Berichte, Kommentare, Glossen und Despektierliches für ... · „Auf hristabend hatten wir einen...

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Preußische Monatsbriefe 1 Berichte, Kommentare, Glossen und Despektierliches für aufgeklärte, mündige Schichten Wort des Monats Die Liebe aber ist das Haupt, der Brunn und gemeine Tugend aller Tugenden, Liebe speist, tränkt, kleidet, tröstet bittet, löst, hilft und rettet. Martin Luther (Luther, ges. Werke) Inhalt Seite 2: Märchen der Grimms Seite 5: Rapport zur Lage Seite 7: Neue Preuss. Illustrirte Seite 8: Leserbriefliches Seite 10: Patrioten-Passagen Luther und andere zum Frieden Seite 11: Der Konzertabend am 8. Dezember 2017 Seite 12: Traven äußert sich Seite 13: Preußische Daten – u.a. Knobelsdorff-Oper Seite 16: Beilage zu Silvester – es darf gelacht werden Seite 22: Impressum Kontakt Archiv Bestellung Abbestellung Vorweg… …drei Bitten: Haben Sie Anregungen, Wünsche, Kritiken oder gar Lobe für die Preußischen Monatsbriefe, dann teilen Sie uns diese doch bitte mit. Wir stellen uns gern auf Sie ein. Und: Die Ihnen per Mail zugesandten KOSTENLOSEN Monatsbriefe lassen sich im Internet aufrufen: www.Preussische-Monatsbriefe.de Bitte geben Sie diese Adresse an wache Geister weiter. Sie und wir danken es Ihnen. ▼▲▼ Wie geht’s in Merkelanien weiter? Antwort der Reihe nach. Wir folgen nicht dem, was System-Medien an Eingebläutem von sich geben, und Absonderungen der Polit-Bastion führen bei uns zum demokratischen Dawiderhalten. Uns leitet das lateinische Sprichwort „Sapere aude!, das Immanuel Kant 1784 als Aufklärungs-Wahlspruch so interpretierte: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ So schrieben wir Merkels krachende Wahlniederlage vom 24. September 2017 nicht schön und charakterisierten das von ihr nicht unterbundene Äng- schie-Gekreische ihrer engsten Kostgänger als peinlichen Hymnus. Unver- hüllt nannten wir entscheidende Gründe ihres Debakels: ihre deutschland- und europaverändernde Flüchtlingspolitik und ihr besorgniserregendes Un- vermögen, die vierzig Jahre lang getrennten Deutschen zum freudigen, ei- nander zugetanen und gleichberechtigten Volk im Schillerschen Sinn zu füh- ren: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern…“ Wir fügen hinzu: „und Schwestern“. Nein, das „einzig Volk“ zu erreichen, ist dem sprachdürren Raubein nicht möglich. Jakob Augstein urteilt in seiner jüngsten Kolumne: „Merkel ist...an sozialer Gerechtigkeit nicht interessiert, und das lauter wer- dende Murren im Land, das hört sie nicht.“ Muss sie aus ihrer Sicht auch nicht; denn ihr Kanzler-Platz wird von anderen garantiert: Ihre nicht in Wählerstimmen messbaren Pluspunkte stammen von der „brummenden“ Wirtschaft im Lande und von Möchte-gern- Weltbeherrschern jenseits des Atlantiks: Letztere schätzen in ihr die beste Amerikanerin außerhalb der USA. Dem Kanzler-Votum beugt sich wie einst die deutsche Sozialdemokratie: Keine Kriegskredite 1914? Doch! Keine Gro- ße Koalition 2017? Doch! Wie es weitergeht? Mit zur Oma mutierten Mutti wie bisher. Amen. Die Schriftleitung No. 76 / Dezember 2017

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Preußische Monatsbriefe

1

Berichte, Kommentare, Glossen und Despektierliches für aufgeklärte, mündige Schichten

Wort des Monats

Die Liebe aber ist das Haupt, der Brunn und

gemeine Tugend aller Tugenden, Liebe speist,

tränkt, kleidet, tröstet bittet, löst, hilft und

rettet.

Martin Luther

(Luther, ges. Werke)

Inhalt Seite 2: Märchen der Grimms Seite 5: Rapport zur Lage Seite 7: Neue Preuss. Illustrirte Seite 8: Leserbriefliches Seite 10: Patrioten-Passagen Luther und andere zum Frieden Seite 11: Der Konzertabend am 8. Dezember 2017 Seite 12: Traven äußert sich Seite 13: Preußische Daten – u.a. Knobelsdorff-Oper Seite 16: Beilage zu Silvester – es darf gelacht werden Seite 22: Impressum

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Vorweg…

…drei Bitten: Haben Sie Anregungen, Wünsche, Kritiken oder gar Lobe für die Preußischen Monatsbriefe, dann teilen Sie uns diese doch bitte mit. Wir stellen uns gern auf Sie ein. Und: Die Ihnen per Mail zugesandten KOSTENLOSEN Monatsbriefe lassen sich im Internet aufrufen:

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Bitte geben Sie diese Adresse an wache Geister weiter. Sie und wir danken es Ihnen.

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Wie geht’s in Merkelanien weiter? Antwort der Reihe nach. Wir folgen nicht dem, was System-Medien an Eingebläutem von sich geben, und Absonderungen der Polit-Bastion führen bei uns zum demokratischen Dawiderhalten. Uns leitet das lateinische Sprichwort „Sapere aude!, das Immanuel Kant 1784 als Aufklärungs-Wahlspruch so interpretierte: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ So schrieben wir Merkels krachende Wahlniederlage vom 24. September 2017 nicht schön und charakterisierten das von ihr nicht unterbundene Äng-schie-Gekreische ihrer engsten Kostgänger als peinlichen Hymnus. Unver-hüllt nannten wir entscheidende Gründe ihres Debakels: ihre deutschland- und europaverändernde Flüchtlingspolitik und ihr besorgniserregendes Un-vermögen, die vierzig Jahre lang getrennten Deutschen zum freudigen, ei-nander zugetanen und gleichberechtigten Volk im Schillerschen Sinn zu füh-ren: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern…“ Wir fügen hinzu: „und Schwestern“. Nein, das „einzig Volk“ zu erreichen, ist dem sprachdürren Raubein nicht möglich. Jakob Augstein urteilt in seiner jüngsten Kolumne: „Merkel ist...an sozialer Gerechtigkeit nicht interessiert, und das lauter wer-dende Murren im Land, das hört sie nicht.“ Muss sie aus ihrer Sicht auch nicht; denn ihr Kanzler-Platz wird von anderen garantiert: Ihre nicht in Wählerstimmen messbaren Pluspunkte stammen von der „brummenden“ Wirtschaft im Lande und von Möchte-gern-Weltbeherrschern jenseits des Atlantiks: Letztere schätzen in ihr die beste Amerikanerin außerhalb der USA. Dem Kanzler-Votum beugt sich wie einst die deutsche Sozialdemokratie: Keine Kriegskredite 1914? Doch! Keine Gro-ße Koalition 2017? Doch! Wie es weitergeht? Mit zur Oma mutierten Mutti wie bisher. Amen.

Die Schriftleitung

No. 76 / Dezember 2017

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Märchen der Grimms unter dem Christbaum Nirgendwo finden wir die weihnachtliche Stimmung inniger gelebt als bei den Dichtern der deutschen Roman-tik. Sie haben eigentlich dieses Fest aller Feste in der friedlichen Familie angesiedelt und so ausgebildet, wie es uns heute seit unseren Kindheitstagen liebvertraut ist. Kein Wunder, haben uns doch die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm durch ihren Fleiß das schönste Weihnachtsbuch geschaffen, das wir besitzen: die Kinder- und Hausmärchen. Und von der Macht, die jenes Fest auf die Grimms schon in ihren Hanauer Jugendjahren ausge-übt hat, schreibt der älteste Bruder Jacob in wehmütiger Rückschau auf seine Kindheit: „Welch ein feierlicher, geheimnisvoller Tag war dies doch für mich! Da wurden die Kinder abgeson-dert, durften das mysteriöse Zimmer nicht betreten - wir lauschten - endlich wurde geschellt. Den Eintretenden fiel gleich der holde Christbaum in die Augen. Er war überhangen mit goldenen und sil-bernen Äpfeln. Zarte Lichtlein brannten darauf. Daneben standen Teller mit Nüssen und Äpfeln, wohl auch eine Schaumünze.“

Die Grimm-Brüder beim Sammeln von Märchen

Wie die Familie 1810 in Kassel ihren Heiligen Abend feierte, schildert ebenso Jacob in einem Briefe: „Auf Christabend hatten wir einen Tannenbaum mit Lichtern in der Stube und darauf allen guten Freundinnen unserer Schwester Lotte beschert. Auch hatten wir die Diehierin Engelhard mit ihren Töchtern eingeladen. Als nun die Flämmchen bald ausgebrannt hatten, ging unsere gewöhnliche Stu-bentür auf, vor der sich ein Straßenmarionettentheater darstellte, dessen Inhaber, recht lustig und anstellig dabei - und zwar in sehr gutem Plattdeutsch - sein Spiel anfing, während welchens der unge-beten mitgekommene Schwiegersohn der Engelhard eines der noch übrig gebliebenen Wachslichter nahm und unsere Bibliothek mit großem Interesse zu würdigen schien. Eigentlich aber wollte er zei-gen, wie wenig er sich aus der .gemeinen Lust' machte. Daraufhin fing Bruder Karl nebst einem guten Freunde, den wir für einen Ordinären Oboisten hielten, und den ich aus Unschuld ziemlich gemein behandelt hatte, bis er mir, als Mitglied der königlichen Kapelle, aus einer goldenen Dose eine Prise anbot - und ohne aus der in der Hand gehaltenen Wein-flasche einen Trunk anzunehmen, sich in der Stille zu meiner Schande fortschlich - in der Nebenkam-mer ein Flötenblasen an. Dieses Spiel hatte der Dichterin Engelhard so gut gefallen, dass sie beim

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Nachhausegehen nicht umhin konnte, laut nach dem sanften Flötenbläser' zu fragen, um ihm gerühr-testen Dank abzutragen.

Kurz nach diesem Weihnachtsabend traf der langersehnte Freund, der Dichter Ludwig Achim von Ar-nim, mit seinem Kutschwagen in Kassel ein. Er hatte seine Frau Bettine mitgebracht. Beiden legten die Brüder ihre dichterischen Sammlungen vor. „Von unsern Sammlungen gefielen ihm diese Mär-chen am besten. Er meinte, wir sollten nicht zu lange damit zurückhalten, weil bei dem Stre-ben nach Vollständigkeit die Sache am Ende liegenbliebe.“(W. Grimm)

Schloss Wiepersdorf im Ländchen Bärwalde. Nach ihrer Hochzeit 1811 zogen Ludwig Achim von Arnim und Bettine Brentano, die Schwester seines Freundes und Dichterkollegen Cle-mens Brentano, auf das Gut Wiepersdorf. Nach drei Jahren kehrte Bettine nach Berlin zu-rück. Ludwig Achim blieb bis zu seinem Tode am 21. Januar 1831 als Gutsherr und Dichter in Wiepersdorf. In DDR-Zeiten verbrachten zahlreiche Schriftsteller und Künstler einige Ar-beitswochen in dem schöpferischen Ort: Anna Seghers, Christa Wolf, Alfred Kantorowicz, Arnold Zweig, Max Zimmering, Volker Braun, Ernst Busch, Erich Schmitt, Maxi Wander, Stef-fie Spira, Jutta Wachowiak, Kurt Masur, Herbert Sandberg, Annerose Schmidt und Rolf Hop-pe und andere. Seit dem 7. August 1992 besteht das Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf. Künstler aller Bereiche und aus den verschiedenen Ländern leben und arbeiten hier. Öffent-liche Veranstaltungen wie Lesungen, Konzerte, Kolloquien, Ausstellungen und andere For-mate machen den Ort weithin bekannt. Das 1992 eröffnete Bettine und Achim von Arnim Museum dokumentiert Leben und Werk des Dichterpaares. Dr. Reinhard Anders‘ regelmäßi-ge Führungen durch das Schloss Wiepersdorf werden wegen seines Esprits und seiner Sach- und Fachkenntnis gerühmt.

„Es ist alles schon so reinlich und sauber geschrieben“, fügte Armin mit gutmütiger Ironie hinzu. Im Zimmer auf und ab gehend, las er die einzelnen Blätter, während ein zahmer Kanarienvo-gel, in zierlicher Bewegung mit den Flügeln sich im Gleichgewicht haltend, auf seinem Kopfe saß, in dessen vollen Locken es ihm sehr behaglich zu sein schien.“ (W. Grimm) Die Märchen müssen so bald wie möglich veröffentlicht werden, damit man erfährt, wie der Genius des Volkes zu dichten vermag. Dagegen sind wir Kunstdichter doch arme Stümper. Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende mögen an diesen Wundergeschichten gestaltet haben, während sie von Mund zu Mund gingen. Und weil nun einmal in jedem Menschen ein Stück Dichter lebt, so haben spätere Erzähler vielleicht auch noch ihr Bestes dazugegeben. Sicher-

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lich waren es die Priester und Weisen eines Volkes, die ehedem zur Belehrung und Bekehrung solche Geschichten erzählt haben. Die junge Bettine konnte ihrem weitsichtigen Ehemann nur beipflichten: Ihr könnt ja nun sagen was ihr wollt. Aber es ist doch beglückend, wenn man erfährt, dass das Gute siegt und die Geschichte für den Held zum Besten ausgeht. Da gewinnt man doch den Glauben wieder. Es sei dennoch eine Gerechtigkeit in der Welt. Und wenn's auch zuweilen anders erscheinen mag, auf Ganze gesehen, lässt Gott den Guten nicht untergehen, wie in euren Märchen.

Ludwig Achim von Arnim und seine Frau Bettine

Die ermunternde Zustimmung Arnims hatte die Brüder zu neuem Eifer angestachelt, so dass bereits knapp zwei Jahre danach ein Band dieser ,,Kinder- und Hausmärchen" bei Nicolai in Berlin, durch Ar-nims Initiative, verlegt werden konnte. Zu Weinachten 1812 lag ein Exemplar davon auf dem Gaben-tisch des jungen Ehepaares von Arnim in ihrer Berliner Wohnung, dem ersten Kinde, dem Sohn Frei-mund, gewidmet:

An die Frau Elisabeth von Arnim für den kleinen

Johannes Freimund.

Damals war dieses Werk, bedingt durch eine kleine Auflage, nur wenigen zugänglich. Heute aber gibt es landauf landab wohl kaum ein Kind, das nicht einmal in seinem Leben dieses schönste Märchen-buch gelesen hätte. Und nicht nur bei uns, in aller Welt liest, erzählt und verfilmt man für die Kinder die Hausmärchen der Brüder Grimm. Dr. Reinhard Anders

Unser Autor Dr. Reinhard Anders kam als junger Tierarzt 1966 nach Meinsdorf im Ländchen Bär-walde und schlug dort Wurzeln. Nicht erst seit dem Eintritt in den beruflichen Ruhestand widmet er sich in seiner Freizeit der Geschichte und den Traditionen nicht nur des sogenannten (branden-burgisch-preußischen) Ländickens in der unmittel-baren Nachbarschaft des ehemals kursächsischen Ahlsdorf. Er ist ein exzellenter Kenner der Arnim-schen Familiengeschichte und der Märchen der Brüder Grimm. Unermüdlich setzt er sich dafür ein, dass alte Bräuche, Geschichten und Traditionen des Fläming nicht in Vergessenheit geraten, was sich auch in zahlreichen Publikationen niederschlägt (u.a. als Mitautor von „Niederer Fläming Koch-buch: Zwischen Klemmkuchen und Kleinbahn“). Er ist einer der Namensväter der Interessengemein-schaft Kranichgrund. Dr. Reinhard Anders hat als Mitglied der freigewählten Volkskammer der DDR 1990 für die deutsche Einheit gestimmt. PM

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Rapport zur Lage

Süßmuth und Thierse wollen polnisches Denkmal Überraschend sprachen sich in einer neuen kritischen Phase auch der deutsch-polnischen Beziehun-gen – die EU will überprüfen, ob sich die Regierung in Warschau überhaupt noch an europäische Grundwerte hält – die ehemalige Bundestagspräsidenten Rita Süßmuth (CDU) und Wolfgang Thierse (SPD) für die Errichtung eines Denkmals für polnische NS-Opfer aus. Es solle als „ein in die Höhe stre-bendes, weithin sichtbares Gedenkzeichen“ auf der öffentlichen Grünfläche am Askanischen Platz gegenüber dem künftigen Dokumentationszentrum der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöh-nung“ im Deutschlandhaus stehen. Mehr als 80 Vertreter des öffentlichen Lebens befürworten das Projekt, darunter Berlins katholischer Erzbischof Heiner Koch, der Direktor der Topographie des Ter-rors, Andreas Nachama, und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Köln, Aiman A. Mazyek.

Ein polnischer Gedenkort wurde bereits 1972 von den Regierungen der DDR und Polen im Volkspark Friedrichshain von Ost-Berlin errichtet: „Denkmal des polnischen Soldaten und des deutschen Antifa-schisten“. Dr. Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertriebenen, informierte in einer Presseer-klärung zusätzlich: „Im Deutschlandhaus am Anhalter Bahnhof wird zukünftig die Dauerausstellung der ‚Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung‘ über das Schicksal der vertriebenen Deutschen hinaus auch an das Schicksal vertriebener Polen erinnern. Schon jetzt kann in der Topographie des Terrors auch polnischer Opfer des Nationalsozialismus gedacht werden. Und das Gedenken an die deportier-ten und ermordeten polnischen Juden ist bereits heute ein wichtiger Teil des unweit gelegenen Holo-caust-Mahnmals.“

Ohne Resonanz in Berlin und Warschau blieb bis jetzt sein Vorschlag, einen ähnlich selbstverständli-chen und sichtbar platzierten Gedenkort in Polen an die zivilen deutschen Opfer der Kriegs- und Nachkriegszeit – die Opfer ethnischer Säuberungen, von Flucht und Vertreibung oder von Lagern wie etwa Lamsdorf, Zgoda und Potulitz zu errichten. „Das wäre zudem ein geeigneter Beitrag zur Aufar-beitung der Geschichte und zur Schaffung gegenseitiger Empathie.“

Übrigens wurde Wolfgang Thierse 1943 in Breslau (seit 1945: Wrocław) geboren. Aus seiner Geburts-stadt wurden ab Juli 1945 ca. 300 000 Deutsche vertrieben.

Vertreibung aus Breslau – Thierses Geburtstort

Herta M. rührt die Trommel in Berlin und in Serbien Literaturkenner sind sich einig: Gut schreiben kann sie nicht, diese Herta Müller aus dem Südwesten Rumäniens. Schnippsel aufkleben gelingt ihr besser. Doch ihr eigentliches Metier ist das politische

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Trommelrühren. Zunächst rührte sie kräftig gegen ihre Heimat. Das bescherte ihr den Literaturnobel-preis und mit dem dazugehörenden Preisgeld einen gesicherten Lebensabend. In Berlin geht es ge-gen Käthe Kollwitz. Genauer gesagt: gegen das national wie international seit 30 Jahren angesehene Museum in der Fasanenstraße. Das soll dort raus, damit ein „Museum des Exils“ rein kann. Man geht nicht fehl in der Annahme, dass klare Vorstellungen vom Mittelpunkt der Schau bestehen. Autor Peter Hahn urteilt: „Allein der Gedanke, die Erinnerungsstätte für die wahrhaft große Käthe Kollwitz durch ein ‚Museum des Exils‘ zu verdrängen, ist arrogant und unredlich. Dass sich daran eine Litera-turnobelpreisträgerin beteiligt, dass sich die ansonsten doch so geschwätzige Herta Müller nicht zu einem vehementen Statement gegen diese Verdrängung entschließen kann, wirft ein bezeichnendes Licht auf den Charakter dieser Frau.“

Der wurde jüngst in Belgrad besonders deutlich. Seltsamerweise war Müller als Ehrengast (!) zur Bel-grader Buchmesse eingeladen worden. Dort erregte sie natürlich nicht mit einer Lesung, sondern mit kräftigem Trommelwirbel die Gemüter der Versammelten. Sie schmetterte ihren Gastgebern entge-gen, dass die Serben als Kriegstreiber für unendliches Leid in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo verantwortlich seien, weshalb das Nato-Bombardement gerechtfertigt gewesen war. Eine besonders schändliche Rolle in den Kriegen und beim Zusammenbruch Jugoslawiens habe die Serbisch-Orthodoxe Kirche gespielt.

Das sofort einsetzende vernichtende Echo ließ sie kalt; denn ihre Aussagen waren schließlich nach außen gerichtet. „Novosti“-Herausgeber Milorad Vucelic: „Alles, was sie gesagt hat, ist reine Lüge!“ Außerdem sei sie keine besondere Schriftstellerin, sondern eine politische Aktivistin.“ Der internatio-nal renommierte Regisseur und als serbischer Nationalist in die Kritik geratene Emir Kusturica schlug in die gleiche Kerbe. „Sie hätte besser zu einer Militärparade oder zur Automobilmesse als zur Buch-messe eingeladen werden sollen.“ Und: „Wenn es Gerechtigkeit gäbe, hätte der Nobelpreis 2009 nicht ihr, sondern dem größten lebenden österreichischen Schriftsteller Peter Handke überreicht werden müssen.“ PvS

Exkursion zu den Franckeschen Stiftungen in Halle Zu einem Besuch der Franckeschen Stiftungen zu Halle (früher Glauchasche Anstalten), des Landes-museums für Vorgeschichte sowie des Weihnachtsmarktes auf dem Markt der Saalestadt im Süden von Sachsen-Anhalt lädt die Landsmannschaft Westpreußen e.V. am Sonntag, 9. Dezember 2017, ein. Der Exkursion wird geleitet von Diplom-Geograph Reinhard M.W. H a n k e, dem Vorsitzenden dieser Landsmannschaft. Die Stiftungen wurden 1698 durch den Theologen und Pädagogen August Her-mann Francke gegründet und beherbergen heute eine Vielzahl von kulturellen, wissenschaftlichen, pädagogischen und sozialen Einrichtungen. Besichtigt werden das historische Waisenhaus mit der Kunst- und Naturalienkammer als Krokoseum sowie die historische Bibliothek der Stiftung mit baro-ckem Kulissenmagazin. Der historische Gebäudekomplex mit der größten Fachwerkkonstruktion Eu-ropas (Langes Haus im oberen Lindenhof) ist weitgehend erhalten und wird seit 1991 saniert. Der Stiftungskomplex steht als einzigartiges Beispiel sozialer und pädagogischer Zweckarchitektur auf der deutschen Vorschlagsliste für das UNESCO-Weltkulturerbe. Nach dem Mittagspause (Essen) wird das Landesmuseum für Vorgeschichte besucht. Dort setzt eine Führung den Schwerpunkt auf die Son-derausstellung „Klimagewalten – Treibende Kraft der Evolution“. Im Museum findet sich auch das Original der Sonnenscheibe von Nebra. Den Abschluss in Halle bildet ein Besuch des Weihnachts-markts auf dem Markt.

Abfahrt ist um 7.30 Uhr am Löwentor des Zoologischen Gartens / Hardenbergplatz, Rückkehr voraus-sichtlich bis 20:30 Uhr dortselbst. Die Teilnahmegebühr beträgt 50 € für Mitglieder und € 55 für Gäs-te (Betrag bitte überweisen: Postbank Berlin, IBAN DE 26 1001 0010 0001 1991 01; BIC PBNKDEFF; Kennwort: Frankesche Stiftung. Eigenbeitrag für Eintritte und Führungen:10,00 €. (Barzahlung im Bus). Telefonische Anfragen unter 030-257 97 533. PM

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Neue Preußisch-Berlinische Illustrirte

(Aktuelles von gestern)

Weihnacht 1536: Martin Luther feiert das Christfest in Familie – wie es sich der deutsche Maler

Bernhard Plockhorst (1825 bis 1907) vorstellte. Nach dem gemeinsamen Gesang folgte das Festmahl mit

mindestens drei Gängen, darunter Gänsebraten mit Äpfeln und Nüssen. Der Reformator war kein

Kostverächter; besonders mundete ihm Katharinas selbst gebrautes Bier.

Silvester 2010 und viel, viel früher: Klirrender Frost zum Jahreswechsel im Ostseebad

Stolpmünde (seit 1945 Ustka ). Bismarck trotzte ihm in seinem Haus am Meer. Pommerscher Brauch

war es, dass die Hausfrau zu Silvester den Herd abbacken musste: jedes Familienmitglied erhielt ein

Brötchen. Es wurde das ganze Jahr über aufbewahrt, weil es als Glückbringer galt.

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Leserbriefliches

Die Garnisonkirche verkörpert preußische Geschichte Vielen Dank wieder für den sehr interessanten Monatsbrief November 2017. Sie haben die Geschich-te der Garnisonkirche bestens beschrieben, und diese Kirche hat nun geschichtlich absolut nichts mit der dortigen Inthronisierung Hitlers durch Hindenburg zu tun. Aber das linke Denken in diesem Staat möchte deshalb die Kirche nicht mehr aufbauen und assoziiert diese ausschließlich mit Hitler. Welch ein Irrsinn! Inzwischen sind so viele historische Gebäude aufgebaut worden bzw. werden wieder aufgebaut! Und dazu gehört – zur preußischen Geschichte – auch die Garnisonkirche. Ende der 1970er Jahre entdeckte dann die DDR auf einmal auch die bis dahin verschmähte preußische Ge-schichte, in dem sie wieder das Reiterstandbild von Friedrich dem Großen Unter den Linden aufstell-te und sich dazu vieler berühmter und zu Ehren gekommener Militärs erinnerte!

Gerald R. Schiller, Berlin

Die Luther-Jubiläums-Feier hinterlässt faden Geschmack Für das November-Journal möchte ich danken. Besonders die besinnliche Ortsbegehung von Groß Garde hat mich sehr bewegt. Die erbärmlichen Luther-Festspiele unserer Staatsratsvorsitzenden und Staatsbischöfin sind endlich vorbei. Wie würdevoll sowie kulturell, intellektuell und theologisch anre-gend war dagegen das Luther-Jubiläum 1983. Von 2017 wird nichts hängen bleiben, nur ein fahler Geschmack und Brechreiz. Der blasse und speichelleckende EKD-Vorsitzende und die nervende Lu-ther-Botschafterin waren nur peinliche Nebendarsteller der Merkel-Show. Dem Reformationstag habe ich mich verweigert, ich bin in den herbstlichen Oderbruch gefahren - weg von Lutherfilm und Fernsehübertragung aus Wittenberg.

Karl Burg, per Mail

„Für mich als Memelländer besonders interessant“ Verehrtes Redaktionsteam, ich habe dankbar die neue Ausgabe des Preußischen Monatsbriefes für den Monat November erhalten. Ich hatte bei der landsmannschaftlichen Begegnung mit der ost-preußischen Gruppe in Rosenheim die – für mich als Memelländer – besonders interessanten Mo-natsbriefe erhalten. Ich werde die Preußischen Monatsbriefe weiter empfehlen.

Dr. phil. Lothar Kusserow, per Mail

1867 wie heute: So einigt man Deutschland nicht Mich freut, dass sich die Preußischen Monatsbriefe immer mal wieder mit der aktuellen Geschichte befassen und damit ein Beispiel für positives, weil realistisches und nicht politisch verfärbtes Heran-gehen beispielsweise an die Gestaltung der Einheit geben. Wer diesen Prozess aufmerksam verfolgt, wird ganz nüchtern feststellen, dass die seit Gründung der BRD und der DDR von beiden Seiten ge-schaffene materielle und ideelle Kluft bei weitem nicht überwunden ist. Im Gegenteil; mitunter wird sie von vermeintlichen Gewinnern der Einheit – dies ist vor allem materiell und finanziell gemeint – emsig vertieft. Mitunter habe ich das Gefühl, dass es des Ostlern bzw. Mitteldeutschen so ergeht, wie es Dichter Storm 1867 über das arrogant-anmaßende Verhalten der Preußen in Schleswig-Holstein anklagte. Ich darf kurz zitieren: "Wir können nicht verkennen, dass wir lediglich unter Gewalt leben. Das ist desto einschneidender, da es von denen kommt, die wir gegen die Gewalt zu Hilfe riefen und die uns jetzt, nachdem sie jene bewältigen geholfen, wie einen besiegten Stamm behandeln, indem sie die wichtigsten Einrichtungen, ohne uns zu fragen, hier über den Haufen werfen und andere dafür nach Gutdünken oktroyieren; obenan eine Reihe von Paragraphen, die - längst der juristischen wie der Moralkritik verfallen - ehrlichen Leuten gefährlicher sind als den Spitzbuben, die sie angeblich treffen sollen. Obwohl Preußen…alle Ursache zu bescheidenem Auftreten bei uns hat, so kommt doch jeder Kerl von dort mit der Miene des kleinen Eroberers und als müsse er uns erst die höhere Weisheit

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bringen...Die unglaubliche naive Rohheit dieser Leute vertieft die Furche des Hasses, die Preußens Vorfahren tief in die Stirn der Schleswig-Holsteiner eingegraben.“ Ähnlich wird heute die unglaubliche Dominanz der Westdeutschen in den neuen Bundesländern als „Kolonialismus“ empfunden. Merkel, obwohl Kanzlerin (Ost), und angepasste Medien schieben das national wichtige Thema wie Hempel unters Sofa. Wie endete Storms Anklage? „Auf diese Weise einigt man Deutschland nicht." Heute auch nicht…

Eberhard Braun, Stralsund

Professsor Max Otte wirkt aufklärerisch Ein großartiger Preußischer Monatsbrief, der wieder viel Stoff bietet, den politischen Blick zu aktuel-len Fragen zu schärfen. Ich finde, Peter von Stubbe hat recht in der politischen Beurteilung dieses historischen Fleckchens Erde „Garnisonkirche“. Mehrmals stand ich vor dieser Ruine und traf auch jedes Mal weitere Interessierte, deren Meinung sich mit der meinigen deckten: Wir stehen vor einem wichtigen Meilenstein deutscher Geschichte, der auf den Namen "Hitler" reduziert viel zu kurzgegrif-fen wäre. Doch selbst dieses Ereignis am Tag von Potsdam am 21. März 1933 ist ein bedeutendes Ereignis, wenn auch sehr negativ bewertet. Mit dem Wiederaufbau ( in Teilen ) der Garnisonkirche Potsdam kommt ein Bauwerk zurück, das geschichtlich zum besonderen Ruf und Bekanntheitsgrad von Potsdam gehört. Positiv finde ich, dass Professor Max Otte aufklärerisch wirkt und dazu aufruft, wachsam zu sein, dass Regierungsstellen und öffentliche Institutionen der Finanzbranche mit dem digitalen Zahlungsverkehr nicht zu vorteilhaft für sich und zu nachteilig für den Kunden arbeiten. Bester Preußen Witz: Icke lach mir een Ast, setze mir ruff + schaukle mit de Beene!

Hagen Wilhelm, Wiebelskirchen

Verräterisch offene Worte aus Übersee Zwei Zitate nicht unbedeutender US-Amerikaner möchte ich Ihnen und Ihren Lesern nicht vorenthalten, sondern zum Nachdenken anbieten. Beide lassen tiefer blicken, als wir es von unseren Medien gewohnt sind. Das erste nennt ein mögliche Motiv für von der Weltmacht ausgehende, unerklärlich erscheinende nationale wie internationale Vorgänge (was übrigens an ein gewisses Protokoll erinnert), das andere vermittelt aus erster Hand einen Zustandsbe-richt aus den USA der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, der auch von heute stam-men könnte:

“Wir stehen am Rande einer weltweiten Umbildung, alles was wir brauchen, ist die richtige all-umfassende Krise, und die Nationen werden in die neue Weltordnung einwilligen.”

David Rockefeller, 1991, Bankier, Milliardär und US-Staatsmann ♣♣♣

„Ich bin ein zutiefst unglücklicher Mann. Ich habe unwissentlich mein Land ruiniert. Eine große industrielle Nation wird von ihrem Kreditwesen kontrolliert. Unser Kreditwesen ist vereinigt. Da-her ist das Wachstum unserer Nation und sind alle unsere Tätigkeiten in den Händen einiger weniger. Wir sind eine der schlechtregiertesten, meistkontrollierten und beherrschten Regierun-gen der zivilisierten Welt. Nicht länger eine Regierung der freien Meinung, nicht länger eine Re-gierung der Überzeugung oder des Mehrheitsentscheides, sondern eine Regierung der Ansich-ten und Nötigungen einer kleinen Gruppe herrschender Männer.“

Woodrow Wilson (1856 – 1924), 28. Präsident der USA

Wilson machte sich für den Völkerbund und für das Frauenwahlrecht in den USA stark, David Rockefeller engagierte sich u. a. in politikberatenden Denkfabriken und Stiftungen.

Eberhard Hartmann, Hamburg

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Patrioten-Passagen zur Ankunft des Friedefürsten

MARTIN LUTHER UND ANDERE ZUM FRIEDEN Ja, wenn die Leute fromm wären und gerne Frieden hielten, so wären Kriege die größte Plage auf Erden. Wo rechnest du aber hin, dass die Welt böse ist, die Leute nicht wollen Friede halten, rauben, stehlen, töten, Weib und Kind schänden, Ehre und Gut nehmen? Solchen gemeinen aller Welt Un-friede, davor kein Menschen bleiben könnte, muss der kleine Unfriede, der da Krieg oder Schwert heißt, steuern…Man halt Friede, so lang man immer kann, er soll doch wohl nicht bleiben, wenn man ihm gleich um alle das Geld kaufen sollte, das auf den Krieg gehen und durch den Krieg gewonnen

werden möchte; es erstattet doch nimmer den Sieg, das verloren wird durch den Krieg. Dass alles so sicher und fröhlich we-bert, aus- und eingeht, das gibt nie-mand denn der liebe Friede. Denn wo nicht Friede ist, da hört man nicht viel singen noch fröhlich sein…muss alles in der Mauer bleiben, als ver-schlossen und gefangen, dass es nicht kann sich fröhlich regen noch seiner Arbeit und Nahrung pflegen. Vom Frieden haben wir unser Leib und Leben, Weib und Kind, Haus und Hof…alle Gesundheit und Freiheit und sitzen sicher in dieser Mauer des Friedens; es ist wohl ein halb Him-melreich, wo Friede ist… Der Friede kann dir helfen, dass dir ein Bissen trocknen Brots wie Zucker schmeckt und ein Trunk Wasser wie Malvasier

(Weinsorte). Im Unfrieden ist Sorge, Furcht, Gefahr, allenthalben, wenn‘s wohl gerät. Wird’s ärger, da ist eitel Blut, Brand, Raub und alles Unglück, dass Unfriede wohl zu rechnen ist für eine halbe Hölle oder der Hölle Vorlauf und Anfang…Weltlicher Friede steht darin. Dass hinweggenommen werde das äußerliche Übel, das da Unfriede macht…Aber der christliche Friede ist im Herzen, ob es gleich außen große Verfolgung, Angst, Not und Widerwärtigkeit leidet…. Friede gilt mehr denn alles Recht, und Friede ist nicht um des Rechtes willen, sondern Recht ist um des Friedens willen gemacht. Darum, wenn ja eines weichen muss, so soll das Recht dem Frieden, und nicht der Friede dem Rechte weichen. Falscher Friede: Hinweg mit all den Propheten, die dem Volke Christi sagen: Friede, Friede! Und ist kein Friede. Gotthold Ephraim Lessing: Die Siege geben dem Krieg den Ausschlag: sie sind aber sehr zweideutige Beweise der gerechten Sache: oder vielmehr sie sind gar keine. Friedrich Schiller: Es kann der Frömmste nicht im Frieden leben, / Wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Johann Gottfried Seume: Wo man anfängt, den Krieg von den Bürgern zu trennen, ist die Sache der Freiheit und Gerechtigkeit schon halb verloren. Karl August Varnhagen von Ense: So lange es geht, verteidigt man Haus und Hof gegen den Feind, aber man zündet selbst an, was zu verteidigen als unnütz erkannt wird. – Die Regierungen unserer Zeit sind zu dumm und zu arg, als dass sie dauern könnten. Otto von Bismarck: Lügen können Kriege in Bewegung setzen, Wahrheiten hingegen können ganze Armeen aufhalten. Thomas Mann: Denn ich glaube an den Frieden als oberste Gebot und höchste Notwendigkeit, als Voraussetzung für jede wirkliche und redliche Pflichterfüllung der Völker, der Menschheit.

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Herzliche Einladung zum Konzertabend „Gut und Böse

am Freitag, dem 8. Dezember 2017

Monica Minarelli im Konzert Vassiliki Karayanni in Parzifal (Thessaloniki)

Verehrte Mitglieder und Freunde der Preußischen Gesellschaft, auf unserem diesjährigen Neujahrsempfanges erfreuten die Sängerin Ines Vinkelau und der Sänger Karo Khachatrian mit ihrer gelungenen musikalischen Überraschung die Veranstalter und ihre zahlreichen Gäste. Auch die beiden Sänger waren von der herzlichen Atmosphäre und der Resonanz des Publikums begeistert. Zahlreiche Bitten um eine Fortsetzung wurden laut. Diese Da-capo-Wünsche wollen und können wir nun erfüllen, und zwar mit einem neuen musikalischen Fest: Es wird unter dem Motto „Gut und Böse“ stehen und gibt Antworten u. a. auf die Frage: Ist beispielsweise die Königin der Nacht wirklich eine böse Frau oder die Tosca tatsächlich die „Güte in Person“? Wie sind Hexen wie Ulrica in Verdis „Un ballo in ma-schera“ einzuordnen – als Gut oder als Böse? Der musikalische Abend „Gut und Böse“ beginnt am Freitag, dem 8. Dezember, um 19.00 im Stammquartier der Preußischen Gesellschaft im renommierten Hotel HILTON am wun-derschönen Gendarmenmarkt in Berlin. Neben den bereits vom Neujahrsempfang bekann-ten und gefeierten Künstlern konnten wir die beiden international bekannten Stars Vassiliki Karayanni (Covent Garden, Teatro alla Scala in Mailand) und Monica Minarelli (Opéra de Monte-Carlo, Teatro dell'Opera di Roma) gewinnen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch und auf das gemeinsame musikalische Gut-Böse-Erlebnis. Bitte melden Sie sich verbindlich über [email protected] an, da wir die Künstler und den Saal zu diesem Datum ebenfalls verbindlich buchen müssen. Die Vorkasse-Eintrittskarten kosten 29 Euro. Kontoverbindung: Berliner Bank AG • BLZ 100 708 48 • Konto-Nr. 48 28 68 700 - IBAN:DE 93 100 708 480 482 868 700; BIC/SWIFT: DE UT DE DB 110. Stichwort: Konzertabend. Wir freuen uns zunächst auf Ihre Anmeldungen und dann auf unsere Begegnung beim musi-kalischen Fest am 8. Dezember.

Mit herzlichen Grüßen Programm-Gestalterin Elisabeth Promonti und Preußen-Chef Steffen Bender

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B. Traven:

Über ein Land mit jetzt 1 000 Militärstützpunkten weltweit und zu Medien, die heute als Lügenpresse (Fake-News-Paper) gelten „Niemand konnte die Amerikaner leiden. Jeder schimpfte und fluchte auf sie. Sie seien die Räuber, die aus dem Blute französischer Söhne ihre Dollars gemünzt hätten, und sie seien die Halsabschnei-der und Wucherer, die nun aus den Sorgen und Tränen der übriggebliebenen Väter und Mütter abermals Dollars herausmünzen wollen, weil sie nie den Rachen vollkriegen könnten, obgleich sie im Golde schon erstickten. Wenn wir nur einen hier hätten, einen von diesen amerikanischen Wuche-rern, wir schlügen ihn mit dem Dreschflegel tot wie einen alten Hund, weil er wahrhaftig nichts Bes-seres verdient…Immer stiehlt er uns arme Europäer aus. Als ob er drüben nicht genug hätte. Nein, er muss hier stehlen und wuchern kommen…

◙◙◙ Und dann plappern die Menschen alles nach, weil der Allmächtige sie in ausdauernder Arbeit zu Ma-schinen und Automaten gemacht hat, die ihre Arme, Beine, Augen, Lippen, Herzen und Gehirnzellen genauso bewegen, wie es der allmächtige Staat haben will.

◙◙◙ Moral wird einem ja nur darum gelehrt, damit die, die alles haben, alles behalten können und das übrige noch dazu kriegen. Moral ist die Butter für die, denen das Brot fehlt.

◙◙◙ Wo man so laut schreien muss: Wir sind ein Volk von freien Menschen!, da will man nur die Tatsache verdecken, dass die Freiheit vor die Hunde gegangen ist, oder dass sie von Hunderttausenden von Gesetzen, Verordnungen, Verfügungen, Anweisungen, Reglungen und Polizeiknüppeln so abgenagt worden ist, dass nur noch das Geschrei, das Fanfarengeschmetter und die Freiheitsgöttinnen übrig geblieben sind.

◙◙◙ Menschen! Ihr habt nur einen Feind. Er ist der verkommenste von allen. Tuberkulose und Syphilis sind furchtbare Seuchen, unter denen der Mensch leidet. Unermesslich furchtbarer, tückischer und bösartiger am Körper und an der Seele des Menschen wütet die alles verheerende Seuche: öffentli-che Hure Presse. Jede Revolution, jede Befreiung des Menschen verfehlt ihren Zweck, wenn nicht zuerst die Presse erbarmungslos vernichtet wird. Alle Sünden werden dem Menschen vergeben, die Sünde wider den Geist wird dem Menschen in Ewigkeit nicht vergeben. Vernichtet die Presse, peitscht ihre Zuhälter aus der Gemeinschaft der Menschen, und es wird Euch Vergebung werden für alle Eure Sünden, die Ihr begingt oder die Ihr noch begehen werdet. Keine Versammlung, keine Zu-sammenkunft von Menschen darf vor sich gehen, ohne dass nicht Euer gellender Schrei ertönt: Ver-nichtet die Presse!

◙◙◙ „Ich glaube nicht daran, dass es irgendeine Feindschaft zwischen Völkern gäbe, wenn sie nicht künst-lich erzeugt und dann tüchtig geschürt würde. Man sollte eigentlich meinen, dass Menschen vernünf-tiger seien als Hunde. Hunde lassen sich manchmal gegen ihresgleichen hetzen, manchmal aber auch nicht. Menschen dagegen lassen sich immer aufeinander hetzen, und das „Ksch-ksch" braucht gar nicht einmal geschickt gemacht zu werden. Es braucht nur überhaupt gemacht zu werden, da gehen sie auch schon aufeinander los wie blödsinnig geworden.“

◙◙◙ Nur der Mensch. der kleine, der muss das Gesetz achten, der Staat braucht das nicht. Er ist die All-macht. Der Mensch muss Moral haben, der Staat kennt keine Moral.

◙◙◙ Schriftsteller B. Traven wird mit dem Theaterschauspieler Ret Marut identifiziert, der 1924 nach Me-xiko floh. B. Traven und Ret Marut sollen Pseudonyme wiederum von Hermann Otto Max Feige sein, der aus Schwiebus in der preußischen Provinz Brandenburg, seit 1945 Świebodzin (Polen), stammt.

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Preußische Daten

1.Dezember 1602 (vor 415 Jahren): Kurfürst Joachim Friedrich erlässt ein Edikt über die Erbfolge bei Lehnsgütern.

1.Dezember 1722 (295): Anna Louisa Dürrbach (verheiratete Karsch, genannt die Karschin) wird bei Schwiebus (seit 1945: Świebodzin) in der Neumark (seit 1945: Woiwodschaft Lebus) geboren. Die Dichterin galt ob ihrer oft skurrilen Reimereien als Berliner Original. Friedrich der Große führte mit ihr 1763 ein längeres Gespräch über Dichtkunst und sagte ihr ein Haus und eine jährliche Pension aus der Staatskasse zu. Doch erst Friedrich Wilhelm II. machte das alte Versprechen seines Onkels 1789 wahr. Goethe besuchte sie 1778 und führte mit ihr einen Briefwechsel. Ihre letzte Ruhestätte mit der Inschrift „Kennst Du, Wandrer, sie nicht / So gehe und lerne sie kennen.“ befindet sich an der So-phienkirche in Berlin-Mitte.

1.Dezember 1827 (190): Die Berliner Stadtpost öffnet mit 36 Postbezirken und 60 Briefsammelstel-len.

5.Dezember 1757 (260): In der Schlacht beim schlesischen Leuthen (seit 1945: Lutynia) schlägt Fried-rich der Große im Siebenjährigen Krieg das österreichische Heer unter Prinz Karl Alexander von Loth-ringen. Nach dem Ende der Kämpfe singen die preußischen Soldaten „Nun danket alle Gott“, was den Historienmaler Wilhelm Camphausen zu einem bewegenden Gemälde anregte Am 7. Dezember zie-hen dreißig blasende Postillione mit angezündeten Fackeln in Berlin ein und verkünden den Sieg.

5.Dezember 1882 (135): Abschluss des Freundschafts- und Handelsvertrages zwischen dem Deut-schen Reich und Mexiko

6.Dezember 1442 (575): Bischof Stephan zu Brandenburg sagt Ablass all jenen zu, die den von der Lieben Frauen Brüderschaft in der Marienkirche zu Berlin gestifteten Messen beiwohnen oder förder-lich sind.

Das Opernhaus Unter den Linden, wie es Friedrich der Große kannte und wie es 1843 brannte

7.Dezember 1742 (275): Die knobelsdorffsche Königliche Oper (Grundsteinlegung: 1741!) Unter den Linden wird in Anwesenheit von König Friedrich II., Königin Elisabeth Christine, der Königinmutter und des gesamten Königlichen Hauses mit Grauns Oper „Cäsar und Cleopatra“ eröffnet. Der von Friedrich II. gewählte Bauplatz für das erste eigenständige Theatergebäude Europas auf der Haupt-achse der Stadt und nicht wie üblich innerhalb des Schlosskomplexes gilt als kultureller Ausdruck der Ideen der Aufklärung. Das als Langhaus konzipierte Gebäude verfügt über den Apollosaal (Banketts-aal, Foyer), den Theatersaal (Zuschauerraum, Ballsaal) und den Korinthischen Saal (Bühne und Kon-zertsaal). Nach dem Kronprinzen-, dem Prinzessinnenpalais und dem Zeughaus ist die Königliche Ho-foper der vierte Prachtbau Unter den Linden. In der Nacht vom 18. zum 19. August 1843 brannte das Opernhaus bis auf die Grundmauern nieder. König Friedrich Wilhelm IV. beschloss den sofortigen Wiederaufbau. Nach Plänen des Architekten Carl Ferdinand Langhans wurde das Opernhaus bereits

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nach etwas mehr als einem Jahr (!) mit Giacomo Meyerbeers „Ein Feldlager in Schlesien“ neu eröff-net. (Man vergleiche die Daten mit der unverschämt langen und kostspieligen Reko-Bauphase der Linden-Oper für 400 Millionen Euro in unseren Tagen!)

7.Dezember 1817 (200): König Friedrich Wilhelm III. verbietet nach dem Wartburgfest vom 18. Okto-ber 1817 in Preußen alle studentischen Vereinigungen. Die Turnerbewegung lässt er unter Polizeiauf-sicht stellen.

11.Dezember 1687 (330): Die Dorotheenstädtische (Neustädtische) Kirche wird in Gegenwart des Kurprinzen Friedrich eingeweiht.

13.Dezember 1347 (670): Der Rat zu Berlin und Cölln wird gemahnt, sofort die dem Landesherrn schuldigen, bereits zu Martini fällig gewesenen 150 Mark Orbede (Steuer) zu zahlen.

13.Dezember 1872 (145): Die neue preußische Kreisordnung wird im Gesetzblatt publiziert. Sie tritt am 1. Januar 1874 in Kraft. Auf dieser Grundlage werden u.a. Zehlendorf, Schönow und der Gutsbe-zirk Düppel zu einem Amtsbezirk vereinigt.

13. Dezember 1882 (135): Kronprinz Friedrich Wilhelm (Friedrich III.) übernimmt das Protektorat über die Arbeiterkolonie Wilhelmsdorf.

15.Dezember 1732 (285): Carl Gotthard Langhans erblickt im schlesischen Landeshut (seit 1945: Ka-mienna Góra) das Licht der Welt. Der Architekt und Baumeister wird 1785 als Geheimer Kriegsrat und Direktor des Oberhofbauamtes nach Berlin berufen. Zu seinen Hauptwerken gehört u. a. das Bran-denburger Tor.

15.Dezember 1777 (240): In einer Kabinettsorder fordert König Friedrich II., dass die Eleven der Bergakademie die Hilfswissenschaften auf den Universitäten vorher studiert haben, den Betrieb ei-nes Berg- und Hüttenwerkes kennen und mit Gebirgsgegenden vertraut sind.

16.Dezember 1742 (275): Geburt von Gebhard Leberecht von Blücher, Fürst von Wahlstatt in Rostock. Der preußische Generalfeldmarschall überragt in bedeutenden Schlachten (Waterloo). Sei-ner offensiven Truppenführung verdankt er den populären Beinamen Marschall Vorwärts. Er stirbt 12. September 1819 im schlesischen Krieblowitz, seitdem auch als Blüchersruh bezeichnet (seit 1945: Krobielowice).

16.Dezember 1832 (185): Wilhelm Julius Foerster wird im schlesischen Grünberg (seit 1945: Zielona Góra) geboren. Der Astronom Foerster leitet von 1865 bis 1903 die Berliner Sternwarte.

17.Dezember 1677 (340): Kapitulation der schwedischen Besatzung in Stettin (seit 1945: Szczecin).

19.Dezember 1882 (135): Kurt Neumann (späterer Doppelname Neumann-Kleinpaul) wird im west-preußischen Marienburg (seit 1945: Malbork) geboren. Neumann wird 1919 als ordentlicher Profes-sor an die Tierärztliche Hochschule in Berlin berufen.

20.Dezember 1387 (630): Die Brüder Hans und Ulrich von Bieberstein, Herren zu Beeskow und Stor-kow, verpfänden gegen Zahlung von 520 Groschen das Schloss und die Stadt Köpenick nebst Orbede (eine jährlich zu zahlende Steuer) und Gerichtsbefugnis an den Berliner Rat.

21.Dezember 1702 (315): König Friedrich I. erlässt ein „Patent, wegen Bestrafung derer, so an denen auf der Straße in Residentzen stehenden Laternen sich vergreifen“. Diese „Freveltaten“ werden mit Leib- und Lebensstrafen geahndet. Anzeiger erhalten eine Belohnung von 10 Rtl.

23.Dezember 1697 (320): Der Archivar beim Geheimen Staatsarchiv zu Berlin, Hermann von Recke, erhält seine Bestallung als neumärkischer Regierungsrat in Küstrin (seit 1945: Kostrzyn nad Odrą) und gibt seine Tätigkeit im Archiv auf.

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25.Dezember 1817 (200): Der Prediger Louis Saunier hält an der Französischen Kirche in der Berliner Klosterstraße, von der Französischen Gemeinde gewöhnlich kurz Klosterkirche genannt, die erste deutsche Predigt.

26.Dezember 1842 (175): Gustav Jänisch wird im schlesischen Bunzlau (seit 1945: Boleslawiec) gebo-ren. Ab 1872 ist er als Lehrer im Berliner Schuldienst tätig. Das langjährige Mitglied des Berliner Lehrervereins wird im Januar 1927 dessen Ehrenmitglied.

26.Dezember 1817 (200): Abreise des Prinzen Wilhelm (I.) aus Moskau nach siebenmonatigem Auf-enthalt in Russland.

28.Dezember 1887 (130): Werner Kolhörster wird im schlesischen Schwiebus (seit 1945: Świebodzin) geboren. Der Physiker arbeitet ab 1935 in Berlin auf den Gebieten Geo- und Strahlungsphysik und wird Direktor des Instituts für Höhenstrahlungsforschung in Dahlem.

30.Dezember1762 (255): Beginn der Friedenskonferenz auf dem sächsischen Schloss Hubertusburg zwischen Preußen, Österreich und Sachsen. Die am 15.Februar 1763 unterzeichneten Verträge been-den den Siebenjährigen Krieg, werden von Friedrich dem Großen am 21. Februar 1763 und von Maria Theresia drei Tage darauf ratifiziert und treten am 1. März 1763 in Kraft. Große Friedensfeiern finden überall in Europa statt.

30.Dezember 1812 (205): Der preußische Generalleutnant Johann David von Yorck und der russi-schen Generalmajor Hans Karl von Diebitsch schließen in der Poscheruner Mühle beim damals russi-schen Tauroggen die Konvention von Tauroggen ab, an deren Zustandekommen der ebenfalls in rus-sischen Diensten stehende spätere preußische General Carl von Clausewitz und der Generalgouver-neur von Livland und Kurland in Riga, Marquis Paulucci, maßgeblichen Anteil haben. Die Vereinba-rung, zunächst von Friedrich Wilhelm III. abgelehnt, gilt als Auslöser des Aufstandes gegen die franzö-sischen Besatzer, der zu den Freiheitskriegen gegen das napoleonische Frankreich führte.

Mit der Wende 1990 kam auch für die Probierstube in der Mauerstraße das Ende

30.Dezember 1822 (195): August Wilhelm Kahlbaum wird in Berlin geboren. Er übernimmt 1847 die von seinem Vater 1818 in der Münzstraße 19 gegründete Spiritusfabrik und wandelt sie ab 1859 zu einem modernen Unternehmen um. 1870 eröffnet er eine zweite Fabrikationsstätte für Industrie-chemikalien in der Schlesischen Straße, die unter Leitung seines Sohnes Johannes 1884 nach Adlers-hof umzieht. 1927 gehen die Anlagen in den Besitz der Schering AG über, die als Schering-Kahlbaum AG firmieren. Noch bis 1989 erinnert die Julius-Kahlbaum-Probierstube in der Mauerstraße (unser Bild) an die traditionsreiche Berliner Brennerei.

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Beilage zu Silvester 2017:

Preußens Witz und Anekdoten damals und heute

Tausende Silvesterpartys verwandeln Berlin wenigstens am letzten Tag des Jahres in eine quirlig-aufregende Stadt, die manch Gemüllertes und Gemerkeltes aus dem Waesemann- und dem Wallot-Bau vergessen lassen. Die größte steigt mit Musik, Shows, Tanz und einem knallbunten Feuerwerk zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule. Mit solchen Wortkaskaden werben die Veranstalter: „Zu dem grandiosen Silvester-Spektakel werden am Brandenburger Tor bis zu einer Million Besucher aus aller Welt erwartet, die auf der zwei Kilometer langen Partymeile bis zur Siegessäule zu fetten Beats und tollen Live-Bands die Hüften kreisen lassen. Und das bei freiem Eintritt. Wer in Berlin lebt oder Berlin besucht, der muss Silvester am Brandenburger Tor auf jeden Fall einmal erlebt haben! Wie üblich wird ein TV-Bühnenprogramm mit nationalen und internationalen Musikstars und Live-Acts von Klassik bis Pop die Säulen des Brandenburger Tors zum Zittern bringen.“ Auf Feten in Stra-ßen, auf Plätzen und in vielen der etwa 1, 8 Millionen Haushalte sowie in Theatern, Kabaretts, Muse-en, Hotels, Gaststätten, Kneipen und sonstwo schießt mit zunehmender Annäherung an den ominö-sen Mitternachts-Glockenschlag nicht nur der Alkohol-Pegel in die Höhe, sondern treiben Humor, Witz, Satire und gutmütiger Flachs sonst selten gehörte Blüten – frei nach dem Motto: „Keen Zahn im Maul, aba lachen.“ Gut, gut, lachen wir einfach mal mit…)

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Diese Sentenz kann sich kaum auf den Berliner Witz beziehen. Legt ein richtiger Berliner richtig los, bleibt keine Augen trocken. Die des Erzählers vor Stolz, genial witzig gewesen zu sein, die des getroffenen Zuhörers, der übel nimmt, und die der Schadenfreudigen. Berliner Witz paart sich mit Schlagfertigkeit, kritischer Skepsis und oft spitzfindiger Übertreibung. Mitunter ist er nur deshalb ein Witz, weil er einen Zustand knapp und präzise beschreibt - was Kaba-rett-Generationen aus dem Effeff beherrsch(t)en. Weil der Berliner nicht nur im Witz gern kräftig austeilt, hält er in der Beliebtheitsskala der deutschen Stämme nicht gerade den Spitzenplatz inne. Vor Beispielen preußisch-deutschen-berlinischen Humors wollen wir uns dem Gegenstand unserer Aufmerksamkeit historisch nähern. Gemach, wir beginnen nicht ganz bei Adam und Eva, sondern erst im Dreißigjährigen Krieg. Damals soll der Berliner Witz, will uns ein Humorforscher weismachen, als Überlebenselexier gegen Pest, Cholera und marodierende Soldateska entstanden sein. Andere mei-nen, witzig seien die Berliner erst mit dem Zuzug der Hugenotten auf Einladung des toleranten Gro-ßen Kurfürsten geworden. Der berlinische Oberhumorist Adolf Glassbrenner schwor bei Eckensteher Nante, dass Friedrich der Große derjenige gewesen sei, dem die Berliner Schnauze (mit Zahn) zu ver-danken ist. Schlag nach beim märkischen Forscher, Historiker und Dichterkönig Theodor Fontane. Den erwähn-ten Spekulationen erteilt er eine klare Abfuhr: Man habe die Ironie der Berliner „auf den märkischen Sand, auf die Dürre des Bodens, auf den Voltairismus König Friedrich II. oder auch auf die eigentümli-che Mischung der ursprünglichen Berliner Bevölkerung mit französischen und jüdischen Elementen zurückführen wollen - aber, wie ich glaube, mit Unrecht“. In seinem Aufsatz „Die Märker und die Berliner und wie sich das Berlinertum entwickelte“ tat er 1889 den Berliner kund, das Berlinertum stamme nicht aus sich selbst, sondern aus dem „spezifisch Märkischen“, vornehmlich aus dem König-sitz Potsdam-Sanssouci. Damit bewies er mannhaften Mut, sind doch die Berliner bis heute der fes-ten Überzeugung, die umliegende Mark Brandenburg berlinisch geprägt zu haben. Denkste. Umge-kehrt wird ein Schuh draus. Meint Theodor…

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Fontane führt als Beispiel frühen Berliner Witzes die schlagfertige Antwort eines Generals an, den sein König foppend gefragt hatte, wieviel er denn bei der Hubertusburger Plünderung (siehe unsere Preußischen Daten wenige Seiten zuvor!) herausgeschlagen habe: „Das müssen Majestät am besten wissen; wir haben ja geteilt.“ Ausgediente Grenadiere, so der märkische Dichter, hätten den Berli-nern eine „zynisch rücksichtslose Sprache“ vermittelt und den berlinischen Raisoniercharakter be-gründet. Schließlich definiert er, was das „moderne Berlinertum“ ausmacht: „ein eigentümliches Etwas, drin sich Übermut und Selbstironie, Charakter und Schwankendheit, Spottsucht und Gutmü-tigkeit, vor allem aber Kritik und Sentimentalität die Hand reichen, das...weit über den unmittelbaren Stadtkreis hinaus seine Wirkung äußert.“ Das gilt bis heute. Ist aber selten geworden. Lassen wir also den Berliner Humor knallen, zischen, brummen oder manchmal vielleicht auch lang-weilen; denn nach wie vor gibt es sone und solche Witze, Witzchen, Anekdoten, Schnurren und der-gleichen. Eine kleine Auswahl „quer durch den Humorgarten“ zum an- oder abgewöhnen. Übrigens: Übelnehmen gilt nicht! Schon gar nicht zu Silvester. Und auf unseren beliebten Sonderseiten „Preu-ßen in Witz und Anekdoten“.

Hör uff zu betteln, Franz-Wilhelm, wir jehn ja jemeinsam bei die Fete ant Brandenburja Dor

ÜBER KÜNSTLER, ÄRZTE UND ZERSTREUTE Lovis Corinth porträtierte einen Berliner Banker. Fragt ihn ein Freund, wie das Bild „angekommen“ sei. Darauf der Maler: „Die Familje hat jeweent und jesacht, se hätten ja nich jewußt, wie häßlich ihr Vata is.“

♥♥♥ Christian Rauch (Reiterstandbild von Friedrich II. Unter den Linden) übertraf an Popularität bald sei-nen Lehrer Johann Gottfried Schadow (Quadriga auf dem Brandenburger Tor). Ob ihn das quäle, wurde der Ältere gefragt. „Wieso sollte ich? Mein Ruhm ist in Rauch aufgegangen.“

♥♥♥ Über den Maler Willi Sitte: Lieba vom Leben jezeichnet als von Sitte jemalt.

♥♥♥ Ernst Ludwig Heim, populärer Volks- und Fürstenarzt, empfing eine Dame, die oft unter Kopfschmer-zen litt. Sie: „Stimmt det, dass dajejen Sauakohl uffm Kopp hilft? Er: „Stimmt jenau, Jnädichste, aba nur, wenn se ‘ne Bratwurscht zulejen.“

♥♥♥ Arzt zur Patientin: „Ick kann den Rezept nich ausschreim, mein Kugelschreiba is wech.“ Patientin zum Arzt: „Den ham se mir doch zum Fiebamessen untan Arm jesteckt.“

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♥♥♥ Studenten über einen zerstreuten Mathematik-Professor von der Humboldt-Universität: Der sacht A, scheibt B, meent C, rechnet D, aba E wäre richtich jewesen.

ALLTÄGLICHES Kommt ein stark beleibter Herr zu einem Taxi und versucht, sich hineinzuwürgen. Fragt der Fahrer: „Watt denn, wolln se etwa janz mit?“

♥♥♥ Sie: „Früha haste mir imma umarmt.“ Er: „Ja früha; aba meen Arm is nich mitjewachsen.“

♥♥♥ Starrt ein Schwein tiefsinnig auf eine Steckdose und fragt: „Mensch Kumpel, warum ham se dir denn einjemauat?“

♥♥♥ Fällt eine Tonne mit Salzheringen von einem Lkw auf die Straße, platzt und gibt die Fische frei. Alle sammeln, außer einer. Sein Freund will wissen, warum nicht. „Ick warte uff den Wajen mit die Pell-kartoffeln.“

♥♥♥ Fragt ein Fremdling einen Berliner: „Wissen Sie, wie spät es ist?“ Antwortet der: „Ja“ und geht wort-los weiter.

VOR GERICHT „Angeklagter - arbeiten Sie?“ „Ja, hin und wieda.“ „Und was?“ „Dies und das.“ „Nun denn, jetzt geht es in Gefängnis!“ „Wann komm’ ick wieda raus?“ „Früher oder später“

♥♥♥ Richter in Moabit zum abgerissenen Ladendieb: „Sind Sie erwerbstätig?“ „Aba ja doch.“ „So, so, als was denn?“ „Als Arbeitjeba.“ „Sie Scherzbold - wem geben Sie denn Arbeit?“ „Na Ihnen.“

♥♥♥ Ein gefürchteter Berliner Strafrichter zum Verteidiger nach dessen Plädoyer: „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, muss ich den Angeklagten jetzt wohl heilig sprechen.“

IN SCHWERER ZEIT Über die Nazi-Spitze: Blond wie Hitla, schlank wie Jöring und schnell wie Joebbels.

♥♥♥ Vor Kriegsschluss träumen zwei Freunde: „Wenn der Schlamassel vorbei is, mach ick’ne Radtour durch janz Deutschland.“ Fragt der andere: „Und wat machste am Nachmittach?“

♥♥♥ Schneidiger Offizier 1937 in einer Berliner Bar zur Barfrau, in der er eine Jüdin zu erkennen glaubt: „Sarah, geben Sie mir einen Cocktail.“ Darauf die Angesprochene: „Mein Herr, Sie irren - es war Re-becca, die Kamele tränkte.“

OST-WESTIGES

Besucht zu DDR-Zeiten ein Münchener Kabarettist die Ost-Berliner „Distel“ in der Friedrichstraße und sagt zu seinen Kollegen: „Bei uns sitzt Strauß im Publikum, und wir greifen ihn an. Was macht Ihr, wenn Honecker im Publikum sitzt?“ Antwortete der Ost-Kollege: „Wir greifen Strauß auch an.“

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♥♥♥ Streiten sich auf dem Ku-Damm ein Ostler und ein Westler. Einer will mit dem bekannten Satz ver-söhnlich werden: „Wir sind ein Volk!“ Erwidert der andere: „Wir auch!!“

♥♥♥ Gebet in Ost-Berlin: Gott schütze uns vor Sturm und Wind und vor den Wessis, die im Osten sind. Gebet in West-Berlin: Gott schütze uns vor Sturm und Wind und vor den Ossis, die im Westen sind. Schiller: Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr.

Nun uff Deibel komm raus: Rin inne Politik

Fraktionsvorsitzender/innen und Mitglieder/innen der Parteien

Wähler/innen auf dem Weg zur Wahlurne. Rechts oben:

ein Vertreter der politikverbundenen Kläffer-Medien

Berliner-Vorortbahn im Berufsverkehr Benziner adieu!

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Behörde: Wunsch und Wirklichkeit

Wir wern den Klima schon bändijen

Am 1. Januar 2018 hinterm Brandenburger Tor nach der Silvester-Party

Doch jetzt zurück ins Preußische

KAVALIERE Eines Tages kam ein sehr eleganter Herr zum Herrn Obersten v. Nagel und bat um eine Un-terredung. Eine Viertelstunde später geleitete der Oberst seinen Besucher an die Tür und sagte: „Herr Baron - so peinlich der Fall ist -, seien Sie versichert: was an mir liegt, wird ge-wiss geschehen, um die Angelegenheit in Ordnung zu bringen."

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Am Nachmittag ließ der Oberst v. Nagel seine Offiziere antreten. Und hielt eine lange Rede an sie. Der Herr Oberst sprach von einem gebeugten Vater, der um das Glück seiner Tochter zittere ... Und der Herr Oberst sprach von den Pflichten des Kavaliers - einer Dame gegen-über, die vielleicht in einem Augenblick des Selbstvergessens zu weit gegangen sein könnte - eben mit diesem Kavalier. Und der Herr Oberst sagte: er wolle keinen Namen nennen und die Angelegenheit überhaupt möglichst diskret behandeln - der betroffene Herr würde schon selbst fühlen, was er zu tun hat. Am selben Abend hielten drei Leutnante und fünf Rittmeister um die Hand der Obersten-tochter an.

Roda Roda

PROBATES MITTEL Ein junges Weib wurde täglich von ihrem Manne geschlagen; und da ihr das nicht wohltat, so klagte sie es einer älteren Frau, die man wegen ihrer Klugheit allgemein rühmte. Diese sagte: „Liebe Frau Nachbarin, Euer Mann ist besessen, und Ihr müsst ein übernatürliches Mittel dagegen gebrauchen." Sie stellt hierauf eine Flasche Wasser auf den Tisch, ging dreimal um ihn herum, murmelte dabei einige unverständliche Worte und übergab ihr dann dieselbe, indem sie sagte: „Wenn Euer Mann nach Hause kommt und Ihr seht, dass der Teufel in ihm rumort, so nehmt nur davon einen Mund voll und behaltet es so lange drin, bis der Mann ruhig wird." Das junge Weib tat so, wie ihr befohlen; und siehe da, o Wunder, es half; sie bekam keine Schläge mehr, und der Teufel rumorte von Tag zu Tag weniger. Nach und nach wurde jedoch die Flasche leer. Sie lief daher wieder zur Alten und bat sie neuerdings um ihr Zauberwasser. Die Alte aber sagte: „Gute Frau, das braucht Ihr nicht; es tut's ein natürliches Wasser auch aus Eurem eigenen Brunnen. Nehmt jederzeit davon ein Maulvoll, oder - noch besser - haltet das Maul ohne Wasser. Schimpfet, brummet, beffzet nicht, so werdet Ihr mit Eurem Manne in Frieden leben. Das ist die ganze Hexerei."

Ludwig Aurbacher

AUS DEM LETZTEN KRIEGE Den ungeheuersten Witz, der vielleicht, solange die Erde steht, über Menschenlippen ge-kommen ist, hat, im Lauf des letztverflossenen Krieges, ein Tambour gemacht; ein Tambour meines Wissens von dem damaligen Regiment von Puttkamer; ein Mensch, zu dem, wie man gleich hören wird, weder die griechische noch die römische Geschichte ein Gegenstück lie-fert. Dieser hatte, nach Zersprengung der preußischen Armee bei Jena, ein Gewehr aufge-trieben, mit welchem er, auf seine eigne Hand, den Krieg fortsetzte; dergestalt, dass, da er auf der Landstraße alles, was ihm an Franzosen in den Schuss kam, niederstreckte und aus-plünderte, er von einem Haufen französischer Gendarmen, die ihn aufspürten, ergriffen, nach der Stadt geschleppt und, wie es ihm zukam, verurteilt ward, erschossen zu werden. Als er den Platz, wo die Exekution vor sich gehen sollte, betreten hatte und wohl sah, dass alles, was er zu seiner Rechtfertigung vorbrachte, vergebens war, bat er sich von dem Obris-ten, der das Detachement kommandierte, eine Gnade aus; und da der Oberst, inzwischen die Offiziere, die ihn umringten, in gespannter Erwartung zusammentraten, ihn fragte; was er wolle?, zog er sich die Hosen ab und sprach: sie möchten ihn in den A... schießen, damit

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das Fell kein Loch bekäme. Wobei man noch die shakespearische Eigenschaft bemerken muss, dass der Tambour mit seinem Witz aus seiner Sphäre als Trommelschläger nicht her-ausging.

Heinrich von Kleist

Genug gelacht (oder etwa geweint?) Korrekter: fast genug. Doch zunächst - wem nach der Lektüre immer noch nicht zum Lachen zumute ist, der schließe sich vielleicht einem der weltweit verbreiteten Lachclubs an. Der erste wurde vor genau zehn Jahren im indischen Mumbai von Dr. Madan Kataria gegründet. Er entwickelte auf der Grundlage jahrtausendealten Yoga-Wissens und der Gelotologie, der Wissenschaft vom Lachen, eine Methode, die Menschen von ganzem Herzen lachen lässt und damit die Heilkraft des Lachens freisetzt. In vier Clubs lacht es in Berlin, und in Flensburg lädt Ingrid Thomsen, Yoga-Lehrerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie, zur „fröhlichsten Therapie“ der Welt ein. Lachen wirkt gegen Stress, löst Hemmungen auf und fördert das Selbstbewusstsein...Lachen ist gesund, sagt seit langem der Volksmund. Jetzt eilt die Wissen-schaft hinterher.

Peter Mugay

IMPRESSUM:

CHEFREFDAKTEUR (V.I.S.D.P.): PETER MUGAY; [email protected];

( 0173 7089448 ); www.preussische-monatsbriefe.de