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Aus der Neurologischen Klinik und Poliklinik der Universität München Direktor: Prof. Dr. Th. Brandt Spiegelbildliche Mitbewegungen: Phänomenologie und kortikale Mechanismen als Habilitationsschrift zur Erlangung des akademischen Grades eines habilitierten Doktors der Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München vorgelegt von Dr. med. Adrian Danek (1997)

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Aus der Neurologischen Klinik und Poliklinik der Universität München

Direktor: Prof. Dr. Th. Brandt

Spiegelbildliche Mitbewegungen:

Phänomenologie und kortikale Mechanismen

als Habilitationsschrift

zur Erlangung des akademischen Grades eines habilitierten Doktors der Medizin

an der Ludwig-Maximilians-Universität München

vorgelegt von

Dr. med. Adrian Danek

(1997)

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Meiner Familie

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INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG 6

1.1 VARIANTEN VON SPIEGELBEWEGUNGEN ...................................................................................................................6

1.2 DIE HYPOTHESE DER BEIDSEITIGEN MOTORISCHEN REPRÄSENTATION IM GEHIRN ........................................7

1.3 METHODEN ZUR UNTERSUCHUNG DER MOTORIK UND IHRER KORTIKALEN MECHANISMEN .....................10

1.4 HINWEISE FÜR BILATERALE MOTORISCHE REPRÄSENTATION BEI SPIEGELBEWEGUNGEN ..........................13

2 ZIEL UND FRAGESTELLUNGEN DER ARBEIT 16

3 METHODIK 18

3.1 KLINISCHE VERFAHREN ...............................................................................................................................................18

3.2 BIMANUELLE UNTERSUCHUNG DER FINGERKRÄFTE IM PRÄZISIONSGRIFF.......................................................20

3.2.1 Apparative Voraussetzungen........................................................................................................................... 20

3.2.2 Aufgabenstellung ............................................................................................................................................... 21

3.2.3 Auswertung der Daten....................................................................................................................................... 24

3.3 UNTERSUCHUNG KORTIKOSPINALER VERBINDUNGEN..........................................................................................26

3.3.1 Technik der transkraniellen elektromagnetischen Stimulation............................................................... 26

3.3.2 Kartierung des kortikalen Handareals ......................................................................................................... 27

3.3.3 Kortikomotorische Latenz zum Thenar.......................................................................................................... 31

3.4 UNTERSUCHUNG KORTIKALER MOTORISCHER AKTIVITÄT .................................................................................31

3.4.1 Bewegungs-korrelierte kortikale Potentiale................................................................................................ 31

3.4.2 Funktionelle Kernspintomographie............................................................................................................... 32

3.4.3 Aktivierungsstudien mit Positronenemissionstomographie ...................................................................... 33

4 BEFUNDE BEI GESUNDEN ERWACHSENEN 34

4.1 KLINISCHE BEFUNDE....................................................................................................................................................34

4.2 BIMANUELLE KRAFTANALYSE IM PRÄZISIONSGRIFF.............................................................................................35

4.3 TRANSKRANIELLE ELEKTROMAGNETISCHE STIMULATION ................................................................................39

4.3.1 Lage des Handareals ......................................................................................................................................... 39

4.3.2 Kortikomotorische Latenz zum Thenar.......................................................................................................... 41

4.3.3 Ipsilaterale Reizantworten im Thenar............................................................................................................ 41

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5 BEFUNDE BEI PERSISTIERENDEN SPIEGELBEWEGUNGEN 43

5.1 PATIENTEN....................................................................................................................................................................44

5.1.1 Autosomal-dominant vererbte Spiegelbewegungen.................................................................................... 44

5.1.2 Neurogenetische Syndrome mit Spiegelbewegungen ................................................................................. 50

5.2 BIMANUELLE KRAFTANALYSE IM PRÄZISIONSGRIFF.............................................................................................60

5.3 TRANSKRANIELLE ELEKTROMAGNETISCHE STIMULATION ................................................................................63

6 BEFUNDE BEI ZENTRALEN PARESEN 70

6.1 KLINISCHE BEFUNDE....................................................................................................................................................70

6.2 BIMANUELLE KRAFTANALYSE IM PRÄZISIONSGRIFF.............................................................................................70

6.3 TRANSKRANIELLE ELEKTROMAGNETISCHE STIMULATION ................................................................................74

7 KORTIKALE AKTIVITÄT WÄHREND EINSEITIGER WILLKÜRBEWEGUNGEN BEI GESUNDEN PROBANDEN UND PATIENTEN MIT PERSISTIERENDEN SPIEGELBEWEGUNGEN 79

7.1 BEWEGUNGS-KORRELIERTE KORTIKALE POTENTIALE ........................................................................................79

7.2 FUNKTIONELLE KERNSPINTOMOGRAPHIE..............................................................................................................82

7.3 AKTIVIERUNGSSTUDIEN MIT POSITRONENEMISSIONSTOMOGRAPHIE ...............................................................84

8 DISKUSSION 85

8.1 PHÄNOMENOLOGIE VON SPIEGELBEWEGUNGEN....................................................................................................85

8.2 ZUR HYPOTHESE DER BILATERALEN MOTORISCHEN REPRÄSENTATION BEI ZENTRALEN PARESEN .........87

8.3 MECHANISMEN VON SPIEGELBEWEGUNGEN...........................................................................................................88

8.3.1 Zur Rolle des Balkens........................................................................................................................................ 89

8.3.2 Ipsilaterale kortikospinale Bahnen ............................................................................................................... 91

8.3.3 Molekulare Grundlagen von persistierenden Spiegelbewegungen......................................................... 92

8.3.4 Abnorme Leitungsbahnen bei persistierenden Spiegelbewegungen ....................................................... 95

9 ZUSAMMENFASSUNG DER WESENTLICHEN BEFUNDE 97

10 TABELLARISCHER ANHANG 99

11 LITERATURVERZEICHNIS 112

12 DANKSAGUNGEN 118

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1 EINLEITUNG

1.1 Varianten von Spiegelbewegungen

Auf Mitbewegungen wird bei der klinisch-neurologischen Untersuchung meist mit der Frage

nach dem Vorliegen eines Parkinson-Syndroms geachtet. Hier ist die Verminderung des normalen

Mitschwingens der Arme während des Gehens charakteristisch. Beispiele für pathologische

Mitbewegungen sind die Synkinesien nach peripherer Fazialisparese oder die Massenbewegungen

bei Hemiparese.

Unwillkürliche Bewegungen, die in homologen Muskeln der Gegenseite während einseitiger

Willkürbewegungen auftreten, werden als "spiegelbildliche Mitbewegungen" oder

"Spiegelbewegungen" besonders herausgestellt. Als neurologischer Befund wurde diese Art der

Mitbewegungen erstmals bei Patienten mit Hemiparese beachtet [167]. Zugleich wurde ihr

Vorkommen aber auch bei Gesunden beschrieben und darauf hingewiesen, daß Spiegelbewegungen

bei Kindern deutlicher ausgeprägt sind und mit steigendem Lebensalter abnehmen [167]. Über diese

drei Formen hinaus (Spiegelbewegungen bei Hemiparese, bei gesunden Erwachsenen und bei

gesunden Kindern) wurde eine weitere, seltene Art des Phänomens unter der Bezeichnung

"persistierende Spiegelbewegungen" oder "kongenitale Spiegelbewegungen" berichtet [128,141]. Sie

tritt entweder isoliert (ohne weitere neurologische Befunde, aber oft familiär mit autosomal-

dominantem Erbgang [129]) oder im Rahmen neurogenetischer Syndrome auf. Ihre Bezeichnung

beruht auf der Hypothese einer "Persistenz des primären Zustandes, der unter gewöhnlichen

Verhältnissen beim Erwachsenen unterdrückt wird" [44].

Diese sehr deutlich ausgeprägten Spiegelbewegungen bei sonst neurologisch gesunden

Erwachsenen wurden erstmals von THOMAYER berichtet [155]. Persistierende Spiegelbewegungen

wurden später in Assoziation mit dem Klippel-Feil-Syndrom der zervikalen Blockwirbelbildung

[10,170] und als Symptom des Kallmann-Syndroms (hypogonadotroper Hypogonadismus und

Hyposmie) beschrieben [84,110]. Die Bewegungsstörung der Patienten kommt gut in der älteren

Fallschilderung eines Matrosen zum Ausdruck, der nicht auf Schiffstauen klettern konnte [22].

Seilklettern erfordert gegenläufige Bewegungen der Hände: dabei wird immer eine Hand geöffnet,

während die andere zupackt. Dieser Ablauf ist bei Spiegelbewegungen unmöglich: bei Bewegungen

einer Hand treten unwillkürlich gleichläufige Mitbewegungen der Gegenseite auf.

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Spiegelbewegungen sind distal, vor allem an den Fingern, besonders ausgeprägt. Sie sollen

auch bei gesunden Erwachsenen erhebliche Konsequenzen haben. Plakativ wird auf den Polizei-

Alltag verwiesen: "Erinnert sei an den nicht seltenen Fall, daß beim Einsatz im Rahmen einer

"Wohnungsstürmung" mit der linken Hand die Türklinke heruntergedrückt werden muß,

während in der rechten die Pistole gehalten wird. Kommt es zu einer Spiegelung der

Greifbewegungen von der linken Hand in die rechte, so kann sich ein Schuß ... lösen, dies

umso mehr, wenn die Tür mit großem Krafteinsatz aufgerissen werden soll." [101]. Da

genauere Angaben fehlen, erscheint es trotz der suggestiven Behauptung nicht sicher, ob sich

Situationen wie die geschilderte tatsächlich ereignen. Elektromyographische Untersuchungen

bestätigen aber das Auftreten von Spiegelaktivität bei gesunden Erwachsenen. Diese Studien haben

auch gezeigt, daß ihre Ausprägung mit zunehmender willkürlicher Kraftausübung zunimmt

[40,60,72].

Bei Spiegelbewegungen als Symptom einer klinisch-neurologischen Untersuchung fällt es

somit nicht leicht, zwischen einem pathologischen Befund und einem Normalbefund zu differenzieren.

Zu fragen ist, ob die Spiegelbewegungen bei Hemiparese und bei der persistierenden Form

tatsächlich scharf von den Beobachtungen bei gesunden Erwachsenen abgrenzbar sind. Unterschiede

könnten in der Phänomenologie der Bewegungsmuster bestehen oder in den zugrundeliegenden

Mechanismen.

1.2 Die Hypothese der beidseitigen motorischen Repräsentation im Gehirn

Seit den Beobachtungen von Spiegelbewegungen bei hemiparetischen Patienten wird über

eine motorische Repräsentation beider Körperhälften in einer Gehirnhemisphäre spekuliert. Man

vermutete eine Weiterleitung von Impulsen der auf einer Seite intakt gebliebenen Hirnrinde auf

motorische Zentren sowohl der gleichen als auch der gegenüberliegenden Hirnhälfte als Grundlage

der beidseitigen Bewegungen [167]. Wegen der Abnahme von Spiegelbewegungen im Laufe der

normalen motorischen Entwicklung wurde eine "ursprüngliche Bilateralität aller Impulse im

Zentralorgan" [35] oder ein "Primärzustand der Doppelseitigkeit" [44] postuliert. Das Konzept

der bilateralen motorischen Repräsentation [18,78,167,173] wird herangezogen, um zu erklären,

daß zentrale Paresen, die sich nach einer ersten Schädigung des Gehirns zurückgebildet hatten, nach

einer Schädigung der anfänglich verschonten Gegenseite erneut auftraten [43,97]. Analoge

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Beobachtungen wurden an Aphasie-Patienten gemacht [9], wo in einigen Fällen die beidseitige

Sprachrepräsentation auch mit modernen bildgebenden Verfahren belegt werden konnte [165].

Die eigene Beobachtung eines Patienten mit zentraler Parese bei Hirninfarkt, der eine fast

vollständige Funktionsrestitution zeigte, gab den Anlaß zu den vorliegenden Untersuchungen. Das

anfängliche klinische Bild des Patienten entsprach dem Syndrom des "pure motor stroke". Ursache

war ein kleiner, vermutlich kardial-embolisch bedingter Infarkt im hinteren Schenkel der inneren

Kapsel, der die an dieser Stelle [132] passierende Pyramidenbahn "strategisch" unterbrochen hatte.

♦ CVI01: Der bisher gesunde Maurer hatte im Alter von 19 Jahren eine akute Hemiplegie rechts erlitten, initial schweres Defizit mit fehlender Willkürmotorik der rechten Seite. Bei regelmäßigen, videographisch dokumentierten Verlaufsuntersuchungen konnte eine praktisch vollständige Erholung beobachtet werden. Anläßlich der letzten Nachuntersuchung, 6 1/2 Jahre nach dem Infarkt, berichtete er lediglich von einem leichten Unterschied der Beinumfänge und einer Krallenstellung der Zehen rechts. Insbesondere Zeichnen und Schreiben seien nicht beeinträchtigt. Im Befund bestand eine minimale Beeinträchtigung der Feinmotorik der rechten Hand bei sequentieller Fingeropposition und Prüfung der Diadochokinese. Die rechten Zehen bewegten sich verlangsamt. Bis auf gesteigerte Muskeleigenreflexe rechts waren keine weiteren Zeichen der ehemaligen Hemiplegie zu finden, insbesondere nicht bei Prüfung des Muskeltonus, der Vorhalteversuche und des Rollversuchs der Arme, auch das Babinski-Zeichen war nicht pathologisch.

Die motorische Erholung erschien uns bei diesem Patienten besonders bemerkenswert, da

sich das kernspintomographische Bild einer sekundären Wallerschen Degeneration der

Pyramidenbahn entwickelte (Abb. 1). Dieser Verlauf ähnelt älteren Kasuistiken, bei denen ein

einseitiger höchstgradiger Faserverlust der Pyramide autoptisch gesichert wurde [1,45,94,131].

Abbildung 1 Kernspintomogramm (Frontal-schnitt) eines Patienten sieben Monate nach Einsetzen einer Hemiplegie bei lakunärem Infarkt in der inneren Kapsel links (Pfeil oben), im Versorgungsgebiet der Arteria choroidea anterior (T2-Gewichtung): Man erkennt eine bandförmige Zone erhöhter Signalintensität (Pfeile 1-4), deren Ausdehnung (1: innere Kapsel, 2: Hirnschenkel, 3: Pons, 4: Pyramide der Medulla) dem Verlauf der Pyramidenbahn entspricht. Da bei einer vorangegangenen Untersuchung nicht vorhanden, ist der Befund als sekundäre, Wallersche Degeneration dieses Fasersystems zu deuten. Daraus kann man auf die Unterbrechung einer Vielzahl der absteigenden motorischen Fasern schließen (modifiziert nach [36]).

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Die Pyramidenbahn, oft als Tractus corticospinalis bezeichnet, gilt als Endstrecke der

Willkürmotorik. Anatomisch versteht man darunter die Gesamtzahl der etwa 106 Fasern, die durch

die Pyramide der Medulla oblongata ziehen. Sie sind inhomogen und enthalten unter anderem auch

Projektionen zu den Hinterstrangkernen. Von den kortikospinalen Fasern haben je etwa 30% ihren

Ursprung im motorischen Kortex (BRODMANN-Area 4) und den rostral anschließenden

prämotorischen und supplementär-motorischen Arealen (Area 6). Die meisten verbleibenden Fasern

stammen aus dem Gyrus postcentralis. Aus den BETZ´schen Riesenzellen in Area 4 entspringen die

dicksten Fasern höchster Leitgeschwindigkeit (70m/s), die aber nur einen geringen Anteil der

Pyramidenbahn ausmachen (etwa 4%). Großteils leiten die Fasern mit niedrigen Geschwindigkeiten

(ab 7m/s). Einige Fasern verbleiben ungekreuzt als Tractus corticospinalis anterior [85], die

Mehrzahl aber kreuzt unterhalb der Pyramide und bildet den Tractus corticospinalis lateralis. Von

den spinalen Endigungsgebieten gilt die monosynaptische Projektion auf Motoneurone der Hand-

und Fingermuskulatur als grundlegebend für unsere Fähigkeit, isolierte Fingerbewegungen wie im

Präzisionsgriff auszuführen (Übersicht: [79]).

An unserem Patienten mit Pyramidenbahndegeneration kam es während der Restitution der

Motorik, die schließlich auch unabhängige Fingerbewegungen erlaubte, zu unwillkürlichen

Spiegelbewegungen in der gesunden Hand, wenn er die geschwächte Hand innervierte. Deren

Ausprägung nahm mit zunehmender Funktionsrestitution ab, sie fehlten zuletzt ganz. Bei Bewegung

der gesunden Hand traten keine Spiegelbewegungen auf.

Vergleichbare tierexperimentelle Beobachtungen sind seit langem bekannt [157]. Nach

vollständiger Durchtrennung einer Pyramidenbahn durch medulläre Pyramidotomie kam es zu

Spiegelbewegungen in der gesunden Hand bei Bewegung der beeinträchtigten [144]. Im Verlauf

wurde in diesen und anderen Fällen einseitiger Pyramidotomie bei Affen eine Funktionsverbesserung

beobachtet [27,68]. Als Mechanismus wurde vorgeschlagen, daß Fasern der intakten

Pyramidenbahn nach ipsilateral, also zu dem durch die Durchtrennung der einen Pyramide

denervierte Vorderhorn des Rückenmarks aussprossen. Eine solche Kollateralisierung nach

ipsilateral würde sowohl die motorische Besserung als Funktionsübernahme durch die ungeschädigte

Hemisphäre erklären als auch eine mögliche Leitungsbahn von Spiegelbewegungen aufzeigen. Die

Hypothese ist bisher unbewiesen, da nur das Versuchstier, das nach dem Eingriff am längsten

beobachtet wurde (18 Monate), anatomisch Hinweise auf ipsilaterale Kollateralen zeigte [92].

Dieses späte Auftreten steht im Gegensatz zum Zeitgang der Spiegelbewegungen, die anfangs

deutlich sind und mit fortschreitender Funktionsrestitution abnehmen [144].

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Eine ipsilaterale Repräsentation motorischer Leistungen durch ungekreuzt verlaufende

Bahnen hat vor allem K.J. ZÜLCH herangezogen, um Funktionserholungen bei Hemiparese zu

erklären [53]. Er nahm einen Zusammenhang von Funktionsrestitution und Spiegelbewegungen an

[125,178,179,180], vielleicht sogar mit therapeutischer Bedeutung [125]. ZÜLCHs Beispiel der

Hemisphärektomie ist insofern kritisch zu sehen, als hier die Restitution für Fingerbewegungen kaum

ausreicht [117].

Für die Existenz einer bilateralen motorischen Repräsentation wird schließlich seit langem

angeführt, daß bei Hemiparesen auch die vermeintlich "gesunde" Seite, ipsilateral zur geschädigten

Hemisphäre, beeinträchtigt ist [32,63,83,153,154]. Am bekanntesten ist hier die Selbstbeobachtung

des Neuroanatomen ALF BRODAL [19].

1.3 Methoden zur Untersuchung der Motorik und ihrer kortikalen Mechanismen

Neben der Erfassung von Bewegungsabläufen im Rahmen der klinisch-neurologischen

Untersuchung oder durch Videographie werden zunehmend auch apparative Methoden eingesetzt

(z.B. "Motorische Leistungsserie" von SCHOPPE, graphische Tabletts zur Aufzeichnung von

Schreibbewegungen, akustische oder optische Systeme zur dreidimensionalen Bewegungsanalyse)

[102]. Da sich Spiegelbewegungen vor allem an den Fingern manifestieren, können für ihre

Untersuchung Geräte verwendet werden, die die Kräfte im Präzisionsgriff zwischen Daumen und

Zeigefinger erfassen und eine zweikanalige Messung ermöglichen [70,96]. Eine verbindliche

Klassifikation von Handfunktionen oder ein daraus abzuleitendes standardisiertes

Untersuchungsprogramm gibt es derzeit nicht [102].

Die Erforschung von kortikalen Mechanismen der Motorik begann mit den Tierversuchen

von FRITSCH, HITZIG (1870) und FERRIER (1875), die durch elektrische Reizung der Hirnrinde

Muskelzuckungen der gegenseitigen Extremitäten auslösen konnten. Der motorische Kortex des

Menschen wurde durch intraoperative Stimulation vor allem von FOERSTER und PENFIELD

untersucht, die eine topisch geordnet scheinende Repräsentation der kontralateralen Körperhälfte im

Gyrus praecentralis als "Homunculus" veranschaulichten [46,124]. Ihre Technik der direkten

kortikalen Reizung wird in der Neurochirurgie weiter genutzt [138], aber seit Anfang der achtziger

Jahre bestehen für die Untersuchung von zentral-nervösen Bahnsystemen auch Verfahren, die eine

Reizung von kortikalen Neuronen durch die Schädeldecke hindurch erlauben. Die elektrische

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transkranielle Kortexstimulation [109] wurde bald von der fast schmerzlosen Reizung durch

Entladung von Magnetfeldern, die in Spulen nahe der Schädeldecke generiert werden, abgelöst [7].

Mit dieser Technik lassen sich einerseits kortikomotorische Leitungszeiten messen, andererseits kann

die räumliche Verteilung der Orte, von denen sich Reizeffekte auslösen lassen, kartiert werden [112].

Die Analyse kortikaler Aktivität bei Willkürbewegungen aus EEG-Phänomenen gelang durch

die von KORNHUBER und DEECKE eingeführte Computer-gestützte Rückrechnung, mit der das

"Bereitschaftspotential" als erstes Bewegungs-korreliertes kortikales Potential identifiziert wurde

[91]. Die Methode der Ereignis-korrelierten Potentiale, die kortikale Leistungen (wie Bewegung,

Verarbeitung eines Sinnesreizes) begleiten, beruht auf Veränderungen im Elektroenzephalogramm

oder Magnetenzephalogramm [28]. Die Oberflächenpotentiale vor, während und nach einfachen

Willkürbewegungen zeigen eine typische Sequenz von frühem und spätem "Bereitschaftspotential",

"negative slope" (NS´), "prämotorischer Positivierung", "Motorpotential" und "reafferenten

Potentialen" [152]. Während das Bereitschaftspotential über beiden Hemisphären in etwa gleich

ausgeprägt ist, sind die nachfolgenden kortikalen Potentiale auf der Gegenseite zur Willkürbewegung

betont. Die nur geringen Potentialschwankungen erfordern allerdings eine vielfache Wiederholung des

Aktivitätszustandes mit nachfolgender rechnerischer Mittelung. Die Methode hat eine hohe zeitliche

Auflösung (im Millisekunden-Bereich), bietet aber nur unzureichende Informationen über die Lage

der aktiven Strukturen. Neue Verfahren zur Analyse der Potentialverläufe versuchen daher, ihre

Quellen als Dipole zu konzeptualisieren und örtlich zuzuordnen [137].

Hirnaktivität wird nicht nur von magnetoelektrischen Phänomenen begleitet, sondern auch

von einer umschriebenen Zunahme von Stoffwechsel, Blutvolumen und Blutfluß in einer aktiven

Region. Das Vorgehen in Aktivierungsuntersuchungen beruht auf der Annahme, daß die regionale

Stoffwechselaktivität während zerebraler Leistungen zunimmt und dabei eine neurovaskuläre

Kopplung besteht. Ferner wird vorausgesetzt, daß sich die Bildung von Differenzen zwischen

Befunden bei unterschiedlichen Zuständen (wie "Ruhe" und "Bewegung") zur Darstellung der an einer

Leistung beteiligten Regionen eignet [172].

Als Standard galt bisher die Positronenemissionstomographie (PET), eine Technik zur

Messung der regionalen Verteilung radioaktiv markierter Spürsubstanzen ("Tracer"). Durch

Verwendung von Glukose, Sauerstoff oder Wasser läßt sich der Metabolismus, der Blutfluß oder

das Blutvolumen umschriebener Hirnregionen darstellen [66]. Die SPECT-Technik ("single photon

emission computed tomography") ähnelt der PET-Methode, beruht aber auf der Erfassung einer

Photonen-Emission. Die räumliche Verteilung von radioaktiv markiertem Xenon-Gas oder HMPAO

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(99m-Technetium-Hexamethylpropylenaminoxim) korreliert mit lokaler Hirnaktivität. SPECT-

Aktivierungsstudien mit HMPAO [122] sind erschwert durch die unzureichende Kenntnis der

Anreicherungsmechanismen und die lange Verweildauer der Substanz.

Mit PET konnte die somatotopische, "homunculäre" Repräsentation der Motorik

nachvollzogen werden, da Bewegungen der großen Zehe, des Armes, des Daumens und der Zunge

eine geordnete Reihe aktivierter Regionen im Gyrus praecentralis ergaben [59]. Die zeitliche

Auflösung von PET-Aktivierungsstudien liegt im Bereich einer Minute, die räumliche Auflösung im

Bereich eines Zentimeters. Viele PET-Ergebnisse beruhen auf Gruppenversuchen, in denen die

Zuordnung einer regionalen Steigerung der Hirndurchblutung zu individuellen Hirnstrukturen

erschwert ist. Im Gegensatz dazu gibt die funktionelle Kernspintomographie die regionale Aktivierung

beim Individuum mit hoher anatomischer Präzision (Millimeter-Bereich) wieder.

Diese seit kurzem verfügbare Technik beruht auf der lokalen Perfusionszunahme bei

neuronaler Aktivität. Sie bewirkt im Blut eine deutliche, den Bedarf noch übertreffende Erhöhung des

Angebotes an Oxyhämoglobin bei relativer Verminderung des Gehaltes von Deoxyhämoglobin. Da

Deoxyhämoglobin paramagnetisch ist, führt seine verringerte Konzentration zu einer Abnahme von

Suszeptibilitätsartefakten im Kernspintomogramm und einer Zunahme der Signalintensität

(sogenannter BOLD-Kontrast, "blood oxygen level dependent"). Deoxyhämoglobin ist somit ein

endogenes Kontrastmittel zur Darstellung des regionalen zerebralen Blutflusses. Die Methode wurde

am visuellen System entwickelt und bald auf die Untersuchung des motorischen Kortex ausgedehnt

[20,93]. Sie ist validiert durch den Vergleich mit der direkten intraoperativen elektrischen Stimulation

zur Lokalisation des motorischen Handareals [174]. Es ist durch seine Lage an einer

charakteristischen Dorsalfaltung des Sulcus centralis auch auf konventionellen

Kernspintomogrammen gut zu erkennen [175].

Durch die im Verhältnis zur PET höhere räumliche Auflösung der funktionellen

Kernspintomographie gelang auch beim Menschen die Bestätigung von tierexperimentellen Befunden

mit intrakortikaler Mikrostimulation, die eine überstrenge somatotopische Gliederung im primären

motorischen Kortex relativierten. Die Repräsentation der Motorik im "Homunculus" scheint demnach

weniger starr geordnet als bisher vermutet [136].

Auch zeitlich liegt die Auflösung der funktionellen Kernspintomographie niedriger als von

PET (Sekundenbereich). Prinzipielle Grenze ist die Latenz der neurovaskulären Kopplung.

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1.4 Hinweise für bilaterale motorische Repräsentation bei Spiegelbewegungen

Untersuchungen mit transkranieller Reizung des motorischen Kortex bei zwei Patienten mit

persistierenden Spiegelbewegungen waren der erste direkte Hinweis auf die postulierte Kontrolle

einer Hemisphäre über beide Körperhälften. COHEN und Mitarbeiter beobachteten simultane

Muskelantworten in beiden Händen nach einseitiger elektrischer [31] und magnetischer [30]

Stimulation und schlossen auf die Existenz einer ipsilateralen Leitungsbahn.

Es lag nahe, bei unserem Patienten mit Pyramidenbahndegeneration und Spiegelbewegungen

während der Funktionsrestitution (CVI01) nach ähnlichen Befunden zu suchen [51: Fall 1]. Auch bei

ihm und vier weiteren Patienten waren nach transkranieller elektrischer Kortexstimulation Antworten

in beiden Daumenballen zu evozieren (Abb. 2).

Abbildung 2 Transkranielle elektrische Stimulation des motorischen Kortex bei Patient CVI01 mit linksseitiger Unterbrechung und Degeneration der Pyramidenbahn, zwei Monate nach dem Hirninfarkt: Bei Reizung der rechten, ungeschädigten Hirnhälfte (rechte Hälfte der Abbildung) waren nur kontralaterale Antworten auszulösen, während die Reizantworten bei Stimulation der linken Hemisphäre bilateral im Thenar auftraten. Die Beobachtung kann nicht durch die geringere Stärke der Reizung über der intakten Seite erklärt werden, da sie auch bei vier weiteren Patienten mit gleichen Reizstärken für beide Hemisphären gemacht wurde und bei Gesunden auch bei hohen Reizstärken keine ipsilateralen Antworten auftraten (modifiziert nach [49] und [51]).

Das Ergebnis war freilich überraschend, da die bilateralen Antworten bei elektrischer

Reizung der geschädigten Hemisphäre auftraten. Im Falle der vermuteten funktionellen

Kompensation durch die intakte Hirnhälfte hätte man einen solchen Befund eher bei Stimulation

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dieser ungeschädigten Seite erwartet. Hierbei traten aber streng einseitige Antworten auf, im zur

Seite der Reizung kontralateralen Thenar wie bei Kontrollpersonen [172].

SPECT-Untersuchungen vier und sieben Monate nach dem Hirninfarkt zeigten ebenfalls

Hinweise auf bilaterale motorische Mechanismen (Abb. 3). Durch Anreicherung der Spürsubstanz

HMPAO wurde der regionale zerebrale Metabolismus in Ruhe und bei Durchführung repetitiver

Bewegungen der ehemals gelähmten Finger verglichen. Die Messung des Metabolismus ist nicht

quantitativ, lediglich das allgemeine Muster der Anreicherung kann qualititativ bewertet werden.

Während der Ruhe-Untersuchung bestand eine nur geringe Hemisphärenasymmetrie der

Hirnaktivität. Während der Bewegung war die Asymmetrie zugunsten der gesunden Hemisphäre

deutlicher [49].

Abbildung 3 HMPAO-SPECT des Gehirns bei Patient CVI01 vier Monate nach Hirninfarkt (Untersuchungen im Abstand von drei Tagen in Zusammenarbeit mit Dr. G. Leinsinger, Klinik für Nuklearmedizin, Klinikum Großhadern; links: Farbskala der angereicherten Radioaktivität; modifiziert nach [49]): Die Anreicherung der radioaktiv markierten Spürsubstanz HMPAO erfaßt den Hirnstoffwechsel nicht in Absolutwerten. Im Vergleich der beiden horizontalen Schnittbilder bedeutet gleiche Farbkodierung in A und B daher nicht gleiche metabolische Aktivität und die Skala zeigt lediglich die Abfolge der Kodierung an (hohe Aktivität: weiß, niedrige: violett). Qualitativ zeigt sich, daß die Anreicherung im Ruhezustand (A) zwischen den Hemisphären differiert und daß diese Asymmetrie zugunsten der ungeschädigten, rechten Hirnhälfte bei Fingerbewegungen der beeinträchtigten rechten Hand (B) deutlicher wird. Dies läßt sich als Zunahme zerebraler Aktivität in der zur Parese ipsilateralen Hemisphäre interpretieren.

Der SPECT-Befund kann so gedeutet werden, daß die geschädigte Hemisphäre schon in

Ruhe metabolisch weniger aktiv war und Bewegung zu einer weiteren Aktivitätssteigerung der

ungeschädigten Hirnhälfte führte. Dieser qualitative Eindruck ließ sich in einer PET-Studie, die

ebenfalls die zerebrale Aktivität in Ruhe und bei Bewegung verglich, durch quantitative Messung des

A B

rechts rechts

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regionalen zerebralen Blutflusses bestätigen [166: Fall 2]. Während der Patient die ehemals

gelähmten Hand bewegte, zeigte er im statistischen Vergleich mit Kontrollpersonen ein abnorme

Verteilung kortikaler Aktivität. Sowohl in der geschädigten kontralateralen Hemisphäre wie ipsilateral

zur Bewegung waren Areale stärker aktiviert als bei der Kontrollgruppe (Abb. 4).

Abbildung 4 PET-Aktivierungsstudie mit Inhalation von radioaktiv markiertem Kohlendioxid bei Patient CVI01 nach linkshirnigem Infarkt 21 Monate zuvor, der sich vollständig von seiner anfänglichen Hemiplegie erholt hatte (Untersuchung an der MRC Cyclotron Unit, London; Arbeitsgruppe Prof. R. Frackowiak): Die Regionen, in denen der Blutfluß während repetitiver Fingeropposition der ehemals gelähmten rechten Hand im Vergleich zu 10 Kontrollpersonen statistisch signifikant erhöht war, sind rot/gelb auf die rechte und linke Oberflächenansicht eines "Referenzgehirnes" projiziert (verändert nach [166]). Auffällig sind in der geschädigten Hemisphäre die Regionen mit abnorm gesteigerter Aktivität, die im kortikalen motorischen Handareal und ventral (A) bzw. posterior (B) davon liegen (A im Gesichtsareal bzw. B im Gyrus postcentralis). Ferner zeigt der ipsilaterale motorische Kortex (C) eine gesteigerte Aktivierung.

Wir haben die Befunde in diesem exemplarischen Fall einer fast vollständigen

Funktionserholung bei schwerer Pyramidenbahnschädigung als Hinweise dafür gedeutet, daß eine

kortikale Reorganisation unter Beteiligung bilateraler Mechanismen stattgefunden hat und haben die

transienten Spiegelbewegungen unseres Patienten als mögliches klinisches Zeichen der

Reorganisation angesehen. Wegen ihrer eingangs dargestellten vielfältigen Formen wurde eine

systematische Untersuchung von Spiegelbewegungen durchgeführt.

frontalokzipital okzipital

rechte Hemisphäre (ungeschädigt) linke Hemisphäre (Kapselinfarkt)

AB

C

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16

2 ZIEL UND FRAGESTELLUNGEN DER ARBEIT

Ziel der hier vorgestellten Untersuchungen war es, spiegelbildliche Mitbewegungen als

klinisch-neurologisches Phänomen genauer zu erfassen. Spiegelbewegungen, die vor allem die Hände

und Finger betreffen, sind bei verschiedenen Gruppen von Probanden beschrieben worden: unter

anderem bei gesunden Erwachsenen, bei Patienten mit Hemiparese und als seltene, genetisch

bedingte Form ("persistierende Spiegelbewegungen") in komplexen Konstellationen wie dem

Kallmann-Syndrom (hypogonadotroper Hypogonadismus mit Anosmie) oder als isoliert vererbter

Befund. Bisherige Arbeiten haben nicht mehr als zwei Gruppen aus dem Spektrum des Phänomens

Spiegelbewegungen untersucht.

Um mehrere Unterarten von Spiegelbewegungen miteinander zu vergleichen, wurden daher

gesunde Kontrollpersonen (drei Gruppen mit zusammen 85 Probanden), insgesamt 22 Patienten mit

zentralen Paresen und insgesamt 14 Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen mit gleicher

Methodik untersucht. Nach der anfänglich zufälligen Entdeckung von Familien mit isoliert vererbten

Spiegelbewegungen wurden weitere Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen dadurch

rekrutiert, daß bei insgesamt 43 Patienten mit hypogonadotropem Hypogonadismus (idiopathisch

und Kallmann-Syndrom), bei 10 Patienten mit Duane-Syndrom und bei 3 Patienten mit Klippel-Feil-

Syndrom systematisch danach gesucht wurde. Diese Untersuchungen sollten auch Aufschluß darüber

geben, ob Spiegelbewegungen ein obligates oder fakultatives Symptom dieser neurogenetischen

Syndrome sind und ob sie zu Recht zusammen mit der autosomal vererbten Form klassifiziert

werden.

Neben der klinischen Beschreibung des Phänomens wurden beidhändige Kraftmessungen

beim willkürlichen Pinzettengriff durchgeführt. Diese Untersuchungen sollten die Frage beantworten,

ob zwischen den Gruppen von Spiegelbewegungen quantitative oder qualitative Unterschiede in der

Phänomenologie bestehen. Dazu wurde auch der Einfluß des Grades der Willküranstrengung

(verschiedene Kraft- und Geschwindigkeitsinstruktionen) geprüft und untersucht, ob

Spiegelbewegungen zwischen der dominanten Hand und der nicht-dominanten Hand variieren.

Hierzu vorliegende Beobachtungen an gesunden Erwachsenen sind widersprüchlich [35,72]. Auch

Alter und Geschlecht der Probanden wurden als mögliche Einflußfaktoren auf die Ausprägung von

Spiegelbewegungen angesehen.

Ausgehend von der Überlegung, daß Spiegelbewegungen vielleicht ein Indikator für kortikale

Reorganisation nach Hirnläsion sind, wurde ihr Auftreten bei den Patienten mit zentralen Paresen in

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Bezug zum Ausmaß der motorischen Funktionsrestitution gesetzt. Als anatomischer Aspekt wurde

bei diesen Patienten auch die Frage nach einer lokalisationsdiagnostischen Bedeutung von

Spiegelbewegungen berücksichtigt.

Nachdem frühere Arbeiten gezeigt haben, daß als abnormer Befund der fokalen

Kortexstimulation Muskelantworten bei Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen nicht nur

kontralateral zur gereizten Hemisphäre sondern auch ipsilateral auftreten [30,31], wurde geprüft, ob

dies für alle Arten von Spiegelbewegungen zutrifft.

Der Befund simultaner Reizantworten in beiden Händen bei persistierenden

Spiegelbewegungen läßt vermuten, daß einseitige kortikale Aktivität für sowohl kontralaterale als

auch ipsilaterale Bewegungen ausreicht. Dafür spricht auch die Kasuistik eines Patienten, der durch

einen Schlaganfall hemiplegisch wurde, aber auf der gelähmten Seite unverändert seine schon zuvor

bekannten persistierenden Spiegelbewegungen zeigte [64]. Im Gegensatz zur Erwartung wurde als

Ergebnis von Untersuchungen der kortikalen Aktivität aber davon berichtet, daß bei Patienten mit

persistierenden Spiegelbewegungen beide Hemisphären während einseitig intendierter Bewegung

aktiv waren [31,145].

Zur Überprüfung dieser überraschenden Befunde wurden auch wenige der eigenen Patienten

mit persistierenden Spiegelbewegungen im Vergleich mit gesunden Kontrollpersonen (jeweils

zwischen zwei und zehn) untersucht. Als drittes Verfahren stand hier zusätzlich zu den beiden schon

bisher genützten Verfahren (Ereignis-korrelierte Potentiale und PET) auch die funktionelle

Kernspintomographie für Untersuchungen auf Unterschiede des Aktivierungsmusters von Patienten

und Kontrollpersonen zur Verfügung.

Ein Nebenaspekt der vorgelegten Untersuchungen waren mögliche Hinweise auf molekulare

Mechanismen von persistierenden Spiegelbewegungen aus dem Muster ihres Vorkommens bei

neurogenetischen Syndromen. Hier war insbesondere danach gefragt, ob Unterschiede zwischen

dem idiopathischen hypogonadotropen Hypogonadismus und dem Kallmann-Syndrom, bei dem die

Genese der X-chromosomal vererbten Form als Störung des Wachstums zentraler Axone

weitgehend aufgeklärt ist, bestehen.

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3 METHODIK

3.1 Klinische Verfahren

Zur Beurteilung von spiegelbildlichen Mitbewegungen im Rahmen der klinisch-neurologischen

Untersuchung wurden die einzelnen Muskelgruppen der Extremitäten seitengetrennt, ohne und mit

Ausübung von Widerstand, untersucht und das Augenmerk auf Bewegungen der gegenseitigen

Extremität gerichtet. Besonders sorgfältig wurde auf mögliche Mitbewegungen an den Händen

geachtet, wozu die Probanden willkürlich die Finger gegen Widerstand spreizen (Abb. 5 A) oder

eine sequentielle Fingeropposition ausführen sollten (Abb. 5 B). Die oberen Extremitäten wurden am

sitzenden oder stehenden Probanden geprüft, die unteren Extremitäten im Liegen oder Sitzen. Der

Gesamteindruck der klinischen Untersuchung wurde mit einer vierstufigen Skala bewertet (Tabelle

1).

Abbildung 5 Bei der klinischen Prüfung auf Spiegelbewegungen wird eine Hand beobachtet - hier die rechte Hand, während die andere - hier jeweils die linke Hand - Willkürbewegungen ausführen soll. Diese Willkürbewegungen sind z.B. Fingerspreizen gegen den Widerstand des Untersuchers (A) oder eine sequentielle Fingeropposition (B). Hier berührt der Daumen rasch in aufsteigender Folge die Spitzen aller gegenüberliegenden Finger und wiederholt den Ablauf in rückläufiger Richtung.

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Tabelle 1 Skala zur klinischen Quantifizierung von spiegelbildlichen Mitbewegungen

Zur Quantifizierung der Händigkeit wurde das "Edinburgh Inventar" in der Version von

SALMASO und LONGONI verwendet [135]. Die Probanden sollten angeben, welche Hand sie jeweils

bei zehn verschiedenen Tätigkeiten, wie z.B. dem Kämmen, Zähneputzen oder Hämmern bevorzugt

einsetzen. Antworten wie "beide in gleicher Weise" werden sowohl für die rechte wie für die linke

Hand gezählt. Der Lateralitätsquotient LQ bei reiner Rechtshändigkeit (Bevorzugung der rechten

Hand bei allen Aufgaben) ist als +100 definiert, bei reiner Linkshändigkeit als -100. Er errechnet sich

als LQ = [(Angaben"rechts" -Angaben"links" ) / (Angaben"rechts" +Angaben"links" )] x 100.

Eine Demonstration der Tätigkeit wird bei diesem rein verbalen Präferenztest der Händigkeit nicht

verlangt, ebensowenig eine Messung tatsächlicher Handfertigkeiten.

Die motorischen Leistungen bei zentralen Paresen wurden nach der "Rivermead Motor

Skala" gewertet [100]. Dabei werden verschiedene motorische Aufgaben daraufhin beurteilt, ob der

Patient sie ausführen kann oder nicht, und es wird jeweils ein Punkt vergeben oder nicht vergeben.

Leistungen der Arme, der Beine sowie des Rumpfes werden getrennt beurteilt und zu einem

Gesamtwert zusammengefaßt (maximal 38 Punkte). Nur die Leistungen der oberen Extremitäten

unserer Patienten wurden für die aktuelle Untersuchung berücksichtigt. Tabelle I (Seite 99) zählt die

zu erfüllenden Aufgaben auf.

Keine Mitbewegung homologer Muskeln der Gegenseite bei einseitiger Willkürbewegung

Nur bei einseitiger Willkürbewegung gegen maximalen Widerstand des Untersuchers

kommt es zur Mitbewegung homologer Muskeln der Gegenseite

Leichte, inkonstante, erschöpfliche Mitbewegung homologer Muskeln der Gegenseite

bei einseitiger Willkürbewegung ohne Widerstand

Deutliche, willkürlich nicht unterdrückbare Mitbewegung homologer Muskeln der

Gegenseite

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3.2 Bimanuelle Untersuchung der Fingerkräfte im Präzisionsgriff

3.2.1 Apparative Voraussetzungen

Die zwischen Daumen und Zeigefinger entwickelte Kraft wurde simultan an beiden Händen mit einem von der Entwicklungsgruppe Klinische Neuropsychologie, Städtisches Krankenhaus München-Bogenhausen (Prof. N. Mai, Dr. J. Hermsdörfer, Dipl.-Ing. C. Marquardt) entwickelten PC-gesteuerten System gemessen [69,71]. Der Proband übt Fingerkräfte auf zylindrische Körper von 65mm Länge aus und kann durch die Höhe von vertikalen Balken auf einem Farbbildschirm eine optische Rückmeldung über die aktuelle Kraft erhalten (Abb. 6). Zusätzlich können Markierungen, auf die der Proband den Balken ausrichten soll, präsentiert werden. Die Manipulanden enthalten Druckaufnehmer, deren Meßwerte über Kabel einem Verstärker und dann dem PC zur Digitalisierung zugeleitet werden. Die Untersuchung wird über einen zweiten Bildschirm gesteuert. Das dazu verwendete Programm "FS" [103] dient auch zur Datenaufzeichnung und -auswertung.

Abbildung 6 Untersuchung der Fingerkräfte mit zylindrischen Manipulanden, die im Präzisionsgriff zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten werden (modifiziert nach [69,70]): Meßwerte der ausgeübten Fingerkraft (Kabel A) und des Fingerabstandes (Kabel C) werden über einen Verstärker zum PC übertragen. Am Probandenmonitor wird die ausgeübte Kraft über die Höhe der vertikalen Balken rückgemeldet. Je nach Versuch erscheinen zusätzliche Hilfslinien, auf die die Balken und damit die Fingerkräfte ausgerichtet werden sollen. Die Länge des Zylinders ist fixiert. (Für hier nicht dargestellte Spezialuntersuchungen mit variablem Fingerabstand kann Gegenkraft durch Zuleitung von Druckluft über Schlauch B aufgebracht werden.)

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3.2.2 Aufgabenstellung

Aus den vom Meßsystem gebotenen Untersuchungsmöglichkeiten wurde zur Erfassung von Spiegelaktivität ein Versuchsablauf ausgewählt, bei dem eine Hand als "Willkürhand" aktiv ist und die andere Hand als Haltehand ("Spiegelhand") fungiert. In Vorversuchen wurde die Maximalkraft jeder Hand bestimmt ("mehrmals nacheinander so kräftig als möglich drücken und wieder nachlassen"), um die Parameter des Hauptversuchs individuell anzupassen (durch Auswahl vorbereiteter Steuerungsdateien für unterschiedliche Maximalkräfte, in 5N-Schritten abgerundet). Ferner wurden drei einhändige Übungsaufgaben durchgeführt, um den Probanden mit dem System vertraut zu machen (Halten einer vorgegebenen Fingerkraft von 5N mit visueller Rückmeldung über 15s; Halten der Kraft, wobei die Rückmeldung nach 5s verlischt; schneller Wechsel der Fingerkraft zwischen vorgegebenen Grenzen von 5N und 20% der ermittelten Maximalkraft, 10s lang).

Abbildung 7 Versuchsablauf zur Messung von unwillkürlicher Aktivität der gegenseitigen Hand während einseitiger willkürlicher Kraftwechsel: Schematische Darstellung der erteilten Instruktionen, der visuellen Rückmeldung am Bildschirm und der resultierenden Kraftkurven der Hände. Nach Einstellung einer Haltekraft durch die "Spiegelhand" (hier: linke Hand) sollte die "Willkürhand" mit ihrer Aktivität beginnen, sobald die visuelle Rückmeldung der "Spiegelhand" 5s nach Beginn der Aufzeichnungsperiode endete.

Der mehrmals wiederholte Hauptversuch von insgesamt 20s Dauer ist in Abbildung 7 schematisch gezeigt. Die "Willkürhand" führte an ihrem Manipulandum isometrische Kraftwechsel aus. Simultan erfaßte das zweite Manipulandum die Kraft der gegenseitigen Hand, die laut Instruktion konstant gehalten werden sollte. Zu Beginn der Aufzeichnungsperiode wurden beide Manipulanden locker im Präzisionsgriff gehalten. Die "Spiegelhand" sollte eine Zielkraft einstellen, indem sie den Rückmeldungsbalken auf eine am Bildschirm vorgegebene Höhe brachte. Danach

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sollte sie die Kraft für die weitere Versuchsdauer halten, trotz Wegfall der Rückmeldung nach 5s. Diese war zugleich das Signal für die "Willkürhand", mit der Ausführung von Kraftwechseln zwischen vorgegebenen Zielmarkierungen zu beginnen.

Abbildung 8 Kraftverläufe im Präzisionsgriff der rechten Hand (obere Spuren) und der linken Hand (untere Spuren) während der Versuchsdauer von 20s: Gezeigt sind die vier verschiedenen Instruktionen für die willkürliche Bewegung der rechten Hand: "langsam bei geringer Kraft" (Block links oben), "schnell bei geringer Kraft" (Block rechts oben), "langsam bei hoher Kraft" (Block links unten) und "schnell bei hoher Kraft" (Block rechts unten). Jeder Versuch wurde einmal wiederholt und in gleicher Weise auch mit der linken Hand als "Willkürhand" durchgeführt. Bei dieser Normalperson (F10) sind keine Spiegelbewegungen zu erkennen. Eine leichte Schwankung in der Kraftkurve der linken Hand (links unten) trat nur einmalig auf und war nicht mit der Willküraktivität synchronisiert. Die quantitative Auswertung zeigte eine geringe Spiegelaktivität von unter 1% der Willküraktivität (vgl. Abb. 11).

Für die Hauptversuche wurden vier Bedingungen willkürlicher Kraftwechsel gewählt, die von jeder Hand zweimal durchzuführen waren: Willküraktivität mit leichter oder starker Kraftausübung und langsamem oder schnellem Wechsel der Kraft (insgesamt 16 Durchgänge). Als Zielkraft wurden 20% oder 50% der Maximalkraft verlangt und das Tempo der Kraftwechsel wurde mit den Instruktionen "einmal pro Sekunde" (nach Demonstration) oder "so schnell wie möglich" vorgegeben. Bei verminderter Belastbarkeit wurde auf Wiederholungen verzichtet (Reduktion auf 8 Versuche). Die Ergebnisse einer exemplarischen Durchführung je einer Kombination von Kraft- und Geschwindigkeitsinstruktionen durch die rechte Hand als "Willkürhand" sind in Abbildung 8 veranschaulicht (Reihenfolge und Bedingungen der Versuche: Tab. II, Seite 100, und Abb. 11, Seite 25).

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Abbildung 9 Beispielhafte Kraftverläufe, an denen die Auswertung der hier gut erkennbaren Spiegelaktivität erläutert wird (zentraler Ausschnitt unten): Für die errechneten Minima (A, C, E) und Maxima (B, D, F) im Kraftverlauf der "Willkürhand" wurde in den durch gestrichelte Linien (in der Mitte zwischen jeweils einem Maximum und Minimum der "Willkürhand") markierten Zeitabschnitten nach Entsprechungen in der "Spiegelkurve" (A´, C´, E´ und B´, D´, F´) gesucht. Der "Spiegelquotient" SQ ergab sich aus dem Verhältnis der durch Pfeile markierten Kraftdifferenzen, z.B. (B -́A´)/(B-A), korrigiert durch Bezug auf die Maximalkraft der jeweiligen Hand. Resultierende Werte: A=5,7N; A'=1,9N, B=20,5N, B'= 5,5N, C= 5,6N, C'=2,9N, D=18,9N, D'=14,5N, E=3,6N, E'=2,5N, F=20,8N, F'=7,9N; Maximalkraft "Willkürhand": maxW=34,6N, "Spiegelhand": maxS=27,5N; SQ1 = [(B'-A')/maxS]/[(B-A)/maxW] = 30%, analog SQ2 (111%) und SQ3 (40%).

0N

15N

30N"Willkürhand"

"Spiegelhand"

A

B

C

D

E

F

7s 10s 13s 16s 19s

0N

15N

12s 13s 14s

0N

15N 0N

15N

30N

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3.2.3 Auswertung der Daten

Die gespeicherten digitalisierten Daten der beiden simultan aufgezeichneten Kanäle wurden

mit Hilfe einer "Kernschätzung" [103], entsprechend einem gewichteten Glättungsfilter, bearbeitet

(verwendetes Schätzintervall: 90ms Bandbreite). In den geglätteten Kurven wurden lokale Maxima

und Minima in der Datenkurve der "Willkürhand" mit einer Auswerteprozedur identifiziert, die in

Abbildung 9 veranschaulicht ist. Dieses Programm suchte auch nach den korrespondierenden

Werten dieser Extrema im Kurvenverlauf der "Spiegelhand", begrenzt auf ein vom Verlauf der

Willkürkurve her definiertes Zeitfenster (Grenzen: siehe Abb. 9). Zeitpunkt und ausgeübte Kraft an

den so bestimmten Extrempunkten der beiden Kurven wurden in Dateien festgehalten. Die

Auswertung wurde auf 12 Sekunden (7000ms bis 18990ms) beschränkt, da die Instruktionen zu

Beginn und Ende der Willkürperiode gelegentlich mangelhaft befolgt wurden.

Zur Beurteilung wurde ein "Spiegelquotient" (SQ) definiert, berechnet als Verhältnis zwischen

der Kraftdifferenz von einem Tiefpunkt zum folgenden Hochpunkt der "Spiegelhand" und dem

korrespondierenden Kurvenstück der "Willkürhand". Vor der Berechnung wurden die Kräfte auf die

Maximalkraft der jeweiligen Hand skaliert. Das in Abbildung 9 exemplarisch vorgestellte Beispiel

einer deutlichen Spiegelaktivität zeigt, daß diese während der Untersuchung variieren kann. Die in

diesem Fall für SQ errechneten Werte sind daher in Abbildung 10 nochmals im Zeitverlauf

dargestellt.

Abbildung 10 Verlauf des "Spiegelquotienten" SQ während des Versuchs aus der vorangegangenen Abbildung 9: Die Werte dieser Patientin nach Erholung von einer rechtsseitigen Hemiparese (CVI09) sind pathologisch erhöht (vgl. Abb. 11). Der kleinere Graph rechts entspricht einer Stauchung der linken Abbildung in horizontaler Richtung. Er zeigt die Streuung der Werte im Bereich von 4,9% bis 110,4% und den zugehörigen Median von 28,2% (offenes Sechseck). Für die weitere Auswertung wurde der Median von SQ als Kennwert des Einzelversuchs verwendet.

Entsprechend der mehrfachen Versuchsdurchführung bei den jeweiligen Instruktionen

konnten für jede Versuchsperson eine Vielzahl von SQ-Werten unter den insgesamt 16 Bedingungen

7s 10s 13s 16s 19s

Sp

ieg

elb

eweg

un

g(i

n P

roze

nt

der

Will

kürb

eweg

un

g)

0,3%

3%

30%

300%

1%

10%

100%

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1%10

%10

0%

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errechnet werden. Abbildung 11 zeigt exemplarisch die Gesamtheit der so erhaltenen Ergebnisse

einer gesunden Kontrollperson, F10 ( vgl. Abb. 8).

Abbildung 11 Zeitverlauf von SQ unter den acht Versuchsbedingungen bei einer Kontrollperson (vgl. Abb. 8 mit der Aufzeichnung der Kraftkurven der beiden Hände in den Versuchen 5-8, Probandin F10): Im Gegensatz zur Infarktpatientin CVI09 (Abb. 10) ließ sich SQ nicht für jede einzelne Amplitude der "Willkürhand" errechnen: dies führt zu Lücken in der Abfolge der Datenpunkte (z.B. Versuche 4 & 8, 9 & 13). Die Werte sind niedrig (selten über 1%) und variieren nur gering im Verlauf des Versuches. Zwischen der ersten und zweiten Durchführung einer Bedingung (schwarze bzw. weiße Datenpunkte) ist kein Unterschied zu erkennen, ebensowenig zwischen den verschiedenen Versuchsbedingungen.

Da die Auswerteprozedur nicht für jedes Willkürmaximum eine Entsprechung in der

"Spiegelkurve" findet, eignet sich "Detektionsrate" als weiteres beschreibendes Maß. Wir verstehen

darunter den Anteil von identifizierten Kurvenentsprechungen an der Gesamtzahl der willkürlichen

Kraftmaxima.

Die statistische Auswertung erfolgte mit "SPSS" [81]. Als Kennwerte des Einzelversuchs

wurden der Median von SQ und die Detektionsrate der Spiegelaktivität verwendet. Zur statistischen

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Prüfung der auf ordinalem Niveau erhobenen Daten wurden als etablierte Verfahren die Tests von

Wilcoxon (für zwei verbundene Stichproben), Mann-Whitney (U-Test für zwei unabhängige

Stichproben) und Kruskal-Wallis (für mehr als zwei unabhängige Stichproben) eingesetzt (vgl. Seiten

35-37, 60-62, 71-72). Für die Irrtumswahrscheinlichkeit zur Ablehnung der Nullhypothese wurde

das 1%-Niveau gewählt.

3.3 Untersuchung kortikospinaler Verbindungen

3.3.1 Technik der transkraniellen elektromagnetischen Stimulation

Zur Kortexstimulation wurde ein handelsübliches Gerät mit einem maximalen Magnetfeld von

2,2 Tesla verwendet (Magstim 200 HP, The Magstim Company, Dyfed, Großbritannien, bezogen

über Madaus Medizin Elektronik, Gundelfingen). Bei dem Zubehör zur fokalen Reizung handelt es

sich um eine Spule in Achter-Form, die aus zwei Ringen mit jeweils 10 Windungen Kupferdraht

(Innendurchmesser des Einzelrings 5,5cm, Außendurchmesser 9cm) besteht und an einem Griff, der

vom Vereinigungspunkt der beiden Ringe abgeht, gehalten wird. Das Gerät erlaubt die Applikation

von Reizen unterschiedlicher Intensität, die mit einer Prozentanzeige von 0% bis 100% der

maximalen Stimulatorleistung angegeben wird.

Zur Aufzeichnung der evozierten Muskelantworten dienten herkömmliche Polygraphen, die

für die Routine-Elektromyographie in der Neurologischen Poliklinik eingesetzt werden (meist

Neuropack 4 mini, Nihon Kohden Deutschland, Bad Homburg). Das System war mit dem

Stimulator über eine Trigger-Schaltung verbunden. Über zwei Kanäle wurden simultan die Signale

vom rechten und linken Thenar aufgezeichnet. Hierzu waren jeweils Paare von Plättchenelektroden

(13K60, Dantec, Skovlunde, Dänemark; dünner Auftrag von Elektrodenpaste) am Muskelbauch

des M. abductor pollicis brevis und am Daumenendglied mit Pflaster fixiert worden. Die zeitliche

Auflösung betrug 0,2ms.

Die verstärkten und gefilterten Signale (Hochpaß mit fu=2Hz und Tiefpaß mit fo=10kHz)

wurden im Zeitraum von 10ms vor und 90ms nach der Stimulation aufgezeichnet. Die Latenzen der

Reizantworten wurden auf dem Bildschirm des Aufzeichnungsgerätes mit Hilfe einer elektronischen

Marke ("cursor") bestimmt, die jeweils dort plaziert wurde, wo als erstes ein Abweichen von der

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Grundlinie zu erkennen war. Die Amplitude einer Reizantwort wurde nach Markierung ihres

Maximum und Minimum automatisch vom Polygraphen berechnet (vgl. Abb. 12).

Abbildung 12 Typisches normales Ergebnis der transkraniellen elektromagnetischen Stimulation: Bei einem Probanden (TCS08) wurde eine drei-malige Reizung des Motorkortex durchgeführt. Der Reizerfolg wurde durch Ableitung des Elektromyogramms von beiden Daumenballen in einem Zeitraum von 100ms dokumentiert. 10ms nach Beginn der Aufzeichnung ist in beiden Kurven ein deutlicher Reizartefakt zu erkennen. Die Buchstaben bezeichnen die Meßpunkte zur Bestimmung der Latenz (Zeitpunkt A) und Amplitude der Reizantwort (Höhe BC). Die Reizschwelle war mit jeweils um 10% des Maximum erhöhter Reizstärke bestimmt worden. Als Schwelle galt der 10%-Wert, bei dem mindestens zwei von drei Reizungen erfolgreich waren. Sie lag hier, wie gezeigt, bei 40%.

Die Probanden und Patienten lagen mit leicht erhöhtem Oberkörper auf einer

Untersuchungsliege. Nach Anbringen der Elektroden wurden sie aufgefordert, die neben dem

Körper liegenden Arme optimal zu entspannen (Handflächen nach oben). Zur Rückmeldung der

Muskelentspannung und, falls unzureichend, zu ihrer Verbesserung diente die Wiedergabe des

EMG-Signals über einen Lautsprecher. Zur Bahnung der Reizantwort sollten beide Füße mäßig

extendiert gehalten werden.

In einem ersten Block von Untersuchungen wurde die Position des kortikalen Handareals

bestimmt, in einem zweiten Block die Leitungszeit zum Thenar (kortikomotorische Latenz, KML).

Besonders wurde auf die Möglichkeit ipsilateraler Muskelantworten geachtet. Beide

Untersuchungsblöcke zusammen erforderten einen zeitlichen Aufwand von 60 bis 90 Minuten, wobei

bis etwa 150 Stimuli appliziert wurden, die aber nur in der Minderzahl auch zu einem Reizeffekt

führten. Bei einem Teil der Patienten wurde die Untersuchung durch Verzicht auf die Kartierung des

Handareals abgekürzt.

Die Untersuchungen erfolgten nach ausführlicher Aufklärung. Das Protokoll war von der

Ethik-Kommission der Medizinischen Fakultät genehmigt worden. Ausgeschlossen wurden Personen

mit implantierten metallischen Fremdkörpern (außer Zahnersatz), Herzschrittmachern oder einer

Vorgeschichte von epileptischen Anfällen oder ungeklärten Bewußtseinsverlusten.

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3.3.2 Kartierung des kortikalen Handareals

Als Handareal wurde die Position am Schädel definiert, von der aus im kontralateralen

Thenar Muskelantworten kürzester Latenz oder höchster Amplitude bei geringst möglicher

Reizstärke zu evozieren waren. Die Kartierung wurde in Bezug auf den Punkt Cz (Vertex) des

internationalen 10-20-Systems für EEG-Ableitungen durchgeführt [75]. Durch Halbierung der

Strecke Glabella-Protuberantia occipitalis externa und der Strecke zwischen den

Präaurikularpunkten wurde Cz bestimmt und von hier ein orthogonales Punktegitter mit

Kästchengrößen von 2cmx2cm bzw. 2cmx3cm auf der Kopfhaut definiert. Dazu wurde in den

meisten Fällen eine speziell angefertigte Haube mit Fadengitter verwendet, die der individuellen

Kopfform angepaßt und auf der Schädeloberfläche straff gespannt werden konnte. Alternativ

wurden die Positionen mit Fett- oder Filzstift bzw. kleinen Pflasterstücken markiert.

Der Untersucher saß am Kopfende der Liege, faßte mit beiden Händen den in sagittaler

Richtung zeigenden Griff der Reizspule und hielt die Spule knapp über der Schädeloberfläche des

Probanden. Der Kreuzungspunkt der Acht als Ort des maximalen Stimulus wurde auf den jeweils

ausgewählten Gitterpunkt positioniert. Begonnen wurde üblicherweise 5cm lateral von Cz, da dieser

Punkt nach anatomischen Daten [75,148] am ehesten dem kortikalen Handareal entspricht. Meist

wurde zuerst die linke Hemisphäre untersucht und in jedem Fall wurde die Bestimmung des

Handareals auf einer Schädelhälfte abgeschlossen, bevor auf der anderen Seite gereizt wurde.

Ergänzend wurden Punkte in der Mittellinie mit maximaler Reizintensität (100%) stimuliert, um die

räumliche Trennung der kortikalen Repräsentation der linken und der rechten Hand zu untersuchen.

Am ersten gereizten Punkt jeder Hemisphäre wurde die Schwelle für die Auslösung von

EMG-Antworten durch Verwendung von schrittweise um je 10% des Maximum gesteigerten

Reizstärken bestimmt. Dazu erfolgten drei Stimulationen mit anfänglich meist 30% der maximalen

Leistung und möglichst hoch eingestellter Empfindlichkeit des EMG-Gerätes, um Reizeffekte nicht zu

übersehen. Im jeweils nachfolgenden Versuch wurde die Intensität in 10%-Schritten erhöht, bis bei

mindestens zwei der je drei Stimulationen eine Reizantwort erkennbar wurde. War die erste Reizung

bereits überschwellig, folgten Versuche mit niedrigerer Intensität (ebenfalls 10%-Schritte).

Nach Bestimmung der Reizschwelle am ersten Punkt durch reproduzierbare Antworten (bei

2 von 3 Stimulationen) wurde ein im Gitternetz direkt benachbarter Punkt mit dieser Intensität

untersucht. Bei fehlender Reizantwort galt dieser Punkt als negativ. Waren Reizantworten erhältlich,

wurden die Stimulationen hier bei niedrigeren Reizstärken (10%-Schritte) wiederholt. Bei wiederum

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reproduzierbaren Antworten wurde die Bestimmung des Handareals von diesem Punkt aus erneut

begonnen (der anfänglich stimulierte Punkt mit höherer Reizstärke galt dann als negativ).

Abbildung 13 Schematischer Aufblick auf die Schädeloberfläche mit auf den Vertex (Cz) bezogenen Koordinaten und den bei einem gesunden Probanden (TCS08) durch Reizung dieser Punkte erhaltenen EMG-Antworten von den Daumenballen (C3: Position über der linken Zentralregion nach dem 10-20-System [75]; C4: rechte Zentralregion; stimulierte Positionen sind durch einen schwarzen Punkt gekennzeichnet, die zugeordneten Kurvenpaare zeigen oben das EMG vom rechten Thenar, in der unteren Spur das EMG vom linken Thenar; Reizintensität 40%): Reizantworten, die nur einmal bei den drei Stimulationen auftraten, galten als nicht reproduziert. Reproduzierbare Effekte ließen sich jeweils nur im kontralateralen Thenar und nur von 3 Punkten jeder Hemisphäre evozieren. Ipsilaterale EMG-Antworten waren trotz hoher Verstärkung nicht erkennbar. Die Punkte in der Mittellinie wurden mit maximaler Stimulatorintensität (100%) gereizt.

Durch systematische Reizapplikation, die Punkt für Punkt das definierte Gitter absuchte,

wurden alle Reizorte bestimmt, von denen aus mit minimaler Reizstärke Muskelantworten im Thenar

zu evozieren waren. Nach dem Prinzip des Spiels "Schiffe versenken" wurde die Suche nach

"positiven" Reizpunkten aber in diejenigen Richtungen nicht weiter ausgedehnt, in denen neben einem

"positiven" Punkt bereits ein "negativer" Punkt lag. Obwohl durch diese Verfahrensregel räumlich

getrennte multiple Handareale einer Hemisphäre übersehen werden können, erschien sie zur

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30

Verringerung der Probanden-Belastung nötig. Exemplarisch zeigt Abbildung 13 die bei einem

gesunden Probanden erhaltenen Antworten unter Bezug auf das Gitternetz der Reizpunkte.

Neben der maximalen Amplitude und minimalen Latenz der Reizeffekte wurden außerdem

für die durchgeführten Kartierungen bestimmt: Reizschwelle, Zahl der erregbaren Punkte und

Position des Punktes mit der höchsten Amplitude bzw. der kürzesten Latenz. Zur Veranschaulichung

wurden die Werte mit dem Programm "Sigmaplot" [80] auf die höchste erhaltene Amplitude bzw. die

kürzeste Latenz skaliert und als Karten mit errechneten Linien gleicher Amplitude bzw. Latenz

("Höhenlinien" von "Isoamplituden" und "Isolatenzen") wiedergegeben (Abb. 14).

Kartierung der kortikalen Repräsentation der Thenarmuskulatur durch fokale Magnetstimulationrechte Hand: blau - linke Hand: rot

Abs

tänd

e au

f der

Sch

ädel

ober

fläch

e

Verteilung der Latenzen-Minima

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Verteilung der Amplituden-Maxima

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

C3 Cz C4CzC3 C4

Abbildung 14 Umrechnung der Reizeffekte aus Abbildung 13 in lokale Werte der Amplituden und Latenzen (stimuliert wurden nur die mit einem schwarzen Punkt markierten Positionen): Die "Höhenlinien" entsprechen den prozentualen Anteilen an der höchsten in einer Hand erhaltenen Amplitude (markiert sind die Konturen der Regionen mit mindestens 5%, 50% und 95% des Maximum) bzw. den prozentualen Anteilen an der Abweichung von der kürzesten erhaltenen Latenz (um 5%, 50%, 100% der Spannweite).

Dargestellt wurden die Grenzlinien der Regionen, innerhalb derer die Reizantwort eine

Amplitude von mindestens 5% der maximal in einem Thenar erhaltenen Amplitude zeigte, sowie die

Konturen der Regionen mit mindestens 50% und 95% des Maximums. Die Latenzen der

Reizantworten wurden in analoger Weise kartiert: dargestellt wurden die Außenkonturen der Region

aller erregbaren Punkte, ferner derjenigen Region, innerhalb derer die Latenz nur um maximal 5%

der Spannweite aller Meßwerte vom kürzesten Wert abwich, und eine intermediäre Konturlinie,

entsprechend der Mitte der Spannweite.

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31

3.3.3 Kortikomotorische Latenz zum Thenar

Aufgrund anatomischer Daten über die Position des Handareals [75,148] wurde zur

Bestimmung der kortikomotorischen Latenz 5cm lateral von Cz gereizt. In diskontinuierlichen

Schritten von jeweils 10% Stimulatorleistung wurde die Schwelle für das Auftreten von

reproduzierbaren Antworten im Thenar ermittelt. Weitere Reizserien erfolgten bei 20% über-

schwelliger sowie bei maximaler Leistung. Aufgrund unterschiedlicher Kooperativität wurden nicht

alle Bedingungen bei allen Probanden untersucht. Die Amplituden wurde wegen der ausgeprägten

interindividuellen und intraindividuellen Variabilität, die auch trotz Normierung auf die sogenannte M-

Antwort (Amplitude im Thenar bei Stimulation des Nervus medianus am Handgelenk) bestehen

blieb, nicht ausgewertet.

3.4 Untersuchung kortikaler motorischer Aktivität

Kortikale Aktivität während Willkürbewegungen wurde zusammen mit der elektro-

physiologischen Arbeitsgruppe der Klinik (Dr. M. Mayer, Dr. H. Plendl, Priv.-Doz. Dr. K. Bötzel,

Prof. Dr. W. Paulus), der Abteilung für Radiologische Diagnostik, Innenstadtklinikum (Dr. G.

Leinsinger, Dr. A. Jassoy, Dr. T. Pfluger, Prof. Dr. K. Hahn) und der MRC-Cyclotron Unit,

Hammersmith Hospital, London (Prof. R.S.J. Frackowiak, Dr. C. Weiller) untersucht.

3.4.1 Bewegungs-korrelierte kortikale Potentiale

Die sitzenden Versuchspersonen führten in selbst gewählten Zeitabständen (alle 3-5s) eine

Hebung des Mittelfingers einseitig entweder rechts oder links aus, wobei die Arme auf Stützen ruhten

(Dauer der Aufzeichnungsperiode pro Seite etwa 15 Minuten). Die Bewegungen wurden

elektromyographisch am Musculus extensor digitorum communis beider Seiten dokumentiert. Zur

Quantifizierung des EMG wurden die Signale der 200 bis 400 Einzeldurchgänge gespeichert,

gleichgerichtet und das Integral des gemittelten EMG-Signals im Zeitraum von 100ms nach Beginn

der Aktivität berechnet. Von der Kopfhaut wurden die mit der Bewegung korrelierten kortikalen

Potentiale mit 30 Elektroden abgeleitet (Silber/Silberchlorid-Oberflächenelektroden, Abtastrate:

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32

500Hz; EMG: bipolare Ableitung, Verstärkungsfaktor 10000; Zeitkonstante 0,03s, Filter 200Hz;

EEG: Referenz Cz, Zeitkonstante 5s, Verstärkungsfaktor 100000, Filter 70Hz). Die simultan

gewonnenen EEG- und EMG-Daten wurden zusammen auf die Festplatte des

Aufzeichnungscomputers gespeichert. Die weitere Auswertung erfolgte durch "Average"-Technik: es

wurden artefaktfreie Aufzeichnungen während 200 bis 400 Willkürbewegungen jeder Hand im

Zeitabschnitt von 1200ms vor bis 700ms nach Beginn des Willkür-EMG, dem Triggersignal,

gemittelt. Die Bewegungs-korrelierten Potentiale wurden auf verbundene Mastoidelektroden als

Referenz umgerechnet und über die Probandengruppen gemittelt (vgl. Abb. 55). Mit "BESA: Brain

Electric Source Analysis" [137] wurden Stromdichtekurven zu unterschiedlichen Zeitpunkten des

Bewegungsablaufs errechnet, um die kortikale Aktivität topographisch abzubilden (Abb. 56 und 57).

Zur statistischen Beurteilung wurden die Integrale der Potentialkurven in den Intervallen zwischen fünf

Zeitpunkten in Bezug zum EMG-Beginn berechnet (-1000ms, -400ms, -50ms, 0ms, +50ms) [106].

Die statistischen Prüfverfahren verwendeten das 5%-Niveau.

3.4.2 Funktionelle Kernspintomographie

Die Untersuchungen wurden von den Kollegen an einem 1.5 T Magnetom SP 63 (Siemens,

Erlangen) durchgeführt [99]. Bewegungsartefakte wurden durch Lagerung mit Vakuumkissen

minimiert. Die Hirnanatomie wurden in sagittalen und horizontalen Schnittbildern mit hoher räumlicher

Auflösung dargestellt (T1-gewichtete 3D-FLASH-Sequenzen, sagittal TR/TE=15/6ms, FA=20O,

TH=1.5mm; horizontal TR/TE=18/7.5ms, FA=20O, TH=4mm). Die funktionellen Untersuchungen

mit Spezialsequenzen ("RF spoiled 2D-FLASH", TR/TE=47/30ms, FA=40O, TH=4mm, Matrix

128x256; [48]) folgten dann in parallel zur ACPC-Linie (Achse zwischen vorderer und hinterer

Kommissur [151]) ausgerichteten horizontalen Schichten, die das Handareal des primären

motorischen Kortex vollständig einschlossen (meist 6 Schichten). In der Meßzeit von 3 Minuten pro

Schicht wurden je 30 Bilder (à 6 Sekunden) aufgenommen. Die ersten 11 Aufnahmen erfolgten in

Ruhe. Ein Lichtsignal (Einschalten der Raumbeleuchtung) markierte den Beginn der zweiten Periode

von erneut 11 Aufnahmen, in der die Probanden rasche einseitige Fingerbewegungen ausführen

sollten (repetitive Opposition des Daumens gegenüber dem zweiten, dritten, vierten und fünften

Finger, danach Umkehr der Folge, Frequenz etwa 1,5/Sekunde, vor der Untersuchung kurz mit

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33

einem Metronom geübt). Zum Schluß folgten wieder 8 Aufnahmen in Ruhe. Jede Schicht wurde

sowohl während einseitig linkshändiger wie auch rechtshändiger Bewegung untersucht.

Zur Beurteilung eines Effekts der handmotorischen Aktivität auf die Signalverteilung wurden

Differenzbilder von Ruhe- und Aktivitätsbedingung bzw. die Zeitverläufe des Signalverhaltens ("t-SI-

Diagramm") in ausgewählten Regionen ("regions of interest", ROIs) errechnet und die Daten mit

einem Kreuzkorrelationsalgorithmus [6] unter Verwendung spezieller Software weiter ausgewertet

(IDL-Imaging Software, RS Inc., California; Sparc 20 Unix Workstation, Sun Inc., California). Das

Verfahren beruht auf dem Vergleich des Signalverlaufs an jedem einzelnen Pixel mit dem errechneten

Gesamtverlauf der t-SI-Diagramme aus den ROIs, die in den Differenzbildern maximale

Signalanstiege gezeigt hatten. Die in diesem Vergleich für jedes einzelne Pixel errechneten

Kreuzkorrelationskoeffizienten liefern ein räumliches Bild der Aktivitäts-korrelierten Signaländerung

(mit einer Filteroperation wurden nur die Werte berücksichtigt, die mehr als 1,5

Standardabweichungen über dem Mittelwert aller Korrelationskoeffizienten lagen). Dieses

funktionelle Bild wurde farbkodiert dem anatomischen Bild überlagert und die Größe und

Lokalisation aktiver Areale sowie der zugehörige mittlere Signalanstieg wurde für die laterale und

mediale Hälfte der für das Handfeld charakteristischen Protrusion der Zentralfurche [175] bestimmt.

Die statistischen Prüfverfahren verwendeten das 5%-Niveau.

3.4.3 Aktivierungsstudien mit Positronenemissionstomographie

Das am Londoner Tomographen (ECAT 931-08/12; CTI, Knoxville, Tennessee USA)

etablierte Protokoll für Handmotorik beinhaltete sechs aufeinanderfolgende Messungen des

regionalen zerebralen Blutflusses unter Verwendung von radioaktivem C15O2 [166]. Je zwei

Untersuchungen fanden in Ruhe (Bedingung A), während willkürlicher Bewegungen der linken (B)

bzw. der rechten Hand (C) statt, Reihenfolge war ABCCBA. Die Willkürbewegung bestand in einer

repetitiven sequentiellen Daumen-Finger-Opposition, mit einem Metronom auf 0,6Hz getaktet. Die in

den stereotaktischen Raum [151] transformierten Meßwerte wurden von den Kollegen mit "SPM"

(statistical parametric mapping) ausgewertet und mit denen einer Kontrollgruppe verglichen.

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34

4 BEFUNDE BEI GESUNDEN ERWACHSENEN

4.1 Klinische Befunde

Bei einer Vielzahl von Patienten ohne Hinweise auf zentrale oder periphere Erkrankungen

des motorischen Systems, die im Rahmen der stationären, poliklinischen oder konsiliarischen

Betreuung untersucht wurden, waren Spiegelbewegungen allenfalls leicht, inkonstant und erschöpflich

ausgeprägt (Grad 2). Bei systematischer Untersuchung von 31 rechtshändigen Erwachsenen ohne

neurologische Vorerkrankungen bestätigte sich dieser klinische Eindruck (Tab. 2). Hierbei wurden

die Mitbewegungen beider Hände bei 20 Probanden gleich bewertet, bei 11 waren sie

unsymmetrisch (in 9 Fällen jeweils in der rechten Hand stärker ausgeprägt). Zusammenfassend sind

Mitbewegungen bei Gesunden kein ungewöhnlicher Befund. Sie sind nur gering ausgeprägt und

müssen nicht symmetrisch sein. Möglicherweise sind sie in der Vorzugshand betont, also stärker

ausgeprägt, wenn die nicht-dominante Hand willkürlich innerviert wird.

Spiegelbewegungen (stärker betroffene Hand)

Zahl der Probanden

0

keine

4

1

bei Willkürbewegung gegen maximalen Widerstand

6

2

leicht, inkonstant, erschöpflich

21

3

deutlich, willkürlich nicht unterdrückbar

0

Tabelle 2 Klinische Beurteilung von Spiegelbewegungen bei 31 Rechtshändern: Werte der stärker betroffenen Hand (Zusammensetzung der Kontrollgruppe: Tab. III, Seite 101)

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35

4.2 Bimanuelle Kraftanalyse im Präzisionsgriff

Zur Quantifizierung von Spiegelbewegungen im Präzisionsgriff wurden dreißig gesunde

Erwachsene untersucht. Alle waren reine Rechtshänder (LQ=+100%). Nähere Angaben zu den

jeweils 10 Männern und Frauen einer jüngeren Altersgruppe (18-35 Jahre; M01-M10 und F01-

F10) und je 5 Männern und Frauen einer älteren Gruppe (56-73 Jahre; M11-M15 und F11-F15)

finden sich im Anhang (Tab. IV, Seite 102; zu den statistischen Verfahren: Seiten 25-26).

Die Maximalkraft der rechten Hände betrug im Mittel 68,1N (±17,3), die der linken Hände

61,2N (±14,9). In den einhändig durchgeführten Vorversuchen erreichten die Probanden rechts im

Mittel als maximale Frequenz 4,58Hz (±0,53), links 4,13Hz (±0,57). Die Unterschiede waren

signifikant (Wilcoxon-Test, p<0,001, vgl. Abb. 46, Seite 71).

Der "Spiegelquotient" wurde entsprechend dem Protokoll mit vier Instruktionen bestimmt

(langsame bzw. schnelle einseitige willkürliche Kraftwechsel mit 20% der Maximalkraft und langsame

bzw. schnelle Kraftwechsel mit 50% der Maximalkraft; typischer Verlauf der resultierenden

Kraftkurven: Abb. 8, Seite 22).

Abbildung 15 Spiegelquotient SQ bei den Kontroll-personen F1-F10 und F11-F15 (jüngere bzw. ältere Frauen) für eine Instruktion: Es sollten schnelle Kraftwechsel mit 50% der Maximalkraft willkürlich entweder mit der rechten Hand (linke Hälfte der Abbildung) oder mit der linken Hand (rechte Hälfte) je zweimal durchgeführt werden. Dies entspricht den Versuchen 4, 8, 12 und 16 des Protokolls (vgl. Abb. 11, Seite 25 und Tab. II, Seite 100). Die wiederholte Versuchsdurchführung äußert sich bei jeder Probandin im Auf-treten von zwei "Punktspuren" (kleine Kreise). Neben diesen einzelnen Werten sind die zugehörigen Mediane (große Kreise) angegeben. Man erkennt, daß sich der erste Versuch (obere Spuren) kaum von der Wiederholung (untere Spuren) unterscheidet. Die Werte sind selten größer als 3% und liegen fast symmetrisch um die Zentralachse. Dies legt nahe, daß die beiden Hände keinen Unterschied der Spiegelaktivität zeigen.

Die statistische Auswertung wurde mit der Prüfung eingeleitet, ob sich erstmalige und

wiederholte Durchführung einer Instruktion unterscheiden, da vor einer Weiterbearbeitung der Werte

gesichert sein mußte, daß hier keine Unterschiede bezüglich Amplitude und Frequenz der

Mitbewegungen linke Hand(rechte Hand aktiv)

0,03%0,3%3%30%

0,01%0,1%1%

10%

F01

F02F03F04F05

F06F07F08F09

F10

F11F12

F13F14F15

Instruktion: schnelle Kraftwechsel, 50% der Maximalkraft

Mitbewegungen rechte Hand(linke Hand aktiv)

0,03%0,3% 3% 30%0,01%

0,1% 1% 10%

F01

F02F03F04F05

F06F07F08F09

F10

F11F12

F13F14F15

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Willkürbewegung existierten. Dies war nicht der Fall (Wilcoxon-Test p>0,01). Auch für SQ zeigte

die graphische Darstellung der errechneten Werte (exemplarisch: Abb. 15) keinen Hinweis auf einen

Unterschied. Im statistischen Vergleich der acht Instruktionsbedingungen ergaben sich nur für die

eine Bedingung "linke Hand, schnell, 50% Maximalkraft" Hinweise auf Differenzen von SQ zwischen

Erst- und Wiederholungsversuch (Wilcoxon-Test p<0,01).

Es wurden daher Mediane aus der Gesamtheit der Meßwerte unter derselben Instruktion

(z.B. Versuche 4 und 8) gebildet und dann geprüft, ob sie mit der jeweils aktiv bewegten Hand

variieren. Es fand sich kein Unterschied (Wilcoxon-Test, p>0,2). Daher wurden die einzelnen

Meßwerte der vier analogen Versuche eines Probanden (erster und zweiter Durchgang, Willkürhand

rechts bzw. links, z.B. Versuche 1, 5, 9 und 13) in einem Median als Kenngröße zusammengefaßt.

Die Untergruppen der Probanden (jüngere Frauen, ältere Frauen, jüngere Männer, ältere Männer)

unterschieden sich in den Kenngrößen nicht (Kruskal-Wallis-Varianzanalyse, p>0,01), weswegen

die Normwerte für die SQ-Mediane für die gesamte Gruppe (n=30) errechnet wurden. Als

Mittelwert und obere Normgrenze (Mittelwert plus 3 Standardabweichungen) ergaben sich für die

verschiedenen Instruktionen:

"langsam mit 20%

Maximalkraft"

"schnell mit 20%

Maximalkraft"

"langsam mit 50%

Maximalkraft"

"schnell mit 50%

Maximalkraft"

Mittelwert

1,26%

0,71%

0,57%

0,55%

obere Normgrenze

3,44%

2,33%

1,53%

1,89%

Abbildung 16 veranschaulicht diese Ergebnisse und zeigt auch die für jeden einzelnen Probanden

ermittelten Mediane des SQ für Spiegelbewegungen der rechten bzw. linken Hand.

Als nächstes wurden mögliche Unterschiede der Spiegelaktivität unter den verschiedenen

Instruktionen genauer geprüft. Die Bedingung "langsame Wechsel der Willkürkraft mit 20% der

Maximalkraft rechte oder linke Hand" unterschied sich signifikant von allen anderen (Kruskal-Wallis-

Test und U-Test, p<0,001), während sich zwischen den übrigen Instruktionsbedingungen keine

Unterschiede fanden (U-Test, p>0,1). Eine zusätzliche, feinere Analyse der möglichen Einflüsse auf

SQ wurde vorgenommen, indem die von der "Willkürhand" tatsächlich erbrachten Kräfte und

Frequenzen berücksichtigt wurden. Die Korrelation zwischen SQ und der Amplitude des

willkürlichen Kraftwechsels erwies sich für beide Hände als signifikant. Sie war aber, wie bereits bei

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Betrachtung von Abbildung 16 zu vermuten, invers. Die Korrelation mit der Frequenz der

willkürlichen Kraftwechsel war weniger deutlich (Tab. V, Seite 102).

Abbildung 16 Spiegelaktivität bei Normalpersonen aufgrund von bimanuellen Messungen der Fingerkräfte im Präzisionsgriff und Bestimmung des "Spiegelquotienten" SQ an 30 gesunden Rechtshändern: Die Scharen von Linien verbinden die Meßwerte der Spiegelaktivität in der linken bzw. in der rechten Hand jeweils eines Probanden (Median aller Einzelbestimmungen unter den angegebenen Instruktionen für die Willkürhand, z.B. "langsamer Kraftwechsel mit 20% der Maximalkraft"). Die Querbalken markieren die obere Normgrenze der Mediane (linke und rechte Hand kombiniert). Die etwa gleiche Häufigkeit von Linienverläufen mit positiver Steigung nach rechts bzw. nach links deutet an, daß SQ keinen Unterschied zwischen Willkürbewegungen der rechten und linken Hand zeigt. Ferner sind die Werte von SQ unter der ersten Instruktion am höchsten und tendieren zur Abnahme bei schnelleren und bei kräftigeren Bewegungen (statistische Bewertung im Text).

Die Charakterisierung der Spiegelaktivität über die Detektionsrate ergab ebenfalls diese

Tendenz zur Abnahme bei den "anstrengenderen" Versuchsbedingungen (Abb. 17). Mit der

Ausnahme eines fehlenden Unterschieds zwischen den Instruktionen "langsam mit 20%

Maximalkraft" und "langsam mit 50%Maximalkraft" (U-Test p>0,1) bestanden signifikante

Differenzen in Abhängigkeit von der Instruktion (Kruskal-Wallis-Test und U-Test p<0,0001).

Spiegelaktivität bei 30 Kontrollpersonen ("Spiegelquotient")

"langsam, 20%" "schnell, 20%" "langsam, 50%" "schnell, 50%"

linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand

0,3%

3%

30%

300%

1%

10%

100%

Obere Normgrenze(MW+3SD)

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Abbildung 17 Spiegelaktivität von Kontrollpersonen, angegeben als Detektionsrate (prozentualer Anteil von spiegel-bildlichen Kurvenstücken an der Gesamtzahl von Maxima in der Willkürkurve): Für jede Instruktionsbedingung der Willkürhand ist über den Linienscharen (Verbindungslinien zwischen Meßwerten der linken und rechten Hand jeweils eines Probanden) die mittlere Detektionsrate sowie die zugehörige Standardabweichung für alle 30 Probanden genannt. Der Eindruck eines signifikanten Einflusses der Bedingungen bestätigte sich bei statistischer Prüfung (geringere Detektionsrate bei schnellen Bewegungen).

Zusammenfassend konnte bei gesunden Kontrollpersonen eine Spiegelaktivität während

willkürlicher Fingerbewegungen nachgewiesen werden. Sie kam tendenziell mit zunehmender

Frequenz der Willküraktivität weniger häufig vor (geringere Detektionsrate) und nahm mit

zunehmender Willkürkraft im Ausmaß (SQ) ab. Insgesamt war das Ausmaß der Spiegelaktivität der

Kontrollpersonen gering und variierte nicht zwischen der bevorzugten und nicht-bevorzugten Hand.

Detektion von Spiegelaktivität bei 30 Kontrollpersonen

"langsam, 20%" "schnell, 20%" "langsam, 50%" "schnell, 50%"

linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand0%

20%

40%

60%

80%

100%67,3%±11,7%

67,5%±13,7%

31,2%±11,9%

33,5%±13,7%

70,3%±14,3%

68,4%±18,8%

46,6%±17,7%

49,4%±17,2%

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4.3 Transkranielle elektromagnetische Stimulation

4.3.1 Lage des Handareals

Die 22 gesunden Probanden der Kontrollgruppe (TCS01-TCS22, Altersmedian

26 Jahre) zeigten eine Reizschwelle um 40% der maximalen Stimulatorleistung für EMG-Antworten

im kontralateralen Thenar, mit nur geringfügiger Variation um diesen Wert

(Tab. VI, Seite 103).

Die interindividuelle Variabilität in der Ausdehnung der kortikalen Repräsentation der Hand

war dagegen deutlich und besonders gut an den Unterschieden in der Zahl erregbarer Punkte zu

erkennen. Deren Lage differierte zudem zwischen der linken und der rechten Hemisphäre eines

Probanden, ebenso wie die Lage der Punkte mit optimalen Reizantworten. In den meisten der 44

untersuchten Hemisphären fand sich nur ein einzelner optimaler Punkt mit höchster Amplitude bzw.

kürzester Latenz, fünf bzw. acht Hemisphären zeigten zwei Optima (Tab. VI, Seite 103). Trotz der in

der Mittellinie verwendeten maximalen Reizstärke (100%) lagen hier in keinem Fall erregbare

Punkte.

Abbildung 18 Kartierung des kortikalen Handareals durch elektromagnetische Reizung definierter Punkte der Schädeloberfläche an der Reizschwelle bei 22 Probanden: Dargestellt ist die Häufigkeitsverteilung der Reizorte mit Thenar-Antworten (Koordinatennetz entsprechend den Abb. 13 und 14, z-Achse: Auftretenshäufigkeit). Nicht erklärt ist, warum für die rechte Hand mehr Reizpunkte (n=83) vorhanden sind als für die linke (n=68; vgl. Tab. VI, Seite 103).

Um das kortikale Handareal auch ohne die aufwendige Kartierung untersuchen zu können,

wurde seine nach anatomischen Daten [75,148] festgelegte Position überprüft. Dazu wurde in der

Kontrollgruppe die Häufigkeit bestimmt, mit der Punkte an der Schädeloberfläche erregbar waren

(Abb. 18). Die Wahrscheinlichkeit für den Erhalt einer Reizantwort im kontralateralen Thenar war

bei Stimulation 5cm links bzw. rechts von Cz am höchsten. Somit wurde die pragmatische

Gleichsetzung dieses Punkts mit dem kortikalen Handareal beibehalten. In den untersuchten linken

Kortikale Reizorte mit Thenar-EMG-Antwortenauf elektromagnetische Stimulation bei 22 Probanden

(rechte Hand: blau - linke Hand: rot)

n=5

n=10

n=15

-7cm-5cm

-3cm0cm

3cm5cm

7cm

6cm4cm

2cm0cm

-2cm-4cm

-6cmAbstände auf der Schädeloberfläche

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40

Hemisphären war dieser Punkt mit der Position identisch, von der aus am häufigsten die höchste

Amplitude bzw. die kürzeste Latenz der Reizantworten zu erhalten war. In den rechten Hemisphären

bestand eine Verschiebung um 2cm nach frontal (Abb. 19). Die Optima von Amplitude und Latenz

waren nicht bei jedem Probanden gleich lokalisiert, sondern lagen um bis zu 5cm voneinander

entfernt (Tab. VII, Seite 104). In der Gesamtgruppe stimmten die Optima aber gut überein (Abb.

19).

Zur Beschreibung der Symmetrie der Repräsentation wurde eine Spiegelung der beiden

Hälften der "Reizkarte" eines Probanden um die Mediansagittallinie durchgeführt und ermittelt, wie

viele erregbare Punkte der beiden Hemisphären miteinander zur Deckung gebracht werden konnten

(Tab. VII, Seite 104). In keinem Fall bestand völlige Deckungsgleichheit. Üblicherweise waren zwei

bis vier Punkte nicht zur Deckung zu bringen, in einem Fall waren es zehn Punkte (TCS07). Darüber

hinaus wurden in den aufeinander abgebildeten Hemisphären die maximalen Abstände zwischen den

Punkten mit optimaler Reizantwort errechnet. Symmetrie war auch hier ungewöhnlich: im Mittel wich

die Lage der optimalen Reizpunkte um etwa 2cm ab, vereinzelt um bis zu 6cm (TCS21).

Abbildung 19 Kartierung des kortikalen Handareals bei 22 gesunden Erwachsenen: links Häufigkeitsverteilung der Reizorte mit höchster Amplitude, rechts Reizorte mit kürzester Latenz der Thenar-Antwort

Verteilung der kortikalen Reizorte mit optimalen Antworten

Optima der Amplituden im Thenar-EMG(rechte Hand: blau - linke Hand: rot)

Optima der Latenzen im Thenar-EMG(rechte Hand: blau - linke Hand: rot)

n=3

n=6

n=9

-7cm-5cm

-3cm0cm

3cm5cm

7cm

6cm4cm

2cm0cm

-2cm-4cm

-6cm

Abstände auf der Schädeloberfläche

n=3

n=6

n=9

-7cm-5cm

-3cm0cm

3cm5cm

7cm

6cm4cm

2cm0cm

-2cm-4cm

-6cm

Abstände auf der Schädeloberfläche

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41

4.3.2 Kortikomotorische Latenz zum Thenar

Zur Ermittlung von Normwerten der kortikomotorischen Latenz (KML) wurden die Befunde

an den 22 bisherigen und zwei zusätzlichen Probanden verwertet. Die Reizschwelle an den beiden als

repräsentativ ermittelten Reizpunkten (5cm lateral von Cz) variierte zwischen 40% der

Stimulatorleistung (bei 68% der 44 untersuchten Hemisphären) und maximal 60% der

Stimulatorleistung. Tabelle VIII (Seite 105) zeigt die Werte von KML für Stimulation an der

Reizschwelle, bei 20% überschwelliger Reizung sowie bei maximaler Reizstärke (100%

Stimulatorleistung). Die Varianzanalyse [81] ergab keinen signifikanten Unterschied zwischen den

Bedingungen "Reizung an der Schwelle, überschwellig und maximal" oder zwischen links- und

rechtshemisphärischer Stimulation. Deswegen wurden alle 120 Meßwerte zusammengefaßt und der

Normbereich der KML zum kontralateralen Thenar mit 17,31ms bis 24,78ms errechnet

(Normalwert 21,04ms ± dreifache Standardabweichung von 1,25ms). Für die Latenzdifferenz von

KML bei linkshemisphärischer und bei rechtshemisphärischer Reizung (52 Hemisphärenpaare) ergab

sich ebenfalls kein Hinweis auf eine Abhängigkeit von der gewählten Reizintensität: normal ist hier der

Bereich von 0ms bis 3ms. Daß KML und Körpergröße zusammenhängen, überrascht nicht (vgl.

Abb. 25, 43, 54; Seiten 54, 67, 78; Korrelationskoeffizient aber nicht größer als 0,18).

4.3.3 Ipsilaterale Reizantworten im Thenar

Bei den Kontrollpersonen war zum Zeitpunkt der normalen Reizantwort auch bei maximaler

Reizstärke und maximal möglicher Signalverstärkung (100µV/Div.) kein Reizeffekt im ipsilateralen

Thenar zu erkennen. Bei einzelnen Probanden traten bei maximaler Stimulation kleinamplitudige

ipsilaterale Potentiale mit deutlichem Abstand nach der normalen Reizantwort auf (Abb. 20).

Reproduzierbar wurden sie bei vier der 24 Kontrollpersonen (6 Hemisphären) beobachtet. Die

Latenz betrug zwischen 53,2ms und 73,6ms, die Amplitude zwischen 0,02mV und 0,18mV. Unter

Bezug auf den Maximalwert, den die Thenar-Antwort annehmen konnte, waren die Amplituden bei

ipsilateraler Reizung sehr niedrig (0,3% bis 3,4% des Maximum, Tab. 3).

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Abbildung 20 Späte ipsilaterale Reizantwort bei einer Kontrollperson: TCS17 zeigte nach Reizung des rechten kortikalen Handareals mit maximaler Intensität eine ipsilaterale Antwort langer Latenz (58,8ms) und niedriger Amplitude (0,32% der normalen Antwort im linken Thenar). Solche späten ipsilateralen Antworten gelten nicht als abnorm. Bei TCS17 war sie nur einseitig zu beobachten. Ipsilaterale Antworten kurzer Latenz kamen bei Kontrollpersonen nicht vor.

Als wesentlich ist festzuhalten, daß bei Normalpersonen auch unter maximaler Reizung des

kortikalen Handareals einer Hemisphäre keine simultanen Reizantworten im ipsilateralen Thenar

auftraten. Die seltenen, variabel ausgeprägten ipsilateralen Reizeffekte hatten eine Latenz von

mindestens dem Doppelten der normalen Leitungszeit.

Tabelle 3 Latenz und Amplitude der nur bei vier Kontrollpersonen beobachteten ipsilateralen Reizantworten (Amplitude: prozentualer Anteil an der Maximalamplitude durch kontralaterale Reizung)

Reizantworten nach Kortexstimulation ipsilateral

Proband Kürzeste Latenz (ms) Höchste Amplitude (%)

Thenar rechts Thenar links Thenar rechts Thenar links

TCS13 53,2 keine Antwort 3,38 keine Antwort

TCS16 62,2 59,0 0,82 1,30

TCS17 58,8 keine Antwort 0,32 keine Antwort

TCS21 73,6 73,0 1,59 1,70

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5 BEFUNDE BEI PERSISTIERENDEN SPIEGELBEWEGUNGEN

Sieben Patienten mit spiegelsymmetrischen Mitbewegungen ohne weitere Auffälligkeiten

nahmen an der Studie teil (PSB01-PSB07). Bei systematischer Untersuchung von Patienten mit

neurogenetischen Syndromen konnten sieben weitere Fälle identifiziert werden (PSB08-PSB14).

Die Patienten nannten als wesentliche Beeinträchtigung Situationen, in denen eine Hand aktiv

ist, während die andere ruhig gehalten werden soll, z.B. wenn diese einen Behälter mit Flüssigkeit

hält. So schilderte ein Patient, von Beruf Maler, daß er in seiner Lehrzeit oft Farbe aus dem Eimer

verschüttete, wenn er gleichzeitig auf der anderen Seite den Pinsel führte (PSB04). Mehrere

berichteten vom Ausschütten eines Milchglases, während sie mit der anderen Hand kraftvoll die

Kühlschranktüre verschlossen (PSB03-PSB06). Aktivitäten beider Hände mit gegenläufigem Ablauf,

wie sie neben dem Klavierspiel oder Schreibmaschineschreiben auch das Binden der Schuhe

erfordert, sind durch die unwillkürliche Tendenz zu gleichläufigen Bewegungen meist deutlich

erschwert. Überraschenderweise scheinen aber einige Betroffene Musikinstrumente auch bei

gegenläufigen Bedingungen mit einigem Geschick spielen zu können, wobei ein ausgesprochener

Übungseffekt bestehe (PSB01, PSB06, PSB11). Vielfach berichteten (PSB04) oder zeigten die

Patienten (PSB05-PSB07), daß sie die störenden Mitbewegungen durch eine maximale

Muskelanspannung der "Spiegelhand" unterdrücken (z.B. beim Schreiben), im Gefolge klagten sie

über muskuläre Verspannungen. Als störend empfänden die Patienten mit Spiegelbewegungen auch

die irritierten Blicke von Beobachtern, die ihnen z.B. beim einhändigen Kämmen oder Knöpfen

zusehen. Sie erwähnten auch Auseinandersetzungen in der Schulbank, wenn die "Spiegelhand" beim

Schreiben und Zeichnen zum Nachbarn wanderte (PSB06).

Im Befund waren stets die oberen Extremitäten mit distaler Betonung betroffen.

Ausnahmsweise zeigten sich auch Spiegelbewegungen an den Beinen, mit Beschränkung auf die

Zehen (PSB03, PSB04, PSB06, PSB12). Insgesamt besteht eine interindividuelle Variabilität in der

Intensität der Spiegelbewegungen und ihrer Ausbreitung auf verschiedene Muskelgruppen und damit

ein unterschiedlicher Grad von Alltagsbehinderung. Die Variabilität erschien unabhängig von der

Patientengruppe (autosomal erbliche Spiegelbewegungen oder Spiegelbewegungen bei

neurogenetischen Syndromen).

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5.1 Patienten

5.1.1 Autosomal-dominant vererbte Spiegelbewegungen

Anlaß zur Untersuchung bei diesen Patienten war nur ausnahmsweise ein Wunsch nach

ärztlicher Betreuung. Lediglich zwei Patienten suchten gezielt medizinische Hilfe, da der ebenfalls

betroffene Vater eine Behinderung des Sohnes in der handwerklichen Ausbildung fürchtete und eine

Behandlung wünschte (PSB03 und PSB04). Ein Medizinstudent hatte die eigenen

Spiegelbewegungen und die seines Vaters im Anschluß an eine neurologische Vorlesung als

Besonderheit vorgestellt (PSB01 und PSB02). Im Verlauf der Untersuchungen identifizierte er durch

eigene Beobachtung eine Krankenschwester als ebenfalls betroffen (PSB07). In einem Fall (PSB05)

waren die Spiegelbewegungen anläßlich der Musterung aufgefallen und kasuistisch mitgeteilt worden

[73]. Da Spiegelbewegungen in gewissem Ausmaß unterdrückt und kompensiert werden können,

scheinen sie kaum zum Arzt zu führen. Zudem sind sie eine lebenslang, oft familiär bestehende

Besonderheit und führen zu entsprechender Gewöhnung. Im Folgenden sind die eigenen Fälle auf der

Grundlage der ausführlichen klinischen Untersuchung kasuistisch dargestellt. Als orientierender

psychometrischer Test wurde der Zahlenverbindungstest, ZVT [123], zur Bewertung der kognitiven

Verarbeitungsgeschwindigkeit durchgeführt (angegeben als Prozentrang, PR).

♦ PSB01: Medizinstudent, der mehrfach im Alter zwischen 21 und 29 Jahren untersucht wurde, berichtete über Spiegelbewegungen seit Kindheit bei sonst unauffälliger Entwicklung, spielt Klavier und Gitarre. Rechtshänder mit anfänglich weniger deutlicher Handpräferenz: LQ = +82, im Verlauf LQ = +100. Im Befund Spiegelbewegungen an beiden Armen mit Zunahme von proximal nach distal. Betroffen sind: Schulterhebung, Abduktion, Beugung und Streckung der Arme, Pronation und Supination der Unterarme, Flexion und Extension der Hände, sämtliche Fingerbewegungen (Abduktion, Adduktion, Flexion, Extension). Distale Spiegelbewegungen links deutlicher als rechts. Sonst völlig unauffälliger klinisch-neurologischer Befund, keine kontralateralen Mitbewegungen an den Beinen oder bei einseitiger Innervation der Gesichtshälften, keine Spiegelbewegungen bei passiver Bewegung einer oberen Extremität, keine gekreuzten Muskeleigenreflexe, normales Benennen bei taktiler Exploration mit rechter bzw. linker Hand. Überdurchschnittliche kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit (ZVT-PR 95). Bei der Mutter und den beiden Schwestern wurde eine central-core-Myopathie diagnostiziert, bei PSB01 fand sich kein entsprechender EMG-Hinweis.

♦ PSB02: Vater von PSB01, Physiklaborant, Rechtshänder (LQ=+82, bei Nachuntersuchung LQ=+100), mit Spiegelbewegungen seit Kindheit, untersucht im Alter zwischen 50 und 56. Spiegelbewegungen bei Beugung und Streckung der Arme, Pronation und Supination der Unterarme, bei Flexion und Extension der Hände, Abduktion, Adduktion, Flexion und Extension der Finger. Spiegelbewegungen nach distal zunehmend und links deutlicher als rechts. Sonst unauffälliger klinisch-neurologischer Befund, keine kontralateralen Mitbewegungen an den Beinen, keine Spiegelbewegungen bei passiver Bewegung, ZVT PR 54. In der Familie seien keine weiteren Fälle bekannt.

♦ PSB03: Schüler, der im Alter zwischen 11 und 16 untersucht wurde, unauffällige Vorgeschichte bis auf die Spiegelbewegungen seit frühester Kindheit. Diese störten vor allem beim Zeichnen und Schreiben, auch durch Schmerzen bei längerdauernder Anstrengung. Von anfänglich ausgeprägter Rechtshändigkeit zeigte sich ein Wechsel der Handpräferenz zu mäßiger Linkshändigkeit (LQ=+80 mit11 Jahren, LQ=-45 mit 14 Jahren), Schreibhand unverändert rechts. Beim Versuch des einseitigen Blinzelns stets Mitbewegungen des M. orbicularis oculi der Gegenseite. Spiegelbewegungen an den oberen Extremitäten traten bei Willkürinnervation ohne Widerstand sowohl der rechten wie der linken Seite auf: bei Beugung und Streckung im Ellenbogen, bei Pronation und Supination des Unterarms (bei diesen

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Bewegungen am linken Arm weniger ausgeprägt als am rechten), beim Beugen, Strecken und Spreizen aller Finger, bei sequentieller Opposition des Daumens mit den anderen Fingern, bei Beugung und Streckung einzelner Finger (klinisch bei diesen Bewegungen seitengleiche Ausprägung der Spiegelbewegungen). An den unteren Extremitäten waren Spiegelbewegungen nur bei Extension der Großzehe gegen Widerstand und inkonstant zu beobachten. Übriger klinisch-neurologischer Befund und Röntgendiagnostik der Halswirbelsäule unauffällig.

♦ PSB04: Vater von PSB03, Maler, Rechtshänder (LQ=+100), untersucht im Alter von 50 bis 54. Die Spiegelbewegungen seien beim Zeichnen in der Schule und in der Lehrzeit störend gewesen. Das Harmonium-Spiel habe er nicht zu erlernen vermocht. Schreibmaschine schreiben und Klavierspielen könne er nur, wenn er es mit einer Hand alleine mache. Durch intensive Muskelanspannung der "Spiegelhand" könne er die unerwünschten Bewegungen verhindern. Die Spiegelbewegungen seien am deutlichsten, wenn er rechts die Faust mache oder den Unterarm drehe, in der linken Hand seien sie stärker als in der rechten. Diese Angabe bestätigte sich bei der klinischen Untersuchung. Willkürlich nicht unterdrückbare Spiegelbewegungen traten auf bei einseitigen Willkürbewegungen sowohl rechts wie links: Pronation und Supination des Unterarms, Faustschluß, Fingerspreizen und sequentielle Opposition der Finger. An den Zehen sind Spiegelbewegungen geringen Ausmaßen bei einseitiger Extension der Zehen sowie, deutlicher, bei Extension der Großzehe gegen Widerstand zu beobachten (bei Willkürbewegung des linken Fußes deutlicher). Einseitiges Blinzeln nur mit Schwierigkeiten möglich. Sonst unauffälliger neurologischer Befund. Keine Spiegelbewegungen bei den Eltern, dem zweiten Kind oder in der weiteren Familie. HWS-Röntgen normal.

♦ PSB05: Programmierer, untersucht im Alter von 32 bis 36, Rechtshänder (LQ=+66). Die selbst betroffene Mutter (PSB06) habe seine Spiegelbewegungen bereits in allerfrühester Kindheit bemerkt. Im Alltag sei er beim Schreiben durch zunehmende Muskelverkrampfung der zur Unterdrückung der Spiegelbewegungen angespannten linken Hand gestört. Er könne nicht Kraulschwimmen, mit Schwierigkeiten spiele er Rhythmusgitarre (nicht Sologitarre) und mit größter Anstrengung auch etwas Klavier, wobei aber eine Verbesserung durch Üben eintrete. Spiegelbewegungen sind zu beobachten bei Beugen der Arme im Ellenbogen ohne Widerstand (im rechten Arm deutlicher), bei Pronation und Supination des Unterarms, beim Beugen und Spreizen einzelner Finger oder aller Finger zusammen, bei sequentieller Fingeropposition, sehr deutlich beim "Schnipsen" des rechten oder linken Zeigefingers. Einseitiges Blinzeln nur mit Schwierigkeiten möglich. Keine Spiegelbewegungen an den unteren Extremitäten, auch sonst unauffälliger neurologischer Befund, einschließlich Geruchssinn, ZVT PR 66.

♦ PSB06: ehemalige Büroangestellte, 56 Jahre alt, Rechtshänderin (LQ=+82), Hyperurikämie, Diabetes mellitus, abgelaufener Herzinfarkt. Beim beidhändigen Maschineschreiben müsse sie besonders sorgfältig sein, beim Stenographieren seien die Spiegelbewegungen der linken Hand sehr störend gewesen und hätten mit dem Schreibtempo zugenommen. Spiegelbewegungen seien auch an den Füßen vorhanden und würden das Koordinieren des Gas- und Kupplungspedals, vor allem beim Rückwärtsfahren, sehr schwer machen, dagegen sei das Treten der Pedale beim Radfahren problemlos. Die Ausprägung der Spiegelbewegungen an den oberen Extremitäten entsprach der Ausprägung beim Sohn, auch in Bezug auf die Seitenbetonung beim Beugen im Ellenbogen (im rechten Arm vorhanden, links fraglich). Allerdings bestanden bei ihr Spiegelbewegungen auch an den unteren Extremitäten (Bewegungen im Sprunggelenk, nicht sicher bei Zehenbewegungen). Einseitiges Blinzeln war am linken Auge nur mit Schwierigkeiten, rechts kaum möglich. Sonst unauffälliger neurologischer Befund, einschließlich Geruchssinn, ZVT PR 27. Möglicherweise habe auch eine Tante an Spiegelbewegungen gelitten, weitere Fälle in der Familie nicht bekannt.

♦ PSB07: Krankenschwester, untersucht im Alter von 21 bis 28, Linkshänderin (LQ=-82, im Verlauf -100) Spiegelbewegungen seit Kindheit, auch bei der ebenfalls linkshändigen Mutter, die sich leider nicht zur Untersuchung vorstellte. Motorische Entwicklung langsamer als bei Altersgenossen, sonst unauffällige Vorgeschichte. Beidhändiges Maschineschreiben und Gitarrespielen falle ihr schwer, Spiegelbewegungen vor allem distal und in der rechten Hand deutlicher als in der linken. Spiegelbewegungen traten auf bei Abduktion des Oberarms und beim Beugen im Ellenbogen gegen Widerstand, beim Beugen der Finger (einzeln oder beim Faustmachen). Gegenläufige Bewegungen der oberen Extremitäten (alternierendes Klopfen links und rechts) sind proximal, aus dem Ellenbogen heraus, gut möglich, schwerer bei distalen Bewegungen (Klopfen aus dem Handgelenk, am schwersten mit dem Zeigefinger), da hier eine Tendenz zu einem gleichläufigen Bewegungsmuster auftritt. Unmöglich sind gleichgerichtete "Tonleitern" (simultane Beugung von Kleinfinger links/Daumen rechts, Ringfinger links/Zeigefinger rechts usw.). Inkonstant war bei Großzehenextension gegen Widerstand eine Adduktion beider Daumen als unwillkürliche Mitbewegung zu beobachten, nicht aber der Zehen der Gegenseite. Beim einseitigen Blinzeln kam es zu Mitbewegungen der Gegenseite, nicht beim einseitigen Verziehen des Mundwinkels. Übriger neurologischer Befund, einschließlich Riechvermögen normal, ZVT PR 79. In der weiteren Familie keine Fälle von Spiegelbewegungen bekannt.

Persistierende Spiegelbewegungen imponieren als klinisch abgrenzbares Syndrom. Bei

Normalpersonen können zwar leichte Mitbewegungen vorkommen, sie überschreiten aber nicht den

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Grad 2 unserer Skala: soweit vorhanden, sind sie inkonstant und erschöpflich. Im Gegensatz dazu

waren die Spiegelbewegungen der Patienten PSB01-PSB07 pathologisch: sie waren konstant

vorhanden, nicht unterdrückbar und sehr augenfällig (Grad 3). Sie waren nur bei Willkürbewegungen

zu beobachten. Bei passiver Bewegung zeigten sie sich nicht, auch bestanden keine gekreuzten

Muskeleigenreflexe. Trotz einer gewissen Möglichkeit zur Modulation konnten die

Spiegelbewegungen nicht vollkommen unterdrückt werden. Sie sind reziprok, da sie sowohl bei

Willkürbewegungen der rechten als auch der linken Seite auftreten. Die Reziprozität der

Spiegelbewegungen ist nicht vollständig, da manche Patienten eine auch klinisch zu beobachtende

Seitenbetonung berichten (deutlichere Ausprägung bei Willkürinnervation der Vorzugshand in den

Fällen PSB01, PSB02, PSB04 und PSB07).

Abbildung 21 Kraftkurvendokumentation bei Patient PSB01, der einseitig rasche willkürliche Kraftwechsel des Zeigefingers gegen den am Tisch fixierten Kraftaufnehmer ausführte: In der ersten Aufgabe (obere Hälfte der Abbildung) war der Versuchsaufbau für die aktive und die nicht-aktive Hand identisch. Es wurden die Kräfte an den Zeigefingern ("DII rechts" und "DII links") gemessen. Diese zeigten eine gut synchronisierte Spiegelaktivität (mit SQ von 34,4 bzw. 86,2%). In der zweiten Aufgabe (untere Hälfte der Abbildung) wurden die unwillkürlichen Kräfte an den Ringfingern ("DIV") aufgezeichnet, die zu den Willküraktionen der Zeigefinger nur minimale unwillkürliche Aktivität zeigten ("SQ" 4,2% bzw. 0,8%).

Die Verteilung der Spiegelbewegungen beschränkte sich bei den meisten Patienten auf die

oberen Extremitäten mit distaler Betonung. In Einzelfällen (PSB03, PSB04, PSB06) waren auch die

unteren Extremitäten, meist inkonstant, betroffen.

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Eine mögliche Beteiligung der Gesichtsmuskulatur (z.B. PSB12) war schwer zu beurteilen, da

zahlreiche Kontrollpersonen nicht einseitig isoliert blinzeln können.

Bemerkenswert war die Symmetrie der Bewegungen: die Spiegelaktivität breitete sich nur

geringfügig in nicht-homologe Muskeln kontralateral zur Willküraktivität aus. Beispielsweise war bei

Bewegung des Zeigefingers eine Spiegelbewegung des gegenseitigen Zeigefingers zu beobachten; die

unwillkürliche Aktivität des Ringfingers war demgegenüber minimal (Abb. 21). Nur ausnahmsweise

war eine Ausbreitung in nicht-homologe Muskeln deutlicher: so innervierte PSB07 inkonstant auch

die beiden Daumen, wenn sie die rechte oder linke Großzehe gegen Widerstand streckte.

Massenbewegungen wie bei zentralen Paresen waren bei unseren Patienten nie zu beobachten.

Abbildung 22 Beidseitige Ableitung des Oberflächen-EMG vom Thenar beider Seiten bei einem Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen (PSB01): Die obere Hälfte der Abbildung zeigt eine tonische Willkürabduktion des rechten bzw. linken Daumens. Dabei war ein gleichzeitig einsetzendes und gleichzeitig endendes EMG-Signal vom Daumenballen der Gegenseite abzuleiten. In der unteren Bildhälfte sollte der Patient eine Serie von raschen phasischen Innervationen nur einer Hand ausführen. Auch unter dieser Bedingung traten simultane und annähernd gleichamplitudige spiegelbildliche EMG-Signale auf.

Die in einigen Fällen durchgeführte EMG-Dokumentation mit zweikanaliger Ableitung

simultan von der rechten und linken Hand bestätigte die klinischen Beobachtungen. Bei Aufforderung

zu einseitiger Willkürinnervation traten zugleich mit den Muskelpotentialen der willkürlich bewegten

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Seite auch unwillkürliche Potentiale der Gegenseite auf (Abb. 22). Spiegelbildliche EMG-Aktivität

war sowohl bei längerdauernder, "tonischer" Innervation, als auch bei kurzdauernder, "phasischer"

Willkürinnervation vorhanden. Mit ihrem Ende endete auch die Spiegelaktivität. Bei repetitiven

Bewegungen über mehr als eine Minute zeigte sie keine Abnahme.

Durch quantitative Auswertung des EMG vom rechten und linken Musculus extensor

digitorum communis (EDC) während willkürlicher Hebung des Mittelfingers war ein Vergleich mit

Kontrollpersonen möglich (Methodik: Seite 31). Zur Bewertung wurde ein Quotient berechnet

(Verhältnis zwischen dem EMG, wenn der EDC "Spiegelmuskel" war, und dem EMG, wenn er

"Willkürmuskel" war; Abb. 23). Gesunde Erwachsene zeigten eine unwillkürliche Aktivität von

höchstens 3% kontralateral zur Willkürinnervation, in der Regel lagen ihre Werte um 1%. Bei den

Patienten lag der Quotient im Bereich über 10%, maximal bei 68%. Lediglich eine Patientenhand

(rechte Hand von PSB02, Pfeil in Abb. 23) zeigte Werte im Bereich der Kontrollen, die

Spiegelaktivität der anderen Hand (28%) war aber eindeutig abnorm.

Abbildung 23 Ausprägung der Spiegelaktivität bei Hebung des Mittelfingers durch sechs Patienten mit persistierenden Spiegel-bewegungen (PSB1-PSB5 und PSB7, obere Hälfte der Abbildung) und sechs Kontrollpersonen (K1-K6): Die Spiegelaktivität wurde aus dem Oberflächen-EMG des M. extensor digitorum communis (EDC) beider Seiten quantifiziert: der Prozentwert auf der logarithmischen Skala gibt das Verhältnis zwischen der Aktivität des linken bzw. rechten EDC als "Spiegel-muskel" zu seiner Aktivität als "Willkürmuskel" an. Der Gruppenunterschied zwischen den Patienten und den Kontrollpersonen ist signifikant. Man beachte, daß bei PSB02 die Spiegelaktivität der rechten Hand (Pfeil) im Bereich der Ergebnisse der Kontrollpersonen liegt.

Im Ausmaß der Spiegelaktivität unterschieden sich die Patienten signifikant von den

Kontrollpersonen. Der Gruppenunterschied beim Vergleich der kombinierten Werte beider Hände

und der Werte der linken Hand war signifikant (U-Test, p<0,01). Er war für die rechten Hände

aufgrund des "Ausreißers" von PSB02 etwas weniger deutlich (p=0,01). Ein Unterschied zwischen

Spiegelaktivität im Elektromyogramm

Mitbewegungen rechte Hand(linke Hand aktiv)

0,01%0,1%

1% 10% 100%

Mitbewegungen linke Hand(rechte Hand aktiv)

0,01%0,1%1%10%

100%

PSB1

PSB2

PSB3

PSB4

PSB5

PSB7

K1

K2

K3

K4

K5

K6

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der Spiegelaktivität der linken und der rechten Hand bestand weder für die Gruppe der Patienten

noch für die Kontrollen (Wilcoxon-Test, p>0,10).

Abbildung 24 Bei Patientin PSB06 mit persistierenden Spiegelbewegungen wurde die Schädeloberfläche jeweils mit einer überschwelligen Intensität von 80% stimuliert (Reizschwelle bei C3: 60%). Dargestellt sind die superponierten EMG-Kurven vom rechten bzw. linken Thenar (jeweils obere bzw. untere Kurve eines Paares), die bei dreifacher Stimulation der mit einem schwarzen Punkt markierten Position auf der Schädeloberfläche (hier in Aufsicht) abzuleiten waren. Wenn Reizeffekte erzielt wurden, traten die Muskelantworten fast in jedem Fall sowohl im kontralateralen als auch im ipsilateralen Daumenballen mit etwa gleicher Amplitude auf (vgl. Abb. 35, Seite 65). Der charakteristische Befund abnormer ipsilateraler Reizantworten (Pfeile) war bei allen sieben Patienten mit autosomal-dominant vererbten Spiegelbewegungen zu erheben. Es bestand eine interindividuelle Variabilität im Verhältnis der Amplituden zwischen der ipsilateralen und der kontralateralen Muskulatur.

Bei transkranieller Stimulation des motorischen Kortex zeigten die Patienten nicht nur

Antworten im kontralateralen Thenar, sondern dazu simultane Reizantworten im ipsilateralen Thenar.

Diese abnormen, bei keiner Kontrollperson beobachteten ipsilateralen Reizantworten waren sowohl

bei Stimulation der linken Hemisphäre als auch der rechten Hemisphäre auszulösen (Abb. 24). Diese

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Befunde stimmten mit den Beschreibungen aller bisher untersuchten Fälle überein [24,29,31,42,162].

Sie werden später genauer analysiert (Seite 63). Zuvor wird dargestellt, wie diese charakteristische

Eigenart von persistierenden Spiegelbewegungen als Ergänzung des klinischen Befundes verwendet

wurde, um bei der Untersuchung von Patienten mit neurogenetischen Syndromen die ebenfalls davon

Betroffenen zu identifizieren.

Bis auf PSB03, bei dem ein Wechsel der Handpräferenz im Alter zwischen 11 und 14

beobachtet wurde, war in allen Fällen eine eindeutige Händigkeit festzustellen. Entgegen einer

vorschnellen Erwartung besteht bei persistierenden Spiegelbewegungen keine Vorzugs- oder

Leistungsäquivalenz der Hände. Auch ein Zusammenhang mit Spiegelschrift scheint nicht zu bestehen,

da bis auf die Linkshänderin PSB07 die Patienten nicht spiegelverkehrt schreiben konnten - weder

mit der linken noch der rechten Hand. Unter den sonst unauffälligen klinisch-neurologischen

Befunden ist noch hervorzuheben, daß sensible Reize stets auf die richtige Körperseite lokalisiert

wurden, also keine Allästhesie [86] bestand.

Persistierende Spiegelbewegungen ohne weitere Auffälligkeiten können beide Geschlechter

betreffen (hier: fünf Männer, zwei Frauen). Das familiäre Auftreten spricht für eine genetische

Komponente. Wegen der Vererbung von Vätern auf Söhne (PSB01/PSB02, PSB03/PSB04) ist der

bereits bekannte autosomal-dominante Erbgang zu bestätigen [129].

5.1.2 Neurogenetische Syndrome mit Spiegelbewegungen

Wegen der aus der Literatur bekannten Assoziation von Spiegelbewegungen mit primärem

hypogonadotropem Hypogonadismus, Klippel-Feil-Syndrom oder Duane-Syndrom wurde bei

diesen Erkrankungen systematisch nach motorischen Auffälligkeiten gesucht.

5.1.2.1 Kallmann-Syndrom und idiopathischer hypogonadotroper Hypogonadismus

Im Rahmen einer gemeinsamen Studie zur Klinik und Genetik des angeborenen

hypogonadotropen Hypogonadismus wurden insgesamt 43 Patienten von der Medizinischen Klinik

Innenstadt (PD Dr. J. Schopohl), der Medizinischen Klinik II Klinikum Großhadern (Arbeitsgruppe

Prof. Dr. K. Mann), dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie (PD Dr. G. Stalla) und der Abteilung

für Pädiatrische Genetik der Kinderpoliklinik (Dr. B. Heye, Dr. Th. Meitinger) zur Untersuchung

zugewiesen.

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In der Regel hatten die Patienten wegen Ausbleibens der Pubertät einen Arzt aufgesucht. Die

Diagnose des angeborenen hypogonadotropen Hypogonadismus beruhte auf dem Befund niedriger

Testosteron-Spiegel, die durch das hypothalamische Releasing-Hormon (100µg GnRH i.v.) nicht zu

steigern waren, und auf dem Ausschluß von strukturellen Läsionen des Zwischenhirns [139]. Am

Institut für Medizinische Psychologie (PD Dr. M. Laska, PD Dr. R. Hudson) wurden mit dem

"Münchner Geruchstest" Detektionsschwellen für Gerüche und die Fähigkeiten zur Unterscheidung

ihrer Qualität und ihrer Intensität, zu ihrer Identifikation, ihrem Wiedererkennen und ihrer

hedonischen Bewertung unter Verwendung von Riechflaschen untersucht.

Der Test ermöglichte eine Unterteilung der Gruppe in 26 Patienten mit Kallmann-Syndrom

(gestörtes Riechvermögen) und 17 Patienten mit idiopathischem hypogonadotropem

Hypogonadismus (normales Riechvermögen). Die Patienten mit Kallmann-Syndrom fielen besonders

in der Untersuchung ihrer Detektionsschwelle für reine Geruchsstoffe auf. Bis auf einen einzigen

(KS11) waren sie nicht in der Lage, unter drei Riechflaschen diejenige mit dem unverdünnten, rein

olfaktorischen Lavendelgeruch (22,5g Linalool in 1 l Diäthylphthalat) zu identifizieren. KS11

scheiterte bei der nächsten Verdünnungsstufe der Substanz (Verdünnung im Verhältnis 1:5), die von

Normalpersonen ausnahmslos erkannt wird [76].

Korrelat der Riechstörung sind Fehlbildungen von Bulbus und Tractus olfactorius, meist

Aplasien. Diese können zusammen mit der fehlenden Ausbildung des Gyrus rectus und seines

begrenzenden Sulcus kernspintomographisch dokumentiert werden [163]. Auch auf andere

Gehirnmißbildungen wurde wegen ihres gelegentlichen Vorkommens bei hypogonadotropem

Hypogonadismus geachtet [115]. Hier war lediglich ein Patient (KS05, Kasuistik Seite 56) auffällig.

Ein weiteres Augenmerk galt den genetischen Grundlagen der Erkrankung. Aus der

Familienanamnese gab es Hinweise auf verzögerte Pubertät oder Riechstörung bei Angehörigen von

12 Patienten (Tab. IX, Seite 106). Die Kollegen der Pädiatrischen Genetik suchten ferner mit der

Methode der SSCP-Analyse ("single strand conformation polymorphism") nach Punktmutationen im

Gen KAL, das für das X-chromosomale Kallmann-Syndrom verantwortlich ist, und setzten die

Hybridisierungstechnik zur Erfassung von KAL-Deletionen ein [87].

Die Therapie zum Untersuchungszeitpunkt bestand bei der überwiegenden Mehrzahl in

intramuskulären Testosteron-Injektionen. Lediglich zwei Patienten nahmen Testosteron oral ein

(KS01 und KS02, der zusätzlich STH i.m. erhielt). Fünf Patienten wurden mit subkutanen pulsatilen

Injektionen von GnRH über eine tragbare Pumpe (IHH03, IHH17, KS06, KS13, KS24) behandelt,

die Patienten KS3 und KS8 erhielten humanes Choriongonadotropin. Zwei Patienten (KS16, KS23)

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waren ohne Therapie. Die verbleibenden 32 Patienten erhielten Testosteron i.m. alle zwei bis sechs

Wochen. 36 Patienten bezeichneten sich als Rechtshänder, 3 als Linkshänder und 4 gaben

Beidhändigkeit an (allgemeine Befunde: Tab. X, Seite 107).

5.1.2.1.1 Klinische Beurteilung von Spiegelbewegungen

Klinisch zeigten nur 6 der 43 Patienten mit hypogonadotropem Hypogonadismus

pathologische Spiegelbewegungen (Skala: Tab. 1, Seite 19). Kein Patient mit idiopathischem

hypogonadotropem Hypogonadismus war betroffen, sondern in allen 6 Fällen lag ein Kallmann-

Syndrom vor. Zur Veranschaulichung seien diese Patienten (PSB08-PSB13) kurz kasuistisch

vorgestellt. Bei den ersten Fällen handelte es sich um drei Brüder aus einer Familie mit X-

chromosomalem Kallmann-Syndrom [37,108].

♦ PSB08 (KS01): 14jähriger Schüler, wegen einer Legasthenie besondere schulische Förderung, als Kleinkind Operation eines Kryptorchismus beidseits, könne nur stärkste Gerüche wahrnehmen. Solange er sich erinnern könne, habe er Mitbewegungen der Hände, insbesondere der Finger, bemerkt. Er spiele gut Flöte, könne problemlos Radfahren oder sich die Schuhe binden, Händigkeit: LQ +100. Sp iegelbewegungen bei Bewegungen des rechten und des linken Armes, distal betont (Finger und Hand am deutlichsten, bereits bei freien Bewegungen; bei Bewegungen im Ellenbogen- und Schultergelenk nur bei maximaler Innervation gegen Widerstand), keine Mitbewegungen an Beinen, Füßen oder Zehen, keine gekreuzten Reflexantworten, keine Allästhesie. Schwierigkeiten mit dem Benennen von Links und Rechts und dem Zahlenlesen (Inversion zweistelliger Zahlen), was ihm auch im Mathematikunterricht Probleme bereite. Klinisch-neurologisch sonst lediglich eine geringe Exophorie und Mitbewegungen des Unterkiefers zur Seite bei seitlicher Blickwendung.

♦ PSB09 (KS02): 16jähriger Schüler, bei dem endokrinologisch als einzigem der drei Brüder zusätzlich ein Mangel an Wachstumshormon (Kleinwuchs, 149cm) besteht, deswegen spezifische Substitution. Gelegentlich bemerke er starke Gerüche, wie den Geruch angebrannter Speisen. Spiegelbewegungen bei Bewegungen der rechten wie der linken oberen Extremität, distal betont (nicht bei Bewegungen im Schulter- oder Ellenbogengelenk, bei freien Bewegungen, ohne Widerstand des Untersuchers, deutlich bei Pronation und Supination des Unterarmes, bei Bewegungen im Handgelenk, bei serieller Fingeropposition, beim Spreizen und Schnippen der Finger), Beine nicht betroffen, einseitiges Blinzeln unmöglich. ZVT PR 2, verdächtig auf Verlangsamung der kognitiven Verarbeitungsgeschwindigkeit. Sonst unauffällig, Rechtshänder (LQ +100).

♦ PSB10 (KS04):17jähriger Lehrling, Gelegentlich nehme er den Geruch von Ammoniak oder von Alkohol wahr, anderes praktisch nicht. Spiegelbewegungen des Gegenarmes bei Bewegungen rechts wie links, distal betont, keine Mitbewegungen an den unteren Extremitäten. Rechtshänder (LQ +100). Klinisch-neurologisch ferner sehr lebhafte Muskeleigenreflexe (PSR links >> rechts), aber keine pathologischen Reflexe. Hochgradige Bewegungseinschränkung des linken Auges beim Blick nach oben Mitte, oben links und oben rechts, bei den vertikalen Folgebewegungen Seitabweichen des Auges nach außen, zusammenfassend einem Brown-Syndrom entsprechend. ZVT PR 12, kognitive Verarbeitungsgeschwindigkeit fraglich verlangsamt.

♦ PSB11 (KS14): 25jähriger Elektriker mit unauffälliger Familienanamnese. Rechtshänder. Mit 8 Jahren Schiefhalsoperation rechts (wohl Verlängerung des M. sternocleidomastoideus), verzögerte Pubertät, Riechstörung. Spiegelbewegungen seit frühester Kindheit bekannt (z.B. beim Kratzen am Kopf), über die Jahre eher abnehmend und nie beeinträchtigend. Er könne ohne Schwierigkeiten Seilklettern, Klavier oder Gitarre spielen oder mit einem Gewehr schießen. Spiegelbewegungen träten jetzt vor allem unter Belastung auf, insbesondere bei Drehbewegungen der Unterarme. Bei horizontalen Augenbewegungen gleichsinnige Bewegungen des Unterkiefers. Spiegelbewegungen insgesamt gering ausgeprägt, aber erkennbar bei freien Bewegungen: Beugung im Ellenbogengelenk, Pronation und Supination der Unterarme, Spreizen und serielle Opposition der Finger. Untere Extremität nicht betroffen, auch sonst unauffällig.

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♦ PSB12 (KS12): 24jähriger Informatik-Student, Rechtshänder, der sich wegen im Alter von 18 noch nicht eingetretener Pubertät erstmals vorgestellt hatte. Adoptiertes Kind, daher keine Familienanamnese. Virilisierung unter Testosteron-Therapie, sonographisch Aplasie der rechten Niere. Er könne nur intensivste Gerüche wahrnehmen, merke aber nicht einmal, wenn etwas anbrennt. Die seit frühester Kindheit bemerkten Spiegelbewegungen hätten ihn nie wesentlich eingeschränkt. Flöte spielen sei ihm nicht, Seilklettern nur sehr erschwert möglich gewesen. Beim Maschineschreiben habe er lediglich Probleme mit dem Setzen von Ring- und Kleinfinger. Bei allen Bewegungen der oberen Extremitäten traten spontan Spiegelbewegungen (mit Betonung der distalen Muskulatur) auf, die im Schultergelenk bei Bewegungen gegen Widerstand und bei Pronation und Supination der Unterarme noch deutlicher wurden. Auch der Lidschluß und isolierte Mundwinkelbewegungen waren betroffen, hierbei kam es zusätzlich zu Mitbewegungen der Hände. Das Platysma links konnte isoliert innerviert werden, während auf der rechten Seite keinerlei Bewegungseffekt erkennbar war. Auch bei einseitigen Zehenbewegungen traten Spiegelbewegungen auf, insbesondere bei Innervation des Musculus extensor digitorum brevis gegen Widerstand. Sonst unauffällig, ungekreuzte Muskeleigenreflexe.

♦ PSB13 (KS06): 19jähriger Konditor, im Kindesalter beidseitige Kryptorchismus-Operation, Diagnostik wegen verzögerter Pubertät, derzeit pulsatile GnRH-Therapie über Pumpe, zwischenzeitlich Operation wegen Gynäkomastie beidseits. Daß er nur sehr starke Gerüche wahrnehme, habe er bewußt erst mit 15 bemerkt, auch die Mutter habe ein schlechtes Geruchsvermögen (mit dem Münchner Geruchstest bestätigt). Normale schulische Entwicklung. Spiegelbewegungen seien ihm seit frühester Kindheit vertraut, er habe aber in der Schule Seilklettern können und fühle sich nicht behindert, spiele kein Musikinstrument, kein Maschineschreiben. Kontinuierliche Spiegelbewegungen an den oberen Extremitäten bei Bewegungen der Finger, Hände und Unterarme (Pronation/Supination) ohne Widerstand, Spiegelbewegungen im Ellbogen- und Schultergelenk nur bei Willkürbewegungen gegen Widerstand; Beine und Gesicht nicht betroffen (kann einseitig blinzeln und eine Mundhälfte verziehen). Sonst unauffällig, ungekreuzte Muskeleigenreflexe.

Besonders erwähnt werden müssen die Befunde eines Cousins (KS8) der drei genannten

Brüder mit Spiegelbewegungen bei Kallmann-Syndrom. Bei ihm zeigte sich nämlich weder klinisch

noch in der Kraftaufzeichnung pathologische Spiegelaktivität.

♦ KS08: 21jähriger Medizinstudent, bei dem ebenso wie bei seinen Cousins KS1, KS2 und KS4 eine Stopmutation in Exon 6 des KAL-Gens (Aminosäurenposition 262) nachgewiesen ist. Behandlung des hypogonadotropen Hypogonadismus derzeit mit HCG, Anosmie für Linalool. Anamnestisch Pendelhoden im Kindesalter, unter endokrinologischer Therapie normaler Verlauf der Pubertät; nebenbefundlich Myopie, Astigmatismus und invertierte Stellung beider Füße im Kleinkindesalter. Klinisch-neurologisch unauffällig, keine pathologischen Spiegelbewegungen.

5.1.2.1.2 Transkranielle Kortexstimulation bei hypogonadotropem Hypogonadismus

Apparativ wurde bei den Patienten nach erfolgter Aufklärung, Ausschluß der

Kontraindikationen und mündlicher Einwilligung nach bilateralen Reizeffekten im Thenar gesucht. Bei

Minderjährigen gab ein Elternteil die Einwilligung zur transkraniellen elektromagnetischen Stimulation.

Es liegen Daten von insgesamt 38 Patienten vor (Tab. XI, Seite 108). Bei 4 Patienten war die

Untersuchung aus technischen Gründen nicht möglich, bei einem Patienten wegen Epilepsie.

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Wie geschildert, wurde eine überschwellige Stimulation an den Punkten 5cm lateral von Cz

unter simultaner Ableitung des Oberflächen-EMG beidseits am Thenar vorgenommen (vergleiche

Seiten 31, 39ff.). Nach Möglichkeit wurden an diesen Punkten dreimal nacheinander gereizt (im

Einzelfall 1-5 Stimulationen). Bei Patienten mit fehlenden oder nur geringen Spiegelbewegungen (≤

Grad 2) wurde die maximale Reizstärke (100%) sowie die höchstmögliche EMG-Verstärkung (50-

100µV/Div.) des zur Reizung ipsilateralen EMG-Kanals verwendet, um auch gering ausgeprägte

Effekte nicht zu übersehen. Bei Patienten mit Spiegelbewegungen vom Grad 3 wurden erst die

Reizschwellen der kortikalen Stimulation ermittelt und die Effekte einer überschwelligen Reizung

(Schwelle plus 20%, in Einzelfällen auch maximale Stimulatorleistung) wurden ausgewertet.

Abbildung 25 Zusammenhang zwischen kortiko-motorischer Latenz zum kontralateralen Thenar (KML) und Körpergröße der Probanden (Stimulation 5cm links und rechts von Cz, daher zwei Werte pro Fall): Die schwarzen Punkte bezeichnen die Werte der gesunden Kontrollgruppe, die gestrichelten Querlinien geben die obere bzw. untere Normgrenze von KML an (MW ± 3 Standardabweichungen). Offene Kreise: Patienten mit idio-pathischem hypogonadotropem Hypo-gonadismus (IHH), offene Vierecke: Patienten mit Kallmann-Syndrom (KS). Kreuz innerhalb des Vierecks: Kallmann-Patienten mit pathologischen Spiegelbewegungen. Bei den Patienten IHH10 und IHH11 sind die außerhalb des Normbereichs liegenden Werte durch ihre Körpergröße erklärt. Sicher pathologisch ist dagegen der Befund bei KS12 (Pfeile).

Die kortikomotorischen Latenzen zum kontralateralen Thenar lagen im Wertebereich der

gesunden Kontrollgruppe (Abb. 25 und Tab. XI, Seite 108). Es gab drei Ausnahmen: IHH10,

IHH11 und KS12. Unterschiede von KML zwischen den Gruppen der Kontrollen, den IHH- und

den KS-Patienten, beim Vergleich der Ergebnisse mit Hilfe der Varianzanalyse nahegelegt, lösten

sich auf, sobald die Körpergröße als Kovariate in die Analyse einbezogen wurde. Die Variable

"Körpergröße" war hochsignifikant und erklärte etwa die Hälfte der beobachteten Varianz zwischen

den drei Gruppen, was angesichts des sogenannten "eunuchoiden Hochwuchses" nicht verwundert.

Die "Ausreißerwerte" (25,2ms und 25,4ms) der beiden Patienten IHH10 und IHH11 sind angesichts

ihrer Körpergröße (187cm und 193cm) nicht pathologisch. Die abnorme Latenzverzögerung bei

Körpergröße (cm)

145 150 155 160 165 170 175 180 185 190 195

Kor

tikom

otor

isch

e La

tenz

(m

s)

16

18

20

22

24

26

28

30

KS12

IHH10&11

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55

KS12 ist dagegen durch die Körpergröße nicht plausibel zu machen, da seine Werte bei

gegenseitiger Kortexstimulation normal waren. Diese außergewöhnliche Beobachtung wird noch

genauer besprochen (Abb. 43-45, Seite 67-69, Seite 95-96).

Wichtigster Befund dieser Untersuchungen war die Beobachtung von ipsilateralen

Reizantworten kurzer Latenz bei denjenigen Kallmann-Patienten, die auch die pathologischen

Spiegelbewegungen zeigten (Abb. 26). Bei allen anderen traten reproduzierbare motorische

Potentiale kurzer Latenz nur kontralateral zur gereizten Hemisphäre auf (Abb. 27 und Tab. XI, Seite

108). In fünf Fällen (IHH04, IHH11, IHH14, KS09, KS17) kam es mit längerer Latenz zu

ipsilateralen Antworten, wie sie auch bei Kontrollpersonen zu beobachten waren. Sie sind nicht

pathologisch (Tab. 3, Seite 41-42).

Abbildung 26 Muskelantworten im Thenar bei linkshemisphärischer und rechtshemisphärischer elektromagnetischer Reizung des kortikalen Handareals bei Patient KS6 (100% Stimulatorleistung): Bilaterale Antworten ungefähr gleicher Latenz bei Reizung der linken wie der rechten Hemisphäre.

Zusammengefaßt zeigten nur 6 von 21 Patienten mit Kallmann-Syndrom pathologische

Spiegelbewegungen und bilaterale Thenar-Antworten nach Kortexstimulation. Die übrigen Kallmann-

Patienten sowie alle Patienten mit idiopathischem hypogonadotropem Hypogonadismus wiesen

unauffällige Befunde auf.

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Abbildung 27 Muskelantworten bei Reizung des kortikalen Handareals bei Patient KS18 (ohne Spiegelbewegungen) mit 100% Stimulatorleistung: streng kontralaterale Reizantworten

5.1.2.1.3 Klinisch-neurologische Auffälligkeiten außer Spiegelbewegungen

Beim angeborenen hypogonadotropen Hypogonadismus können auch Störungen der

Okulomotorik, einschließlich des Duane-Syndroms, vorkommen, ferner die kongenitale

Fazialisparese von Möbius und stationäre oder progrediente Ataxien [8,14,34,133,142]. Nach

diesen Symptomen wurde daher sorgfältig gesucht. KS04 zeigte außer den pathologischen

Spiegelbewegungen ein Brown-Syndrom der Obliquus-superior-Scheide links. An weiteren

okulomotorischen Auffälligkeiten fanden sich: unerschöpflicher Blickrichtungsnystagmus (KS03),

Exophorie (KS07, IHH04) und Konvergenzschwäche (IHH08). KS05 zeigte ein komplexes

Fehlbildungssyndrom mit kongenitalem Nystagmus, kongenitaler Fazialisparese und einer nicht-

progredienten Gangataxie. Spiegelbewegungen oder ipsilaterale Reizantworten nach

Kortexstimulation traten bei ihm nicht auf. Diese Kombination von Kallmann- und Möbius-Syndrom

beruht möglicherweise auf einer autosomalen Mutation [14,133].

♦ KS05: Bei dem 19jährigen Büroangestellten mit seit Geburt bekannter rechtsseitiger Gesichtsschwäche und beidseitigem Kryptorchismus sowie seit Kindheit gestörten Augenbewegungen und Geruchssinn war die Pubertät ausgeblieben (Familienanamnese unauffällig). Als Kind hatte er sich verzögert motorisch entwickelt und war auch jetzt nicht in der Lage, auf einem Fahrrad das Gleichgewicht zu halten, während er keine Schwierigkeiten beim Tandemfahren habe. Die schulische Entwicklung sei überdurchschnittlich gut gewesen. Neben den klinischen Zeichen das laborchemisch gesicherten Hypogonadismus, der auf GnRH-Stimulation nicht ansprach, fiel im Allgemeinbefund eine Fehlbildung beider Ohrmuscheln bei klinisch normalem beidseitigen Hörvermögen auf. Bei Nahvisus von 0.1 beidseits bestand ein Strabismus convergens und ein horizontaler Fixationspendelnystagmus. Der schwer auslösbare optokinetische Nystagmus war invertiert und weder kalorisch noch rotatorisch waren vestibuläre Antworten erhältlich. Inkomplette periphere Fazialisparese rechts. Breitbasiger Gang, bei Augenschluß deutlich ataktisch. Übrige Befunde unauffällig, insbesondere ohne Hinweis auf Ataxie der Extremitäten. Kernspintomographisch fehlten Bulbus und Tractus olfactorius der linken

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Seite, rechts waren sie hypoplastisch. Vergrößerte Cisterna magna und Hypoplasie des Kleinhirnwurms. Sowohl Kleinhirnhemisphären wie Pons erschienen verschmächtigt. Keine KAL-Mutation, zytogenetisch keine Chromosomen-Deletion nachgewiesen.

Zwei Patienten berichteten von Schulschwierigkeiten im Sinne einer Legasthenie (KS01,

IHH05). Patient IHH17 schilderte eine familiäre Epilepsie mit psychomotorischen und Grand-Mal-

Anfällen seit der Pubertät. Nicht sicher zu werten war die in sieben Fällen beobachtete Synkinesie

zwischen Augen- und Kieferbewegungen, die auch bei Gesunden bekannt ist [25]. Assoziiert mit

dem Seitwärtsblick traten horizontale Bewegungen des Unterkiefers in die gleiche Richtung auf (bei

KS01, KS11, KS14, IHH02-IHH04, IHH07). Im Übrigen waren Anamnese und ausführlicher

Neurostatus der Patienten unauffällig.

5.1.2.2 Klippel-Feil-Syndrom und Duane-Syndrom

Definiert ist das Klippel-Feil-Syndrom durch angeborene Blockwirbel der Halswirbelsäule

[119]. Drei Patienten konnten untersucht werden.

♦ KF01: Bei der 77jährigen kleinwüchsigen Rentnerin mit auffällig kurzem Hals, die zur Diagnostik und Therapie einer Arteriitis temporalis im Hause war, wurde wegen Mißempfindungen in den Fingerspitzen bei maximaler Nackenbeugung und -streckung eine Röntgendiagnostik des Halses durchgeführt: Halbwirbel bei HWK4 und Blockwirbelbildung von HWK 5 und 6. Von den Folgen eines Mittelhirninfarktes abgesehen, war der neurologische Befund normal, Spiegelbewegungen zeigten sich nicht.

♦ KF02: 53jähriger Rentner, bei dem zwei Jahre zuvor wegen zunehmender Tetraparese bei zervikaler Myelopathie eine knöcherne Spinalstenose operativ behandelt worden war. Ursache war eine Fehlbildung der Halswirbelsäule mit Blockwirbeln HWK2/3, HWK4/5 und HWK6/7. Kleinwuchs, kurzer Hals, beidseitige Hypakusis, normale Okulomotorik. Tetraspastik, leichte Parese der rechten Hand, distale Hypästhesie, sonst unauffällig, keine Spiegelbewegungen.

♦ KF03 (PSB14): Bei dem 36jährigen Arbeiter war innerhalb einer Woche eine periphere Fazialisparese links aufgetreten, er berichtete aber auch von Tränenfluß bei Speichelsekretion ("Krokodilstränen") auf dieser Seite seit Kindheit. Er habe schon immer "Probleme" mit den Händen gehabt. Familienanamnese unauffällig, zwei Kinder seien gesund. Neben Kleinwuchs fiel vor allem der kurze, kaum bewegliche schiefe Hals mit tiefer Nacken-Haar-Grenze auf. Radiologisch wurde eine Teilung der Hinterhauptschuppe, Blockwirbel der HWS, eine Bogenschlußanomalie unterer Lendenwirbel und eine Skoliose beschrieben. Die rechte Schulter befand sich im Hochstand, der rechte M. pectoralis war hypoplastisch. Normale Hodengröße und Hypophysenfunktion: kein Hypogonadismus, sonographisch beidseits normale Nieren. Bei Mikrotie rechts war im Audiogramm eine ausgeprägte Hörminderung um bis zu 80dB nachzuweisen, links um 10dB. Normosmie im Münchener Geruchstest. Klinisch-neurologisch zeigte sich bei dem Linkshänder eine eingeschränkte Abduktion beider Bulbi (ohne Doppelbilder) mit Retraktion und Lidspaltenverengung bei Adduktion (beidseitige Duane-Anomalie, Abb. 28). Ausgeprägte symmetrische Mitbewegungen der jeweiligen Gegenseite waren bei allen versuchten einseitigen Finger- und Handbewegungen, besonders beim Spreizen und Beugen der Finger, und der Pronation und Supination der Unterarme zu beobachten. Die Spiegelbewegungen traten auch an den Zehen auf.

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58

Abbildung 28 Duane-Anomalie (Patient KF03):

Die Abduktion der Bulbi bei Rechts- oder Linksblick ist nur eingeschränkt möglich. In beiden Fällen kommt es zur Verengung der Lidspalte des adduzierenden Auges.

Bei einer Unterform des Klippel-Feil-Syndroms besteht, wie bei KF03, die kongenitale

Okulomotorikstörung von Duane zusammen mit angeborener Schwerhörigkeit, so daß vom

"Cervico-oculo-acusticus-Syndrom" (Wildervanck-Syndrom) gesprochen wird [169]. Als Ursache

der Duane-Anomalie gilt eine abnorme Innervation des M. rectus lateralis und M. orbicularis oculi

durch den N. oculomotorius. Da KF03 als einziger der Patienten mit Klippel-Feil-Syndrom

pathologische Spiegelbewegungen zeigte, könnte ein Zusammenhang zwischen der okulomotorischen

und der skeletomotorischen Innervationsstörung bestehen (vgl. [105]).

Zehn Patienten mit der Duane-Anomalie an beiden Augen bzw. mit familiär auftretendem

einseitigen Duane-Syndrom wurden daher in Kooperation mit der Augenklinik der Universität

(Sehschule/Kinderambulanz, Prof. Dr. K. Boergen) auf das Vorliegen von Spiegelbewegungen und

andere assoziierte Symptome hin untersucht (Tab. 4).

In keinem Fall waren pathologische Spiegelbewegungen zu beobachten. DS01 wies eine

komplexe Fehlbildung auf (Unterkieferhypoplasie rechts, Anakusis links, beidseitige Duane-

Anomalie). Kein Patient zeigte Hinweise auf Wirbelsäulenanomalien. Die transkranielle

Kortexstimulation bei DS02 und DS03 ergab normale Befunde (Tab. XII, Seite 109).

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Tabelle 4 Beobachtungen an 10 Patienten mit beidseitiger bzw. mit familiärer Duane-Anomalie (Bewertung der Spiegelbewegungen nach Tab.1, Seite 19)

Von den Klippel-Feil-Patienten zeigte KF01 ipsilateral Potentiale, die aber nicht als

reproduzierbare Reizantworten einzuordnen waren. Es handelte sich aufgrund ihrer variablen Latenz

um Artefakte durch willkürliche oder unwillkürliche Kontraktionen (z.B. auf das Geräusch der

Spulenentladung hin), wie sie bei schlechter Entspannung bei Kontrollpersonen ebenfalls vorkamen.

KF02 hatte zwar normale kontralaterale Biceps-Antworten, Thenar-Antworten waren aber selbst

bei maximaler Reizstärke nicht abzuleiten. Nur bei KF03 war der Befund eindeutig pathologisch: er

zeigte reproduzierbar ipsilaterale Reizantworten kurzer Latenz (Abb. 29).

Abbildung 29 Muskelantworten bei Reizung des kortikalen Handareals bei Patient KF3 mit pathologischen Spiegelbewegungen (100% Stimulatorleistung): bilaterale Reizantworten kurzer Latenz

Patient

Geschlecht

Alter

Seite der

Duane-Anomalie

genetischer

Hintergrund

Spiegel-

bewegungen

Besonderheiten

DS01 F 8 B unbekannt 0 multiple Malformationen

DS02 F 19 B unbekannt 1 --

DS03 M 25 B unbekannt 1 Schulterhochstand

DS04 F 35 B unbekannt 1 --

DS05 F 52 B unbekannt 0 --

DS06 M 6 L Geschwisterpaar 0 --

DS07 M 9 L Geschwisterpaar 2 --

DS08 M 12 L Geschwisterpaar 1 --

DS09 F 4 R Geschwisterpaar 0 --

DS10 M 9 R Geschwisterpaar 2 --

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5.2 Bimanuelle Kraftanalyse im Präzisionsgriff

Die Maximalkräfte der zwölf untersuchten Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen

lagen rechts bei 71,3±15,8N, links bei 64,1±9,3N, die maximal erreichten Frequenzen in den

einhändig durchgeführten Versuchen rechts bei 4,39±0,59Hz, links bei 4,13±0,68Hz. Es bestand für

beide Größen kein signifikanter Unterschied zwischen den Händen oder zu den Kontrollpersonen

(Wilcoxon- und U-Test p>0,1, vgl. Abb. 46, Seite 71).

Im Gegensatz zu den Kontrollpersonen zeigten alle Patienten offenkundige Spiegelaktivität

während der beidhändigen Aufgaben, erkennbar sowohl bei direkter Beobachtung der Hände als

auch aus dem Verlauf der Kraftkurven. Die unwillkürliche Aktivität trat unter allen Instruktionen auf

und in der linken Hand ebenso wie in der rechten. Abbildung 30 zeigt einen exemplarischen

Kurvenverlauf.

Abbildung 30 Kraftverläufe der beiden Hände des Patienten PSB03 (vgl. Befunde einer Kontrollperson in Abb. 8): Dargestellt sind acht Kurvenpaare, die unter verschiedenen Instruktionen aufgezeichnet wurden (je vier bei Willkürbewegung der rechten bzw. der linken Hand = Versuche 5-8 bzw. 13-16, vgl. Tab. II, S. 100). In beiden Blöcken (linke und rechte Hälfte der Abbildung) entsprechen die Kurvenpaare links oben der Instruktion "langsame Kraftwechsel bei geringer Kraft", Kurvenpaare rechts oben "schnell bei geringer Kraft", Kurvenpaare links unten "langsam bei hoher Kraft" und Kurvenpaare rechts unten "schnell bei hoher Kraft". Die obere Kurve eines jeden Paares stammt von der rechten Hand (R), die untere von der linken (L). Bei einseitigen willkürlichen Kraftwechseln zeigt die Kurve der "Spiegelhand" unter jeder Instruktions-bedingung eine synchronisierte unwillkürliche Aktivität. Diese tritt in der linken Hand (bei Willkür-bewegung rechts) ebenso auf wie in der rechten (bei Willkürbewegung links). Gut erkennbar ist auch, wie eng die unwillkürliche Aktivität den Verlauf der willkürlich ausgeübten Kraft nachahmt, z.B. in der Spiegelung von Unregelmäßigkeiten der Frequenz oder Form der Willkürkurve (Pfeile).

An den Verläufen der Spiegelaktivität fiel neben ihrem kontinuierlichen Vorkommen auf, wie

sehr sie qualitativ der Willküraktivität ähnelte, auch wenn sie bezüglich der Kraft meist zurückblieb.

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Bei Betrachtung von Kurvenausschnitten (z.B. Abb. 31) sticht hervor, wie auch kleine

Unregelmäßigkeiten der Willkürkraft ihre Entsprechung auf der Gegenseite haben.

Abbildung 31 Kraftkurvenverläufe (Ausschnitte) der rechten und linken Hand (R bzw. L) bei zwei Patienten mit per-sistierenden Spiegelbewegungen: In beiden Fällen ist gut die Korrespondenz von Unregelmäßig-keiten des Kraftverlaufs (Pfeile) zwischen der "Willkürhand" und der "Spiegelhand" zu erkennen (oberes Kurvenpaar: Patient PSB11; unten: PSB14, jeweils langsame Willkür-bewegungen der rechten Hand mit 50% der Maximalkraft).

Auch bei den Patienten gab es, wie bei den Kontrollpersonen, keine Unterschiede zwischen

erstmaliger und wiederholter Ausführung einer Instruktion in Bezug auf Amplitude und Frequenz der

willkürlichen Kraftwechsel oder den Spiegelquotienten. SQ zeigte auch keine Unterschiede in

Abhängigkeit davon, welche Hand willkürlich aktiv war (vgl. Seite 36). SQ war praktisch

ausnahmslos pathologisch erhöht (Abb. 32). Die Werte reichten von 1,2% bis 68,2%. Ebenso wie

bei der EMG-Dokumentation stach hier die Spiegelaktivität der rechten Hand von PSB02 hervor.

Sie lag gerade an der Grenze des Normbereichs, deutlich vom abnormen Wert der linken Hand

unterschieden. Ebenfalls auffällig war PSB09 mit SQ für beide Hände um die Normgrenze. Während

einzelne Fälle bei den leichter zu befolgenden Instruktionen noch Normalwerte zeigten, waren alle

Ergebnisse der Patienten pathologisch erhöht, wenn schnelle Bewegungen mit 50% der Maximalkraft

gefordert waren. Auch die Detektionsrate zeigte gut erkennbare Unterschiede der Spiegelaktivität

zwischen Patienten und Kontrollpersonen (Abb. 33, vgl. Abb. 17, Seite 38).

Beide Kennwerte, Detektionsrate und SQ, erwiesen sich auch bei den Patienten als

signifikant von den Instruktionsbedingungen beeinflußt (Kruskal-Wallis-Test p<0,005). Bedingungen

mit langsamer und schneller Frequenz unterschieden sich signifikant in der Detektionsrate der

Spiegelaktivität (U-Test p<0,0001; Bedingungen unterschiedlicher Kraftamplitude zeigten keinen

Unterschied: p>0,5). Für SQ fand sich ein signifikanter Unterschied lediglich zwischen der

Instruktion "langsam, 20%" und den beiden Bedingungen mit hoher Frequenz (U-Test p<0,005;

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übrige Bedingungen: p>0,01). Bei Berücksichtigung der tatsächlich erbrachten willkürlichen

Handleistungen bestätigte sich dieser Eindruck eines positiven Zusammenhangs von SQ mit der

Frequenz der Willküraktivität, nicht aber ein Zusammenhang mit der Amplitude (vgl. Tab. XIII, Seite

109).

Abbildung 32 "Spiegelquotient" bei 12 Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen: Bis auf die rechte Hand von PSB02 (Pfeil) und einzelne Werte bei der einfachsten Instruktion lag SQ über den Normgrenzen (breite Querbalken). Im Gegensatz zu den Kontrollpersonen (Abb. 16) war SQ unter dieser Instruktion ("langsame Kraftwechsel mit 20% der Maximalkraft") am niedrigsten und nahm bei schnelleren Willkürbewegungen zu.

Zusammenfassend zeigten die Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen deutliche

Unterschiede zu Kontrollpersonen. Erwartungsgemäß war die Spiegelaktivität viel stärker

ausgeprägt. Andererseits zeigte sie sich bei den Patienten anders als bei den Kontrollpersonen

beeinflußt. Quotient und Detektionsrate der Spiegelaktivität nahmen bei ihnen mit zunehmender

Frequenz der Willküraktivität zu, bei den Kontrollpersonen ab. Die Amplitude der Willküraktivität

war bei den Patienten ohne eindeutigen Einfluß, bei den Kontrollpersonen war sie negativ mit der

Spiegelaktivität korreliert.

SQ bei persistierenden Spiegelbewegungen

"langsam, 20%" "schnell, 20%" "langsam, 50%" "schnell, 50%"

linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand

0,3%

3%

30%

300%

1%

10%

100%

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63

Abbildung 33 Spiegelaktivität bei 12 Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen, quantifiziert als Detektionsrate (vgl. Abb. 17): Unter den Linienscharen (Verbindungslinien zwischen den Meßwerten der linken und rechten Hand jeweils eines Patienten) ist die mittlere Detektionsrate für die gesamte Gruppe und die zugehörige Standardabweichung genannt. Statistisch bestätigte sich der Eindruck eines signifikanten Einflusses der Instruktionen: Die Detektionsrate nahm mit mit der Frequenz der willkürlichen Kraftwechsel zu.

5.3 Transkranielle elektromagnetische Stimulation

Allen 14 Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen war gemeinsam, daß sie sowohl

bei Reizung der linken wie bei Reizung der rechten Hemisphäre EMG-Antworten in beiden Händen

zeigten (vgl. Abb. 24, 26, 29, Seiten 49, 55 und 59). Hierbei bestand eine erhebliche

interindividuelle Variabilität, am besten an den Amplituden der Reizantworten zu erkennen. So zeigte

PSB06 im rechten und linken Thenar annähernd gleich große Potentiale, während bei ihrem Sohn die

ipsilateralen Amplituden deutlich überwogen (Abb. 34). Die Variabilität der Befunde bestand

unabhängig davon, ob es sich um persistierende Spiegelbewegungen der isolierten, autosomal-

dominant erblichen Form handelte, oder ob die Spiegelbewegungen mit dem Kallmann- oder

Klippel-Feil-Syndrom assoziiert waren.

"langsam, 20%" "schnell, 20%" "langsam, 50%" "schnell, 50%"

linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Detektionsrate bei persistierenden Spiegelbewegungen

84,5%±7,9%

82,6%±9,8%

84,5%±8,4%

83,4%±9,6%

96,1%±2,7%

89,2%±15,1%

96,9%±0,9%

96,3%±1,9%

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64

Abbildung 34 Mutter und Sohn mit persistierenden Spiegelbewegungen zeigten nach kortikaler Reizung des Handareals bilaterale Muskelantworten (20% überschwellige Stimulatorintensität). Bei der Mutter (PSB06) ähnelten die ipsilateralen Antworten dem normalen kontralateralen Potential, während die abnormen Antworten beim Sohn (PSB05) deutlich in der Amplitude überwogen.

Eine kortikale Kartierung der Thenarmuskulatur wurde bei neun Patienten durchgeführt,

meist mit 20% überschwelliger Reizung. Hier wirkte sich die unterschiedlich starke Ausprägung der

ipsilateralen Amplituden so aus, daß bei allen Patienten der Thenar der einen Seite zwar in beiden

Hemisphären repräsentiert war, daß aber die ipsilaterale Repräsentation oft deutlich betont war.

Einige Beispiele veranschaulichen dies (Abb. 35-40).

Am eindrucksvollsten war die interindividuelle Variabilität der Befunde innerhalb der

einzelnen Familien, so beim Mutter-Sohn-Paar PSB05/06 (Abb. 34-36) und den beiden Patienten

PSB01 und PSB02 (Abb. 37-38). Hier war bemerkenswert, daß beim Vater (PSB02) die

ipsilaterale Repräsentation, vor allem für die rechte Hand, nur sehr gering ausgeprägt war, während

sie beim Sohn in beiden Hemisphären gut zu erkennen war (Abb. 38).

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65

Abbildungen 35 und 36 Kartierung der kortikalen Handrepräsentation beim Mutter-Sohn-Paar PSB06/PSB05 mit persistierenden Spiegelbewegungen (Reizung mit 20% überschwelliger Intensität): Bei der Mutter (links, Abb. 35, vgl. Abb. 24) waren beide Hände etwa gleichmäßig in beiden Hemisphären repräsentiert, beim Sohn (rechts, Abb. 36) bestand eine überwiegend ipsilaterale Repräsentation.

Abbildungen 37 und 38 Kartierung der kortikalen Handrepräsentation beim Vater-Sohn-Paar PSB02/PSB01: Beim Vater (links, Abb. 37) war die rechte Hand nur minimal ipsilateral repräsentiert (Amplituden <5% des Maximum), beim Sohn waren beide Hände von beiden Hemisphären aus zu erregen, mit Betonung der kontralateralen Repräsentation (rechts, Abb. 38).

Intrafamiliäre Variabilität bestand auch bei zwei Brüdern mit Kallmann-Syndrom. In einem

Fall waren beide Hände vor allem in der linken Hemisphäre repräsentiert (Abb. 39), im anderen Fall

war die kortikale Repräsentation des Thenar vor allem ipsilateral (Abb. 40).

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Kar

tieru

ng d

er M

axim

a de

r Am

plitu

den

nach

foka

ler

Mag

nets

timul

atio

n

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Cz C4C3

Repräsentation der Thenarmuskulatur bei PSB6rechte Hand: blau - linke Hand: rot

Cz C4C3

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Kar

tieru

ng d

er M

axim

a de

r Am

plitu

den

nach

foka

ler

Mag

nets

timul

atio

n

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Cz C4C3

Repräsentation der Thenarmuskulatur bei PSB5rechte Hand: blau - linke Hand: rot

Cz C4C3

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Kar

tieru

ng d

er M

axim

a de

r Am

plitu

den

nach

foka

ler

Mag

nets

timul

atio

n

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Cz C4C3

Repräsentation der Thenarmuskulatur bei PSB2rechte Hand: blau - linke Hand: rot

Cz C4C3

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Kar

tieru

ng d

er M

axim

a de

r Am

plitu

den

nach

foka

ler

Mag

nets

timul

atio

n

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Cz C4C3

Repräsentation der Thenarmuskulatur bei PSB1rechte Hand: blau - linke Hand: rot

Cz C4C3

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66

Abbildungen 39 und 40 Kortikale Handrepräsentation bei einem Brüderpaar mit Spiegelbewegungen bei Kallmann-Syndrom: Bei PSB09 (links, Abb. 39) waren beide Hände stark in der linken Hemisphäre repräsentiert. PSB10 (rechts, Abb. 40) zeigte wiederum ein ipsilaterales Überwiegen.

Faßt man die Positionen mit optimalen Amplituden bzw. Latenzen der Reizantworten

zusammen, so liegen die Optima ungefähr an demselben Ort wie das kortikale Handareal von

Kontrollpersonen, nämlich 5cm lateral der Mitte (Abb. 41).

Abbildung 41 Die Positionen der Reizpunkte mit maximalen Amplituden bei den Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen befanden sich ungefähr am Ort der normalen Handareale. (Die Kartierung der kortikalen Reizorte konnten bei 9 Patienten durchgeführt werden).

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Kar

tieru

ng d

er M

axim

a de

r Am

plitu

den

nach

foka

ler

Mag

nets

timul

atio

n

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Cz C4C3

Repräsentation der Thenarmuskulatur bei PSB9rechte Hand: blau - linke Hand: rot

Cz C4C3

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Kar

tieru

ng d

er M

axim

a de

r A

mpl

itude

nna

ch fo

kale

r M

agne

tstim

ulat

ion

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Cz C4C3

Repräsentation der Thenarmuskulatur bei PSB10rechte Hand: blau - linke Hand: rot

Cz C4C3

Verteilung der kortikalen Reizorte mit den höchsten Thenaramplituden(rechte Hand: blau - linke Hand: rot)

bei Reizung der kontralateralen Hemisphäre bei Reizung der ipsilateralen Hemisphäre

n=2

n=4

n=6

-7cm-5cm

-3cm0cm

3cm5cm

7cm

6cm4cm

2cm0cm

-2cm-4cm

-6cm

Abstände auf der Schädeloberfläche

n=2

n=4

n=6

-7cm-5cm

-3cm0cm

3cm5cm

7cm

6cm4cm

2cm0cm

-2cm-4cm

-6cm

Abstände auf der Schädeloberfläche

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67

Bei den Patienten waren bei fast jeder Reizauslösung beidseitige Antworten abzuleiten. Beim

Vergleich der Punkte mit optimalen Amplituden der Reizantworten im kontralateralen bzw.

ipsilateralen Thenar ergaben sich Abweichungen von maximal 4cm (Abb. 42). Einseitige Antworten

wurden gelegentlich beobachtet, wenn an der Reizschwelle oder am Rande des kortikalen

Repräsentationsareals stimuliert wurde (vgl. Abb. 24).

Abbildung 42 Abweichung des optimalen Reizpunktes (höchste Amplitude der Reizantwort) für den kontralateralen und den ipsilateralen Thenar bei neun Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen, bei denen das kortikale Handareal mit der transkraniellen elektromagnetischen Stimulation kartiert wurde. In knapp der Hälfte der Fälle fand sich eine Übereinstimmung der Position, in den übrigen bestanden Abweichungen meist von etwa 2,5cm. Die Ergebnisse für die rechte Hemisphäre sind durch weiße Balken, die für die linke Hemisphäre graue Balken bezeichnet.

Die kortikomotorische Latenz zum kontralateralen Thenar lag mit einer einzigen Ausnahme im

Normbereich (Abb. 43). Sie war bei PSB12 nach rechtshemisphärischer Stimulation mit 28,2ms

gegenüber den Kontrollpersonen deutlich verlämgert.

Abbildung 43 Kortikomotorische Latenz zum kontralateralen Thenar bei allen 14 Patienten mit Spiegelbewegungen im Verhältnis zur Körpergröße: Die Latenz nach rechtshemisphärischer Reizung ist rot markiert, die nach linkshemisphärischer Reizung schwarz. Abgesehen von der Latenz zwischen rechter Hemisphäre und linker Hand bei PSB12 (Pfeil) liegen alle Werte im Normbereich (punktierte Linien, vgl. Abb. 25, Seite 54).

0cm 2cm 4cm

n=1

n=2

n=3

n=4

Körpergröße (cm)

145 150 155 160 165 170 175 180 185 190 195

16ms

18ms

20ms

22ms

24ms

26ms

28ms

30ms

PSB1

PSB2PSB3PSB4

PSB5

PSB6

PSB7

PSB8

PSB9

PSB10PSB11

PSB12

PSB13

PSB14

PSB1

PSB2

PSB3

PSB4

PSB5

PSB6

PSB7

PSB8

PSB9

PSB10

PSB11

PSB12

PSB13

PSB14

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68

Die Seitendifferenzen bei links- und rechtshemisphärischer Reizung lagen ebenfalls im

Normbereich (bis 3ms), wiederum mit der Ausnahme von PSB12 (4ms). Wegen des unge-

wöhnlichen Befundes ist eine Original-Ableitung des Patienten gesondert dargestellt (Abb. 44).

Abbildung 44 Muskelantworten bei simultaner Ableitung vom Thenar nach elektromagnetischer Reizung des kortikalen Handareals des Patienten PSB12 mit Spiegelbewegungen bei X-chromosomalem Kallmann-Syndrom (jeweils 100% Stimulatorleistung): Im Gegensatz zu den Reizantworten nach linkshemisphärischer Reizung und zu den Befunden anderer Patienten mit Spiegelbewegungen traten die Potentiale nach Reizung der rechten Hemisphäre nicht gleichzeitig auf. Die Antwort im linken, kontralateralen Thenar war verzögert (Pfeil). In der Folge war daher auch die Seitendifferenz der kontralateralen Latenzen höher als bei Kontrollpersonen (vgl. Abb. 25,43,45).

Zur weiteren Charakterisierung der ipsilateralen Antworten wurden zunächst ihre Latenzen,

dann ihre Amplituden mit denen der kontralateralen Reizantworten verglichen. Antworten beiderseits

im Thenar traten in 27 der untersuchten 28 Hemisphären praktisch simultan auf (Abb. 45). Die

Latenzen der bilateralen Antworten vom Punkt mit dem Amplitudenoptimum im gegenseitigen Thenar

unterschieden sich im Mittel nicht (Median: 0ms). Dabei schwankte ihre Differenz (kürzeste erhaltene

Latenz nach kontralateral minus kürzeste nach ipsilateral) zwischen Extremwerten von -2,2ms und

+4,8ms. Das letztgenannte Ergebnis entsprach dem Ausreißerwert von PSB12 mit dem sehr

auffälligen Laufzeitunterschied nach rechtshemisphärischer Stimulation, bedingt durch die

Verzögerung der Reizantwort in der linken Hand. Wurden bei diesem Patienten individuelle

Wertepaare aus wiederholten Stimulationen analysiert (statt der jeweils kürzesten Latenzen), betrug

der Laufzeitunterschied sogar bis zu 16,2ms.

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69

Abbildung 45 Differenzen der Laufzeit zwischen den kontra- und ipsilateralen Reizantworten, die bei 14 Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen am Punkt mit der höchsten Amplitude im gegenseitigen Thenar auszulösen waren: Rot markiert sind die Werte nach Reizung der rechten Hemisphäre, schwarz die der linken Hemisphäre (jeweils kürzeste erhaltene Latenz zur kontralateralen Hand minus kürzeste erhaltene Latenz zur ipsilateralen Hand). In der überwiegenden Mehrzahl sind die Antworten annähernd simultan. PSB12 sticht heraus (Pfeil), da die kontralaterale Antwort in der linken Hand verzögert war (vgl. Abb. 25,43,44).

Das bereits in zahlreichen Abbildungen dokumentierte, interindividuell sehr variable

Verhältnis der Amplituden der Antwortpaare kann auch als "Effektivität" der ipsilateralen

motorischen Bahnverbindung beschrieben werden. Reizung auf der ipsilateralen Seite führte zu

Amplituden, die zwischen 3% und 1358% derjenigen Werte betrugen, die durch kontralaterale

Stimuli in demselben Muskel erhältlich waren (Tab. XIV, Seite 110). Üblicherweise zeigten die

einzelnen Patienten nur einen Vorzugstyp: entweder hatten beide Hände einen schwachen oder beide

Hände einen starken ipsilateralen Zustrom. Gelegentlich (z.B. PSB03 und PSB013) fand sich ein

Unterschied der beiden Hände im Typus des ipsilateralen Zustroms: hier bestand ein nur geringer

ipsilateraler Einfluß auf die rechte Hand, nach links ein deutlicher Einfluß.

PSB1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

-8ms

-4ms

0ms

4ms

8ms

Laufzeitdifferenzen (kontra- minus ipsilateraleLatenzen der bilateralenAntwortpaare)

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70

6 BEFUNDE BEI ZENTRALEN PARESEN

6.1 Klinische Befunde

22 Patienten mit einseitigen, erstmaligen ZNS-Läsionen konnten untersucht werden (CVI01-

CVI22). Davon wurden 9 Patienten (CVI14-CVI22) im Rahmen einer Nachuntersuchung von

Probanden des "early stroke trial" (GM1-Gangliosid-Therapiestudie) in Zusammenarbeit mit der

Universitätsklinik für Neurologie Innsbruck (Drs. Willeit, Schmidauer, Felber, Birbamer, Prof.

Aichner) rekrutiert, 3 Patienten (CVI02, CVI09, CVI11) an der Neurologischen Klinik

Tristanstraße München (Dr. Prosiegel). Die Patienten waren 23 bis 81 Jahre alt (14 Männer, 8

Frauen, Altersmedian 59, vgl. Tab. XV, Seite 111). Meist lagen ischämische, thromboembolisch

bedingte Hirninfarkte mit Unterbrechung kortikospinaler Fasern in der inneren Kapsel vor. In

Einzelfällen bestanden eine sekundäre Einblutung (CVI08), ein vasospastischer Infarkt bei Blutung

aus einem Aneurysma der Arteria communicans anterior (CVI02), ein einseitiger Pons-Infarkt

(CVI19) oder zusätzliche, asymptomatische Marklagerveränderungen (CVI10). Bis auf einen

Patienten mit perinatalem Hirninfarkt (CVI12) waren alle rechtshändig. Sieben Patienten waren links,

die übrigen rechts gelähmt. Die meisten Untersuchungen erfolgten in den ersten drei Jahren nach

Erkrankung, frühestens nach 11 Tagen, spätestens nach 32 Jahren. Bei 8 Patienten (CVI01, CVI13,

CVI15, CVI16, CVI18, CVI20-22) fanden sich kernspintomographische Zeichen der sekundären

Degeneration des Tractus corticospinalis (vgl. Seite 8).

Die Paresen am Arm waren variabel ausgeprägt (siehe Tab. 5 und 6, Seite 73-74). An der

Griffkraftuntersuchung konnten naturgemäß nur solche Patienten teilnehmen, die über eine für das

Halten des Kraftaufnehmers ausreichende Fingermotorik verfügten. Hier wurden auch Patienten mit

weitestgehender Funktionsrestitution untersucht. Die elektromagnetische Stimulation war dagegen

selbst bei Plegien anwendbar (CVI15-16).

6.2 Bimanuelle Kraftanalyse im Präzisionsgriff

Die 12 untersuchten Patienten erbrachten mit der betroffenen Hand im Mittel eine maximale

Griffkraft von 41,2±19,0N, auf der "gesunden" Seite von 53,5±13,0N. In den einhändigen

Versuchen erreichten die Patienten maximal Frequenzen von 2,56±1,01Hz und 3,35±0,89Hz der

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71

willkürlichen Kraftwechsel (betroffene bzw. "gesunde" Seite). In diesen Leistungen zeigten die Hände

untereinander einen nur fraglichen Unterschied (Wilcoxon-Test 0,05>p>0,01), sie unterschieden sich

aber beide signifikant von den Befunden der Kontrollpersonen, selbst beim Vergleich mit deren

schwächerer linker Hand (Abb. 46). Daß die ehemals gelähmte Hand in ihren Leistungen

eingeschränkt ist, verwundert nicht weiter. Die Befunde bestätigen aber, daß bei zentralen Paresen

nur mit Zurückhaltung von einer "gesunden" Seite gesprochen werden sollte (vgl. Seite 9).

Abbildung 46 Maximale Griffkraft und maximale Frequenz der Kraftwechsel bei einhändigen Versuchen in den drei Gruppen (normale Kontrollpersonen, Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen und Patienten mit zentralen Paresen): In den Kastendiagrammen der Werteverteilungen ("boxplot") sind jeweils der Median (breiter Quer-strich), das obere und untere Quartil (Kastenlinien), sowie Ausreißerwerte (kleine Kreise) angegeben. Signifikante Unterschiede (Kraft und Frequenz) bestanden zwischen rechter und linker Hand von Kontrollpersonen (vgl. Seite 35) und beim Vergleich der Patienten mit zentralen Paresen mit den Kontroll-personen (vgl. Text diese Seite). Die Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen zeigten keine signifikanten Unterschiede der Leistungen zwischen den beiden Händen oder Unterschiede zu den Kontrollpersonen.

In den beidhändigen Aufgaben unterschieden sich auch hier erstmalige und wiederholte

Ausführung einer Instruktion nicht bezüglich der Willküramplitude, der Willkürfrequenz oder des

Medians von SQ. Die Werte von SQ lagen zwischen 0,1% und 21,1% (Abb. 47), die Persistenz der

Spiegelaktivität variierte von 11% bis 98% (Abb. 48). Beide Kennwerte waren nicht signifikant von

den Instruktionsbedingungen beeinflußt (Kruskal-Wallis-Test p>0,01).

Bei insgesamt 6 der 12 Patienten war SQ unter einer der Bedingungen pathologisch erhöht.

In drei Fällen bestand die Auffälligkeit nur einseitig, davon zweimal in der "gesunden" Hand. In drei

Fällen zeigten beide Hände pathologische Spiegelaktivität (Tab. 5, Seite 73).

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72

Abbildung 47 "Spiegelquotient" SQ bei zentralen Paresen (vgl. Abb. 16 und 32, Seiten 37, 62) Abbildung 48 Detektion der Spiegel-aktivität bei zwölf Patienten mit zentralen Paresen (vgl. Abb. 17 und 33, Seiten 38, 63)

Zwischen den Patienten mit und ohne pathologische Spiegelaktivität bestanden keine

Gruppenunterschiede in Bezug auf die Ausprägung der Parese (Beeinträchtigung der Maximalkraft

und der maximal erreichten Frequenz im Verhältnis zur "gesunden" Seite), die Dauer ihres Bestehens

oder das Patientenalter (U-Test p>0,2).

Ein möglicher Einfluß der Läsionslokalisation ist bei der kleinen Stichprobe schwer

abzuschätzen. Spiegelbewegungen kamen bei Läsionen sowohl des primär-motorischen Kortex

SQ bei 12 Patienten mit zentralen Paresen

"langsam, 20%" "schnell, 20%" "langsam, 50%" "schnell, 50%"

gesunde Hand betroffene gesunde Hand betroffene gesunde Hand betroffene gesunde Hand betroffene

0,3%

3%

30%

300%

1%

10%

100%

Detektionsrate von Spiegelaktivität bei zentralen Paresen

"langsam, 20%" "schnell, 20%" "langsam, 50%" "schnell, 50%"

gesunde Hand betroffene gesunde Hand betroffene gesunde Hand betroffene gesunde Hand betroffene0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

56,9%±22,8%

40,4%±24,3%

62,2%±20,6%

45,7%±25,6%

69,0%±12,5%

59,5%±17,2%

71,3%±14,7%

62,8%±16,4%

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73

(CVI08) wie auch des prämotorischen Kortex (CVI04), der supplementär-motorischen Area

(CVI10) oder der deszendierenden Bahnen (CVI12) vor.

Tabelle 5 Klinische Charakterisierung von 12 Patienten mit zentralen Paresen, bei denen eine bimanuelle Kraftmessung zur Detektion von Spiegelaktivität durchgeführt wurde: pathologische Werte schattiert

Im Vergleich mit der bimanuellen Kraftanalyse bei Kontrollpersonen und bei persistierenden

Spiegelbewegungen lagen die Ergebnisse bei den Patienten mit zentralen Paresen sowohl für SQ als

auch die Detektionsrate der Spiegelaktivität in einem intermediären Wertebereich.

Parese: Leistung der betroffenen Hand SQ pathologisch

erhöht

Patient Dauer Seite Maximalkraft Maximalfrequenz Ort der Läsion betroffene "gesunde"

(im Verhältnis zur gesunden

Seite)

Hand

CVI01 6J R 115% 102% hinterer Schenkel innere Kapsel - -

CVI02 6M L 77% 115% Gyrus frontalis superior und Balken - -

CVI03 11T R 61% 45% keine Läsion dargestellt - +

CVI04 6J L 108% 72% vorderes A. cerebri media-Gebiet - +

CVI05 3M R 35% 65% großer A. cerebri media Infarkt - -

CVI06 1M L 96% 62% keine Läsion dargestellt - -

CVI07 13J L 102% 75% großer A. cerebri media Infarkt - -

CVI08 3M R 41% nicht bestimmt isoliert Gyrus praecentralis + +

CVI09 1M R 79% 90% kortikaler A. cerebri media Infarkt + -

CVI10 3M R 94% 81% Gyrus frontalis superior + +

CVI11 7M R 73% 78% kortikaler A. cerebri media Infarkt - -

CVI12 32J R 55% 81% kleine porenzephale Zyste + +

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74

6.3 Transkranielle elektromagnetische Stimulation

Von den mit dieser Technik untersuchten 12 Patienten zeigte die Hälfte klinisch

Spiegelbewegungen (Tab. 6), die in keinem Fall aber stärker als Grad 2 unserer Skala ausgeprägt

waren. Jeweils 2 Patienten hatten Spiegelbewegungen in der beeinträchtigten Hand, in der

"gesunden" Hand bzw. beidseits. Die motorische Leistung des betroffenen Armes wurde mit der

"Rivermead Skala" bewertet (Tab. I, Seite 99). Nach dieser Skala zeigten 7 Patienten eine

vollständige Funktionsrestitution. Zwei Patienten (CVI15 und CVI16) verfügten lediglich über eine

Willkürkontrolle von Schulterbewegungen, während sie über distale Muskeln oder die Hand fehlte.

Tabelle 6 Klinische Befunde und Läsionslokalisation bei 12 Patienten mit zentralen Paresen, bei denen das kortikale Handareal stimuliert wurde

Parese: Leistung des betroffenen Armes Spiegelbewegungen

Patient Dauer Seite (Rivermead motor score) Ort der Läsion betroffene "gesunde"

(Prozent des Maximalwertes) Hand

CVI01 3J R 100% hinterer Schenkel innere Kapsel 0 0

CVI04 2J L 100% vorderes A. cerebri media-Gebiet 0 2

CVI13 3M R 100% hinterer Schenkel innere Kapsel 1 2

CVI14 2J L 100% innere Kapsel/Thalamus 0 0

CVI15 4J R 7% gesamtes A. cerebri media-Gebiet 0 0

CVI16 3J R 7% innere Kapsel/Marklager 0 0

CVI17 3J L 100% innere Kapsel/Putamen 2 2

CVI18 2J R 53% Marklager/Corona radiata 0 0

CVI19 3J R 100% Pons 0 0

CVI20 3J L 93% innere Kapsel/Putamen 2 0

CVI21 2J R 100% hinterer Schenkel innere Kapsel 2 0

CVI22 2J L 100% hinterer Schenkel innere Kapsel 0 2

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75

Der wesentliche Befund bestand darin, daß bei keinem der 12 Patienten selbst mit der

maximal möglichen Reizstärke und bei optimaler Verstärkung ipsilaterale Reizantworten in der

Thenarmuskulatur auslösbar waren (vgl. Tab. XVI, Seite 111). Die kortikale Repräsentation des

Thenar wurde bei 11 Patienten kartiert. Beim Vergleich mit der Kartierung des Handareals bei

Kontrollpersonen fanden sich in drei Fällen pathologische Befunde (Abb. 49-51).

Abbildung 49 Abnormer Befund der Kartierung der kortikalen Repräsentation der Hand beim Patienten CVI16 mit ausgeprägter Hemiparese (Aufblick auf die Schädeloberfläche, vgl. Abb. 13, 24, Seiten 29 bzw. 49): Im rechten Thenar waren lediglich minimale Reizantworten im Mikrovoltbereich erhältlich (Pfeile). Im linken Thenar trat bei Stimulation von C4 (rechte Hemisphäre) eine gut ausgeprägte Reizantwort auf (Doppelpfeil). Ipsilaterale Antworten waren nicht abzuleiten. Man beachte die unterschiedlichen Verstärkungen der Signale (für beide Hände 10µV/Div. in der linken Hemisphäre und bei Cz; in der rechten Hemisphäre 10µV/Div. für die ipsilaterale Hand und 100µV/Div. für die kontralaterale Hand; übrige Konventionen wie in Abb. 12, 13 und 24).

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76

Der Patient CVI16 mit Hemiplegie zeigte nur bei höchster Verstärkung und maximaler

Stimulationsleistung Reizantworten in der gelähmten Hand, die aber nur wenige Mikrovolt betrugen

(Originalkurven: Abb.49). Bei CVI15 mit Hemiplegie bei ausgedehntem Media-Infarkt waren von

der betroffenen Hemisphäre aus keinerlei Potentiale erhältlich (Abb. 50).

Abbildung 50 Kartierung der kortikalen Repräsentation der Thenarmuskulatur bei Patient CVI15: Für die linke Hand fand sich unter Verwendung nur geringer Reizstärke (30% des Maximum) ein umschriebener rechtshemisphärischer Focus (rote Linien). Über der linken, von einem großen Infarkt im Versorgungsgebiet der A. cerebri media betroffenen Hemisphäre wurde eine Vielzahl von Orten mit maximaler Reizstärke (100%) untersucht (schwarze Punkte), ohne daß selbst bei maximaler Verstärkung des EMG reproduzierbare Antworten zu registrieren waren. Ipsilaterale Reizantworten waren von keinem der stimulierten Punkte auszulösen.

Patient CV13, der eine sehr gute Funktionsrestitution trotz kernspintomographisch

nachgewiesener Degeneration der Pyramidenbahn zeigte, war der einzige Patient, bei dem Thenar-

Antworten nach Reizung in der Mittellinie auszulösen waren (Abb. 51).

Abbildung 51 Kartierung der kortikalen Repräsentation der Thenarmuskulatur bei Patient CVI13 mit Kapselinfarkt (Amplitudenmaxima bei 100% Reizintensität; Reizschwelle 80%): Im Gegensatz zur unbetroffenen linken Hand mit umschriebenem rechtshemisphärischen Focus (rote Linien) ist die Repräsentation der ehemals gelähmten rechten Hand (blau) deutlich größer ausgedehnt. Als Besonderheit, die sonst in keinem Fall vorkam, waren auch von Punkten der Mittellinie aus Reiz-antworten erhältlich. Ipsilaterale Antworten traten nicht auf.

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Kar

tieru

ng d

er M

axim

a de

r Am

plitu

den

nach

foka

ler

Mag

nets

timul

atio

n

Abstände auf der Schädeloberfläche

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Cz C4C3 Cz C4C3

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Kar

tieru

ng d

er M

axim

a de

r Am

plitu

den

nach

foka

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Mag

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timul

atio

n

Abstände auf der Schädeloberfläche

-7cm -5cm -3cm 0cm 3cm 5cm 7cm

-6cm

-4cm

-2cm

0cm

2cm

4cm

6cm

Cz C4C3 Cz C4C3

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77

Der Vergleich der Kartierungsbefunde zwischen den Patienten und der Kontrollgruppe ergab

sonst keine eindeutigen Auffälligkeiten. Die Lokalisation der erregbaren Punkte auf der

Schädeloberfläche und derjenigen Punkte mit optimalen Antworten (höchste Amplitude, kürzeste

Latenz) schien mit der Ausnahme des genannten Patienten CVI13 mit erregbaren Punkten in der

Mittellinie zwischen den Gruppen bzw. zwischen den betroffenen und nicht-betroffenen Hemisphären

nicht zu differieren (Abb. 52 und 53, vgl. Abb. 18 und 19).

Abbildungen 52 und 53 Kartierung des kortikalen Handareals durch elektromagnetische Reizung bei 11 Patienten mit einseitigen zentralen Paresen: Links ist die Häufigkeitsverteilung der Reizorte mit Thenar-Antworten dargestellt (vgl. Abb. 18, S. 39). Unten links Häufigkeitsverteilung der Reizorte mit höchster Amplitude, unten rechts Verteilung der Reizorte mit kürzester Latenz der Thenar-Antwort (vgl. Abb. 19, S. 40) Zur Vereinfachung der Darstellung wurden die Ergebnisse der Patienten so behandelt, als ob bei allen die rechte Hand gelähmt wäre. Bei den 5 Patienten mit linksseitiger Hemiparese sind die Befunde also um die Mittelachse gespiegelt.

Kortikale Reizorte mit Thenar-EMG-Antwortenauf elektromagnetische Stimulation bei 11 Patienten

(gelähmte Hand: blau - gesunde Hand: rot)

n=3

n=6

n=9

-7cm-5cm

-3cm0cm

3cm5cm

7cm

6cm4cm

2cm0cm

-2cm-4cm

-6cmAbstände auf der Schädeloberfläche

Verteilung der kortikalen Reizorte mit optimalen Antworten

Optima der Amplituden im Thenar-EMG(gelähmte Hand: blau - gesunde Hand: rot)

Optima der Latenzen im Thenar-EMG(gelähmte Hand: blau - gesunde Hand: rot)

n=2

n=4

n=6

-7cm-5cm

-3cm0cm

3cm5cm

7cm

6cm4cm

2cm0cm

-2cm-4cm

-6cm

Abstände auf der Schädeloberfläche

n=2

n=4

n=6

-7cm-5cm

-3cm0cm

3cm5cm7cm

6cm4cm

2cm0cm

-2cm-4cm

-6cm

Abstände auf der Schädeloberfläche

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78

Die kürzeste kortikomotorische Latenz zum kontralateralen Thenar wurde bei der Mehrzahl

der Patienten durch Reizung 5cm lateral vom Vertex bestimmt, in Einzelfällen, bei denen hier nur eine

niedrigamplitudige Reizantwort erhältlich war, vom Punkt mit der höchsten resultierenden EMG-

Amplitude. Die Reizung erfolgte mit einer Ausnahme (CVI04: 80%) mit maximaler

Stimulatorleistung.

Wie die graphische Darstellung der Ergebnisse unter Bezug auf die Körpergröße

veranschaulicht (Abb. 54), lagen die gemessenen Werte bis auf das Ergebnis des 180cm großen

Patienten CVI17 (kortikomotorische Latenz zur gesunden Hand) im Normbereich. Auch die

Latenzdifferenzen zwischen den beiden Händen waren normal. Auffällig war hier nur die abnorme

Differenz von 4,8ms bei CVI18 zu Ungunsten der gelähmten Hand (obere Normgrenze: 3ms).

Bemerkenswert war ferner das Fehlen von Reizantworten bei den Patienten CVI15 und CVI16 mit

ausgebliebener Funktionsrestitution.

Abbildung 54 Latenz zwischen der Reizung des kortikalen Handareals und der EMG-Antwort im kontralateralen Thenar bei 12 Patienten mit zentralen Paresen im Verhältnis zur Körpergröße: Rot markiert sind die individuellen Ergebnisse für die gelähmte Hand, schwarz: gesunde Hand. Bis auf den Wert der gesunden Hand des relativ großen Patienten CVI17 liegen alle im Normbereich (punktierte Linien: obere und untere Grenze). Pathologisch sind die Befunde der Patienten CVI15, CVI16 und CVI18 (Pfeile): in den ersten beiden Fällen fehlen die Reizantworten in der gelähmten Hand, bei CVI18 ist die Differenz zwischen den kortikomotorischen Latenzen der beiden Hände abnorm verlängert.

Körpergröße (cm)

145 150 155 160 165 170 175 180 185 190 195

16ms

18ms

20ms

22ms

24ms

26ms

28ms

30ms

CVI01

CVI04

CVI13CVI14

CVI17

CVI18CVI19

CVI20

CVI21

CVI22

CVI01

CVI04

CVI13

CVI14

CVI15

CVI16

CVI17

CVI18

CVI19

CVI20

CVI21CVI22

Kortikomotorische Latenz bei 12 Patientenmit zentralen Paresen

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79

7 KORTIKALE AKTIVITÄT WÄHREND EINSEITIGER WILLKÜRBEWEGUNGEN BEI GESUNDEN

PROBANDEN UND PATIENTEN MIT PERSISTIERENDEN SPIEGELBEWEGUNGEN

Bei Kontrollpersonen führt Aktivität des motorischen Kortex einer Hemisphäre zu

kontralateralen Bewegungen. Bei persistierenden Spiegelbewegungen könnte einseitige kortikale

Aktivität für sowohl kontralaterale als auch ipsilaterale Bewegungen ausreichend sein. Diese

Vorstellung scheint plausibel durch das Auftreten simultaner Muskelantworten in beiden Händen

nach transkranieller Reizung.und durch den Fall eines Patienten, der durch einen Schlaganfall

hemiplegisch wurde, aber auf der gelähmten Seite unverändert seine schon zuvor bekannten

persistierenden Spiegelbewegungen zeigte [64]. Bisherige Untersuchungen der kortikalen Aktivität

während einseitiger Willkürbewegungen bei diesen Patienten fielen gegen die Erwartung aus: sowohl

mit der Methode der Ereignis-korrelierten Potentiale als auch mit PET schienen beide Hemisphären

bei einseitig intendierter Bewegung aktiv, im Gegensatz zur einseitigen Aktivität bei Kontrollpersonen

[31,145]. Der überraschende Befund veranlaßte die im Folgenden dargestellten Untersuchungen.

7.1 Bewegungs-korrelierte kortikale Potentiale

Untersucht wurden PSB01-PSB05 und PSB07 [106]. Sowohl bei den sechs Patienten wie

bei den Kontrollpersonen konnten der Bewegung vorausgehende Potentialschwankungen

aufgezeichnet werden (Abb. 55, nächste Seite). In beiden Gruppen zeigte sich eine bilaterale

Negativierung im ersten analysierten Zeitintervall von -1000ms bis -400ms (frühes

Bereitschaftspotential). Im folgenden Intervall (spätes Bereitschaftspotential oder "negative slope",

NS´: bis -50 ms) wiesen sie eine deutliche Lateralisierung über der Hemisphäre kontralateral zur

Willkürbewegung auf. Unterschiede fanden sich in beiden Fällen nicht.

Signifikante Gruppenunterschiede ergaben sich allerdings in den nächsten Intervallen ("pre-

onset period" von -50ms bis EMG-Beginn und "after onset period" vom EMG-Beginn bis +50ms).

Diese waren sowohl bei rechtsseitiger als auch linksseitiger Willkürbewegung nachzuweisen. Bei den

Patienten waren in diesen beiden Zeitintervallen die Potentiale über dem ipsilateralen Handareal

stärker negativiert als bei Kontrollpersonen.

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80

Abbildung 55 Zeitverlauf der Potentiale an der Schädeloberfläche bei willkürlicher Hebung des linken Mittelfingers von 1200ms vor Einsetzen der im EMG nachgewiesenen Muskelaktivität bis 700ms danach bei Kontrollen und Patienten ("grand average"; modifiziert nach [106]). Die senkrecht verlaufenden Linien - Pfeil - markieren den Nullpunkt der Zeitachse ( = der als Triggersignal verwendete EMG-Beginn). Cz ist die Position des Scheitels im 10-20-EEG-System, C3 und C4 liegen davon 5cm lateral.

Die unterschiedlich ausgeprägte Seitenbetonung der kortikalen Aktivität kam gut im

Gruppenvergleich der topographischen Stromdichtekurven zum Ausdruck (Abb. 56 und 57).

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81

Während das Aktivitätsmaximum zu Beginn der einseitigen Willkürbewegung (0ms) bei Kontrollen

eindeutig lateral der Mittellinie erkennbar war, lag es bei den Patienten mit Spiegelbewegungen

zwischen den Hemisphären.

Abbildungen 56 und 57 Räumliche Verteilung der Stromdichte an der Schädel-oberfläche bei Kontrollpersonen und Patienten mit autosomal-dominant erblichen Spiegelbewegungen, die jeweils repetitiv den linken Mittelfinger willkürlich bewegen sollten: In Aufsicht auf den Schädel (Nase oben) sind die über die jeweilige Gruppe gemittelten Potentialverläufe zu verschiedenen Zeitpunkten vor Einsetzen der EMG-Aktivität dargestellt (oben). Unmittelbar vor und zum Beginn der Bewegung ist der Gruppen-unterschied am deutlichsten, sowohl bei Willkürbewegung links wie auch rechts (linke Abbildung).

Zusammengefaßt unterschieden sich die Bewegungs-korrelierten kortikalen Potentiale bei

unseren Patienten mit autosomal-dominant erblichen Spiegelbewegungen im Gruppenvergleich von

den Befunden bei Kontrollpersonen. Aus der geringeren Lateralisierung der Potentiale zur

Gegenseite der Bewegung ist eine Tendenz dazu erkennbar, daß bei persistierenden

Spiegelbewegungen die zur Bewegung ipsilaterale Zentralregion in dem 100ms-Intervall um den

Bewegungsbeginn abnorm aktiviert ist.

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82

7.2 Funktionelle Kernspintomographie

Während einseitiger Willkürbewegungen der Finger zeigten gesunde Probanden eine

umschriebene Signalzunahme gegenüber der Ruheperiode. Die vermehrte Aktivität lag kontralateral

zur Bewegung in der für das Handareal charakteristischen Protrusion der Zentralfurche (Abb. 58).

Ipsilaterale kortikale Aktivität war bei der Kontrollgruppe in einer sehr kleinen Region im lateralen

Anteil des Sulcus centralis zu erkennen. Daneben bestanden signifikante Signalanstiege in den Sulci

praecentrales und postcentrales beider Hemisphären und in einer paramedianen Region rostral vom

Sulcus praecentralis, die nicht eindeutig der linken oder rechten Hemisphäre zugeordnet werden

konnte.

Abbildung 58 Funktionelle Kernspintomographie einer Kontroll-person bei Willkürbewegung der rechten Finger: Aktivitätssteigerung im Sulcus centralis links, an der charakteristischen, hier Epsilon-ähnlichen Faltung, die dem Handareal entspricht und etwa 50mm oberhalb der ACPC-Ebene lag (Pfeil 1). Eine geringe Aktivitätssteigerung ist im lateralen Anteil (Pfeil 2) des Sulcus centralis ipsilateral zur Bewegung zu erkennen, ferner deutlichere Regionen mit Aktivitätsanstieg paramedian (3) und in den Sulci postcentrales (4) der rechten und der linken Hemisphäre (Untersuchung in Kooperation mit Dr. G. Leinsinger, Radiologische Diagnostik, Innenstadtklinikum [99]).

In der Gruppe der neun Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen (PSB01-05,

PSB10, PSB12-14) entsprachen die Befunde in der zur Bewegung kontralateralen Hemisphäre den

eben geschilderten Ergebnissen. Ein deutlicher Unterschied zu den Kontrollpersonen bestand

allerdings darin, daß alle Patienten eine zusätzliche ipsilaterale Aktivierung im medialen Anteil der

Zentralfurche aufwiesen. Das abnorme Aktivitätsmuster der Patienten mit Spiegelbewegungen war

unabhängig davon, welche Hand willkürlich bewegt wurde und die Ausdehnung der Aktivität im

R

1

2

4 4

3

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83

Sulcus centralis war bei Bewegungen der rechten oder linken Hand praktisch deckungsgleich (Abb.

59, nächste Seite).

Im Vergleich zur Kontrollgruppe bestand ein statistisch signifikanter Unterschied in der

Größe des in der ipsilateralen Zentralregion aktiven Areals (Abb. 60). Er ging auf den medialen

Anteil der typischen Faltung des Handareals zurück.

Abbildung 59 Funktionelle Kernspintomographie des Patienten PSB10 mit persistierenden Spiegelbewegungen bei Kallmann-Syndrom (vgl. [99]): Bei Willkürbewegung der rechten Finger ist Aktivitätssteigerung an der charakteristischen Protrusion des Sulcus centralis (Sc) nicht nur linken Hemisphäre zu erkennen, sondern auch rechts (linkes Bild); bei Willkürbewegung der linken Finger ist ein praktisch identisches Muster bilateraler kortikaler Aktivität in den motorischen Handarealen zu sehen (rechtes Bild).

Die Aktivität in der kontralateralen Zentralregion (vgl. Abb. 60, rechte Hälfte), in den Sulci

praecentrales, postcentrales oder paramedian zeigte keine Gruppenunterschiede.

Abbildung 60 Lokalisation des Anstiegs der Signalintensität in der funktionellen Kernspintomographie während einseitiger Willkürbewegungen der Finger im Vergleich von Kontrollen und Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen (Mittelwert der Anzahl von signifikant aktiviertern Voxel plus Standardabweichung): Ein Gruppenunterschied bestand nur im medialen Anteil der ipsilateralen Zentralregion, gekenn-zeichnet durch Pfeile (modifiziert nach [99]).

0

100

200

300

400

ipsilateraleZentralregion

medial

ipsilateraleZentralregion

lateral

kontralateraleZentralregion

medial

kontralateraleZentralregion

lateral

Kontrollen: Vorzugshand

nicht bevorzugte Hand

Patienten: Vorzugshand

nicht bevorzugte Hand

Willkürbewegung links

Sc

Willkürbewegung rechts

rechte Hemisphäre

Sc

linke Hemisphäre rechte Hemisphäre linke Hemisphäre

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84

7.3 Aktivierungsstudien mit Positronenemissionstomographie

Nach den vorläufig mitgeteilten Ergebnissen dieser Untersuchung, die bei PSB01 und PSB02

(Sohn und Vater) durchgeführt wurde, zeigten sich signifikante Unterschiede zu einer Gruppe von 10

Kontrollpersonen. Neben einer zusätzlichen Aktivierung in der Zentralregion kontralateral zur

Willkürbewegung waren auch abnorme ipsilaterale Aktivitätssteigerungen zu erkennen, die allerdings

in Ermangelung eines Abgleichs mit den individuellen anatomischen Daten nicht sicher dem

motorischen Kortex zuzuordnen waren. Bei PSB01 schien auch eine zusätzliche Aktivierung der

supplementär-motorischen Area an der Medialfläche vorzuliegen.

Abbildung 61 Die PET-Aktivierungsstudien bei dem Vater-Sohn-Paar PSB02/PSB01 mit autosomal-dominant vererbten Spiegelbewegungen zeigten während willkürlicher repetitiver Daumen-Finger-Opposition rechts einige Regionen signifikant gesteigerter zerebraler Aktivität (im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von 10 gesunden Probanden). Die anatomische Zuordnung erfolgte nach Datentransformation in Bezug auf ein "Idealgehirn" und läßt daher nur ungefähre Schlüsse auf die individuellen kortikalen Positionen zu (Sulcus centralis: Sc). Auffällig ist bei beiden Patienten die Aktivitätssteigerung in der kontralateralen Zentralregion sowie vereinzelte ipsilaterale Regionen erhöhter Aktivität. Bei PSB01 (oben) scheint auch die supplementär-motorische Area beidseits (SMA) aktiv zu sein (Ergebnisse von Prof. Dr. C. Weiller, Jena).

frontal okzipital okzipital

rechte Hemisphäre linke Hemisphäre

frontal okzipital okzipital

SMA SMA

Sc Sc

Willkürbewegung rechts

Sc Sc

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85

8 DISKUSSION

Die vorgestellten Untersuchungen waren durch die Vermutung veranlaßt, daß Spiegel-

bewegungen ein klinischer Indikator für kortikale Reorganisation bei zentralen Paresen sein könnten

und daß sich das Syndrom der persistierenden Spiegelbewegungen als Untersuchungsmodell für

solche Reorganisationsprozesse eignet. Die phänomenologische Analyse bei Kontrollpersonen, bei

zentralen Paresen und bei persistierenden Spiegelbewegungen (mit 14 Patienten die bisher größte

systematisch untersuchte Gruppe mit diesem seltenen Syndrom) ergab größere Ähnlichkeiten

zwischen den beiden ersten Gruppen mit Spiegelbewegungen und sprach gegen die Betrachtung der

letzten Gruppe als Modell. Daß das Syndrom der persistierenden Spiegelbewegungen sich in der Tat

grundlegend unterscheidet, zeigte die Untersuchung kortikospinaler Verbindungsbahnen mittels

transkranieller Stimulation.

Unsere Ergebnisse erlauben zwar keine Identifikation zugrundeliegender Mechanismen,

tragen aber zur Hypothesenbildung bei. Die Diskussion behandelt besonders die Annahme der

bilateralen Repräsentation, ihre anatomische Basis (Balken- oder ipsilaterale Pyramidenfasern,

abnorme Bahnen) und molekulare Aspekte bei persistierenden Spiegelbewegungen.

8.1 Phänomenologie von Spiegelbewegungen

Unsere klinischen Beobachtungen und die apparative Dokumentation der Fingerkräfte haben

bestätigt, daß Spiegelbewegungen in geringem Ausmaß auch bei gesunden Erwachsenen

vorkommen. Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen [3,60,72] und zum eigenen klinischen

Eindruck waren sie bei der apparativen Messung unbeeinflußt davon, welche Hand unsere

Kontrollpersonen - rechts oder links - willkürlich bewegten.

Ältere EMG-Studien von Spiegelaktivität bei gesunden Erwachsenen hatten eine auch intuitiv

erwartete Zunahme mit zunehmender Willkürkraft nachgewiesen [40,60,72]. Unsere Messungen

zeigten hier ebenfalls einen überraschenden Widerspruch: sie ergaben bei zunehmender Willkürkraft

eine Abnahme der Spiegelaktivität sowohl im Auftreten als auch in ihrem Ausmaß. Der Befund

könnte mit der strengeren Definition von Spiegelbewegungen zusammenhängen, die der Auswertung

der Kraftkurven zugrunde lag. Wenn die Aktivitäten der beiden Hände aufgrund einer

Phasenverschiebung treffender als gegenläufige Bewegungen zu bezeichnen waren, galten sie nicht als

Spiegelbewegungen (Abb. 62, nächste Seite).

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86

Abbildung 62 Illustration möglicher Konsequenzen der gewählten Auswerteprozedur: Die Kraftverläufe aus Abb. 9 sind mit einer Zeitverschiebung von 200ms erneut abge-bildet. Die Entsprechungen B´ und D´ der beiden Willkürmaxima B und D liegen jetzt jenseits des schraffiert dargestellten Zeit-fensters, innerhalb derer das Auswerte-programm die beiden Werte als korrespon-dierend anerkennt. Nach der gewählten Definition handelt es sich jetzt bei der Kurve der "Spiegelhand" um eine gegenläufige Aktivität, nicht um Spiegelbewegungen.

Die in dieser Arbeit untersuchten 14 Fälle von persistierenden Spiegelbewegungen stimmten

in der klinischen Phänomenologie weitgehend mit den bisherigen Kasuistiken überein (distale

Betonung, meist an den oberen Extremitäten). Nicht zu reproduzieren waren Beobachtungen von

Spiegelbewegungen bei passiven Bewegungen oder beim Prüfen der Muskeldehnungsreflexe

[62,164]. Ebensowenig war der gelegentlich berichtete Zusammenhang mit der Fähigkeit zur

Spiegelschrift [22,29,95,120] zu bestätigen. Diese führt zu einem Schriftbild, das nur im Spiegel

normal zu lesen ist. Spiegelschrift gilt als Zeichen von Linkshändigkeit [57,140,146], aber auch als

Befund ohne weitere Bedeutung [21].

Bei unseren Patienten imponierten die persistierenden Spiegelbewegungen klinisch als

homogenes Phänomen, unabhängig von der jeweiligen Syndrom-Konstellation. Variabilität bestand

nicht so sehr zwischen Patienten mit der autosomal vererbten Form und denen mit anderen Formen,

sondern innerhalb der Familien. Das galt auch für die apparativen Befunde, ausgenommen einen

möglichen Gruppenunterschied durch unterschiedliche Ausprägung des Spiegelquotienten in der

rechten bzw. linken Hand. Während SQ bei der autosomal vererbten Form links betont schien, war

er bei Kallmann-Patienten tendenziell rechts höher (Abb. 63).

Abbildung 63 "Spiegelquotient" SQ bei zwei Syndromen mit persistierenden Spiegel-bewegungen (vgl. Abb. 32): Bei der autosomalen Form (links) wirkte SQ in der linken Hand deutlicher aus-geprägt als in der rechten Hand (nach rechts abfallende Verbindungslinien der individuellen Werte von SQ). Beim Kallmann-Syndrom (rechts) deutete sich eine umgekehrte Seitenbetonung an.

BD

"Willkürhand"

"Spiegelhand"

1s

autosomale Spiegelbewegungen

"langsam, 20%" "schnell, 20%" "langsam, 50%" "schnell, 50%"

linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand

0,3%

3%

30%

300%

1%

10%

100%

Kallmann-Syndrom

"langsam, 20%" "schnell, 20%" "langsam, 50%" "schnell, 50%"

linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand linke Hand rechte Hand

0,3%

3%

30%

300%

1%

10%

100%

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87

Im Gruppenvergleich wirkten die Spiegelbewegungen bei gesunden Erwachsenen von den

ungewollten Bewegungen der Patienten mit dem Syndrom der persistierenden Spiegelbewegungen

gut abgegrenzt. Bei letzteten waren sie klinisch, im EMG und bei der Fingerkraftanalyse erheblich

deutlicher ausgeprägt und zeigten in ihrem Ausmaß (SQ) und ihrem Vorkommen (Detektionsrate)

eine andere Beeinflussung durch Kraft und Tempo der Willkürbewegung. Diese Frage ist in der

bisherigen Literatur nicht behandelt worden.

Nicht alle Einzelbefunde der apparativen Untersuchung waren aber eindeutig zu

kategorisieren. Dies war am deutlichsten bei PSB02 zu erkennen, bei dem manche Meßwerte noch

im Normbereich lagen (Abb. 23 und 32, Seite 48 und 62).

Bei Patienten mit zentralen Paresen wurde gezeigt, daß ihre Spiegelaktivität sowohl im

Bereich der gesunden Kontrollpersonen liegen kann, gelegentlich aber den Befunden bei

persistierenden Spiegelbewegungen ähnelt, wobei das Ausmaß der am deutlichsten betroffenen

Patienten nicht erreicht wurde. Spiegelbewegungen waren bei zentralen Paresen somit kein obligates

Symptom und zeigten auch keinen Zusammenhang mit der Seite der Läsion oder mit der Qualität der

Funktionsrestitution.

Insgesamt erlaubte die kinematische Beschreibung der ungewollten Bewegungen keine

scharfe Trennung der drei untersuchten Gruppen. Bei der Stimulation des kortikalen Handareals

dagegen waren die Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen auch in jedem Einzelfall

qualitativ unterschieden, da nur hier frühe ipsilaterale Muskelantworten auftraten.

8.2 Zur Hypothese der bilateralen motorischen Repräsentation bei zentralen Paresen

Die Annahme, daß Spiegelbewegungen bei zentralen Paresen eine kompensatorische

Aktivität der ungeschädigten Hemisphäre anzeigen, wird durch die vorgestellten phänomenologischen

Untersuchungen nicht unterstützt. Die Befunde der transkraniellen Kortexstimulation haben ebenfalls

keine bestätigenden Hinweise für das Konzept der ipsilateralen Funktionsübernahme erbracht, da

Bahnverbindungen zwischen der ungeschädigten Hemisphäre und dem ipsilateralen Arm mit unserer

Untersuchungstechnik nicht nachzuweisen waren. Die eingangs berichteten ipsilateralen Effekte nach

elektrischer Kortexstimulation [51] waren mit der elektromagnetischen Reiztechnik nicht

reproduzierbar. Jene Methode könnte zu einer Erregung der kortikospinalen Fasern in ihrem Verlauf

durch das Marklager oder von Bahnen, die von subkortikal deszendieren, geführt haben.

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88

An unseren Beobachtungen erscheint besonders das Ausbleiben der Restitution bei Patient

CVI16 bemerkenswert. Trotz seiner verhältnismäßig kleinen Läsion erlebte er einen genauso

ungünstigen Verlauf wie CVI15 mit einer ausgedehnten Hemisphärenläsion. Mögliche Erklärung ist

ein Konzept der kortikalen Motorik, das als Alternative zu dem hierarchischen Modell mit den

Bahnen des primären motorischen Kortex (MI) als Endstrecke des Systems die parallele

Organisation einer Vielzahl von Arealen neben MI diskutiert. Dorsaler und ventraler prämotorischer

Kortex, supplementär-motorische Area (SMA) und cinguläre Rindengebiete gehören zu diesen

motorischen Regionen, die sämtlich kortikospinale Verbindungen aufweisen [52,79,130,176]. Durch

die innere Kapsel verlaufen diese Bahnen räumlich getrennt [50]. Bei Störung nur einzelner

Teilsysteme ergäbe sich so eine Möglichkeit zum wechselseitigen Funktionsersatz [50]. Eine

langstreckige Kapsel-Läsion (wie bei CVI16) unterbricht aber alle motorischen Steuerungseinheiten

einer Hemisphäre und hat vermutlich daher denselben Effekt einer dauerhaft bestehenden

Hemiparese wie ein großer Media-Infarkt (z.B. CVI15).

Die tierexperimentell nachgewiesene Umverteilung von Funktionen innerhalb einer

Hemisphäre [2,121] kann die transkranielle Stimulation möglicherweise auch beim Menschen

bestätigen [149,156]. Wir fanden bei einem einzigen Patienten mit Hirninfarkt Hinweise für eine

veränderte Topik des Motorkortex (Abb. 51, Seite 76; Fall CVI13).

8.3 Mechanismen von Spiegelbewegungen

Spiegelbewegungen werden als urtümliche Bewegungsart angesehen, die mit der motorischen

Entwicklung abnimmt. Ihr Vorkommen bei gesunden Erwachsenen wäre entweder Ausdruck eines

Ausbleibens oder eines sekundären Verlustes der Reifungsprozesse. Als erste nachweisbare

bilateral-symmetrische Bewegung der Arme gilt der Moro-Reflex, ein Normalbefund bis zum vierten

Lebensmonat. Greifreaktionen sollen anfänglich beidhändig erfolgen und erst nach dem achten

Lebensmonat durch einhändiges Greifen abgelöst werden [47]. In der Prüfung des Präzisionsgriffs

von Daumen und Zeigefinger gegen unterschiedliche Widerstände (verschieden große Wäsche- und

Papierklammern) zeigen Kinder eine deutliche Abnahme von Spiegelbewegungen nach dem zweiten

Lebensjahr. Es besteht ein positiver Zusammenhang mit der Stärke der Willkürinnervation [47]. Eine

Abhängigkeit von der aktiv innervierten Hand, der Händigkeit oder dem Geschlecht fand sich nicht

[33]. Quantitativ betrug die "Spiegelkraft" bei 16jährigen nur noch etwa 5% der Willkürkraft [96].

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89

Es liegt nahe, Korrelate für die beobachtete motorische Reifung in der nachgeburtlichen

Hirnentwicklung zu suchen. Diese Argumentation bleibt aber oberflächlich, da sie sich lediglich auf

einen zeitlichen Parallelismus stützt. Als für die Hemmung von Spiegelbewegungen verantwortliche

Struktur wird meist das Corpus callosum genannt, dessen Myelinisierung in einem ähnlichen

Zeitverlauf zunehmen soll wie die Spiegelbewegungen abnehmen [118]. Auch wegen seiner

Anatomie wirkt der Balken als plausible Struktur zur Erklärung von Spiegelbewegungen, da seine

Eigenschaft als Verbindung der beiden Hemisphären die Fortleitung von motorischen Impulsen zur

Gegenseite und damit eine simultane Aktivität beider Handareale mit der Folge beidseitiger

Bewegungen ermöglichen könnte [167]. Die Beobachtung bilateraler Rindenfoci in der funktionellen

Kernspintomographie bei gesunden Erwachsenen [13,23,88,89], die eine zur elektromyographisch

dokumentierten Spiegelaktivität parallele Intensität haben sollen [14], wäre mit dieser Annahme zu

vereinbaren, ebenso unsere eigenen Beobachtungen einer Tendenz zu bilateraler kortikaler Aktivität

bei den Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen.

8.3.1 Zur Rolle des Balkens

Daß dem Balken eine Bedeutung für die Entstehung von Spiegelbewegungen zugeschrieben

wird, beruht unter anderem auf Läsionsuntersuchungen an Makaken. Neben dem Balken soll noch

die supplementär-motorische Area (SMA) eine besondere Rolle spielen [15,39,54]. Die

vorgeschlagene Theorie beruht auf der Betrachtung der Motorik als einem hierarchischen System mit

der SMA an übergeordneter Stelle (zum alternativen Konzept einer parallelen Organisation der

motorischen Rindenareale siehe Seite 88).

Die SMA einer Hemisphäre soll danach sowohl den primären Motorkortex (MI) der selben

Hemisphäre als auch MI auf der Gegenseite steuern. Hierbei überwiegt unter normalen Bedingungen

der Einfluß der SMA auf MI ipsilateral. Zugleich findet eine Hemmung des Einflusses der

gegenseitigen SMA statt, z.B. über Balkenfasern, die die beiden supplementär-motorischen Areale

verbinden (Abb. 64a). Einseitige SMA-Läsionen bewirken einen Ausfall dieser Hemmung, wodurch

die verbliebene SMA jetzt auf MI in beiden Hemisphären Einfluß nimmt. Daher treten jetzt

"Spiegelbewegungen" auf (Abb. 64b). Kommt eine Läsion des Balkens hinzu, verschwinden die

"Spiegelbewegungen" bzw. sie treten nicht auf, wenn eine gleichzeitige Läsion von SMA zusammen

mit einer Balkenläsion stattfindet (Abb. 64c).

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90

Abbildung 64 Mögliche Rolle des Balkens und der supplementär-motorischen Area für die Entstehung von Spiegel-bewegungen (modifiziert nach [39]): a: Unter normalen Umständen steuert jede SMA den primären motorischen Kortex (MI) ihrer Hemisphäre. Balkenfasern zwischen den beiden SMAs führen zur Hemmung eines SMA-Einflusses auch auf die kontralaterale Hemisphäre.

b: Eine einseitige SMA-Läsion führt dazu, daß die verbliebene SMA nun ungehemmt MI in beiden Hemisphären ansteuert. Durch die simultane Aktivierung von MI kommt es zu den experimentell beobachteten Spiegelbewegungen. c: Wurde zusätzlich zur SMA-Läsion im Experiment der Balken durchtrennt, waren keine Spiegel-bewegungen mehr zu beobachten.

Problematisch ist vor allem, daß in diesen Studien "Spiegelbewegungen" anders als hier

definiert werden, nämlich als gestörte zeitliche Abstimmung bei beidseitigen, asymmetrischen

Bewegungen [15-17,98]. Unsere Untersuchungen gehen von ungewollten Mitbewegungen bei

einseitigen Willkürbewegungen aus.

Die klinischen Beobachtungen sind uneinheitlich. Nach kombinierten Infarkten von SMA

oder Balken wird ausnahmsweise das Auftreten von Spiegelbewegungen in unserem Sinne erwähnt

([54: Fall 1; 150]; fraglich bei [55,56]). Meist aber handelt es sich um "intermanuellen Konflikt"

("she took a glass of water in her left hand while eating and a piece of bread in her right, and

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91

raised both to her mouth simultaneously" [159]) oder eine gestörte "reziproke Koordination",

also eine Tendenz, bei versuchten gegenläufigen Bewegungen in ein gleichläufiges Bewegungsmuster

zu fallen [26,58]. Unsere Beobachtungen an CVI02 mit kombiniertem SMA- und Balken-Infarkt,

der keine Spiegelaktivität zeigte, und an CVI10 mit Infarkt der SMA und Spiegelaktivität in beiden

Händen wären mit der vorgeschlagenen Hypothese vereinbar. Dagegen konnten wir in weiteren, hier

nicht ausführlich dargestellten Beobachtungen an 15 Patienten, bei denen eine partielle Kallosotomie

als neurochirurgischer Zugangsweg zu Tumoren im III. Ventrikel durchgeführt worden war [171],

keine Auswirkung der Balkenläsion auf SQ nachweisen.

Es ist daher zu vermuten, daß die bei diesen Patienten durchtrennten Balkenfasern für

Spiegelbewegungen ohne Bedeutung sind, obwohl es sich um die Verbindungsbahnen der primären

und sekundären motorischen Areale handelt [111]. Auch die nach Kallosotomie in der Literatur zur

Bedeutung des Balkens für Spiegelbewegungen herangezogenen Beobachtungen [82,158]

überzeugen nicht als Beleg für die Existenz des Phänomens in der von uns verwendeten engen

Definition. Obwohl oft behauptet [113], wurden Spiegelbewegungen bei Patienten mit isolierter

Agenesie des Balkens nicht gefunden [111].

8.3.2 Ipsilaterale kortikospinale Bahnen

Neben dem Balken als möglicher Leitungsbahn für die abnormen ipsilateralen motorischen

Impulse werden auch nach ipsilateral deszendierende kortikospinale Bahnen seit langem als

mögliches Korrelat von Spiegelbewegungen angesehen [64,117,155]. Ein deutlicher Hinweis für

diese Annahme bei Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen sind unsere eigenen

Beobachtungen mit transkranieller Magnetstimulation (ebenso alle Untersuchungen in der Literatur

[24,29,31,42,90,107,162]). Für Spiegelbewegungen von gesunden Erwachsenen, die ja keine

Muskelantworten gleichseitig zur Reizung zeigten, müßte man, wenn überhaupt, ipsilaterale Bahnen

mit besonderen Leitungseigenschaften (Latenz >90ms) in Betracht ziehen.

Ein weiteres mögliches Argument gegen die Annahme, daß die bei Kontrollpersonen

bekannten ipsilateralen Fasern der Pyramidenbahn für deren Spiegelbewegungen eine Rolle spielen,

ergibt sich aus einer quantitativen Betrachtung. Falls ipsilaterale Fasern und Spiegelbewegungen in

einem einfachen Zusammenhang stehen, könnte man ähnliche Ergebnisse für die SQ-Untersuchung

bei gesunden Probanden und die Faser-Anzahl erwarten.

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92

Die beste verfügbare anatomische Studie [85] gibt aber den Anteil der ipsilateralen

Pyramidenfasern an der Gesamtanzahl in der großen Mehrheit mit mehr als 5% an (Abb. 65). Diesen

Wert hatte SQ aber bei keiner der Kontrollpersonen überschritten.

Abbildung 65: Die Untersuchung der Hirnstämme von 79 Patienten mit einseitiger Pyramidenbahnschädigung erlaubte eine Quantifizierung des in der Decussatio pyramidum ungekreuzten, im Tractus corticospinalis anterior deszendierenden ipsilateralen Faseranteils (modifiziert nach [85]): Bei mehr als der Hälfte der Fälle macht die ipsilaterale Bahn zwischen 5 und 15% aller Pyramidenfasern aus, in der überwältigenden Mehrzahl (97,5% der Fälle) betrug ihr Anteil über 5%. Der Spiegelquotient SQ unserer gesunden Kontroll-personen war dagegen völlig anders verteilt und lag bei maximal 4,9% (vgl. Abb. 16, Seite 37).

8.3.3 Molekulare Grundlagen von persistierenden Spiegelbewegungen

Könnte man aufgrund der kinematischen Befunde noch ein Kontinuum zwischen den

Spiegelbewegungen von gesunden Erwachsenen und dem Syndrom der persistierenden

Spiegelbewegungen annehmen, so belegen die Ergebnisse der Kortexstimulation einen qualitativen

Unterschied. Es erscheint möglich, daß "persistierende" Spiegelbewegungen im Gegensatz zur

ursprüngliche Annahme gar nicht Ausdruck einer ausbleibenden Differenzierung eines ontogenetisch

frühen Normalzustandes sind, sondern daß sie primär völlig andere Grundlagen als bei

Normalpersonen haben.

Derzeit einzig glaubwürdige morphologische Besonderheit von persistierenden Spiegel-

bewegungen sind einige Beobachtungen bei Längsspaltbildungen des Zervikalmarks oder der

Medulla oblongata (Diastematomyelie) und den damit assoziierten Anomalien. Die zervikale

Diastematomyelie ist ein möglicherweise sehr häufiger, wenn auch nur selten diagnostizierter Befund

beim Klippel-Feil-Syndrom [4,38,61,161,168]. Sie dürfte im Zusammenhang mit den öfters

beschriebenen Bogenschlußanomalien stehen [38,116,170]. Eine zervikale Spina bifida occulta

zeigten aber auch Patienten mit Spiegelbewegungen ohne Klippel-Feil-Syndrom [12]. Besondere

Erwähnung verdient eine zervikale Diastematomyelie als einzige Auffälligkeit bei Spiegelbewegungen

[11]. In keinem unserer Fälle ergaben sich eindeutige Hinweise für eine makroskopische Fehlbildung

des Zervikalmarks oder der Medulla oblongata, wobei die diagnostischen Verfahren für einen

sicheren Ausschluß selten ausreichend waren.

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%n=0

n=5

n=10

n=15

n=20

n=25

n=30

Prozentanteil der ungekreuzten ipsilateralen Bahnenan der Gesamtzahl der Pyramidenbahnfasern

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93

Hinweise auf die Grundlagen der persistierenden Spiegelbewegungen sind heute eher von

genetischen Untersuchungen zu erwarten. Wie in der vorliegenden Arbeit gezeigt wurde, sind

Spiegelbewegungen kein obligates Symptom beim Klippel-Feil-Syndrom oder beim Kallmann-

Syndrom. Beide sind aber heterogene Symptomkomplexe. Im ersten Fall scheint es möglich, daß

Spiegelbewegungen spezifisch für die Wildervanck-Unterform ("Cervico-oculo-acusticus-Syndrom")

sind. Dies legen unsere eigene Beobachtung (KF03) und mehrere Fälle aus der Literatur nahe

[5,38,42,77,104,147].

Im Fall des Kallmann-Syndroms ist die genetische Heterogenität mit autosomal-dominantem,

autosomal-rezessivem und X-chromosomalem Erbgang gesichert, aber nur das für die X-

chromosomale Form verantwortliche Gen KAL ist bis jetzt kloniert [65]. Eine autosomal-dominant

vererbte Form ist in unseren Fällen mit Hyposmie oder verzögerter Pubertät in der väterlichen

Familie (KS09, KS13, KS23, KS25: Tab. IX, Seite 106) anzunehmen, bei sechs Fällen (KS01,

KS02, KS04, KS08, KS12, KS14) wurde eine Mutation von KAL entdeckt [74,87]. Dies erlaubt

die Hypothese, daß Spiegelbewegungen ein spezifisches Symptom der KAL-Mutation sind und bei

autosomalem Kallmann-Syndrom nicht vorkommen.

Allerdings besteht eine variable Penetranz von KAL-Mutationen in Bezug auf

Spiegelbewegungen, da bei KS08, obwohl er dieselbe Mutation wie seine betroffenen Cousins

aufwies, keine Spiegelbewegungen zu entdecken waren (vgl. Kasuistik Seite 53). Auch in der

Literatur ist der Fall einer KAL-Mutation ohne Spiegelbewegungen beschrieben [126].

Über das Syndrom der autosomal-dominant vererbten Spiegelbewegungen ohne weitere

Auffälligkeiten gibt es am wenigsten genetische Informationen. Da Spiegelbewegungen selten in mehr

als zwei aufeinanderfolgenden Generationen dokumentiert sind und eine interindividuell sehr

unterschiedliche Ausprägung besteht (z.B. PSB01 und PSB02), könnte auch hier eine variable

Penetranz der verantwortlichen Störung vorliegen.

Was könnte die normale Funktion der mutierten Gene sein? Hinweise gibt vorerst nur das

Produkt des KAL-Gens. Seine Sequenz von 680 Aminosäuren zeigt Homologien mit Fibronectin

Typ III, das wie die ebenfalls KAL-ähnlichen Proteine L1, TAG-1, F3 und Contactin ein

Zelladhäsionsmolekül ist [65,134]. Beim X-chromosomalen Kallmann-Syndrom entsteht die

Kombination von hypogonadotropem Hypogonadismus und Anosmie dadurch, daß der gemeinsame

Weg der gonadotropen, LHRH-enthaltenden Zellen und der Axone der olfaktorischen

Rezeptorzellen von der Riechplakode in das Gehirn gestört ist (Abb. 66, nächste Seite).

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Abbildung 66 A: Schematische Darstellung der normalen embryonalen Wanderung der gonadotropen Neurone von der olfaktorischen Plakode (OLF) durch die Lamina cribrosa zum Hypothalamus (HT), in Begleitung der Fila olfactoria (modifiziert nach [110]) B: Normales Einwachsen der Axone in den Bulbus olfactorius, der sich unterhalb des Frontallappens bildet C: Beim Kallmann-Syndrom bleibt der Anschluß der Axone an die Hirnbasis aus, an der im Gegenzug kein Bulbus entsteht (B und C modifiziert nach [160]).

Das KAL-Protein scheint für ungestörtes Auswachsen von Axonen, z.B. durch die

Überwindung natürlicher Barrieren, wie sie die Meningen darstellen, nötig zu sein [143]. Man kann

sich gut vorstellen, daß es stellvertretend für eine ganze Familie von Proteinen ähnlicher Funktion

steht, von denen einige auch beim Klippel-Feil-Syndrom und Duane-Syndrom eine Rolle spielen, da

klinisch weitere Überlappungen der drei Syndrome - über das Auftreten von Spiegelbewegungen

hinaus - beschrieben sind [34,67,114,170,177]. Bemerkenswert ist ferner die Überlegung, daß auch

die okulomotorische Störung des Duane-Syndroms als eine durch abnorme Bahnverbindungen

fehlerhafte Kokontraktion sonst getrennt zu innervierender Muskeln aufgefaßt werden kann [105].

Spekulativ ist daher eine molekulare Störung in der Knüpfung von zentral-nervösen

Bahnverbindungen als Grundlage von persistierenden Spiegelbewegungen zu vermuten.

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95

8.3.4 Abnorme Leitungsbahnen bei persistierenden Spiegelbewegungen

Sämtliche Ergebnisse der transkraniellen Kortexstimulation bei Patienten mit persistierenden

Spiegelbewegungen zeigen, daß sich bei ihnen kortikospinale Bahnen mit kurzen Reizleitungszeiten

abnorm nach ipsilateral und kontralateral ausbreiten. Die beidseits gleiche kortikomotorische Latenz

um 20ms entspricht jener der streng kontralateral verschalteten Bahnen der Normalpersonen.

Bisher ist ungeklärt, ob die abnorme Erregungsausbreitung der Patienten über

Axonkollateralen oder bereits kortikal getrennte Populationen von Neuronen geschieht [24,29,

31,42,90,107,162]. Für die Hypothese einer sehr späten, weit distalen Auftrennung von Axon-

kollateralen, z.B. im spinalen Segment, spricht neben einer Untersuchung der Kreuzkorrelation von

simultanen Entladungen im Nadel-EMG aus symmetrischen Handmuskeln [42] auch die klinische

Beobachtung der recht strengen Beschränkung der kontralateralen Mitbewegungen auf

spiegelbildliche Muskeln (Abb. 21, Seite 46). Dies erscheint bei bereits kortikal getrennten

Populationen oder einer proximalen Axonkollateralisierung weniger wahrscheinlich. Als Argument

gegen eine Kollateralisierung im spinalen Segment kann man aber die bei PSB07 dokumentierte

Mitbewegung der Daumen bei Intentionsbewegungen der Zehen heranziehen.

Unsere Beobachtungen der Reizschwelle wie der Position der erregbaren Punkte ergaben für

diese Diskussion keine Hinweise, da Unterschiede der Projektion nach ipsilateral und nach

kontralateral nicht sicher nachzuweisen waren. Auch die Lageabweichungen der optimalen

Reizpunkte waren aufgrund der unzureichenden Methodik (hohe intraindividuelle Variabilität selbst

bei Kontrollpersonen) nicht wertbar. Eine bisher einmalige Beobachtung gelang aber bei PSB12

(Abb. 44, Seite 68). Waren in allen bisherigen Fällen die Antwortpaare in den beiden Händen

praktisch simultan aufgetreten, zeigte er eine bemerkenswerte, pathologische Verzögerung von nach

kontralateral (also auf dem üblichen Weg) geleiteten Impulsen. Dies stellte eine spezifische Störung

dar und war nicht durch eine allgemeine Schädigung der kortikospinalen Leitung zu erklären, da nur

die kontralateralen Potentiale nach Reizung der rechten Hemisphäre verzögert waren, sämtliche

anderen Leitungszeiten zum rechten oder linken Thenar aber im Normbereich lagen. Entweder beruht

die Leitungsverzögerung auf einem erheblich längeren Weg der kontralateralen Axone (bei einer weit

distalen Axonkollateralisierung nicht zu erwarten). Alternativ fehlen in der abnorm langsamen Bahn

die schnell-leitenden Axone. Das würde für bereits kortikal getrennte Bahnen sprechen.

Als mögliche Lösung der Frage nach der abnormen ipsilateralen kortikospinalen Bahn bei

persistierenden Spiegelbewegungen soll hier ein spekulatives Modell vorgeschlagen werden. Wegen

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96

der Assoziation mit fehlerhafter Überwindung von Wachstumsbarrieren durch Axone oder mit

Spaltbildungen des Halsmarks ist ein Ausbleiben der Kreuzung der deszendierenden motorischen

Bahnen am typischen Ort (Decussatio pyramidum) vorstellbar. Kortikospinale Fasern würden bei

persistierenden Spiegelbewegungen primär auf der ipsilateralen Seite deszendieren. Je nach dem

Grad der Beeinträchtigung der Mittellinienpassage (Ausdehnung einer Diastematomyelie, Penetranz

der Mutation) würde eine mehr oder weniger große Gruppe von Axonen einen normalen Kontakt

zur kontralateralen Rückenmarkshälfte aufnehmen können, vielleicht auch nur Fasern mit besonderen

Leitungseigenschaften oder über Umwege, wie bei PSB12. Das Ausmaß dieser kompensatorischen

Kreuzung müßte das Spektrum der Befunde vom Probanden KS08 mit KAL-Mutation, aber ohne

Spiegelbewegungen, über PSB02 mit nur geringen Spiegelbewegungen und niedriger "Effektivität"

der ipsilateralen Verbindung bis zu Patienten wie PSB05 mit einem deutlichen Überwiegen dieser

Verbindung abdecken.

Molekulargenetische Untersuchungen werden wahrscheinlich am meisten zur Klärung dieser

Überlegungen und auch zur Auflösung des vielleicht nur scheinbaren Widerspruchs zwischen der

Existenz abnormer bilateraler kortikospinaler Bahnen und dem Nachweis bilateraler kortikaler

Aktivität bei persistierenden Spiegelbewegungen beitragen können.

Abschließend soll betont werden, daß vor allem die Befunde der Kortexstimulation mit dem

Nachweis qualitativer Unterschiede zu den Spiegelbewegungen von gesunden Erwachsenen oder bei

zentralen Paresen den Schluß erlauben, daß das Syndrom der persistierenden Spiegelbewegungen

auf eigenständigen Mechanismen beruht und den beiden anderen Formen von Spiegelbewegungen

nur oberflächlich ähnelt.

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9 ZUSAMMENFASSUNG DER WESENTLICHEN BEFUNDE

Spiegelbildliche Mitbewegungen sind ungewollte Bewegungen, die bei einseitigen

Willkürbewegungen in homologen Muskeln der Gegenseite auftreten. Sie werden meist bei distalen

Bewegungen der oberen Extremitäten beobachtet. Spiegelbewegungen wurden bei gesunden

Erwachsenen, bei Patienten mit Hemiparese und als sogenannte persistierende Spiegelbewegungen

bei bestimmten neurogenetischen Syndromen beschrieben.

Um Spiegelbewegungen, die unter der Annahme einer bilateralen kortikalen Repräsentation

der Motorik auch als Hinweis auf eine funktionelle Reorganisation nach Hirnläsion angesehen

werden, besser zu charakterisieren, wurden sie bei 31 gesunden Kontrollpersonen, 22 Patienten mit

zentralen Paresen und 14 Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen klinisch untersucht. Die

Befunde waren in der letztgenannten Patientengruppe deutlich stärker ausgeprägt, während die

klinische Phänomenologie der beiden ersten Gruppen sich nicht eindeutig unterschied.

Eine apparative Bewegungsanalyse erfolgte mit Hilfe von simultanen Messungen der Kräfte

zwischen Daumen und Zeigefinger der beiden Hände während im Zeitraum von 15s repetitiv

ausgeführter Kraftveränderungen auf einer Seite. Der Nachweis spiegelbildlicher Aktivität während

der Versuchszeit ("Detektionsrate") gelang bei den hier untersuchten 30 gesunden Rechtshändern mit

hoher interindividueller Variabilität (zwischen etwa 10% und 90%), zeigte aber eine Abhängigkeit

von den vier unterschiedlichen Bedingungen der Instruktion an die willkürlich bewegte Hand. Die

Detektionsrate war bei schnelleren Bewegungen geringer als bei langsamen Willkürbewegungen. Das

Ausmaß der Spiegelaktivität wurde durch den Vergleich mit der Kraftamplitude der willkürlichen

Handbewegung als "Spiegelquotient" SQ quantifiziert. SQ betrug bei gesunden Rechtshändern

weniger als 5%.

Im Gruppenvergleich waren die Ergebnissen bei den 12 untersuchten Patienten mit

persistierenden Spiegelbewegungen deutlich unterschieden. Die Detektionsrate betrug zwischen etwa

50% und 100% und der "Spiegelquotient" erreichte in manchen Fällen fast 70%. Als Gegensatz

zwischen den beiden Gruppen nahm Detektionsrate und SQ hier bei schnelleren Willkürbewegung

zu.

Die Parameter der 12 untersuchten Patienten mit zentralen Paresen ähnelten mehr den

Befunden der Kontrollpersonen und zeigten keine sichere Beeinflussung durch die

Instruktionsbedingungen. Pathologische Spiegelbewegungen traten hier nicht obligat auf und ließen

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keine Abhängigkeit von der Seite oder dem Ort der Hirnläsion erkennen, ebensowenig einen

Zusammenhang mit dem Ausmaß der motorischen Beeinträchtigung.

Bis auf einige Fälle mit extremen Befunden bei persistierenden Spiegelbewegungen erschien

bei Betrachtung von Einzelergebnissen eine Einordnung der apparativen Bewegungsanalyse als

normal oder pathologisch kaum möglich.

Da in der Literatur als charakteristischer Befund bei persistierenden Spiegelbewegungen das

Auftreten von annähernd simultanen Muskelantworten in beiden Händen nach transkranieller Reizung

des motorischen Handareals beschrieben wurde, wurde diese Technik der elektromagnetischen

Kortexstimulation mit der Frage nach unterschiedlichen Befunden bei den drei Gruppen (24

Kontrollpersonen, 12 Patienten mit zentralen Paresen und den 14 Patienten mit persistierenden

Spiegelbewegungen) angewendet. In der letztgenannten Gruppe wurden die Literaturbefunde in allen

14 Fällen bestätigt. Bei den übrigen Probanden fand sich in keinem Fall ein Hinweis auf frühe

Reizantworten ipsilateral zur Seite der Stimulation.

Bei einigen Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen konnte die Aktivität des

motorischen Kortex während einseitiger Willkürbewegungen mit Hilfe der modernen Techniken der

Ereignis-korrelierten kortikalen Potentiale, der Positronenemissionstomographie und der

funktionellen Kernspintomographie untersucht werden. Die Patienten zeigten im Gegensatz zu den

Kontrollpersonen eine Aktivität in beiden Hemisphären. Eine umfassende anatomische Erklärung von

Spiegelbewegungen steht aus, ist aber bei der persistierenden Form am ehesten von

molekulargenetischen Untersuchungen zu erwarten.

Diese Schlußfolgerung beruht auf den Befunden einer vorbereitenden Studie zur Rekrutierung

von Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen an insgesamt 43 Patienten mit

hypogonadotropem Hypogonadismus (idiopathisch und Kallmann-Syndrom), 10 Patienten mit

Duane-Syndrom und 3 Patienten mit Klippel-Feil-Syndrom, die systematisch klinisch und in der

Mehrzahl auch mit fokaler Kortexstimulation untersucht worden waren. Sie zeigte, daß pathologische

Spiegelbewegungen oder bilaterale Reizantworten nur fakultativ mit diesen neurogenetischen

Syndromen assoziiert sind. Bei hypogonadotropem Hypogonadismus scheinen sie streng auf die X-

chromosomale Form des Kallmann-Syndroms beschränkt zu sein. Das hierfür verantwortliche Gen

ist bekannt und gehört zu einer Familie von Proteinen, die das Wachstum von Axonen steuern. Damit

ergibt sich eine Störung in der Knüpfung von zentral-nervösen Bahnverbindungen als möglicher

Erklärungsansatz bei den persistierenden Spiegelbewegungen.

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99

10 TABELLARISCHER ANHANG

Tabelle I Die fünfzehn untersuchten Leistungen der oberen Extremität bei zentralen Paresen nach der "Rivermead Motor Scale": Zur Bewertung wird ein Punktwert von 0 oder von 1 vergeben, die Gesamtsumme beträgt somit 15 Punkte für die Armfunktion. Die Untersuchung kann abgebrochen werden, wenn drei aufeinander folgende Aufgaben mit 0 bewertet wurden [100].

Anteversion der Schulter (in Rückenlage) 9. Schneiden mit Messer und Gabel (im Sitzen)

2 Sekunden Arm halten (in Rückenlage) 10. Ball Prellen 5x (im Stehen)

Ellbogen-Flexion/Extension (in Rückenlage) 11. Daumen-Finger-Opposition 14x in 10 Sekunden

Ellbogen-Pronation/Supination (im Sitzen) 12. Pronation/Supination 20x in 10 Sekunden

Ball beidhändig heben und zurücklegen (im Sitzen) 13. Seitlicher Wandstütz (Arm horizontal gestreckt)

Tennisball fassen, ablegen, zurück (5x, im Sitzen) 14. Stirnband wickeln und hinter dem Kopf knoten

Bleistift fassen, ablegen, zurück (5x, im Sitzen) 15. "Backe-Backe-Kuchen" 7x in 15 Sekunden

Blatt Papier fassen, ablegen, zurück (5x, im Sitzen)

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Tabelle II Reihenfolge der 16 Versuche zur Erfassung von Spiegelbewegungen mit Hilfe von zwei Manipulanden und Angabe der Instruktionsbedingungen für die einseitig durchzuführenden willkürlichen Kraftwechsel (vgl. Seite 22, in Klammern Angabe der Codierung für das Programm "FS")

"Willkürhand" rechts Versuch 1 (AF 01) Versuch 2 (AF 02) Kraft gering (20% Maximum)

Versuch 3 (AF 03) Versuch 4 (AF 04) Kraft hoch (50% Maximum)

(interner Code "AF") Versuch 5 (AF 05) Versuch 6 (AF 06) Kraft gering (20% Maximum)

Versuch 7 (AF 07) Versuch 8 (AF 08) Kraft hoch (50% Maximum)

"Willkürhand" links Versuch 9 (FA 01) Versuch 10 (FA 02) Kraft gering (20% Maximum)

Versuch 11 (FA 03) Versuch 12 (FA 04) Kraft hoch (50% Maximum)

(interner Code "FA") Versuch 13 (FA 05) Versuch 14 (FA 06) Kraft gering (20% Maximum)

Versuch 15 (FA 07) Versuch 16 (FA 08) Kraft hoch (50% Maximum)

langsam

(etwa 1Hz)

schnell

("so schnell als möglich")

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Tabelle III Gruppe der gesunden Probanden, an denen die systematische klinische Beurteilung von Spiegelbewegungen erfolgte (vgl. Seite 34): Alle waren rechtshändig, der Altersmedian der 11 Männer und 20 Frauen betrug 43 Jahre.

Spiegelbewegungen (Grad)

Proband Initialen Geschlecht Alter in rechter

Hand

in linker Hand

MM01 G W M 20 J 2 1

MM02 I F M 29 J 1 1

MM03 N K M 34 J 2 2

MM04 A D M 39 J 0 0

MM05 M R M 42 J 2 2

MM06 P L M 43 J 2 2

MM07 R N M 45 J 0 0

MM08 P S M 68 J 2 1

MM09 W G M 69 J 2 2

MM10 D C M 71 J 2 1

MM11 J K M 81 J 2 2

MM12 C V F 21 J 2 2

MM13 M W F 21 J 1 0

MM14 A F F 30 J 2 2

MM15 S G F 33 J 0 1

MM16 M J F 34 J 1 0

MM17 C F F 35 J 2 2

MM18 S M F 37 J 0 0

MM19 U W F 37 J 0 0

MM20 H G F 42 J 2 2

MM21 M M F 43 J 0 2

MM22 S B F 49 J 2 0

MM23 E L F 53 J 2 1

MM24 E S F 53 J 2 2

MM25 G G F 54 J 2 2

MM26 E F F 55 J 1 1

MM27 G S F 59 J 2 2

MM28 C H F 67 J 2 1

MM29 S D F 71 J 1 1

MM30 J C F 74 J 2 0

MM31 M L F 87 J 2 2

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Tabelle IV Gruppe der gesunden Probanden (15 Männer und 15 Frauen), bei denen die Fingerkräfte beider Hände im Präzisionsgriff zur Bestimmung der Spiegelaktivität gemessen wurden (vgl. Seite 35): Der Altersmedian war 31 Jahre, alle waren reine Rechtshänder (Lateralitätsquotient LQ=+100).

Tabelle V Ergebnisse der partiellen linearen Korrelation zwischen dem Spiegelquotienten "SQ" der 30 gesunden Erwachsenen und der Frequenz bzw. der Amplitude der von ihnen willkürlich ausgeführten Kraftwechsel, jeweils unter Kontrolle der zweiten Variablen (*signifikante Korrelation mit p>0,01, n.s.: nicht signifikant; vgl. Seite 37)

Proband Initialen Alter LQ

M01 F L 18 J +100

M02 M S 21 J +100

M03 T F 27 J +100

M04 C P 27 J +100

M05 K S 28 J +100

M06 A P 28 J +100

M07 R P 29 J +100

M08 F S 29 J +100

M09 W F 32 J +100

M10 J H 34 J +100

M11 R W 56 J +100

M12 F U 60 J +100

M13 H P 62 J +100

M14 J P 64 J +100

M15 R N 73 J +100

F01 C Z 20 J +100

F02 J R 20 J +100

F03 A T 25 J +100

F04 M H 26 J +100

F05 S E 28 J +100

F06 C S 28 J +100

F07 K A 30 J +100

F08 L L 32 J +100

F09 G G 34 J +100

F10 H L 35 J +100

F11 I P 59 J +100

F12 E L 60 J +100

F13 M M 62 J +100

F14 O H 66 J +100

F15 E W 73 J +100

SQ der linken Hand SQ der rechten Hand

Korrelation von SQ mit der Frequenz der willkürlichen Kraftwechsel -0,3114* -0,1316n.s.

Korrelation von SQ mit der Amplitude der willkürlichen Kraftwechsel -0,4477* -0,4802*

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103

Tabelle VI Ergebnisse der Kartierung des kortikalen Handareals, definiert als diejenigen Punkte in einem Gitternetz an der Schädeloberfläche, nach deren elektromagnetischer Reizung Antworten im EMG vom kontralateralen Thenar auszulösen sind (vgl. Seite 39): "Abweichung der Optima" bezeichnet die Distanz der Punkte mit der höchsten Amplitude bzw. der kürzesten Latenz der Reizantwort. Bei TCS23/24 wurde keine vollständige Kartierung durchgeführt.

Probanden Kartierung linke Hemisphäre Kartierung rechte Hemisphäre

Nummer

Alter

Geschlecht

(Intialen)

Händigkeit

Reizschwelle

(% Intensität)

Zahl

erregbarer

Punkte

Abweichung

der Optima

(in cm)

Reizschwelle

(% Intensität)

Zahl

erregbarer

Punkte

Abweichung

der Optima

(in cm)

TCS01 23 M (KH) re 40 4 2 40 4 0

TCS02 23 F (VK) li 40 1 0 40 3 0

TCS03 23 F (AP) re 40 2 2 50 3 2

TCS04 24 M (JA) re 40 2 0 40 3 2,83

TCS05 24 M (BG) re 40 6 4 50 4 2

TCS06 24 F (CP) re 40 4 2,83 40 4 0

TCS07 24 F (CS) re 40 5 2,83 50 5 0

TCS08 25 M (HK) re 40 3 2 40 3 2

TCS09 25 M (JT) re 50 4 4 40 5 0

TCS10 25 F (JB) li 40 6 2 40 2 0

TCS11 26 M (AF) re 50 6 4 50 4 2,83

TCS12 26 F (XH) re 40 6 0 50 6 2

TCS13 26 F (CS) re 40 3 4 40 3 4

TCS14 27 F (GH) re 40 3 2 40 2 0

TCS15 28 F (GH) li 40 4 2 40 2 0

TCS16 28 F (MK) re 30 4 0 40 5 4,47

TCS17 34 M (ZW) re 50 6 2 40 1 0

TCS18 35 M (KP) re 40 3 2,83 40 1 0

TCS19 35 F (FA) re 40 2 0 40 1 0

TCS20 51 F (TW) re 50 3 2,83 50 1 0

TCS21 58 F (SK) re 40 3 4 40 3 2

TCS22 58 F (GS) re 40 3 2 40 3 0

TCS23 23 M (EN) re

TCS24 24 F (IK) re

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104

Tabelle VII Symmetrie und Asymmetrie der kortikalen Repräsentation des kontralateralen Thenar bei 22 Kontrollpersonen (vgl. Seite 40): Untersucht wurde die Frage nach Deckungsgleichheit der erregbaren Punkte und den maximalen Abstände der Punkte mit höchster Amplitude und kürzester Latenz nach einer gedachten Spiegelung um die Mediansagittale.

Proband

Reizpunkte

Reizpunkte

Symmetrie-Abweichung der

Optima (in cm)

Unsymmetrisc

h

Symmetrisch Amplitude Latenz

TCS01 6 1 4 2

TCS02 2 1 2 2

TCS03 1 2 0 2

TCS04 1 2 2,83 2,83

TCS05 4 3 2,83 4,47

TCS06 6 1 2 4,47

TCS07 10 0 2 2

TCS08 2 2 4 2,83

TCS09 7 1 4,47 4,47

TCS10 4 2 4 4,47

TCS11 2 4 2 2

TCS12 2 5 2,83 2

TCS13 4 1 6 4

TCS 4 1 2 2 0

TCS15 2 2 4 2,83

TCS16 7 1 2,83 2

TCS17 5 1 2 0

TCS18 4 0 2,83 2,83

TCS19 1 1 0 0

TCS20 2 1 0 2,83

TCS21 2 2 0 6

TCS22 2 2 0 2

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Tabelle VIII Latenz in ms zwischen elektromagnetischer Reizung der Punkte 5cm links bzw. rechts vom Vertex und einer mindestens zweifach dokumentierten elektromagnetischen Reizantwort im kontralateralen Daumenballen bei 24 gesunden Kontrollpersonen (vgl. Seite 41)

Kortikomotorische Latenz zum kontralateralen Thenar (ms)

Proband Größe (cm) Reizung 5cm links von Cz Reizung 5cm rechts von Cz

Schwelle überschwellig maximal Schwelle überschwellig maximal

TCS01 183 20,2 21,4 20,8 21,2 20,4 20,2

TCS02 170 x x x 20,2 21,6 21,6

TCS03 162 19,8 19,2 19,6 19,0 18,6 19,0

TCS04 175 21,0 x x 22,6 21,6 20,6

TCS05 182 19,8 22,8 22,0 x x 24,0

TCS06 168 21,2 20,6 20,8 x x x

TCS07 167 21,8 21,4 21,0 21,8 21,4 21,4

TCS08 179 20,0 21,4 22,8 22,0 21,4 22,0

TCS09 188 22,8 23,8 x 23,0 22,2 21,8

TCS10 169 22,4 22,2 21,8 22,0 21,0 21,8

TCS11 188 21,2 21,4 21,4 22,6 22,0 21,8

TCS12 170 19,2 19,2 20,0 19,8 20,4 20,0

TCS13 168 18,6 18,4 18,8 18,4 19,8 19,6

TCS14 163 22,6 21,0 22,0 23,6 22,0 21,0

TCS15 169 21,0 21,0 20,6 21,0 20,0 x

TCS16 176 20,6 20,4 21,2 19,4 20,2 18,2

TCS17 183 21,0 21,2 20,8 22,0 21,0 21,4

TCS18 175 20,6 20,8 20,4 x x x

TCS19 164 20,4 19,6 19,0 20,0 x 20,0

TCS20 176 23,0 20,2 x 22,8 21,6 x

TCS21 168 22,4 22,4 23,0 23,0 22,4 21,4

TCS22 158 22,4 21,2 x 22,2 20,4 x

TCS23 175 21,4 21,2 x 19,6 19,6 x

TCS24 173 23,0 x 21,6 20,2 x 20,6

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106

Tabelle IX 43 Patienten mit angeborenem hypogonadotropem Hypogonadismus, alle männlich (vgl. Seite 50-51)

Patient Initialen Frühere

Publikation

Alter Genetische Grundlage

idiopathischer IHH01 GH 22 sporadischer Fall

hypogonadotroper IHH02 TK 24 sporadisch

Hypogonadismus IHH03 AW Fall 18 bei [139] 24 sporadisch

IHH04 RG Fall 15 bei [139] 27 unbekannt

IHH05 HH Fall 26 bei [139] 27 unbekannt

IHH06 AK 28 sporadisch

IHH07 UL Fall 2 bei [139] 28 unbekannt

IHH08 CM Fall 1 bei [139] 28 unbekannt

IHH09 FT Fall 22 bei [139] 28 unbekannt

IHH10 CK Fall 12 bei [139] 29 sporadisch

IHH11 HW Fall 4 bei [139] 29 unbekannt

IHH12 FB 31 unbekannt

IHH13 MR 31 unbekannt

IHH14 JK 33 sporadisch

IHH15 MR Fall 6 bei [139] 34 unbekannt

IHH16 FU 39 unbekannt

IHH17 RO 33 sporadisch

Kallmann-Syndrom KS01 JK JK bei [37] 14 KAL-Mutation (KS1, KS2 und

KS02 OK OK bei [37] 16 KS4 sind Brüder, KS8 Cousin)

KS03 PS MK bei [37] 16 sporadisch

KS04 MK 17 KAL-Deletion

KS05 WH 18 sporadisch

KS06 DL 20 Mutter: Hyposmie

KS07 CM 20 sporadisch

KS08 SB 21 KAL-Mutation

KS09 BK Fall 5 bei [139] 23 Vater: verzögerte Pubertät

KS10 MS 23 sporadisch

KS11 MG Fall 11 bei [139] 24 sporadisch

KS12 HK Fall 32 bei [139] 24 einseitige Nierenagenesie

KS13 RS Fall 10 bei [139] 24 Vater: verzögerte Pubertät

KS14 CL 25 KAL-Deletion

KS15 MR Fall 17 bei [139] 25 Mutter: verzögerte Pubertät

KS16 PH 27 Schwester: Hyposmie

KS17 CG Fall 7 bei [139] 28 Onkel: Hyposmie

KS18 GB Fall 16 bei [139] 30 sporadisch

KS19 PF 31 sporadisch

KS20 KE Fall 29 bei [139] 32 sporadisch

KS21 JW 36 sporadisch

KS22 JJ Fall 23 bei [139] 46 sporadisch

KS23 FS 14 väterliche Familie: Hyposmie

KS24 CC 22 sporadisch

KS25 HR Fall 33 bei [139] 23 Vater: verzögerte Pubertät

KS26 CW Fall 27 bei [139] 29 Mutter: verzögerte Pubertät

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107

Tabelle X Allgemeine Befunde und Besonderheiten im Neurostatus bei 43 männlichen Patienten mit angeborenem hypogonadotropem Hypogonadismus (vgl. Seiten 52-53, 56-57; BRN: Blickrichtungsnystagmus, Spiegelaktivität: vgl. Tab.1, Seite 19)

Patient Allgemeinbefund Händigkeit Neurostatus Spiegelaktivität

idiopathischer IHH01 unauffällig re unauffällig 1

hypogonadotroper IHH02 unauffällig re unauffällig 0

Hypogonadismus IHH03 Transposition große Gefäße re unauffällig 1

IHH04 STH-Mangel beidh. Exophorie 2

IHH05 unauffällig re Legasthenie 2

IHH06 unauffällig re unauffällig 2

IHH07 Hyperurikämie re unauffällig 0

IHH08 unauffällig re unauffällig 0

IHH09 multiple Nävi re unauffällig 0

IHH10 multiple Nävi re unauffällig 2

IHH11 multiple Nävi re unauffällig 0

IHH12 unauffällig li unauffällig 0

IHH13 unauffällig re unauffällig 0

IHH14 STH-Mangel, Myopie re unauffällig 2

IHH15 unauffällig re unauffällig 0

IHH16 unauffällig re unauffällig 0

IHH17 unauffällig re Epilepsie 0

Kallmann-Syndrom KS01 multiple Nävi re Legasthenie 3

KS02 STH-Mangel re unauffällig 3

KS03 Myopie beidh. BRN 1

KS04 unauffällig re Brown-

Syndrom

3

KS05 unauffällig re s. Seite 53 0

KS06 unauffällig re unauffällig 3

KS07 unauffällig re Exophorie 2

KS08 Myopie re unauffällig 2

KS09 multiple Nävi re unauffällig 1

KS10 unauffällig re unauffällig 0

KS11 unauffällig re unauffällig 0

KS12 Nierenagenesie re unauffällig 3

KS13 Myopie re unauffällig 1

KS14 unauffällig re unauffällig 3

KS15 Pectus excavatum re unauffällig 0

KS16 unauffällig re ASR/PSR fehlt 2

KS17 unauffällig re unauffällig 1

KS18 multiple Nävi re unauffällig 0

KS19 unauffällig li unauffällig 1

KS20 unauffällig re unauffällig 2

KS21 unauffällig re unauffällig 1

KS22 unauffällig beidh. unauffällig 0

KS23 Lippenspalte beidh. unauffällig 1

KS24 unauffällig re unauffällig 2

KS25 Netzhautanomalie li unauffällig 0

KS26 multiple Nävi re unauffällig 0

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108

Tabelle XI Ergebnisse der fokalen elektromagnetischen Reizung des kortikalen Handareals mit beidseitiger EMG-Ableitung im Thenar bei 38 männlichen Patienten mit angeborenem hypogonadotropen Hypogonadismus (vgl. Seiten 53-56) k.A.: keine Angabe, Amplituden: Prozentualer Anteil an der höchsten Antwort durch kontralaterale Stimulation

Stimulation linke Hemisphäre Stimulation rechte Hemisphäre Reizbedingungen

Patient Thenar rechts Thenar links Thenar links Thenar rechts Verstärkung Reiz- Körpe

r

Latenz

(ms)

Latenz

(ms)

Amplitude

(%)

Latenz

(ms)

Latenz

(ms)

Amplitude

(%)

ipsilateral

(µV/Div.)

stärke

(%)

größe

(cm)

IHH01 23,0 - - 22,2 - - 50 100 175

IHH02 21,0 - - 21,6 - - 50 100 168

IHH03 19,2 - - 17,2 - - 50 100 162

IHH04 20,4 63,0 10,9 20,2 64,0 5,2 50 100 172

IHH05 20,8 - - 20,8 - - 50 100 179

IHH06 20,6 - - 20,8 - - 50 100 185

IHH07 21,0 - - 20,0 - - 50 100 179

IHH08 22,0 - - 22,0 - - 50 100 181

IHH09 20,8 - - 21,8 - - 50 100 185

IHH10 25,4 - - 24,6 - - 50 100 193

IHH11 24,6 58,0 1,8 25,2 56,6 5,2 50 100 187

IHH12 24,0 - - 23,4 - - 50 60 172

IHH13 20,2 - - 21,2 - - 50 100 k.A.

IHH14 21,6 - - 21,6 85,0 2,5 50 100 180

IHH15 22,0 - - 23,8 - - 50 100 176

IHH16 21,8 - - 21,8 - - 200 60 183

KS01 19,0 18,2 114,3 18,2 18,4 194,0 1000 80 152

KS02 19,4 19,4 160,0 18,8 19,8 19,3 1000 60 149

KS03 22,4 - - 21,4 - - 50 100 171

KS04 22,2 21,0 445,5 22,6 21,6 361,4 1000 60 169

KS05 23,4 - - 21,2 - - 100 75 165

KS06 21,2 21,8 136,7 21,4 23,4 43,5 100 100 180

KS07 22,8 - - 21,8 - - 50 100 182

KS08 22,2 - - 21,9 - - 100 100 178

KS09 21,0 - - 22,6 71,2 2,6 50 100 184

KS10 23,0 - - 24,0 - - 50 100 182

KS11 22,4 - - 21,0 - - 50 100 179

KS12 24,2 24,0 332,4 29,2 23,4 434,5 200 100 187

KS13 20,8 21,2 - - 50 100 181

KS14 21,8 19,4 2,8 21,0 20,6 5,2 100 60 179

KS15 22,0 - - 24,0 - - 100 100 184

KS16 24,6 - - 24,2 - - 100 100 192

KS17 23,2 76,4 0,9 23,0 - - 100 100 185

KS18 23,6 - - 21,2 - - 50 100 176

KS19 23,2 - - 23,8 - - 50 100 192

KS20 21,4 - - 20,0 - - 50 100 172

KS21 21,8 - - 21,8 - - 50 100 183

KS22 23,8 - - 23,0 - - 100 100 193

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Tabelle XII Fokale Kortexstimulation bei fünf Patienten mit Klippel-Feil-Syndrom bzw. mit bilateraler Duane-Anomalie (k.R.: kein Reizerfolg, k.A.: keine Angabe, Amplituden: prozentualer Anteil an der höchsten Antwort durch kontralaterale Stimulation; vgl. Tab. XI und Seiten 57-59)

Tabelle XIII Ergebnisse der partiellen linearen Korrelation zwischen dem Spiegelquotienten "SQ" der 12 Patienten mit persistierenden Spiegelbewegungen und der Frequenz bzw. der Amplitude der von ihnen willkürlich ausgeführten Kraftwechsel, jeweils unter Kontrolle der zweiten Variablen (*signifikante Korrelation mit p>0,01, n.s.: nicht signifikant; vgl. Seite 62 und Tab. V)

Stimulation linke Hemisphäre Stimulation rechte Hemisphäre Reizbedingungen

Patient Thenar rechts Thenar links Thenar links Thenar rechts Verstärkung Reiz- Körpe

r

Latenz

(ms)

Latenz

(ms)

Amplitude

(%)

Latenz

(ms)

Latenz

(ms)

Amplitude

(%)

ipsilateral

(µV/Div.)

stärke

(%)

größe

(cm)

KF01 22,0 18,7 0,8 19,8 21,4 4,3 100 100 k.A.

KF02 k.R. k.R. k.R. k.R. k.R. k.R. k.R. k.R. k.A.

KF03 20,1 20,9 5,1 20,0 21,2 25,0 50 100 152

DS02 21,4 - - 20,2 - - 50 100 k.A.

DS03 20,0 - - 19,8 - - 50 100 k.A.

SQ der linken Hand SQ der rechten Hand

Korrelation von SQ mit der Frequenz der willkürlichen Kraftwechsel 0,4860* 0,4855*

Korrelation von SQ mit der Amplitude der willkürlichen Kraftwechsel 0,3492n.s. 0,0079n.s.

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Tabelle XIV "Effektivität" der ipsilateralen motorischen Bahn, entsprechend dem Verhältnis der Amplituden im Thenar-EMG einer Seite bei ipsilateraler und bei kontralateraler Reizung (prozentualer Anteil an der Antwort nach Stimulation auf der physiologischen, kontralateralen Seite): Bei Patienten mit erfolgter Kartierung wurden die Reizerfolge von den Punkten mit optimalen kontralateralen Amplitudenantworten zugrunde gelegt, sonst (PSB03 und PSB11-14) die Reizerfolge von den Punkten 5cm lateral des Vertex.

Effektivität der ipsilateralen Bahn

Patient rechter Thenar linker Thenar

PSB01 21% 62%

PSB02 4% 8%

PSB03 57% 183%

PSB04 169% 243%

PSB05 1358% 760%

PSB06 31% 28%

PSB07 390% 97%

PSB08 167% 127%

PSB09 26% 105%

PSB10 248% 344%

PSB11 5% 3%

PSB12 546% 261%

PSB13 13% 152%

PSB14 112% 6%

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111

Tabelle XV Gruppe der Patienten mit zentralen Paresen (vgl. Seite 73-74)

Tabelle XVI Fokale elektromagnetische Reizung des kortikalen Handareals mit beidseitiger EMG-Ableitung vom Thenar bei Patienten mit zentralen Paresen (vgl. Seite 74-75): In keinem Fall traten Antworten ipsilateral zur Seite der Stimulation auf, weswegen die Tabelle auch keine Spalte für die kortikomotorische Latenz von der ipsilateralen Hemisphäre enthält. Zwei Patienten (CVI15, CVI16) zeigten keine sicher wertbare Reizantwort (k.R.) bei Stimulation der erkrankten Hemisphäre (vgl. Seite 75-76, Text und Abb. 49 und 50).

Patient Initialen Geschlecht Alter

CVI01 J H M 26 J

CVI02 R S M 38 J

CVI03 H D F 48 J

CVI04 A S F 51 J

CVI05 P W M 51 J

CVI06 M A F 59 J

CVI07 G R F 68 J

CVI08 M W F 68 J

CVI09 M B F 68 J

CVI10 M B M 79 J

CVI11 H S M 81 J

CVI12 S A M 32 J

CVI13 E P M 28 J

CVI14 J T M 44 J

CVI15 K M M 45 J

CVI16 G V M 49 J

CVI17 F B M 58 J

CVI18 I F M 62 J

CVI19 O K M 68 J

CVI20 F F M 70 J

CVI21 M S F 67 J

CVI22 M R F 72 J

Patient

Kortikomotorische Latenz von der

kontralateralen Hemisphäre

Reizbedingungen

Körpergröße

zur betroffenen

Hand (ms)

zur "gesunden"

Hand (ms)

Verstärkung

ipsilateral (µV/Div.)

Reizstärke

(%)

Reizschwelle

(%)

(cm)

CVI01 23,4 23,2 50 100 30 181

CVI04 20,0 19,8 100 80 60 160

CVI13 22,6 21,8 100 100 80 176

CVI14 22,8 22,6 50 100 60 169

CVI15 k.R. 20,2 20 100 30 176

CVI16 k.R. 18,2 10 100 80 184

CVI17 24,0 25,4 100 100 60 180

CVI18 23,4 18,6 100 100 50 176

CVI19 23,0 24,6 100 100 30 179

CVI20 23,8 22,8 100 100 40 165

CVI21 22,4 20,6 100 100 50 168

CVI22 22,0 20,8 100 100 60 164

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112

11 LITERATURVERZEICHNIS

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12 DANKSAGUNGEN

Die hier vorgestellten Untersuchungen wurden gefördert von der Deutschen

Forschungsgemeinschaft (Po 122/11-1), der Friedrich-Baur-Stiftung (47/90 und 79/94) und der

Wilhelm-Sander-Stiftung (91.031.1-2) und wären ohne die geduldige Teilnahme von Patienten und

Probanden an mancher langwierigen Sitzung nicht möglich gewesen.

Teile der Ergebnisse stammen aus Untersuchungen, die gemeinsam mit den Doktoranden

J. Wendeborn, M. Küffner, R.Schroedter, K. Scheidtmann, O. Esslinger und S. Wucher im Rahmen

ihrer Dissertationen durchgeführt wurden.

Für wichtige Anregungen und praktische Hilfen in der Auseinandersetzung mit dem gewählten

Thema habe ich zu danken Prof. Dr. W. Fries, Prof. Dr. Th. N. Witt, Prof. Dr. N. Mai und

Dr. J. Hermsdörfer. Von großer Bedeutung zum Gelingen der Untersuchungen und für ihre

Diskussion war die Zusammenarbeit und der Austausch mit den Kollegen innerhalb und außerhalb

der Klinik. Hier müssen genannt werden: Dr. B. Heye, Dr. Th. Meitinger,

Dr. J. Schopohl, Prof. Dr. K. Mann, Dr. R. Hörmann, Dr. M. Weber, PD Dr. G. Stalla,

Prof. Dr. K.-P. Boergen, PD Dr. M. Laska, Dr. G. Leinsinger, PD Dr. M. Bauer, D. Heiss,

Dr. M. Prosiegel, Dr. H. Backmund, Dr. P. Winkler, Prof. Dr. M. Heuser, Dr. H. Plendl,

Dr. D. Proeckl, Dr. M. Mayer, Dr. C. Helmchen, Prof. Dr. W. Paulus, Prof. Dr. E. Pöppel,

Prof. Dr. H. Distel, PD Dr. R. Hudson, Prof. Dr. C. Weiller, Prof. Dr. R. Frackowiak,

Dr. P. Nathan, Prof. Dr. S. della Sala sowie Th. Winter.

Technische Unterstützung erhielt ich von Frau H. Lössl, Frau F. Anneser, Dr. S. Krafczyk,

H. Ganea, E. Schneider und Ch. Erös.

Besonderer Dank gilt allen meinen Kollegen auf der Neurologischen Intensivstation

(Stationsärzte Dr. C. Padovan und J. Planck) und ihrem Oberarzt Prof. Dr. H.-W. Pfister, die mir

ebenso wie Prof. Dr. U. Büttner sehr entgegen gekommen sind, was die zeitliche Planung für den

Abschluß der Arbeit betraf.

Die von Prof. Dr. Th. Brandt gegebene Möglichkeit zur neurologischen Spezialausbildung

und seine Unterstützung meiner fachlichen Interessen waren wesentliche Grundlage dieser Arbeit; ich

habe ihm besonders für seine vieljährige geduldige Förderung zu danken.