Beobachtungen an schlafenden Aktivatorträgern

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Max Gerber, Beobachtungen an sehlafenden .M~tivatortr/igern 205 52. Sehenderlein,I., und H. Vetter, Fortschr. Kieferorthop. 15, 277. -- 53. SehrS- dinger, E., Vfas ist Leben? Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet. Miinchen 1951. -- 54. Sehuricht, H., Fortschr. Kieferorthop. 14, 92. -- 55. Schwarz,A.M.. Lehrgang der Gebigregelung V. Berlin und Wien 1944. -- 56. Ders., Fortsehr. Kiefer- orthop. 15, 248. -- 57. Ders., Fortsehr. Kieferorthop. 16, 42. -- 58. Testa, I., Naturw. Rdsch. 8, 360. -- 59. TSndury, G., Naturwiss. 42, 312. -- 60. Warburg, 0., Naturwiss. 4O, 493. -- 61. Ders., Naturwiss. 42,401. -- 62. Weber, H., Naturwiss. 40,270. -- 63. Wei- del, W., Xaturwiss. 39, 55. -- 64, Naturwiss. 40, 101. -- 65. Naturwiss. 4~, 325. Anschriftd. VerL: Oclsnitz(Vogtland), Schillerstr. 1 Aus dem ZahnArztliehen Institut der Universit/~t Bern, Orthodontische Abteihmg (Prof. Dr. P. Herren) Beobaehtungen an sehlafenden Aktivatortriigern Von Dr. }Iax Gerber, Wabern {Bern} Mit 18 Abbildungen Der Aktivator als binlaxill/ires Regulierungsger/it wird in der Regel naehts getragen. Eingehende Kenntnisse seiner Wirkungsweise sind unerl/iglich ffir die praktische Anwendung. Au[~erdem sind sie inl Hinblick auf die Auseinander- setzung zwischen der sog. Funktionskieferorthopiidie und der klassischen Ortho- dontie yon hohem theoretischem Interesse. Es bestehen jedoeh sehr groge Wider- spriiche in den Auffassungen hieriiber. Nueh Andresen-H~tupl verursacht der an sich passive Aktivator eine er- hShte T~tigkeit der K~umuskulatur, welche sieh in Be w egu n ge n des Apparats iiul~ern sell. Der immer wieder bewegte Aktivator erteile den Z/~hnen St6ge, wodurch diese in Sehwingungen und das paradentale Gewebe in Erseh/itterungen gerate, wan allein die adiiquaten Reize zum Gewebsumbau vermittle. Nicht der ruhende, sondern der b e w e g t e Apparat sei wirksam. Da der Aktivator nicht z wi- sehen den Z/ihnen eingeklemmt sei, verm6ge er aueh keinen Druek auszuiiben: alleinige Quelle der Reize ftir den Gewebsmnbau sei die Muskulatur. Druek verm6ge iiberhaupt keinen orthodontischen Gewebsumbau zu bewirken. Auf Grund dieser Theorie wird eine spezielle Yunktionskieferorthop/idie (FKO) yon der herkSmmliehen Orthodontie abgespalten und in scharfen Gegensatz zu dieser gestellt. Sie erhebt den Ansprueh, die allein biologische Art und Weise der Kieferregulation zu sein. A.M. Sehwarz bestreitet die Anschauungen Andresen-H/~upls: Bezfig- lieh der Aktivatorwirkungsweise stellt er die Druekausiibungen durch aktive s Zusammenbeigen der Kiefer in den Vordergrund. Daneben rtihren leiehtere Druckapplikationen yon wenigen Gramm yon der Zunge und veto Gewicht des Aktivators her. Der Unterkiefer werde dutch das Get,it in vorgesehobener ,,Ruhe-Schwebe" gehalten und oft auch durch das Kissen hoehgesttitzt. Wahrend des Schlafes bleiben die Kiefer, abgesehen yon kurzen Unterbrechungen, in Ruhe. Die wenigen St6ge seien bedeutungslos, dagegen werde der Druek dutch die im Muskel ablaufenden tetanisehen Vorgi~nge in ,,rasend raseh an- und ab- sehwellende" Krafteinwirkungen auf das Gewebe aufgespaiten (}[ikrointer- mittenz). Dies gelte aueh fiir die aktiven tlegulierungsapparate. Jedes im Munde befindliehe Ger~t werde so in Ersehiitterungen versetzt, die sieh auf die Um- gebung aim eine Art ,.Erbeben" fortpflanzen. Naehdem A. ~[. Schwarz sehon Fortschritte der Kieferorthopiidie Bd. 18. lI. 3 14

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Max Gerber, Beobachtungen an sehlafenden .M~tivatortr/igern 205

52. S e h e n d e r l e i n , I . , und H. Ve t t e r , Fortschr. Kieferorthop. 15, 277. - - 53. SehrS- d inger , E., Vfas ist Leben? Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet. Miinchen 1951. - - 54. Sehur i ch t , H., Fortschr. Kieferorthop. 14, 92. - - 55. Schwarz,A.M.. Lehrgang der Gebigregelung V. Berlin und Wien 1944. - - 56. Ders., Fortsehr. Kiefer- orthop. 15, 248. - - 57. Ders., Fortsehr. Kieferorthop. 16, 42. - - 58. Tes ta , I., Naturw. Rdsch. 8, 360. - - 59. T S n d u r y , G., Naturwiss. 42, 312. - - 60. W a r b u r g , 0., Naturwiss. 4O, 493. - - 61. Ders., Naturwiss. 42,401. - - 62. Weber , H., Naturwiss. 40,270. - - 63. Wei- del, W., Xaturwiss. 39, 55. - - 64, Naturwiss. 40, 101. - - 65. Naturwiss. 4~, 325.

Anschrift d. VerL: Oclsnitz (Vogtland), Schillerstr. 1

Aus dem ZahnArztliehen Institut der Universit/~t Bern, Orthodontische Abteihmg (Prof. Dr. P. H e r r e n )

Beobaehtungen an sehlafenden Aktivatortriigern Von Dr. }Iax Gerber, Wabern {Bern}

Mit 18 Abbildungen

Der Akt iva tor als binlaxill/ires Regulierungsger/ i t wird in der Regel naehts getragen. Eingehende Kenn tn i s se seiner Wirkungsweise sind unerl/iglich ffir die praktische Anwendung. Au[~erdem sind sie inl Hinbl ick auf die Ause inander - setzung zwischen der sog. Funkt ionskieferor thopi id ie u n d der klassischen Ortho- dontie yon hohem theoret ischem Interesse. Es bes tehen jedoeh sehr groge Wider- spriiche in den Auffassungen hieriiber.

Nueh A n d r e s e n - H ~ t u p l verursach t der an sich passive Akt iva tor eine er- hShte T~tigkeit der K~umusku la tu r , welche sieh in Be w e g u n ge n des Appara t s iiul~ern sell. Der immer wieder bewegte Akt iva to r erteile den Z/~hnen St6ge, wodurch diese in Sehwingungen u n d das paraden ta le Gewebe in Erseh / i t t e rungen gerate, wan allein die adi iquaten Reize zum Gewebsumbau vermit t le . Nicht der ruhende, sondern der b e w e g t e Appara t sei wirksam. Da der Akt iva to r nicht z wi- sehen den Z/ihnen eingeklemmt sei, verm6ge er aueh ke inen Druek auszui iben: alleinige Quelle der Reize ftir den Gewebsmnbau sei die Muskula tur . Druek verm6ge i iberhaupt ke inen or thodont ischen Gewebsumbau zu bewirken. Auf Grund dieser Theorie wird eine spezielle Yunktionskieferorthop/idie (FKO) yon der herkSmmliehen Orthodont ie abgespal ten und in scharfen Gegensatz zu dieser gestellt. Sie erhebt den Ansprueh, die allein biologische Ar t u n d Weise der Kieferregulat ion zu sein.

A.M. S e h w a r z bes t re i te t die Anschauungen A n d r e s e n - H / ~ u p l s : Bezfig- lieh der Akt ivatorwirkungsweise stellt er die Druekaus i ibungen durch a k t i v e s Zusammenbe igen der Kiefer in den Vordergrund. Daneben rt ihren leiehtere Druckappl ika t ionen yon wenigen Gramm yon der Zunge und veto Gewicht des Akt ivators her. Der Unterkiefer werde du tch das Get,it in vorgesehobener , ,Ruhe-Schwebe" gehal ten u n d oft auch durch das Kissen hoehgesttitzt. W a h r e n d des Schlafes bleiben die Kiefer, abgesehen yon kurzen Unte rb rechungen , in Ruhe. Die wenigen St6ge seien bedeutungslos, dagegen werde der Druek dutch die im Muskel ab laufenden te tan isehen Vorgi~nge in , ,rasend raseh an- u n d ab- sehwellende" Kra f t e inwi rkungen auf das Gewebe aufgespai ten (}[ikrointer- mittenz). Dies gelte aueh fiir die ak t iven t legul ierungsappara te . Jedes im Munde befindliehe Ger~t werde so in Erseh i i t t e rungen versetzt , die sieh auf die Um- gebung aim eine Art , .Erbeben" fortpflanzen. Naehdem A. ~[. S c h w a r z sehon

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frtiher hie einen prinzipiellen Unterschied zwischen einer schonenden aktiv- orthodontischen Behandlung und dem Verfahren naeh A n d r e s e n - H a u p l an- erkannt hatte, stellte er mit diesen Ansehauungen die beiden Riehtungen erneut auf dieselbe Basis. Er setzte einem Kind wahrend einer Nacht einen Aktivator ein, der bei jedem Kieferschlu6 eine elektrische Kontaktlampe aufleuchten liel3. Es ]ieBen sieh 120 Kontaktanderungen feststellen, einmal hielt der Kontakt- sehluB ununterbrochen 4 Stunden an.

Auf der anderen Seite suchte E s c h ] e r die FKO-Theorie A n d r e s e n - H a u p l s dureh muskelphysiologische Experimente zu sttitzen: Er ]eitete die Aktions- strSme yon KaumuskeIn sehlafender Kinder ab, vergleiehsweise ohne bzw. mit eingesetzten und versehieden konstruierten Aktivatoren. Teilweise wurde zu- satzlich wie bei A. M. S c h w a r z ein Elektrokontakt angebraeht, der bei Beriih- rung ein Lampehen aufleuehten liel3. E s c h l e r fand bei den Versuehen mit Akti- vatoren erh5hte AktionsstrSme im Vergleich zu denjenigen ohne das Gerat. Aueh glaubte er, ein Aufleuehten der Kontaktlampe synchron mit den Aktionsstrom- zaeken feststellen zu kSnnen, was er als Beweis ftir die Riehtigkeit der A n d r e s e n - H a u p l schen Theorie wertet.

Durch H e r r e n werden die Ausfiihrungen H a u p l s und E s e h l e r s einer kriti- sehen Betrachtung unterzogen. Er analysiert erstmals systematiseh das funk- tionelle Milieu des Aktivators, die Veranderungen, weiehe dieses dureh den Apparat erleidet und die Krafte, die dadurch entstehen. Seinen Anschauungen liegen auBerdem ahnliche Beobaehtungen an sehlafenden Aktivatortragern zu- grunde, wie sie nachfolgend besehrieben werden. Nach einer eigenen Zusammen- fassung seiner Arbeit laufen am Kauorgan withrend 8 - 9 Stunden Sehlafes nur etwa 30 Min. siehtbare Bewegungen versehiedener Art ab, verteilt tibet' die ganze Naeht und am Morgen vor dem Erwachen am haufigsten. Dureh den Aktivator wird die Bewegungsfrequenz kaum erh6ht, die Sehlafhaltung erseheint unbeein- flugt und zufallig. Wiihrend der welt tiberwiegenden Ruhezeiten befinden sieh die bewegliehen Teile des Kauorgans in der Regel in einer p a s s i v e n Ruhelage. Der Aktivator hindert sie jedoeh daran, ihre unter nattirliehen Verh~iltnissen zukommende Ruheposition einzunehmen. So halt er beispielsweise beim seit- lieh liegenden Trager eines Distalbisses den Unterkiefer in einer zwangsweisen Vorbii3stellung und erlaubt ihm die nattirliehe Absink- oder Aufstfitzbewegung naeh der Seite nieht.

Diese beiden gleiehzeitigen Effekte des einfach gewahlten Beispiels iiberlagern sieh. Da der Unterkiefer die Tendenz hut, dennoeh seine, dutch die momentane Umgebungsverhiiltnisse vorgesehriebene Lage einzunehmen, wird 'der ApparaI~ intermaxillitr verklemmt, und zwar zwisehen zwei Abstiitzzonen, die sieh im Ober- und Unterkiefer diagonal gegentiberliegen und ihren Oft und ihre Gestalt je naeh der Sehlaflage und der Haltung des Kauorgans weehseln. Naeh dem Gesetz yon aetio und reaetio fibernimmt der Aktivator nun aus dem Feld des Unterkiefers die Kr~fte, die diesen dislozieren m6ehten und leitet sie als Druek- applikationen auf die Zahne und Alveolarfortsatze tiber: Sie verteilen sieh auf die beiden Absttitzzonen, wirken dort in reziproker Weise und werden dureh die ausgesparten Ftihrungsflaehen sowie dutch weitere Fiihrungselemente selektiv auf die Ziihne tibertragen.

Die Eigensehaften der variablen Kraftaufkommen hangen yon den momen- tanen Verhaltnissen ab: Tonusspannung der Aufhangemuskulatur, Sehwerkraft, innere und au6ere Ftihrungen, V~eiehteilwirkungen yon Zunge, Lippen und Wange addieren sieh mehr oder weniger zur vorherrsehenden Wirkung des Unterkiefers.

Max Gerber, Beobachtungen an schlafenden AktivatortrKgern 207

Die Steuerung des Kraftaufkommens dureh den individuell gestalteten Kon- struktionsbig wird bei diesem dynamisehen System modifiziert dureh die zu- fiilligen Sehlafhaltungen. Eine allfiillig erhShte Tiitigkeit gewisser Teile der ~'VIuskulatur i~ugert sieh als Tonussteigerung, der aber entspreehende Tonus- setfl~ungen ihrer Antagonisten gegeniiberstehen. Neben dem Tonus und den anderen erwi/hnten Faktoren spielt die Sehwerkraft eine wiehtige Rolle. Das wirksame Gewieht des Unterkiefers mit Zunge und Aktivator kann mit etwa 200 -250 g angenommen werden. Es ist naeh Abzug der inneren Reibung gleich- grog wie der Tonus der aufh/i, ngenden MuskelbSmder, da diese ja der Schwere unter natiirlichen Verh~,ltnissen das Gleichgewicht halten mfissen, Neben den zeitlich weir iiberwiegenden Druckapplikationen wSohrend der passiven Ruhe- lage werden auch aktive Druckausfibungen auf die Zi~hne iibertragen, die yon Bewegungsst6[3en (H ~up 1) oder yon allf~llig aktivem Zusammenpressen (A. M. S ehwarz ) herrfihren. Naeh den vorliegenden Beobaehtungen sind diese jedoeh qualitativ viel geringer.

In bezug auf die Gewebswirkungen lassen sieh beim Aktivator zusammen- fassend zwei versehiedene Prinzipien feststetlen: ein wirksames Prinzip, ver- k6rpert dureh die Addition aller Druckapplikationen auf einen bestimmten Einwirkungsort in der Zeiteinheit und in ein sehonendes Prinzip, das sieh aus den ,,3fakro"-Intermittenzverh~ltnissen mit ihren Unterbreehungen und Weehseln der Druekapplikationen ergibt. Auf dem aktiven Bewegungsverhalten beruht viel eher das entlastende, sehonende und auf dem passiven Ruheverhalten mit seinen Verklemmungseffekten viel eher das wirksame Prinzip.

Beobaehtungen fiber das Verhalten yon Sehl/~fern, je mit und ohne Aktivator, sind zur AbklS~rung der strittigen Probleme yon grol]er Bedeutung; sie sind ge- eignet, eine Vorstetlung der beim Tragen des Aktivators herrsehenden Bedin- gungen zu vermitteln. Besonders interessiert die Beantwortung folgender Fragen :

Wie verhalten sieh Bewegungen und l~uhelagen am Kauorgan zeitlieh zu- einander? Erfolgt dureh das Tragen eines Aktivators eine Versehiebung in diesem Verhi~ltnis im Sinne einer Anregung zu siehtbarer Bewegung?

Wie verhalten sieh aktive und passive Ruhelage der Kiefer zueinander? Regt das Tragen eines Aktivators die Einnahme yon aktiven Ruhe]agen an (Zusammen- beigen, Pressen der Z/thne aufeinander)?

Wie ist das allgemeine Lageverhalten der Kinder im Sehlaf; gibt es besondere, individuell bevorzngte Sehlaflagetypen?

Besteht bei oftener Mundhaltung auch Mundatmung? tlegt der Aktivator zur Nasenatmung an? Bestehen Zusammenhiinge zwisehen Kopfhaltung und Mundhaltung .~

Gibt es Untersehiede im Verhalten sofort naeh dem Einsetzen des Aktivators und spgter naeh Angew6hnung?

Welehe Zusammenhiinge bestehen zwisehen den allgemeinen Einfliissen, wie gesundheitliehe Disposition, Mfidigkeit, Aufregungen wi~hrend des Tages usw. und dem Verhalten des Aktivatortriigers?

Gibt es Patienten, welehe spezielle St6rungen im Aktivatortragen zeigen ~, Es erseheint besonders wiehtig, das normale individuelle Verhalten des Akti-

vatortr/igers dureh die Beobaehtungsanordnung m6gliehst wenig zu stSren. An Stelle yon experimentellen Untersuehungen wurde deshalb die naehfolgend be- sehriebene biologisehe V e r h a l t e n s f o r s e h u n g durehgeffihrt.

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208 F o r t s c h r i t t e der K ie f e r o r t hop~d ie Bd. 18 H. 3 (1957)

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210 Fortschritte der Kieferorthop/idle Bd. 18 H. 3 (1957)

Allgemeines zum Beobachtungsverfahren Es wurden 10 Aktivatortr~iger ohne ihr Wissen an ihren gewohnten Sehlafst/itten

beim Schein einer Taschenlaterne wghrend je einer halben Stunde beobachtet. Aus praktischen Griinden fielen die Beobachtungen in die Zeit yon 20,00 bis

23,00 Uhr, also etwa 1 - 3 Stunden nach dem Zubettegehen. 1. B e o b a c h t u n g s s e r i e : Je drei Beobachtungen o h n e Aktivator. Diese

erfolgten in der Regel innerhalb einer Woche. 2. B e o b a c h t u n g s s e r i e : Je drei Beobachtungen m i t Aktivator, mSglichst

anschlieftend an die erste Serie. Ihr Beginn war jedoch abh~tngig vom st6rungs- freien Tragen des Aktivators. In 5 F/~llen (Nr. I, VI, VI I I , IX, X) war die Be- obachtung schon in der ersten Nacht m6glich, in den 5 weiteren Fiillen erst nach einigen Tagen, da die Kinder den Aktivator unbewugt im Schlafe entfernten. Die je drei Beobachtungen dieser Serie erfolgten in der Regel ebenfalls innerhalb einer Woche.

3. B e o b a c h t u n g s s e r i e : Je drei Beobaehtungen mit Aktivator etwa 4 Wo- chen nach der zweiten Beobachtungsserie. Vorwegnehmend sei erwS~hnt, da[t sich keine wesentlichen Unterschiede zwischen der zweiten und der dri t ten Be- obachtungsserie ergaben. Deshalb wurde die dritte Serie auf 2 Patienten (Nr. I. I I ) beschr~tnkt.

Zur Therapie ihrer Dysgnathie erhielten alle Patienten (welche ausnahmslos das Syndrom Protrusion-Kieferkompression-Distalbig aufweisen) einen Aktivator, der unter strenger Beachtung der Regeln der FKO hergestellt wurde.

Aktivatorkonstrukt ion: Kunstharz, Dehnschraube, Labialbogen, Konstruk- tionsbig : vertikal 2 - 4 ram; sagittal: Aktivierung um 1 .;_ 1 Priimolarenbreite; transversal :evtl. Ausgleich dcr .~'[itte, typischer Einschleifinodus, rein passive Ver- wendung.

Das Patientengut Um l0 Aktivatortriiger zu finden, bei denen sich das vollst/indige Unter-

suchungsverfahren durchfiihren ]ieft, mul~ten 22 Kinder in Beobachtung ge- nommen werden: 8 wurden dutch die Anwesenheit des Beobachters geweckt und 4 entfernten den Aktivator stets aus dent Mund, sie eigneten sich nicht fiir diese Untersuchung.

Unter den 10 beobachtbaren Aktivatortr/igern teilten 8 ihr Schlafgemach mit anderen Individuen (Tabelle I). Es befand sich kein einziges Einzelkind unter ihnen, unter den 12 Nichtbeobachtbaren dagegen 4. Die l0 Beobachtbaren, 5 Knaben und 5 M~dchen im Alter yon 5 - 1 3 Jahren, unterschieden sich sowohl in ihrer Herkunf t und Umwelt, als auch in ihren psychischen und physischen Eigenschaften sehr stark (Tabelle I).

Systematik der einzelnen Be0bachtung l. Anfrage an die Eltern betreffend den heutigen Gesundheitszustand und

evtl. besondere Vorkommnisse w~ihrend des Tages. 2. Best immung der , , U m g e b u n g s s i t u a t i o n " des Kausys tems (Ausgangs-

lage): Festlegung der Lage des Oberk6rpers und des Kopfes nach 3 Bezugs- systemen :

[ B e z u g s s y s t e m I (s. Beispiele Abb. 1 und 2). Ffir Rotat ionen des OberkSrpers und des Kopfes um die K6rperliingsachse. Blickrichtung des Beobachters yore FuBende gegen das Kopfende des Schl~ifers.

B e z u g s s y s t e m I I (s. Beispiele Abb. 3 bis 6). Fiir sagittale Flexionen des Kopfes.

M a x G e r b e r , B e o b a c h ~ u n g e n a n s c h l a f e n d e n A k t i v a t o r t r a g e r n 211

Abb. 1 Abb. 2

Abb. 1 und 2. K6rper- und Kopflage im Bezugssystem I

Abb. 3 Abb. 4

Abb. 5

Abb. 3 bis 6. Xopflage im Bezugssystem 11

Abb. 6

212 Fortschritte der Kieferorthol~die Bd. 18 H. 3 (1957)

B e z u g s s y s t e m I I I (s. Beispiel Abb. 7 und 8). Ffir Flexionen des Kopfes nach lateral.

Zur mSglichst raschen P r o t o k o l l i e r u n g wird eine besondere Lageformel angewendet. Dies ermSglicht es, durch einfache Symbole die beobachteten Positionen festzuhalten. Diese Lageformel besteht aus den folgenden 4 Indizes:

OberkSrper Kopf im im System I System I

Sie heil]t etwa ffir das Beispiel Abb. 3 : /12!12/60v/0/

Kopf i m Kopf im System II System II I

Abb. 7 Abb. S

Abb. 7 und 8. Kopf |age im Bezugssystem I I I

3. Bestimmung der Ausgangslage des K a u s y s t e m s : Physiologische Ruhelage (PhRL) oder Offene-Mund-Ruhelage (OMRL). Nasen- oder Mundatmung (NA, MA): Probe mit Papierstreifen. Unarten, wie Daumenlutschen, Lippenbeil~en oder -saugen, Pressen, Knirschen. Soweit sichtbar: Lage des Aktivators (Lage des Labialbogens evtl. ,,Aus-

steigen" aus den Ffihrungsfl~chen). 4. Nach der schriftlichen Festlegung der Ausgangslage: Beginn der halbstfin-

digen Beobachtung: :Die Gesamtheit aller Bewegungen am Kauorgan oder seiner Umgebungs-

situation wird mit der Stoppuhr summierend gemessen. Fortlaufendes Protokollieren s~mtlicher an der ,,Umgebungssituation" sich

abspielender Bewegungen unter Verwendung der Lageformel, wenn eine neue Position resultiert (sog. ,,irreversible" Bewegungen). ,,Reversible" Bewegungen, nach deren Ablauf wieder die alte Ausgangslage eingenommen wird, werden ver- merkt. Notierung des Zeitpunktes.

Protokolfffihrung mit Zeitangabe fiber die Bewegungen, welche am Kauorgan selbst erfolgen (Schlucken, Bewegungen der Lippen, Bewegungen des Unterkiefers ohne Schlucken = sog. ,,leere" Unterkieferbewegungen).

Registrierung evtl. Vergnderungen der unter 3. beschriebenen Ausgangslago des Kausystems.

Stichprobenartige Kontrol]e des Atemtyps. Stichproben zu Beginn und am Ende jeder Beobachtung, ferner jedesmal wenn die Mundruhelage sich ~ndert.

Notieren besonderer Vorkommnisse.

~[ax Gerber, Beobachtungen an sehlafenden Aktivatortrggern 9_13

Name: Jiirg v. K. Datum: 30.6- 1955 Ausgangs lage: Lageformel : 12/3/20 do/0

Tabel te I I

B e i s p i e l e i n e s P r o t o k o l l s : Beobachtungsserie : 2

3. Beobachtung mit Aktivator

Mundruhelage , A tmung , A k t i v a t o r l a g e : Lippen often (etwa 12mm). Aktivator aus dem Oberkiefer ,,,~usgestiegen", liegt im Unterkiefer. Unterkiefer ab- und zuriiekgesunken. L~bialbogen liegt etwa 6 mm miter der Incisalkante der oberen Frontzghne und etwa 2 mm palatinalwgrts davon. Nasenatmung.

Beobaeh tungen :

Zeit

2156 2200

03

08 12

13 14

20 21

23

25

26

K6rper/Kopfiage

9/9/20do/0

Mundrube[age Aktivatortage Atmung

Ausgangslage

12/1/10do/10re/

8/9/20do/a0re/

Bewegungen

4 ,,reversible" Kopfbewegungen Lagewechsel mit 2 ,,leeren" Unterkiefer-

bewegungen und 1 Schluekbewegm~g 1 ,,reversible" Kopfbewegung 2 ,,reversible" Kopfbewegungen 1 Oberlippenzuckung 3 ,,reversible" Kopfbewegungen Lagewechsel mit I ,,reversiblen" Kopf-

bewegung und 1 Schluckbewegung 1 Sehluckbewegung 1 ,,reversible" Kopfbewegung 1 Sehluekbewegung 1 ,,leere" Unterkieferbewegung Lageweehsel ohne siehtbare Bewegung am

Kausystem 1 ,,leere" Unterkieferbewegung und I Lippen-

zuekung Sehlul~ der Be- hnmer noeh

obachtung : unvergndert !

Atmung am SctlluB der Beobaehtung: Xasenatmung Keutiger Gesundheitszustand: Nichts besonderes Totale Bewegungszeit: 6 Sek.

Beobachttmgsergebnisse Die Ergebnisse der. 66 Stiehproben werden in den Abb. 9 bis 18 in graphischer

Form mitgeteilt ; jedes Beobachtungsprotokol] wird in eine Verhal tenskurve, ein Aktogramrn, mngesetzt . Aus ihm kann das Ve['halten des Schl~tfers rekonst ru ier t werden. Die neun bzw. sechs Beobachtungen an jedem Aktivatortr~tger ergeben zusammen je eine Abbildung. Dies erm6glicht den bequemen Vergleich der Stich- proben miteinander, nament l ich auch denjenigen unter den Gruppen:

,,ohne Akt iva tor" , ,,mit Akt iva tor friihm6glichst nach dem Einsetzen", ,,mit Akt iva to r 1 Monat spiiter".

Zu jeder Stichprobe geh6ren die d r e i fiber der Schrift befindlichen Dia- gramme. Von unten nach oben gelesen, lassen sie den Zei tablauf der naehfolgend

'2_14 Fortschritte der Kieferorthop~die Bd. 18 H. 3 (1957)

besehriebenen Funkt ionen w/thrend der 30 Min. Beobaehtung an der gemeinsamen Ordinate feststellen.

Die beiden ersten Diagramme jeder Stiehprobe veransehaulichen die Lagen nnd die Bewegungen der , ,Umgebungssituation" :

Kurve des Oberk6rpers Kurve des Kopfes.

Die L a g e im Bezugssystem I lgl3t sieh ffir beide aus den Uhrziffern auf der Abszisse ablesen. Lagevergnderungen zeigen sieh als Abwinklungen der Kurven, vom betreffenden Moment an herrsehen neue Lageverhgltnisse. Kurze ,,rever- sible" Bewegungen des Kopfes zeigen sieh dureh Querstriehe an.

In den betreffenden Zei tpunkten sind aufterdem die ffir die Bezugssysteme I I nnd I I I des Kopfes gtiltigen Lageangaben ablesbar: Die Kopfneigungen werden ffir die versehiedenen Riehtungen dureh Pfeile und Gradangaben vermerkt :

dorsale Flexion t Bezugssystem I I <

ventrale Flexion Flexion naeh reehts

Bezugssystem I I I < Flexion naeh links -~

Die Angaben fiber diese Neigungswinkel gegeniiber den Bezugsebenen gelten immer bis zum niiehsten Lageweehsel. ~ ' enn keine Angabe fiber einen yon der Bezugsebene abweiehenden Neigungswinkel gemaeht ist, so heiftt das, dab vonl betreffenden Moment bis zum ngehsten Lageweehsel fiir das betreitende Bezugs- sys tem die Nullage besteht.

Beispiele : t 300 "-- 10 ~ : Kopf befindet sieh in dorsaler Flexion nm 300 und weist eine Abweiehung yon 10 ~ naeh reehts gegen- fiber der Medianebene auf.

t 300: Dorsalflexion um 30 ~ keine Abweiehung naeh lateral.

10~ Abweiehung naeh reehts um 10 ~ keine Flexion naeh dorsal oder ventral.

Das drit te Diagramm jeder Stiehprobe ist dasjenige des Verhaltens des Kau- systems. Ffir dieses gilt nur die Zeitkoordinate. Die beobaehteten B e w e g u n g e n werden im entspreehenden Zeitpunkt unter Verwendung folgender Symbole dargestellt :

Lippenbewegungen: horizontaler Strieh naeh links - ~ ,.leere" Unterkieferbewegungen: horizontaler Strieh beidseits Sehlueken: wie ,,leere Unterkieferbewegung plus den Buehstaben S Folgen sieh mehrere gleiehartige Bewegungen, so ist entweder die entspreehende Anzahl oder bei vielen nieht genau zi~hlbaren Bewegungen ein x angegeben :

6 ,,leere" Unterkieferbewegungen viele nieht genau z~hlbare Sehluek- bewegungen

Ebenfalls im 3. Diagramm sind Atemtyp, 3[undruhelage und Lage des Akti- vators dureh Abkfirzungen bezeiehnet:

NA = Nasenatmung MA = 3[undatmung

5lax Gerber, Beobachtungen an schlafenden Aktivatortr/~gern 215

OMRL = Offene-Mund-Ruhelage P h R L = Physiologische Mundruhelage Lb = LippenbeiBen Daumen = Daumenlutschen.

Die zur ErmSglichung eines raschen Protokollierens der beobaehteten }Iund- ruhelagen verwendeten Abkiirzungen entsprechen anniihernd den Bezeiehnungen fiir den mit nichtflektiertem Kopf aufreehtstehenden Menschen mit Neutralbig.

In der Darstellung bedeutet etwas vereinfaeht : OMRL = offene Lippen, relativ grofter free-way-space PhRL = geschlossene Lippen, kein Lippenbeigen, keine Anzeichen

yon aktiver Ruhelage. H~ufig nehmen die Schli~fer eine ffir ihren Anomalienkomplex charakteristische

Mundstellung ein, wie L i p p e n b e i B e n oder es k6nnen andere Dysfunktionen, wie D a u m e n l u t s e h e n beobachtet werden.

Liegt der Aktivator vorschriftsgem~tB im Mund, so n immt der Unterkiefer die durch den Konstruktionsbig vorgezeichnete Lage ein. Bezeichnung: A+. Dabei k6nnen die Lippen geSffaet sein (O~RL). Bei P h R L wh'd ohnehin A + angenommen.

Der Aktivator kann aber auch ,,aussteigen". Wenn sich bei geSffneten Lippen die Zahnreihen weiter .voheinander entfernen als der vertikalen Konstruktions- bighShe des Aktivators entsprieht, so kann dieser, bedingt durch die Lingualfliigel, im Unterkiefer verbleiben, w/~hrend die Fiihrungsfliiche fiir die obere Zahnreihe den Kontak t mit dieser verliert : Der Aktivator ,,steigt aus dem Oberkiefer aus". Der Unterkiefer kann nun nach distal zuriickgleiten, dgbei liegt der Labialbogen unterhalb und palatinat v o n d e r Inzisalkante der oberen Frontz~hne. Bezeichnet mit A- - .

Unter den zusammengeh6renden Diagrammen sind Nummer, Datum, Zeit- punkt der Beobaehtung sowie die totale, mit der Stoppuhr gemessene Bewegungs- zeit in Sekunden (") notiert.

Wenn niehts Besonderes vermerkt ist, waren Gesundheitszustand und nervSse Disposition normal. Evtl. besondere Beobaehtungen und Ereignisse sind an dieser Stelle eingetragen.

Da, wie naehfolgend in den Ergebnissen mitgeteilt werden wird, die Phasen tier Bewegungen im Verh~tltnis zu den Phasen der Ruhe sehr kurz sind, ergibt sieh fiir die zeiehnerisehe Darstellung dieses Verhaltens folgende Besonderheit:

In der die Bewegungen am Kauorgan wiedergebenden Darstellung kommt das Verhiiltnis Ruhe zu Bewegung verzerrt zum Ausdruek. Aus zeiehenteehnisehen Griinden nimmt die Darstellung kurz aufeinanderfolgender Bewegungen mehr R a u m ein, als ihrer tats~ehliehen Dauer entspreehen ~ i rde . Es benStigen z. B. zehn ,,leere" Unterkieferbewegungen auf der Zeiehnung einen etwa 1 Min. ent- spreehenden Raum, w~thrend sie in Wirkliehkeit in etwa ein Zehntel dieser Zeit ablaufen, d.h. , es resultiert daraus ein weehselnder Kurvenmags tab , die Kurve erweckt einen viel unruhigeren Eindruek des Verhaltens als die Wirklichkeit. MaBgebend ist somit nieht der optisehe Eindruek, sondern die unter der Kurve vermerkte, mit der Stoppuhr gemessene totale Bewegungszeit.

Das auf S. 213 als Beispiel eines Beobaehtungsprotokolls besehriebene Ver- halten eines Sehli~fers ist als Diagramm Nr. 48 graphiseh dargestellt und mSge als Illustration der Kurvenlegende dienen.

216

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218 Fortschritte tier Kieferorthol~idie Bd. 18 ]-I. 3 (1957)

Abb. 11 a, Ohnc A k t i v a t o r Abb. 11 b. 5fi t A k t i v a t o r

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Nr. 19. 26.3. 1953 Nr. 2(i. 27..2. 1953 Nr. 21. 7.4. 1953 .Xr. 22. 29. 4. 1953 Nr. 23. 30.4. 1953 2140--2210 50" 2117- 2147 2" 2200--2230 26" 2125--2155 4" 2156--2226 26"

Speichelflul3 aus SpeiehelfluB dem :~[und. dem Muiid

Ak t iva to r einge- setzt am 8 .4 .

Konnte am 27. 4. ZIlIll ers tenmal liin- gere Zeit getragen

werden

Abb. l l a u n d b. Fa l l 3 [ a r g i t V.

Abb. 12 a. Ohnc A k t i v a t o r Abb. 12 b. Mit A k t i v a t o r

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Nr. 26. 8 .4 . 1953 Nr. 27. 10.4. 1953 Nr. 28. 21.4. 1953 Nr. 29. 22. 4. 1953 2130--2200 1" 2120--2150 3" 2145--2215 10" 2135--2205 1"

A k t i v a t o r einge- setzt am 15. 4 , konnte am 20. 4. zum erstenmal liin- gere Zeit getragen

werden

Abb. 12a und b. Fal l A g a t h e 5[.

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i

5 I NA J [75" 4, p* . . . . . . . . . . . . . ,

Nr, 24. 4. 5. 1953 2125--2150

aus SpeichetfluJ3 au~ dem Mund.

2249: Beginn einer sehr tlll rtlhigen

Phase. Viele Be- wegungen aln ]~au- system. Sehr star-

ker Speichelflu~

i

. . . . . ~ ] ~

9 t 2 3 e

Nr. 30. 23.4. 1953 2123--2153 10"

Nr. 31. 10 .4 .1953 Nr. 32. 28.4. 1953 .)o -)o --1(}---__40 26" 2120---2150 34"

~ a x Gerber , B e o b a c h t t m g e n a n s c h l u f e n d e n A k t i v a t o r t r ~ g e n ~

kbb. 13 a. Ohne Aktivator

1

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6 9 ,e * - 7 - ' 7 ~

N r . 33. 3 0 . 4 . 1953 2106--2136 8"

Abb. 13 a uud b.

Abb. 13 b, ~Ii t A k t i v a t o r

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rr +~ I

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_X-r, 34. 28 .5 .2953 Nr. 35, 1 .6 .1953 2145--2215 13" 2145--2215 11-

A k t i v a t o r einge- setzt am 12, 5 . konnte ihn ;I'D'I 26. 5. zum erstm> real liingere Zeit

t ragen Fal l F r a n z H.

2 1 9

. . . . d'-'9 / z 3 6

Nr. 36. 18,6 .1953 2147--2217 17"

Nr. 37. 1.6. 1955 2159--2229 1"

Abb, 14a. Ohne A k t i v a t o r

1 :

Nr. 3g, 3. 6. 1955 Nr. 39 6.6. 1955 2204--2234 21" 2157 2227 18" War den ganzen

Tag , j lervOs" (Vollmond)

Abb, 14a~ m~(1 b. Fall -~[o~ri,~ S.

rl

AI)I). 14 Ih 51it A k t i v a t o r

3a,

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i 6 9 T s 6 ~ J 6

.Nr, 40. 8. 6. 1955 Nr. 41, 9, 6. 1955 ~'r. 42. 13, 6, 1955 2210--2240 10" 2200--2230 2" 2241--2311 5"

1. ,N*acht mi t Akti- Ak t iva to r im ]~ett A k t i v a t o r i m B e t t ~ va tor . Hie l t a m 2150 Ak t iva to r in

der Hand! Zll ]~eginn der Beobachtung xval der Ak t iva to r jeweils nicht mehr im Mund. Er konr~te jedoch yon der 5Iut ter mtihelos eingesetzt werden ohne dab das Kind v611ig erwachte. Nach ehter Wartezeit yon etw~ 15 Minuten wurde dana die Beobach-

tut tg begmmet~.

] &At

I I I

II

2 2 0 F o r t s c h r i t t e d e r K i e f e r o r t h o p ~ i d i e ]3d. 18 I t . 3 (1957)

1

5-r. 43. 8 .6 . 1955 2135- -2205 48"

Abt). 15 a. Ohne Ak/~ivator

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Nr. 44. 9 , 6 . 1 9 5 5 :2130--2200 5"

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6 9 , ' ~ 3 6

~ ' r . 45. 21. 6. 1955 2 1 4 5 - - 2 2 1 5 42"

Abb. 15 b. 5 i i t A k t i v a t o r

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Nr. 46. 2 4 . 6 . 1 9 , ) 5 5-r. 47. 2 9 . 6 . 1955 Nr. 48. 3 0 . 6 , 1955 2 2 0 8 - - 2 2 3 8 3" 2 2 4 0 - - 2 3 1 0 2" 2 1 5 6 - - 2 2 2 6 6"

Zwei te ~ a c h t nfit A k t i v a t o r

Abb, 15,% ( t m l b, F a i l J ~ r g v. t'~.

Abb. 16 a. C)tu~e A k t i v a t o r

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Nr. 51. ; 5 . 6 , 1955 2 1 2 9 - - 2 1 5 9 3 "

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Er s t e 5~acht mi t A k t i v a t o r

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. . . . : ,/o ~ , . . . . ? ,

Nr. 54. 6. 7. 1955 21:27--2157 28"

Abb. 1(I a und 1). Fa l l 5I a j a L.

3 I a x G e r b e r , B e o b a c h t u n g e n a n s c h l a f e n c l e n A k t i v a t o r t r g g e r n

Abb, 17 a. Ohne A k t i v a t o r Abb. 17 b. 3 l i t Akt iYator

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Xr. 55. 10. 6. 1955 _Xr. 56. 1 4 . 6 . 1955 2 1 3 0 - - 2 2 0 0 53" 2154 2224 10"

Der k le ine re Bru- t ier im Naehbar - ber t sehl ief sehr

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weckt , ve r sueh t vergebl ich den A k t i v a t o r mi t Lil~pezt und Zm~ge

a(IS dem Munde zu hefSrdern. H a n s p e t e r schl ief bald wieder ein, J3eobachtung um 2208 for tgesetz t

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Andere K inde r im bchlafsaal sind un-

ruhig

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Berf lh rung ge- weckt , l lahl l l |1(.[111

Erwaehen den A k t i v a t o r mit d.er H a n d aus dem Mund

15

~:~" :,2O" A - 6 9 12 3 6

2150-- -'222~ 1 "

222 Fortschritte der Kieferorthop/idie ]3d. 18 H. 3 (1957)

Auswertung der Resultate

A. Die S c h l a f l a g e n In Tabelle I I [ werden die yon den zehn Aktivatortr/igel'n in jedem Bezugs-

system eingenommenen KSrper- und Kopflagen aus den Diagrammen heraus- gezogen und verg]eichend dargestellt. Dabei bedeuten die Zahlenangaben (! 2,~ ~ usw.) approximative Bruchteile der Gesamtbeobachtungszeit.

Ubersichtshalber werden aueh die Befunde fiber die 5Iundruhelagen und die Aktivatorlagen angeffihrt, um einen Vergleich mit den Schlaflagen zu ermSg- lichen. Sie werden dagegen erst welter unten diskutiert werden.

Zu d e n U n t e r l a g e n : Es fanden sich als Extreme: 1 Fall (Nr. IV): Sehr harte 3~atratze, kein Sehr/igkissen, nur ein sehr dfinnes

Kissen, 2 F~ille (Nr. I I I und VI): Sehr weiehe Matratze, Sehragkissen und weiehes

Kissen; daneben versehiedene l~'bergiinge.

Zu d e n K S r p e r l a g e n : Bei allen 10 Kindern konnten versehiedene K6rperlagen beobaehtet werden.

Dennoeh zeiehnete sieh bei den meisten eine Tendenz zur Bevorzugung gewisser K6rperlagen ab :

1 Aktivatortr~ger (Nr. VIII) bevorzugte Bauehlage, -I ,, (Nr. I, III, VII, X) bevorzugten gfiekenlage, 4 ,, (Nr. II, IV, V, VI) bevorzugten Seitlage reehts oder links, 1 ,, (Nr. IX) nahm ungef~hr gleiehlang Riieken- mid Baueh-

lage ein.

Es fragt sieh, ob diese beobaehtete Tendenz zur Bevorzugung gewisser Sehlaf- lagen eine ,,Restanz" der hiiufig eingenommenen individuelI-spezifischen Ein- sehlaflage ist; es ist bekannt, dag das Einsehlafen oft zeremoniell in einer eharak- teristisehen Einsehlaflage erfolgt (bei Aktivatortriiger Nr. VIII z. B. immer auf dem Baueh mit Daumenlutsehen). Es w~re denkbar, dab li~nger dauernde Beobaehtungen und solehe zu anderen Schlafzeiten (unsere Beobaehtungen er- folgten immer relativ kurz naeh dem Zubettegehen) das Bild v611iger Zufiillig- keit der K6rperlagen ergeben wiirden.

Zu d e n K o p f l a g e n im B e z u g s s y s t e m I: Besonders h~tufig bei Seitenlagen. etwas weniger bei den RfiekeMagen, wurde

()bereinstimmung yon K6rper- und Kopflage im Bezugssystem I beobachtet. Bei Bauehlage war der Kopf meistens sehr stark abgedreht (Luffzufnhr!).

Z u d e n K o p f l a g e n i m B e z u g s s y s t e m I I : 1 Aktivatortr/iger (Nr. II) zeigte Tendenz zur dorsalen Neigung, 2 ,, (Nr. IX, X) zeigten Tendenz zur ventralen Neigung, 4 ,, (Nr. IV, VI, VII, VIII) zeigten Tendenz zur Nullage, 1 ,, (Nr. III) wies ungef/ihr gleiehlang dorsale und ventrale

Neigung bzw. Nullage auf, 1 ,, (Nr. V) wies ungefiihr gleiehlang Nullage auf wie dorsale

Neigung bei sehr kurzer Zeit ventraler Neigung.

Zur Beurteilung eines Zusanlmenhanges zwischen der Kopfneigung und der KSrperhaltung ist das vorliegende Beobaehtungsmaterial zu klein.

M a x G e r b e r , B ~ o b ~ e h t u n g e n ~n s e h l ~ f e n d e n A k L i v a t o r t r ~ g e r n 223

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224 Fortschritte der Kieferorthopgdie Bd. 18 H. 3 (1957)

Die Unterlage vermag nur sehr bedingt bei Rfiekenlage die Kopfneigung zu beeinflussen. So kann ein Sehr/igkissen unter der Matratze sowie ein diekes Kopf- kissen, bei Bfiekenlage wohl eine Ventralflexion des Kopfes bewirken (namentlieh bei weieher Matratze), wenn sieh der Naeken am unteren l~and des Kopfkissens befindet; liegt er aber am oberen R.ande des (in diesem Falle meistens etwas zu- sammengesehobenen) Kissens, so ist aueh Dorsalflexion m6glieh (Abb. 5). Bei Seitlage hat eine sehrgge Unterlage ohnehin keinen bestimmenden Ninflu13 auf die dorso-ventralen Flexionen des Kopfes. Harte Matratze und dfinnes Kissen verm6gen jedenfalls aueh bei l~fieken]age keine Ventralflexion zu bewirken.

Zu d e n K o p f l a g e n ira B e z u g s s y s t e m I I I : Die Neigungen des Kopfes naeh lateral sind etwas hgufiger bei Riiekenlage

als bei den Seitenlagen; es besteht kein ersiehtlieher Zusammenhang mit der Besehaffenheit der Unterlage.

Z u s a m m e n f a s s e n d e rg ibg s ieh, da13 das E i n s e t z e n e ines A k t i v a t o r s e r w a r g u n g s g e m g B k e i n e n Einf lul3 a u f die S e h l a f l a g e n ausfibg.

Andererseits ergibt sieh aus den Untersuehungen yon H e r r e n , dab die Sehlaflagen yon aussehlaggebender Bedeutung fiir die Wirkungsweise des Akti- vators sindl).

B. Die B e w e g u n g e n

Bei gew6hnlieher Beobaehtung imponiert das Verhalten eines Sehlafenden ohne und mit eingesetztem Aktivator grunds/ttzlieh gleieh. Es stetlt sich die Frage, ob eine m e s s e n d e Untersuehungsmethode ein anderes Beobachtungs- resultat ergibt.

Naehfolgend werden die z iih 1- u n d m e 13 b a r e n Verhaltensgugerungen, niim- lieh die Bewegungsfl'equenzen und Bewegungszeiten der versehiedenen Beobaeh- tungsserien miteinander vergliehen:

1. ges amtfre quenz der Bewegungen an der ,,U m g e b u n g s s i t u a t i o n". Wiihrend der je 30 halbstfindigenBeobaehtungen der 1. bzw. 2. Beobaehtungs-

aerie ergaben sieh: Tabelle IX"

,,Reversible" K6rper/Kopfbewegungen nach deren Ablauf wieder die Ausgangslage eingenommen wird . . . . . . .

,,Irreversible" K6rper/Kopfbewegungen, die eine neue Lage ergeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Serie 'ohl~e

Aktivator

97

75

2. Serie mit

Aktivat.or

90

61

Die ,,reversiblen" Bewegungen waren also etwas hgufiger als die ,,irrever- siblen'".

Es k o n n t e k e i n s i g n i f i k a n t e r U n t e r s e h i e d in den t o t a l e n Bewe- g u n g s f r e q u e n z e n der a n d e r , , U m g e b u n g s s i t u a t i o n " s ieh a b s p i e l e n d e n B e w e g u n g e n in den B e o b a e h t u n g s s e r i e n o h n e u n d mi t A k t i v a t o r g e f u n d e n werden .

1) s. I-Ierren, ,,Die Wirkungsweise des Aktivators".

~Iax Gerber, Beobaehtungen an schlafenden Aktivatortr~gern

2. Gesamtfrequenz der Bewegungen ant K a u o r g a n

Es ergaben sieh folgende Bewegungsfrequenzen:

Tabelle V

225

I. Serie ohne

Aktivator

geine Lippenbewegungen (t~esultate aus je 30 Beobachtungen) ,,Leere" Unterkieferbewegungen (l~esultate aus je 29 Beob-

achtungen, Nr. 24 und 38 weggelassen . . . . . . . . . Sehluekbewegungen (gesultate aus je 28 Beobaehtungen,

Xr. 6, 24, 38 und 55 weggelassen) . . . . . . . . . . .

93

125

111

2. Serie mit

Aktivator

119

30

41

Es seheint, dab eher eine Verminderung der Bewegungen am Kausys t em dutch das Einsetzen des Aktivators bewirkt wird.

Beim Vergleich dieser Frequenzzahlen sind jedoeh die 20~ Fehlerm6glieh- keiten (s. Absehnitt fiber FehlergrSl3en) der Protokollierung zu berfieksiehtigen sowie die Tatsaehe, dag:

die Gesamtfrequenz der ,,leeren': Unterkieferbewegungen in der 1. Serie weitgehend bedingt wird dureh die extrem hohen Werte in den Beobaehtungen Nr. 43, 45, 55, 57, ebenso die Zaht der Sehluekbewegungen in der 1. Serie dureh die hohen VVerte in den Beobaehtungen Nr. 32, 19, 21,

einige Beobaehtungen fiir die Auswertung weggelassen werden muftten, d~ dort genaue Angaben bezfiglieh der Bewegungsfrequenzen nieht genlaeht werden konnten (Nr. 6, 24, 38, 55). Es erfolgten abet gerade bei diesen Beobaehtungen sehr viele Bewegungen.

Unter diesen Vorbehalten 1/~gt sieh jedenfalls sagen, d a b die A n z a h l d e r im S e h l a f e a m K a u s y s t e m e r f o l g e n d e n B e w e g u n g e n d u r e h das E i n - s e t z e n e i n e s A k t i v a t o r s n i e h t e r s i e h t l i e h v e r ~ n d e r t w i r d .

3. V e r g l e i c h de r B e w e g u n g e n a m K a u s y s t e m m i t d e n L a g e w e e h s e l - b e w e g u n g e n

Nach H e r r e n g~ndert sich bei n a t / i r l i e h e n Verh/ t l t , n i s s e n (ohne Akti- vator) das Krafffeld des Unterkiefers bei jeder neuen K6rper-Kopflage so, daft dieser ebenfalls seine Lage bezfiglich der , ,Umgebungssituation" wechselt. Diese -~nderung bedingt eine, wenn aueh oft nur geringe und yon aul~en wegen der Lippen nicht deutlieh sichtbare Bewegung des Unterkiefers.

Bei e i n g e s e t z t e m A k t i v a t o r ist die freie Beweglichkeit des Unterkiefers stark eingeschr~nkt. Es w~re nun denkbar, dag diese Zwangslage reflektorisehe Bewegungen yon Muskeln des Kausys tems hervorrufen wfirde, durch welche der Aktivator bewegt und in eine das freie Kr~ftespiel im Kraftfeld des Unterkiefers weniger stark stSrende Stellung bef6rdert wiirde. Wenn diese theoretischen i2"berlegungen zutr~tfen, miiftten die allgemeinen K6rper-Kopflagewechsel bei eingesetztem Aktivator yon einer erh6hten Frequenz der am Kausys tem ab- laufenden Bewegungen gefolgt sein.

226 ]~ortschritte der Kieferorthop~idie Bd. 18 I-I. 3 (1957)

Die diesbeziigliehe Auswertung des vorliegenden ~Iaterials ergibt :

Tabelle VI

Lagewechsel L~gewechsel Beobachtungsserie mit Bewegungen ohne Bewegungen

am Kausystem am Kausystem

I, ohne Aktivator . . . . . . . . . . . . 2i 28 II, mit Aktivator . . . . . . . . . . . . . 17 24

Es b e s t e h t d e m n a e h k e i n s i e h t l i e h e r Z u s a m m e n h a n g z w i s e h e n L a g e w e e h s e l u n d B e w e g u n g e n am K a u a p p a r a t bei e i n g e s e t z t e m A k t i v a t o r .

4. Die G e s a m t z e i t der B e w e g u n g e n Die mit der Stoppuhr summierend gemessene Totalzeit s~tmtlieher Bewe-

gungen betrug fiir die 900 Min. Beobaehtungszeit der 1. Beobaehtungsserie (ohne Aktivator) 7 Min 48 Sek. Dies entsprieht einem durehsehnittliehen Verh~tltnis l~uhe : Bewegung= 115 : 1, d .h . auf 1 Min. Bewegung kommt rund 2 Stun- den Ruhe.

Der entspreehende Quotient R uhe : Bewegung betr~igt ffir die 2. Beobaehtungs- serie (mit Aktivator) 159 : 1, d .h . 1 Min. Bewegung auf 2! ,'_, Stunden Ruhe (die nieht megbare Beobaehtung Nr. 24 ist dabei weggelassen).

Ffir die 3. Beobaehtungsserie betriigt der Quotient Ruhe : Bewegung 99 : 1, d .h . 1 Min. Bewegung auf 1 lii Stunden Ruhe (Nr. 9 weggeIassen).

Unter Beriieksiehtigung der ffir die Zeitmessung geseh~tzten Fehlergrfge (s. Absehnitt Fehlerquellen und FehlergrSgen) ergeben sieh somit ke ine signifi- kanten Untersehiede zwisehen den drei Gruppen:

Das V e r h g l t n i s y o n R u h e zu B e w e g u n g b l e i b t s ieh ohne u n d m i t A k t i v a t o r g l e i eh , g l e i e h g i i l t i g ob f r i i h m S g l i e h s t n a e h f r i s eh ein- g e s e t z t e m A k t i v a t o r o d e r s p ~ t e r u n t e r s u e h t wird.

Es kfnnen im Gegensatz zu den von A n d r e s e n - H ~ u p l ge~tugerten An- siehten fiber die Wirkungsweise des Aktivators, ke ine Funktionsanregungen der Muskulatur des Kauapparates, welehe sieh dureh B e w e g u n g s f r e q u e n z - s t e i g e r u n g oder einen abgegnderten Bewegungsmodus gul3ern wiirde, gefunden werden.

5. V e r g l e i e h d e r A k t o g r a m m e b e i d e n e i n z e l n e n P a t i e n t e n Naehdem der Vergleieh der 1., 2. bzw. 3. Beobaehtungsserie keine wesent-

liehen Unt ers ehiede im d u r e h s e h n i t t 1 i e h e n Verh alten ohne und mit Aktivator ergeben hat, sollen die einzelnen Aktogramme jedes Aktivatorfr~igers unter- einander verglichen werden. Anders ausgedrfiekt: Naeh dem ,,LD, ngssehnitt" dureh j ede Beobaehtungsserie soll nun ein,,Quersehnitt" dureh das Beobaehtungs- materiM gemaeht werden, nm evtl. individuelle Besonderheiten im Verhalten der einzelnen Aktivatortrg, ger aufzudeeken.

Dieser Vergleieh der einzelnen Aktogramme bei jedem Patienten ergibt in k e i n e m Fall signifikante Untersehiede im Verhalten ohne und mit eingesetztem Aktivator, das spezielle Verhalten jedes der zehn beobaehteten Individuen in bezug auf den eingesetzten Aktivator entsprieht dem statistiseh ermittelten ,,Durehsehnittsverhalten". Es gibt also unter dem Beobaehtungsgut keine Aus- nahmen: Alle 10 Kinder zeigen keine besonderen ,,Reaktionen" auf das Ein- setzen des Aktivators.

Max Gerber, Beob~ehtungen an sehlafenden Aktivatort, rggern 227

Auffal tend ist abet, dag sieh i n n e r h a l b der aus je drei Beobaeh tungen bes tehenden Beobaehtungsser ien oft erhebliehe Untersehiede im Verhahen zeigten, ja es kam gelegentlieh vor, dab sieh das Verhal ten im Verlauf einer 30 Min. daue rnden Beobaehtung s tark veri~nderte.

Beispiele yon signif ikant untersehiedl iehem Verhal ten bei zwei Beobaeh tungen innerhalb derselben Beobaehtungsser ie :

A k t i v a t o r t r ~ i g e r : Nr. 1. Lorenz St. . . . . . . Beob. Nr. 4 vergliehen mit Nr. 5

,, 3. 5Iargrit V . . . . . . . ,, .. 21, 19. ,. . . . . 20 ,, 6. 3Iaria S . . . . . . . . . . . . 37. .. ,, ,, 38. 39 ,, 7. Jfirg v. K . . . . . . . . , ., 43, 45, ,. .. ,. 4t: ,, !i. Hanspe te r T . . . . . . ,. .. 55 . . . . . . . 56 ,, 10. El isabeth M . . . . . . ,. .. 61. ,, 62

Beispiele yon s ta rken "~nderungen des Verhaltens innerha lb einer 30 Min. daue rnden Beobaehtung :

A l ~ t i v a t o r t r g g e r N r . 1. Lorenz St . . . . . Beob. Nr. 9 . . . . 3. Margrit V . . . . . . . . . 21: . . . . 5. F ranz t t . . . . . . . . ,, 32

D i e s e B e i s p i e l e z e i g e n , d a b a n d e r e E i n f l f i s s e i n d e r L a g e s i n d , d a s V e r h a l t e n e i n e s S e h l / i f e r s v i e l s t / i i ' k e r zu m o d i f i z i e r e n a l s e i n i n d e n M u n d e i n g e s e t z t e r A k t i v a t o r .

Einige soleher Einfliisse ,,guBerer" u n d , . innerer" Ar t k o n n t e n wit bei unseren ~Beobaehtungen feststellen :

, , inhere" Fak to ren : Bei Beobaeh tung Nr. 38: I n der betreffenden Naeht war Vollmond. Der

mondsfiehtige Akt ivator t rgger ist nach Aussagen der E l te rn und des Lehrers i n den Tagen der Volhnondphase immer psyehiseh s tark verhndert , f ibertr ieben reizbar u n d ,,nervSs".

Aueh bei Beobaehtung Nr. 5 ist mSglieherweise eine, dureh die \Veihnaehts- feier bedingte , , innere Unruhe" der Grund zum relat iv un ruh igen Sehlaf.

,,AuBere" Fak to ren : Bei Beobaehtung Nr. 55: Der Sehlgfer wurde dureh den im Naehbarbe t t sehr

unruh ig sehlafenden Bruder siehtlieh im Sehlafe gestSrt. Bei Beobaehtung Nr. 62: Einige im gleiehen Sehlafsaal sehr un ruh ig sehla-

fende Zimmergenossen stSrten den sonst sehr ruhig sehlafenden Akt ivator t r / iger (vgl. mit Beobaehtungen Nr. 61, 64, 66).

Bei den Beobaehtungen Nr. 58 u n d 65 waren die , ,gugeren" Fak to ren so stSrend, dab die Akt ivator t rgger geweekt wurden.

Interessanterweise konnte in der ers ten Naeht mi t friseh eingesetztem Akti- vat0r versehiedentl ieh s in auffal lend ruhiges Verhal ten beobaehtet werden (Akti- vator t rgger Nr. I, VII , IX, X).

C. M u n d r u h e l a g e n , L a g e des A k t i v a t o r s , A t e m t y p

1. Mundruhe lagen

Die Befunde fiber die Mundruhe lagen u n d Akt iva tor lagen s ind in Tabelle I I I fiir jeden einzelnen Akt iva tor t rgger bereits mitgetei l t worden.

Es ergab sich: Vier n a h m e n wiihrend der ganzen Beobachtungsdauer der ersten Beobach-

tungsserie immer dieselbe Mundruhelage ein:

228 Fortsehritte der Kieferorthopadie Bd. 18 H. 3 (1957)

Aktivatortrfiger Nr. VII und IX OMRL . . . . IV Lb . . . . X PhRL

Bei den fibrig.~n seehs konnten versehiedene Ruhe]ageformen beobaehtet werden, wobei sieh in 4 F~illen eine Tendenz zur Bevorzugung gewisser Ruhelagen abzeiehnete :

Aktivatortr~iger Nr. I bevorzugte OMRL ,, .. V I I I ,, PhRL ,, ., I I und VI ,, Lb

Es liegen sieh bei unseren Beobaehtungen keine signifikanten Zusammenh~nge zwisehen Kopflagen und Mundruhelagen ermitteln (Tabelle III) . Unser Beobaeh- tungsmaterial ist fiir die Beantwortung einer so!ehen Fragestellung ohnehin zu wenig umfangreieh.

Bei den B e o b a e h t u n g e n der e r s t e n Ser ie k o n n t e ke in e i n z i g e r . . K n i r s e h e r " ode r . ,Presser ' ; g e f u n d e n w e r d e n , d e s g l e i e h e n bei den B e o b a e h t u n g e n der z w e i t e n u n d d r i t t e n Ser ie k e i n e i n z i g e r A k t i - v a t o r t r / i g e r , der den M u n d im S i n n e des , , P r e s sens " ( - a k t i v e t l u h e - lage) g e s c h l o s s e n h a t t e . A u f f a l l e n d w a r v i e l m e h r d i e e n t s p a n n t e u n d g e l S s t e H a l t u n g d e r M u s k u l a t u r ( = p a s s i v e R u h e l a g e d e r b e w e g l i c h e n Tei le des K a u s y s t e m s ) .

2. Lage des Aktivators

Bei 7 yon den zehn beobachteten Aktivatortr/igern hatte die Apparatur immer den vorschl'iftsgem/iBen Sitz, bei den drei anderen konnten ,,ausgestiegene Aktivatoren bei ab- und zuriickgesunkenem Unterkiefer beobachtet werden (Tabelle III) .

Besonders bei den Aktivatortr~igern Nr. I u n d VII war diese Aktivatorlage sehr h/iufig. Diese beiden zeichneten sieh in der ersten Beobachtungsserie da- dutch aus, dag sie vorwiegend OSIRL aufwiesen. Der eingesetzte Aktivator hatte also nieht zur Einnahme der PhRL angeregt.

Bei Aktivatortrager Nr. IX hingegen, der ebenfalls ill der ersten Serie immer OMRL eingenommen hatte, wies der Aktivator bei allen Beobaehtungen den vorsehriftsgem~tBen Sitz auf, die Lippen waren aber meistens often.

Es konnte nie beobachtet werden, dab ein Aktivator ,,verloren" wurde (ira Sinne eines passiven Gesehehens). Hingegen ertappten wit eine erwachende Schlaferin dabei, dab sie den Aktivator y o n H a n d entfernte (Beobaehtung Nr. 65). Ein anderes Kind wurde zu Beginn einer Beobachtung (Nr. 40) mit dem noch speichelbefeuchteten Aktivator in der Hand angetroffen, offenbar hatte es den Apparat kurz vor unserem Eintreffen ebenfalls yon Hand aus dem 3{unde entfernt. Einmal wurde beobachtet (Beobachtung Nr. 58), wie ein erwachender Aktivatortrager vergeblich versuchte, die Apparatur mit den Lippen und der Zunge aus dem Munde auszustogen.

Es wird behauptet, dab der in den I~und eingesetzte Aktivator einen Reiz zur erhShten Speiehelsekretion darstelle. Wenn dies tats/iehlieh in grSi3erem Ansmage der Fall w~ire, so miiBte dieser Speiehel entweder gesehluckt werden oder aus dem Munde ausflieBen.

Bei eingesetztem Aktivator konnten wit aber in keinem einzigen Falle eine siehtliehe Erh6hung der Sehluekfrequenz feststellen; bei einem der zehn Akti-

Max Gerber, Beobachtungen an schlafenden Aktivatortr/igern 229

vatortriiger (Margrit V., Nr. I I I ) flog bei eingesetztem Aktivator Speiehel aus dem Mund (Beobaehtungen Nr. 22, 23, 24), bei den iibrigen waren keinerlei An- zeiehen yon erhShter Speiehelsekretion feststellbar.

3. Die Atmung

Im VerIaufe der 66 halbstfindigen Beobachtungen aller drei Beobachtnngs- serien wurde der Atemtyp insgesamt 137mal stichprobenartig geprfift. Dabei konnte 131mal eine reine Nasenatmung festgestellt werden, bei sechs Stich- proben war der Befund ,,reine Nasena tmung" nicht ganz eindeutig (in denDia- grammen bezeichnet mit NA(MA). Hingegen konnte kein einziges Mal eine reine Mundatmung festgestellt werden.

Auch die beiden Aktivatortr~ger Nr. V I I I und IX, welche bei den Beobaeh- tungen der ersten Serie stets OMRL einnahmen und auch yon den Eltern aus- driicklich als Mundatmer bezeichnet worden waren, wiesen Nasenatmung auf. Habituelle OMRL braucht also nieht identisch zu sein mit Mundatmung.

Diskussion der Beobachtungsresultate

Eine kritische Betrachtung des angewandten :Beobaehtungsverfahrens ver- langt die Beriieksiehtigung folgender Fehlerm6gliehkeiten zur Wertnng der Resultate:

1. Die zehn beobachteten Aktivatortr/~ger stellen eine Auswahl unter 22 in Beobachtung genommenen Kindern dar. Es fragt sieh, wieweit diese Gruppe reprgsentativ ist :

Die Ausseheidung der zwSlf Unbeobaehtbaren erfolgte aus zwei Grfinden: aeht Kinder erwaehten stets bei Anwesenheit eines ffir sie fremden Beobaehters, Dies zeigte sieh schon, bevor ein Aktivator eingesetzt wurde, hi*ngt also nicht mit dem Apparat zusammen, sondern mit der Unvereinbarkeit ihres Sehlafes mit der Anwesenheit eines Licht beniitzenden und leiehte Gergusehe verursaehen- den Drit ten im Sehlafzimmer.

Anf der anderen Seite weisen die zehn Kinder der Beobaehtungsgruppe bei aller Versehiedenheit das gemeinsame Merkmal anti dab sie die Anwesenheit yon anderen Personen im Sehlafzimmer nieht, oder jedenfalls nieht so s tark stSrt, dab sie darob erwaehen. Naeh R. H e s s , W i n t e r s t e i n u. a. bedeutet dies nieht, dab sie deshalb einen besonders tiefen Sehlaf besitzen: Das Gehirn ist aueh im Sehlaf in der Lage, Reize der Augenwelt nieht nut in ihrer quant i ta t iven Stgrke, sondern aueh nach ihrer quali tat iven Bedeutnng ffir den Sehliifer zu analysieren. Es kann daher angenommen werden, dab bei beobaehtbaren Sehli*fern die Sinnes- organe und ihre zugeordneten Gehirnzentren, die dureh den Beobaehter bedingte Erh6hung des Reizspiegels wohl registerieren, evtl. daranf mit einer vermehrten Bewegnngsfrequenz antworten (s. unten), sie aber als ein mit der For tdauer des Sehlafes vereinbartes Vorkommnis taxieren. Ffir sie sind derartige Erh6hungen des Reizspiegels offenbar ein normales Gesehehen.

In der Tat sind denn aueh aeht yon zehn Kindern gewohnt, nieht allein im Schlafzimmer zu schlafen (s. Tabelle 1). Unter ihnen gab es auBerdem einige (Hansperter T., Elisabeth M., Maria S.), die obwohl im allgemeinen gut beobaeht- bar, doeh etwa erwaehten. Sie mfissen im Hinbliek auf die obige Fragestellung als {~bergangsfglle betraehtet werden, l h r V e r h a l t e n w i i h r e n d des S e h l a f e s n n t e r s c h i e d s i eh in k e i n e r W e i s e y o n d e m j e n i g e n d e r K i n d e r d i e i i b e r h a u p t n ie e r w a e h t e n .

230 Fortschritte der Kieferorthopgdie Bd. 18 tI. 3 (1957)

Die weiteren vier fiir diese Untersuehung ungeeigneten Kinder waren solehe, die sieh wohl beobaehten lieSen, sieh aber nieht an den Apparat gewShnen konnten und diesen stets im Sehlaf entfernten. Siewurden somit / iberhaupt nie ,,Aktivator- triiger" und entfallen sehon per definitionem aus der vorliegenden Untersuehung.

In Anbetraeht des einheitliehen Untersuehungsergebnisses bei all den sehr versehieden gearteten Kindern der Beobaehtungsgruppe und in Anbetraeht der Griinde, die zum Ausseheiden der nieht beobaehtbaren fiihrten sowie des Ver- haltens der l~'bergangsfglle erseheint es deshalb gestattet , den Beobaehtungs- resultaten allgemeine Giiltigkeit zuzuspreehen.

2. Alle Beobaehtungen fielen in die Zeit zwisehen 8 - 1 1 Uhr naehts. Dies ist bei vielen 5Iensehen die Phase der grSgten Sehlaftiefe. Immerhin bestehen hierin grof3e individuelle Untersehiede. Beim selben Individuum unterliegt die Sehlaftiefe aueh wghrend dieser Zeitperiode grol3en Sehwankungen, die in Ab- hgngigkeit yon inneren und gul~eren Bedingungen steht, wie aueh unsere Be- obaehtungsergebnisse erwiesen. Das beobaehtete Verhalten darf nieht ohne weiteres extrapoliert und als aueh fiir die anderen Sehlafphasen giiltig betraehtet werden. So ist bekannt und ergab sieh aus den Beobaehtungen von H e r r e n , dab am Morgen vor dem Erwaehen der Sehlaf unruhiger wird. Da aber sgmtliehe Beobaehtungen mit und ohne Aktivator bei allen zehn Kindern wghrend der- selben Zeit erfolgten, ist ein V e r g l e i e h der Beobaehtungen ohne weiteres m6glieh.

3. Dureh das Beobaehtungsverfahrert werden die gugeren Bedingungen des Sehlafes insofern abgegndert, als infolge yon unvermeidliehen Gergusehen und dureh das n5tige Lieht der Reizspiegel erhSht wird, selbst bei vorsiehtigem Ver- halten des Beobaehters. Provokationen des Sehlgfers zu Bewegungen sind die Folge. Der Sehlaf wird unruhiger, als er es unter v611ig natiirliehen Verhgltnissen wiire. Da die Bedingungen fiir alle Einzelbeobaehtungen gleieh sind, ergibt sieh t rotzdem die M6gliehkeit des relativen Vergleiehs.

4. Die Zahlen der L a g e f o r m e l n sind gesehgtzt. Der mittlere Fehler dieser Sehi~tzung betrggt naeh einem Testversueh dutch zwei Beobaehter ~ 15 ~ d. h. im Uhrzeigersystem ergaben sieh z. B. Differenzen von einer Uhrziffer. Die Lage- formeI soll eine Charakterisierung der Sehlaflage unter m6gliehst rasehen Proto- kollierungsbedingungen gestatten. Sie erwies sieh fiir diesen Zweek als sehr ge- eignet. Fiir weitergehende statistisehe Auswertung, insbesondere zur Aufstellung -con Sehlaflagetypen ist das Material zu klein.

5. Fiir das Protokollieren der B e w e g u n g e n sind die Verh/iltnisse sehr unter- sehiedlieh. Wghrend in relativ ruhigen Sehlafphasen, wie sie sehr hgufig waren, der Beobaehter ohne weiteres mit Protokollieren naehkam, konnten in unruhigeren Perioden die raseh aufeinanderfolgenden Bewegungen nur sehgtzungsweise be- s t immt werden. Wiihrend der Beobaehter mit dem Aufzeiehnen besehgftigt ist, k6nnen unbemerkt kleinere Bewegungen erfolgen; selbst wenn diesem Punkt spezielle Aufmerksamkeit gewidmet und wenn das Gesieht des Sehl/ifers in die Verlgngerung der Bliekriehtung auf das Notizpapier gebraeht wird. Es spielt in dieser Beziehung aueh die {)bung des Beobaehters und eine mSgliehst praktisehe ]~eleuehtungs- und Notieranordnung eine Rolle. Der Fehler der Bewegungs- protokollierung ist naeh dem Testversueh dureh zwei Beobaehter mit ~20~ einzusetzen. In den Fgllen, wo eine Protokollierung nieht mSglieh war, wnrde sie eingestellt.

6. Die prgziseste Aufzeiehnung im Protokoll ist die summierende Messnng der Bewegungszeiten mit der Stoppuhr. Als FehlermSgliehkeit erweist sieh hier namentlieh die ReaktionsverzSgerung des Beobaehters bei kurzdauernden

Max Gerber, Beobachtungen an sehlafenden Aktivatortr/igern 231

Zucknngsbewegungen in der Betg t igung der Uhr. Einzelne kurz aufe inander- folgende Bewegungen lassen sich schwer gegeneinander abgrenzen, die zwischen- liegende Ruhezei t wird mitgez~thlt. I m ganzen wurden die Bewegungszei ten eher verl~ngernd gemessen. Der Fehler zwischen zwei Beobachtern be t rng bei e inem augers t lebhaften Testversuch nu r 10~

7. Der A tmungs typ wurde nu r stichprobenweise, n icht for t laufend w~thrend der ganzen Beobachtungszei t bes t immt. Die St ichproben erfolgten am Anfang nnd am SchluB jeder Beobachtung, ferner immer dann , wenn die }Iundruhelage sich sichtlich ge~tndert hat. Es besteht also bei unserem Verfahren zur B e s t i m m u n g des A tmungs typs die 316glichkeit unbemerk te r Wechsel desselben zwischen den St ichprobem

Z u s a m m e n f a s s e n d k a n n gesagt werden, dal3 das Verfahren eine gute all- gemeine CharakterisieruI~g des Schlafverh~ltens er laubt . D~s Verhgltnis Ruhe : Bewegung ist bei al]en ~Fiillen so eiDseitig zuguns ten der Ruhe verschoben, dab es dureh die Beobaehtungsfehler n ieht beeinfluBt wird. Die im vorher- gehenden Absehni t t gemaehten SehluBfolgerungen wurden un te r Beri ieksichtigung der oben erwghnten FehlermSglichkeiten in vorsiehtiger, nieht extensiver ~Veise gezogen.

Zusammentassung

Die Vorstellungen iiber die Wirkungsweise des Aktivators gehen zur Zeit noeh aus- einander, insbesondere stehen die Ansehauungen yon A n d r e s e n - t I i i u p l , A.-~I. Sehwarz und Her ren in teilweise starkem Widersprueh zueinander. Die vorliegende Arbeit sell einen Beitrag zur Abkl~rung strittiger Probleme leisten.

Im 8inne einer biologisehen Verhaltensforschung wurde bei 10 Aktivatortrggern in 66 haIbstiindigen B~obaehtungen das Verhalten ohne und mit eingesetzt.er Apparatur be- obachtet.

Un'~er kritiseher B~riieksiehtigung der dem Verfahren anhaftenden Fehlerm6glichkeiten lassen sieh die Ergebnisse dieser Beobaehtungen folgendermaBen zusammenfassen:

1. Die pas s iven Ruhelagen des Kausystems tiberwogen zeitlieh die Bewegungen sehr stark (Verhaltnis etwa 100: 1). Ein signifikanter Untersehied im Verhalten ohne und bei eingesetztem Aktivator ergab sieh nieht.

2. Akt ive l~uhelage konnte sowohl ohne als aueh bei eingesetztem Aktivator in keinem ]?all festgestellt werden, auffallend war vielmehr die entspannte Haltung der )luskulatur.

3. Es konnten bei allen Aktivatortrggern versehiedene Sehlaflagen beobaehtet werden, doeh zeiehnete sieh eine Tendenz zur Bevorzugung bestimmter, individueller Sehlaflagen ab. Da die Beobachtungen etwa 1--3 Stunden naeh dem Zubettegehen erfolgten, ist es m6glieh, dag diese Tendenz eine ,,Restanz" der oft ,,zeremoniellen" Einsehlaflage darstellt.

4. Alle l0 Akgivatortrgger atmeten, selbst bei offenem ~Iund stets durch die Nase. ~eine 5Iundatmung wurde nie festgestellt, obschon 2 Aktivatortr/iger yon den Eitern aus- driicklich ats ,,Munda, tmer" bezeiehnet worden w~ren. Zusammenhgnge zwischen Kopf- ha ltung und ~Iundhaltung waren nieht, ersieh~,lich-

5, Das Verhalten der Aktivatortrgger sofort naeh dem Einsetzen der Appara'~ur war gleieh wie dasjenige naeh ,,Angew6hnung '~ es entspraeh vOllig dem Verhalten ohne Aktivator,

6. ,,AuBere" und ,,innere" Faktoren (St6rungen dureh den Beobaehter oder andere Sehl/i, fer im selben gimmer, Miidigkeit, gesundheitliehe Disposition, Erlebnisse wghrend des Tages) waren in der L~ge, das Verhalten der Aktivatortrgger im Sehlaf ersiehtlieh zu beeinflussen, wghrend das Einsetzen der Apparatur in keinem Fall zu siehtbaren ,,Reak- tionen" des Trggers fiihrte.

7. Bei 2 Aktivatortriigern, welehe den ~Iund stets often hielten, war der Aktivator mei- stens aus dem Oberkiefer ,,ausgestiegen" und somit unwirksam. Es konnte nie beobaehtet werden, dab Aktivatoren im Sehlafe ,,verloren" wurden (im Sinne eines passiven Gesehehens) bei den vorliegenden Beobaehtungen wurden sie unbewuBt yon Hand aus dem 5Iunde entfernt,

232 Fortsehritte der KieferorthopS, die Bd. 18 It. 3 (1957)

Sehrilltum Andresen - I - I~up l , Funktionskieferorthop/idie. 2. Aufl. Leipzig 1936. - - Esch le r , J.,

Dtseh. Zahn-Mund-Kieferhk. 6, 759 (1939). - - Ders. , Zschr. Stomat. 1950; 1952. - - Ders. , Z~hn/~rztl. Welt 19~1. - - I{i~upl, Schweiz. Zschr. Zahnhk. 1954, 1955. - - I-Ierren, P., Schweiz. Msehr. Zahnhk. 19~3, 19~4, 1955, 19~6. - - I-[ess, R., (~ber den Sehlaf. Sehweiz. I-Iochsehulzeitung, Nr. 3, 1955. - - Sehwarz , A. M., Zschr. Stomat. 1950. - - W i n t e r - s t e in , I-I., Sehlaf und Traum. Berlin 1932. Anschrift: Wabern-Bern, Weidenaustr. 5

{Jber den Durchbruch der permanenten Ziihne beim Menschenkind der Diluvialzeit

Von Dr. rer. nat. Gustaf Kiitzschke, Rudolstadt

Mit 13 Abbildungen

Es di i r f te ftir den Zahnarz t , besonders ftir den kieferorthop~idisch t~itigen, y o n e in igem In te re s se sein, e twas fiber den A b l a u f der zwei ten Den t i t i on be im Men- sehenkind , das vor mehr als 100000 J a h r e n ge lebt ha t , zu erfahren. E in Un te r - k iefers t i iek, welches im N o v e m b e r 1916 aus dem K~mpfesehen Brueh in Ehr ings- do r f bei W e i m a r du reh Sprengung freigelegt und yon H. V i r e h o w d a m a l s zu- s am mengese t z t wurde, g ib t mir Veranlassung, zu d iesem T h e m a einiges zu sagen.

Der k ind l i che Unte rk ie fe r tr~igt die Beze iehnung , ,Ehr ingsdor f I I (kurz E I I ) . Es s t eh t e imvandfre i fest, daft das ve r s te ine r te Kiefers t i i ek aus einer K a l k s e h i e h t s t a m m t (Traver t in) , d ie sieh in der l e t z t en Zwiseheneiszei t gebi lde t hat . Mit dem Unterk ie fe rs t f i ek wurde gleiehzeit ig, in e inen groften Ste inbloek eingeffigt, e in h6chs twahrsehe in l i eh duzugehSriges k indl iehes Ske le t t geborgen. Auf te rdem k o n n t e n an g]eieher Stel le zwei mi t t l e r e Schneidezi~hne n n d einige Milehbaeken- zi/hne geborgen werden. Der F u n d wurde da tums yon I t . V i r e h o w (1) zugleieh mi t e inem 2 J a h r e vorher ge fundenen Kiefers t f iek t ines i i l teren I n d i v i d u u m s e ingehend b e a r b e i t e t ~).

Besonders wer tvo l l ist, daft das ] inke k ind l iehe Unte rk ie f s r s t i i ek E I I in ver- hi i l tnismiiBig g u t e m Z n s t a n d e rha l t en ist . Sogar der aufs te igende As t hat , ab- gesehen y o n u n b e d e u t e n d e n k le inen Abbr i i ehen in de r Inz isura , am Angulus und a m Proe. a r t i eu la r i s ke ine Sehi iden anfzuweisen. Der l inke Eekzahn ist bei de r Bergung ver lorengegangen, jedoeh is t d ie Alveole so den t l i eh erkennbar , d a b m a n d iesen Ver lus t gu t ergi inzen kann , zumal au f der reeh ten Seite der E e k z a h n e rha l t en ist . Was l inks u m den 1. P r i imola ren fehlt , i s t ebenfal ls bedeutungs los , d a reeh ts de r 1. PrSmmlar, de r kurz vor dem Durehb rueh s teht , mi t se iner um- gebenden Knoehenp~r t i e bes tens erh~l ten i s t (Abb. 1 und 2).

I c h habe den Kie fe r t e i l sowie die Ziihne gerSntg t u n d dabe i fes tgestel l t , d a b die Zusammense t zung , wie sie 1916 yon I t . V i r e h o w vorgenommen wurde, ein- wandf re i erfolgt ist . Die ze r sp l i t t e r t en Teile bef inden sieh also al le an der rieh- t igen Stelle.

Die R 6 n t g e n a u f n a h m e n (Abb. 3 bis 5) des Kiefers und der Zithne sind nun sehr aufsehluftreieh. A u f den e rs ten Bl iek zeigt sieh, daft bei dem di luvia len Mensehen- k i n d vor e twa 130000 J a h r e n der Caninns im Unte rk ie fe r sehon vo l lkommen durehgebrochen , ja sogar de r Verkalkungsprozef t an den Wurze l sp i t zen nahezu beende t ist , she die P r~mola ren " ~ " durchgebrochen sind. Die R S n t g e n a u f n a h m e zeigt bei d iesen Z~hnen noch ein ziemlich weites Wurzel loch, was a u f e inen zeit-

1) Ffir alas Kind wurde ein Alter yon 10 Jahren errechnet (nach H. V i r c h o w ) .