Bericht in HEPHAISTOS zu den Schmiedekursen bei Uri Hofi

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HEPHAISTOS 7/8 2011 60 U ri Hofi aus Israel, früher Inge- nieur, heute ein weltweit be- kannter Schmied, steht zwar erst gut zwei Jahrzehnte am Amboss, entwickelte aber in kürzester Zeit eine ganz eigene, vor allem ökonomisch wertvolle Schmiedetechnik. Er arbeitet oft entgegen jeder Tradition und macht vieles anders, als das Schmiede ge- wohnt sind. Dennoch kann Hofi jeden Schritt und auch jeden Schlag begrün- den. Das mag im ersten Moment ge- wöhnungsbedürftig sein – im Ergebnis ist alles effektiv und kräfteschonend. Anfang April hatte er erstmals eine Gruppe von Wissbegierigen aus Deutschland in seine Schmiedeschule im Kibbuz Ein Shemer eingeladen, zu den Gästen zählten Mikael Benzon, Nicolas Gäsert, Markus Hvass, Ludwig Mörl, Christine Moos, Andreas und Benedikt Schwarz, Christoph Schwarz, Erich Seifert, Falko Urban und Martin Wilperath. Organisator der Premiere war der Berliner Schmiedepädagoge Martin Ziegler, der die Teilnehmer an den – auch angebotenen – Ausflugs- tagen durchs Heilige Land führte. Im Vorfeld hatte sich Ziegler um alle wich- tigen Details gekümmert, sodass die Reisegruppe vor Ort nur noch ihr Feier- abendbier selbst besorgen musste. Durch zahlreiche Aufenthalte in Israel glänzte er nicht nur in der Rolle des Fremdenführers, sondern hatte so manchen Geheimtipp für das leibliche Wohl parat. Zwar hatte sich nicht jeder der Teilnehmer im Vorfeld gewissen- haft genug auf die Reise vorbereitet, weshalb es zu einigen Missverständnis- sen kam und sich Martin Ziegler mit so manchem Problem auseinandersetzen musste. Als erfahrenem Lehrer verdarb ihm das jedoch nicht die Freude an der Reise. Vielmehr sieht er Möglichkeiten, Lehren für künftige Kurse zu ziehen. Der zwölftägige Aufenthalt bestand einesteils aus einem Freihandschmiede- kurs, zur anderen Hälfte aus Exkursio- nen durchs Land. Die Ausflüge führten an geschichtsträchtige Orte wie die Alt- stadt von Jerusalem, an die Holocaust- gedenkstätte Yad Vashem, in die Kreuz- fahrerstadt Akko, nach Massada, Caes- area und Yaffa, aber auch in die moder- ne Metropole Tel Aviv. Einige Teilneh- mer nahmen am arbeitsfreien Tag ein schwereloses Bad im Toten Meer. Beim reichhaltigen Essen gemeinsam mit den Kibbuzim in der Mensa konnte genügend Kraft für das trotz Uri Hofis ergonomischer Technik anstrengende Schmieden gesammelt werden, was vor allem für die Anfänger vonnöten war. Die sehr unterschiedlichen und eher spartanischen Unterkünfte nahmen Uri Hofi Martin Ziegler Dolmetscher Über viele Jahre hinweg halten der Meisterschmied aus Israel und der Metall- Pädagoge aus Berlin Kontakt – stets im Bestreben, junge Menschen zu fördern ISRAEL D AS S CHMIEDEN IST WIE EINE EIGENE S PRACHE Weiterbildungskurs bei Uri Hofi im Kibbuz Ein Shemer und Ausflüge durch Israel Im April 2011 organisierte Martin Ziegler im Kibbuz Ein Shemer in Israel einen Schmiedekurs bei Uri Hofi. »Mit dem Altmeister zu schmieden heißt, sich völlig auf neue Techniken einzulassen und manches zu vergessen, was bisher als die vermeintlich richtige Schmiedetechnik gelernt wurde«, sagt Christine Moos, die an der Weiterbildungsreise teilgenommen hat. Sie berichtet aus erster »Schmiedinnen-Hand« in HEPHAISTOS über das Lernen in der Werkstatt Das einstige Badehaus in der Römerstadt Caesarea In der Altstadt von Jerusalem: der Felsendom und rechts die Klagemauer

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Im April 2011 organisierte Martin Ziegler im Kibbuz Ein Shemer in Israel einen Schmiedekurs bei Uri Hofi. »Mit dem Altmeister zu schmieden heißt, sich völlig auf neue Techniken einzulassen und manches zu vergessen, was bisher als die vermeintlich richtige Schmiedetechnik gelernt wurde«, sagt Christine Moos, die an der Weiterbildungsreise teilgenommen hat. Sie berichtet aus erster »Schmiedinnen-Hand« in HEPHAISTOS über das Lernen in der Werkstatt

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HEPHAISTOS 7/8 201160

Uri Hofi aus Israel, früher Inge -nieur, heute ein weltweit be-kannter Schmied, steht zwar

erst gut zwei Jahrzehnte am Amboss,entwickelte aber in kürzester Zeit eineganz eigene, vor allem ökonomischwertvolle Schmiedetechnik. Er arbeitetoft entgegen jeder Tradition und machtvieles anders, als das Schmiede ge-wohnt sind. Dennoch kann Hofi jedenSchritt und auch jeden Schlag begrün-den. Das mag im ersten Moment ge-wöhnungsbedürftig sein – im Ergebnisist alles effektiv und kräfteschonend. Anfang April hatte er erstmals eineGruppe von Wissbegierigen ausDeutschland in seine Schmiedeschuleim Kibbuz Ein Shemer eingeladen, zuden Gästen zählten Mikael Benzon,Nicolas Gäsert, Markus Hvass, LudwigMörl, Christine Moos, Andreas undBenedikt Schwarz, Christoph Schwarz,

Erich Seifert, Falko Urban und MartinWilperath. Organisator der Premierewar der Berliner SchmiedepädagogeMartin Ziegler, der die Teilnehmer anden – auch angebotenen – Ausflugs -tagen durchs Heilige Land führte. ImVorfeld hatte sich Ziegler um alle wich-tigen Details gekümmert, sodass dieReisegruppe vor Ort nur noch ihr Feier-abendbier selbst besorgen musste.Durch zahlreiche Aufenthalte in Israelglänzte er nicht nur in der Rolle desFremdenführers, sondern hatte somanchen Geheimtipp für das leiblicheWohl parat. Zwar hatte sich nicht jederder Teilnehmer im Vorfeld gewissen-haft genug auf die Reise vorbereitet,weshalb es zu einigen Missverständnis-sen kam und sich Martin Ziegler mit somanchem Problem auseinandersetzenmusste. Als erfahrenem Lehrer verdarbihm das jedoch nicht die Freude an der

Reise. Vielmehr sieht er Möglichkeiten,Lehren für künftige Kurse zu ziehen.Der zwölftägige Aufenthalt bestandeinesteils aus einem Freihandschmiede-kurs, zur anderen Hälfte aus Exkursio-nen durchs Land. Die Ausflüge führtenan geschichtsträchtige Orte wie die Alt-stadt von Jerusalem, an die Holocaust-gedenkstätte Yad Vashem, in die Kreuz-fahrerstadt Akko, nach Massada, Caes-area und Yaffa, aber auch in die moder-ne Metropole Tel Aviv. Einige Teilneh-mer nahmen am arbeitsfreien Tag einschwereloses Bad im Toten Meer.Beim reichhaltigen Essen gemeinsammit den Kibbuzim in der Mensa konntegenügend Kraft für das trotz Uri Hofisergonomischer Technik anstrengendeSchmieden gesammelt werden, was vorallem für die Anfänger vonnöten war.Die sehr unterschiedlichen und eherspartanischen Unterkünfte nahmen

Uri HofiMartin ZieglerDolmetscher

Über viele Jahre hinweghalten der Meisterschmiedaus Israel und der Metall-Pädagoge aus Berlin Kontakt– stets im Bestreben, jungeMenschen zu fördern

ISRA

ELDAS SCHMIEDEN ISTWIE EINE EIGENE SPRACHE

Weiterbildungskurs bei Uri Hofi im Kibbuz Ein Shemer und Ausflüge durch Israel

Im April 2011 organisierte Martin Ziegler im Kibbuz Ein Shemer in Israel einen Schmiedekursbei Uri Hofi. »Mit dem Altmeister zu schmieden heißt, sich völlig auf neue Techniken einzulassenund manches zu vergessen, was bisher als die vermeintlich richtige Schmiedetechnik gelerntwurde«, sagt Christine Moos, die an der Weiterbildungsreise teilgenommen hat. Sie berichtet aus erster »Schmiedinnen-Hand« in HEPHAISTOS über das Lernen in der Werkstatt

Das einstige Badehaus in der Römerstadt Caesarea In der Altstadt von Jerusalem: der Felsendom und rechts die Klagemauer

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die meisten gern in Kauf – wer hatschließlich oft Gelegenheit, so tief ineine andere Kultur einzutauchen?Zwar war es Uri Hofi aus gesundheit -lichen Gründen nicht möglich, denKurs permanent zu leiten, er wurdeaber von seinen Schülern vertreten,die ihm in punkto Schmiedetechnikund Pädagogik in nichts nachstehen.Um die genauen Abläufe vom Rohlingbis zum fertigen Schmiedeteil nichtnur zu erzählen, wurden die einzelnenSchritte stets vorgeführt. Hofi steuertedas nötige theoretische Hintergrund-wissen bei, etwa zur Eisengewinnungfrüher und heute oder werkstoffkund-liche Vorgänge, die beim Härten undAnlassen ablaufen. Gekrönt wurdendie Kurstage mit seinen persönlichenErfahrungen und Geschichten ausaller Welt. Als es daran ging, Nägel zuschmieden, verdeutlichte Hofi die be-

reits zu biblischen Zeiten herausragen-de Bedeutung der Nägel. Und um rich-tig mit dem Schmieden beginnen zukönnen, gab es am ersten Tag eine Ein-führung in die wichtigsten Grund -lagen zu Hammer- und Feuerführungund zur Arbeit am Amboss.Hofi zeigte in Beispielen Hammer-Viel-falt auf der ganzen Welt und verglichsie mit Bezeichnungen in verschiede-nen Sprachen, die genauso vielfältigsind. Selbstverständlich wurde der spe-zielle, ergonomisch ausbalancierte Hofi-Hammer benutzt, der einigen bei derneu zu erlernenden Haltung Problemebereitete, denn er wird nicht fest in derFaust gehalten, sondern nur mit dreiFingern geführt; ausbalanciert undergonomisch deshalb, weil die beimSchmieden entstehende Energie best-möglich genutzt wird. Daneben ist dasgenaue Ausführen der Schlagbewe-

gung wichtig, da dem Schmied lautHofi vier »Gelenke« zur Verfügung ste-hen, um den Hammer zu beschleu -nigen – von der Schulter über denEllenbogen und das Handgelenk bishin zum lockeren Fallenlassen desHammers zwischen den Fingern.Grundtechniken waren Hauptinhaltdes Kurses – Spitzen, Lochen und Spal-ten sowie Vierkant- und wieder Rund-schmieden. In der neu erlernten Tech-nik wurden einfache Übungen auchfür Fortgeschrittene zur Herausforde-rung. Später wurden Elemente wieBlätter geschmiedet, bevor Werkzeugeauf dem Programm standen und dieGäste eigene Zangen und Meißel her-stellten. Höhepunkte waren zweifellosdie Demonstrationen der Schüler vonHofi, etwa, als unter dem Lufthammeraus einer Schraube eine Blume ent-stand.

Die Werkstatt im Kibbuz Ein Shemer, die Zahl der Rauchabführungen zeigt – hier wird gelehrt Weiterbildungs-Resultate: Antilopen-, Widder- oder Pferdeköpfe, geschmiedet von den Kursteilnehmern

Zufrieden mit dem Kursverlauf: Uri Hofi – auch der Meister braucht »Päuschen« Werkstatt-Leben in Metall – Impressionen aus Hofis »Heim«, von dem aus er seit 20 Jahren das Handwerk revolutioniert

Gottlieb Zeevik, ein Schüler Hofis, demonstriert

Fotos

: Chri

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Moo

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dwig

Mörl