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Preußische Monatsbriefe 1 Berichte, Kommentare, Glossen und Despektierliches für aufgeklärte, mündige Schichten Wort des Monats Eine verständige deutsche Politik muss von dem Grund- satze ausgehen, dass die an- deren Nationen so regiert werden, wie es ihrem Be- dürfnis entspricht und in ih- rem Interesse liegt. Otto von Bismarck 1893 Inhalt Seite 2: Rapport zum Tage: Von deutscher Schizophrenie Seite 4: Bismarck und Kant zum Problem Ukraine Seite 6: Mahnung des Großen Kurfürsten von 1658 Seite 6: Zur Wohnungsfrage Seite 9: Patrioten-Passagen: Schleiermacher Seite 10: Preußische Daten: Wrangel setzt über die Schlei Seite 12: Beilage: Preußen lebt trotz Totenscheins Seite 18: Impressum x Zuschriften x Archiv x Bestellung x Abbestellung Vorweg…zunächst zwei Bitten: Haben Sie Anregungen, Wünsche, Kritiken oder gar Lobe für die Preußischen Monatsbriefe, dann teilen Sie uns diese doch bitte mit. Wir stellen uns gern auf Sie ein. Und: Die Ihnen per Mail zugesandten KOSTENLOSEN Monatsbriefe lassen sich unter dieser Internet-Adresse aufrufen: www.Preussische-Monatsbriefe.de Bitte geben Sie diese Adresse an wache Geister weiter. Danke ▼▲▼ Preußen-Freunde können sich freuen: Nach erstaunlich kurzer Bauzeit im Vergleich zum Flughafenprojekt Schönefeld: nach einem wönzigen Augenblick des Errichtens präsentiert sich das Potsdamer Stadtschloss wieder in alter Fassaden-Pracht. So, wie es der preußische Baumeister Knobelsdorff in den Jahren 1744 bis 1751 für seinen Bauherrn Friedrich den Großen aus dem eher schlichten Vorgängerbau zu formen verstand. Meisterlich eben. Zumal er mit der grandiosen Innenausstattung eines der Hauptwerke des Friderizianischen Rokoko schuf. Seinem König indes gelüstete es nach eigenem, nach einem „Lust-Hause zu Potsdam“. Bereits am 13. Januar 1745 ordnete er dessen Bau an. Seine anschaulichen Ent- wurfsskizzen übergab er Knobelsdorff zur Ausführung. Sanssouci verwies das Stadtschloss auf den Rang einer Winterresidenz. Mit Feierlich- und Eitelkeiten wurde das Schloss im Januar 2014 als Sitz des Brandenburger Landtages mit fadem Plenarsaal seiner Bestimmung übergeben. Der Tektoi (Führer) der Bauleute Peter Kulka spreizte sich, als stünde er mit Baumeister Knobelsdorff auf einer Höhe. Bescheiden nahm dagegen Software-Milliardär Hasso Plattner den Dank für seine zwei Spenden von insgesamt knapp 22 Millionen Euro entgegen, die den Wie- deraufbau ermöglicht hatten. Man wünschte sich mehr solcher abgebefreundliche Milliardäre im Land. Und vor allem Abgeordnete, die sich vom Genius loci und von der Staatskunst Friedrichs des Großen in- spirieren ließen. Die Schriftleitung No. 29 / Februar 2014

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Preußische Monatsbriefe

1

Berichte, Kommentare, Glossen und Despektierliches für aufgeklärte, mündige Schichten

Wort des Monats Eine verständige deutsche

Politik muss von dem Grund-satze ausgehen, dass die an-

deren Nationen so regiert werden, wie es ihrem Be-

dürfnis entspricht und in ih-rem Interesse liegt.

Otto von Bismarck 1893

Inhalt Seite 2: Rapport zum Tage: Von deutscher Schizophrenie Seite 4: Bismarck und Kant zum Problem Ukraine Seite 6: Mahnung des Großen Kurfürsten von 1658 Seite 6: Zur Wohnungsfrage Seite 9: Patrioten-Passagen: Schleiermacher Seite 10: Preußische Daten: Wrangel setzt über die Schlei Seite 12: Beilage: Preußen lebt trotz Totenscheins Seite 18: Impressum x Zuschriften x Archiv x Bestellung x Abbestellung

Vorweg… …zunächst  zwei  Bitten:  Haben  Sie  Anregungen,  Wünsche,  Kritiken  oder gar Lobe für die Preußischen Monatsbriefe, dann teilen Sie uns diese doch bitte mit. Wir stellen uns gern auf Sie ein. Und: Die Ihnen per Mail zugesandten KOSTENLOSEN Monatsbriefe lassen sich unter dieser Internet-Adresse aufrufen:

www.Preussische-Monatsbriefe.de Bitte geben Sie diese Adresse an wache Geister weiter. Danke

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Preußen-Freunde können sich freuen: Nach erstaunlich kurzer Bauzeit – im Vergleich zum Flughafenprojekt Schönefeld: nach einem wönzigen Augenblick des Errichtens – präsentiert sich das Potsdamer Stadtschloss wieder in alter Fassaden-Pracht. So, wie es der preußische Baumeister Knobelsdorff in den Jahren 1744 bis 1751 für seinen Bauherrn Friedrich den Großen aus dem eher schlichten Vorgängerbau zu formen verstand. Meisterlich eben. Zumal er mit der grandiosen Innenausstattung eines der Hauptwerke des Friderizianischen Rokoko schuf. Seinem König indes gelüstete es nach eigenem,  nach  einem  „Lust-Hause zu Potsdam“.  Bereits  am 13. Januar 1745 ordnete er dessen Bau an. Seine anschaulichen Ent-wurfsskizzen übergab er Knobelsdorff zur Ausführung. Sanssouci verwies das Stadtschloss auf den Rang einer Winterresidenz. Mit Feierlich- und Eitelkeiten wurde das Schloss im Januar 2014 als Sitz des Brandenburger Landtages mit fadem Plenarsaal seiner Bestimmung übergeben. Der Tektoi (Führer) der Bauleute Peter Kulka spreizte sich, als stünde er mit Baumeister Knobelsdorff auf einer Höhe. Bescheiden nahm dagegen Software-Milliardär Hasso Plattner den Dank für seine zwei Spenden von insgesamt knapp 22 Millionen Euro entgegen, die den Wie-deraufbau ermöglicht hatten. Man wünschte sich mehr solcher abgebefreundliche Milliardäre im Land. Und vor allem Abgeordnete, die sich vom Genius loci und von der Staatskunst Friedrichs des Großen in-spirieren ließen. Die Schriftleitung

No. 29 / Februar 2014

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Rapport zum Tage

Deutsche Schizophrenie: Gedenken an Opfer des Bombenterrors soll verhindert werden

Bewegende, nachdenklich stimmende Zeilen standen dieser Tage in der eher konservativen Berliner Zeitung „Tagesspiegel“ zu lesen. Geschrieben von der libanesischen Journalistin Patricia Khoder. Sie ist Reporterin der libanesischen Zeitung „L’Orient Le Jour“. In ihrem Gast-Beitrag heißt es u. a.:

„Die Deutschen reden nicht über das Leid nach dem Krieg, darüber, wie es war, in einem besetzten, geteilten Land zu leben, sie stellen nicht, oder sehr selten, die brutalen Bombenangriffe auf ihre Städte infrage, auch die Vertreibung ist kein Thema, und dass sie sich noch bis vor kurzem schämten, die deutsche Flag-ge zu zeigen, hört man auch nicht. Dabei sind Millionen Deutsche im Krieg um-gekommen.

Warum haben sich die Deutschen nie beschwert und warum tun sie es bis heute nicht? Warum sind sie so still? Sie sind natürlich anständig und zurückhaltend, vor allem aber fühlen sie sich schrecklich schuldig und deshalb ist es ihnen lieber, über ihr eigenes Leid zu schweigen – Leid, das nichts mit dem der Juden, Polen oder der anderen Nationen, die Opfer der Deutschen wurde, zu tun hat.“

Unmittelbare Antwort gab ihr ein Leser: „Zustimmung insbesondere zu dem Satz: auch die Vertreibung ist kein Thema. Bis heute ist es fast unmöglich, das Thema anzu-schneiden, ohne dass man verdächtigt wird, damit das Leid anderer Opfer relati-vieren oder gleich den dritten Weltkrieg vom Zaun brechen zu wollen. Solange sich daran nichts ändert, kann man wohl kaum von einem normalen Verhältnis der Deut-schen zu ihrer Geschichte und sich selbst sprechen…So lange Politiker und Medien darauf automatisch mit ‚Aber wir haben ja auch...’ reagieren, wird sich nichts normali-sieren. Verantwortungsbewusstsein ist gut und wichtig - das gilt aber auch gegenüber dieser Opfergruppe.“

Gleiches gilt ebenso für die unübersehbar große Op-fergruppe des infernalen Bombenterrors gegen deut-sche Städte. In Hamburg, Berlin, Lübeck, Nürnberg und vielen anderen Orten sind zielbewusst vor allem Zivi-listen dem Feuer- und Explosionstod ausgeliefert wor-den. Zivilisten - das waren zumeist Frauen, Kinder und Alte. Männer und Jugendliche kämpften an den Fron-ten. Insgesamt sollen bis zu 600.000 Zivilisten, darun-ter 80.000 Kinder, in den Tod bombardiert worden sein. Die tatsächliche Opferzahl wird nach so genann-ten neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen immer weiter nach unten korrigiert. Vernichtet wurden nicht nur Menschenleben, sondern über Jahrhunderte gewachsene Altstädte mit ihren oft ruhmvollen Bauten. Hunderte Dome und Kirchen zerbarsten oder verbrannten, ohne daß auch nur eine einzige von ihnen die politische und mediale Aufmerksamkeit erringen konnte, die der Coventry Cathedral seit Jahrzehnten zuteil wird. Sind die preußisch-deutschen Gotteshäuser nicht auch zum

Mutter und Kind im Bombenkrieg

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Ruhme des Herrn (und nicht Hitlers) errichtet worden, wie die längst politisch instrumentalisierte in Coventry?

Nehmen wir Magdeburg als ein aktuelles Beispiel für deutsche Schizophrenie, wie sie von der libane-sischen Journalistin angesprochen wird. Nach der völligen Verwüstung im Dreißigjährigen Krieg wur-de die Stadt an der Elbe zur stärksten Festung des Königreichs Preußen ausgebaut. Zwischen 1646 bis 1678 war jener Otto von Guericke Bürgermeister von Magdeburg, der die berühmten Vakuumversu-che mit den Magdeburger Halbkugeln ausführte. Die Stadt am Schnittpunkt von Elbe, Elbe-Havel- und Mittellandkanal prosperierte. Doch am 16. Januar 1945 erlebte sie ihren absoluten Tiefpunkt, als die britische Royal Air Force einen vernichtenden Terrorangriff flog: Etwa 2 500 Menschen kamen ums Leben, 190.000 wurden ausgebombt. Etwa 90 Prozent der Altstadt - darunter 15 Kirchen – wur-den zerstört. Ebenso die Gründerzeit-Viertel, der Stadtteil „Nordfront“ und der Breite Weg, eine der schönsten Barockstraßen Deutschlands. Noch heute sind Lücken zu sehen, die der Angriff schlug.

Verehrte Frau Patricia Khoder, der Opfer dieses – wie Sie formulieren - brutalen Bombenangriffs vor 69 Jahren wollten Deutsche unter dem Motto „Wider das Vergessen“ gedenken, wie Sie anregen. Wissen Sie, was geschah? Andere Deutsche stellen sich ihnen am 18. Januar in großer Überzahl ent-gegen und behinderten das Gedenken. Sie blockierten sogar den Eisenbahnverkehr und lieferten sich mit der Polizei heftige Auseinandersetzungen, bei denen zwölf Beamte verletzt wurden. Der Ober-bürgermeister der Stadt Lutz Trümper sprach im Blick auf die Gedenkwilligen von „menschenverach-tendem Ungeist“.

Warum wurde versucht, das Gedenken an die Bombenopfer zu verhindern? Weil den einen Deut-schen die politische Haltung der anderen Deutschen nicht zusagt. Glauben Sie bitte nicht, verehrte Frau Patricia Khoder, dass die Gedenkenverhinderer auch nur einen Gedanken an die 2 500 in einer britischen Bomberaktion verbrannten, erstickten, verbluteten Frauen, Kinder und Alten verschwen-det hätten. Nein, sie feierten sich als edle Demokraten, die dem politischen Gegner eins ausgewischt haben.

Gedenken an die Bombenopfer findet in Deutschland nicht, wie Sie zu Recht beklagen, oder auf Zuteilung je nach poli-tischer Gesinnung statt. Beo-bachten Sie bitte mit scharfen Reporteraugen, was sich aus gleichem Anlass am 13. Febru-ar 2013 vor der Frauenkirche in Dresden abspielen wird: Wie-der werden die einen Deutsche anderen Deutschen ein Geden-ken an das mörderische Infer-no britischer und US-amerikanischer Bomber zu

verhindern versuchen. Bei deren vier Angriffswellen vom 13. bis 15. Februar 1945 verloren Tausende ihr Leben. Wurde zeitnah (!) zum Geschehen die Zahl von bis zu 350 000 Toten genannt, führte der Report of the Joint Relief 1941–1946 des Internationalen Roten Kreuzes rund 275 000 Opfer an. Man könnte meinen: Je tiefer die innige Freundschaft zu den Siegern entwickelt wurde, desto deutlicher sank die Zahl. Sie steht gegenwärtig bei maximal 25 000. In fünfzig Jahren gelten vielleicht nur noch die abgeschossenen alliierten Piloten als Opfer von Dresden.

Zum Glück, liebe Frau Patricia Khoder, sind nicht alle Deutschen untertan – wem gegenüber auch immer. Gustav von Trump

Nach einem Bombardement: geborgene Opfer in einer Turnhalle

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„Wir sollten vor unserer eigenen Tür fegen“ Bismarck und Kant zur deutschen Einmischung in der Ukraine

Ungezügelt mischt sich die Bundesrepublik Deutschland mit imperialem Gestus in die inneren Belange des unabhängigen und souveränen Staates Ukraine ein, der von einer demokratisch gewählten Regierung mit satter Mehrheit geführt wird. Ungeniert erklärte die Bundeskanzlerin: „Wir erwarten von der ukrainischen Regierung, dass sie die demokratischen Freiheiten – insbe-sondere die Möglichkeit zu friedlichen Demonstrationen – sichert, dass sie Leben schützt, dass Gewaltanwendung nicht stattfindet.“ Der Außenminister bestellte den ukrainischen Botschafter ein, um ihm die Leviten zu lesen, weil das von ihm vertretene Land eine an eigene Interessen gebundene selbständige Politik betreibt. Die Kanzler-Partei schulte im Berliner Konrad-Adenauer-Haus politisch einen intellektuell dürftigen Preisboxer, der in Kiew in einer Reihe mit brutal vorgehenden Putschisten/Terroristen und Antisemiten gegen die demokratisch gewählte Regierung steht. Bei den drei Kiewer Bürgermeisterwahlen seit 2006 scheiterte der in Deutsch-land Gehätschelte kläglich. Und die deutschen Medien gießen kübelweise Schmutz auf die ge-wählte Regierung und Gallonen Benzin ins Feuer der Terroristen. Die Machart des Ganzen erin-nert fatal an das Schicksal schließlich niedergemetzelter Länder, die nicht willig waren, sich fremden Interessen zu beugen. Diese richteten sich damals auf die Kornkammer Ukraine, heute auf riesige Erzlager und vor allem auf die geostrategische Lage an der Grenze zum verhassten Russland.

Der deutschen Kanzlerin, dem deutschen Außenminister und weiteren willigen deutschen Politi-kern und Medienleuten sei zur historischen Auffrischung aus dem Internet-Lexikon Wikipedia zitiert: „Während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg (1941 bis 1943/44) stand die damalige Ukraine als Reichskommissariat Ukraine zum größeren Teil unter deutscher Zivilverwal-tung. Die Ukraine war Schauplatz zahlreicher Massenmorde an Juden und sowjetischen Kriegsge-fangenen (Massaker von Babi Jar). Während der Besetzung kam es besonders im Osten und Sü-den der Ukraine zu Hungersnöten, da die Deutschen der Bevölkerung die Nahrung entzogen (Ba-cke-Plan) und die Ernteerträge nach Deutschland brachten. Zwischen Dezember 1941 und Au-gust 1942 verhungerten aufgrund dieser Ausplünderung allein in Charkow mehr als 12 000 Men-schen. Zahlreiche Ukrainer wurden als Ostarbeiter nach Deutschland verschleppt. Der Zweite Weltkrieg forderte in der Ukraine etwa 6,5 Millionen zivile Todesopfer, davon etwa 750 000 bis eine Million jüdische Ukrainer. Fast die gesamte jüdische Bevölkerung, sofern nicht geflohen, wurde ausgelöscht. Viele Dörfer und Städte wurden 1943 beim Rückzug der deutschen Wehr-macht zerstört. Es gab 1945 in der Ukraine etwa zehn Millionen Obdachlose.“ Gibt es eigentlich so etwas Ähnliches wie ein politisches Schamgefühl? Ja, gibt es. Sogar über-bordendes, wenn man an Israel denkt. Sollte das nicht auch für Ukraine und Russland gelten?

Mehr noch. Ist Deutschland im Zuge der Globalmerikanisierung der internationalen Politik ge-zwungen, den Wild-West-Politik-Stil des Leitstaates zu übernehmen? Einmischung – bis hin zu militärischen Einsätzen - in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates? Diese Politik dient nicht eigenen Interessen, sondern hilft mit, Begehrlichkeiten anderer zu erfüllen.

Lassen wir einen deutschen Politiker von Rang und mit Namen antworten, weil von heutigen Politikern und Medien eine befriedigende Antwort nicht erwartet werden kann. Leider. Bismarck griff 1893 scharf die „alte, unpraktische, deutsche Neigung“ an, „sich den Kopf der fremden Staa-ten über deren innere Zustände zu zerbrechen, wie dies…zu unserem Schaden…geschehen ist“. Seine Maxime lautete: „Eine verständige deutsche Politik muss von dem Grundsatze ausgehen, dass die anderen Nationen so regiert werden, wie es ihrem Bedürfnis entspricht und in ihrem

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Interesse liegt.“ Es könne nicht sein, anderen „die Segnungen des Liberalismus an der Spitze deutscher Heere aufzudrängen“…“Wir sollten sie ruhig gewähren lassen, vor unserer eignen Tür fegen und unsere Politik lediglich an unserem deutschen Interesse einrichten.“

Einsichtig ist, dass die arrogante Einmischungs-Masche auch diametral gegen Immanuel Kants 1785 formulierten Kategorischen Imperativ steht, den wir an dieser Stelle vom Individuum auf den Staat beziehen: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Wie wohl würden deutsche Politiker und Me-dien gegen Aufwiegler, Putschisten resp. Terroristen vorgehen, die rund um den Reichstag und das Kanzleramt zahlreiche Barrikaden errichteten, Molotow-Cocktails gegen die Polizei würfen und mit ausländischer Unterstützung gegen die frei gewählte Regierung vorgingen, um etwa die politische Forderung nach Austritt aus der EU durchzusetzen?

Wir sollten vor unserer eigenen Tür fegen, empfahl Bismarck. Es wäre gut gewesen, hätte das die Bundeskanzlerin vor ihrem Warnruf an die souveräne ukrainische Re-gierung getan und sich beispielsweise die Bestimmungen des bundesdeutschen De-monstrationsrechts angesehen. Die fol-genden Zitate stammen daraus und nicht etwa aus den entsprechenden ukrainischen oder russischen Vorschriften:

! Grundsätzlich verbietet das Gesetz bestimmten Personengruppen die Veranstaltung von öffentlichen Ver-sammlungen oder die Teilnahme an ihnen.

! Es ist verboten, an derartigen Ver-anstaltungen in einer Aufmachung, die geeignet und den Umständen

nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern, teilzunehmen oder den Weg zu derartigen Veranstaltungen in einer solchen Aufmachung zurückzulegen. Verpönt sind in diesem Fall z. B. Lederhosen oder jede Art von Kleidung, die Schläge dämpft oder gegen Elektroschockwaffen isoliert; jede Art von Schutzhelm (Motorrad oder Fahrradhelm, Industrieschutzhelm, Bergsteigerhelm, Anstoßkappe usw.), Schutzbril-le oder Gesichtsschutz (Gesichtsschutzschirm), Atemschutzmaske, Protektoren wie Knie-schützer, Ellenbogenschützer, Motorradkombi, Mundschutz von Boxern, weiße Maler-kleidung etc. Gefahr läuft auch, wer Sonnenbrille, Schal oder Mütze trägt – sie könnten der Identitätsverschleierung dienen. Wer gegen das Verbot verstößt, muss mit einer Frei-heitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe rechnen.

! Die Polizei darf unter bestimmten Umständen Bild- und Tonaufnahmen von Teilnehmern bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen anfertigen, auch wenn Dritte davon betroffen werden.

Wie aus Kiew und Moskau verlautet, sind dort die Demonstrationsrechte dem westlichen Stan-dard angeglichen worden. Folglich atmen sie gleich ihnen demokratische Freiheit. Oder?

Teutonicus

Kein ukrainischer, kein russischer – ein

deutscher Polizist observiert eine freiheitlich- demokratische Demo

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Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm mahnte bereits 1658: Gedenke, dass du ein Teutscher bist!

Vom Einsatz und von Wirkungen der Propaganda in der Geschichte

2014 liegt der Ausbruch des Ersten Weltkrieges ein Jahrhundert zurück, ein Ereignis, dessen Bedeu-tung kaum unterschätzt werden kann. All die gravierenden politischen Veränderungen im 20. Jahr-hundert hängen letztlich mit diesem Krieg zusammen, den der US-Diplomat und einstige Sicherheits-berater George F. Kennan die „Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts" nannte. Mit ihm begann die Zerstörung der Dominanz Europas als Kontinent und seine schrittweise Überführung in die Abhängig-keit der USA. Freilich aus eigener Schuld: Schon seit 1871 gab es zwischen den Deutschen und Fran-zosen keine Brücken; spätestens ab 1875 wuchsen Differenzen Russlands und Deutschlands, und mit dem Wirtschaftsaufschwung Deutschlands ab 1880 fürchtete zunehmend die britische Weltmacht um den Bestand des Kräftegleichgewichts - der „balance of power - in Europa, die ihre bisherige Vormachtstellung gesichert hatte.

In all diesen Staaten war man unbekümmert genug, auch die militärische Konfrontation nicht zu scheuen, deren Vorboten sich bereits nach der Jahrhundertwende in Chi-na (!), in Nordafrika und auf dem Balkan zeigten. Auf dem Balkan zündete denn auch der Funke, der den Weltkrieg auslöste. Und am Ende dieses furchtbaren Gemetzels - bis dahin ohne Vergleich in der Geschichte - stand der Versail-ler Vertrag und mit ihm die Stigmatisierung des deutschen Volkes; im „Friedensvertrag" musste das Deutsche Reich seine eigene „Kriegsschuld" unterschreiben. Dies war frei-lich nichts weniger als die Abwälzung des je eigenen An-teils an diesem fürchterlichen Kriege auf dessen Verlierer, gestützt auf eine entsprechende Propaganda.

Propaganda ist an und für sich nichts Ungewöhnliches; letztendlich ist unsere gesamte Werbebran-che eine Propagandaapparatur. Aber die Kriegspropaganda der Briten zum und im Ersten Weltkrieg war unübertroffen in der Verdrehung von Tatsachen und in unwahren Behauptungen - über den arglistigen Grundcharakter der Deutschen überhaupt, deren stets aggressive Absichten und hinter-hältige Kriegsführung bis hin zu geradezu peinlichen Unterstellungen. Das wirkt bis heute nach, denn diese in der NS-Zeit und im 2. Weltkrieg erweiterte Kriegspropaganda war dann Inhalt der Umerzie-hung der Deutschen nach 1945; unsere politische Korrektheit balanciert noch immer an deren Grundsätzen entlang.

Zu den Wurzeln dieser Propaganda der Briten gehört die Denkschrift des Sir Eyre Crowe, die ab 1907 zur Grundlage der Außenpolitik des Foreign Office geworden war. Crowe hatte darin unter anderem behauptet, die Deutschen hätten einen staunenswerten Aufstieg vollzogen, in einer „systematischen territorialen Vergrößerung; erreicht in erster Linie durch das Schwert"; sie strebten mit Konsequenz und Energie nach der Vorherrschaft über den europäischen Kontinent; alle Verständigungsversuche Berlins seien Täuschungsmanöver, um die britische Regierung von diesem Faktum abzulenken.

Jeder Kundige, auch in England, wusste indessen, dass von einer „systematischen territorialen Ver-größerung" Deutschlands überhaupt keine Rede sein konnte, und dass von einem Gebrauch der Waf-fen nur im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands gesprochen werden konnte, also von ureigensten Angelegenheiten der Deutschen selbst. Aber noch heute wird auch unter uns der Weg zur deutschen Einheit über die Kriege von 1866 und 1870/71 als problematisch bewertet - als ob nicht andere Nationen, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland voran

Erster Weltkrieg – geschossen

wurde mit Patronen und Propaganda

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(und übrigens auch Nordamerika, wo nahezu zeitgleich der blutige Sezessionskrieg wütete, ohne den die USA aber vermutlich zerfallen wären), ebenfalls nur durch Kriege zur Einheit ihrer Staaten gefun-den hatten.

Der Gebrauch von Propaganda ist nicht neu, im Gegenteil. Er lässt sich bis in das Alte Testament hin-ein zurück verfolgen, die alten Römer waren Meister im Gebrauch der Propaganda, im deutschen Mittelalter schleuderte Kaiser Heinrich IV. die Angriffe Papst Gregors VII. zurück, alles höchst öffent-lichkeitswirksam. In der jüngeren Geschichte dürften die „Reunionen" Ludwigs XIV. Beispiele dafür sein, wie ein mächtiger Potentat seinen Raubzügen ein Mäntelchen der Rechtmäßigkeit umzuhängen versuchte. In diese Zeit fällt auch der publizistische Kleinkrieg zwischen Frankreich und Schweden auf der einen und dem Großen Kurfürsten von Brandenburg auf der anderen Seite.

Eine in mehreren deutschen Auflagen sowie in französi-scher und englischer Übersetzung erschienene Flug-schrift aus der kurfürstlich-brandenburgischen Kanzlei appellierte gegenüber jenen Mächten, die sich nicht allein im Dreißigjährigen Krieg deutsches Land am Rhein und an der Oder angeeignet hatten, sondern ungeniert fortsetzten, an das Rechtsempfinden der „Teutschen". Historiker nennen diese Haltung „reichspatriotisch", weil sie sich auf das Römische Reich deutscher Nation bezog. „Was sind Rhein, Weser, Elbe und Oderstrom nunmehr anders als fremder Nationen Gefangene? Was ist deine Freiheit und Religion mehr, als dass andere damit spie-len?" heißt es in dieser Flugschrift, und weiter: „So ge-denke ein jeder, was er für die Ehre des teutschen Na-mens zu tun habe... Gedenke, dass du ein Teutscher bist." Das war um 1660 natürlich nicht an die breite Masse der Volkes, sondern an die Stände des Reiches, also an Fürs-ten, Städtepatriziate, reichsfreie und sonstige Territori-alherrschaften gerichtet. An jene, die sich entscheiden und sich wirksam einsetzen konnten. Zumal das Reichs-oberhaupt, der Kaiser, häufig nur seine dynastischen Hausinteressen, die Reichsangelegenheiten dagegen sehr lässig verfolgte. Kurfürst Friedrich Wilhelm war auch nicht mit all seinen Zielen erfolgreich, aber gerade sein

Kampf gegen die Schweden und namentlich sein Sieg bei Fehrbellin 1675 brachten ihm im Reich gro-ße Popularität und den Beinamen „Großer Kurfürst" ein. Und aus seinen „Landen" ging dann jenes Königreich Preußen hervor, das 200 Jahre später die „deutschen Lande" zu einigen vermochte. Wenn uns Deutschen noch immer im Gefolge einstiger englischer Propaganda die eigene Geschichte als eine Gruselgeschichte erscheint, so ist es nötig, dem die Tatsachen entgegen zu stellen. Das Deut-sche Reich ist weder durch Eroberungen zustande gekommen, wie Sir Eyre Crowe einst behauptete, noch hatte es eine seine Nachbarn bedrohende Rolle gespielt. Das Deutschland von 1871 bis 1914 war vielmehr so etwas wie der Ruhepol inmitten eines von gegensätzlichen Bestrebungen seiner Nachbarn gekennzeichneten Europa. Dieses Deutsche Reich wies entgegen allen entsprechenden Behauptungen kaum Seiten auf, deren sich die Deutschen zu schämen hätten. Im Gegenteil: Deutsch-land hat nach der Reichsgründung in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur einen Aufschwung ge-nommen, der die 1871 endlich gelungene Bildung des Nationalstaates der Deutschen im Nachhinein mehr als rechtfertigte. Erst kürzlich stellte der Historiker Bernd Sösemann (FU Berlin) in einem Interview heraus: „Das Deut-sche Reich war reich. Seine Wirtschaft, seine Verwaltung, vor allem sein Bildungssystem, das uns bis

Denkmal des Großen Kurfürsten in Minden (Westfalen) mit dem

Text: Gedenke dass du ein Deutscher bist

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heute prägt, waren unglaublich effizient. Das Deutsche Reich war für England Vorbild bis zum Krieg..."

Stellen wir uns endlich unserer eigenen Geschichte. Und machen wir uns das Wort des Großen Kur-fürsten zu eigen: Gedenke, dass du ein Deutscher bist!

H.-J. Winter

Das interessante Dokument:

Friedrich Engels: Zur Wohnungsfrage

Gegenwärtig fehlen in der Bundesrepublik etwa 300 000 Wohnungen, explosionsartig stei-gen die Mieten an. Studien belegen, dass bis 2017 insgesamt 825.000 Wohnungen neu ge-baut werden müssten. Das Problem ist nicht neu. Friedrich Engels, deutscher Philosoph, Gesellschaftstheoretiker und Historiker, veröffentlichte darüber 1872 die Schrift „Zur Wohnungsfrage“. Daraus stammen folgende Auszüge:

Woher kommt nun die Wohnungsnot? Wie entstand sie? Herr 5ax darf als guter Bourgeois nicht wissen, dass sie ein notwendiges Erzeugnis der bürgerlichen Gesellschaftsform ist; dass eine Gesellschaft nicht ohne Wohnungsnot bestehen kann, in der die große arbeitende Mas-se auf Arbeitslohn, also auf die zu ihrer Existenz und Fortpflanzung notwendige Summe von Lebensmitteln, ausschließlich angewiesen ist; in der fortwährend neue Verbesserungen der Maschinerie usw. Massen von Arbeitern außer Arbeit setzen; in der heftige, regelmäßig Wiederkehrende industrielle Schwankungen einerseits das Vorhandensein einer zahlreichen Reservearmee von unbeschäftigten Arbeitern bedingen, andrerseits zeitweilig die große Masse der Arbeiter arbeitslos auf die Straße treiben; in der Arbeiter massenhaft in den gro-ßen Städten zusammengedrängt werden, und zwar rascher, als unter den bestehenden Ver-hältnissen Wohnungen für sie entstehn; in der also für die infamsten Schweineställe sich immer Mieter finden müssen; in der endlich der Hausbesitzer, in seiner Eigenschaft als Kapi-talist, nicht nur das Recht, sondern, vermöge der Konkurrenz, ja auch gewissermaßen die Pflicht hat, aus seinem Hauseigentum die höchsten Mietpreise herauszuschlagen.

In einer solchen Gesellschaft ist die Wohnungsnot kein Zufall, sie ist eine notwendige Institu-tion, sie kann mitsamt ihren Rückwirkungen auf die Gesundheit usw. nur beseitigt werden, wenn die ganze Gesellschaftsordnung, der sie entspringt, von Grund aus umgewälzt wird. Das aber darf der Bourgeois-Sozialismus nicht wissen. Er darf sich die Wohnungsnot nicht aus den Verhältnissen erklären. Es bleibt ihm also kein anderes Mittel übrig, als sie, mit mo-ralischen Phrasen aus der Schlechtigkeit der Menschen zu erklären, sozusagen aus der Erb-sünde…

Wie Proudhon uns aus der Ökonomie in die Juristerei, so versetzt uns hier unser Bourgeois-sozialist aus der Ökonomie in die Moral. Und nichts ist natürlicher. Wer die kapitalistische Produktionsweise, die „ehernen Gesetze" der heutigen bürgerlichen Gesellschaft, für unan-tastbar erklärt, und doch ihre missliebigen, aber notwendigen Folgen abschaffen will, dem bleibt nichts übrig als den Kapitalisten Moralpredigten zu halten, Moralpredigten, deren Rühreffekt sofort wieder durch das Privatinteresse und nötigenfalls durch die Konkurrenz in Dunst aufgelöst wird… „In Geldsachen hört die Gemütlichkeit auf", sagte schon der alte Han-semann…“.

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Patrioten-Passagen

FRIEDRICH SCHLEIERMACHER (Veröffentlicht im „Preußischen Correspondenten" vom 14. Juli 1813)

Privatbriefe erneuern die Gerüchte von einem in Prag zu haltenden Friedenskongress, der schon am 21. d. M. soll zusammengetreten sein . . . Diese Gerüchte wollen einige unter uns mit übermäßiger Freude erfüllen und andere mit tiefer Betrübnis. Die besten unter den ersten - und mit andern aus dieser Klasse als den besten möchten wir gar nicht reden - sind unsere kurzatmigen Mitbürger, wel-che, nachdem sie einen recht guten Ansatz genommen und die kleine Strecke bis hierher recht wa-cker mit den Stärkeren gleichen Schritt gehalten, nun von ihrer schwächeren Natur genötigt, gern Erlaubnis haben möchten, still zu stehen, um sich von ihrer Erschöpfung zu erholen. Wenn sie sich nur ihrer Freude nicht zu früh überlassen, dass ihnen hernach der Schreck, wenn sie wieder fort müs-sen, die Luft nicht noch mehr verseht, als sie ihnen jetzt fehlt. - Die besten unter den anderen sind die nach außen und innen Hellsehenden, welche glauben, dass bei den bisherigen Resultaten des Krieges noch kein Friede zu erwarten ist, der Sicherheit gegen einen baldigen neuen Krieg gäbe, und dass, wenn ein solcher auch zwischen den einzelnen Mächten geschlossen werden könnte, dennoch Deutschland im allgemeinen und unser Staat insbesondere, um zu einem würdigen Zustande, aus dem sich nahes Heil und Wohlergehen entwickeln kann, zu gelangen, dieser noch einer ungeheuren Kraftentwicklung bedarf (als besonders verdächtig vom Zensor unterstrichen), wie sie nur unter krie-gerischen Anstrengungen möglich ist, und jener großen entscheidenden Ereignisse, wie nur der Krieg sie bringen kann, welche den Grund zu einer künftigen Form legen müssen (vom Zensor unterstri-chen), den man Mühe haben würde, im Frieden zu finden. Denn was sich Deutschland von einer Ver-fassung versprechen kann, welche durch die Willkür sich durchkreuzender diplomatischer Verhand-lungen (vom Zensor unterstrichen) begründet wäre, das wissen wir seit dem Westfälischen Frieden, der Deutschland zerstörte, indem er es neu zu bilden glaubte. Diese mögen sich damit beruhigen, dass ihre Ansicht nun nicht mehr das Anteil weniger ist, sondern sich allgemein verbreitet, und dass Sie gewiss auch bei den Friedensunterhandlungen eine Stimme hat (vom Zensor unterstrichen). Sollte also dem unerachtet ein Friede geschlossen werden, den man noch nicht als den wahren Anfang einer neuen Ordnung der Dinge ansehen kann: so wollen wir ihnen im voraus vorschlagen, ihn nur nach den Prinzipien des Waffenstillstandes zu beurteilen, gegen den man ja auch nicht unbedingt kann eingenommen sein, sondern bei dem alles darauf ankommt, ob er zur rechten Zeit und auf die rechte Art geschlossen wird und ob man Vorteile, die er gewährt, gehörig benutzt

MAßREGELUNG SCHLEIERMACHERS DURCH DEN KÖNIG (Kabinettsorder vom 17. Juli 1813, gerichtet an Staatskanzler Hardenberg)

Aus der Anlage werden Sie ersehen, wie der Prof. Schleiermacher geständigermaßen einen höchst anstößigen Artikel über die politische Lage des Staats in den „Preußischen Correspondenten" vom 14. ds. Mts. hat einrücken lassen. Der Censor wird dafür zur Verantwortung gezogen werden, dass er diesem Aufsatz das Imprimatur erteilt hat. Dieses verringert aber die Schuld des etc. Schleiermacher nicht, der schon bei mehreren Gelegenheiten eine Tendenz gezeigt hat, die Ich durchaus nicht gestat-ten kann. Ich trage Ihnen auf, demselben in Meinem Namen seine Dienstentlassung anzukündigen und ihm anzudeuten, binnen 48 Stunden Berlin zu verlassen und sich über Schwedisch-Pommern ins Ausland zu begeben, mache Sie auch verantwortlich dafür, dass dieser Befehl pünktlich zur Ausfüh-rung gebracht werde. Friedrich Wilhelm

[Hardenberg veränderte den Schluss: . . . sein Benehmen ernstlich zu verweisen und ihm zu bedeu-ten, dass eine Wiederholung desselben aufs nachdrücklichste und mit unfehlbarem Verlust seiner Dienststelle wird geahndet werden.]

(Schleiermacher starb vor 180 Jahren am 12. Februar 1834 – siehe Preußische Daten)

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Preußische Daten 1.Februar 1864 (150): Beginn des Deutsch-Dänischen Krie-ges um Schleswig-Holstein (auch: erster der drei deut-schen Einigungskriege) mit dem Einmarsch preußischer und österreichischer Truppen unter Generalfeldmarschall Friedrich Graf von Wrangel in Schleswig. Um sich während der Kriegshandlungen als Ver-bündete zu erkennen, tragen die preußischen und österrei-chischen Soldaten weiße Arm-

binden. Sie sollen an den gemeinsamen Kampf in den Befreiungskriegen gegen Napoleon erinnern. 2.Februar: Übergang der preußischen Truppen über die Schlei; Räumung der Dan-newirk durch die Dänen; 7.Februar: Einzug der Preußen und Österreicher in Flensburg.

2.Februar 1684 (330): Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm erlässt eine Gesindeordnung für die Residenzstädte Berlin, Cölln und Friedrichswerder, weil „die Bosheit der Dienstbothen dergestalt Überhand nehme, dass kein Hauswirth mehr mit ihnen zurecht kommen köndte“.

2.Februar 1829 (185): Alfred Brehm wird in Unterrenthendorf (heute Renthendorf bei Neu-stadt an der Orla) als Sohn des Pfarrers Christian Ludwig Brehm und dessen zweiter Ehefrau Bertha geboren. Der Zoologe und Schriftsteller ist durch den Buchtitel „Brehms Tierleben“ weltbekannt geworden. Nach seinen Ideen entsteht 1869 in Berlin Unter den Linden das Berliner Aquarium, das er bis 1878 als Direktor leitet.

3.Februar 1714 (300): König Friedrich Wilhelm I. bestätigt der Stadt Berlin das Privileg seines Vaters vom 18. November 1691 über eine Stadtapotheke in Berlin. Darin wird bekräftigt, dass in Berlin und Cölln nur jeweils drei Apotheken bestehen sollen.

4.Februar 1659 (355): Bei Androhung einer hohen Geldstrafe werden laut Edikt von Kurfürst Friedrich Wilhelm „Fastnachtsspiele, Mummerey, Gaukelei ... der Verkauf von Wein, Bier und Bratwürsten in Schenken ... Zusammenkünfte in Handwerksherbergen“ untersagt.

9.Februar 1849 (165): Die erste öffentliche elektrische Telegraphenlinie in Preußen, gebaut von Siemens, wird nach einem Erlass des preußischen Staatsministers August Freiherr von der Heydt eingerichtet.

12.Februar 1834 (180): Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, protestantischer Theologe, Altphilologe, Philosoph, Publizist, Staatstheoretiker, Kirchenpolitiker und Pädagoge, stirbt in Berlin. Er war als erster Theoretiker bestrebt, eine allgemeine Hermeneutik zu entwickeln, die er definierte als "die Kunst, die Rede eines anderen, vornehmlich die schriftliche, richtig zu verstehen". 1796 kam er als Prediger an die Charité nach Berlin. Er fand Zugang zum Salon der Henriette Herz, wo er die Humboldts, die Brüder Schlegel, Rahel Varnhagen und Doro-thea Veit kennenlernte. Mit seinen "Reden über die Religion" (1789) wies er sich als einer

Wrangels Truppen setzen über die Schlei

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der führenden Köpfe im Kreis der Frühromantiker aus. Mit dem preußischen Reformern Stein, Gneisenau und Georg Reimer arbeitete er auf den Volksaufstand gegen Napoleon und die Liberalisierung des preußischen Staates hin. 1810 wurde Schleiermacher zum Professor der Theologie an der neuen Berliner Universität ernannt und erster Dekan der theologischen Fakultät; seit 1810 war er auch Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften. Auf dem Dreifaltigkeits-Kirchhof II in Berlin-Kreuzberg erhielt er ein Ehrengrab.

13.Februar 1539 (475): Die Bürger von Berlin und Cölln beauftragen die Räte ihrer Städte, den Kurfürsten Joachim II. Hektor um Erlaubnis zu bitten, das Abendmahl zu Ostern nach protestantischem Ritus, also in beiderlei Gestalt, empfangen zu dürfen.

15.Februar 1844 (170): In der Nähe des Brandenburger Tores auf der Tiergartenseite eröff-net der Breslauer Gastwirt Joseph Kroll sein „Krollsches Etablissement“. Es dient nach dem Reichstagsbrand von 1933 dem deutschen Parlament als Tagungsstätte.

17.Februar 1699 (315): Hans Georg Wenzeslaus von Kno-belsdorff wird auf Schloss Ku-ckädel (Kukadlo) bei Crossen an der Oder geboren. Er ist zu-nächst Soldat, danach Porträt- und Landschaftsmaler, Theater-intendant, Landschaftsgestalter und Innendekorateur, dann vor allem Architekt im Dienste von Friedrich dem Großen. Er leitet u. a. den Umbau der Schlösser Rheinsberg und Charlottenburg und baut das Königliche Opern-haus sowie das Schloss Sanssouci. Auch am Bau der Berliner Hedwigskirche war er beteiligt.

19. Februar 1754 (260): Erich Christoph Edler Herr von Plotho wird zum kurbrandenburgi-schen Gesandten und preußischen Staatsminister ernannt.

21.Febuar 1484 (530): Geburt des Kurfürsten Joachim I. Nestor. Er verbietet am 28.Februar 1524 (490), Bibelübersetzungen von Martin Luther zu lesen oder zu verbreiten. Die Schriften sind einzusammeln und dem Landesherren zu übergeben.

21.Februar 1889 (125): Die städtischen Körperschaften der Stadt Berlin beschließen, auf-grund der günstigen Finanzlage der Stadt die Mietsteuer zu senken.

23.Februar 1784 (230): Das Kammergericht wird mit Verwaltungsakt angewiesen, „dass kei-ne kranke Inquisiten (Häftlinge) zur Strafe ins Zuchthauß nach Spandow (Spandau) abgelie-fert werden sollen“, weil sie nur Kosten verursachten und nicht sofort zur Arbeit angehalten werden können.

27.Februar 1759 (255): Johann Karl Friedrich Rellstab wird in Berlin geboren. Der Musiker, der neben Fasch und Zelter an der Singakademie dirigierte, schreibt u. a. Lieder, Oratorien und Kantaten. Er errichtet 1783 ein Musikalienleihinstitut in Berlin.

Das Opernhaus und die Hedwigskirche in Berlin tragen

Knobelsdorffs Handschrift

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Beilage zum Neujahrsempfang 2014 der Preußischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg

Trotz Totenscheins - Preußen lebt! Ansprache von Präsident Volker Tschapke

am 19. Januar 2014 im Stammquartier HILTON Berlin

Traditionell findet unser Neujahrsempfang in terminlicher Nähe zum Gründungstag Preußens statt, der unter dem 18. Januar 1701 in den Weltgeschichtsannalen ver-zeichnet ist. Ebenfalls traditionell begeg-nen wir einander in unserem Stammquar-tier im gastfreundlichen HILTON am Gen-darmenmarkt, dem nicht nur meiner Mei-nung nach weltweit schönsten preußi-schen Architekturensemble. Der spürbare Geist des Ortes ist uns Ehre, Ansporn und Verpflichtung zugleich.

Unser Ehrengast Seine Exzellenz Shi Mingde, Außerordentlicher und bevoll-mächtigter Botschafter der VR China in Deutschland, wird zu unserer Freude und zu unserer sachkundigen Information nachher das Wort an uns richten. Wir dür-fen es mit Spannung erwarten. Dazu einige Vorbemerkungen.

Wie Sie unseren Monatsbriefe entnehmen konnten, pflegen wir ganz im Sinne Preu-ßens freundschaftliche Beziehungen zur chinesischen Botschaft, zum Chinesischen Kulturzentrum, das uns für den Neujahrs-

empfang hervorragende Künstler von Weltruf vermittelt hat, sowie zu kulturellen Einrichtungen und Unternehmen im Reich der Mitte selbst. Das geschieht zu beiderseitigem Nutzen. Unsere Reisen ins Reich der Mitte trugen dazu bei, eigene Kenntnisse über das Land zu vertiefen und unser Wissen über Traditionen, Werte und staatlich-gesellschaftliche wie geistig-moralische Leitlinien Preußens in zahlreichen Gesprächen zu vermitteln.

Sicher wird Sie einiges aus dem Leben von Botschafter Shi Mingde kennt sich in Berlin und Deutsch-land bestens aus, er seine gesamte Familie spricht perfekt unsere Sprache. Solches lässt sich nicht unbedingt von jedem Botschafter selbst von Supermächten sagen. Er studierte von 1972 bis 1975 in der DDR, war dort von 1986 bis 1990 der Zweite Sekretär der Botschaft, wechselte dann für drei Jahre ins Außenministerium in Peking und arbeitete von 1993 bis 1997 als Botschaftsrat in Bonn und wirkte von 2002 bis 2006 als Gesandter der chinesischen Botschaft in Berlin. Der Zwischenstation als chinesischer Botschafter in Wien von 2010 bis 2012 folgte schließlich die Berufung als Botschafter in Berlin. 1981 heiratete er seine Schulfreundin Xu. Sie ist Universitätsdozentin und Übersetzerin. Beispielswei-se übertrug sie Heinrich Bölls "Frauen vor Flusslandschaft", Theaterstücke der Nobelpreisträgerin

Präsident Volker Tschapke bei seiner Ansprache

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Elfriede Jelinek, Biografien über Gerhard Schröder und Angela Merkel und jüngst das Buch zur Wie-dervereinigung "Wie geht's, Deutschland?"

Aus eigener Anschauung weiß ich, dass sich Herr Botschafter Shi Mingde mit den Befindlichkeiten der Deutschen in Ost und West bestens auskennt. Sein Wis-sen über Preußens Staatsphilosophie, Werte und Tugen-den konnte er bei Begegnungen mit der Preußischen Gesellschaft erweitern.

Man bedenke: Dieser Diplomat und unser Ehrengast vertritt in der Bundesrepublik Deutschland die an den USA vorbeigezogene und nun größte Handelsnation der Welt. Und er repräsentiert den mit 1, 35 Milliarden Ein-wohnern bevölkerungsreichsten Staat der Erde.

Apropos bevölkerungsreich: Ich habe mal eine kleine, mehr spaßige Rechnung zur Illustration dieser Größen-ordnung aufgestellt. Nehmen wir einmal an, Herr Bot-schafter Shi Mingde hätte alle Bürger seines Landes zu unserem Neujahrsempfang mitgebracht, so würde sich die bei uns Einlass begehrende Warteschlange nicht we-niger als 16 Mal rund um den Erdball winden – wenn jedem der Chinesen in der Schlange ein Platz von einem halben Quadratmeter eingeräumt würde.

Beeindruckend, nicht wahr! Auch der Gedanke daran, dass diese ungeheure Menge von Menschen klug, weit-blickend und sozial gerecht regiert und geführt werden will. Angesichts dieser riesigen Dimension von Aufgaben zolle ich einerseits Respekt vor den erzielten Erfolgen und äußere ich andererseits Ablehnung des ideologisch determinierten Kritikastertum an China. Erinnert sei an das Matthäus-Evangelium: Siehe jeder erst einmal den Balken im eigenen Auge, bevor er auf den Splitter im fremden Auge weist.

Zum Kriegs- bzw. Friedenswillen Preußens Lassen Sie mich in unsere Breiten zurückkehren, zumal uns nachher weitere chinesische Politik und erlesene Kultur aus dem Reich der Mitte erwarten.

Das uns beschäftigende Gedenkjahr zur einhundertsten Wiederkehr des Ersten Weltkrieges will ich zum Anlass für einige Ausführungen zum Kriegs- bzw. Friedenswillen Preußens nehmen. Erwähnt seien vorweg im Zeitraffer folgende fundamentale historische Ereignisse: Der Wahnsinnskrieg tobte zwischen 1914 und 1918 und vernichtete 17 Millionen Menschenleben – so viel Einwohner zählte einst die DDR. In seinem Ausklang endete die jahrhundertelange Hohenzollerherrschaft in Branden-burg-Preußen-Deutschland. Sie hatte aus der Brandenburger Streusandbüchse eine preußisch-deutsche Großmacht geformt.

Mit dem Versailler Vertrag erhielt Deutschland 1919 eine brutale Fessel verpasst, die nach Ansicht von Historikern zwangsläufig in den Zweiten Weltkrieg führen musste und deren letzte Tributzahlung erst kürzlich endete. Mich stimmt in diesem Zusammenhang immer wieder ein einzigartiger Gedenk-stein nachdenklich. Er steht vor der Kirche auf Schloss und Gut Liebenberg nördlich Berlins, in dem Kaiser Wilhelm II. oft weilte. Auf diesem Findling steht ein Drama von shakespearischer Wucht in nur drei Wörtern und mit einer Zahl zu lesen. Die Inschrift lautet schlicht, einfach und ergreifend: „Am Frieden krank – 1919“.

Der chinesische Botschafter Shi

Minge umgeben von Preußens Adlern

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Der Zweite Weltkrieg mit bis zu 70 Millionen Opfern – das entspricht beinahe der Einwohnerzahl der Bundesrepublik – führte nach dem militärischen Schlusspunkt im Mai 1945 zur Besetzung Deutsch-lands, den Nürnberger Prozessen und zu den Potsdamer Beschlüssen, die teilweise an den Versailler Vertrag erinnern. Auf einen Friedenvertrag warten wir noch heute. Und auch darauf, dass der auch auf die Bundesrepublik Deutschland nach den Artikeln 53, 77 und 107 der UNO-Charta bezogene Status als Feindstaat endlich förmlich gestrichen wird. Immerhin ist die Bundesrepublik großer UN-Geldgeber und verlässlicher Partner in der Weltorganisation. Die zwar als „obsolet“, also nicht mehr zeitgemäß erklärten, aber eben nicht förmlich gestrichenen Klauseln lassen bei aggressiver Politik Deutschlands Zwangsmaßnahmen aller Unterzeichner der UN-Charta ohne besondere Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat und sogar militärische Interventionen zu. Drängen sich nicht da die Fra-gen auf, warum die Streichung nicht vollzogen wird? Kommt das nicht einer anhalten Diskriminierung unseres Landes gleich? Warum treten unsere viel beschworenen Freunde in der internationalen Staa-tengemeinschaft und im Sicherheitsrat der UN nicht für die Streichung ein? Schließlich die fordernde Frage: Wie lange noch gedenkt die Bundesregierung, diese bizarre Situation hinzunehmen? In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, wie schnell doch in unseren wildbewegten Zeiten ein nichtwilliges Land einer aggressiven Politik bezichtigt und zur Räson gebracht wird.

Mein eigentliches gedankliches Ziel aber ist das im Februar vor 67 Jahren be-schlossene Kontrollratsgesetz Nummer 46. In dem fragwürdigen, weil überflüs-sigen Papier wird wider besseres Wissen ein pauschales und staatsrechtlich nicht haltbares Urteil gefällt. Es lautet: Der Staat Preußen sei seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland gewesen.

Wider besseres Wissen wird selbstherr-lich folgende wissenschaftlich fundierte Statistik ignoriert: An den in der zivili-sierten Welt zwischen 1701 und 1933 geführten Kriegen waren Frankreich mit achtundzwanzig Prozent, Großbritan-nien mit dreiundzwanzig Prozent, Russ-land bzw. Sowjetunion mit einundzwan-

zig Prozent und Preußen-Deutschland mit lediglich acht Prozent beteiligt.

Und außerdem finde ich an dem Gesetz 46 skandalös, dass der beachtliche Beitrag Preußens an der Entwicklung von Weltkultur, Wissenschaft und Wirtschaft unter den Teppich gekehrt wird. Das Schlimme ist, dass dieses von den vier Großmächten gezeichnete Zerrbild von Preußen in manchen Köpfen bis heute weiter spukt. Dagegen stemmt sich unsere Preußische Gesellschaft.

Artikel 1 dieses beschämenden Gesetzes verkündet: "Der Staat Preußen, seine Zentralregierung und alle nachgeordneten Behörden werden hiermit aufgelöst." Damit vollzogen die damaligen Groß-mächte USA, England, Frankreich und Sowjetunion einen in der europäischen Geschichte der Neuzeit einmaligen Akt. Sie agierten, wie es Urpreuße Bismarck und Einheitsschmied Fürst Bismarck voraus-sah: „Ist Preußens Kraft einmal gebrochen, so wird Deutschland schwerlich dem Schicksal Polens ent-gehen.“

Seine Prophetie erfüllte sich – Gott sei’s geklagt - in Durchsetzung des Potsdamer Abkommens. So fielen die alten preußischen Kernprovinzen, Ost- und Westpreußen, Hinterpommern, Schlesien, und

Das Kontrollratsgebäude in Berlin-Schöneberg (heute

Sitz des Kammergerichts)

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Neumark mit Zustimmung der USA, Großbritanniens und Frankreichs an Polen und die Sowjetunion. Millionen Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben, was politisch verbrämt umgesiedelt hieß und trotzdem ein eklatanter Verstoß gegen das Menschenrecht Heimat ist.

In Ihrem Anti-Preußen-Gesetz beteuerten die das zerstückelte Deutschland regierenden Besatzer, sie seien „geleitet von dem Interesse an der Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit der Völ-ker“. Das klingt zwar edel, geriet ihnen aber bei ihren unzähligen weltweiten Militäraktionen seit 1947 schnell in Vergessenheit.

In der DDR galt das Kontrollratsgesetz 46 seit 1955 nicht mehr Hochinteressant in diesem Zusammenhang ist ein Faktum, das im Aktenschrank mit der Aufschrift „Nicht öffnen“ lagert. Ausgerechnet die von den Westalliierten so heftig bekämpfte und geschmähte Sowjetunion setzte am 20. September 1955 das Kontrollratsgesetz Nummer 46 für ihren Herrschafts-bereich DDR außer Kraft. Wie übrigens alle in den Jahren 1945 bis 1948 in Ausübung der Besatzungs-rechte der vier Mächte vom Kontrollrat in Deutschland erlassenen Gesetze, Direktiven, Befehle und anderen Verordnungen. Bestand behielten jedoch die Rechte und Verpflichtungen der Sowjetunion gegenüber Gesamtdeutschland, die sich aus den entsprechenden Beschlüssen der vier Mächte erge-ben. Manche Historiker urteilen, dass die UdSSR mit ihrem Schritt vom 20. September 1955 für die DDR den rechtlichen Sachstand vom 7. Mai 1945 wiederhergestellt habe. Damit sei die DDR der Rechtsnachfolger bzw. Sukzessor des Staates Preußen geworden. Mit anderen Worten: Preußen lebte in der DDR weiter. Wenn auch nur auf dem Papier und eher widerwillig geduldet. Doch schließen wir für heute den bewussten Aktenschrank.

Ein fiktives Interview mit Otto von Bismarck Es steht mir nicht zu, den damaligen Siegern, dann Besatzern und schließlich innigen Freunden eine Nachhilfestunde in Preußischer Friedens-kunde zu geben. In unseren erlauchten Kreis aber möchte ich als Alt-Komtur des Bismarck-Ordens zu unserem geistigen Vergnügen und zum Ver-gleich mit der aktuellen Weltsituation den Ur-preußen, Einheitsschmied und unvergessenen Reichskanzler Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen in den Zeugenstand rufen. Ich ver-lese Ihnen nun die protokollierte Befragung des Fürsten.

1. Meine erste Frage an ihn lautet: Wie bewer-ten Sie mit einem Satz die Behauptung, Preußen sei Träger des Militarismus gewesen? So schnell schießen die Preußen nicht.

2. Was halten Sie vom militärischen Einsatz der Deutschen in Afghanistan und anderen Teilen der Welt? Ich werde zu irgend welcher aktiven Beteiligung Deutschlands an diesen Dingen nicht raten, so lange ich in dem ganzen für Deutschland kein Interesse sehe, welches auch nur – entschuldigen Sie die Derbheit des Ausdrucks – die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Musketiers wert wäre. Ich habe ausdrücken wollen, dass wir mit dem Blute unserer Landsleute und unserer Soldaten spar-samer sein müssten, als es für eine willkürliche Politik einzusetzen, zu der uns kein Interesse zwingt.

Fürst Bismarck und seine Hunde

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3. Hegen Sie nicht die Befürchtung, dass Deutschland dennoch in einen Konflikt hineingezogen werden könnte, bei dem deutsche Interessen keine Rolle spielen, der seinen Interessen sogar ent-gegenstehen könnte? Ja, wenn irgend einer unserer Freunde von uns verlangte, unsere stärkere Freundschaft zu ihm da-durch zu bestätigen, das wir den anderen Freund, der uns ebenfalls nichts getan hat, feindlich behan-deln und unsere stärkere Liebe zu dem einen beweisen durch Hass gegen den anderen“.

4. Was also tun, wenn Freunde verlangen, gegen andere kriegerisch zu werden? Unser Ansehen und unsere Sicherheit werden sich um so nachhaltiger entwickeln, um so mehr wir uns bei Streitigkeiten, die uns nicht unmittelbar berühren, in der Reserve halten und unempfindlich wer-den gegen jeden Versuch, unsere Eitelkeit zu reizen und auszubeuten…

5. Können Sie sich die Bundesrepublik Deutschland in einem Angriffskrieg vorstellen? Ich bin nicht für irgendwelchen Angriffskrieg, und wenn der Krieg nur durch unseren Angriff entstehen könnte – Feuer muss von irgendjemanden angelegt werden, wir werden es nicht anlegen…Weder das Bewusstsein unserer Stärke, noch das Vertrauen auf unsere Bündnisse wird uns abhalten, unsere bisherigen Bestrebungen, den Frieden überhaupt zu erhalten, mit dem bisherigen Eifer fortzusetzen.

6. Was sollte das Primat in der Politik sein? Unser Interesse ist, den Frieden zu erhalten…Dementsprechend müssen wir unsere Politik einrichten, das heißt den Krieg nach Möglichkeit hindern oder einschränken…uns durch keine Ungeduld, keine Gefälligkeit auf Kosten des Landes, keine Eitelkeit oder befreundete Provokation vor der Zeit aus dem abwartenden Stadium…in das handelnde drängen lassen.

7. Welche Empfindung lösen bei Ihnen gewonnene Kriege aus? "Ich betrachte auch einen siegreichen Krieg an sich immer als ein Übel, das die Staatskunst den Völ-kern zu ersparen bemüht sein muss."

8. Verehrter Fürst, Sie werden bis in unsere Gegenwart gern mit dem Satz zitiert, „Wir Deutschen fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt“. Diese Aussage soll deutsche Großmannssucht und kriegerische Ambitionen belegen. In welchem Kontext steht Ihre Aussage? Wir Deutschen fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt, und die Gottesfurcht ist es schon, die uns den Frieden lieben und pflegen lässt. Wer ihn aber trotzdem bricht, der wird sich überzeugen, dass die kampfesfreudige Vaterlandsliebe, welche 1813 die gesamte Bevölkerung des damals schwachen, kleinen und ausgewogenen Preußen unter die Fahnen rief, heutzutage ein Gemeingut der ganzen deutschen Nation ist und dass derjenige, welcher die deutsche Nation irgendwie angreift, sie einheit-lich gewaffnet finden wird und jeden Wehrmann mit dem festen Glauben im Herzen. Gott wird mit uns sein.

9. Was halten Sie davon, dass im Zuge der Globalisierung im heutigen Deutschland eine Art von Amerikanisierung stattfindet? Ich möchte…eins zur Richtschnur empfehlen, was Engländer und Franzosen auszeichnet: das ist das stolze Gefühl der Nationalehre, welches sich nicht so leicht und so häufig dazu hergibt, nachah-mungswerte und bewunderte Vorbilder im Ausland zu suchen, wie es hier bei uns geschieht! Ich habe mich nie geschämt, ein Preuße zu sein, und besonders, wenn ich aus fremden Ländern heimgekehrt bin, so habe ich mich immer recht stolz und wohl gefühlt, dass ich ein Preuße war.

10. Heutige Diplomatie wirkt mitunter gegenüber Ihren Zeiten grobschlächtig wie ein Wildwest-Film. Welchen Rat geben Sie? Bei diplomatischen Verhandlungen an den Degen zu schlagen oder zu sagen: ich erwidere Ihre Einla-dung zum Diner nicht, aber wir haben 100 000 Mann - das ist in der Tat zu wenig unseren Gewohnhei-ten entsprechend.

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11. Die von der Weltmacht USA ausgehende Gegnerschaft mit Russland wird zum Teil von Deutschland mitgetragen. Was raten Sie unserem Land im Blick auf Russland? Solche Verhältnisse muss man pflegen und sich darüber freuen, und ich möchte aus meinen politi-schen Erinnerungen an Sie die Bitte richten, pflegen sie die politische Freundschaft, die uns und auch der russischen Regierung ein Bedürfnis ist. Wir wollen nach wie vor den Frieden mit unseren Nach-barn, namentlich aber mit Russland suchen…Ich nenne also vorzugsweise Russland, und da habe ich dasselbe Vertrauen auf das Gelingen, von welchem ich vor einem Jahre gesprochen habe.

Vor dem 25. Jahrestag des Mauerfalls Im Jahre 2014 gedenken wir selbstredend nicht nur des mörderischen Ersten Weltkrieges, sondern freuen uns über den 25. Jahrestag des Mauerfalls. Er brachte uns Deutsche weg vom jahrzehntelan-gen hüben und drüben und bereitete den Weg zur zweiten Einheit nach der Bismarckschen Einigung 1871. Welch wunderbares und seltenes Ereignis in der deutschen Geschichte: Deutsche gehen für eine edle Sache auf die Straße. Mit dem stolzen Ruf „Wir sind das Volk“ gewinnen sie die Einheit für a l l e Deutschen.

Haben wir nicht genug der besten Gründe, miteinander zu feiern, Nationalstolz zu empfinden, einan-der gut zu sein? Blühen nicht etliche der gemeinsam geschaffenen Gärten, die uns der damalige Kanzler Kohl verhieß? Offensichtlich gefällt das Krawall- und auch anderen Medien im Lande nicht, die sich vor allem im Nein-Sagen und in Konfrontationen wohlfühlen. Erste Bilanzen dieser Atmo-sphäre-Vergifter im Jubiläumsjahr des Mauersturzes erschrecken mit schaurigem Klang. Niederge-macht in Manie des Kalten Krieges werden ausgerechnet die, denen wir a l l e das deutsche Wunder verdanken. Erweckt wird der Anschein, als seien die jahrlang hinter der Mauer lebenden Landsleute nur durch Stasi-Sumpf gewatet, hätten in Gefängnissen gesessen, einander verraten und verkauft, hätten kein Familienleben gekannt und ansonsten als Hinterwäldler nichts vom richtigen Leben et-was gewusst, das ja nur im Goldenen Westen stattfand.

Haltet damit endlich ein, rufe ich den Kalten Kriegern zu. Sie säen Zwietracht, weil ihnen Eintracht zuwider ist. Denn gute Nachrichten sind ihnen schlechte Nachrichten. Doch nicht Isolation, sondern Integration lautet das Ge-bot. So haben jedenfalls wir es von Anfang an mit preußischer Toleranz in der Preußischen Gesellschaft gehalten. Ganz bewusst bin ich 1993, als ich aus Niedersachsen nach Berlin kam, nach Müggelheim in Berlin-Ost gezogen!

Erinnern möchte ich an den flammenden Ap-pell von Generalmajor a. D. Gerd H. Komossa

vor der Preußischen Gesellschaft. Als Präsident der Gesellschaft für die Einheit Deutschlands rief er dazu auf, im vertrauensvollen Miteinander die Einheit zu vollenden und die Versäumnisse einer feh-lerhaften Vereinigungsstrategie zu korrigieren. Dem einzelnen Menschen das Selbstwertgefühl zu nehmen verhindere, dass jemand mit Begeisterung an dem Aufbauwerk mitarbeitet.

Noch einmal bemühe ich Bismarck, zumal er ein Einheits-Experte par exzellence ist. Sein Mahnruf gelange in jeden Kopf, in jedes Herz, in jede Redaktionsstube und jedes Politiker-Büro:

„Nur von uns, von unserer Einigkeit, von unserer Vaterlandsliebe hängt es daher in diesem Augenbli-cke ab, dem gesamten Deutschland die Bürgschaften einer Zukunft zu sichern, in welchen es, frei von der Gefahr, wieder in Zerrissenheit und Ohnmacht zu zerfallen, nach eigener Selbstbestimmung

Und sie brach doch - Mauerfall 1989

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seine verfassungsmäßige Entwicklung und seine Wohlfahrt pflegen und in dem Rate der Völker sei-nen friedliebenden Beruf zu erfüllen vermag...Möge unser gemeinsames Werk, der Traum von Jahr-hunderten, das Sehnen und Ringen der jüngsten Geschlechter der Erfüllung entgegengeführt wer-den...Der Segen Gottes aber, an welchem alles gelegen ist, begleite und fördere das vaterländische Werk.“

Friedrich der Große ebnete den Weg nach China Mit China habe ich meine Ausführungen begonnen, mit China möchte ich sie beenden – und zwar mit dem Beginn der Beziehungen zwischen dem Reich der Mitte und dem Brandenburg-Preußen-Deutschland in der Mitte Europas. Friedrich der Große sah in China ein friedliches Riesenreich, des-sen Bevölkerung bis in einfache Schichten literarisch und philosophisch gebildet war. Ihn erfreuten die exotische Kunst und Architektur.

Der Preußenkönig hatte 1751 die „Königlich-Preußische Asiatische Compagnie in Emden nach Canton und China“ gegründet. Er war überzeugt von einem lohnenden Geschäft mit China. Die neue Han-delsgesellschaft erhielt von ihm das Monopol für die Handelsfahrt zwischen China und Preußen. Ihre Schiffe unter preußischer Flagge mit Adler, Schwert und Zepter transportierten zwischen Kanton und Emden u. a. Tee, Porzellan, Seide, Gewürze, Baumwolle und Arzneimitteln. Der große Friedrich er-klärte Emden zum Freihafen und befreite damit alle Waren vom Zoll. In der Folgzeit entwickelte sich ein recht reger Handelsverkehr zwischen Preußen und China.

Der kluge Staatsmann und Philosoph wusste natürlich, dass der Handel zwischen Preußen und China nur ein vielversprechender Anfang sein konnte. Er wusste auch, dass er einen bedeutenden Auf-schwung des preußischen Seehandels nicht mehr erleben würde. Weitblickend sagte er: „Jedoch die Nachwelt kann es erleben, wenn sie den Plan weiterverfolgt und sich der geeigneten Mittel für die Ausführung bedient.“

Die preußisch-deutsche Nachwelt verfolgte seine Pläne weiter. Das geschah zeitweilig mit unter-schiedlicher Intensität, doch schließlich weit über den Rahmen der Handelstätigkeit mit gegenseiti-gem Nutzen hinaus. Heute ist Deutschland der größte ökonomische Kooperationspartner Chinas in Europa. Anregende Kulturaustausche finden statt und zunehmend persönliche Begegnungen. Daran hat die Preußische Gesellschaft Berlin-Brandenburg in geistiger Nachfolge des Politikers und Philoso-phen Fridericus Rex einen gewissen Anteil. Dass wir dabei die freundlich-hilfreiche Unterstützung der Botschaft der Volksrepublik China, des Chinesischen Kulturzentrums und Hainan Airline erhalten, nehme ich als ein praktisches Beispiel zunehmender Kooperation zwischen beiden Staaten. Gemein-sam liegt uns am Herzen, das gegenseitige Vertrauen vertiefen zu helfen. Es möge stets „sans souci“ – „ohne Sorge“ verlaufen.

Der offizielle Totenschein für Preußen trägt die Nummer 46. Wir aber wissen, dass Preußen lebt – als bleibende Idee. Wir stehen in der preußischen Pflicht für eine geistige Erneuerung unseres Vaterlan-des. Die Preußische Gesellschaft wird ihr, dessen bin ich gewiss, gemeinsam mit Freunden und Sym-pathisanten Preußens genügen.

(Leicht gekürzt; Zwischentitel von der Redaktion)

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