bild: Olympia-Arzt im Wechselbad der Gefühle · 2018-06-14 · 50 medical team text: manuel...

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www.swiss-athletics.ch 50 medical team text: manuel stocker bild: zvg Olympia-Arzt im Wechselbad der Gefühle Der Berner German Clénin gehört dem Medical Team von Swiss Athletics an und wird in London auch die Schweizer Olympioniken betreuen. Die Vorfreude und Leistungsbereitschaft ist mindestens so gross wie bei den Sportlern. C razy, verrückt, aussergewöhnlich. Spricht German Clénin von Olympia, braucht er diese Wörter oft. Olympische Spiele seien anders. Anders, weil sie nur alle vier Jahre stattfinden. Anders, weil die media- le Aufmerksamkeit riesig ist (in London stehen den 10 500 Sportlern 21 000 akkreditierte Medienschaffende gegen- über). Anders, weil das Wechselbad der Gefühle auch für einen Arzt nicht grösser sein könnte. So erlebte Clénin vor vier Jahren in Beijing, wie eng Freud und Leid beieinander liegen. Als Teamarzt der Schweizer Moun- tainbiker war er hautnah dran, als Nino Schurter die Bronzeme- daille gewann und den bis dato grössten Triumph seiner Karri- ere feierte. Gleichzeitig musste Clénin einen Fahrer (Florian Vogel) mit Verdacht auf einen Hitzschlag behandeln und den enttäuschten Viertplatzierten (Christoph Sauser) zur Doping- kontrolle begleiten. Keine einfache Situation. «Auf der einen Seite haben wir Teil am Erfolg der Sportler, auf der anderen Sei- te sind wir bei Rückschlägen für sie da», sagt der Vater von vier Kindern. Dabei gehe es darum, trotz der Vielfalt der Sportarten eine gewisse Kontinuität zu wahren. 24-Stunden-Service German Clénin betreut die Mountainbiker schon seit Jahren. In London, seinen zweiten Olympischen Spielen, kümmert er sich vorab um die Biker, BMX-Fahrer, Degenfechter, Schwimmer und Schützen. Je nach Bedarf und Pikett wird sich sein Einsatz aller- dings nicht nur auf diese Sportarten beschränken. «Gemeinsam Fünf Ärzte für Olympia Unter der Leitung von Kerstin Warnke, Chief Medical Offi- cer, stehen neben German Clénin drei weitere Swiss-Olympic- Ärzte im Einsatz: Andreas Gösele, u.a. leitender Verbands- arzt Swiss Athletics, Patrik Noack, Co-Leiter Medbase St. Gallen, und Hans-Ueli Backes, Arzt der Schweizer Fussballde- legation. Hinzu kommen 15 Physiotherapeuten, die sich auf die einzelnen Sportarten aufteilen, darunter der in Leicht- athletikkreisen bestens bekannte Daniel Troxler. (sto) wird das Ärzte- und Physioteam versuchen, einen 24-Stunden- Service zu bieten und alle Disziplinen mit Schweizer Beteiligung abzudecken.». Auch die Leichtathleten kennt der Sportarzt und Spezialist für innere Medizin bestens. Zum einen als Mitglied des Medi- cal Teams von Swiss Athletics zum anderen als Leiter des Sport- medizinischen Zentrums Bern-Ittigen. Letzteres liegt im Haus des Sports nur eine Etage über dem Hauptsitz des Schweizeri- schen Leichtathletik-Verbandes. Vor allem die Berner Sprinter gehen hier ein und aus, aber auch das Juniorenkader der Orientierungsläufer. Angesprochen auf die Unterschiede dieser «Patienten», antwortet Clénin: «Die OL-Läufer sind hart im Nehmen, dagegen spüren die Sprin- ter ihre Muskeln sehr viel feiner und erkennen Störungen im Be- wegungsablauf früher.» Es sind diese unterschiedlichen Bedürf- nisse, die den Medizinmann und begeisterten Freizeitläufer jeden Tag aufs Neue fordern. Erlebte in Beijing 2008, wie nah Freud und Leid beeinander liegen: Swiss-Olympic-Arzt German Clénin.

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Olympia-Arzt im Wechselbad der GefühleDer Berner German Clénin gehört dem Medical Team von Swiss Athletics an und wird in London auch die Schweizer Olympioniken betreuen. Die Vorfreude und Leistungsbereitschaft ist mindestens so gross wie bei den Sportlern.

Crazy, verrückt, aussergewöhnlich. Spricht German Clénin von Olympia, braucht er diese Wörter oft. Olympische Spiele seien anders. Anders, weil sie nur alle vier Jahre stattfinden. Anders, weil die media-le Aufmerksamkeit riesig ist (in London stehen den

10 500 Sportlern 21 000 akkreditierte Medienschaffende gegen-über). Anders, weil das Wechselbad der Gefühle auch für einen Arzt nicht grösser sein könnte.

So erlebte Clénin vor vier Jahren in Beijing, wie eng Freud und Leid beieinander liegen. Als Teamarzt der Schweizer Moun-tainbiker war er hautnah dran, als Nino Schurter die Bronzeme-daille gewann und den bis dato grössten Triumph seiner Karri-ere feierte. Gleichzeitig musste Clénin einen Fahrer (Florian Vogel) mit Verdacht auf einen Hitzschlag behandeln und den enttäuschten Viertplatzierten (Christoph Sauser) zur Doping-kontrolle begleiten. Keine einfache Situation. «Auf der einen Seite haben wir Teil am Erfolg der Sportler, auf der anderen Sei-te sind wir bei Rückschlägen für sie da», sagt der Vater von vier Kindern. Dabei gehe es darum, trotz der Vielfalt der Sportarten eine gewisse Kontinuität zu wahren.

24-Stunden-Service German Clénin betreut die Mountainbiker schon seit Jahren. In London, seinen zweiten Olympischen Spielen, kümmert er sich vorab um die Biker, BMX-Fahrer, Degenfechter, Schwimmer und Schützen. Je nach Bedarf und Pikett wird sich sein Einsatz aller-dings nicht nur auf diese Sportarten beschränken. «Gemeinsam

Fünf Ärzte für OlympiaUnter der Leitung von Kerstin Warnke, Chief Medical Offi-cer, stehen neben German Clénin drei weitere Swiss-Olympic-Ärzte im Einsatz: Andreas Gösele, u.a. leitender Verbands-arzt Swiss Athletics, Patrik Noack, Co-Leiter Medbase St. Gallen, und Hans-Ueli Backes, Arzt der Schweizer Fussballde-legation. Hinzu kommen 15 Physiotherapeuten, die sich auf die einzelnen Sportarten aufteilen, darunter der in Leicht-athletikkreisen bestens bekannte Daniel Troxler. (sto)

wird das Ärzte- und Physioteam versuchen, einen 24-Stunden-Service zu bieten und alle Disziplinen mit Schweizer Beteiligung abzudecken.».

Auch die Leichtathleten kennt der Sportarzt und Spezialist für innere Medizin bestens. Zum einen als Mitglied des Medi-cal Teams von Swiss Athletics zum anderen als Leiter des Sport-medizinischen Zentrums Bern-Ittigen. Letzteres liegt im Haus des Sports nur eine Etage über dem Hauptsitz des Schweizeri-schen Leichtathletik-Verbandes.

Vor allem die Berner Sprinter gehen hier ein und aus, aber auch das Juniorenkader der Orientierungsläufer. Angesprochen auf die Unterschiede dieser «Patienten», antwortet Clénin: «Die OL-Läufer sind hart im Nehmen, dagegen spüren die Sprin-ter ihre Muskeln sehr viel feiner und erkennen Störungen im Be-wegungsablauf früher.» Es sind diese unterschiedlichen Bedürf-nisse, die den Medizinmann und begeisterten Freizeitläufer jeden Tag aufs Neue fordern.

Erlebte in Beijing 2008, wie nah Freud und Leid beeinander liegen: Swiss-Olympic-Arzt German Clénin.