eigentlich dem Dreizehnten gehört, muas von der Gnade des nathanischen Jesus erfÜllt werden. -13.- ????????????????????????????????????? -14.- mit dem Dreizehnten in ihrer Mitte in Liebe zusammenfinden. Ferner muss Sophia als der allen Zwölf gemeinsamer kelch unter ihnen weilen. Und dieser allen Zwölf gemeinsamer Kelch, der eigentlich dem Dreizehnten gehört, muss von der Gnade des nathanischen Jesus erfüllt werden. Und enlich musss auch Meister Jesus als der eigentliche Initiator dieser gemeinsamen Einweihung wirksam sein. Sind diese bedingungen erfüllt, so aknn sich das heilige Pfingstmysterium an einem bestimmten Zeitpunkte wiederholen. Doch sind diese Vorbereitungen immer mit einem tiefen Schmerzen verbunden. Ein gemeinsames Schuldgefühl f die Kreuzigung und das Bewusstsein eines unersetzlichen Verlustes infolge des Entschwindens der Imagination des Auferstandenen aus dem Bewusstsein der Menschheit muss in seiner ganzen tragischen Tiefe erlebt werden können. Eine schmerzvolle Seelenleere muss dann bei denjenigen eintreten, die dazu berufen sind, die Manasorganisation zu entfalten. Auch muss ein karmischer Bund dieser Manasmenschen entstehen können. Sie müssen im Geiste einander aufsuchen und tiefe Liebe einander entgegenbringen, denn nur dann kann Sophia unter ihnen walten. Dies sind die Zeichen einer nahenden Pfingstoffenbarung. Und wenn es auch durchaus wahr ist, dass der Geist atmet, wo er will, so müssen die Menschen dennoch dazu reif gemacht werden, um mit dem Geiste mitzuatmen. Denn die Pfingstoffenbarung ist ein von der Gottheit ausgeatmeter und von der Menschheit eingeatmer Geist. Und es umhaucht uns den Atem der Ewigkeit, wenn wir uns in das Pfingstmysterium vertiefen, im Geiste wachzuwerden, mit der Ewigkeit mitzuatmen, dies ist die Forderung, welche das Pfingstfestan uns stellt, damit wir schon jetzt die grosse Weltenzukunft vorleben und mit einander in wahrer christlichen Liebe zum Fortschritt der Menschheit wirken dürfen. Nikolai Belozwetow 17 Mai 1938, Riga