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Biomechanische Analyse des Telemark – Aufsprungs im Skispringen Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades im Interfakultären Fachbereich für Sport- und Bewegungswissenschaft/USI der Universität Salzburg eingereicht von FLORIAN GREIMEL Gutachter: Univ. Prof. Dr. Schwameder Salzburg, den 05.11.2007

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Biomechanische Analyse des Telemark – Aufsprungs im

Skispringen

Diplomarbeit

zur Erlangung des Magistergrades

im Interfakultären Fachbereich für

Sport- und Bewegungswissenschaft/USI

der Universität Salzburg

eingereicht von

FLORIAN GREIMEL

Gutachter: Univ. Prof. Dr. Schwameder

Salzburg, den 05.11.2007

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Vorwort

In dieser Arbeit werden die Ergebnisse zweier umfassenden Untersuchungen bezüglich der

Aufsprungphase im Skispringen dargestellt. Die Beschreibung und Analyse der

Aufsprungtechnik anhand von biomechanischen Methoden stellt das Bemühen vieler

Personen innerhalb dieses Projekts dar. Ohne die Unterstützung des Fachpersonals am Institut

für Sport- und Bewegungswissenschaft in Salzburg wäre eine Realisierung dieser Arbeit nicht

möglich gewesen. In diesem Sinne möchte ich mich recht herzlich bei allen direkt beteiligten

Personen des Instituts recht herzlich bedanken.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Hermann Schwameder, der die Anregung für diese

Arbeit und die Betreuung dieses Projekts übernommen hat. Seine Fachkompetenz konnte in

vielen Situationen dabei behilflich sein, die richtigen Entscheidungen zu treffen und die

Struktur dieser Arbeit in einer Linie zu halten. Bei Herrn Prof. Dr. Erich Müller bedanke ich

mich recht herzlich für die Ermöglichung dieser Untersuchungen und für ein offenes Ohr, das

mir bei meinen Anliegen in den persönlichen Gesprächen entgegebracht wurde.

Recht herzlich möchte ich mich bei Frau Mag. Ulrike Hemedinger bedanken, die mir auf

neuesten Wege der Kommunikation diese Arbeit auf Rechtschreibung hin korrigiert hat.

Besonders möchte ich mich bei meiner Familie Susanne Eva und Lena Marie Greimel

bedanken. Sie haben in den letzten Wochen und Monaten versucht, mich so gut wie möglich

zu unterstützen. Insbesondere in jenen Zeiten in denen der Schritt zum Schreibtisch sehr

mühsam und mit viel Aufwand verbunden war.

November 2007 Florian GREIMEL

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Inhaltsverzeichnis

1. Historischer Abriss und aktueller Stand zur biomechanischen Forschung im

Skispringen 5

1.1. Untersuchungen zu Absprung und erster Flugphase 5

1.2. Untersuchungen zur gesamten Flugphase 11

1.3. Untersuchungen zur Landephase 32

1.4. Problemstellung und Hypothesenformulierung 38

2. Kinematische Analyse der Landephase von Weltklasse Springern 42

2.1. Problem und Aufgabenstellung 42

2.2. Methodik 43

2.2.1. Stichproben (Versuchsgruppe, Kontrollgruppe) 43

2.2.2. Testverfahren 44

2.2.3. Gütekriterien 49

2.2.3.1. Mehrfachdigitalisierung 50

2.2.3.2. Passpunktbestimmung 51

2.2.3.3. Segmentlängenbestimmung 51

2.2.4. Fehlerquellen 54

2.3. Ergebnisse 56

2.3.1. Beschreibung des Telemarks anhand der kinematischen Daten 56

2.3.1.1. Beschreibung des Telemarks anhand der Winkelverläufe 56

2.3.1.2. Beschreibung des Telemarks anhand der Abstandsdaten 62

2.3.2. Statistische Auswertung 65

2.3.2.1. Bedeutung des Telemarks 65

2.3.2.2. Einflussfaktoren auf die Kampfrichterbewertung 67

2.3.2.3. Taylorpolynomanalyse 71

2.3.2.4. T – Test 73

2.4. Interpretation 77

3. Dynamische und Elektromyographische Untersuchung von

sehr guten Skispringern 81

3.1. Problem und Aufgabenstellung 81

3.2. Methodik 81

3.2.1. EMG – System 81

3.2.2. Pedar – System 83

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3.2.3. Vorbereitung der elektromyographischen und dynamischen Messungen 84

3.2.4. Stichproben (Versuchsgruppe, Kontrollgruppe) 88

3.2.5. Untersuchungsdurchführung 88

3.2.6. Auswertung der Messergebnisse 91

3.2.6.1. Auswertung der elektromyographischen Ergebnisse 91

3.2.6.2. Auswertung der dynamischen Ergebnisse 92

3.2.7. Gütekriterien 93

3.2.7.1. Reliabilität der elektromyographischen Daten zwischen den Probanden 93

3.2.7.2. Reliabilität der dynamischen Daten zwischen den Probanden 96

3.2.7.3. Vergleich der elektromyographischen Daten mit der Literatur 97

3.2.7.4. Vergleich der dynamischen Daten mit der Literatur 100

3.3. Ergebnisse 103

3.3.1. Ergebnis der elektromyographischen Daten 103

3.3.1.1. Beschreibung des Telemarks anhand von Proband B 103

3.3.1.2. Vergleich zwischen den Probanden 106

3.3.1.3. Vergleich zwischen Telemark-Landung und beidbeinigen Aufsprung 110

3.3.1.4. Verleich der Telemark-Landung bei Proband

B mit unterschiedlichen Bedingungen 114

3.3.2. Ergebnis der dynamischen Daten 117

3.3.2.1. Beschreibung des Telemarks und Vergleich der Probanden 117

3.3.2.2. Vergleich zwischen Telemark und beidbeinigem Aufsprung anhand der

dynamischen Daten 119

3.3.2.3. Vergleich des Telemarks bei Proband B zwischen

Bedingung 1 und Bedingung 2 123

3.4. Interpretation 126

4. Zusammenfassende Schlussfolgerung 130

5. Zusammenfassung 133

6. Literaturverzeichnis 135

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1. Historischer Abriss und aktueller Stand zur biomechanischen Forschung

im Skispringen

1.1. Untersuchungen zu Absprung und erster Flugphase

Aufgrund der immanenten Technik entwicklung zu Beginn der 90er Jahre mit der Einführung

der V – Technik durch den Schweden Jan Boklöv konzentrieren sich die wissenschaftlichen

Untersuchungen verstärkt auf die Bereiche

- Absprung – Übergang in die erste Flugphase und

- gesamte Flugphase.

SCHWAMEDER (1994) untersucht in seiner Dissertation kinematische und dynamische

Merkmale des Absprungverhaltens und der ersten Flugphase bis 20 Meter nach dem

Schanzentisch. Die kinematischen Merkmale werden mit Hilfe einer dreidimensionalen

Videoanalyse mit Schwenk und neigbaren Kameras (50 Hz) und die dynamischen Merkmale

durch 2 mobile Kraftmesssohlen der Firma Novel (Pedar) gemessen. Der Autor korreliert

sowohl in der Absprung- als auch in der Übergangsphase die erhobenen Parameter mit der

Sprungweite und kann für jede Phase jeweils 4 Variablen herausfiltern. Die Variablen „Höhe

des Sprunggelenkpunktes nach 10 bzw. 20 Meter Flug“ und „Vertikalgeschwindigkeit nach

10 Metern Flug“ in der ersten Flugphase versteht der Autor als die Folge einer schnellen

Absprungstreckung in der Absprungphase. Differenzierter ist das vierte Merkmal „Projizierter

Winkel Körperachse-Ski nach 20 Metern Flug“ zu sehen. Eine kompakte Flughaltung, die

durch dieses Merkmal charakterisiert wird, resultiert aus einem entsprechend großen

Drehmoment während des Absprunges. Der Skispringer soll demnach nicht nur eine hohe

Vertikalkraft (Korrelation mit der Sprungweite) ,sondern auch ein optimales Drehmoment

während der Absprungphase realisieren, um sehr früh in eine kompakte Flughaltung zu

gelangen. Eine optimale Abstimmung dieser beiden Faktoren sieht der Autor als ein

bestimmendes Maß zum Erreichen einer maximalen Sprungweite an.

ARNDT et al. (1995) analysieren während der Olympischen Spiele 1994 in Lillehammer auf

der kleinen Schanze (K 90) mit Hilfe von 2 Videokameras (50 Hz) das Absprungverhalten

und die erste Flugphase. Zusätzlich wird der Absprung mit einer Highspeed-Kamera (200 Hz)

für eine zweidimensionale Analyse gefilmt. Die kinematischen Daten werden in der

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Übergangsphase zum Zeitpunkt des Absprungs, 5, 10, 15 und 17 Meter nach dem Absprung

erhoben und mit der Sprungweite des Skispringers korreliert. Die Autoren stellen fest, dass 12

Meter nach dem Absprung sich das Flugsystem Springer–Ski stabilisiert hat. Weiters können

Korrelationen zwischen den Schwerpunktparametern und der Sprungweite in keiner Phase

gefunden werden.

Beim Zeitpunkt 17 Metern nach der Absprungkante können folgende Winkel herausgefiltert

Abbildung 1.01: Definition der untersuchten Winkeln (Arndt et. al; 1995)

werden:

• Gerade Hüfte–Knöchel zur x-Achse

• Rumpf–x-Achse

• Ski–x-Achse

• V–Winkel

• Bein Abduktion

Diese Winkelpositionen erklären 84 % (r² = 0,84) der Sprungweite. Die genannten Winkel

stellen somit ein wesentliches Maß der aerodynamischen Flugqualität dar. Nach Meinung der

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Autoren kann man aufgrund qualitativer Beobachtung erkennen, dass manche Skispringer

gegen Ende der Flugphase bis zu 5 Meter an Sprungweite gewinnen können, wenn sie ihre

aerodynamische Position bis zur Landung beibehalten. Diese Erkenntnis stützt sich auf reine

Beobachtungen und sollte nach den Autoren Gegenstand von weiteren Untersuchungen sein.

Bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City werden weitere umfassende

Untersuchungen zur Erfassung von leistungsbestimmenden Faktoren in der ersten Flugphase

auf der Großschanze (K120) durchgeführt. Unter Wettkampfbedingungen werden mit 2

schwenk-, neig- und zoombaren Kameras (50 Hz) die Springer in der Absprungphase und der

ersten Flugphase bis 20 Meter nach der Absprungkante aufgezeichnet. VIRMAVIRTA et al.

(2005) korrelieren die erhobenen Parameter mit der Sprungweite (n = 22) und unterteilen die

Stichprobe in 3 Gruppen, die untereinander mit dem Kruskal–Wallis Test analysiert werden.

Signifikante Korrelationen können in folgenden Winkeln und zu den bestimmten Zeitpunkten

beobachtet werden (Abbildung 1.02).

Abbildung 1.02: Signifikannte Unterschiede zwischen der Gruppe 1a und 1b (Virmavirta et al.; 2005)

Der Körper–Ski–Winkel stellt nach diesen Ergebnissen einen leistungsbestimmenden Faktor

in der ersten Flugphase dar. Je kleiner dieser Winkel von den Springern realisiert werden

kann, umso höher ist der Weitengewinn in diesem Wettkampf. Der Skiangriffswinkel bezogen

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auf die Trajektion des Schwerpunktes kann überraschend als weiterer leistungsbestimmender

Parameter erkannt werden. Die signifikante positive Korrelation bedeutet, dass ein größerer

Ski–Angriffswinkel in der ersten Flugphase einen positiven Einfluss auf den Weitengewinn

hat. Die Autoren begründen diese Ergebnisse mit der ungewöhnlichen Höhenluft in Salt Lake

City (> 2000 m) und der damit verbundenen geringeren Luftdichte. Weiters stellen sie die

Bedeutung einer hohen vertikalen Absprunggeschwindigkeit als leistungsbestimmenden

Faktor in diesem Wettkampf in Frage.

„Negative correlation during the first phase indicates that at least some of the best jumpers are falling much

downwards immediately after the take-off. This way they are probably able to maintain the resultant velocity and

utilize it during the steady flight phase. The obviously do not obtain much lift by strong take-off but compensate

this loss by aerodynamic lift with high velocity. It seems that in this competition with low air density conditions

too upright body position usually caused by the strong take-off was especially disadvantageous.“ (Virmavirta et

al. 2005; S2161)

Zusammenfassend stellen die Autoren eine hohe horizontale Geschwindigkeit und das

sofortige Einnehmen einer kompakten Flugposition als wesentliche Merkmale eines weiten

Sprunges heraus. Die vertikale Absprunggeschwindigkeit, die in der Literatur (Schwameder

1994) als bestimmender Parameter der Absprungbewegung gilt, wird in dieser Untersuchung

als geringerer Einflussfaktor interpretiert und dürfte bei den Wettkämpfen auf der

Kleinschanze eine höhere Bedeutung haben.

SCHWAMEDER et al. (2004) präsentieren beim 3. Internationalen Kongress „Skiing and

Science“ in Aspen die erhobenen kinematischen Daten von den Olympischen Spielen in Salt

Lake City auf der Kleinschanze (K90). Der Wettkampf wird mit 3 synchronisierten schwenk-,

neig- und zoombaren Kameras (50 Hz) aufgenommen. Diese Aufnahmen dienen zum

Identifizieren von leistungsbestimmenden Merkmalen in der Absprung- und ersten Flugphase

bis 30 Meter nach der Absprungkante. Die Autoren können die Neigung des Flugweges und

der Körper–Ski Winkel als signifikant korrelierende Parameter bezüglich der Sprungweite

erkennen. Bei der Unterschiedsanalyse zwischen den besten und schlechtesten Springern

werden die Ergebnisse bestätigt. Beim Körper–Ski Winkel beträgt der Unterschied 3,1° und

beim Körper–Flugweg-Winkel konnte ein Unterschied von 3,4° errechnet werden. Beide

Winkelunterschiede werden als signifikant mit einem Niveau von p<0,003

Irrtumswahrscheinlichkeit bestätigt. Entgegengesetzt zur Untersuchung von VIRMAVIRTA

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et al. (2005) können keine Zusammenhänge zwischen dem Ski - Angriffswinkel und der

Sprungweite beobachtet werden.

Zusammenfassung:

Für die Phase des Absprungs und der ersten Flugphase werden seit der Einführung der V –

Technik relativ wenige Forschungsprojekte publiziert. Die besprochenen Veröffentlichungen

werden unter verschiedenen Ausgangsbedingungen durchgeführt. Während SCHWAMEDER

(1994) Trainingssprünge auf der großen Mattenschanze in Stams (K 105) von der

österreichischen Nationalmannschaft und dem B–Kader untersucht, konzentrieren sich

ARNDT et al. (1995), VIRMAVIRTA et al. (2005) und SCHWAMEDER et al. (2004) auf

Wettkampfbedingungen bei den Olympischen Spielen 1994 in Lillehammer auf der

Kleinschanze (K 90) und in Salt Lake City 2002 auf der Klein- (K 90) und Großschanze (K

120). In allen Untersuchungen werden kinematische Parameter erhoben und mit der

Sprungweite korreliert. Eine frühzeitige und kompakte Flugposition scheint in allen

beschriebenen Veröffentlichungen ein wesentlicher Faktor in der ersten Flugphase zum

Erreichen einer hohen Sprungweite zu sein.

Ein weiteres Merkmal stellt der Winkel zwischen Körper und Ski dar. Bei der Untersuchung

von SCHWAMEDER (1994), VIRMAVIRTA et al. (2005) und SCHWAMEDER et al.

(2004) können signifikante Zusammenhänge mit der Sprungweite in der ersten Flugphase

beobachtet werden. SCHWAMEDER (1994) berechnet 20 Meter nach der Absprungkante

einen Winkel von 18° im Mittelwert. VIRMAVIRTA et al. (2005) berechnet für die beste

Gruppe einen Winkel von ca. 15° und für die schlechteste Gruppe (jeweils n=5) einen Winkel

von ca. 24°. Diese Winkelangaben beziehen sich auf einen Zeitpunkt 1,1 Sekunden nach der

Absprungkante in der ersten Flugphase. SCHWAMEDER et al. (2004) beziffert den

Unterschied zwischen der besten und der schlechtesten Gruppe (insgesamt n=29) mit 3,1° im

Mittelwert. Bei der Betrachtung der Ergebnisse erkennt man eine leichte Tendenz zur

Verringerung dieses Winkels in der ersten Flugphase. Die Unterschiede zwischen der besten

und schlechtesten Gruppe bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City auf der Klein- und

Großschanze sind erheblich. Während VIRMAVIRTA et al. (2005) einen Unterschied von ca.

9° auf der Großschanze berechnet, können SCHWAMEDER et al. (2004) nur einen

Unterschied von 3,1° für den Körper–Skiwinkel erheben. Unter der Vorraussetzung, dass die

Messsysteme ähnlich geringe Fehlerwerte aufweisen, ergeben sich deutliche Unterschiede

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zwischen Klein- und Großschanze. Dies ist ein Indiz dafür, dass auf der Kleinschanze eine

kleinere Variationsbreite für den Körper–Ski Winkel in der ersten Flugphase zu beobachten

ist. Dieser Unterschied kann folgendermaßen interpretiert werden:

• Unterschiedliche Stichprobengröße (Schwameder et al. n = 29; Virmavirta et al. n

= 10)

• Auf der Großschanze ist die Differenz zwischen geringster und höchster

Sprungweite bei 36 Metern im ersten Durchgang. Auf der Kleinschanze beträgt

dieser Unterschied nur 21,5 Meter. Die Variationsbreite ist auf der Großschanze

deutlich größer, ähnlich wie die Unterschiede im Körper–Ski–Winkel

• Nach SCHWAMEDER et al. (2004) spielt die vertikale Explosivkraft während der

Absprungbewegung auf Kleinschanzen eine größere Rolle, als dies auf der

Großschanze der Fall ist. Die Lösungsstrategien auf der Großschanze reichen

demnach aufgrund der höheren Geschwindigkeit und der geringen Luftdichte über

2000 Meter von Technikmerkmalen mit hohem Oberkörpereinsatz (große

Vertikalkraft am Absprung) bis zu Techniken mit sehr geringem

Oberkörpereinsatz und hoher horizontaler Geschwindigkeit beim Absprung. Diese

Absprungvariationen können die beschriebenen Veränderungen im Körper – Ski

Winkel bedingen.

Abgesehen von den Unterschieden zwischen Klein- und Großschanze bei den Olympischen

Spielen 2002 kann man die Tendenz erkennen, dass in den Technikleitbildern versucht wird,

den Körper–Ski–Winkel in der ersten Flugphase zu verkleinern. Dies scheint einem

Optimierungsprozess zu unterliegen. MAHNKE et al. (2002) berichten von negativen Folgen

der individuellen Sprungtechnik auf die Skisprungleistung in der Übergangsphase, wenn ein

zu hoher Drehimpuls vom Absprung und somit eine schnelle und große Körpervorlage mit

sehr geringen Skianstellwinkeln realisiert wird.

Somit scheint es, dass eine frühe und kompakte Flugposition in der Übergangsphase als

vorteilhaft gegenüber der Sprungweite gilt, diese jedoch nicht maximal schnell durchgeführt

werden sollte, weil somit ein negativer Effekt auf die Körpervorlage und die damit

verbundenen Skianstellwinkel gegeben ist. Es gilt eine individuelle Optimierung dieser

Faktoren in der ersten Flugphase zu entwickeln und umzusetzen.

ARNDT et al. (1995) stellen in ihren Ergebnissen heraus, dass 17 Meter nach der

Absprungkante die Kombination von 5 Winkelpositionen des Systems Springer–Ski mit der

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Sprunglänge des Springers signifikant korrelieren (r = 0,92). Darunter befindet sich der

Skianstellwinkel den die Autoren mit dem Winkel zwischen den Skiern und der x–Achse

(Horizontalen) berechnen. Die einzelnen Korrelationen werden in der Publikation nicht

beschrieben. VIRMAVIRTA et al. (2005) errechnen in ihrer Publikation eine Korrelation von

r = 0,585 bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p ≤ 0,01 für den Skianstellwinkel, bezogen

auf die Sprungweite. Die Autoren verstehen im Gegensatz zu ARNDT et al. (1995) den

Skianstellwinkel als Winkel zwischen den Skiern und der Flugbahn des Schwerpunktes.

SCHWAMEDER et al. (2004) können keine Korrelationen zwischen den Skianstellwinkel

und der Sprungweite feststellen. Die Ergebnisse von VIRMAVIRTA et al (2005) sind

deswegen so überraschend, weil ein größerer Skianstellwinkel höhere Sprungweiten bedingt.

Die Autoren führen das auf die geringe Luftdichte bei über 2000 Metern Höhe über dem

Meeresspiegel zurück. SCHMÖLZER et al. (2005) haben den gleichen Wettkampf analysiert

und gehen in ihren Ausführungen auf individuelle Flugstile und die geringe Luftdichte näher

ein.

1.2. Untersuchungen zur gesamten Flugphase

MAHNKE/MROSS (1995) untersuchen die Entwicklung der Flugtechnik zwischen den

Jahren 1991 und den Olympischen Spielen in Lillehammer 1994. Zwischen 1991 und 1993

werden die Daten beim Sommergrand Prix in Hinterzarten erhoben. Das Analyseverfahren

besteht jeweils in starr installierten Videokameras (50 Hz), die die Absprungphase (6,5 m vor-

und 1,5 m nach Absprungkante), Teile der Übergangsphase (6 m bis 20 m nach

Absprungkante) und 4 Bereiche der Flugphase (42 m–50m, 61 m–68 m, 78 m–85 m und 102

m–109 m nach der Absprungkante) erfassen. Aus dem Videomaterial können 2–dimensionale

Bildanalysen durchgeführt werden. Die Anstellwinkel des Unter-, Oberkörpers und der Ski

werden jeweils auf die Flugbahn des Schwerpunktes Springer/Ski berechnet. Die Umstellung

von Klassischer Technik auf die V–Technik wird 1992 von allen Skispringern übernommen.

In der Entwicklung der Flugtechnik können die Autoren zwischen 1991 und 1994 folgende

kinematische Merkmale erkennen:

• Das Erzielen kleinerer Anstellwinkel des Unterkörper im mittleren Flugabschnitt

in Verbindung mit gestreckteren Flughaltungen mit extremer Körpervorlage

(nahezu horizontaler Lage in der 2. Flughälfte)

• Das schnellere Erreichen der Flughaltungen mit kleineren

Unterkörperanstellwinkeln

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• Das Erzielen größerer Skianstellwinkel, insbesondere in der 2. Flughälfte

• Gesamt gesehen kann man sagen, dass die Leistungsentwicklung in diesem

Zeitraum sich darin widerspiegelt, dass leichte Vergrößerungen der Sprungweite

mit einer drastischen Verringerung der Anfahrtsgeschwindigkeiten einhergehen

(siehe Abbildung 1.03)

Abbildung 1.03: Entwicklung der Sprungweite und Anfahrtsgeschwindigkeit zwischen1991 und 1995 (Mahnke / Mross; 1995)

Die in Abbildung 1.03 verdeutlichten Ergebnisse lassen erkennen, dass in diesem Zeitraum

die Skisprungtechnik deutlich verbessert und verfeinert wird. Die Autoren begründen den

Rückgang in der fiktiven Sprungweite aufgrund der beschlossenen Regelungen bezüglich der

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Vorderskilänge, die nach den Olympischen Spielen in Lillehammer auf 57 % der Skilänge

festgelegt wurde. Die Analyse der Videodateien (Großschanze in Lillehammer) bei den

Olympischen Spielen ergeben folgende Konsequenzen:

• Nach dem Absprung wird sehr schnell eine Flughaltung mit extrem großer Vorlage

realisiert

• Dies bedeutet, dass extrem kleine Unterkörperanstellwinkel schon nach 15 m Flug

erreicht werden können. Diese befinden sich bei Weißflog, Bredesen und

Goldberger bei Werten um 40° und teilweise darunter.

• Im nachfolgenden Bereich werden Unterkörperwinkel von 35° und zum Teil auch

darunter erreicht. Dieser Abschnitt befindet sich zwischen 35 m und 40 m nach der

Absprungkante.

• Gegen Ende des Flugabschnitts werden die Unterkörperwinkel deutlich größer. Sie

befinden sich zwischen 40° und 45°. Dies lässt auf eine allmähliche Vorbereitung

auf die Landephase schließen.

• Die Oberkörperanstellwinkel liegen zwischen 32° und 37° mit der Tendenz der

Vergrößerung im Verlaufe des Fluges

• Die Skianstellwinkel liegen im mittleren Flugabschnitt zwischen 30° und 34° mit

der Tendenz der Vergrößerung im Verlauf des Fluges.

Für die Autoren ist die Tatsache überraschend, dass die sehr kleinen Unterkörperanstellwinkel

extrem schnell realisiert werden können und dies eine deutliche Differenz zu den erwarteten

Ergebnissen darstellt.

Jin et al. (1995) untersuchen die aerodynamischen Eigenschaften von 3 Flugtechniken a)

Klassische Technik b) V–Technik c) flache V–Technik. Die flache V–Technik wird im

Gegensatz zur V–Technik mit einem deutlich kleineren Unterkörper–Ski–Winkel (γ = 5°

anstatt 30°) definiert. Anhand von Windkanaluntersuchungen mit einem starren 2:5 Modell

werden die aerodynamischen Kräfte mit Angriffswinkeln von 25° bis 65° durchgeführt. Die

Simulation gilt der 2. stabilen Flugphase. Anhand der Messung der aerodynamischen Kräfte

können in einer Computersimulation die Flugkurven und somit auch die Weiten für die oben

genannten Technik–Variationen berechnet werden. Die höchste Weite erreicht die flache V–

Technik mit einer Weite von 110 Metern. Die V–Technik erzielt mit 108,5 Metern nur eine

geringfügig kürzere Weite. Aus den Ergebnissen zeigt sich die Überlegenheit der V–Technik

gegenüber der klassischen Technik, die in dieser Untersuchung auf eine Weite von 98 Metern

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kommt. In weiterer Folge werden verschiedene Flugkombinationen berechnet. Aufgrund der

Windkanaluntersuchungen haben die Autoren Unterschiede in der ersten Flugphase feststellen

können. Die Klassische und die flache V–Technik weisen in der Übergangsphase deutliche

Vorteile gegenüber der V–Technik auf, weil die Widerstandswerte in diesem Bereich bei den

genannten Techniken deutlich geringer sind. Die Autoren bestätigen die Auffassung, dass

hohe Widerstandskräfte in der ersten Flugphase negative Auswirkungen (vgl. Denoth et al.

1987) auf die Sprungweite haben.

Abbildung 1.04: Berechnung der Sprungweite bei unterschiedlichen Flugtechniken und deren Wechsel innerhalb der Flugphase. (Jin et al.; 1995)

Jin et al. (1995) untersuchen auch verschiedene Kombinationen zwischen den Sprungstilen –

so genannte „style transition models“. Diese werden für die Techniken i) Klassisch > V

Technik, ii) flache V-Technik > V-Technik und iii) Klassisch > flache V-Technik berechnet.

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Die Computersimulation konnte für die jeweiligen Techniken den optimalen Wechselpunkt

zwischen den Techniken errechnen. Die Autoren finden die Kombination zwischen

Klassischer und V–Technik mit einer Weite von 112,5 Meter am effektivsten. In der

Simulation kann für den Wechsel von flacher V–Technik zur herkömmlichen V–Technik die

gleiche Weite errechnet werden. Den Autoren ist zu jenem Zeitpunkt die Durchführung dieser

Technik mit den damaligen Vorraussetzungen auf dem Materialsektor nicht vorstellbar. In

Abbildung 1.04 sind die effektivsten „style transition models“ noch einmal im Vergleich mit

der V – Technik dargestellt.

Abbildung 1.05: Berechnung der Sprungweite der verschiedenen Flugtechniken bei unterschiedlichen Drehmomenten. (Jin et al.; 1995)

In einem weiteren Abschnitt der Untersuchung analysieren die Autoren den Einfluss des

Drehmoments, das während der Absprungphase realisiert wird. Grundsätzlich wird die

Bedeutung eines hohen Drehmoments als ein positiver Faktor bezüglich der Sprungweite

verdeutlicht. Da bei der V–Technik nach diesen Untersuchungen höhere Widerstandskräfte

wirken, ist ein entsprechend hohes Drehmoment nötig, um diese Kräfte möglichst gering zu

halten (vgl. Denoth et al. 1987). In Abbildung 1.05 werden die drei Grundtechniken bezogen

auf die Sprungweite noch einmal aufgelistet. Die Autoren beschreiben diese Abbildung

folgendermaßen:

„Although the distances for V style are longer than those for flat V style where initial angular velocity is less

than -17°/s, we would like to conclude that flat V style is superior to V style. According to Kobayakawa and

Kondo (1985), the angular velocity fort he vast majority of ski jumpers on the border between Phase I and II,

which was the initial position in our simulations, was -15°/s. Thus it is impossible for us to assume that ski

jumpers can rotate with initial angular velocities over -17°/s.“ (Jin et al.; 1995; S472)

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Jin et al. stellen dabei heraus, dass die flache V – Technik und die klassische Technik bezogen

auf das Drehmoment wesentlich weniger sensibel hinsichtlich der Sprungweite sind als das

für die V–Technik anhand dieser Untersuchung erscheint. Die bevorzugte Bewegungstechnik

während der Flugphase erscheint den Autoren die flache V–Technik zu sein. Zum Zeitpunkt

dieser Veröffentlichung ist aber die Durchführung einer solchen Flugtechnik noch nicht

realisierbar und gilt somit als Anhaltspunkt für Trainer und Athleten.

Müller et al. (1996) untersuchen die Flugphase mit Hilfe von drei Techniken. Als Grundlage

der Daten dienen Windkanalmessungen von österreichischen Spitzenspringern in der

Bundesversuchs- und Forschungsanstalt ARSENAL (BVFA) in Wien. Dabei werden bei

verschiedenen Winkeleinstellungen und Windgeschwindigkeiten die Auftriebs- und

Widerstandswerte der jeweiligen Springer gemessen.

Bei den 13. Skiflugweltmeisterschaften in Planica 1994 wird eine Felduntersuchung von den

Autoren durchgeführt. Dabei wird mit Hilfe von starren Kameras die Flugpositionen bei den

Längspunkten vom Schanzentisch ausgehend l = 0, 6, 12, 67, 115, 133, 146 und 178 m

erfasst.

Die Daten der Windkanaluntersuchungen und der

Feldstudie werden in ein Computer-

Simulationsprogramm eingegeben und fehlende

Daten interpoliert. Aufgrund der Simulationsdaten

können weitere wichtige Parameter errechnet

werden.

Ein wesentlicher Bestandteil der Untersuchung ist

das Errechnen von Momenten während der

Flugsituation. In Abbildung 1.06 kann man die

Momente, verursacht vom Windwiderstand, in

Bezug zum Öffnungswinkel V und den

Skianstellwinkel α erkennen. Die Autoren beurteilen

dieses Diagramm folgendermaßen:

Abbildung 1.06: Drehmomente in Abhängigkeit des Skiöffnungswinkels, des Skianstellwinkels und des Windwiderstandes (Müller et al.; 1996)

„A limitation of front ski to total ski length relation L1/L reduces the high torque on the skis caused by the

airstream and thus improves the athlete`s control of the pitching moment. This has also an influence on the flight

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style: The athlete cannot lean forward in an extreme way such as shown in Fig. 1(d) and has to perform the take-

off rotation more gently.“ (Müller et al., 1996, S 1065)

Nach den Ergebnissen der drei Untersuchungen bedeuten größere Drehmomente bei einem

erhöhten Verhältnis zwischen Vorderskilänge und Skilänge die Gefahr des Nach-Vorne-

Kippens des Athleten in der Flugphase. Einerseits kann dieses Kippmoment durch eine

geringere Vorderskilänge vermindert werden und andererseits sind entsprechend gefährliche

Körpervorlagen während der Flugphase nur mehr bedingt möglich. Die FIS hat aufgrund der

Untersuchungen der Autoren die Vorderskilänge auf 57 % der Skilänge reglementiert. Dieses

Limit hat sich bewährt und ist noch immer gültig.

Müller et al. (1996) machen weiters darauf aufmerksam, dass sich mit dem moderneren

Material die Flugkurven deutlich verändert haben und Sprünge über den K-Punkt leichter

möglich sind. Die leichten Athleten sind eher in der Lage weite Sprünge ohne großes

Verletzungsrisikos zu stehen. Bei den etwas schwereren Springern ist dies nicht mehr der Fall.

Deshalb sollen nach Meinung der Autoren auf Basis von Computer-Simulationen idealere

Aufsprungflächen geschaffen werden, die sich der Flugkurve des Springers anpassen und

somit die Landekräfte reduzieren.

„A Ski length regulation which also considers the body weight would provide a tool to increase fairness and to

prevent intentionally induced anorexia. Such a regulation is urgently necessary. The trajectories and velocities

obtained for different masses give the scientific explanation for the intentionally induced anorexia of many

athletes of today“ (Müller et al.; 1996; S 1067)

Müller et al. haben aufgrund ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen schon zu Mitte der

90er Jahre erkannt, dass das Gewicht der Springer im Reglement verankert werden sollte, um

gesundheitlich bedenkliche Tendenzen im Skisprung zu verhindern. Diese Forderung wird

erst 2004 von der FIS realisiert.

Schmölzer und Müller (1996) veröffentlichen mittels einer Posterpräsentation beim 1. ICSS

Kongress in St. Anton ihre Untersuchungsergebnisse der Auftriebs und Widerstandswerte in

der Flugphase. Als Grundlage dienen die soeben besprochenen Untersuchungen von Müller et

al. (1996). Aufgrund der Ergebnisse wird ein Referenzsprung in der Computer-Simulation

erstellt. Bei diesem Ausgangssprung werdem im 1., 2. und 3. Flugabschnitt jeweils die

Auftriebswerte und die Widerstandswerte um 5% erhöht und in einem weiteren Schritt die

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Sprungweite errechnet. In einem dritten Rechenschritt werden sowohl die Auftriebs- als auch

die Widerstandswerte um 5% erhöht. Eine Vergrößerung beider Kräfte wirkt sich im 3.

Drittel am günstigsten aus. Während im ersten Drittel die Sprungweite um 1.3 Meter

abnimmt, erhöht sich die Sprungweite im dritten Drittel um 5 Meter. Der größte

Weitengewinn ergibt sich bei einer Erhöhung der Auftriebswerte im zweiten (+7.8 m) und

dritten Drittel (+8.4 m) der Flugphase (siehe Abb 1.07).

Abbildung 1.07: Berechnung der Sprungweite in Abhängigkeit der Auftriebs und Widerstandskräfte (Schmölzer/Müller; 1996)

Mahnke/Mroß (1997) untersuchen mit Hilfe von fünf bis sieben (Klein- und Großschanze)

starren Kameras die wichtigsten Flugparameter bei den Nordischen Skiweltmeisterschaften

1997 in Trondheim. In der Betrachtung der Endergebnisse, bezogen auf die Platzierung,

stellen die Autoren fest, dass eine größere Leistungsdichte vorhanden ist und geringfügige

Unterschiede in der Anfahrtsgeschwindigkeit und in der Landung zu deutlichen

Verschiebungen in der Platzierung führen. (Manke / Mroß; 1997; S 48) Am deutlichsten

unterscheiden sich die Athleten durch die besseren aerodynamischen Flugqualitäten.

„Die Mittelwerte der Flugpunkte der Gruppe 1. – 3. Platz sind jeweils am höchsten, und der

Korrelationskoeffizient (Korrelation zwischen Wettkampfplazierung und erzielten Flugpunkten) für die Gruppe

1. – 10. Platz ist mit Werten zwischen R = -0.3 und -0.53 auf der K 90 relativ hoch. Das spiegelt sich bei den

Spezialspringern beim Vergleich der Technikparameter darin wider, dass die Leistungsgruppen 1. – 3. Platz

jeweils auch größere Annäherungen an das Technikleitbild erzielen als die Gruppen 1. – 10. Platz.“ (Manke /

Mroß; 1997; S 48)

Die deutlichen Unterschiede zum Technikleitbild, das von Mahnke/Mroß 1994 mit Hilfe von

Computer-Simulationen und den Untersuchungen (siehen Mahnke/Mroß; 1994) im Zeitraum

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von 1991 bis 1994 beschrieben worden ist, zeigen sich in der Flugphase in folgenden

Parametern:

• Die Drehung in die Flugposition erfolgt langsamer als dies im Technikleitbild

beschrieben ist.

• In der mittleren Flugphase erreichen die Springer Skianstellwinkel von ca. 40°.

Gegenüber dem Technikleitbild befinden sich diese Werte an der oberen Grenze.

Die Autoren erkennen damit eine Tendenz zu höheren Skianstellwinkeln in

Verbindung mit größeren Unterkörperanstellwinkeln. (im mittleren Flugabschnitt

bei ca. 50°)

Abschließend erkennen die Autoren, dass es in der Saison 1996/1997 wieder eine Tendenz

zur Verringerung der Leistungsreserven gibt. Nach den Olympischen Spielen 1994 ist eine

gewisse Stagnation der komplexen Gesamtleistung erkennbar. Die Leistungsreserven liegen

unter anderem auch in einer verbesserten Flugposition im Landeanflug. Durch eine

Verbesserung der Körperspannung, Verringerung der Körperwinkel und Vergrößerung des

Skianstellwinkels könneim Aufsprungbereich Leistungsreserven minimiert und somit die

Komplexleistung gesteigert werden.

Jost et al. (1997) haben bei den Skiflugweltmeisterschaften 1994 in Planica mit Hilfe von drei

Videokamera–Paaren eine 3D-Kinematik erstellt. Die ersten zwei Kameras filmen die letzten

10 Meter der Absprung–Plattform. Die ersten 10 Meter der Flugphase werden von den

Kameras drei und vier aufgezeichnet. Die Kameras fünf und sechs nehmen die Daten

zwischen den Metern 75 und 85 auf. Ziel der Untersuchung ist es, leistungsbestimmende

Faktoren für die Weite herauszufiltern. Die Autoren analysieren 28 Athleten, die sie in drei

Gruppen einteilen. (überdurchschnittlich n=7; durchschnittlich n=14; unterdurchschnittlich

n=7) Die Weite der Probanden wird mit den ermittelten Parametern korreliert. Die Autoren

können folgende leistungsbestimmende Faktoren ermitteln (Jost et al.; 1997; S 43):

• Die Maximierung der Bewegungsresultierenden des Schwerpunktes (VTT;

r=0.38*)

• Die Maximierung der horizontalen Komponente der Bewegungsresultierenden des

Schwerpunktes während des gesamten Fluges und insbesondere im 1. Flugteil

(VTTX; r=0.36*

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• Die Minimierung des Winkels zwischen dem Gesamtkörper (Knöchel/Schulter)

und der Horizontalen insbesondere in der Mitte des Fluges (ASAS; r=-0.57*)

• Die Minimierung des Winkels zwischen der Körperlängsachse und den Skiern in

allen Teilen der Flugphase (ALF; r=-0.39*)

• Die Minimierung des Winkels zwischen der horizontalen Komponente des

Körperschwerpunktes und der Flugbahn des Körperschwerpunktes in der Mitte des

Fluges. Dieser Parameter war sowohl im ersten als auch im zweiten Durchgang

signifikant. (ALE; r =-0.72*, -0.78*)

• Die Optimierung des Winkels zwischen Oberkörper und den Skiern in der

Absprungphase. Während der Flugphase sollte dieser Winkel reduziert werden.

(ALO; r=-0.47*,-0.53*)

Die Autoren sehen diese Parameter als hypothetische Tendenz und stellen fest, dass weitere

Untersuchungen zur Sicherung dieser Daten und Zusammenhänge nötig sind.

Sasaki et al. (2000) untersuchen ebenfalls Auftriebs- und Widerstandswerte während des

Sommer-Grand-Prix der Skispringer in Hakuba 1998 und des Weltcupspringens in Okura

1999. Die Autoren verwenden zwei verschiedene Methoden zur Datengewinnung. Einerseits

werden mit einer High-Speed-Kamera im Bereich von 70 bis 90 Metern in Hakuba und im

Bereich von 80 bis 100 Metern in Okura die 10 besten Skispringer gefilmt. Anhand der

kinematischen Daten können die Auftriebs- und Widerstandswerte gemessen werden.

Andererseits werden mit Hilfe von Windkanalmessungen und der mathematischen

Modellierung die gleichen Daten errechnet. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die externen

Einflüsse auf den Skispringer in der Flugphase zu quantifizieren. Mit Hilfe des

mathematischen Modells können die gemessenen Daten überprüft werden.

Die Autoren stellen fest, dass Auftriebs- und Widerstandswerte für jeden Springer sehr

individuell zu sein scheinen und über den gesamten Flug hinweg nicht konstant sind. In der

Phase vor dem P-Punkt ist die höchste Geschwindigkeit gegeben, und somit erhöhen sich die

Widerstandswerte in diesem Bereich am meisten. Wenn man die gemessenen Widerstände

mit der Skilänge korreliert, so erhalten die Autoren signifikante Werte sowohl beim

Sommerwettkampf in Hakuba (r = 0,729*) als auch im Winter auf den Schanzenanlagen in

Okura (r = 0,782*).

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Mahnke et al. (2002) versuchen, ähnlich wie in den vorangegangenen Artikeln eine Analyse

der Flugqualität durchzuführen. Als grundlegende Methode werden starre Kameras bei der

ersten Station der Vierschanzentournee in Oberstdorf zwischen den Jahren 1998 bis 2001

verwendet. Aus den Videodateien können 2D-Kinematiken gewonnen und somit die

wichtigsten Parameter (Skianstellwinkel, Unterkörperwinkel und Oberkörperwinkel)

gemessen werden. In den bereits besprochenen Beiträgen der Autoren wird eine Tendenz der

Vergrößerung des Skianstellwinkels und des Unterkörperwinkels, bezogen auf die Skier,

festgestellt. Die größere Bandbreite an Technikvariationen führen die Autoren auf die

festgelegten Regeländerungen der FIS (Fédération International du Ski) zurück. In den

aktuellen Untersuchungen kann ein entgegengesetzter Trend festgestellt werden. Anhand des

Leistungsvergleichs von Martin Schmidt kann man die Verringerung des

Gesamtkörperwinkels von ca. 41° (1998) auf ca. 38° (2001) erkennen. Ähnlich verringert

wird auch der Unterkörperwinkel von ca. 50° (1998) auf ca. 47° (2001). Diese Veränderung

der Flugposition ist nicht nur beim damaligen Spitzenspringer Schmidt, sondern auch bei

weiteren Weltklassespringern erkennbar. Die Autoren erkennen diese Technikmerkmale als

einen wesentlichen Parameter zur Beurteilung der Flugqualität und somit auch der komplexen

Gesamtleistung:

„Für die anderen deutschen Springer gibt es im Flugabschnitt, insbesondere in der 2. Flughälfte, noch große

Reserven. Hier konnten die seit langem vorhandenen Rückstände zur Weltspitze bezüglich einer großen

Körpervorlage nicht entscheidend verringert werden. Eine wesentliche Ursache hierfür liegt darin, dass auch der

Abstand zwischen Unterkörper und Ski nicht entscheidend verringert werden konnte.“ (Mahnke et al.; 2002;

S67)

Mahnke et al. (2002) versuchen zusätzlich anhand von Windkanaluntersuchungen und

Computersimulationen einerseits Grenzen der Technikentwicklung abzuschätzen und

andererseits die Effektivität von unterschiedlich praktizierten Flugpositionen zu beurteilen.

Bei der Berechnung der Sprungweite, bezogen auf den Gesamtkörper- und

Unterkörperwinkel, können eindeutige Ergebnisse festgestellt werden. Je kleiner der

Gesamtkörperwinkel ist, umso größer ist die Weite, die der Springer erzielen kann. Dies

bedeutet, dass sich große Körpervorlagen günstig auf die Flugqualitäten auswirken. Ähnlich

verhält sich dies beim Unterkörperwinkel. Je kleiner der Unterkörperwinkel ist, umso größer

ist die Weite, die der Springer erzielen kann. Diese Tendenz bedeutet für das System

Springer–Ski, dass eine gestreckte gegenüber einer gebeugten Körperhaltung zu bevorzugen

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ist. Bei diesem Aspekt muss man in Betracht ziehen, dass mit großer Körpervorlage und mit

kleinen Unterschenkelwinkeln ein optimal großer Skianstellwinkel realisiert werden sollte.

Die Autoren sehen in diesem Aspekt ein Leistungspotential für weitere Flughaltungen,

insbesondere in der zweiten Flughälfte, und stellen fest, dass die Erschließung dieser

Reserven an die Entwicklung des Materialsektors gebunden ist. In diesem Bereich liegen aber

kaum Untersuchungsergebnisse vor.

Schmölzer und Müller (2002) untersuchen die aerodynamischen Kräfte bezüglich des

Gewichtes der Skispringer. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, unterteilen Sie ihre

Untersuchung in drei Abschnitte. Als Grundlage werden in der Saison 1999/2000 drei

Weltcupspringen analysiert. Mit Hilfe von Videoaufzeichnungen und den daraus

resultierenden 2D-Kinematiken können bei den Springen in Villach (K90), Innsbruck (K110)

und am Kulm (K185) die wichtigsten Flugwinkelparameter gemessen werden. Weiters

werden Windkanalmessungen in Wien und das Einspeichern der Daten in ein Computer-

Modell durchgeführt. Um eine Simulationsstudie durchführen zu können, bei der

unterschiedliche Kräfte und Gewichte simuliert werden, wird ein Referenzsprung aufgrund

der empirischen Daten und der weiteren Untersuchungen erstellt. Dieser Sprung ist

stellvertretend für den derzeitigen Stand der Flugqualitäten innerhalb der Weltspitze zu sehen.

Die Autoren beschäftigen sich in einem ersten Schritt mit dem Optimierungsproblem

zwischen Auftrieb und Widerstand.

„It is important to point out, that the ratio L/D had a maximum at a low angle of attack α = 30°, while the

maximum L value was found at a high angle of attack α = 40°. It is not only the ratio L/D that determines the

performance during the flight, it also is the absolute value of L, which should be low, that influence the

performance effectively. The difficult optimisation problem associated with this has to be solved by the athlete in

real time.” (Schmölzer und Müller; 2002; S1067)

Ähnlich wie bei der Poster-Präsentation zum 1. ICSS Kongress „Skiing & Science“ in St.

Anton von denselben Autoren hat die Erhöhung des Auftriebes, auch bei gleichzeitiger

Steigerung der Widerstandswerte, einen positiven Effekt auf die Flugqualität des

Skispringers.

Anhand des Referenzsprunges können auch weitere Parameter errechnet werden. In

(Abbildung 1.08) kann man die Flugbahnen mit unterschiedlich eingegebenen Gewichten des

Skispringers erkennen. Die Abbildung 1.08(c) unterscheidet sich von der Abbildung 1.08(a)

durch das Miteinrechnen von 3 m/s Wind von vorne. Die Weite erhöht sich für den

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Abbildung 1.08: Flugbahnen bei unterschiedlichen Massen der Athleten (Schmölzer / Müller; 2002)

leichtesten Springer augenscheinlich. Die Autoren weisen darauf hin, dass ein geringes

Gewicht des Skispringers nicht nur eine höhere Weite gewährleistet, sondern es dem Springer

auch ermöglicht, aufgrund des günstigeren Balance-Punktes eine größere Körpervorlage zu

realisieren und somit eine größere Weite zu springen. Schmölzer und Müller (2002) kommen

aufgrund ihrer Untersuchungen zu folgendem Schluss:

„The computer simulation shows that the jump length markedly increases with decreasing weigth.

Anthropometrical studies indicate that some of the athletes and their coaches go beyond the limits of reason

(Müller, 2002). Regulations that recompense heavier athlete´s ballistic disadvantages are urgently needed.

Several possibilities such as ski length or jumping suit regulations, that also consider body weight will be

discussed in the near future and the data presented here will form a reliable basis for the improvement of

regulations.” (Schmölzer und Müller; 2002; S 1068)

Diese Untersuchungen haben unter anderem auch dazu geführt, dass ein paar Jahre danach

das Reglement im Skispringen geändert wurde und das Körpergewicht in Form des Body

Mass Index in die Berechnung der Skilänge für den Skispringer berücksichtigt wird.

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Abbildung 1.09: Das Flugimitationsgerät BEG mit einem Probanden (Kreibich; 2003)

Eine der wenigen veröffentlichten Untersuchungen in Hinsicht auf die Einstellung des

Materials während der Flugphase stellt der Artikel von Kreibich (2003) dar. Auf der

Grundlage der Untersuchungen von Mahnke et al. (2002) versucht Kreibich (2003) ein

Flugimitationsgerät (wird BEG genannt) zu entwickeln und verschiedene Flugpositionen und

Materialeinstellungen zu validieren. Mit Hilfe des BEG kann der Springer mit seiner

gesamten Sprungausrüstung eine flugnahe Position einnehmen. Durch ein Lastensystem, das

am Vorderski mit einer Umlenkrolle befestigt ist, können mit unterschiedlichen Gewichten

die verschiedenen Kräfte auf den Vorderski simuliert werden. In Abbildung 1.09 kann man

das BEG mit einem Probanden in Sprungadjustierung erkennen. Der Autor bearbeitet in

seiner Untersuchung zwei wesentliche Fragestellungen:

1. Bei welchen Laststufen werden auf dem BEG die Differenzwinkel von

Schanzensprüngen erreicht, und welche praxisrelevanten Laststufen können zur

Simulierung von Groß- bzw. Kleinschanzen für das BEG abgeleitet werden?

2. Wie gestaltet sich der Einfluss verschiedener Bindungs- und Materialeinstellungen

sowie einer bewusst maximalen Körperspannung auf den Differenzwinkel bei

Untersuchungen mit dem BEG?

Zur Lösung der ersten Fragestellung wird in einem ersten Schritt der Differenzwinkel

zwischen Unterkörper und Ski bei Schanzensprüngen auf einer K 120 ermittelt. Aufgrund

dieser Ergebnisse simulieren die 26 Probanden aus dem deutschen Spitzen- und

Nachwuchsbereich (A-, B- und C-Kader) auf dem BEG ihre individuellen Flughaltungen und

es wird jenes Gewicht (in kp) ermittelt, das dem Differenzwinkel der Schanzensprünge

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entspricht. Beim zweiten Schritt wird dieses Gewicht von den fünf besten Probanden gemittelt

und als Maß für alle Probanden hergenommen. In der Abbildung 1.10 erkennt man alle

Probanden mit dem Differenzwinkel sowohl auf der Großschanze als auch auf dem BEG bei

3,0 kp. Nach dem Technikleitbild sollte der Differenzwinkel ca. 15° ausmachen. Aufgrund

der Differenzwinkel bei den Schanzensprüngen und auf dem BEG teilt der Autor die

Probanden in drei Gruppen und analysiert diese folgendermaßen:

Abbildung 1.10: Differenzwinkel auf der Grossschanze und beim BEG im Vergleich (Kreibich; 2003)

- Die Probanden der Gruppe 1 erreichen ihre Differenzwinkelwerte der erfassten

Schanzensprünge mit ähnlichen Differenzwinkelwerten bei 3,0 kp auf dem

BEG. Sie erreichen aber weder bei Schanzensprüngen noch auf dem BEG bei

normaler Körperspannung einen zweckmäßigen Differenzwinkel zwischen

Unterkörper und Ski von <15°. Die sehr großen und damit unzweckmäßigen

Differenzwinkelwerte bei den erfassten Schanzensprüngen und auf dem BEG

lassen auf eine noch nicht optimal gelungene Materialeinstellung schließen.

- Die Ergebnisse der Probanden aus der Gruppe 2 zeigen, dass bezüglich der

Differenzwinkel zwischen Unterkörper und Ski von Schanzensprüngen ebenso

unzweckmäßig große Winkelwerte erzielt werden. Auf dem BEG erreichen

jedoch die Probanden der Gruppe 2 deutlich kleinere Differenzwinkelwerte

gegenüber ihren erfassten Werten von Schanzensprüngen. Die kleineren

Differenzwinkelwerte auf dem BEG zeigen die Reserven der Probanden der

Gruppe 2 im Flug auf. Bei den meisten Probanden wären bei der Ausnutzung

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der individuellen Material- und Leistungsvoraussetzungen keine

Materialanpassungen notwendig.

- In der Gruppe 3 sind Smi, Rit, Her, MeM und Bad mit dem technisch besten

Niveau (Diff UK-SK <20°) aller untersuchten Probanden eingeordnet.

Kreibich (2003) kann mit Hilfe des BEG Leistungsreserven innerhalb der Flugphase durch die

unterschiedlichen Differenzwinkel erkennen. Das Messen dieses Winkels bei

Schanzensprüngen ist dabei als Vergleichswert nötig. In einem weiteren Schritt kann das BEG

auch für die Sensibilisierung von Flugpositionen im Vergleich zu den Schanzensprüngen

herangezogen werden. Erkannte Leistungsreserven können somit darauf geschult und

sensibilisiert und bei guter Bewegungsvorstellung bei Sprüngen auf der Schanze umgesetzt

werden.

In einem weiteren Schritt werden auf dem BEG mit ausgewählten Probanden zusätzliche

Untersuchungen durchgeführt. Ziel ist dabei, die Auswirkungen von unterschiedlichen

Körperspannungen, Bindungsband, Schuhschnürung und Schuhmaterial bezogen auf den

Differenzwinkel zwischen Unterkörper und Ski festzustellen.

Dieser Parameter wird mit normaler und mit maximaler Körperspannung bei mehreren

Laststufen gemessen. Dabei kann man erkennen, dass der Ski mit maximaler Körperspannung

deutlich stärker angestellt und somit der Differenzwinkel verringert wird als mit normaler

Körperspannung.

Bei der Variation der Bindungsbandeinstellung scheint nach den Untersuchungen von

Kreibich (2003) eine Verlängerung des Bindungsbandes um 1 cm als sinnvoll, weil somit der

Winkel zwischen Unterkörper und Ski um 4° - 8° verringert werden kann.

Die Variation bezogen auf die Schuhschnürung erfolgte sehr individuell. Eine negative

Auswirkung auf den Differenzwinkel erfolgt beim Binden der Schnürsenkel um den

Schuhkeil herum. Dies sollte möglichst vermieden werden.

Im Bereich des Schuhmaterials werden drei Probanden mit verschiedenen Schuhen und in

mehreren Laststufen erfasst. Aus dieser Untersuchung wird klar, dass neues und noch nicht so

gut eingesprungenes Schuhmaterial Nachteile gegenüber dem elastischeren gebrauchten

Material bezogen auf den Differenzwinkel hat. Dies bedeutet, dass neues Schuhmaterial erst

nach einer gewissen Eingewöhnungsphase einen nach dem deutschen Technikleitbild

optimalen Unterkörper – Skiwinkel zulässt.

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Schmölzer/Müller (2005) untersuchen die unterschiedlichen Flugtechniken bei den

Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City auf der Großschanze. Die Autoren verwenden

Kameras bei 0, 2, 6, 17, 28, 38, 54, 60, 72, 87 und 97 Metern nach dem Schanzentisch auf

Höhe der Flugbahn. Dadurch können kinematische Daten in 2D-Form gewonnen werden.

Ergänzend zu den empirischen Untersuchungen wird eine Computer-Simulation der

Flugbahnen durchgeführt. Die speziellen Rahmenbedingungen in Park City führen im

Gegensatz zu den Flugtechniken auf anderen Schanzen zu einer Adaptation des

Skianstellwinkels α und des Körper–Ski–Winkel β. Die um ca. 20 % geringere Luftdichte von

1.0 kg/m³ gegenüber herkömmlichen Schanzenanlagen bewirkt einerseits eine höhere

Anfahrtsgeschwindigkeit, andererseits treten in der Flugphase wesentlich geringere

aerodynamische Kräfte auf, die die Flugqualitäten des Skispringer negativ beeinflussen.

Somit konnten Schmölzer/Müller auf der Großschanze größere α- und β-Winkel beobachten.

Diese Winkelpositionen des Skispringers resultieren aus den geringeren Absolutwerten der

Auftrieb- und Widerstandskräfte. In einem weiteren Schritt haben die Autoren den Einfluss

des Gewichtes auf die Flugtechnik beobachtet und stellen fest:

„Additionally to the effect of reduced mass according to the equations of motion, the light athlete can lean

forward in a more extreme way without loosing stability and this also increases jump length. The athlete AS

(Amman Simon) leans forward in a very pronounced way (he used the lowest α + β-angle) which is only

possible with very low body weight, particularly at the thin air conditions of Park City. A disadvantage during

the flight phase cannot at all be compensated by a higher in-run velocity v0 associated with increased BMI.“

(Schmölzer / Müller; 2005; S1065)

Uhlar/Janura (2006) stellen beim Kongress in Vuokatti (FIN) ihre Untersuchungen über die

optimalen Flugpositionen vor. Ihre Methodik stützte sich dabei auf die Wind–Kanal

Untersuchungen von Schmölzer/Müller (2002). Mit Hilfe des „Pontryagin´s maximum

principle“, das 1984 von Remizov zum Errechnen einer optimalen Flugposition verwendet

wird, können die entscheidenden Flugparameter Skiangriffswinkel α, Körper–Ski–Winkel β,

Hüftwinkel γ und der Skiöffnungswinkel V errechnet und optimiert werden. Die Autoren

kommen dabei zu den Ergebnissen, dass die Winkel α, β und γ minimiert, während der

Skiöffnungswinkel V vor allem in der zweiten Hälfte der Flugphase vergrößert werden sollte.

Diese Ergebnisse decken sich teilweise mit den Untersuchungen von Mahnke und Mroß.

Auch sie forcieren einen geringeren Skiangriffswinkel und eine größere Körpervorlage in der

Flugphase zu realisieren. Die Minimierung des Hüftwinkels konnten die Untersuchungen von

Mahnke und Mroß nicht bestätigen. Sie plädieren in ihren Untersuchungen für eine

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Vergrößerung des Hüftwinkels, um eine größere Körpervorlage mit gestreckter

Körperposition realisieren zu können. Für diesen Aspekt bedarf es weiterer Untersuchungen

der Flugposition und ihrer Entwicklungen in der näheren Zukunft.

Zusammenfassung:

Seit der Einführung der V-Technik im Skispringen durch Jan Boklöv stellen das

Flugverhalten des Systems Springer-Ski und die angewendeten Techniken einen wesentlichen

Forschungsgegenstand im Skispringen dar. Mahnke/Mroß (1995) sehen die Flugqualität

neben der Anfahrtsgeschwindigkeit und der vertikalen Abfluggeschwindigkeit am

Schanzentisch als zentralen Parameter. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass dieser

Bewegungstechnik in den 90ern und nach der Jahrtausendwende große Beachtung geschenkt

wird. Die Weiterentwicklung in diesem Bereich ist sehr beachtlich und wird auch durch die

große Anzahl an Regeländerungen durch die FIS dokumentiert. Im Großen und Ganzen

umfassen die Änderungen folgende Faktoren:

- Verringerung der Vorderskilänge auf 57% der Gesamtskilänge

- Minimierung der Stoffdicke der Sprunganzüge auf 3 mm

- Enger anliegende Sprunganzüge (höchstens 6 cm Abstand)

- Limitierung der Schnittführung des Sprunganzuges

- Reglementierung der Skilänge bezogen auf den Body Mass Index (BMI)

Die Forschungstätigkeit unter wissenschaftlicher und nicht wissenschaftlicher Mithilfe ist in

dieser Zeit sehr groß. Man kann dabei nicht genau sagen, wie viel Wissen innerhalb der

Nationen geblieben ist und inwieweit neue Erkenntnisse in Bezug auf Flugtechniken und

insbesondere in Hinsicht auf die Materialforschung publiziert werden. Die meisten

Publikationen bezüglich der Flugphase werden von zwei Forschungsgruppen eingereicht.

Die Forschungsgruppe um Schmölzer und Müller beschäftigt sich seit der Entwicklung der

V–Technik mit den biomechanischen Faktoren dieser Flugtechnik. Ihre Untersuchungen

basieren auf drei verschiedenen Methodiken. Bei den Feldmessungen werden mit starren

Kameras Videoaufzeichnungen aufgenommen. Aus diesen können 2D Kinematiken errechnet

werden. Durch Windkanaluntersuchungen und Computersimulationen können weitere

Parameter bestimmt werden. Diese Forschungsgruppe arbeitet sehr stark mit der FIS

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zusammen und im Mittelpunkt der Forschungen stehen auch die materiellen Entwicklungen.

Müller, Platzer und Schmölzer (1996) schließen aus ihren Untersuchungen, dass eine

Limitierung des Vorderskis auf 57% es dem Athleten nicht mehr so leicht ermöglicht,

extreme Flugpositionen zu realisieren. Es kann somit eine sicherere Körperposition in der

Luftfahrt durchgeführt werden. Nach der Jahrtausendwende widmen sich die Autoren

insbesondere der Bedeutung des Köpergewichtes bezüglich der Flugphase. Schmölzer/Müller

(2002) erkennen, dass sich die Sprungweite mit geringerem Gewicht erhöht. Dies ist nicht nur

auf das Gewicht zurückzuführen, sondern auch auf eine bessere Realisierung von geringen

Körper–Ski–Winkeln. Die Autoren erkennen auch, dass bei den Luftkräften nicht nur das

Verhältnis zwischen Auftrieb und Widerstand eine bedeutende Rolle spielt, sondern auch die

Absolutwerte einen Einfluss auf die aerodynamischen Flugqualitäten des Springers haben.

Schmölzer/Müller (1996) erhöhen in einer Computersimulation sowohl die Auftriebs- als

auch die Widerstandswerte um jeweils 5%. Wenn diese Vergrößerung im dritten Sprungdrittel

auftritt, führt das zu einer größeren Weite von fünf Metern.

Schmölzer und Müller fordern in ihren Publikationen 2002 und 2005 eine Regelveränderung,

in der das Körpergewicht in einer Form mit einbezogen wird. Dies wird auch 2004 von der

FIS durchgeführt und auf Basis dieser Untersuchungen festgelegt. Schmölzer und Müller

(2005) untersuchen während der Olympischen Spiele in Salt Lake City die Flugqualitäten der

Athleten unter den gegebenen Rahmenbedingungen von ca. 2100 Metern Seehöhe. Die

Autoren stellen fest, dass die Anfahrtsgeschwindigkeit deutlich höher liegt, als dies bei

normalen Großschanzen der Fall ist, aber durch die geringeren Auftrieb- und

Widerstandskräfte ein höherer Skianstell- und Körper–Ski–Winkel beobachtbar waren. Auch

in diesem Fall waren die leichteren Springer im Vorteil, weil bei der geringen Luftdichte (ca.

20% weniger als im Normalfall) diese Athleten deutlich kleinere Körper–Ski–Winkel

realisieren können.

29

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Abbildung 1.11: Definition der verschiedenen Winkelposition bezogen auf die Flugbahn

Die Forschungsgruppe von Mahnke/Mroß beschäftigt sich insbesondere mit den wichtigen

Winkelparametern Skianstellwinkel, Unterkörperwinkel, Oberkörperwinkel und Körper–Ski–

Winkel. Wichtig ist dabei hinzuweisen, dass bis auf den Körper–Ski–Winkel alle Parameter

auf die Flugbahn des Gesamtschwerpunktes des Skispringers bezogen sind. (siehe Abbildung

1.11) Die Parameter sind aufgrund von 2D-Kinematiken gemessen worden, die durch seitliche

starre Kameras erfasst werden. Bezogen auf den Skianstellwinkel kann man die Entwicklung,

gemessen von verschiedenen Autoren beobachten. Die sehr unterschiedlichen Anstellwinkel

drücken einerseits eine immer bessere Weiterentwicklung der Flugqualitäten der Springer und

andererseits die Rahmenbedingungen in Form von Reglementänderungen und

Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Luftdichte bei den Olympischen Spielen in Salt

Lake City, aus. Den kleinsten Skianstellwinkel kann man bei der Untersuchung von

Mahnke/Mroß (2002) erkennen. Die Daten basieren auf Untersuchungen in der Saison

1999/2000 und 2000/2001. Die kleinen Winkelparameter können damit begründet werden,

dass in diesem Zeitabschnitt die Tendenz zu geringerem Gewicht immer mehr zugenommen

hat. Somit können größere Körpervorlagen und aerodynamischere Flugpositionen realisiert

werden. In Abbildung 1.11 kann man sehr gut erkennen, dass die Skianstellwinkel durch die

Untersuchung von Schmölzer/Müller (2005) deutlich höher geworden sind, obwohl die Daten

auf den Olympischen Spielen 2002 basieren und in diesem Zeitraum keine bedeutende

Regeländerung vorgenommen werden. Wenn man auf die Messungen vertrauen darf, so kann

man die deutliche Veränderung des Skianstellwinkels auf die 20% geringere Luftdichte für

die Technikänderung verantwortlich machen. Uhlar/Janura (2006) errechnen auf Basis der

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Skianstellwinkel

20

25

30

35

40

45

1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

[Jahr]

[Win

kel]

Mahnke / Mroß 19952 D Kinematik

Mahnke / Mroß 19972 D Kinematik

Mahnke / Mroß 20022 D Kinematik

Schmölzer / Müller 20052 D KinematikComputer Simulation

Uhlar / Janura 2006WindkanalComputer SimulationOPTIMIERTER WINKEL

Abbildung 1.12: Skianstellwinkel bei verschiedenen Untersuchungen und mit unterschiedlichen Messmethoden

Windkanaluntersuchungen von Schmölzer/Müller (2005) errechnen einen optimalen

Anstellwinkel, der nur leicht geringer ist als jener, der bei der Untersuchung bei den

Olympischen Spielen gemessen wird. Seit dieser Publikation liegen keine bekannten

Ergebnisse von Untersuchungen vor, die sich mit diesen Winkelparametern nach der

Einbindung des BMIs zur Berechnung der Skilänge beschäftigen.

Die Forschungsgruppe um Mahnke beschäftigt sich auch intensiv mit der Entwicklung des

Unterkörperwinkels. Ähnlich wie beim Skianstellwinkel ist dieser Technikparameter von den

Regeländerungungen beeinflusst. Mahnke/Mroß sehen in der Minimierung des

Unterkörperwinkels eine bessere aerodynamische Flugqualität des Systems Springer-Ski. Je

kleiner der Unterkörperwinkel ist, umso gefährlicher ist das Risiko, in der Flugphase zu

stürzen. Aus diesem Grund werden die oben genannten Reglementänderungen auf Basis von

wissenschaftlichen Untersuchungen von Schmölzer/Müller entwickelt und in den letzten 15

Jahren durch die Skisprungpraxis bestätigt. Herauszuheben ist eine Untersuchung von

Kreibich (2003), die sich mit dem Imitieren der Flugposition mit Hilfe eines Gerätaufbaues

beschäftigt. Als Grundlage für dieses Experiment werden die Ergebnisse von Mahnke/Mroß

in den 90er Jahren herangezogen. Es werden zwar Vergleiche mit den Winkelpositionen bei

Schanzensprüngen hergestellt, eine Reliabilitäts- und Validitätsanalyse für das Imitationsgerät

fehlt aber in dieser Veröffentlichung. Insofern sind die Ergebnisse von Kreibich (2003) unter

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diesem Aspekt zu betrachten. Trotzdem ist der Versuch, die Flugphase mit Hilfe eines

Imitationsgerätes aufzuarbeiten und die Sensibilität der Springer damit weiter zu schulen ein

sehr wichtiger Schritt, die Flugqualität der Athleten zu verbessern.

1.3. Untersuchungen zur Landephase

Im Gegensatz zur Flugphase gibt es nur wenige Veröffentlichungen, die sich mit dem

Aufsprung beschäftigen. Innerhalb des Rahmentraininigsplanes des Deutschen Skiverbandes

wird die Aufsprungphase in zwei Phasen eingeteilt. Dies sind der Landeanflug und die

Landung mit Ausfahrt. Der Landeanflug ist demnach wie folgt charakterisiert (Wolf, 1997):

- Abspreizen der Arme zur Einleitung eines rückwärtsdrehenden Momentes

- Verringerung der Körpervorlage unter Beibehaltung eines großen Skianstellwinkels

im 1. Teil des Landeanfluges

- Geringes Beugen der Knie und Einnahme einer leichten Schrittstellung erst am Ende

des Landeanfluges

- Verringerung der V-Skistellung bis zur parallelen Skiführung

- Verringerung des Skianstellwinkels bis zur Annäherung an die Neigung des

Aufsprunghanges erst unmittelbar vor der Landung durch Strecken des Fußgelenkes

Der Aufsprung wird von dem gleichen Autor folgendermaßen charakterisiert (Wolf, 1997):

- Das Aufsetzen beider Füße erfolgt gleichzeitig

- Die Landung ist in einer mittleren Ausfallstellung (Fußabstand eine

Unterschenkellänge) weich abzufangen

- Der Abstand zwischen den Ski soll schmal sein, nicht größer als zwei Skibreiten

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- Der Unterschenkelwinkel des vorderen Beines soll annähernd senkrecht zum Ski

stehen; der Unterschenkel des hinteren Beines ist parallel zum Ski

- Der Oberkörper ist aufgerichtet, nahezu senkrecht zum Aufsprunghang

- Die Arme sind in Seithalteposition

Diese Richtlinien gelten als grundsätzliche Knotenpunkte einer guten und sicheren Telemark-

Landung. Sie basieren auf Beobachtungen der Aufsprungtechnik, unterliegen aber keiner

wissenschaftlichen Analyse. Der Aufsprung wird in der Sportart Skispringen aus

wissenschaftlicher Sicht eher gering geschätzt. Die Bedeutung des Aufsprungs einerseits

durch die Benotung der Kampfrichter und andererseits durch das sichere Stehen von weiten

Sprüngen stellt aber einen wesentlichen Faktor in der Gesamtnote des Skispringens dar.

Seo et al. (2001) haben sich in ihrer Untersuchung mit den Auftriebs- und Widerstandskräften

nahe des Aufsprunghanges beschäftigt. Die grundsätzliche Frage ist dabei, ob sich die

Auftriebswerte gegenüber dem freien Flug kurz vor der Telemarklandung verändern. Die

Untersuchung wird mit einem Modell in einem Windkanal von drei Metern Durchmesser

Abbildung 1.13: Untersuchung der Auftriebs und Widerstandswerte im Windkanal mit Bodenplatte (Seo et al.; 2001)

durchgeführt. Wie in Abbildung 1.12 ersichtlich, kann der Aufsprunghügel im Windkanal

durch eine Bodenplatte imitiert werden. Bei dem Experiment werden der Widerstand, der

Auftrieb (Summe von L1 und L2) und das Drehmoment bestimmt. Die Autoren können

höhere Auftriebswerte mit Bodenplatte messen als dies ohne Bodenplatte der Fall war. Bei

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den Widerstandswerten kann kein Unterschied festgestellt werden. Somit hat sich auch das

Verhältnis Auftrieb zu Widerstand in Aufsprungnähe positiv verändert. Nach der Meinung

der Autoren kann dies bei gutem Ausnützen der Flugposition in der V-Technik einen

Weitenvorteil bis zu drei Metern ausmachen. Sie vermuten dass dieser Effekt deutlicher wird,

je größer das V in Bodennähe ausgeübt wird. Bei der parallelen Skiführung können keine

nennenswerten Unterschiede zwischen den Werten im freien Flug und mit Bodenplatte

gemessen werden.

Hochmuth (1999) beschäftigt sich in seiner Veröffentlichung mit der Landetechnik des

Telemark aus biomechanischer Sichtweise. Einerseits wurden in Oberhof 1998 die

erforderlichen kinematischen Untersuchungen und in einem zweiten Schritt die elastischen

Eigenschaften der Sprungski unter Laborbedingungen erforscht. Hochmuth (1999) erkennt

aus der kinematischen Analyse des Aufsprungs fünf charakteristische Körperpositionen:

- Position A: 0,1 Sekunden vor der ersten Bodenberührung mit den Skienden;

- Position B: erste Bodenberührung mit den Skienden;

- Position C: nach ca. der Hälfte des Bremsvorganges, den die elastische

Durchbiegung der Skienden bewirken;

- Position D: Landezeitpunkt (sog. „Landebild“ bei der Videoweitenmessung nach

Art. 432.1 der IWO)

- Position E: 0,1 Sekunden nach dem Landezeitpunkt.

Abbildung 1.14: Biegewinkel des Sprungskis bei unterschiedlichen Belastungen (Hochmuth; 1999)

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Hochmuth (1999) beschäftigt sich in seiner Veröffentlichung intensiv mit den Bremskräften

während der Aufsprungbewegung. Bei der Laboruntersuchung wird ein Sprungski mit einer

Last (Abbildung 1.13) auf jenen Durchbiegungswinkel gebracht, der der Belastung während

des Aufsprungvorganges des Sprungskis entspricht. Während der Aufsprungbewegung

können durch die im Labor ausgetesteten elastischen Widerstandskräfte die Aufsprungkräfte

deutlich verringert werden. Der Autor vermutet je nach Landewinkel und

Landegeschwindigkeit einen Geschwindigkeitsbetrag von 2,5 bis 4 m/s zwischen der

Fluggeschwindigkeit und nach Aufsetzen des Athleten am Aufsprunghang. Dies entspricht

einer Niedersprunghöhe von 30 bis 80 cm. Einerseits werden die Aufsprungkräfte durch die

elastische Widerstandskräfte des Sprungskis gebremst und andererseits muss die Muskelkraft

des Athleten die restliche Aufsprungkraft abfedern. Aus biomechanischer Sichtweise sollte

dies so geschehen, dass keine zu großen Winkelpositionen in den Gelenken erreicht werden,

da ansonsten große Drehmomente auftreten, die durch die Muskelkraft wiederum

ausgeglichen werden müssen. Durch die Erkenntnisse der Laboruntersuchung kann folgende

Schlussfolgerung gezogen werden. Wie in Abbildung 1.14 ersichtlich ist der Skianstellwinkel

bei der Landebewegung ein bedeutender Indikator, wie viel Kraft mit Hilfe der Sprungski

abgefedert werden kann. Je größer dieser Winkel ist, umso mehr kann der Ski durchgebogen

und umso mehr Kraft kann bei der Aufsprungbewegung resorbiert werden. In der Abbildung

1.14 kann man einen weiteren Parameter erkennen. Durch einen größeren Skianstellwinkel

erhöht sich der Bremsweg beträchtlich, und somit hat dies den weiteren Vorteil, dass die

auftretenden Kräfte über einen längeren Zeitraum absorbiert und der Aufsprung weicher

durchgeführt werden kann. Die Beobachtungen anhand der Kinematik lassen darauf

schließen, dass die Aufsprungbewegung in Form eines Telemarks bei der Landebewegung

von Vorteil ist, da sich der Bremsweg gegenüber dem parallelen Aufsprung verlängert.

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Abbildung 1.15: Anstellwinkel und Bremsstrecken bei unterschiedlichen Landetechniken (Hochmuth; 1999)

Betrachtet man die notwendige Muskelkraft zum Bewältigen einer entsprechenden

Aufsprungbewegung wird dies vom Autor wie folgt eingeschätzt.:

„Ein solcher Verlauf der Muskelarbeit, wie er beim Abbremsen des Landestosses notwendig ist, kann nicht

bewusst gesteuert oder gar korrigiert werden. Es handelt sich hierbei um reflektorisch ablaufende Prozesse, die

durch Training erlernt und gefestigt wurden und demzufolge auch nur durch entsprechendes Training weiter

vervollkommnet werden können. Durch Training muss vor allem auch erreicht werden, dass die

Muskelanspannung zum richtigen Zeitpunkt als aktive Handlung einsetzt und nicht verspätet lediglich als

passive Reaktion auf die angreifenden physikalischen Kräfte des elastischen Landestosses infolge der

Skidurchbiegung erfolgt. Der Springer soll die Landung sozusagen aktiv annehmen und sollte den Landestoss

nicht passiv auf sich wirken lassen.“ (Hochmuth; 1999; S137)

Der Autor sieht dabei den idealen Zustand einer guten Aufsprungbewegung in der

Voraktivierung der wichtigsten Muskelgruppen der unteren Extremitäten, des Rumpfes und

der Arme. Anhand der Untersuchungen im Feld als auch in der Laborsituation kann folgende

qualitative Beschreibung des Aufsprunges abgeleitet werden:

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Einleitphase:

- Aus einer stabilen optimalen Flughaltung (gestreckte Körperhaltung mit optimaler

Vorlage, stabile Haltung der seitlich angelegten Arme und in breit gespreizter V-

Form optimal angestellte Ski)

o den Kopf und Oberkörper aufrichten,

o die Arme seitlich nach vorn/oben führen und

o die Ski in die Parallelstellung zurückdrehen.

- Unmittelbar vor der Bodenberührung mit den Skienden

o eine leichte Schrittstellung einnehmen und

o in den Kniegelenken leicht einbeugen.

Bremsphase:

- Nach der Bodenberührung mit den Skienden das Abbremsen des Landeimpulses durch

die elastischen Widerstandskräfte der sich durchbiegenden Skihinterteile durch

Muskelkrafteinsatz aktiv unterstützen.

- Dabei gleichzeitig

o die Schrittstellung weiter vergrößern und mit dem hinteren Bein entsprechend

tiefer einbeugen (Telemark-Beinstellung) sowie

o bei schmaler Skiführung den Landedruck gleichmäßig auf beide Seiten

verteilen und

o zur Stabilisierung des Gleichgewichtes die Arme waagrecht nach vorn/seitlich

strecken.

Ausfahren:

- Nach dem Abbremsen des Landeimpulses in der Schritt- und Beugestellung

(Telemark-Beinstellung) kurze Zeit verbleiben und dabei den Oberkörper allmählich

aufrichten.

- Danach bei beliebiger Beinstellung und beliebiger Armhaltung, mit schmaler und

sauberer Skiführung sowie bei vollem Gleichgewicht standsicher bis über die

Sturzgrenze ausfahren.

Die Erkenntnisse von Hochmuth (1999) werden in die Internationalen Wettkampfordnung

(IWO) übernommen. Die veränderten Materialvoraussetzungen wie zum Beispiel das

wesentlich straffere Führen des Bandes am Hinterbacken der Skisprungbindung haben eine

Veränderung der IWO nötig gemacht. Die Forderung von Wolf (1997), dass der Abstand

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zwischen dem vorderen und hinteren Bein bei der Telemarklandung eine Unterschenkellänge

ausmachen und dass der Unterschenkel des hinteren Beines parallel zum Sprungski geführt

werden sollte, werden schon zwei Jahre später von Hochmuth (1999) in Frage gestellt und in

der IWO auch dementsprechend geändert.

1.4. Problemstellung und Hypothesenformulierung

Die Ergebnisse von Hochmuth (1999) und Seo et al. (2001) bezogen auf Vorbereitungsphase

der Landung und der Aufsprungbewegung als solche können gegensätzlich interpretiert

werden. Hochmuth (1999) fordert in der Vorbereitung der Aufsprungphase einen großen

Skianstellwinkel, um die Aufsprungkräfte mit Hilfe der elastischen Widerstandskräfte der

Sprungski reduzieren zu können. Diese Vorbereitung verlangt vom System Springer-Ski, dass

das rückwärtsdrehende Drehmoment in der letzten Flugphase größer wird und das

vorwärtsdrehende Moment, das dem Springer von der Absprungbewegung mitgegeben wird,

aufhebt. Seo et al. (2001) kann in seinen Untersuchungen feststellen, dass bezüglich der

Auftriebs- und Widerstandswerte die gleiche Flugposition in Bodennähe Vergrößerungen des

Auftriebes gewährleisten. Bei größeren Abständen zum Aufsprunghang ist das nicht der Fall.

Die Widerstandswerte bleiben bei beiden Bedingungen gleich. Somit verändert sich auch das

Verhältnis Auftrieb zu Widerstand zugunsten des Skispringers. Seo et al. (2001) errechnen

einen Weitenvorteil bis zu drei Metern bei einer Beibehaltung der Flugposition in Bodennähe.

Um eine solche Flugposition auch gegen Ende des Sprunges beibehalten zu können, ist ein

entsprechendes vorwärtsdrehendes Moment nötig. Dies steht im Gegensatz zu der Forderung

Hochmuths (1999) nach einem größeren Skianstellwinkel zu Beginn der Landephase. Der

Skispringer muss sich demnach bei seinem Sprung entscheiden, ob er möglichst lange in

seiner Flugposition verharren sollte, um eine große Sprungweite zu erzielen oder ob er eine

aerodynamisch ungünstigere Position wählen sollte, aber durch eine sichere und ästhetische

Landung eine gute Benotung durch die Sprungrichter erhält.

Aufgrund der kinematischen Daten der Untersuchung von Hochmuth (1999) kann eine

qualitative Beschreibung des Telemark-Aufsprungs innerhalb seiner Veröffentlichung

durchgeführt werden. Der Autor teilt dabei die Aufsprungbewegung in drei Abschnitte ein

(Einleitephase; Bremsphase und Ausfahrphase). In der bekannten Literatur über die

Skisprungtechnik wird die Landephase wissenschaftlich kaum erforscht. Die folgende

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empirische Arbeit soll die kommenden Fragestellungen und Forschungsdefizite näher

beleuchten:

- Die Beschreibung der Aufsprungtechnik anhand von quantitativen Daten. Die

bisherigen Untersuchungen basieren hauptsächlich auf kinematischen 2D

Untersuchungen. Die folgende Untersuchung basiert auf der Methode der

kinematischen 3D-Analyse, der Kraftableitung der Muskulatur durch

elektromyographische Ableitungen und der Erfassung von Kräften durch

Kraftmesssohlen innerhalb der Sprungschuhe.

- Die Erfassung der Aufsprunganalyse wurde bisher anhand von Trainingssprüngen

erfasst. Die kinematische 3D-Analyse basiert auf Daten, die bei dem olympischen

Wettkampf in Turin 2006 auf der Kleinschanze für die Spezialspringer bei Flutlicht

durchgeführt wurde.

- Anhand der Unterschiedsanalyse der kinematischen 3D-Daten zwischen den besten

und schlechtesten Skispringern während der Olympischen Spiele in Turin 2006 sollte

aufgezeigt werden, ob es Unterschiede in der Landetechnik bezogen auf das

Leistungsniveau der Skispringer gibt.

- Innerhalb der IWO ist beschrieben, welche technischen Bewegungsmerkmale in der

Flugphase und während der Aufsprungbewegung von den Kampfrichtern benotet

werden sollten. Im analytischen Teil sollte herausgefiltert werden, welche

Bewegungsparameter am höchsten mit der Kampfrichternote korrelieren und somit

innerhalb der Bewegungstechnik für die Kampfrichter am wichtigsten sind.

- Um herauszufinden, welche Bedeutung der Telemark-Aufsprung innerhalb der

Gesamtnote im Skispringen während des Wettkampfes hat, soll eine

Korrelationsanalyse zwischen Punktebewertungen und Weitenbewertung darüber

Aufschluss geben.

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- Hochmuth (1999) schließt anhand seiner Analyse auf die Resorption der Bremskräfte

durch das muskuläre System. Die folgende Arbeit sollte Aufschluss über die inneren

Kräfte der Muskulatur vor und während der Aufsprungbewegung durch die

elektromyographische Ableitung geben.

- Mit der kinematischen 2D-Analyse konnten bisher nur Vermutungen über die

Aufsprungkräfte gegeben werden. Durch die Erfassung der Bodenreaktionskräfte

anhand der Kraftmesssohlen können Unterschiede von vorderen, hinteren, medialen

und lateralen Belastungen der Füße während der Aufsprungphase bestimmt werden.

• Hypothesenformulierung

Die Hypothesenformulierung basiert auf der 3D-kinematischen Untersuchung der

Olympischen Spiele in Turin 2006. In einem ersten Schritt wird hinterfragt, welche

Bedeutung die Kampfrichternote bezüglich der Gesamtnote hat. Die Kampfrichternote wird

auf Weltcupniveau zu einem hohen Anteil von der Telemarklandung bestimmt. In der

folgenden Hypotheses wird untersucht, inwieweit die Kampfrichternote und die Gesamtnote

miteinander korrelieren. Dies wird in der H1 zum Ausdruck gebracht:

H1: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Gesamtnote und der

Kampfrichternote eines Wettkampfsprunges im Skispringen

Aufgrund der kinematischen Analyse der Olympischen Spiele werden die Winkel- und

Abstandsparameter aller gemessenen Springer mit der im Wettkampf erzielten

Kampfrichternote korreliert. Die Variablen werden zum Zeitpunkt des Aufsprungpunktes

bestimmt. Verlaufsdaten finden in dieser Hypothese keine Berücksichtigung. Die folgende

Hypothese soll die Frage behandeln, welche Faktoren die Kampfrichternote am meisten

beeinflusst.

H2: Es besteht ein Zusammenhang zwischen den gemessenen Parametern

und der Kampfrichternote.

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Bei den Olympischen Spielen werden die besten (Gruppe 1; Platz 1 – 10) und schlechtesten

(Gruppe 2; Platz 36 – 38) Springer des ersten Durchganges im Olympischen Wettbewerb auf

der Kleinschanze miteinander verglichen. Anhand der Taylorpolynomanalyse ist es möglich,

nicht nur zu gewissen Zeitpunkten die beiden Gruppen zu analysieren, sondern über die

gesamte Phase der Aufsprungbewegung unterschiedliche Bewegungsmuster zu identifizieren.

Diese Untersuchung wurde bei allen erhobenen Parametern durchgeführt. Die dazugehörige

Hypothese lautet folgendermaßen:

H3: Es besteht ein Unterschied zwischen der Gruppe 1 und der Gruppe 2 bei

den gemessenen Winkelparametern bezüglich des

Korrelationskoeffizienten der Taylorpolynomanalyse.

Die H3 bezieht sich auf eine Verlaufsanalyse zwischen den beiden definierten Gruppen. In der

H4 werden 5 verschiedene Zeitpunkte (t1=-0,76: t2=-0,56; t3=-0,36; t4=-0,16; t5=0,0) innerhalb

der Landephase überprüft. Dabei werden die Mittelwerte der beiden Gruppen miteinander

verglichen und auf signifikante Unterschiede analysiert. Die ausformulierte Hypothese lautet

somit folgendermaßen:

H4: Es besteht ein Unterschied zwischen der Gruppe 1 und der Gruppe 2

bezüglich der erhobenen Parameter zu den Zeitpunkten T1, T2, T3, T4

und T5

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2. Kinematische Analyse der Landephase von Weltklasse Springern

2.1. Problem und Aufgabenstellung

Aufgrund der in Kapitel 1 dargestellten Forschungsdefizite wird in Kapitel 2. versucht,

einerseits eine kinematische Beschreibung der Landephase durchzuführen und andererseits

statistische Unterschiede zwischen den besten und schlechtesten Skispringern des ersten

Durchgangs bei den Olympischen Spielen in Turin aufzuzeigen. In den bisherigen

Untersuchungen bezogen auf die Aufsprungphase wurden keine Daten innerhalb einer

Wettkampfsituation beschrieben. Ziel dieser Untersuchung ist eine quantitative Beschreibung

des Telemark Aufsprungs in einer Wettkampfsituation zu analysieren und die erhobenen

Parameter mit der Kampfrichternote zu korrelieren. Weiters wird der Fragestellung

nachgegangen welche Konsequenzen sich aus dieser Untersuchung ableiten lassen.

Die erste Untersuchung wird am 12.02.2006 bei den Olympischen Spielen in Turin

durchgeführt. Ein Forschungsteam der Universität Salzburg hat die Erlaubnis, während des

olympischen Wettkampfes auf der Kleinschanze der Spezialspringer von zwei Positionen aus

Videoaufzeichnungen durchzuführen. Mit Hilfe der Videodaten ist es möglich, 3D

kinematische Analysen durchzuführen. Ziel dieser Untersuchung ist es, aufgrund von 3D

kinematischer Daten die Telemark-Technik zu beschreiben und etwaige Unterschiede in der

Telemark–Landetechnik herauszufiltern. Diese Untersuchung findet während des

Wettkampfes bei den Olympischen Spielen statt. Man kann also annehmen, dass alle Springer

versucht waren, eine möglichst gute und sichere Telemark–Landung durchzuführen. Dieser

Bewerb wurde ab 18.00 Abend bei Flutlicht durchgeführt.

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2.2. Methodik

2.2.1. Stichproben (Versuchsgruppe, Kontrollgruppe)

Zur Auswertung wird der erste Durchgang des Olympischen Skisprungbewerbes auf der

Kleinschanze herangezogen. Dieser wird deshalb analysiert, weil die Bandbreite der Qualität

der Skispringer größer ist als dies beim zweiten Durchgang der Fall wäre, und etwaige

Unterschiede zwischen den besten und schlechtesten Springern besser zur Geltung kommen.

Für die Beschreibung des Telemark-Aufsprungs werden die besten 10 Springer des ersten

Durchganges herangezogen. Bei der Extremwertanalyse werden die 10 besten Springer den

Springern mit der Platzierung 36–48 gegenübergestellt und verglichen. Zu Beginn der

Datenaufnahme im ersten Durchgang konnten nicht alle Springer gefilmt und aufgezeichnet

werden. Deshalb sind die letzten 10 analysierten Springer auf den Plätzen 36 – 48 des ersten

Durchganges platziert. In der Tabelle 2.01 kann man Nationalität und die Platzierung

innerhalb des Bewerbs nachlesen.

Name Nation Platzierung Proband 1 Vassiliev Dimitry RUS Platz 1 Proband 2 Ahonen Janne FIN Platz 2 Proband 3 Morgenstern Thomas AUT Platz 3 Proband 4 Kuettel Andreas SUI Platz 4 Proband 5 Ljoekelsoey Roar NOR Platz 5 Proband 6 Hautamaeki Matti FIN Platz 6 Proband 7 Bystoel Lars NOR Platz 7 Proband 8 Malysz Adam POL Platz 8 Proband 9 Neumayer Michael GER Platz 9 Proband 10 Uhrmann Michael GER Platz 10 Proband 11 Morassi Andrea ITA Platz 36 Proband 12 Mazoch Jan CZE Platz 36 Proband 13 Amman Simon SUI Platz 38 Proband 14 Sedlak Borek CZE Platz 38 Proband 15 Alborn Alan USA Platz 40 Proband 16 Kranjec Robert SLO Platz 41 Proband 17 Read Stefan CAN Platz 42 Proband 18 Kim Hyun – Ki KOR Platz 43 Proband 19 Karaulov Ivan KAZ Platz 46 Proband 20 Landert Guido SUI Platz 48 Tabelle 2.01: Beschreibung der Probanden bei der Untersuchung

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2.2.2. Testverfahren

Das Salzburger Forschungsteam, bestehend aus Prof. Dr. Schwameder, Mag. Kösters und

Mag. Wagner, hat im Vorfeld der Messung einige Vorarbeiten zu erledigen.

- In einem ersten Schritt wird der Aufsprunghang, die direkte Umgebung und der

Schanzenmittelpunkt mit einem Theodoliten vermessen. Dies ist nötig, um einen

Raum zu erstellen, in dem man in der Auswertephase die Springer einordnen kann.

Die markantesten Punkte des Raumes, die durch die Kameraeinstellungen im

Hintergrund sichtbar sind, werden mit diesem Verfahren vermessen. Die Punkte

werden in ein Koordinatensystem (siehe Abbildung 2.01) in drei Ebenen eingeordnet.

Der Ursprung befindet sich im Theodoliten. Neben den so genannten Passpunkten

(vermessene Punkte im Hintergrund) werden auch die Kamera–Positionen vermessen.

Von den zwei Kamera-Punkten werden bei der Datenaufnahme die Skispringer

gefilmt.

Abbildung 2.01: Ausrichtung des Koordinatensystems in allen Ebenen; Vermessung der Passpunkte durch den Theodoliten

- Vor der Datenaufnahme werden die beiden Kameras synchronisiert. Dies ist bei der

Datenaufbereichtung anhand eines Time–Codes sichtbar, der an der linken oberen

Ecke der Daten erkennbar ist. Anhand dieses Codes kann man die Zeitpunkte der

beiden Kameras identifizieren. Dies bildet die Basis für eine entsprechende

Digitalisierung mit dem Auswerteprogramm.

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- Die endgültige Datenaufnahme wird durch zwei analoge Kameras (50 Hz)

durchgeführt. Durch das Schwenken, Neigen und Zoomen der Kameras ist es den

Testleitern möglich, den Skispringer in einer möglichst idealen Position während des

gesamten Fluges zu filmen.

Die Testdurchführung findet am Abend bei Flutlicht statt. Dies hat keinerlei Einfluss auf die

Qualität der Datenaufnahme. Nach Beendigung der Datenaufnahme können die Arbeiten im

Labor durchgeführt werden. Die Laborarbeiten werden in folgende Schritte eingeteilt:

- Einspielen der Kameraaufnahmen:

Das Einspielen der Kameraaufnahmen erfolgt durch das Programm Pinnacle Studio. Die

analogen Videodaten können dadurch in AVI–Files umgewandelt werden. Das

Auswerteprogramm SIMI–Motion kann nur die digitalisierten AVI–Files lesen und

einspielen. Durch die Umwandlung der Videodaten kann die gesamte Datenmenge reduziert

werden, da während der Datenaufnahme die Videokameras weiterlaufen. Beim Einspielen der

Kamera 2 treten Probleme auf. Wahrscheinlich wegen eines Problems in der Synchronisation

sind die Videodateien mit Querstreifen (Abbildung 2.02) versehen. Die Querstreifen bleiben

bei einem wiederholten Abspielen der Files nicht konstant auf der gleichen Stelle, sondern

wandern von oben nach unten. Es gibt immer wieder Passagen, in denen keine Streifen

vorhanden sind. Die Kunst bei der Digitalisierung der Kameraaufnahmen liegt darin, jene

Aufnahmen herauszufiltern, bei denen der gewünschte Flug- und Aufsprungabschnitt ohne

Abbildung 2.02: Querstriche innerhalb des Bildbereiches der Kamera Slave

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Querstreifen einwandfrei zu identifizieren ist. Dies erfordert große Geduld seitens des

Auswerters, da bis zu 20 Versuche nötig sind, um ein einwandfreies AVI–File zu bekommen.

Letztendlich können alle im Vorhinein geplanten Sprünge in AVI-Files umgewandelt werden

und im Auswerteprogramm SIMI–Motion weiterverarbeitet werden.

- Ausrichten des Koordinatensystems:

Bei der Betrachtung der Koordinaten in x- und y- Richtung (Abbildung 2.03) kann man

festellen, dass die Passpunkte nicht genau in der Vertikalen ausgerichtet sind. Um einen

Fehler innerhalb dieser Passpunkte zu vermeiden, werden die aufgenommenen Datenpunkte

soweit korrigiert, dass die Koordinaten der Schanzenmittelpunkte in der Vertikalen

ausgerichtet werden. Dies ist deswegen möglich, weil bei der Datenaufnahme mit den

Theodoliten die in Abbildung 2.03 gekennzeichneten Schanzenmittelpunkte in der Vertikalen

liegen müssen. Die geänderten Datenpunkte sowohl von den Pass- als auch von den

Kamerapunkten können in ein anderes Format umgewandelt und in das Auswerteprogramm

eingespielt werden.

Abbildung 2.03: noch nicht ausgerichtete Koordinatenpunkte des Schanzenbereiches

46

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- Reihenbilder:

Um im Auswerteprogramm die Passpunkte identifizieren zu können, ist es nötig, die

Passpunkte in Form von ausgedruckten Reihenbildern zu numerieren und innerhalb der Bilder

einzuzeichnen. Diese Reihenbilder erlangt man, wenn man von den Standbildaufnahmen der

Video–Files Screenshots erstellt, diese ausdruckt und aneinanderreiht. Die Reihenbilder

dienen als Grundlage für das Digitalisieren des Springers in den Videoaufnahmen. Darin

werden die Passpunkte eingezeichnet und mit dem Nummerncode versehen. Dieser Code

kennzeichnet die Passpunkte, sowohl bei den Reihenbildern als auch innerhalb des

Auswerteprogrammes.

- Kalibrierung:

Die Kalibrierung der beiden Kameras erfolgt über die Passpunkte und über das

Auswerteprogramm Simi–Motion. Bei jeder Kamera muss durch die Passpunkte ein

möglichst großer Raum erschlossen werden. In jedem Bereich des Bildes sollten mehrere

Passpunkte für eine gute Orientierung garantieren. Dieser Vorgang wird an verschiedenen

Stellen der Kameraführung durchgeführt. Die Überprüfung der Qualität der Bildpunkte erfolgt

über ein eigenes Tool des Auswerteprogramms. Die verwendete Kalibrierung beider Kameras

kann man in Tabelle 2.02 ablesen. Alle schwarzen Werte gelten als sehr gut.

Kamera Master Kamera Slave a15 1.56 71 0.81 a17 0.76 72 1.77 a20 0.79 73 0.73 a22 0.72 a11 0.68 38 2.98 a12 0.7 14 1.35 a13 1.89 15 1.78 a14 1.77

23 0.71

24 0.77 25 0.88 26 0.67

Mittelwert 1.42 Mittelwert 1.04 Standardabweichung 0.75 Standardabweichung 0.48

Tabelle 2.02: Qualität der Kalibrierung beider Kameras

47

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- Digitalisieren:

Das Digitalisieren der Bilder erfolgt durch das Auswerteprogramm SIMI Motion. Im Vorfeld

werden, die aufgelisteten Digitalisierungspunkte des Skispringers festgelegt. In jedem Bild

müssen die Punkte des Springers angeklickt werden, sowie zumindest drei Passpunkte. Durch

das Anklicken der Passpunkte kann das Programm den Springer innerhalb des Raumes

einordnen. Die Passpunkte müssen beim gleichen Zeitpunkt (bestimmbar über den Time–

Code) bei beiden Kameras nicht übereinstimmen. Die Digitalisierungspunkte müssen zum

gleichen Zeitpunkt bei beiden Kameras vorhanden sein. Nur auf diese Weise ist das

Berechnen von 3D-Koordinaten möglich. Wenn weniger als drei Passpunkte innerhalb des

Bildes ersichtlich sind, muss man versuchen, durch errechnete Passpunkte, die in beiden

Kameraeinstellungen ersichtlich waren, auf die Gesamtzahl zu kommen. Dies war bei den 20

digitalisierten Athleten nur einmal der Fall. Beim Sprung von Vassiliev mussten die letzten

drei Bilder mit errechneten Passpunkten ergänzt werden, da keine Passpunkte mehr ersichtlich

sind.

Während der Flugphase wird jedes zweite Bild digitalisiert. Das Auswerteprogramm kann die

dazwischenliegenden Daten errechnen. Durch die Tatsache, dass während der Flugphase

keine dynamischen Bewegungen durchgeführt werden, sondern bis auf die

Ausgleichsbewegungen mancher Springer mit den Armen hauptsächlich statische

Muskelarbeit geleistet wird, ist das Errechnen dieser Daten zulässig. Zu Beginn der

Aufsprungphase wird wiederum jedes Bild digitalisiert, sodass in dieser Methode keine

Fehlerquelle liegt. Nach dem Digitalisieren der jeweiligen Video–Files werden die

errechneten Punkte des Athleten und die Passpunkte erneut kontrolliert und wenn nötig

korrigiert. Dies ist vor allem bei den Passpunkten des öfteren der Fall. Das Digitalisieren der

Daten beginnt im Juni 2006 und kann im Jänner 2007 abgeschlossen werden. Insgesamt

wurden die Sprünge des ersten Durchganges von 20 Athleten errechnet. Dies bedeutet, dass in

diesem Zeitraum ca. 100 000 Bildpunkte angeklickt werden.

48

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- Filtern der Daten:

Das Filter der Daten erfolgt letztendlich über das Glättungsverfahren der Auswertesoftware

Simi Motion. Bei der Filterung der Daten werden verschiedene Varianten ausprobiert. Die

durchgeführte Glättung wird mit einer Butterworth Filterung über das Programm Ike – Master

verglichen. Dabei können nur sehr geringe Unterschiede in der Filterung festgestellt werden.

Sowohl bei der Filterung durch den Butterworth Filter als auch bei der Glättung der Daten

durch Simi Motion werden gegen Ende der Aufsprungbewegung eine hohe Fehlerkomponente

auf Grund der Filterung ersichtlich. In den Daten der Koordinaten ist das nicht so sehr

ersichtlich. Bei der Betrachtung der Winkelparameter können Abweichungen durch das

Filterungsverfahrung um bis zu 15° deutlich werden. Diese Art der Filterung ist in dieser

Form nicht tragbar. Aufgrund dieser Erkenntnis werden die letzten Bewegungssequenzen des

Aufsprunges (ca. 0,3 Sekunden vor dem Aufsprungpunkt) von allen untersuchten Probanden

noch einmal auf ihre Genauigkeit überprüft und nicht gefiltert. Der Bereich vor dieser

Zeitspanne wird durch das Auswerteprogramm Simi Motion geglättet.

2.2.3. Gütekriterien

Von den drei Hauptgütekriterien Objektivität, Validität und Reliabilität wird ausschließlich

das Gütekriterium der Reliabilität geprüft. Bei den Methoden zur Prüfung der Reliabilität wird

nach der Vorgehensweise von Schwameder (1994) Verfahren. Dieser teilt die

Reliabilitätsprüfung seiner Untersuchung in drei Bereiche ein.:

- Mehrfachdigitalisierung

- Passpunktbestimmung

- Segmentlängenbestimmung

Diese Methoden wird auch für diese Untersuchung zur Anwendung gebracht und in den

folgenden Kapiteln ausführlich behandelt.

49

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2.2.3.1. Mehrfachdigitalisierung

Durch die Methode der Mehrfachdigitalisierung kann Aufschluss darüber gegeben werden,

wie genau der Testauswerter arbeitet. Der gleiche Springer wird dabei zweimal hintereinander

digitalisiert. Bei der Auswahl der Passpunkte und der digitalisierten Zeitspanne wird versucht,

möglichst gleiche und identische Punkte herzunehmen, um einen etwaigen Fehler von

unterschiedlichen Punkten ausschließen zu können. Der Fehler, der so festgestellt werden

kann, bezieht sich somit ausschließlich auf die Genauigkeit des Testauswerters bei der

Digitalisierung der Daten. Für diese Untersuchung werden die letzten 0,8 Sekunden der

Aufsprungbewegung bis zum Aufkommen beider Skier herangezogen. Innerhalb dieser

Zeitspanne wird die Vorbereitung und Durchführung des Telemark-Aufsprungs vom Springer

vorgenommen.

Für den Vergleich der digitalisierten Daten werden die 3D-Koordinaten x, y und z von jedem

der 19 Punkte innerhalb dieser Zeitspanne errechnet. Die jeweiligen Koordinaten von beiden

Auswertungen werden dabei gegenübergestellt und verglichen. Über den Zeitraum der

Aufsprungbewegung werden die einzelnen Koordinaten zuerst voneinander subtrahiert, um

die Differenz bilden zu können. Danach wird die Differenz quadriert und davon wiederum die

Wurzel gezogen. Diese Vorgangsweise hat den Vorteil, dass sowohl Veränderungen in

positive und negative Richtung gleichgerichtet werden und sich nicht gegenseitig aufheben.

Danach wird die absolute Differenz über den Zeitraum der 0,8 Sekunden gemittelt. Die

Darstellung der einzelnen Differenzen kann man in Tabelle 2.03 erkennen. Diese werden mit

Farben hinterlegt, um die Unterschiede deutlicher erkennbar zu machen. Die linke Seite des

digitalisierten Springers wird mit einem Fehler von 0,02 m in allen drei Koordinaten

digitalisiert. Eine Ausnahme sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite besteht bei

den Sprungskiern. Durch die Lichtverhältnisse am Abend (Flutlicht) kann man beim

Anklicken der Skispitzen und Skienden die genauen Punkte nicht gut erkennen. Daraus

resultiert der relativ hohe Digitalisierungsfehler bis zu 0,06 m. Vor allem während der

Aufsprungbewegung ist dies der Fall. In der Tabelle 2.03 wird deutlich, dass bei den

Körperpunkten Ellbogen und Handgelenk auf der rechten Seite die Differenzen höher als bei

den gleichen Punkten auf der linken Seite sind. Dies liegt daran, dass die rechte Seite bei der

Aufsprungbewegung durch die zweiten Kamera nicht deutlich erkennbar ist. Betrachtet man

die drei Koordinaten im Mittelwertsvergleich, so erkennt man einen niedrigeren Fehler in der

y- und z- Koordinate. Die x-Koordinate stellt den Verlauf der Punkte in Bewegungsrichtung

dar. Aufgrund dessen besteht in dieser Bewegungsrichtung der größte Fehler.

50

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Koordinaten [m]

x y z Mittelwerte Kopf 0.02 0.02 0.02 0.02 Schulter links 0.03 0.02 0.02 0.02 Ellbogen links 0.02 0.02 0.02 0.02 Handgelenk links 0.02 0.02 0.02 0.02 Hüfte links 0.02 0.02 0.02 0.02 Kniegelenk links 0.03 0.02 0.02 0.02 Sehr gut Knöchel links 0.02 0.02 0.02 0.02 Gut Fussspitze links 0.02 0.02 0.02 0.02 Befriedigend Skispitze links 0.06 0.03 0.04 0.04 Skiende links 0.04 0.03 0.02 0.03 Schulter rechts 0.03 0.02 0.02 0.02 Ellbogen rechts 0.03 0.03 0.03 0.03 Handgelenk rechts 0.03 0.03 0.03 0.03 Hüfte rechts 0.02 0.02 0.02 0.02 Kniegelenk rechts 0.03 0.02 0.02 0.02 Knöchel rechts 0.02 0.02 0.02 0.02 Fussspitze rechts 0.02 0.02 0.02 0.02 Skispitze rechts 0.06 0.04 0.04 0.04 Skiende rechts 0.04 0.03 0.03 0.03 Mittelwerte 0.03 0.02 0.02

Tabelle 2.03: Differenzen der einzelnen Koordinaten bei der Mehrfachdigitalisierung

2.2.3.2. Passpunktbestimmung

Bei der Passpunktbestimmung handelt es sich um einen Vergleich zwischen den gemessenen

Punkten und den durch das Digitalisieren errechneten Punkten. Die gemessenen Passpunkte

werden durch den Theodoliten bestimmt, während die digitalisierten Punkte durch das

Auswerteprogramm SIMI MOTION errechnet werden. Um eine Passpunktbestimmung

durchführen zu können ist es notwendig, dass von beiden Kameras die zu bestimmenden

Punkte zum gleichen Zeitpunkt eingefangen werden. Dabei ist es von Vorteil, wenn diese

Punkte in der Mitte des Video Bildes sind und um diese Punkte mehrere Passpunkte diesen zu

bestimmenden Punkt einschließen. Beide Forderungen können bei dieser Überprüfung nicht

eingehalten werden. Aufgrund dieser Komponenten kann bei dieser Untersuchung eine

Passpunktbestimmung nicht durchgeführt werden.

2.2.3.3. Segmentlängenbestimmung

Durch die Segmentlängenbestimmung versucht man die Reliabilität der Daten, bezogen auf

ein gemessenes Maß, zu bestimmen. Im Normalfall wird vor der Untersuchung die

Segmentlänge zwischen zwei bestimmten Punkten (zum Beispiel Ellbogen und Handgelenk

rechts) gemessen. Durch die digitalisierten Koordinaten kann man auf die Segmentlänge

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schließen. Als Grundlage dafür dient die Vektorenrechnung. Zuerst wird anhand der

Koordinaten des rechten Ellbogens (E) und Handgelenkes (H) der Verbindungsvektor duch

die Formel (1) berechnet:

→ EH = (ex − hx, ey − hy, ez − hz) (1)

Die Segmentlänge zwischen dem rechten Ellbogen und dem Handgelenk ist nun in

Vektorform beschrieben. Um nun auf die Länge des Untersarms (a) schließen zu

können, muss der Betrag des Vektors durch den Satz des Pythagoras errechnet werden.

Dies ist in Formel (2) ersichtlich:

→a

(2) |a | = (ax2 + ay2 + az2)1/2

Mit dieser Methode kann man anhand der digitalisierten Koordinaten auf die Segmentlänge

schließen. In diesem Beispiel wird die Länge [m] des rechten Unterarms errechnet. Da bei den

Olympischen Spielen eine genaue Abmessung von Körperteilen nicht möglich ist, ist ein

Vergleich von gemessenen und errechneten Segmentdaten nicht möglich. Eine Beurteilung

der Segmentdaten ist aber sehr wohl möglich, da bei einer korrekten Digitalisierung die

Segmentlänge über den errechneten Zeitraum gleich sein sollte. Wenn sehr große

Unterschiede bei diesen Daten auftreten, kann man davon ausgehen, dass ein gewisser Fehler

vorhanden ist. Das Problem besteht aber darin, dass man nicht darauf schließen kann, ob der

Unterschenkel links [m] Unterschenkel rechts [m] Arm links [m] Arm rechts [m]

Mittel-werte

Standard-abweichung

Mittel-werte

Standard-abweichung

Mittel-werte

Standard-abweichung

Mittel-werte

Standard-abweichung

Proband 1 0.46 0.03 0.45 0.02 0.31 0.02 0.33 0.04 Proband 3 0.47 0.04 0.46 0.03 0.30 0.05 0.34 0.03 Proband 5 0.54 0.05 0.54 0.04 0.28 0.02 0.29 0.02 Proband 7 0.54 0.03 0.52 0.03 0.33 0.02 0.31 0.02 Proband 9 0.47 0.03 0.46 0.03 0.31 0.02 0.35 0.03

Proband 11 0.48 0.02 0.43 0.03 0.30 0.01 0.33 0.03 Proband 13 0.50 0.04 0.48 0.02 0.29 0.01 0.32 0.01 Proband 15 0.50 0.02 0.49 0.02 0.31 0.02 0.35 0.01 Proband 17 0.50 0.04 0.46 0.02 0.30 0.01 0.30 0.02 Proband 19 0.48 0.04 0.47 0.04 0.30 0.01 0.31 0.01 Mittelwerte 0.49 0.03 0.48 0.03 0.30 0.02 0.32 0.02

Tabelle 2.03: Mittelwerte und Standardabweichungen bei der Segmentlängenstabilität bis zumAufsprungpunkt

52

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Fehler durch eine schlechte Digitalisierung, Kalibrierung oder durch ein fehlerhaftes

Vermessen des Raumes entstanden ist. Für die Segmentlängenbestimmung wird die Hälfte der

Probanden stellvertretend herangezogen. Die Auswahl wird aufgrund der Ergebnisliste

getroffen. Jeder zweite Proband wird ausgewählt. Bei den untersuchten Athleten werden

jeweils der Unterschenkel und der Oberarm auf beiden Seiten errechnet. Der Mittelwert wird

über die letzten 0,8 Sekunden der digitalisierten Daten (Also der Aufsprungbewegung des

Telemarks) genommen. Die Ergebnisse sind in der Tabelle 2.04 dargestellt. Im Gegensatz zur

Reliabilitätsuntersuchung bezüglich der Mehrfachdigitalisierung sind keine Unterschiede

zwischen der rechten und linken Seite zu erkennen. Höhere Standardabweichungen treten

vermehrt beim Unterschenkel, sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite, auf. Bei

den errechneten Daten des Oberarms kann man leicht geringere Standardabweichungen

bezüglich der Beständigkeit der Segmentlänge über die Aufsprungbewegung hinweg

erkennen. Deutliche Unterschiede ergeben sich bei dem Vergleich zwischen den ersten

Springern und den letzten 10 Springern. Wenn man alle Standardabweichungen der ersten und

letzten 5 Athleten miteinander vergleicht, erhält man eine gemittelte Differenz von 0,01 m.

Dieser Unterschied lässt sich durch die schlechteren Video Daten der zweiten Kamera von

den ersten 10 Springern begründen.

Segmentlänge Proband 5 / Proband 13

0.2

0.25

0.3

0.35

0.4

0.45

0.5

0.55

0.6

0.65

0.7

-0.76

-0.72

-0.68

-0.64 -0.

6-0.

56-0.

52-0.

48-0.

44 -0.4

-0.36

-0.32

-0.28

-0.24 -0.

2-0.

16-0.

12-0.

08-0.

04 0

Zeit

Läng

e [m

]

Oberarm rechts Proband 13MittelwertStandardabweichung ObenStandardabweichung UntenUnterschenkel links Proband 5MittelwertStandardabweichung ObenStandardabweichung Unten

Abbildung 2.04: Segmentlängen von Proband 5 und Proband 13

53

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Die Abbildung 2.04 soll den Unterschied zwischen den verschiedenen Standardabweichungen

verdeutlichen. Gegenübergestellt sind dabei der Längenverlauf des linken Unterschenkels von

Proband 5 und der Verlauf des rechten Oberarms von Proband 13. In der Standardabweichung

beträgt der Unterschied zwischen diesen beiden Verläufen 0,04 m. Betrachtet man aber die

Längenverläufe, so kann man einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden Datensätzen

erkennen. In dieser Betrachtungsweise ist eine Differenz von 0,01 m zwischen den ersten und

letzten 10 Probanden durchaus bedeutend und ausschlaggebend.

Alle Videodaten werden gleich kalibriert. Der Digitalisierungsfehler wird in Kap 2.2.3.1.

beschrieben. Die Ursache dieser Unterschiede liegt in der schlechteren Aufbereichtung der

Videodaten. Besonders die Kamera 2 wird bei den bestplatzierten Probanden mit der

Zoomeinstellung sehr weit gestellt. Ein genaues Bestimmen der Körper- und Passpunkte ist

dabei nicht mehr möglich. Die relativ großen Standardabweichungen, die in Abbildung 2.04

deutlich sichtbar sind, lassen sich auf diese Komponente zurückführen.

2.2.4. Fehlerquellen

Die größten Einflussfaktoren sind bereits bei der Datenaufnahme und Auswertung

beschrieben. Dieses Kapitel dient dabei als Zusammenfassung möglicher Fehlerquellen, die

negative Auswirkungen auf die Untersuchungsergebnisse haben können.

Aufgrund des Synchronisationsproblems bei der Datenaufnahme können bei der Kamera 2

Querstreifen festgestellt werden. Eine Auswahl der Videodaten ohne Querstreifen ist nur

durch oftmaliges Wiederholen des Überspielprozesses der analogen in digitalen Daten

möglich. Dieser Vorgang wird bis zu fünfzehn Mal durchgeführt. Letzendlich kann das

Datenmaterial digitalisiert werden, ohne dass Querstreifen sichtbar sind.

Bei dieser Felduntersuchung liegt die Problematik vor, einen geeigneten Zoomfaktor für die

Datenaufnahme zu erreichen. Bei der Datenaufnahme der Kamera 1 sind die Körperpunkte

der Probanden deutlich erkennbar und genau lokalisierbar. Dabei tritt die Problematik auf,

dass der Zoomfaktor so hoch gewählt wird, dass kaum Passpunkte sichtbar sind. Bei Proband

1 können aufgrund der hohen Weite keine Passpunkte digitalisiert werden. Dieses Problem

wird dadurch gelöst, dass in diesem Bereich sichtbare und eindeutig erkennbare Stellen (Ast

im Aufsprunghang) als 3D-Koordinate digitalisiert werden. Bei der Digitalisierung der Daten

von Proband 1 werden diese Stellen als Passpunkte genommen. Diese Daten sind deshalb

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fehlerbehaftet, weil sie errechnet werden und keine Kontrolle durch Messungen zugrunde

liegen.

Das Gegenteil ist bei der Kamera 2 der Fall. Insbesondere bei den besseren Probanden wird

während der Aufsprungbewegung sehr weit weg gezoomt. Das hat den Vorteil, dass sehr viele

Passpunkte erkennbar sind, aber auch den Nachteil, dass die Körper- und Passpunkte nicht

mehr genau bestimmbar sind. Bei den Körperpunkten ist somit ein gewisser

Digitalisierungsfehler deutlich erkennbar (siehe Abbildung 2.05).

Skilänge Proband 2

2

2.2

2.4

2.6

2.8

3

3.2

3.4

3.6

3.8

1 7 13 19 25 31 37 43 49 55 61 67 73 79 85 91 97 103

109

115

Zeit (Frequenz)

Läng

e [m

]

Ski linksSki rechts

Aufsprungbewegung

Abbildung 2.05: Fehler bei der Segmentlänge des Sprungskis

Der Wettkampf wird am Abend bei Flutlicht durchgeführt. Aufgrund der Lichtverhältnisse

kann der Skispitzenpunkt sowohl links als auch rechts nicht eindeutig festgestellt werden.

Dies ist vor allem im Bereich des Aufsprungs der Fall. In Abbildung 2.05 sind die

Segmentlängen beider Skier von Proband 2 über den gesamten Flug und der Aufsprungphase

dargestellt. Während der Aufsprungbewegung ist eine deutliche Verringerung der Skilänge

erkennbar. Diese Veränderung gründet sich auf die Beobachtungen von Hochmuth (1999), der

die Biegung der Skier während der Aufsprungbewegung als Bremsbewegung von der

Luftfahrt in die Aufsprungfahrt interpretiert. Aufgrund der Durchbiegung der Sprungski

verringert sich die Distanz zwischen Skispitze und Skiende deutlich. Im letzten Bereich der

Aufsprungphase vergrößert sich die Segmentlänge der Sprungski von ca. 2,70 m auf ca. 3,60

m. Dieser Fehler liegt, aufgrund der nicht eindeutig erkennbaren Punkte der Skispitzen,

sowohl in Kamera 1 als auch in Kamera 2 vor.

55

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2.3. Ergebnisse

2.3.1. Beschreibung des Telemarks anhand der kinematischen Daten

2.3.1.1.Beschreibung des Telemarks anhand der Winkelverläufe

In diesem Kapitel wird der Telemark Aufsprung anhand der kinematischen Daten aus der

Untersuchung bei den Olympischen Spielen analysiert. Durch die Datenaufnahme in einer

Wettkampfsituation kann man davon ausgehen, dass der Aufsprung von den Probanden

möglichst genau und gut durchgeführt wird. Für die Winkelbeschreibungen des Telemark–

Aufsprungs werden die Winkelverläufe der ersten 10 Springer nach dem ersten Durchgang

herangezogen. Alle Springer landen in der Telemark–Technik. Bei der Analyse der Gelenke

wird zuerst in vorderes und hinteres Bein unterschieden. Das meint jeweils das vordere Bein

beim Telemark Aufsprung.

Winkel untere Extremität hinteres Bein

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

-0.76 -0.66 -0.56 -0.46 -0.36 -0.26 -0.16 -0.06

Zeit [s]

Win

kel [

°]

Sprunggelenk hinten

Stabw.

Stabw.

Kniegelenk hinten

Stabw.

Stabw.

Hüftgelenk hinten

Stabw.

Stabw.

Abbildung 2.06: Winkelverläufe und Standardabweichungen der unteren Extremität des hinteren Beines

In der ersten Abbildung 2.06 erkennt man die Winkelverläufe des Sprung-, des Knie und des

Hüftgelenkes. In den durchgehenden Linien sind die jeweiligen Mittelwerte und in den

strichlierten Linien die dazugehörigen Standardabweichungen dargestellt. Der letzte Punkt der

jeweiligen Winkeldarstellung bezeichnet den Aufsprungpunkt. In den letzten 8

Zehntelsekunden erkennt man die gesamte Vorbereitungsphase auf den Telemark Aufsprung.

Betrachtet man den Winkelverlauf des hinteren Sprunggelenkes, so kann man erkennen, dass

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in der Vorbereitungsphase der Winkel sich bei 52° einpendelt. Ca. eine Zehntel Sekunde vor

dem Aufsprungpunkt erkennt man einen leichten Anstieg in dem Winkelbereich. Dieser

Anstieg erreicht seinen Höhepunkt bei ca. 67° im Mittelwert. Auffällig ist dabei, dass die

Standardabweichungen direkt vor der Aufsprungpunkt zwischen 10° und 15° betragen. Das ist

ein Hinweis darauf, dass die Winkelpositionen des hinteren Sprunggelenkes sehr individuell

zu sehen sind.

Bei der Betrachtung des Kniewinkel kann man beobachten, dass in der Vorbereitungsphase

der Kniewinkel relativ stabil ist. In diesem Bereich ist die Winkelposition im Mittelwert bei

ca. 175° und und die Standardabweichung bei ca. 4°. Bei ca. 0,5 Sekunden vor dem

Aufsprungpunkt verringert sich der Kniewinkel stetig bis auf 116° beim Aufsprungpunkt.

Diese Winkelverringerung geht ziemlich stabil voran. Kurz vor dem Aufsprungpunkt ist eine

deutlicheres Absenken des Winkel beobachtbar. Zu Beginn der Verringerung des Kniewinkels

sind die Standardabweichungen relativ hoch bei bis zu 15°. Das ist ein Hinweis darauf, dass

der Beginn der Vorbereitungsphase sehr individuell eingeleitet wird. Bis zum Aufsprungpunkt

verringert sich die Standardabweichung auf 12°.

Der Hüftwinkel des hintere Bein beträgt in der letzten Flugphase vor Beginn der

Vorbereitungsphase ca 160°. Die Verringerung dieses Winkels wird deutlich früher als beim

Kniewinkel eingeleitet. Ähnlich wie beim Kniewinkel tritt eine Verringerung dieses Winkel

ein. Die Knie und Hüftwinkel haben in der Darstellung einen sehr ähnlichen Verlauf. Erst ca

0,2 Sekunden vor dem Aufsprungpunkt nähern sie sich an und erreichen beim

Aufsprungpunkt beinahe die gleiche Winkelposition.

In der Abbildung 2.07 sind die Winkel der gleichen Gelenke wie in vorherigen Darstellung

nur vom vorderen Bein abgebildet. Im letzten Teil der Flugphase wird von den Springern ein

Sprunggelenkswinkel von ca. 56° realisiert. Dieser Winkel wird vor der Aufsprungphase noch

auf ca. 51° verringert. Ca. 0,2 Sekunden vor dem Aufsprungpunkt wird der vordere

Sprunggelenkswinkel immer stärker vergrössert, bis er bei einem Endpunkt von ca 91° im

Mittelwert den Aufsprungpunkt erreicht. Die Standardabweichungen liegen im Durchschnitt

etwas höher als beim hinteren Sprunggelenk. Wiederum treten ca. 0,5 Sekunden vor dem

Aufsprungpunkt die grössten Standardabweichungen auf. In dieser Phase treten somit die

höchsten individuellen Unterschiede auf.

57

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Winkel untere Extremität vorderes Bein

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

-0.76 -0.66 -0.56 -0.46 -0.36 -0.26 -0.16 -0.06

Zeit [s]

Win

kel [

°]

Sprunggelenk vorneStabw.Stabw.Kniegelenk vorneStabw.Stabw.Hüftgelenk vorneStabw.Stabw.

Abbildung 2.07: Winkelverläufe und Standardabweichungen der unteren Extremität des vorderen Beines

Die Knie- und Hüftgelenkswinkel verlaufen wie beim hinteren Bein sehr lange parallel

zueinander. Der Kniegelenkswinkel hat in der letzten Flugphase eine Ausprägung von ca.

170°. Ca. 0,5 Sekunden vor dem Aufsprungpunkt verringert sich dieser Winkel stetig bis er

bei ca. 140° und -0,15 Sekunden auf den gleichen Niveau bleibt. Zum Aufsprung hin

verringert er sich deutlich bis auf 132°. In den letzten 0,15 Sekunden sind die

Standardabweichungen mit bis zu 14° relativ hoch. Das bedeutet dass in dieser Phase vor dem

Aufsprung der Kniewinkel sehr individuell unterschiedlich realisiert wird. Am Ende der

Kniebeugung sowohl beim vorderen als auch beim hinteren Bein wird noch einmal eine

deutliche Verringerung des Kniewinkels sichtbar. Das deutet auf die Vorbereitung der

Landung hin und sollte ein möglichst gutes Abfedern über die Oberschenkelmuskulatur

gewährleisten. Die Winkelpositionen beider Kniegelenke beim Aufsprung enden beim

hinteren Bein bei ca. 116° und beim vorderen Bein bei ca. 132°. Dies entspricht einer relativ

gestreckten Position in den Kniegelenken. In der IWO fordern die Kampfrichter eine deutlich

tiefere Beugestellung des hinteren Beines gegenüber dem Vorderen (IWO; 2004). Wenn man

die relativ hohen Standardabweichungen in dieser letzten Phase in Betracht zieht, kann diese

unterschidliche Beugestellung individuell sehr gering aber auch ausgeprägt sein. Betrachtet

man die Kniewinkelposition aus Sicht der Biomechanik, so können bei diesen Positionen sehr

hohe Muskelkräfte realisiert werden, und zwar höhere als bei Winkelpositionen unter 100°.

Die Hüftbeugung bleibt nur bis ca. 0,6 Sekunden vor dem Aufsprungpunkt bei ca 157° sehr

konstant. Ab den genannte Zeitpunkt verringert sich dieser Winkel beständig bis zum

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Aufsprungpunkt bei ca. 104°. Die Einleitung der Hüftbeugung wird beim vorderen Bein leicht

früher als beim hinteren Bein durchgeführt. Sowohl beim vorderen als auch beim hinteren

Bein wird die Hüftbeugung sehr konstant und langsam durchgeführt. Das ist ein Hinweis auf

eine harmonische Überleitung von der Flugphase in die Vorbereitungphase der Landung.

Schultergelenke

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

-0.76 -0.66 -0.56 -0.46 -0.36 -0.26 -0.16 -0.06

Zeit [s]

Win

kel [

°]

Schulter linksStabw.Stabw.Schulter rechtsStabw.Stabw.

Abbildung 2.08: Winkelverläufe und Standardabweichungen beider Schultergelenke

Die Winkelpositionen der Arme wurden im Gegensatz zu den anderen Bezeichnungen in

rechts und links eingeteil. Das gründet auf die Annahme, dass die Bewegung der Arme bei

den Springern nicht auf die Beinbewegung zurückzuführen ist und somit die

unterschiedlichen Beintechniken keinen Einfluss auf das nach oben und vorne Führen der

Arme während der Aufsprungphase haben. In Abbildung 2.08 sind die Winkelpositionen des

linken und rechten Arms eingezeichnet. In der dargestellten Graphik erkennt man kaum

Unterschiede zwischen den rechten und linken Arm der Probanden. Bis ca. 0,4 Sekunden vor

dem Aufsprungpunkt bleiben die Arme im Mittewert bei einer Beugung von ca. 18° (rechter

Arm) und 21° (linker Arm). Ab diesem Zeitpunkt kommt es zu einer verstärkten Streckung in

beiden Armbereichen. Der zeitliche Winkelverlauf der beiden Arme ist dabei bis ca. 0,15

Sekunden vor dem Aufsprungpunkt sehr ähnlich. Ab diesem Zeitpunkt kommt es beim

rechten Arm zu einer stärkeren Streckung, währendessen der linke Arm bei ca. 65° bis zur

Endposition bleibt. Der rechte Schulterwinkel setzt seine Streckung weiter fort und endet bei

ca. 73°. Die sehr hohen Standardabweichungen, die beim linken Arm bis ca. 20° und beim

rechten Arm bis ca. 23° reichen, deuten auf eine hohe individuelle Durchführung der

Armstreckung hin.

59

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In den folgenden Darstellungen werden die Skiwinkel zu der Horizontalen und der Verlauf

des Winkels Körper – Ski näher betrachtet. In der Abbildung 2.09 ist der Winkel zwischen

dem Sprungski und der Horizontalen vom vorderen und hinteren Bein eingezeichnet. Für den

Winkel zwischen diesen beiden Komponenten wurde die Verbindung zwischen Skispitze und

Skiende verwendet. Bei der Betrachtung der Winkelverläufe erkennt man einen sehr

ähnlichen Verlauf zwischen dem vorderen und hinteren Bein. Erst ca. 0,1 Sekunden vor dem

Aufsprungpunkt ergeben sich deutliche Unterschiede in den Mittelwerten. Die

Standardabweichungen sind bei beiden Winkelverläufen in der Vorbereitung zur

Aufsprungbewegung mit 2° (hinteres Bein) und 4° (vorderes Bein) sehr gering. Diese werden

aber im Verlauf der Aufsprungbewegung immer grösser und erreichen beim Zeitpunkt von –

0,16s vor dem Aufsprungpunkt eine Abweichung von ca. 7°. Bis zum Aufsprungpunkt wird

die Standardabweichung geringer und endet im Aufsprungpunkt bei ca. 2°. Die Unterschiede,

die zwischen dem vordern und hinteren Bein auftreten, müssen unter dem Gesichtspunkt der

hohen Stadardabweichung von 7° in diesem Bereich gesehen werden.

Winkel Sprungski - Horizontale

-35

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

5

10

-0.76 -0.66 -0.56 -0.46 -0.36 -0.26 -0.16 -0.06

Zeit [s]

Win

kel [

°]

Ski - Horizontale hinteres BeinStabw.Stabw.Ski - Horizontale vorderes BeinStabw.Stabw.

Abbildung 2.09: Winkelverläufe und Standardabweichungen beider Sprungski bezogen auf die Horizontale

In der nächsten Darstellung sind der Winkel zwischen der Körperlängsachse und dem Ski auf

beiden Seiten und der V–Winkel dargestellt. Die Körperlängsachse wird als die Verbindung

zwischen Knöchelpunkt und Schulterpunkt auf der jeweiligen Seite definiert. Der V – Winkel

der in der Literatur auch als Skiöffnungswinkel bezeichnet wird ist jener Winkel, den die

beiden Sprungskier einschließen. Der V–Winkel liegt bei ca. 0,8 Sekunden vor dem

Aufsprung bei ca. 30°. Dieser Winkel verringert sich bis zum Aufsprungpunkt stetig und

60

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gleichmässig. Ein abruptes Schließen der V–Stellung kann dabei nicht beobachtet werden.

Die Durchführung der V Position im letzten Flugteil ist sehr individuell zu sehen. Die

Standardabweichung liegt in dieser Phase bei ca. 11° und verringert sich bis zum

Aufsprungpunkt auf 2°. Beim Aufsprungpunkt beträgt der Skiöffnungswinkel im

Durchschnitt nur mehr 3°.

V - Winkel Verbindung Ski - Körper

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

-0.76 -0.66 -0.56 -0.46 -0.36 -0.26 -0.16 -0.06

Zeit [s]

Win

kel [

°]

v - winkelStabw.Stabw.Ski - Körper hintenStabw.Stabw.Ski - Körper vorneStabw.Stabw.

Abbildung 2.10: Winkelverläufe und Standardabweichungen des V – Winkels und der Winkel zwischen Körperlängsachse und Ski

Bei der Betrachtung des Winkels zwischen der Körperlängsachse und des Sprungskis sind die

Winkelverläufe zwischen vorderen, und hinteren Bein sehr ähnlich. Bis ca. 0,3 Sekunden vor

dem Aufsprungpunkt sind die Mittelwerte und Standardabweichungen der beiden Winkeln

fast deckungsgleich. Ab dem Zeitpunkt bei ca. 0,3 Sekunden wird der Körper – Ski Winkel

des vorderen Beines deutlich grösser. Dieser Unterschied erhöht sich bis zum

Aufsprungpunkt. Es ist interessant zu beobachten, dass zum Aufsprungpunkt hin dieser

Winkel immer geringere Standardabweichungen mit ca. 6° bei beiden Beinen aufzuweisen

hat. Diese Bewegungsdurchführung scheint nicht so grossen individuellen Einflüssen zu

unterliegen wie das bei anderen besprochenen Winkelpositionen der Fall ist. Die letzte

Winkelposition des vorderen Beines beträgt im Durchschnitt ca 86°. Derselbe Winkel in der

Aufsprungposition bezogen auf das hintere Bein beträgt 67°. Der Unterschied beläuft sich

somit auf fast 20°. Es ist überraschend, dass der Winkel zwischen dem vorderen Bein geringer

als 90° ist. In Abbildung 2.11 kann man diesen Winkel bei einem Springer der 2.

Untersuchung im Juni 2007 erkennen. Auch wenn keine kinematischen Untersuchungen

61

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gemacht werden, sieht man deutlich, dass dieser Winkel mehr als 90° ausmacht. Verringert

sich dieser Winkel unter die 90° Grenze so bedeutet das für den Aufsprungpunkt, dass

entweder der Sprunggelenkspunkt des vordern Beines in der Telemark Bewegung nach hinten

gezogen oder der Oberkörper in der gleichen Phase nach vorne gebracht wird. In der

vorliegenenden Untersuchung wird davon ausgegangen, dass dieser Winkel durch eine

verstärkte Hüftbeugung verursacht wird. Betrachtet man noch einmal die Winkeldaten des

vorderen Hüftgelenks, so kommt es kurz vor dem Aufsprung zu einer Beugung in der Hüfte.

Diese Bewegung ist beim vorderen Bein sehr deutlich zu sehen. Der gleiche Winkel des

hinteren Beines bleibt in dieser Phase in der gleichen Position. Eine verstärkte Hüftbeugung

ist dabei nicht zu erkennen. Somit erscheint die Winkelposition zwischen der

Körperlängsachse und des vorderen Sprungskies durch die Hüftbeugung bei der vorderen

Hüfte begründet zu sein.

Abbildung 2.11: Winkel zwischen Körperlängsachse und Ski

2.3.1.2. Beschreibung des Telemarks anhand der Abstandsdaten

Für die folgenden Wegbeschreibungen werden jeweils die Koordinaten für den Knöchelpunkt

auf beiden Seiten herangezogen. Im Blickpunkt des Interesses steht dabei der Abstand in der

Frontalebene und somit in der Y–Achse und der Abstand der Knöchelpunkte im Raum. Der

erste Abstand ist nötig um die Spurbreite und somit die Landebreite einschätzen zu können.

Bei der Analyse dieses Punktes werden nur die Y Koordinaten verwendet. Diese geben am

meisten Informationen über die Spurbreite in der Aufsprungphase. Der zweite Abstand soll

62

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Informationen über die Länge des Telemarks geben. Eine einfache Berechnung über die

Sagittalebene und somit die X–Achse kann nicht durchgeführt werden, weil der Telemark–

Aufsprung in der Hangneigung realisiert wird. Somit spielt die Z–Achse für diese Berechnung

eine wichtige Rolle. Letztenlich werden die X und Z Koordinaten verwendet.

In der Abbildung 2.12 sind beide erwähnten Abstände aufgezeichnet. Beim Längenabstand

erkennt man deutlich, dass dieser Abstand sehr lange in der Aufsprungphase beibehalten wird.

Abstände der Knöchelpunkte

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

-0.76 -0.66 -0.56 -0.46 -0.36 -0.26 -0.16 -0.06

Zeit [S]

Met

er [m

]

Abstand x - z EbeneStabw.Stabw.Abstand in Y - RichtungStabw.Stabw.

Abbildung 2.12: Abstände der Knöchelpunkte

Erst bei ca. 0,2 Sekunden vor dem Aufsprungpunkt werden die Knöchelpunkte

auseinandergebracht und erreichen beim Aufsprungpunkt im Durchschnitt ca. 40 cm. Zu

jenem Zeitpunkt, zu dem die Abstandsänderung durchgeführt wird, kann man sehr hohe

Standardabweichungen erkennen. Das ist wiederum ein Indiz für einen individuellen Beginn

der Schrittvergrösserung.

Im Gegensatz dazu ist der Abstand der Knöchel in der Y–Achse zu Beginn sehr hoch. In dem

aufgeführten Bereich scheint die Verringerung der Spurbreite schon früher zu beginnen, da

eine Stabilität dieses Abstandes nicht erkennbar ist. Das V wird somit schon in der

Vorbereitung auf die Landephase ständig verkleinert. Diese Verringerung des Abstandes wird

sehr konstant bis ca. 0,1 Sekunden vor dem Aufsprungpunkt vollzogen. Zu diesem Zeitpunkt

erreicht der Abstand bei ca. 20 cm seinen niedrigsten Punkt und steigt bis auf ca. 25 cm am

Aufsprungpunkt. Die Standardabweichungen bei diesem Abstand sind in Vorbereitung auf die

63

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Landephase mit ca. 10 cm relativ hoch. Das ist durch die unterschiedlichen Flugstile der

Probanden erklärbar. In der IWO heist es zur Beurteilung des Telemarks folgendermassen:

„Voll augeprägte Telemark – Beinstellung am Ende der Bremsphase, d.h., mittlere Schrittstellung (Abstand von

der Ferse des Vorderschuhese bis zur Spitze des Hinterschuhes annähernd eine Schuhlänge, zumindest die Spitze

des Hinterrschuhes noch hinter der Ferse des Vorderschuhes) und deutlich tiefere Beugestellung des hinteren

Beins. Schmale und saubere Skiführung (Abstand zwischen den Ski nicht größer als zwei Skibreiten sowie

parallel geführt und vollflächig aufgestzt.)“ (IWO; S62)

Die Forderung der IWO für die Durchführung des Telemarks kann durch die Ergebnisse

bestätigt werden. Bei der Annahme, dass der Sprungschuh ca. 33 cm lang ist, entspricht der

Abstand zwischen den beiden Knöcheln in der X–Z Ebene mit 40 cm im Durchschnitt den

verlangten Vorgaben. Betrachtet man die Standardabweichungen so kann man erkennen, dass

der untere Verlauf der Standardabweichung nicht den geforderten Normen mit einen Abstand

von ca. 30 cm entspricht. Insgesamt kann man annehmen, dass der Großteil der Springer den

Forderungen der IWO hinsichtlich des Abstands zwischen den beiden Beinen gerecht wird.

Bei der Betrachtung der Spurbreite im Aufsprungpunkt werden die Forderungen der IWO im

Mittelwert sehr genau erfüllt. Nimmt man an, dass eine Skibreite ca. 11 cm beträgt und die

Knöchelpunkte nicht an der Innenseite sondern in der Skimitte digitalisiert werden,

entsprechen sowohl der Mittelwert von 25 cm Abstand und die obere Standardabweichung

mit 31 cm den Forderungen der IWO. Die Springer haben dabei eine Gratwanderung zu

vollziehen, einerseits einen nicht zu kleinen Winkel auszuführen, da ansonsten die Stabilität

des Telemarks schwerer zu gewährleisten ist, und andererseits die Spurbreite nicht zu groß

durchzuführen.

64

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2.3.2. Statistische Auswertung

2.3.2.1. Bedeutung des Telemarks

Der Telemark Aufsprung ist ein wesentlicher Teil in der komplexen Situation des

Skispringens. Neben der Beurteilung der Weite mit Hilfe der Video–Weitenmessung ist die

Beurteilung des Fluges und des Aufsprungs durch den Kampfrichter eines von zwei

entscheidenden Parametern. Der Punktwert wird durch fünf Kamprichter, die die Flug- und

Aufsprungphase zu beurteilen haben, errechnet. Pro Richter können jeweils bis zu 20 Punkten

vergeben werden. Die beste und schlechteste Wertung wird herausgenommen. Der maximale

Punktewert, der erreicht werden kann, beläuft sich somit auf 60 Punkte. In der Saison

2005/2006 werden die wichtigsten Wettkämpfe auf die Verteilung zwischen Weiten– und

Kampfrichternoten und die Veränderung der Platzierung in Abhängigkeit der

Kampfrichternoten untersucht. Die dafür erforderlichen Daten werden aus den offiziellen

Ergebnislisten der FIS genommen. Für diese Basisuntersuchung werden alle Bewerbe der

Vierschanzentournee und den Kleinschanzenbewerb der Olympischen Spiele in Turin

herangezogen.

In Tabelle 2.04 kann man die prozentuelle Bedeutung der Kampfrichterwertung gegenüber

der Weitennote erkennen. Die Unterteilung wird auch in Abhängigkeit der Platzierungen

durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eine immer höher werdende Bedeutung des Telemarks,

je geringer die Weite des Springers wird. Bei den Platzierungen von Rang 1. bis Rang 10.

erkennt man sehr konstante Werte auf allen verschiedenen Schanzen. Insgesamt kann man

daraus ableiten, dass die Kampfrichternote gegenüber der Weitennote zwischen 43% und 50%

je nach erzielter Weite ausmacht.

Oberstdorf Garmisch Innsbruck Bischofshofen Pragelato

1. – 10. 43,6 % 44,7 % 43,9 % 42,2 % 43,1 %

11. – 20. 45,9 % 47,1 % 44,8 % 44,2 % 44,8 %

21. – 30. 48,9 % 49,9 % 47,6 % 46,7 % 46,9 %

Tabelle 2.04: Prozentuelle Bedeutung der Kamprichterwertung gegenüber der Weitennote

65

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In der statistischen Untersuchung wird zuerst die Hypothese H1 untersucht.

H1: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Gesamtnote und der

Kampfrichternote eines Wettkampfes im Skispringen

Für die Basisdaten zur Überprüfung dieser Hypothese werden die erwähnten Datensätze der

wichtigsten Wettkämpfe in der Saison 2005/2006 verwendet. Dabei werden von jedem

Wettkampfsprung die Kampfrichter- und Gesamtnoten der ersten 30 Springer hergenommen.

Für diese Zusammenhangshypothese wird der Spearman Korrelationkoeffizient verwendet.

Die Gesamtnote ist definiert als die Summe von Weitennote und Kampfrichternote. In diesem

Fall wird der Spearman Korrelationkoeffizient verwendet, da die zugrunde liegenden

Kampfrichterdaten als Ordnialdaten eingestuft werden. Im Kampfrichterwesen gibt es zwar

einen Normenkatalog, nachdem die möglichen Fehler in der Flug- und Landephase aufgezählt

sind, die Intervalle zwischen den

vergebenen Punkten können aber nicht

mit Sicherheit als gleichwertig bestimmt

werden. Somit können die Daten nicht

als intervallskalierte Daten interpretiert

werden.

Betrachtet man die in Tabelle 2.05

aufgelisteten Ergebnisse, so kann man

erkennen, dass die Kampfrichternote und

die Gesamtnote bei jedem analysierten

Wettbewerb einen sehr hohen

Korrelationskoeffizienten ergeben

(>0,81) und dieser jeweils als hoch

signifikant eingestuft wird. Das

Bestimmtheitsmaß gibt weiters darüber

Auskunft, dass die Gesamtleistung zu

über 65% von der Kampfrichternote abhängig ist. Aufgrund dieser Ergebnisse kann die H1

bestätigt werden. Betrachtet man noch einmal die Tabelle 2.05 so fällt auf, dass bei der vier

Schanzen Tournee in der Saison 2005/2006 die Kampfrichternote einen Einfluss von ca. 65%

auf die Gesamtnote hat. Nur bei der 3. Station in Innsbruck liegt das Bestimmtheitsmaß

deutlich darüber. Aufgrund von nicht näher bestimmbaren Faktoren liegt bei diesem

DurchführungsortKorrelations-

koeffizient

Bestimmt-

heismaß

Oberstdorf 0.811** 65.8%

Garmisch 0.815** 66.4%

Innsbruck 0.909** 82.6%

Bischofshofen 0.815** 66.4%

Pragelatto HS

106 0.859** 73.8%

Tabelle 2.05: Signifikante Unterschiede zwischen der Weitennote und der Gesamtnote

66

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Wettkampf der statistische Zusammenhang zwischen Kampfrichternote und Gesamtnote

deutlich höher. Dieser Wettkampf kann somit als statistischer Ausreisser interpretiert werden.

Betrachtet man die weiteren Daten, so kann man davon ausgehen, dass im Durchschnitt auf

Kleinschanzen die Benotung durch die Kampfrichter bedeutender ist, als auf Großschanzen.

Das kann man anhand des Bestimmtheitsmaß bei den Olympischen Spielen in Pragelatto mit

74% erkennen.

2.3.2.2. Einflussfaktoren auf die Kampfrichterbewertung

Die Hypothese 2 bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen den gemessenen Parametern

bei der Untesuchung 1 und der Kampfrichternote. Die dafür notwendige Hypothese lautet

folgendermassen:

H2: Es besteht ein Zusammenhang zwischen den gemessenen Parametern

und der Kampfrichternote.

Parameter Abkürzung Parameter Abkürzung

Weitennote WEITE Schultergelenk rechts SCHU_RE

Kamprichternote KNOTE Schultergelenk links SCHU_LI

Sprunggelenk vorderes Bein SPL_VO Öffnungswinkel zwischen beiden

Skiern V_WIN

Sprunggelenk hinteres Bein SPL_HI Winkel zwischen Ski und Körper

beim vorderen Bein S_K_VO

Kniegelenk vorderes Bein KN_VO Winkel zwischen Ski und Körper

beim hinteren Bein S_K_HI

Kniegelenk hinteres Bein KN_HI Winkel zwischen Ski und der

Horizontalen beim vorderen Bein S_HO_VO

Hüftgelenk vorderes Bein HÜ_VO Winkel zwischen Ski und der

Horizontalen beim hinteren Bein S_HO_HI

Hüftgelenk hinteres Bein HÜ_HI Abstand zwischen den

Knöchelpunkten in der Frontalebene AB_FRO

Abstand zwischen den

Knöchelpunkten in der X – Z Ebene AB_X_Z

Tabelle 2.06: Beschreibung der Abkürzungen

67

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Für die Überprüfung dieser Hypothese werden alle gemessenen Winkel- und

Abstandparameter mit der Kampfrichternote korreliert. Die Daten werden dabei von den in

Tabelle 2.06 aufgelisteten Springern verwendet. Bei den Winkel- und Abstandsdaten wird

jener Wert herangezogen, der zum Zeitpunkt des Aufsprungpunktes ermittelt wird. Zusätzlich

zu den gemessenen Parametern wird die Kampfrichternote und die Weitennote zu den Daten

hinzugefügt. Für die Untersuchung der Zusammenhangshypothese wird der

Korrelationskoeffizient nach Spearman verwendet. Dieser ist nötig, da aus den schon

beschriebenen Gründen die Kampfrichternoten als ordinalskalierte Daten einzuordnen sind.

Die Abkürzungen und Beschreibung der berechneten Parameter kann man in Tabelle 2.06

erkennen.

Korrelation zwischen der KNOTE und folgenden Parametern:

Parameter Korrelationskoeffizient Signifikanzniveau Bestimmtheitsmaß [%]

WEIT 0,745** 0,000 55,50 % SPL_HI -0,562** 0,010 31,60 %

SCHU_RE 0,611** 0,004 37,30 % SCHU_LI 0,499* 0,025 24,90 % S_HO_VO 0,584** 0,007 34,10 % S_HO_HI 0,614** 0,004 37,70 %

Tabelle 2.07: Korrelationen zwischen der Kampfrichternote und den Parametern

Das Ergebnis der statistischen Korrelationsuntersuchung kann man in Tabelle 2.07

erkennen.Anhand der Ergebnisse kann man erkennen, dass ein Parameter signifikant und

weitere fünf Variablen hoch signifikant mit der KNOTE korrelieren. Überraschender Weise

scheint den größten Einfluss auf die Kampfrichter nicht die technischen Merkmale eines

Skisprungs zu haben, sondern die erzielte Sprungweite. Mit einem Korrelationskoeffizienten

von 0,745** ist dieser Wert hoch signifikant. Betrachtet man das Bestimmtheitsmaß, so kann

man erkennen, dass zu 55,5% die Kampfrichternote von der Weite abhängig ist. Dies ist umso

erstaunlicher, da in der Internationalen Wettkampfordnung, die für die Kriterien der

Kampfrichterbewertung verantwortlich ist, die Sprungweite nicht als Kriterium erwähnt wird.

Betrachtet man das Scatterdiagramm in Abbildung 2.13 wird deutlich, warum eine hohe

Korrelation sichtbar ist. Da für die Untersuchung nur die besten und schlechtesten Springer

des ersten Durchganges verwendet werden, besteht eine Lücke in der X–Achse zwischen 53

und 56 Punkten und in der Y–Achse zwischen 94 und 100 Metern. Würde man die Plätze

zwischen den genannten Probanden ausfüllen, würde zwar immer noch eine signifikante

68

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Korrelation hervorgehen, diese würde aber geringer ausfallen als das hier der Fall ist. Bei

allen weiteren Variablen zeigt sich die beschriebene Lücke nur in den Kampfrichterpunkten.

Das bedeutet, dass die Korrelationen stärker zu Geltung kommen, wenn die Abstände der

Platzierungen weiter auseinander liegt. Die Regressionsgerade im Scatterdiagramm

bezeichnet die durchschnittliche Richtung, die die Punktwolke aufgrund ihrer Darstellung

vorgibt.

Korrelation Sprungweit - Kampfrichternote

88

90

92

94

96

98

100

102

104

106

47 49 51 53 55 57 59

Kampfrichternote [Pkt.]

Spru

ngw

eite

[m]

Abbildung 2.13: Scatterdiagramm Korrelation zwischen Sprungweite und Kampfrichternote

Die Variablen SPL_HI und SCHU_RE weisen ebenfalls eine hoch signifikannte Korrelation

mit der KNOTE auf. Beide Variablen erklären jeweils zu 31,6% und 37,3% die KNOTE.

Diese beiden Variablen scheinen eine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der Telemark

Benotung zu haben. Dieses Ergebnis erscheint plausibel, da je kleiner die Variable SPL_HI

ist, umso deutlicher wird die Telemarkposition sichtbar. Die Analyse der Parameter

SCHU_RE und SCHU_LI (signifikant mit 0,025) entspricht den Anforderungen des

Telemark–Aufsprungs, der in der Internationalen Wettkampfordnung beschrieben ist. Die

Variablen S_HO_HI und S_HO_VO weisen ebenfalls eine hoch signifikante Korrelation mit

der KNOTE auf. Mit einem Bestimmtheitsmaß von 34,1% und 37,7% erklären sie in etwa zu

einem Drittel die Beurteilung des Telemark–Aufsprungs. Diese beiden Variablen scheinen im

direkten Zusammenhang mit der WEITE zu sein. Der Korrelationskoeffizient zwischen diesen

Variablen ergeben 0,634** und 0,666** und sind hoch signifikant. Der Einfluss dieser beiden

Winkelparameter auf die Kamprichternote scheint somit indirekt über die Weite gegeben zu

sein. Betrachtet man die Abbildung 2.14, so erkennt man, dass diese Variable als negativer

69

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Winkel dargestellt ist. Je näher sich der Parameter der Horizontalen annähert, umso weiter im

Verbindungsradius zwischen Aufsprunghang und Auslauf kommt der Proband auf. Das ist die

Erklärung für die hohe Korrelation zwischen der Weite und den besprochenen

Winkelparametern.

Korrelation Kampfrichternote - Ski horizontale hinten

-36

-35

-34

-33

-32

-31

-30

-29

-2846 48 50 52 54 56 58 60

Kampfrichterpunkte [Pkt.]

Win

kel s

ki h

or h

inte

n [°

]

Abbildung 2.14: Scatterdiagramm Korrelation zwischen Kampfrichternote und dem Winkel zwischen Ski und

der Horizontalen des hinteren Beines

Für die in Tabelle 2.07 aufgelisteten Variablen kann somit die Hypothese 2 angenommen

werden. Für alle anderen Parameter muss die Hypothese verworfen werden.

2.3.2.3. Unterschiede zwischen den ersten 10 platzierten und den Plätzen 36 – 48

Für diese Untersuchung werden die Probanden in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe

umfasst die Probanden 1 bis 10 und die 2. Gruppe beinhaltet die Probanden 11 bis 21. In der

Tabelle 2.01 sind die jeweiligen Platzierungen der Probanden aufgelistet. Für die

Unterschiedsuntersuchung zwischen den beiden Gruppen wurden zwei Methoden verwendet.

Diese sind die:

- Taylorpolynomanalyse

- Statistische Unterschiede aufgrund des T–Tests

70

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2.3.2.4. Taylorpolynomanalyse

Die Taylorpolynomanalyse ist ein statistisches Mittel zum Erstellen eines

Korrelationskoeffizienten. Gegenüber anderen Methoden hat man hier den Vorteil, dass

Verlaufsdaten miteinander verglichen werden. Bei einem normalen T-Test, so wie sie im

folgenden Kapitel beschrieben wird, wählt man gewisse Zeitpunkte aus, und versucht anhand

der Daten dieser Zeitpunkte eine Unterschiedsuntersuchung durchzuführen. Bei der

Taylorpolynomanalyse hat man die Möglichkeit Verlaufsdaten über einen bestimmten

Zeitraum miteinander zu vergleichen. Für diese Methode braucht man ein Referenz–File auf

dem der Korrelationskoeffizient gemessen wird. Die 9 Taylorpolynome, die in Abbildung

2.15 dargestellt sind, werden zwischen dem Referenz–File und dem zu bestimmenden

Datensatz verglichen. Das Ergebnis wird in Form eines Korrelationskoeffizienten

ausgedrückt, der den statistischen Zusammenhang der individuellen Aufsprungsform mit dem

Referenz–File zum Ausdruck bringt. Diese Methode hat den Vorteil, dass man auf die

Qualität einer Bewegungsform statistisch schließen kann, indem der Verlauf eines Merkmals

und nicht der Zeitpunkt analysiert wird. Durch dieses Mittel ist es auch möglich, verschiedene

Arten von Bewegungstechniken miteinander zu vergleichen. Mit Hilfe des Programmes

T0

- 0 . 2 5

- 0 . 15

- 0 . 0 5

0 . 0 5

0 . 15

0 . 2 5

-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0

T1

- 0 . 2 5

- 0 . 1 5

- 0 . 0 5

0 . 0 5

0 . 1 5

0 . 2 5

-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0

T2

- 0 . 2 5

- 0 . 1 5

- 0 . 0 5

0 . 0 5

0 . 1 5

0 . 2 5

-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0

T3

- 0 . 2 5

- 0 . 1 5

- 0 . 0 5

0 . 0 5

0 . 1 5

0 . 2 5

-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0

T4

- 0 . 2 5

- 0 . 1 5

- 0 . 0 5

0 . 0 5

0 . 1 5

0 . 2 5

-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0

T5

- 0 . 2 5

- 0 . 1 5

- 0 . 0 5

0 . 0 5

0 . 1 5

0 . 2 5

-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0

T7

- 0 . 2 5

- 0 . 1 5

- 0 . 0 5

0 . 0 5

0 . 1 5

0 . 2 5

-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0

T8

- 0 . 2 5

- 0 . 1 5

- 0 . 0 5

0 . 0 5

0 . 1 5

0 . 2 5

-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0

T9

- 0 . 2 5

- 0 . 1 5

- 0 . 0 5

0 . 0 5

0 . 1 5

0 . 2 5

-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0

Abbildung 2.15: Die 9 verschiedenen Taylorpolynome

71

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MATLAB 7.0.1 („taylorpolynome.m“, „correlation.m“ und „similarcosinus.m“) werden die

Winkel–Zeit Verläufe der beschriebenen Variablen zwischen den 2 Gruppen analysiert. Die

dazugehörige Hypothese wird folgendermaßen beschrieben:

H3: Es besteht ein Unterschied zwischen der Gruppe 1 und der Gruppe 2 bei

den gemessenen Winkelparametern bezüglich des

Korrelationskoeffizienten der Taylorpolynomanalyse.

Für die vorliegende Analyse werden nur die Winkel–Zeit Verläufe statistisch untersucht. Die

Winkel–Zeit Verläufe der Probanden werden auf den Olympiasieger dieses Wettkampfes

bezogen. Der resultierende Korrelationskoeffizient wird jeweils in den beiden Gruppen auf

Normalverteilung überprüft. Die Variablen KN_VO (der Gruppe 1) und SL (der Gruppe 2)

werden durch den Kolmogorov–Smirnov–Test als nicht normalverteilt angesehen. Für diese

Variablen wird der Mann–Whitney–U–Test verwendet. Für alle weiteren Parameter kann der

T–Test für unabhängige Stichproben angewendet werden. Bei allen Variablen werden keine

signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen festgestellt. Der Grund, warum bei

dieser Untersuchung keinerlei Unterschiede zwischen den Gruppen erkennbar sind, kann in

der Art der Analysetechnik liegen. Hingegen bei der Unterschiedsprüfung zu den

verschiedenen Zeitpunkten können sehr wohl statistisch signifikante Unterschiede festgestellt

werden.

Sprunggelenk vorne - ersten drei Probanden

0

20

40

60

80

100

120

-0.76

-0.72

-0.68

-0.64 -0.

6-0.

56-0.

52-0.

48-0.

44 -0.4

-0.36

-0.32

-0.28

-0.24 -0.

2-0.

16-0.

12-0.

08-0.

04 0

Zeit [s]

Win

kel [

°]

Referenz File Pr. 2

Proband 3

Proband 6

Abbildung 2.16: Einflussfaktoren auf den Korrelationskoeffizienten der Taylorpolynomanalyse

72

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Die Taylorpolynomanalyse bezieht sich auf einen unterschiedlichen Verlauf zwischen den

einzelnen Winkel–Zeit Kurven. In Abbildung 2.16 erkennt man in der Vorbereitungsphase

zwischen –0,76s und –0,2s bei allen 3 Probanden unterschiedliche Kurvenverläufe. Wenn

diese Verläufe zum gleichen Zeitpunkt gegensätzlich sind, so verringert sich der

Korrelationskoeffizient, der anhand der Taylorpolynome erstellt wird, deutlich. Sehr gut kann

man das in diesem Diagramm zwischen Probanden 3 und den anderern Probanden erkennen.

Proband 3 hat bezüglich der letzten 0,3 Sekunden vor dem Aufsprungpunkt deutliche

Abweichungen im Kurvenverlauf gegenüber den Proband 2. Dies drückt sich auch mit einem

unterschiedlichen Korrelationskoeffizienten von 0,73 bezogen auf das Referenz–File von

Proband 2 aus. Bei Proband 6 zeigen sich diese Unterschiede noch wesentlich deutlicher.

Gegenüber dem Referenz–File errechnet man bei diesem Athleten einen

Korrelationskoeffizienten von –0,26. Solche Unterschiede in den Korrelationskoeffizienten

könnten auch ein Resultat der problematischen Datenaufnahme sein. Die Analyse der

Taylorpolynome scheint gegenüber der Unterschiedsprüfung aufgrund der verschiedenen

Zeitpunkte sensibler auf Fehler zu reagieren.

2.3.2.5. T – Test

Die Hypothese 4 untersucht den Unteschied zwischen den Gruppen 1 und 2. Im Gegensatz zur

Taylorpolynomanalyse kann man bei dieser Untersuchungsweise nur bei gewissen

Zeitpunkten die beiden Gruppen gegenüberstellen und vergleichen. Die dazugehörige

Hypothese lautet folendermaßen:

H4: Es besteht ein Unterschied zwischen der Gruppe 1 und der Gruppe 2

bezüglich der erhobenen Parameter zu den Zeitpunkten T1, T2, T3, T4

und T5

73

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Die angeführten Zeitpunkte sind definiert als die Zeitpunkte 0,76s, 0,56s, 0,36s, 0,16s und

0,0s vor dem Aufsprungpunkt. Für diese Untersuchung werden bis auf die WEITE und

KNOTE alle in Tabelle 2.08 aufgeführten Variablen analysiert. Als Vorraussetzung für die

Verwendung des T–Test müssen alle Datensätze mindestens intervallskaliert und

normalverteilt sein. Alle Datensätze werden durch den Kologmorov–Smirnov–Test auf ihre

Normalverteilung überprüft. Alle Parameter können als normalverteilt festgestellt werden. In

der Tabelle 2.08 sind die herausgefilterten Ergebnisse der statistischen Untersuchung

aufgelistet. Die Zahlen neben den Bezeichnungen der Variablen beschreiben den Index des

Zeitpunktes. Betrachtet man diese Tabelle so fällt auf, dass sehr viele Variablen hauptsächlich

zum Zeitpunkgt T4 signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen ergeben. Nur der

Parameter KN_HI1 zum Zeitpunkt T1 kann als fast signifikant bezeichnet werden. Zum

Zeitpunkt T2 ergeben sich keine Unterschiede in den besprochenen Parametern. Sehr hohe

signifikante Unterschiede kann man bei den Variablen S_HO_VO und S_HO_HI zu den

Zeitpunkten T3, T4 und T5 erkennen. In der Abbildung 2.17 ist die Variable S_HO_VO der

Gruppen 1 und 2 mit den dazugehörigen Standardabweichungen eingezeichnet. Durch die

grünen Striche sind die letzten 3 Zeitpunkte der Unterschiedsprüfung eingezeichnet. Dabei

kann man sehr gut erkennen, dass die Unterschiede in den Zeitpunkten nicht nur statistisch,

sondern auch grafisch sehr deutlich sind. Die Gruppe 1 ist in der Lage, die Sprungski sehr

lange in einer Position zu halten, die der Horizontalen sehr ähnlich ist. Erst in den letzten 0,06

Sekunden der Aufsprungbewegung wird der Sprungski in die Endposition beim

T1 T2 T3 T4 T5

SPL_Vo4 0.027* SPL_Hi4 0.070(*) KN_HI1 0.086(*) SPL_HI5 0.080(*)

SCHU_RE4 0.016* SCHU_RE5 0.008** SCHU_LI4 0.018* S_K_VO4 0.065(*) S_K_HI4 0.092(*)

S_HO_VO3 0.021* S_HO_VO4 0.002** S_HO_VO5 0.003** S_HO_HI3 0.071(*) S_HO_HI4 0.001** S_HO_HI5 0,004**

Tabelle 2.08: signifikante Parameter aufgrund des T - Tests

74

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Aufsprungpunkt gebracht. Die Probanden der Gruppe 2 verringern diesen Winkel bis zum

Aufsprung deutliche früher und konstanter. Die Flugposition wird somit viel früher als bei der

Gruppe 1 aufgegeben. Für die Variabel S_HO_HI erkennt man einen sehr ähnlichen

Kurvenverlauf.

Winkel zwischen Ski - Horizontalen vorderes Bein der Gruppe 1 und 2

-40

-35

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

5

10

-0.76

-0.72

-0.68

-0.64 -0.

6-0.

56-0.

52-0.

48-0.

44 -0.4

-0.36

-0.32

-0.28

-0.24 -0.

2-0.

16-0.

12-0.

08-0.

04 0

Zeit [s]

Win

kel [

°]

S_HO_VO Gruppe 1Stabw.Stabw.S_HO_VO Gruppe 2Stabw.Stabw. T3 T4 T5

Abbildung 2.17: Winkel zwischen Ski – Horizontalen vorderes Bein der Gruppe 1 und 2

Bei den Parameter SPL_VO4, SCHU_RE4 und SCHU_LI4 erkennt man zum Zeitpunkt T4

signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Insbesondere in der Vorbereitung

auf den Aufsprungpunkt kann man deutliche Unterschiede zwischen den besten und den

schlechtesten 10 Athleten erkennen. Die Bedeutung der letzten 0,2 Sekunden vor dem

Aufsprung sind bei der Betrachtung der Daten sehr wichtig für das Gelingen eines Telemark–

Aufsprungs. Die Variablen SPL_HI4, S_KÖ_VO4 und S_KÖ_HI4 unterscheiden sich

zwischen den Gruppen fast signifikant. Zum Zeitpunkt T5 erkennt man neben den

besprochenen Parametern die Variable SPL_HI5 als fast signifikant und die SCHU_RE5 als

hoch signifikant.

Alle wichtigen Parameter, die bei der Korrelationsüberprüfung als bedeutend für die

Bewertung des Telemarks herausgefiltert werden, erscheinen in der Unterschiedsprüfung

zwischen der Gruppe 1 und Gruppe 2 zumindest als fast signifikant auf. Diese Verbindung

kann aber auch statistisch begründet werden. Für einen hohen Korrelationskoeffizienten

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zwischen 2 Variablen ist ein Datensatz, der eine große Bandbreite in beiden

Ausprägungsrichtungen aufweist, nötig. Jene Variablen, die in hoher Korrelation mit der

KNOTE stehen, weisen zumindest eine erhöhte Bandbreite zum Aufsprungzeitpunkt auf. Bei

einer hohen Bandbreite, die durch die Analyse von beiden Gruppen zustandekommt, ist die

Wahrscheinlichkeit höher, dass bei einer Unterschiedsprüfung eine Signifikanz ersichtlich ist

als dies bei einer geringeren Bandbreite der Fall wäre. Das wäre eine mögliche Erklärung für

die hohen Signifikanzen im Zeitpunkt T5. Da aber auch im Zeitunkt T4 sehr hohe

Unterschiede zwischen den verschiedenen Variablen herausgefunden wurden, lässt sich diese

Argumentation nur bedingt für den Zeitpunkt T5 erklären. Man muss hinzufügen, dass von

den anderen Zeitpunkten keine Korrelationen zur KNOTE berechnet wurden.

Die Hypothese H4 kann somit für die beschriebenen Parameter angenommen werden. Für alle

weiteren Parameter muss diese Hypothese verworfen werden.

76

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2.4. Interpretation

Die kinematischen Ergebnisse und die Beschreibung des Telemarks anhand der

kinematischen Daten von den Olympischen Spielen 2006 in Turin werden im Kapitel 2.3.

ausführlich beschrieben. In der Literaturanalyse können zwei bedeutende Untersuchungen

bezogen auf die Landephase beschrieben werden. SEO et al (2001) kann aufgrund seiner

Untersuchung von Windkanalkräften und den Einfluss einer Bodenplatte ähnliche

Verhältnisse wie vor der Aufsprungsituation simulieren. Aufgrund seiner Daten vermuten die

Autoren einen Weitengewinn in der Nähe des Aufsprunghanges von bis zu 3 Metern, wenn

der Athlet es versteht, seine Flugposition beibehalten zu können. Entgegengesetzt dazu

verweist Hochmuth (1999) in seiner Publikation über die Analyse von Aufsprungkräften auf

die Bedeutung der Skidurchbiegung. Durch eine relativ lange Aufsprungphase, in der der

Sprungski sehr stark durchgebogen wird, können die höheren Fluggeschwindigkeit der

Landegeschwindigkeit angepasst werden. Die Sprungski erfüllen durch ihre Biegung eine

gewisse Resorption der elastischen Kräfte. Die restliche Aufsprungkraft muss hauptsächlich

durch die Beinkraft abgefangen werden. Je länger der Aufsprung dauert, desto größer ist der

zurückgelegte Weg und um so weicher kann der Aufsprung gestaltet werden. Das ist die

Annahme, die Hochmuth (1999) durch seine Untersuchungen belegt.

Die Forderung beider Publikationen können während der Aufsprungphase nicht realisiert

werden. Der Athlet hat somit einen Kompromiss zwischen einer sicheren Landung und einem

weiten Sprung einzugehen. In der kinematischen Untersuchung werden die Parameter

S_HO_VO und S_HO_HI analysiert. Diese Parameter drücken den Winkel der Sprungski

gegenüber der Horizontalen jeweils auf dem vorderen und hinteren Bein aus. Mit Hilfe dieser

Variablen ist man in der Lage, eine Einschätzung der Aufsprungtechnik bezogen auf die

publizierten Untersuchungen abzugeben. Beide Variablen stellen in der Korrelationsanalyse

einen signifikanten Wert gegenüber der Kampfrichternote dar. Das bedeutet, dass beide

Variablen eine hohe Bedeutung in der Beurteilung der Aufsprungphase zu haben scheinen. In

der Abbildung 2.17 sieht man die Variable S_HO_VO der beiden Gruppen aufgelistet.

Auffällig ist dabei, dass die Gruppe 1 durchschnittlich bemüht ist, den Winkel zwischen der

Horizontalen und den Sprungski möglichst gering zu halten. Erst kurz vor dem Aufsprung

(0,04 Sekunden) werden die Sprungski in einer relativ schnellen Bewegung auf den

Aufsprunghang aufgesetzt. Bei der Gruppe 2 ist ein langsamer Verlauf dieser

Winkelbeschreibung sichtbar. In der Vorbereitung der Aufsprungphase ergeben sich somit

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deutliche Unterschiede, die auch durch den T–Test als hoch signifikant eingestuft worden

sind. Die besten Springer sind in der Lage, länger in der Flugposition als die schlechteren

Springer zu verbleiben. Das zeigt sich auch anhand der Sprunggelenkswinkel des vorderen

und hinteren Beines. Zum Zeitpunkt T4 können signifikante Unterschiede zwischen den

beiden Gruppen bezogen auf das vordere Sprunggelenk erkannt werden. Diese Unterschiede

werden durch eine erhöhte Sprunggelenksspannung der besten 10 Springer in der

Vorbereitung auf die Landung erklärt. Die beiden Winkelverläufe, zwischen dem

Sprunggelenkwinkel und des Winkels Ski–Horizontale jeweils des vorderen Beines haben

einen sehr ähnlichen Verlauf. Das klingt plausibel, da ein niedriger Sprunggelenkswinkel die

Vorraussetzung für ein Führen der Sprungski an der Horizontalen vorraussetzt. Diese

Ergebnisse unterstützen die Annahme von Seo et al. (2001).

Dadurch, dass bis kurz vor dem Aufsprungpunkt beide Sprungski von den besten Springern

sehr nahe an der Horizontalen geführt werden und somit im Gegensatz zu der Gruppe 2 sehr

geringe Winkelpositionen aufweist, unterliegt der Sprungski in der Aufsprungbewegung einer

relativ starken Biegung. Die ist bei den besten Springern deutlich ausgeprägter, als bei den

schwächeren. In der Aufsprungphase von sehr guten Telemark–Aufsprüngen wird über die

Sprungski eine höhere Resorption der Aufsprungkräfte abgefangen als bei schlechten

Aufsprüngen. Die Daten der kinematischen Untersuchung unterstützen die Annahme

Hochmuths (1999), dass durch eine starke Biegung der Sprungski ein großer Anteil der

auftretenden Kräfte absorbiert werden und die Muskulatur geringere Kräfte aufwenden muss.

Eine Verlängerung der Aufsprungphase bis zu 0,2 Sekunden, die durch das erste Auftreffen

der Sprungenden bis zum Auftreffen der Skispitzen charakterisiert ist, konnte nur bei den

schlechteren Athleten beobachtet werden. Die besten Springer versuchen die Sprungski in

einer kurzen (unter 0,1 Sekunden) peitschenartigen Bewegung in der Telemark Landung

aufzusetzen. Der zu beurteilende Parameter für diese Annahme ist der Winkel zwischen der

Horizontalen und dem Sprungski. Teilweise können somit die Ergebnisse von Hochmuth

(2001) bezogen auf die Durchbiegung der Sprungski unterstützt werden. Bezüglich der Länge

des Skiaufsetzen entsprechen die Daten von Turin 2006 nicht den Annahmen dieses Autors.

Die analytische Betrachtung der Daten von Turin 2006 kann einige interessante Ergebnisse

hervorbringen. Die Bedeutung des Telemarks in der Gesamtbetrachtung eines

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Skisprungwettkampfes wird durch die Untersuchung der Hypothese 1 belegt. Für die

wichtigsten Wettkämpfe in der Saison 2005/2006 wurde eine Zusammenhangsüberprüfung

zwischen der Kampfrichter- und der Gesamtnote durchgeführt. Die Kampfrichternote

beeinflusst das Gesamtergebnis zu einem hohen prozentuellen Wert. Das Bestimmtheitsmaß

liegt dabei je nach Wettkampf zwischen 66% und 83%. Dieses Ergebnis drückt somit die

Bedeutung der Kampfrichternoten im Gesamtgefüge des Skisprungwettkampfes aus. Die

Kampfrichternote wird nach der Vorschrift der IWO in drei verschiedene Bereiche eingeteilt:

Der Flug, die Landung und die Ausfahrt. Die Bewertung der Ausfahrt ist direkt von der

Landung beeinflusst, da durch eine sichere und stabile Landung auch ein stabiles Ausfahren

garantiert. Der einzige Bereich, der unabhängig von der Landung durch die Kampfrichter

beurteilt werden kann, ist die Flugphase. Für diesen Teil des Sprunges werden auf höchster

Ebene bei den Weltcupbewerben zwischen 0,5 und 1 Punkt abgezogen. Die restlichen Abzüge

werden aufgrund der Bewertung der Landung und der Ausfahrt durchgeführt. In der

Hypothese 2 werden die erhobenen Parameter in Korrelation mit der Kampfrichternote

gebracht. Überraschenderweise korrelieren keine Abstände sowohl zwischen den beiden

Beinen in der Sagittalebene und in der Frontalebene mit der Kampfrichternote. In der IWO

sind beide Abstände definiert und als Bewertungs–Kriterium der Aufsprungbewegung

festgehalten. Die Bedeutung der Schrittlänge und der Spurbreite bei der Telemark–Landung

scheint somit eine große Bedeutung für die Stabilität des Aufsprungs in der

Bewegungsqualität zu haben, die Bedeutung zur Beurteilung des Telemarks duch die

Kampfrichter scheint dabei nicht gegeben zu sein. Ein weiteres interessantes Detail stellt der

Einfluss der Sprungweite bei der Kampfrichterbenotung dar. In der IWO ist die Sprungweite

mit keinem Wort als Bewertungs–Kriterium erwähnt. Bei der Betrachtung der

Einflussfaktoren der berechneten Variablen korreliert die Sprungweite der einzelnen Athleten

hoch signifikant mit den Kampfrichterpunkten. Betrachtet man das Bestimmtheitsmaß so ist

dieses mit 56% gegenüber den anderern Einflussfaktoren ebenfalls am höchsten. Die Weite

scheint somit ein entscheidender Einflussfaktor auf die Kampfrichternote zu sein. Die

weiteren zumindest signifikanten Variablen sind das Sprunggelenk hinten (SPL_HI), die

Schulter Rechts (SCHU_RE) und die Schulter Links (SCHU_LI). Diese Variablen sind

Kennzeichen der Telemark Landung und fügen sich sehr gut in das Bild des Telemark

Aufsprunges ein. Die Variablen S_HO_VO und S_HO_HI stellen den Winkel zwischen dem

Ski und der Horizontalen des vorderen und hinteren Beines dar. Es überrascht, dass diese

Winkel eine hoch signifikante Korrelation mit der Kampfrichternote hat. Das kann man über

die Weite erklären. Je weiter der Springer in den Radius hinein landet, umso geringer wird der

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Winkel zwischen der Horizontalen und dem Sprungski. Das erklärt indirekt über die Weite

den Bezug der beiden Variablen zur Kampfrichternote. Die Statistik stützt diese Vermutung

indem der Korrelationskoeffizient zwischen Weite und den beiden Variablen 0,634**

(S_HO_HI) und 0,666**(S_HO_VO) beträgt.

Ein großer Bereich im analytischen Teil ist der Vergleich zwischen den Gruppen 1 und 2.

Diese Analyse wird mit Hilfe von zwei verschiedenen Methoden durchgeführt. Einerseits

durch die Taylorpolynomanalyse und andererseits durch den Vergleich der Gruppen zu

verschiedenen Zeitpunkten. Bei der Unterschiedsüberprüfung der Tayorpolynome konnten

keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen erkannt werden.

Die Überprüfung der Unterschiedshypothese 4 wurde bei 5 ausgewählten Zeitpunkten durch

den T–Test für unabhängige Stichproben ermittelt. Aufgrund der Korrelationsanalyse

zwischen den erhobenen Parametern und der Kampfrichternote konnte vermutet werden, dass

zum Zeitpunkt T5 die oben besprochenen Parametern zumindest als leicht signifikant

eingestuft werden kann. Dies kann sich bei den meisten Parametern bestätigen. Der Winkel

Schulter links ist die einzige Variable, die in dieser Analyse nicht signifikant ist. Interessanter

als die Betrachtung des Aufsprungpunktes ist die Analyse des Zeitpunktes T4. Zusätzlich zu

den besprochenen Variablen konnten bei diesem Zeitpunkt das Sprunggelenk vorne

(SPL_VO) und die Winkel zwischen dem Ski und der Körperlängsachse des vorderen und

hinteren Beines als zumindest leicht signifikant berechnet werden. Das bedeutet, dass vor

allem kurz vor der Telemark Landung die Unterschiede zwischen den Besten und den

schlechteren Springern am Deutlichsten sind. In der Abbildung 2.17 sind die Winkelverläufe

zwischen den besten und schlechtesten Springern des ersten Durchganges bezogen auf den

Winkel zwischen der Horizontalen und dem Sprungski des vorderen Beines aufgezeichnet.

Dabei kann man erkennen, dass die besten Springer in der Lage sind die Flugposition länger

beizubehalten. Das wird zu Beginn dieses Kapitel im Vergleich zur Literatur näher betrachtet.

Die Vorbereitungsphase scheint somit eine sehr sensible Phase in der Landephase zu sein

deren Aufmerksamkeit auch in den Trainingsabläufen Rechnung getragen werden sollte. Das

beweisen die Unterschiede zwischen den besten und schlechteren Skispringern.

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3. Dynamische und Elektromyographische Untersuchung von sehr guten

Skispringern

3.1. Problem und Aufgabenstellung

In diesem Abschnitt dieser Arbeit wird die Telemark-Technik aus elektromyographischer-

und dynamischer Sichtweise analysiert. Dabei steht die Beschreibung der Muskelaktivitäten

und die Druckverteilung im Aufsprungpunkt im Vordergrund. Weiters soll diese Arbeit

Aufschluss darüber geben, welche Unterschiede zwischen den Aufsprungtechniken (Telemark

und beidbeiniger Aufsprung) bestehen. In einer dritten Fragestellung wird darauf

eingegangen, ob sich die Telemark-Technik verändert, wenn die Athleten Weiten über den K-

Punkt in dieser Technik stehen können.

Als Ergänzung zur kinematischen Untersuchung wird am 08.06.2007 eine weitere

Untersuchung bezüglich des Aufsprungs durchgeführt. Im Gegensatz zu den Olympischen

Spielen findet die Studie unter Trainingsbedingungen statt. Eine Untersuchung der

gemessenen Parameter unter Wettkampfbedingungen ist aufgrund des großen technischen

Aufwandes und der eventuellen Beeinflussung während des Sprunges durch das Mitführen

der Speichergeräte nicht möglich. Das Hauptaugenmerk liegt bei dieser Untersuchung beim

Bestimmen von dynamischen Parametern durch Kraftmesssohlen und dem Aufzeichnen von

Muskelinnervationen durch die Methode der elektromyographischen Ableitung. Diese

Parameter ergänzen die Untersuchung von den Olympischen Spielen, die auf kinematische

Daten aufgebaut ist. Ein weiterer Unterschied besteht in der Jahreszeit, in der diese Studie

durchgeführt wurde. Die elektromyographische und dynamische Untersuchung findet auf

Keramik-Anlauf und Matten-Aufsprung statt.

3.2. Methodik

3.2.1. EMG – System

Das Elektromyographisch system besteht aus folgenden Komponenten:

- Datenlogger Ipaq 3

- Inputbox groß (16 Kanäle)

- PCMCIA NI DAQ 6024 (AD Wandler)

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Messsensoren:

- EMG – Kabel

- Beschleunigungsaufnehmer

- Verstärker

Abbildung 3.01: Messinstrumente und Speichereinheiten direkt am Probanden

Dieses System misst mit Hilfe von Oberflächenelektroden den Spannungsunterschied der

Muskulatur, der an die Hautoberfläche weitergegeben wird. Für die Bestimmung der Null-

Elektrode ist das Positionieren einer Oberflächenelektrode auf einem Knochen nötig. Für die

gesamte Messung eines Probanden ist eine Nullelektrode ausreichend. Bei dieser

Untersuchung wird diese Elektrode am Schienbein der Probanden angebracht. Die weiteren

Elektroden werden möglichst auf den Muskelbauch der untersuchten Muskulatur quer der

verlaufenden Muskelfasern platziert. Dabei müssen zwei Elektroden nebeneinander

angebracht werden. Von jedem Muskel kann das Signal von einem Verstärker erhöht oder

verringert werden. In der Input–Box werden alle Verbindungskabel von den verschiedenen

Muskeln gesammelt und angeschlossen. Von dort aus werden über ein Verbindungskabel die

Signale an die Speichereinheit Ipaq 3 weitergeleitet. Sowohl die Input–Box als auch das

Speichergerät werden im Rucksack des Probanden untergebracht. Die Daten können über die

Speichereinheit und einer Schnittstelle in den Computer eingegeben werden. Dort werden sie

über das an der Universität übliche Auswerteprogramm IKE Master gespeichert und

weiterverarbeitet. Die EMG–Daten werden mit einer Aufnahmefrequenz von 1000 Hz

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gemessen. Durch den Beschleunigungsaufnehmer, der auf der Spitze des rechten

Sprungschuhes angebracht wird, kann eine Synchronisation zwischen den EMG und

dynamischen Daten erfolgen.

3.2.2. Pedar – System

Durch das Pedar-System können die

dynamischen Daten mit Hilfe von

Kraftmesssohlen innerhalb des

Sprungschuhes erhoben werden. Eine

Sohle besteht aus 99 viereckigen

Sensoren. Die Anordnung dieser

Sensoren ist in Abbildung 3.02

abgebildet. Im Nachhinein wird die

Messsohle in vier Sektoren unterteilt.

Diese sind mit Vorfuß, Ferse, Außen

und Innen benannt. Dies macht eine

Analyse der auftretenden Kräfte und

deren Unterteilungen in Teilkräfte

möglich. Der Umgang mit den

Messsohlen muß sehr vorsichtig

durchgeführt werden, da ein Knicken

der Sohlen eine Beschädigung der

Messsensoren nach sich gezogen hätte. Das Pedar-System besteht aus folgenden

Komponenten:

Abbildung 3.02: Pedar Messinstrumen; Unterteilung in die verschiedenen Sohlenabschnitten

- Pedar Messohlen für verschiedene Schuhgrößen

- Verbindungskabel zwischen den Messsohlen und der Speichereinheit

- Pedar–Speichereinheit (Speichern der aufgenommenen Datensätze)

- Pedar– Akku (Stromversorgung für Felduntersuchungen)

- Pedar–Computer und Software

Das Pedar–System hat eine Aufnahmefrequenz von 100 Hz. Die dynamischen Daten werden

in der Speichereinheit aufgenommen und können in einem weiteren Schritt über die Pedar-

Software in entsprechende Files umgewandelt werden. Das Ausgabeformat für die Software

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sind SOL Files. Diese müssen in ASC und FGT Files umgewandelt werden. Die ASC Files

sind nötig, um im Programm Ike Master die Kraftdaten weiterverarbeiten zu können. Die FGT

Files beinhalteten Informationen über den Kraftangriffspunkt auf der entsprechenden

Messsohle.

3.2.3. Vorbereitung der elektromyographischen und dynamischen Messungen

Da bei dieser Untersuchung sowohl dynamische Parameter als auch elektromyographische

Parameter erhoben werden, bedarf die Vorbereitung für die tatsächliche Untersuchung einiger

Zeit. In einem ersten Schritt wird der Proband an jenen Stellen rasiert und desinfiziert, auf

denen die Oberflächenelektroden letztendlich platziert werden. Danach werden die Elektroden

auf den entsprechenden Muskelgruppen angebracht und mit Leukotape fixiert. Die Elektroden

werden entlang des Muskelbauches und nebeneinander angebracht, um möglichst gute

Spannungsunterschiede messen zu können. Dieser Vorgang wird bei allen zu bestimmenden

Muskeln durchgeführt.

In einem zweiten Schritt werden die nummerierten Kabelsätze den verschiedenen

Muskelgruppen zugeordnet und schriftlich im Protokoll festgehalten. Die Kabelsätze dienen

als Verbindung zwischen den Ableitungen der Elektroden und dem Speichergerät. Die Kabel

müssen wiederum mit Leukotape an der Haut der Probanden fixiert werden. Dabei ist darauf

zu achten, dass die maximale Bewegungsfreiheit in Knie- und Hüftgelenk gegeben ist. Die

Kabelsätze führen von den Muskelgruppen der unteren Extremität bis in den Bereich der

Taille hinauf. Die Nummerierung der Kabelsätze und ihre Zuordnung zu den jeweiligen

Muskelgruppen wird bei allen drei Probanden beibehalten. Das bringt bei den anderen

Probanden eine erhebliche Zeitersparnis.

Als dritter Schritt werden zwei Kabel jeweils lateral der jeweiligen Extremität für die

Kraftmesssohlen verlegt.

In einem vierten Schritt wird der Sprunganzug vorsichtig über die Elektroden und Kabeln des

Probanden angezogen. Dieser Vorgang wird sehr langsam und vorsichtig durchgeführt, da

laut Reglement der Sprunganzug höchstens 6 cm weit vom Körper abstehen darf. Dadurch

sind die Sprunganzüge in der Norm relativ eng anliegend. Im hinteren Bereich des

Sprunganzugs wird dieser auf Höhe des dritten Lendenwirbels bei der vorhandenen Naht

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aufgeschnitten. Dies ist nötig, um die verlegten Kabel an den Speichereinheiten der

verschiedenen Messsysteme anzuschließen. Nach diesem Vorgang werden die Kabel für die

elektromyographische Messung an der Input–Box angeschlossen und zugeordnet.

Nun folgt im fünften Schritt eine Überprüfung der Messaufnahmen der verschiedenen

Muskelgruppen. Die Probanden haben gegen einen Widerstand statische Muskelarbeit zu

verrichten. Dadurch kann der Ausschlag der jeweiligen Muskulatur auf dem Speichergerät

festgestellt und kontrolliert werden. Dieser Vorgang wird bei jedem einzelnen Muskel

durchgeführt. Gegebenenfalls muß der Verstärker das Signal erhöhen oder verringern. Die

Veränderungen und die Einstellungen des Verstärkers werden in das Protokoll eingetragen.

Im nächsten Schritt werden die Kraftmesssohlen vorsichtig in die Sprungschuhe eingepasst.

Das ist ein sehr heikler Vorgang, da die Messsohle nicht geknickt werden dürfen und mit der

gebotenen Vorsicht behandelt werden müssen. Nach dem Einpassen der Sohle wird das

herausstehende Ende der Sohle mit den entsprechenden lateralen Kabelsatz verbunden und

dieser Übergangsbereich durch das Leukotape noch einmal fixiert.

Die Speichergeräte sind in einem eigenen Rucksack, der für solche Anwendung mit

Schaumstoff präpariert wird, sicher verstaut. Dieser Rucksack muß außerhalb des

Sprunganzuges angezogen werden. Alle abstehenden Bänder werden mit Leukotape fixiert

damit möglichst wenig Widerstand in der Flugphase durch die Anbringung der Speichergeräte

innerhalb des Rucksacks gegeben war.

Dieser Vorgang der Vorbereitung dauert beim ersten Probanden ca 2 Stunden. Bei den

weiteren zwei Probanden kann die Vorbereitungszeit verkürzt werden, da das Anbringen der

Oberflächenelektroden des nächsten Probanden schon während der laufenden Messung

durchgeführt wird und der Kabelsatz als Ganzes von einem auf den nächsten Probanden

übertragen wird.

Direkt vor jedem Sprung wird durch den Testleiter 1 die Nullmessung für das Pedar–System

durchgeführt. Dieser Vorgang wird von der Speichereinheit zwingend vorgeschrieben. Der

Proband sitzt dabei schon auf dem Zitterbalken und muß nacheinander das linke und rechte

Bein anheben. Durch die Druckentlastung der Messsohlen kann die Nullmessung

durchgeführt werden.

85

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Der Proband muß während der gesamten Messung den Sprunganzug anbehalten und kann

nicht einmal den Oberteil in den Pausen ausziehen (das ist in Springerkreisen üblich).

Dadurch schwitzt der Springer während der Untersuchung sehr stark. Das ist ein möglicher

Grund, warum in weiterer Folge manche Verbindungen zwischen den gemessenen Elektroden

und den Verbindungskabeln gestört werden und somit manche Muskelgruppen kein EMG–

Signal liefern. Um den Strömungsabriss durch den Rucksack möglichst gering zu halten, wird

ab dem Proband B der Rucksack mit einer Startnummer an den Probanden besser fixiert. Dies

hatt den Vorteil, dass das Fluggefühl des Probanden deutlich verbessert wird. In dieser

Untersuchung wird der Rucksack verwendet, weil dieser gegenüber dem Hüftgurt eine

verbesserte Beweglichkeit in der Anfahrts- und in der Landeposition gewährleistet. Die

Startnummer wird erst ab dem zweiten Probanden verwendet.

Die vier Testleiter hatten verschiedene Aufgaben zu erfüllen, die im Folgenden beschrieben

sind:

Testleiter 1:

Der Testleiter 1 ist am Anlauf vor dem Sprung platziert. Er kontrolliert vor dem Sprung die

Funktionstüchtigkeit der verwendeten Geräte und dokumentiert die Namen der gespeicherten

Files, um diese im Nachhinein zuordnen zu können. Weiters wird durch diesen Testleiter die

Zeit notiert, zu der der Proband der Sprung durchführt. Bei eventuellen Problemen kann er

versuchen, vor Ort die Ursachen zu erkennen und den Fehler zu korrigieren. Dem Testleiter 1

wird auch die Aufgabe zugeordnet, die Wahl der Einstiegsluken durchzuführen und zu

dokumentieren. Die Entscheidung, von welcher Luke aus der Proband fahren darf, wird vom

Gesamtleiter in Absprache mit dem anwesenden Trainer beschlossen. Vor jedem Sprung wird

die Nullmessung durch diesen Testleiter am Zitterbalken durchgeführt. Danach kann das

Aufzeichnen der Daten beginnen.

86

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Kamera 2

Kamera 1

Testleiter 3

Testleiter 2

Testleiter 1

Abbildung 3.03: Sprungschanze Ramsau am Dachstein mit denverschiedenen Testleitern

Testleiter 2:

Der Testleiter 2 wird auf dem Trainerturm platziert. Er muss freie Sicht auf die

Geschwindigkeitsanzeige haben, um die Geschwindigkeit zu dokumentieren. Weiters muss er

mit der digitalen Kamera 1 Videoaufzeichnungen vom gesamten Sprung machen, um die

Qualität des Sprunges durch den Trainer einschätzen zu können.

Testleiter 3:

Der Testleiter 3 hatt die Aufgabe, vom Auslauf aus mit der analogen Kamera 2 den Sprung zu

filmen, um im Nachhinein die Sprungweite ablesen zu können. Weiters ist er zuständig für

das Ausschalten der Geräte und die Meldung von eventuellen Speicherproblematiken.

Testleiter 4:

Der Testleiter 4 ist vor allem bei der Beklebung der Probanden im Vorfeld der Untersuchung

notwendig. Während der Untersuchung kann er schon den nächsten Probanden vorbereiten,

um die Pause zwischen den Untersuchungen möglichst gering zuhalten.

87

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3.2.4. Stichproben (Versuchsgruppe, Kontrollgruppe)

Name Kaderzugehörigkeit

Proband A Kaltenböck Bastian A – Kader

Proband B Thurnbichler Stefan A – Kader

Proband C Strolz Andreas B – Kader

Tabelle 3.01: Probanden und Kaderzugehörigkeit

In der Tabelle 3.01 sind die Namen und die Kaderzugehörigkeit der Probanden dargestellt.

Am 08.06.2007 stellen sich drei Probanden der Trainingsgruppe III unter der Leitung von

Werner Rathmayer für diese Untersuchung zur Verfügung. Der A–Kader entspricht der

zweithöchsten Kaderstufe im System des ÖSV. Die Probanden verfügen über ausreichend

Sprungerfahrung, um den Anforderungen dieser Untersuchung gerecht zu werden. Die

Probanden werden auf keine weiteren Parameter untersucht.

3.2.5. Untersuchungsdurchführung

Mit dieser Untersuchung sollen zwei Fragestellungen beantwortet werden. Zum einen dient

diese Untersuchung als Ergänzung zur Beschreibung der Telemark–Technik. Zusätzlich zu

den kinematischen Untersuchungsergebnissen von den Olympischen Spielen in Turin sollen

die EMG–Parameter und die Kraftmesssohlen einen weiteren Einblick in die

Aufsprungtechnik geben. In einer zweiten Fragestellung soll beantwortet werden, welchen

Einfluss der Aufsprunghang in der Durchführung der Telemark-Bewegung spielt. Dieser

Fragestellung sollte Rechnung getragen werden, indem sowohl Sprünge in der Mitte des

Aufsprunghanges als auch Sprünge über den K–Punkt bei 90 Metern gestanden werden. Das

Untersuchungsdesign wurde somit folgendermaßen festgelegt.:

o Der Proband hat 2 Probesprünge, um sich auf die Sprungsituation mit dem

Messsystem einzustellen und sich an das Springen mit Rucksack zu gewöhnen.

o Der Proband sollte alle seine Sprünge mit Telemarklandung stehen.

o Bedingung 1:

88

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Der 3. und 4. Sprung des Probanden soll von einer Luke gewählt werden, von

der aus Sprünge von 80 bis 85 Meter möglich sind (nicht über 90 Meter!).

o Bedingung 2:

Der 5. und 6. Sprung des Probanden soll mindestens vier Luken höher

(Absprache mit dem Trainer) durchgeführt werden, um Weiten über 90 Meter

mit Telemarklandung zu garantieren

Innerhalb einer Voruntersuchung wird deutlich, dass das Fluggefühl mit dem Rucksack vom

normalen Fluggefühl abweicht und keine großen Weiten zulässt. Die Probeuntersuchung wird

in Berchtesgaden auf der K-60 Meter-Schanze durchgeführt. Aufgrund der geringeren

Schanzengröße und des geringen Niveaus des Probanden können keine genauen Vorhersagen

getroffen werden, wie sich das Springen mit dem Rucksack auf einer K-90 Meter-Schanze

auswirkt. Es wird dabei aber deutlich, dass die Probanden bei der Hauptuntersuchung zwei

Sprünge benötigen werden, um sich an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen zu

können. Das wird im Untersuchungsdesign so festgelegt und stellt eine Veränderung

zwischen der Probe- und der Hauptuntersuchung dar.

Es ist sehr schwierig, im Vorhinein festzustellen, wie viel Luken die Probanden benötigen

werden, um über den K–Punkt von 90 Metern zu gelangen. Das entscheidende Kriterium ist

die Sprungweite und nicht die Anfahrtgeschwindigkeit. Somit kann während einer Bedingung

ohne Probleme die Lukenwahl verändert werden.

Nach der Untersuchungsdurchführung:

In der Tabelle 3.02 sind die Daten der Springer bei der Durchführung der Untersuchung

aufgelistet. Darauf erkennt man, dass die Vorgabe an die Probanden, jeden Sprung mit einer

Telemark-Landung zu stehen, nicht erfüllt worden sind. Nur Proband B kann die Vorgaben,

sowohl Sprünge unter der Bedingung 1 als auch unter der Bedingung 2 mit einer Telemark–

Position zu landen, erfüllen. Dieser Proband kann am besten mit den veränderten

Bedingungen (Rucksack) umgehen und sich auf die Aufgaben einstellen. Die ursprüngliche

Fragestellung, ob es Unterschiede in der Telemarklandung in Abhängigkeit der Sprungweite

gibt, kann nur anhand eines Einzelbeispiels durch Proband B aufgezeigt werden. Da alle

Probanden sowohl Sprünge mit beidbeinigen Landungen und der Telemark–Technik

durchgeführt haben, wird die ursprüngliche Fragestellung umgeändert. Hauptaugenmerk liegt

in dieser Untersuchung auf den Unterschied zwischen der beidbeinigen und der Telemark-

Landung, ohne die Geschwindigkeit und Weite als Parameter zu berücksichtigen.

89

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Bei der Betrachtung der Daten in Tabelle 3.02 ist zu berücksichtigen, dass die Untersuchung

von Proband A am Vormittag stattgefunden hat. Bei diesem Probanden gibt es während der

Durchführung wechselnde Windverhältnisse. Insbesondere bei den letzten Sprüngen ist der

Faktor Wind nicht mehr unter Kontrolle zu bringen. Proband B kann am frühen Nachmittag

bei relativ stabilen Windbedingungen (fast Windstille) das Untersuchungsdesign durchführen,

während Proband C bei stark drehendem Wind die Sprünge für die Untersuchung absolvieren

muß. Unter diesem Gesichtspunkt muß man die großen Unterschiede in der Lukenwahl

betrachten. Es ist für Skispringer sehr ungewöhnlich, dass innerhalb einer Einheit die Luke

um dreizehn Balken verlängert wird. Normalerweise sind Balkenunterschiede von zwei bis

drei Luken entscheidend, um eine größere Weite springen zu können. Unter diesem

Gesichtspunkt muss die psychische Komponente mit berücksichtigt werden.

Proband Aufsprung Beding. Sprung [Nr] Weite [m] EMGPedar [Nr]

Geschwindigkeit [km/h] Luke EMG Fehler

kein Telemark 1 1 2 ------- 85.91 22 kein Telemark 1 2 3 3 86.22 22 Telemark 1 3 79.5 4 12 84.51 18 Telemark 1 4 81.0 5 13 ------- 18 Telemark 1 5 80.0 6 14 86.84 24 vastus lat. re./bizeps fem re kein Telemark 1 6 7 15 87.78 27 vastus lat. re./bizeps fem re

Proband A

kein Telemark 1 7 8 ------- 87.78 27 vastus lat. re./bizeps fem re kein Telemark 1 1 2 3 86.48 20 Telemark 1 2 86.5 3 4 86.24 20 Telemark 1 3 89.0 4 5 87.49 23 Telemark 2 4 90.5 5 6 87.96 24 bizeps fem re

Proband B

Telemark 2 5 94.0 6 ------- 88.01 24 bizeps fem re kein Telemark 1 1 2 22 84.51 20 kein Telemark 1 2 3 23 84.61 22 bizeps fem re Telemark 1 3 73.5 4 24 87.25 25 bizeps fem re Telemark 1 4 86.0 6 26 89.14 30 bizeps fem re

Proband C

Telemark 1 5 85.5 7 ------- 89.91 33 bizeps fem re

Tabelle 3.02: Aufzeichnung der Aufsprungsweise, der Weite, der Geschwindigkeit, der Luke und der EMG- und Pedar Nummer

In der letzten Spalte der Tabelle 3.02 sind jene Muskel aufgezählt, die während der

Untersuchung ein fehlerhaftes EMG-Signal abgegeben haben. Daran kann man erkennen,

dass vor allem der Bizeps Femoris rechts bei allen Probanden fehleranfällig ist. Der Grund

dafür scheint ein Fehler im Verbindungskabel oder die den zugehörigen Verbindungsteckern

gewesen zu sein.

90

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3.2.6. Auswertung der Messergebnisse

3.2.6.1. Auswertung der elektromyographischen Ergebnisse

Die Auswertung sowohl der elektromyographischen als auch der dynamischen Ergebnisse

erfolgt über das Auswerteprogramm Ike Master 1.38a. Für die Weiterverarbeitung in Ike

Master werden die EMG-Daten in Ike-Master-Files konvertiert. In der Kanalbox des

Auswerteprogrammes sind alle gemessenen Kanäle aufgelistet. Auf der Diagrammebene

können die Daten dargestellt werden. Für die Auswertung werden in einem ersten Schritt die

EMG-Daten mit den dynamischen Daten synchronisiert. Dies wird über einen

Beschleunigungsaufnehmer an der Schuhspitze des Sprungschuhes gewährleistet. Als

Synchronisationspunkt wird der Aufsprungpunkt hergenommen. Dieser ist sowohl auf dem

rechten als auch auf dem linken Bein nahezu ident, obwohl ein Teil der Landungen mit einem

Telemark-Aufsprung vollzogen wird. Die elektromyographischen Daten werden mit einem

digitalen Bandpassfilter (Butterworth) in der Frequenz 10/300 Hz gefiltert. Weiters werden

alle Datensätze gleichgerichtet. Für die deskriptive Statistik werden die EMG-Daten noch

einmal mit einem digitalen Tiefpassfilter (Butterworth) mit einer Frequenz von 10 Hz

gefiltert. Für die Berechnungen werden diese Daten nicht herangezogen.

Bei der Auswertung werden 3 Marker verwendet. Die Marker haben jeweils eine Zeitdauer

von 0,5 Sekunden. Der erste Marker wird während der Absprungbewegung platziert. Das

Ende dieser Markierung findet den Abschluss mit dem deutlichen Abfall der Kraftwerte. Das

ist die Information für das Verlassen des Schanzentisches durch den Probanden. Die zweite

und dritte Markierung wird jeweils 0,5 Sekunden vor und nach dem Aufsprung platziert.

Dadurch kann die Voraktivierung und die Stabilisierung der Landung durch die EMG-

Signale beurteilt werden. Der Marker während der Absprungbewegung wird für 2

Auswertungen verwendet. In der Reliabilitätsprüfung werden die Absprungwerte miteinander

verglichen, da die Absprungbewegung eine sehr hohe Konstanz in der

Bewegungsdurchführung von Spitzenspringern hat. Das kann in vorherigen Untersuchungen

(Schwameder 1994) bewiesen werden.

Die EMG-Daten der Voraktivierung und der Stabilisierung werden für die Auswertung auf

die Daten des Absprunges relativiert. Dieser Vorgang hat den Vorteil, dass somit eine

Einschätzung der Daten durch ein Bezugsmaß möglich gemacht wird. Die reinen Rohwerte

kann man hingegen in ihrer Ausprägung ohne Bezugsmaß nicht einschätzen und beurteilen.

91

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Als Testkriterium wird sowohl für die elektromyographischen als auch für die dynamischen

Daten das Integral über den beschriebenen Zeitraum (0,5 Sekunden) verwendet. Die Auswahl

der analysierten EMG-Daten wird in Kapitel 3.2.7.1. näher beschrieben.

3.2.6.2. Auswertung der dynamischen Ergebnisse

Die Kraftdaten werden durch das Pedar–System aufgezeichnet und weiterverarbeitet. Für die

Weiterverarbeitung der Rohdaten werden die aufgenommenen Daten in Ike–Master–Files

umgewandelt. Die Synchronisation zwischen den elektromyographischen und dynamischen

Daten ist im vorherigen Kapitel beschrieben worden. Der Synchronisationsfehler liegt dabei

unter 0,01 Sekunden, da die dynamischen mit 100 Hz und die elektromyographischen Daten

mit 1000 Hz aufgezeichnet werden. Eine Synchronisation durch Videofiles ist dabei nicht

nötig. Für die Darstellung der Kraftkurven werden die Rohdaten im Ike-Master verwendet.

Für die statistische Analyse werden die im vorigen Kapitel beschriebenen Marker benutzt. Für

die Reliabilitätsprüfung werden die Absprungdaten herangezogen. Durch die Relativierung

der Aufsprungdaten (Zeitfenster vor und nach dem Aufsprung) mit den Absprungwerten

werden die dynamischen Werte weiterverarbeitet. Als Kriterium wird wiederum das Integral

über die Zeitspanne des Marker 0,5 Sekunden verwendet.

Bestimmung der Teilkräfte in den Fußzonen.

Kenn Fk Fußzonen Kenn Fk Fußzonen

LI Fli Links RE Fre Rechts

VFL Fvfl Vorfuß links VFR Fvfr Vorfuß rechts

FL Ffl Ferse links FR Ffr Ferse rechts

AFL Fafl Außenfuß links AFR Fafr Außenfuß rechts

IFL Fifl Innenfuß links IFR Fifr Innenfuß rechts

Tabelle 3.03: Kennzeichnung der einzelnen Messzonen

Im Kapitel 3.2.2. werden bereits die Messsohlen dargestellt. Die farbigen Markierungen der

Abbildung 3.02 teilen die Fusssohle in verschieden Bereiche. In der Tabelle 3.03 sind die

Einzelzonen und ihre Kennung noch einmal zusammengefasst.

Die prozentulle Kraftverteilung wird in der folgenden Tabelle definiert:

92

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Fli Pli = F

* 100

FrePre =F

* 100

Fvfl Pvfl = Fli

* 100

FvfrPvfr =Fre

* 100

Ffl Pfl = Fli

* 100

FfrPfr = Fre

* 100

Fafl Pafl = Fli

* 100

FafrPafr = Fre

* 100

Fifl Pifl = Fli

* 100

FifrPifr = Fre

* 100

Abbildung 3.04: Formel für die Berechnung der prozentuellen Teile

3.2.7. Gütekriterien

Die Validität und die Objektivität können bei dieser Untersuchung nicht gemessen werden.

Die Einschätzung der Reliabilität erscheint bei der Anzahl der Daten als schwierig. Die

Zuverlässigkeit der gemessenen Daten wird in dieser Arbeit auf zwei verschiedene Arten

überprüft. In einem ersten Schritt werden die elektromyographischen und dynamischen Daten

der einzelnen Probanden von zwei verschiedenen Sprüngen analysiert. In einem zweiten

Schritt werden die erhobenen Daten mit der in der Literatur bereits gemessenen und

veröffentlichten Datensätzen verglichen und überprüft.

3.2.7.1. Reliabilität der elektromyographischen Daten zwischen den Probanden

Für den Vergleich der elektromyographischen Daten werden von jedem Probanden zwei

Schanzensprünge herangezogen. Als entscheidender Parameter wird das integrierte Intervall

gewählt. Gegenüber den Maximaldaten hat dieser Faktor den Vorteil, dass er über einen

gewissen Zeitraum überprüft werden kann. Schwameder (1994) stellt in seiner

biomechanischen Analyse fest, dass die individuellen Unterschiede der Absprungbewegung

auf höchstem Niveau sehr gering sind und einer hohen Konstanz unterliegen. Aufgrund dieser

Feststellung werden für die Reliabilitätsüberprüfung die letzten 0,5 Sekunden herangezogen

und von zwei verschiedenen Sprüngen des gleichen Probanden verglichen. Für diese

93

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Überprüfung werden die Sprünge drei und vier der Probanden A und C beziehungsweise die

Sprünge zwei und drei von Proband B verwendet. Die Auswertung erfolgt durch das an der

Universität übliche Auswerteprogramm Ike-Master. Das Zeitfenster von 0,5 Sekunden wird

durch die dynamischen Daten der Kraftmesssohlen festgelegt. Beim Verlassen des

Schanzentisches fallen die Gesamtkräfte der Druckmesssohlen deutlich ab. Dieser

signifikante Kräfteabfall wird als Ende der Absprungbewegung interpretiert und ist der

Anhaltspunkt für das Ende des Zeitfensters der 0,5 Sekunden.

Die elektromyographischen Daten werden aufgrund eines Beschleunigungsaufnehmers mit

den dynamischen Daten der Kraftmesssohlen synchronisiert. Der Punkt, auf dem diese

Synchronisation stattfindet, ist der Aufsprungpunkt. Sowohl beim Beschleunigungsaufnehmer

als auch bei den Kraftmessdaten kann man eine deutliche Spitze erkennen. Dies war die

Grundlage für die Synchronisation. Alle elektromyographischen Daten werden mit einem

Bandpassfilter bei einer Frequenz zwischen 10 und 300 Hz gefiltert. Dies entspricht der

Standardfilterung bei elektromyographischen Daten. Danach werden die Daten

gleichgerichtet. Für die deskriptive Aufbereitung bei allen beschriebenen Diagrammen wird

eine weitere Tiefpassfilterung (Butterworth) mit 10 Hz durchgeführt. Die errechneten Daten

werden aber vor dieser Filterung weiterverarbeitet.

Für die Reliabilitätsprüfung wird das integrierte Intervall der verarbeiteten Daten (gefiltert

und gleichgerichtet) in einem Zeitfenster von 0,5 Sekunden herangezogen. Vor dem Vergleich

der beiden Sprünge pro Proband werden die gemessenen Muskelgruppen einer

Plausibilitätsüberprüfung unterzogen. Diese Überprüfung wird folgendermaßen durchgeführt:

Bei einem Integral über das Zeitfenster von 0,5 Sekunden sollte der Wert von 0,050 Millivolt

erreicht oder überschritten werden. Wenn dies bei der Absprungbewegung nicht der Fall ist,

wird bei dieser Muskelgruppe zusätzlich die Aufsprungbewegung kontrolliert. Bei dieser

Überprüfung werden die 0,5 Sekunden sowohl vor als auch nach der Landung herangezogen.

Ist bei den weiteren zwei Zeitfenstern keine Überschreitung der 0,050-Millivolt-Grenze

beobachtbar, wird diese Muskelgruppe nicht zur Überprüfung der Reliabilität verwendet. Dies

bedeutet, dass bei allen sechs Sprüngen der drei Probanden alle untersuchten Muskelgruppen

über diese Grenze kommen müssen. Wenn dieser Wert nicht erreicht wird, kann man davon

ausgehen, dass eine der möglichen Fehlerquellen vorliegt:

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- Schlechte Beklebung der Oberflächenelektroden auf der Haut (z.B.: wenig

Muskelbauch; hoher Hautwiderstand; Fettgewebe)

- Problematik in der Weiterleitung der Daten an die Speichereinheit (kaputtes Kabel).

- Schlechte Einstellung des Verstärkers. Die Daten werden zu wenig verstärkt, somit ist

eine Beurteilung der Daten nicht möglich

Jene Muskelgruppen, die diesen Kriterien bei allen sechs Sprüngen entsprechen können, sind

in der Abbildung 3.05 aufgelistet. Für die Weiterverarbeitung werden die absoluten

Differenzen zwischen den beiden Sprüngen pro Proband errechnet. Diese werden prozentuell

dem Mittelwert der beiden Sprünge gegenübergestellt. Je geringer der prozentuelle

Unterschied zwischen den beiden Sprüngen ist, um so höher ist die Zuverlässigkeit und somit

die Reliabilität der Daten einzuschätzen. Liegen die prozentuellen Differenzen bei allen drei

Probanden unter oder um einen Wert von 10 %, ist davon auszugehen, dass die

Zuverlässigkeit der Daten gegeben ist. In der folgenden Abbildung ist dies nur beim Rectus

Femuris rechts und links der Fall. Alle abgebildeten Muskelgruppen fallen zumindest bei

einem der Probanden unter die 10%-Marke. Das kann man deutlich beim Probanden B

beobachten. Dieser Springer hat beim Glutaeus links und rechts geringe Differenzen

aufzuweisen. Gegenüber den anderen Probanden liegt dieser Unterschied zwischen 30% und

Vergleich der EMG - Signale beim Absprung

0.00%

10.00%

20.00%

30.00%

40.00%

50.00%

60.00%

70.00%

80.00%

90.00%

Pro A Pro B Pro C

Probanden

Diff

eren

zen

in P

roze

nt [%

]

Rectus femoris rechtsglutaeus rechtsvastus lateralis linksrectus femoris linksbiceps femoris linksglutaeus links

Abbildung 3.05: Wiederholbarkeit der EMG – Signale während der Absprungbewegung

95

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70%. Man kann davon ausgehen, dass die Messungen des Glutaeus rechts und links bei dem

Proband B zuverlässig sind bei den anderen Probanden ein großer Fehler vorhanden ist.

3.2.7.2. Reliabilität der dynamischen Daten zwischen den Probanden

Die Kraftdaten werden auf die gleiche Art und Weise überprüft, wie das bei den

elektromyographischen Daten der Fall ist. Im Gegensatz zum vorherigen Kapitel liegt bei der

Betrachtung dieser Daten keine Problematik mit zu geringen Ausschlägen von der

Kraftmesssohle vor. Dies vereinfacht die Überprüfung der Reliabilität deutlich. Bei dieser

Kontrolle wird das gleiche Zeitfenster auf derselben Position während der

Absprungbewegung wie bei den EMG-Daten verwendet. Die Analyse kann man in Abbildung

3.06 betrachten. Ähnlich wie bei der vorangegangenen Abbildung sind die Differenzen bei

Proband B am wenigsten augeprägt.

Vergleich der Kraft Daten beim Absprung

0.00%

5.00%

10.00%

15.00%

20.00%

25.00%

30.00%

Pro A Pro B Pro C

Probanden

Diff

eren

z in

Pro

zent

[%]

Gesamt LinksGesamt RechtsVorne LinksVorne RechtsHinten LinksHinten RechtsMedial LinksMedial RechtsLateral LinksLateral Rechts

Abbildung 3.06: Wiederholbarkeit der dynamischen Daten während der Absprungbewegung

Das lässt darauf schließen, dass dieser Springer in der Konstanz seiner Sprünge den anderen

Probanden voraus ist. Keiner der gemessenen Parameter kommt bei dieser Überprüfung von

Proband B über die 10% Marke. Bei den anderen Probanden überschreiten jeweils die

Parameter vorne und hinten links diese Marke zum Teil beträchtlich. Die gesamte Kraft auf

der linken Kraftmesssohle ist hingegen deutlich unter der 10%-Linie. Das bedeutet, dass man

96

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bis auf die erwähnten Parameter von einer guten Reliabilität bei den Kraftmesssohlen

ausgehen kann. Insgesamt sind die Ausschläge bei dieser Überprüfung deutlich geringer als

bei den EMG-Daten.

3.2.7.3. Vergleich der elektromyographischen Daten mit der Literatur

Elektromyographische Untersuchungen werden in der Skisprung–Literatur sehr selten

durchgeführt. Die ersten Aufzeichnungen dieser Art stammen aus den Jahren 1981 und 1982.

Dabei wurden EMG–Parameter von Simulations- und Schanzensprüngen durchgeführt

(Schwameder 2008; in Druck) In den Arbeiten von Sasaki et al. (1995), Virmavirta und Komi

(1991) und Virmavirta (1999) beschäftigen sich die Autoren hauptsächlich mit den

Muskelaktivierungen während der Absprungphase und den daraus resultierenden Absprung–

Mustern. Für den Vergleich der EMG-Muster zwischen dieser Untersuchung und der Literatur

werden die Ausführungen von Virmavirta und Komi (2001) herangezogen.

Abbildung 3.07: Die linke Graphik ist aus Virmavirta und Komi (2001) und die rechte ist aus meiner zweiten Untersuchung. TA = Tibialis Anterior; GA = Gastrocnemius; VL = vastus lateralis; RE = rectus femoris; GL = glutaeus maximus

Ein statistischer Vergleich zwischen den Datensätzen ist dabei nicht möglich, da die

Datensätze der Autoren nicht veröffentlicht werden. Der Vergleich kann somit nur auf einer

deskriptiven Ebene geschehen. Betrachtet man die Abbildung 3.07, so sieht man die

Ergebnisse der elektromyographischen Untersuchung von Virmavirta/Komi (2001) und dieser

Untersuchung gegenübergestellt. In der rechten Graphik sind die wichtigsten Phasen des

Schanzensprunges farblich hinterlegt dargestellt. Die weiße Phase ist das Durchfahren des

Springers durch den Radius bis zum Ende des Schanzentisches. Der rote Abschnitt markiert

die Flugphase, während die gelbe und grüne Markierung jeweils die 0,5 Sekunden vor und

nach dem Landepunkt darstellen.

97

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Die Graphik von Virmavirta/Komi (2001) haben den Sprung ähnlich eingeteilt, wobei das

Hauptaugenmerk vermehrt auf die Anlauf- und Absprungphase gelegt und der Landebereich

nur bis zum Landepunkt beschrieben wird. Die jeweiligen Großbuchstaben auf dem rechten

Rand der Graphiken stehen für die Namen der einzelnen Muskelgruppen. Da bei dieser

Untersuchung der Vastus Lateralis einen sehr geringen Ausschlag der Oberflächenelektrode

hervorgerufen hat, wird statt diesem Muskel der Rectus Femoris verglichen. Diese

Gegenüberstelltung ist bedingt zu interpretieren, da der Rectus Femoris gegenüber dem

Vastus Lateralis ein zweigelenkiger Muskel ist und somit in der Funktion deutlich

unterschiedliche Bedeutung aufweist. Betrachtet man die Ausschläge des Tibialis Anterior, so

kann man ein sehr ähnliches Koordinationsmuster erkennen. Dieser Muskel ist bei beiden

Untersuchungen von Beginn der Radiuseinfahrt bis zur Landephase und darüber hinaus

deutlich aktiv. Das Signal des Gastrocnemius ist in dieser Untersuchung relativ schwach

gegenüber den Vergleichsdaten von Virmavirta und Komi (2001). Eine Interpretation ist für

diese Muskelgruppe daher nicht zulässig. Deutliche Unterschiede kann man für den

Quadrizeps zwischen den beiden Untersuchungen erkennen. Während der Vastus Lateralis

über die gesamte Flugphase aktiv ist, sieht man beim Rectus Femoris der rechten Graphik ein

deutliches Einbrechen dieses Muskels während der Flugphase. Kurz vor und während der

Landephase ist der RE wieder deutlich aktiv. Dieses Koordinationsmuser zeigt sich nicht nur

bei diesem einen Sprung des Probanden B, sondern ist bei allen Probanden und deren

untersuchten Sprüngen sichtbar. In der Radiusposition und bis zum Schanzentisch sind die

Signale des Quadrizeps sehr ähnlich, wenn auch deutlich erkennbar ist, dass die Aktivität des

RE seinen Höhepunkt nach dem Verlassen des Schanzentisches hat, im Gegensatz zum VL

der Untersuchung der Autoren. Die Differenzen, die bei diesen Untersuchungen auftreten

können durch die leicht unterschiedliche Funktionsweisen der beiden zu vergleichenden

Anteile des Quadrizeps interpretiert werden. Ähnlich ist dies bei der Betrachtung des Glutaeus

Maximus. Die Kraftspitzen erkennt man bei beiden Untersuchungen eindeutig in der

Absprungphase und während des Landevorganges. Innerhalb der Flugphase zeigen die

Elektroden kaum Ausschläge einer Muskelaktivität. Diese tritt erst wieder während der

Landephase auf.

Zusammenfassung Reliabilität Elektromyographie:

Elektromyographische Signale unterliegen dem Einfluss von sehr vielen Parametern. Das

Anbringen der Elektroden, das Untergewebe des Probanden, die Beschaffenheit der

Hautoberfläche, die Weiterleitung der Signale und die unterschiedliche Belastung der

98

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Muskulatur können das EMG–Signal deutlich verändern. Herauszufiltern, aufgrund welcher

Einflussfaktoren das vorliegende EMG–Muster beeinflusst wurde, ist sehr schwer. Bei dieser

Untersuchung ist versucht worden, den dynamischsten, aber auch den konstantesten Teil der

Gesamtbewegung zu analysieren, nämlich die Absprungbewegung. Wenn das EMG–Signal in

einem Intervall von 0,5 Sekunden vor dem Verlassen des Schanzentisches nicht mindestens

0.050 Millivolt beträgt, wird diese Parameter in der Überprüfung nicht berücksichtigt. Die

höchsten Signale betragen im gleichen Bewegungs- und Zeitabschnitt ca 0.400 Millivolt. Die

weitere Vorgangsweise wird im vorigen Kapitel ausführlich beschrieben. Die

Reliabilitätsüberprüfung zeigt große Unterschiede in den jeweiligen Muskelgruppen auf. Am

besten einzuschätzen scheint dabei der Rectus Femoris für beide Seiten zu sein. Bei allen

anderen Muskelgruppen gibt es zwischen den Probanden sehr große Unterschiede. Für die

Beschreibung der Telemark-Landung werden nur jene Muskelgruppen herangezogen, die

unter der 10%-Marke der Reliabilitätsprüfung geblieben sind. Diese sind in der Tabelle 3.04

aufgelistet. Die Überprüfung von Proband B hat sehr gute Reliabilitätsergebnisse deutlich

gemacht.

Proband A Proband B: Proband C Tibialis ant rechts gastro med rechts vastus lat rechts rectus rechts biceps rechts glutaeus rechts tibialis ant links gastro med links vastus lat links rectus fem links glutaeus links Biceps links Tabelle 3.04: EMG Signale der einzelnen Probanden

Jene Muskelgruppen, die bei Proband B herausgenommen werden, können von Proband A

und C ergänzt werden. Durch den Einsatz des Rucksackes für das Aufbewahren der

Speichereinheiten wird die Bewegungstechnik des Springers verändert. Die Athleten finden

den Unterschied während der Luftphase am deutlichsten.

99

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3.2.7.4. Vergleich der dynamischen Daten mit der Literatur

In der Literatur gibt es viele Untersuchungen, bei denen Kräfte während der Absprungphase

überprüft werden. Hauptsächlich werden in den meisten Studien feste Kraftmessplatten

eingesetzt. Mobile Druckmesssohlen, die den plantaren Druck des Fußes messen, werden nur

von Schwameder (1994; 1995) und Virmavirta (1999; 2001) verwendet. Die Untersuchung

der Inversen Dynamik von Kaps et al. (1997) baut auf den Untersuchungen von Schwameder

(1994) auf. Die in diesem Kapitel verwendeten Vergleichsdaten stammen aus der Dissertation

von Schwameder (1994). Bei dieser Studie werden in Stams auf der K-105-Meter Schanze

dynamische und kinematische Daten erhoben. In der Abbildung 3.08 sieht man die Ergebnisse

aus den dynamischen Untersuchungen für das linke Bein. Die Daten werden dabei auf das

Körpergewicht relativiert. Die untere Graphik stammt aus dieser Untersuchung, die am

08.06.2007 in der Ramsau auf einer K-90-Meter Schanze durchgeführt wird. In der Grafik ist

der Reaktionskraft des linken Beines in absoluten Zahlen dargestellt. Die Charakteristik des

Kurvenverlaufes wird durch die Relativierung der Daten nicht verändert. Diese Darstellung

hat den Vorteil, dass verschiedene Probanden besser miteinander vergleichbar sind. In der

unteren Grafik werden drei Sprünge des linken Beines von Proband B gemittelt und jeweils

die Standardabweichungen eingezeichnet. Betrachtet man die Zeitstruktur des Sprunges,

weisen beide Darstellungen eine hohe Übereinstimmung auf, obwohl die Studien auf

verschiedenen Sprungschanzen durchgeführt wird. Beim Zeitpunkt t=-2 tritt bei beiden

Schanzensprüngen eine vermehrte Kraft auf. Dieser erste Anstieg ist die Phase, in der der

Athlet in den Radius der Schanze einfährt und den erhöhten Kräften (insbesondere der

Zentrifugalkraft) widerstehen muss. Bis zum Verlassen des Schanzentisches steigt die Kraft

deutlich an. Bei dieser Untersuchung ist der letzte Kraftanstieg vor dem Verlassen des

Schanzentisches wesentlich geringer, als dies bei der Untersuchung von Schwameder (1994)

der Fall ist. Betrachtet man die Ergebnisse von Haim (2004), der in seiner Untersuchung

Schanzensprünge mit Imitationssprüngen vergleicht, so kann man ebenfalls einen geringeren

Anstieg der Kraftlinie bis hin zum Schanzentisch beobachten. Dies könnte ein Hinweis für

eine Anpassung in der Skisprungtechnik sein, die aber im Folgenden nicht weiter diskutiert

wird.

100

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Proband B Kraft links

0

500

1000

1500

2000

2500

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5

Zeit [s]

F [N

ewto

n]

Mittewertx+sx-s

Abbildung 3.08: Die obere Abbildung ist aus Schwameder 1994; die untere Abbildung ist aus der elektromyographischen und dynamischen Untersuchung

Der Abfall der Kraftkurve nach dem Schanzentisch ist in dieser Untersuchung deutlich

geringer zu sehen. Von der zeitlichen Struktur kommt es bei beiden Studien zum Aufsprung

der Probanden ca. 3,2 Sekunden nach dem Verlassen des Schanzentisches. Die drei

verschiedenen Kraftmaxima bei der Aufsprungbewegung kommen durch die Mittelung der

Daten zustande, da die Probanden jeweils eine unterschiedliche Weite erzielen. Die

Charakteristika der Daten stimmen bei beiden Untersuchungen in den wesentlichen Punkten

überein. Dies wird als ein Hinweis für eine hohe Zuverlässigkeit der dynamischen Daten

interpretiert.

101

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Zusammenfassung Reliabilität dynamische Daten:

Vergleicht man die Reliabilitätsprüfung zwischen den elektromyographischen und

dynamischen Daten, so kann man davon ausgehen, dass die dynamischen Parameter eine

wesentlich höhere Zuverlässigkeit erzielen, als dies bei der Elektromyographie der Fall ist.

Dies verdeutlicht der Vergleich der Kraftdaten von der Kraftmesssohle während der

Absprungbewegung. Beim Probanden B liegen die Differenzen zwischen den gemessenen

Sprüngen unter 10%, bezogen auf den jeweiligen Wert. Die geringen Differenzen deuten

dabei auf eine normale Variabilität der Bewegungsausführung hin. Bei den Parametern Vorne

und Hinten links wurde die 10% - Grenze bei den Probanden A und C überschritten. Das ist

ein Hinweis darauf, dass diese Parameter mit Vorsicht zu interpretieren sind. Die Gesamtkraft

links ergibt bei allen drei Probanden wiederum eine sehr geringen Differenz.

Die höhere Zuverlässigkeit wird beim Vergleich der dynamischen Daten mit der Literatur

unterstützt. Betrachtet man die Ergebnisse von Schwameder (1994), so ergeben sich in der

Charakteristik der Datensätze sehr hohe Übereinstimmungen. Schlussendlich ist zu sagen,

dass die Reliabilität im Sinne einer analytischen Vorgehensweise mit einem

Korrelationskoeffizienten nicht erfasst werden kann. Eine Abschätzung der Messfehler und

somit der Zuverlässigkeit der Daten auf deskriptive Weise wird in diesem Kapitel

vorgenommen.

102

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3.3. Ergebnisse

3.3.1. Ergebnis der elektromyographischen Daten

3.3.1.1. Beschreibung des Telemarks anhand von Proband B

Für die Beschreibung des Telemarks anhand der elektromyographischen und dynamischen

Daten wird der Proband B ausgewählt, da er bei der Reliabilitätsüberprüfung am besten

abgeschnitten hat. In den Diagrammen werden die 0,5 Sekunden vor und nach dem

Aufsprungpunkt ausgewählt. Die Y–Achse schneidet dabei die X–Achse in diesem Punkt, um

eine Unterteilung leichter möglich zu machen. Die Einteilung der unteren Extremität wird in

vorderes und hinteres Bein unterteilt. Diese Bezeichnung meint jeweils das vordere Bein in

der Aufsprungbewegung. Um einen Vergleich der Probanden untereinander möglich zu

machen, wird diese Nomenklatur verwendet. In den Grafiken sind die Absolutwerte der

Untersuchung dargestellt. Diese werden nach der Standard – Filterung und Gleichrichtung mit

einem weiteren Tiefpassfilter von 10 Hz gefiltert. Bei beiden Beinen des Probanden B werden

jeweils 6 Muskel abgeleitet. Es werden beim hinteren Bein der Bizeps Femoris und beim

vorderen Bein der Gastrocnemius aus der Darstellung genommen. Diese Muskeln werden

beim Vergleich mit den anderen Probanden ausführlich diskutiert. Für die Einschätzung der

dargestellten Daten wird das Integral für die 0,5 Sekunden jeweils vor und nach dem

Aufsprung mit dem Absprung gegenübergestellt und prozentuell errechnet. Der hier

dargestellte Aufsprung des Probanden B entspricht einem Standard–Telemark im

Mittelbereich (zwischen 80 und 90 Metern) des Aufsprunghanges.

Bei der Betrachtung der elektromyographischen Daten des hinteren Beines in Abbildung 3.09

fällt auf, dass bei allen 5 Muskelgruppen kaum Voraktivierung vorhanden ist. Die größte

Aktivität ist beim Tibialis Anterior und Rectus Femoris zu beobachten. Betrachtet man die

prozentuelle Verteilung, so entspricht der Tibialis Anterior 95% der Absprungbewegung.

Beim Rectus Femoris beträgt der gleiche Parameter 38%. Während beim Rectus die Aktvität

relativ gering ist, entspricht sie beim Tibialis in etwa der Absprungstärke. Diese beiden

Muskelgruppen sind während der Stabilisierungsphase (bis 0,5 Sekunden nach dem

Aufsprung) des hinteren Beines am aktivsten. Beim Tibialis entspricht das 205% und beim

Rectus 267% beide Muskelgruppen sind in der Stabilisierungphase sehr stark im Einsatz.

103

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EMG Daten hinteres Bein

-0.5

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Tibialis AnteriorGastro MedialisVastus LateralisRectus femorisGlutäus Maximus

Abbildung 3.09: EMG Daten des hinteren Beines von Proband B

Im Unterschied zum Rectus ist der Vastus Laterlis in der Stabilisierungsphase nur zu 53%

aktiv. Das kann mit den unterschiedlichen Funktionsweisen der Muskelanteile erklärt werden.

Der Rectus Femoris ist ein zweigelenkiger Muskel und ist neben der Kniestreckung auch an

der Hüftbeugung beteiligt während der Vastus Lateralis nur bei der Kniestreckung aktiv ist.

Obwohl der Gastrocnemius in der Stabilisierungsphase in der Abbildung 3.09 sehr wenig

Aktivität zeigt, entspricht das in der prozentuellen Betrachtung 179%. Dieser Wert übersteigt

die Absprungaktivität um mehr als das 1,5 fache und scheint somit in der Stabilisierungsphase

keine unwesentliche Rolle zu spielen. Der Glutaeus Maximus zeigt sowohl in der

Voraktivierungs- als auch in der Stabilisierungsphase kaum Aktivität. Das bestätigt sich auch

im prozentuellen Vergleich mit 4% und 9% während der Stabilisierung.

Bei der Betrachtung des vorderen Beines erkennt man in der Stabilisierungsphase wesentlich

mehr Aktivität als beim hinteren Bein. Auch in dieser Darstellung ist die Voraktivierung

anhand der absoluten Zahlen als sehr gering einzuschätzen. Dies entspricht auch der

prozentuellen Auswertung, bis auf eine Ausnahme. Der Tibialis entspricht ähnlich dem

hinteren Bein in der Voraktivierungsphase 108% der Absprungbewegung. Alle weiteren

prozentuellen Einschätzungen der dargestellten Muskeln bewegen sich zwischen ca. 11%

(Vastus Lateralis) und ca. 45% (Rectus Femoris). Diese geringe Voraktivierung überrascht, da

104

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auch in der Literatur (Mahnke/Mross 1997) die Bedeutung einer aktiven Landevorbereitung

betont wird. In der Stabilisierungsphase erscheint das Aktivierungsmuster der Muskelgruppen

wesentlich höher zu sein.

EMG Daten vorderes Bein

-0.5

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Tibialis AnteriorVastus LateralisRectus femorisBizeps FemorisGlutäus Maximus

Abbildung 3.10: EMG Daten des vorderen Beines von Proband B

Der Vastus Lateralis zeigt in der Abbildung 3.10 den höchsten Ausschlag. Prozentuell

gesehen ist diese Aktivierung mit 88% nicht ganz der Absprungbewegung gleichzusetzen.

Dieses Muster kann bei fast allen Muskelgruppen beobachtet werden. Die prozentuellen

Verteilungen liegen dabei zwischen ca. 72% (Biceps Femoris) und 111% (Rectus Femoris).

Eine Ausnahme stellt wiederum der Tibialis Anterior dar. Er erreicht in der

Stabilisierungsphase einen Prozentsatz von 219%. Ähnlich wie beim hinteren Bein ist somit

der Tibialis Anterior sowohl in der Voraktivierungs- als auch in der Stabilisierungsphase einer

der aktivsten Muskelgruppen. Im Gegensatz zum hinteren Bein erreicht der Glutaeus

Maximus nach der Landung eine deutlich höhere Aktivierung von 82%. Somit spielt diese

Muskelgruppe beim Probanden B bei diesem Sprung vor allem in der Stabilisierungsphase

des vorderen Beines eine Rolle.

105

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3.3.1.2. Vergleich zwischen den Probanden

Für den Vergleich zwischen den Probanden werden nur jene Parameter herangezogen, die in

der Reliabilitätsüberprüfung unter den 10% geblieben sind. Das bedeutet, dass in diesen

Kapiteln nicht immer ein Vergleich zwischen den Probanden stattfinden kann. Die

analysierten Sprünge bei allen Probanden werden aus der Mitte der Trainingseinheit

genommen, und die Landung erfolgte jeweils im oder vor dem Mittelteil des

Aufsprunghanges. Proband A verwendet im Gegensatz zu Proband B und C das linke Bein als

vorderen Fuß während der Telemark–Landung. Die Y-Achse in der Abbildung 3.11

kennzeichnet jeweils den Aufsprungpunkt.

Vastus Lateralis

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v] Proband AProband B

Rectus Femoris

-0.5

0

0.5

1

1.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Proband AProband BProband C

Glutaeus Maximus

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v] Proband AProband B

Tibialis Anterior

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v] Proband BProband C

Abbildung 3.11: Die Muskelgruppen Vastus Lateralis, Rectus Femoris, Glutaeus Maximus und Tibialis Anterior

innerhalb der Aufsprungbewegung des hinteren Beines im Vergleich zwischen den Probanden.

Bei den Muskelgruppen Vastus Lateralis und Glutaeus Maximus erkennt man deutliche

Unterschiede in der Voraktivierungs- und Stabilisierungphase der Aufsprungbewegung.

Proband A aktiviert die erwähnten Muskelgruppen kurz vor dem Aufsprungpunkt sehr stark

während man bei Proband B sehr wenig Aktivität erkennen kann. Das drückt sich auch bei

den relativierten Zahlen aus. Die Voraktivierung vor dem Aufsprungpunkt befindet sich bei

Proband A bei 33% (Vastus Lateralis) und 35% (Glutaeus Maximus). Proband B weist bei

106

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den erwähnten Muskelgruppen nur in der Stabilisierungphase des Vastus Lateralis leichte

Aktivität auf. Der relative Wert für diese Muskelgruppe beträgt 53%.

Der Rectus Femoris ist bei allen drei Probanden während der Aufsprungbewegung sehr aktiv.

Während bei Proband A und C diese Muskelgruppe schon in der Voraktivierungsphase

deutliche Aktivität zeigt, spielt bei Proband B der Rectus Femoris vor allem in der

Stabilisierungsphase nach dem Aufsprungpunkt eine wesentliche Rolle. Diese Bedeutung

stellt sich auch in der Betrachtung der relativen Zahlen mit 267% bezogen auf die

Aufsprungdaten heraus. Bei den anderen Probanden ist das nicht in dieser Form zu

beobachten. Die vorhandene Voraktivierung des Rectus Femoris bei den Probanden A und C

bestätigen sind bei den relativen Zahlen mit Werten von 82% (Proband A) und 33% (Proband

C).

Der Tibialis Anterior kann nur zwischen den Probanden B und C verglichen werden. Die

Kurvenverläufe dieser Muskulatur sind in ihren Charakteristiken sehr ähnlich. Beide

Probanden aktivieren den Tibialis Anterior schon in der Vorbereitungsphase vor dem

Aufsprung. Das wird durch die relativen Zahlen von 95% (Proband B) und 30% (Proband C)

bestätigt. In der Stabilierungsphase wird die Bedeutung des Tibialis Anterior noch wesentlich

deutlicher. Bezogen auf das hintere Bein während des Telemark-Aufsprungs scheint diese

Muskulatur einen großen Anteil für eine gelungene Aufsprungtechnik zu haben. Das drückt

sich durch die relativen Zahlen von 205% (Proband B) und 157% (Proband C) bezogen auf

die Absprungdaten aus.

In der Abbildung 3.12 sind die Muskelgruppen des vorderen Beines bei allen Probanden

abgebildet. Betrachtet man den Vastus Lateralis, so kann man erkennen, dass kurz vor dem

Aufsprungpunkt diese Muskelgruppe aktiv wird. In der Stabilisierungphase kann man bei

allen Probanden eine deutliche Aktivität erkennen. Der hohe Ausschlag von Proband B in der

Stabilisierungphase lässt eine erhöhte Anspannung gegenüber den anderen Probanden

vermuten. Das kann anhand der relativen Daten nicht bestätigt werden. Diese Muskelgruppe

ist zwar mit 88% in der Stabilisierungphase gegenüber den anderen am höchsten, mit 70% bei

Proband A und 28% bei Proband C sind die Unterschiede aber nicht so sehr gegeben, wie die

Abbildung vermuten lässt. Bei allen Probanden erfüllt der Vastus Lateralis eine

stabilisierende Funktion während und nach dem Aufsprungpunkt.

Betrachtet man den Rectus Femoris, so kann man erkennen, dass diese Muskulatur während

der Stabilisierungphase bei allen Probanden sehr aktiv ist. Das zeigt sich auch eindeutig bei

den relativen Werten (105% - Pr. A; 112% - Pr. B; 71% - Pr. C). In der Vorbereitungsphase

107

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ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Probanden. Während bei

Proband C in dieser Phase kaum Aktivität vorhanden ist zeigt sich die Vorspannung bei den

anderen Probanden deutlich höher. Betrachtet man Proband A, so kann man erkennen, dass

dieser Athlet eine sehr ausgeglichene Aktivierung des Rectus Femoris sowohl in der

Vorbereitungs- als auch in der Stabilisierungphase realisieren kann. Das zeigt sich anhand der

relativen Werte mit 101% in der Vorbereitungs- und 105% in der Stabilisierungphase. Eine

ausgeglichene Aktivierung dieser Muskelgruppe scheint einen qualitativ hochwertigen

Telemark-Aufsprung zu begünstigen.

Vastus Lateralis

-0.5

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Proband AProband BProband C

Rectus Femoris

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Proband AProband BProband C

Glutaeus Maximus

-0.5

0

0.5

1

1.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Proband AProband BProband C

Gastrocnemius

0

0.3

0.6

0.9

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Proband AProband C

Tibialis Anterior

0

0.3

0.6

0.9

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v] Proband B

Proband C

Abbildung 3.12: Die Muskelgruppen Vastus Lateralis, Rectus Femoris,Glutaeus Maximus, Gastrocnemius und

Tibialis Anterior innerhalb der Aufsprungbewegung des vorderen Beines im Vergleich zwischen den Probanden.

108

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Der Glutaeus Maximus kann bei allen Probanden gemessen werden. Bei der Betrachtung des

Kurvenverlaufs sind die Aktivitäten bei allen Probanden sehr ähnlich. Kurz vor dem

Aufsprungpunkt erkennt man einen hohen Peak bei allen Probanden. Das bedeutet, dass in der

Vorbereitungsphase der Glutaeus Maximus mit seiner Funktion der Hüftstreckung dazu

beiträgt, die Hüfte gleichzeitig mit dem Rectus Femoris zu stabilisieren. Bis auf diese kurze

Aktivität spielt diese Muskulatur in der Vorbereitung- und Stabilisierungphase eine

untergeordnete Rolle.

Der Gastrocnemius konnte bei dieser Untersuchung des vorderen Beines nur bei zwei

Probanden aufgezeichnet werden. Bei Proband A und C spielt diese Muskelgruppe eine große

Rolle. Gegenüber den anderen Muskelgruppen erkennt man die meiste Aktivität in der

Vorbereitungsphase auf den Aufsprung. Die relativen Werte erscheinen mit 447% (Proband

A) und 234% (Proband C) sehr hoch. Diese Daten muss man relativieren, da innerhalb der

Absprungbewegung der M. Gastrocnemium kaum Aktivität aufweist und somit der

Bezugspunkt der relativen Werte sehr gering ist. Trotzdem erkennt man bei beiden Probanden

in der Vorbereitungphase höhere Werte als in der Stabilisierungphase nach dem

Aufsprungpunkt.

Der M. Tibialis Anterior ist einer der aktivsten Muskelgruppen während der Aufsprungphase.

Das zeigt sich bei dieser Untersuchung bei den Probanden B und C. Sowohl in der

Vorbereitungs- als auch in der Stabilisierungsphase ist diese Muskelgruppe aktiv.

Insbesondere in der Stabilisierungphase des vorderern Beines kommt dieser Muskulatur eine

besondere Bedeutung zu. Das drückt sich auch durch die relativen Werte mit 219% bei

Proband B und 70% bei Proband C aus. Der größte Unterschied zwischen den beiden

Probanden erkennt man in der Vorbereitungphase. In diesem Abschnitt weist Proband C

deutlich geringere Aktivitäten auf. Das zeigt sich auch bei der Betrachtung der relativen

Werte. Gegenüber Proband B, der mit 108% eine hohe Aktivität aufweist, fällt diese

Anspannung bei Proband C mit 15% relativ gering aus. Der Tibialis Anterior ist für die

Dorsalextension und für das aktive Beugen im Sprunggelenk verantwortlich. In der

Stabilisierungphase während der Aufsprungbewegung stabilisiert er das Sprunggelenk.

109

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3.3.1.3. Vergleich zwischen Telemark-Landung und beidbeinigen Aufsprung

Für den Vergleich zwischen der Telemark-Landung und dem beidbeinigen Aufsprung wird

der Proband C hergenommen. Dieser Sportler setzt den Telemark-Aufsprung mit dem rechten

Bein nach vorne. Bei dieser Untersuchung konnten bei beiden Bewegungstechniken 3

Muskelgruppen für das linke Bein herausgefiltert werden. Dies sind der Tibialis Anterior, der

Rectus Femoris und der Bizeps Femoris. Betrachtet man die Abbildung 3.13 sind die

Differenzen zwischen Telemark - und beidbeiniger Landung deutlich zu erkennen.

Tibialis Anterior

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Telemarkbeidbeiniger Aufsprung

Rectus Femoris

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Telemark

beidbeiniger Aufsprung

Bizeps Femoris

-0.1

0

0.1

0.2

0.3

0.4

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Telemark

beidbeiniger Aufsprung

Abbildung 3.13: Vergleich zwischen der Telemark Landung und beidbeinigen Aufsprung des linken Beines von Proband C

Bei den drei erwähnten Muskelgruppen fällt beim beidbeinigen Aufsprung auf, dass sie kurz

nach dem Landepunkt eine hohe Muskelaktivität aufweisen. Die Einschaltung der Muskeln

erfolgt dabei nahezu gleichzeitig. Der Beginn der Muskelaktivität bei der Telemark-Technik

ist deutlich früher. Beim Tibialis Anterior setzt der Beginn der Muskelspannung um ca. 0,2

110

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Sekunden früher ein als beim gleichen Muskel in der beidbeinigen Landeposition. Somit

ergeben sich bei der Betrachtung der Kurvencharakteristika eine stärkere Vorspannung der

Muskelgruppen in der Vorbereitungsphase des Aufsprungs. Dieser Unterschied zeigt sich

auch in den relativen Werten. Zwischen 5% und 15% ist bei der Telemark-Landung die

Aktivität der besprochenen Muskelgruppen in der Vorbereitungsphase höher als bei der

beidbeinigen Landeposition. In der Stabilisierungphase erscheint die Muskelaktivität des

Rectus Femoris bei der Telemark-Technik deutlich geringer. Das ist auch mit den

unterschiedlichen Zeitpunkten der Landeaktivität bei den beiden Techniken zu erklären. Der

Rectus Femoris zeigt bei der beidbeinigen Landung auch in den relativen Werten mit 72%

deutlich höhere Aktivitäten als beim Telemark-Aufsprung. Das ist zu erwarten, da beim

beidbeinigen Aufsprung beide Beine gleich belastet werden und somit mehr Muskelaktivität

im Oberschenkel gefordert ist als beim hinteren Bein der Telemark-Technik. Anders verhält

es sich bei der Betrachtung des Tibialis Anterior. Dieser Muskel hat in der

Stabilisierungphase bei der beidbeinigen Landetechnik deutlich geringere Aktivitäten mit

111% als bei der Telemark-Landung mit einem relativen Wert von 157%. Dieser Unterschied

ergibt sich ausschließlich durch die Betrachtung der relativen Daten. Betrachtet man diesen

Muskel in der Abbildung 3.13, kann man daraus kaum Unterschiede in der

Stabilisierungsphase erkennen. Die Aktivität des Biceps Femoris ist bei der relativen

Betrachtung eher gering. Sowohl in der Vorbereitungs- als auch in der Stabilisierungphase

überschreiten die Werte bei beiden Techniken die 50%-Marke nicht. Ausschließlich der

Zeitpunkt der Aktivierung unterscheidet die beiden Bewegungstechniken. Bei der Telemark-

Technik wird der Biceps Femors um ca. 0,1 Sekunden früher aktiviert als beim beidbeinigen

Aufsprung. Da die Kurvencharakteristik dieses Muskels sehr ähnlich dem Verlauf des Rectus

Femoris ist, besteht die Annahme, dass die beiden Muskelgruppen während der

Aufsprungbewegung bei beiden Landetechniken sehr stark kokontrahieren und somit das

Kniegelenk stabilisieren.

111

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Tibialis Anterior

0

0.3

0.6

0.9

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Telemark

beidbeiniger Aufsprung

Gastrocnemius

0

0.3

0.6

0.9

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Telemark

beidbeiniger Aufsprung

Vastus Lateralis

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Telemark

beidbeinigerAufsprung

Rectus Femoris

0

0.1

0.2

0.3

0.4

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Telemark

beidbeinigerAufsprung

Glutaeus Maximus

0

0.5

1

1.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Telemark

beidbeiniger Aufsprung

Abbildung 3.14: Vergleich zwischen der Telemark Landung und beidbeinigen Aufsprung des rechten Beines von Proband C

Beim rechten Bein des Probanden C konnte eine sehr umfangreiche Untersuchung der

Muskelgruppen durchgeführt werden. Bei beiden Landetechniken konnten der Tibialis

Anterior, der Gastrocnemius, der Vastus Lateralis, der Rectus Femoris und der Glutaeus

Maximus abgeleitet werden. Die Darstellung der beschriebenen Muskelgruppen sind in

112

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Abbildung 3.14 aufgezeichnet. Beim Tibialis Anterior und beim Gastrocnemius sind bei

beiden Landetechniken die geringsten Unterschiede zu beobachten. Die Einschaltzeiten des

Tibialis sind kurz nach dem Aufsprungpunkt. In der Voraktivierung ist sowohl in der

graphischen Darstellung als auch bei den relativen Werten nur sehr geringe Aktivität zu

erkennen. Der Gastrocnemius erreicht bei beiden Landetechniken in der Vorbereitungsphase

seine höchsten Spannungsaktivitäten. Dies äußert sich auch bei den relativen Werten mit

307% beim beidbeinigen Aufsprung und 234% bei der Telemark-Landung. Deutlich mehr

Unterschiede kann man bei den restlichen Muskelgruppen erkennen. Ähnlich wie beim

hinteren Bein erreichen der Vastus Lateralis und der Glutaeus Maximus ihre Aktivierungen

während der Aufsprungbewegung deutlich früher. Der Zeitabstand beträgt dabei ca. 0,1

Sekunden. Wiederum ist erkennbar, dass die beschriebenen Muskelgruppen somit eine

erhöhte Voraktivität bei der Telemark-Technik direkt vor dem Aufsprungpunkt aufweisen.

Bei der Betrachtung der relativen Werte äußert sich das am meisten beim Glutaeus, der mit

39% Aktivierung in der Vorbereitungsphase einen deutlich höheren Wert (5% beim

beidbeinigen Aufsprung) erreicht. Weiters ist zu erkennen, dass die Einschaltzeitpunkte der

Muskelgruppen beim Telemark-Aufsprung einem Koordinationsmuster gleichen. Der

Gastrocnemius ist bei beiden Landetechniken in der Voraktivierung deutlich angespannt. Vor

dem Aufsprungpunkt werden der Glutaeus und der Vastus gleichzeitig aktiv. Ca. 0,1

Sekunden danach erreichen der Tibialis und der Rectus ihre ersten Spannungshöhepunkte fast

gleichzeitig. In ähnlicher Art und Weise kann man das auch bei Proband A erkennen. Bei der

beidbeinigen Landung ist dieses Koordinieren der Einschaltzeitpunkte der Muskulatur nicht

zu beobachten. Dabei erreicht zwar der Gastrognemius wie beim Telemark in der

Vorbereitungsphase seine höchsten Spannungsausschläge, die Aktivierung der restlichen

Muskelgruppen erscheint kurz nach dem Aufsprungpunkt gleichzeitig zu sein. Der deutlichste

Unterschied in den Bewegungstechniken besteht höchstwahrscheinlich in der Voraktivierung

der Muskulatur bei der Telemark-Technik.

113

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3.3.1.4. Verleich der Telemark-Landung bei Proband B mit unterschiedlichen

Bedingungen

Für den Vergleich der 2 unterschiedlichen Bedingungen werden die Sprünge 2 und 4 des

Probanden B herangezogen. Für die elektromyographische Analyse werden jene Muskeln

ausgewählt, die in der Reliabilitätsuntersuchung innerhalb des Zeitraums von 0,5 Sekunden

das Intervall von 0,100 Millivolt überschritten haben. Beide Sprünge werden mit einer

Telemark–Landung gestanden, wobei jeweils das rechte Bein nach vorne gezogen wurde. Der

Unterschied in der Bedingung 2 besteht darin, dass der Aufsprung bei einer Weite über den

K-Punkt hinaus gestanden wird. Das bedeutet, dass der Springer innerhalb des Radius landet

und somit deutlich größere Kräfte bei der Landung auf den Athleten wirken. Aus diesem

Grund wird für die Bedingung 2 erwartet, dass die Muskelgruppen höhere Kräfte realisieren

werden.

Tibialis Anterior

0

0.4

0.8

1.2

1.6

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v] Bedingung 1Bedingung 2

Gastrocnemius

0

0.1

0.2

0.3

0.4

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v] Bedingung 1Bedingung 2

Vastus Lateralis

0

0.1

0.2

0.3

0.4

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Bedingung 1Bedingung 2

Rectus Femoris

-0.5

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Bedingung 1Bedingung 2

Abbildung 3.15: Vergleich zwischen den Telemark Aufsprung bei beiden Bedingungen des hinteren Beines

114

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Bei dieser Analyse werden für das hintere Bein der Tibialis Anterior, der Gastrocnemius, der

Vastus Lateralis und der Rectus Femoris berechnet. Betrachtet man die Zeitpunkte der

Aktivität der soeben genannten Muskeln, ergeben sich kaum Unterschiede zwischen den

beiden Bedingungen. Die Aktivität des Gastrognemius ist bei beiden Bedingungen in der

Vorbereitungsphase des Telemark-Aufsprungs relativ gering. Bei der Betrachtung des

Gastrocnemius beim vorderen Bein der Probanden A und C ist in dieser Phase ein sehr hoher

Ausschlag erkennbar. Der geringe Ausschlag kann einerseits ein Charakteristikum des

Probanden B mit dem hinteren Bein sein, andererseits ist aufgrund des insgesamt relativ

geringen Ausschlages die Fehlerwahrscheinlichkeit deutlich höher als bei den anderen

Muskelgruppen. Bei der Betrachtung der relativen Daten kann man eine deutlich höhere

Aktivität in der Stabilisierungsphase beim Tibialis Anterior (351% gegenüber 205% bei Bed.

1) und Rectus Femoris (366% gegenüber 267% bei Bed. 1) in der Bedingung 2 erkennen. Das

erscheint plausibel, da die höheren Aufsprungkräfte eine stärkere Aktivität der Muskulatur

erfordern.

Bei der Betrachtung des vorderen Beines können mehr Muskeln für beide Bedingungen

abgeleitet werden. Dies sind der Tibialis Anterior, der Vastus Lateralis, der Rectus Femoris,

der Biceps Femoris und der Glutaeus Maximus. Auffällig ist, dass trotz der veränderten

Bedingungen der Proband B weiterhin in der Voraktivierungsphase kaum Aktivitäten in den

gemessenen Muskelgruppen zeigt. Betrachtet man die Zeitpunkte der eingeschalteten

Muskeln, fällt auf, dass insbesondere der Glutaeus Maximus eine deutlich höhere Aktivitäten

in der Stabilisationsphase der Bedingung 2 zeigt. Dieser Muskel ist in der Bedingung 1 nur

sehr gering angespannt. Dies zeigt sich auch in den relativen Daten, die die 100%-Marke in

beiden Phasen nicht erreichen. Anders stellt sich die Situation in der Bedingung 2 dar. Nicht

nur das erste Maximum des Glutaues, sondern auch die Aktivität während der

Stabilisierungphase können deutlich beobachtet werden. Das äußert sich das mit einem Wert

von 407% in der Stabilisierungphase.

115

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Tibialis Anterior

0

0.3

0.6

0.9

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Bedingung 1

Bedingung 2

Vastus Lateralis

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Bedingung 1Bedingung 2

Rectus Femoris

0

0.5

1

1.5

2

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Bedingung 1

Bedingung 2

Biceps Femoris

0

0.3

0.6

0.9

1.2

1.5

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Bedingung 1

Bedingung 2

Glutaeus Maximus

-0.5

0

0.5

1

1.5

2

-0.5 -0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

Zeit [s]

Mill

ivol

t [m

v]

Bedingung 1

Bedingung 2

Abbildung 3.16: Vergleich zwischen den Telemark Aufsprung bei beiden Bedingungen des vorderen Beines

Beim Biceps Femoris erkennt man in der Bedingung 2 eine Linksverschiebung der

Muskelaktivität um ca. 0,1 Sekunden. Der Aktivitätseinsatz des Biceps erfolgt somit

gleichzeitig mit dem Glutaeus. Ähnlich verhält sich der Einschaltzeitpunkt beim Rectus

Femoris. Dieser Muskel wird bei der Bedingung 2 nicht ganz um 0,1 Sekunden früher

aktiviert. Bei der Betrachtung der Kurvencharakteristik kann man erkennen, dass der Großteil

der Muskelgruppen in der Bedingung 2 deutlich höhere Muskelausschläge realisieren. Das

bestätigt sich bei der Betrachtung der relativen Daten der Stabilisierungphase. Der Tibialis ist

mit 352% (gegenüber 219%), der Vastus mit 117% (gegenüber 88%), der Rectus mit 223%

(gegenüber 112%), der Biceps mit 136% (gegenüber 72%) und der Glutaeus mit den schon

erwähnten 407% (gegenüber 82%) Muskelspannung aktiv.

116

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3.3.2. Ergebnis der dynamischen Daten

3.3.2.1. Beschreibung des Telemarks und Vergleich der Probanden

Die dynamischen Daten werden in der Weiterverarbeitung der Rohdaten anders als die

elektromyographischen Daten behandelt. Da in der Vorbereitungsphase und

Stabilisierungsphase Veränderungen zu erkennen und hauptsächlich der Aufsprungmoment

und die unterschiedlichen Belastungen der einzelnen Springer in dieser Phase

ausschlaggebend sind, wird der Aufsprungpunkt des jeweiligen Beines und Probanden mit

dem Gesamtmaximum ermittelt. Zu diesem Zeitpunkt werden die absoluten Werte der

einzelnen Fußzonen ermittelt. Schwameder (1994) kann nur geringe Aussagen über die

Aufsprungbewegung tätigen. Nicht zuletzt auch deswegen, weil diese Untersuchung mit einer

Frequenz von 40 Hz durchgeführt wird. Da die vorliegende Studie bei den Kraftmessdaten

mit einer Frequenz von 100 Hz durchgeführt wird, ist eine detailliertere Beschreibung der

Aufsprungkräfte möglich. Zu dem beschriebenen Aufsprungzeitpunkt wird die prozentuelle

Verteilung vorgenommen. Diese Ausführung wird in Kapitel 3.2.6.2. beschrieben. Die

Fußzonen werden in der Frontalebene zwischen Medial und Lateral und in der Saggitalebene

zwischen Vorfuß und Ferse unterschieden. Als Grundlage für die Darstellung werden jene

Sprünge weiterverarbeitet, die auch durch die eletromyographischen Daten analysiert werden.

Dies waren der Sprung 3 von Proband A, der Sprung 2 von Proband B und der Sprung 3 von

Proband C. In den folgenden Darstellungen sind die prozentuellen Verteilungen zwischen

vorderem und hinterem Bein, der Frontalebene und der Saggitaleben aufgeführt.

In der Abbildung 3.17 sind alle Variablen des hinteren Fußes prozentuell dargestellt.

Deutliche Unterschiede gibt es bei der ersten Variable, der Kraftverteilung zwischen

vorderem und hinterem Bein. Grundsätzlich sollte die Druckverteilung zwischen den beiden

Beinen gleichmäßig erfolgen. Bei der Untersuchung ist das nur bei Proband A der Fall. Alle

weiteren Probanden haben beim hinteren Bein geringere Gesamtkräfte als beim vorderen Bein

zu verzeichnen. Während sich der Unterschied bei Proband C mit 44% noch in Grenzen hält,

belastet Proband B das hintere Bein nur mit 32%, also weniger als ein Drittel der Gesamtkraft.

Dieses Ergebnis ist deshalb zu erwarten, weil der Proband B in der Außenansicht den

qualitätiv schlechtesten Telemark durchgeführt hat.

117

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Prozentuelle Verteilung hinteres Bein

54%

38%

62%

40%42%

59%

44%

63% 64%60%

58%

32%

41%

37% 36%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

P hinteres Bein P Vorfuss P Ferse P Medial P Lateral

Variablen

Proz

ent [

%]

Proband AProband BProband C

Abbildung 3.17: Prozentuelle Verteilung der dynamischen Daten beim hinteren Bein

Bei der Betrachtung der Saggitalebene sind die Unterschiede zwischen den Probanden nur

sehr gering. Alle Probanden belasten den Fersenabschnitt deutlich mehr als den

Vorfußbereich. Das Verhältnis ist dabei ca. 2/3 Fersenbelastung zu 1/3 Vorfußbelastung.

Proband B hat im Gegensatz zu den anderen Probanden eine höhere Vorfußbelastung (42%).

Dieses Ergebnis scheint eine Folge der geringen Gesamtkraftbelastung des hinteren Beines zu

sein. Bei gleichmäßigeren Belastungen wie bei Proband A und C wird das vorher

beschriebene Verhältnis deutlich.

Bei der Betrachtung der Daten in der Frontalebene wird das Verhältnis zu Lasten der lateralen

Seite deutlich. Alle Probanden belasten die mediale Seite mehr als die laterale. Das steht in

einem Verhältnis von ca. 60:40. Diese Aufsprungposition in der Frontalen birgt die Gefahr,

dass durch eine zu hohe mediale Belastung der hintere Sprungski aufzukippen beginnt und

verschneidet. Diese Gefahr verstärkt sich, wenn das hintere Bein wesentlich geringer belastet

wird als das vordere. In dieser Untersuchung ist dies vor allem bei Proband B der Fall.

In der Abbildung 3.18 zeigt sich in der Variablen Gesamtkraft vorderes Bein das Gegenteil

zur vorherigen Graphik. Proband B belastet den vorderen Fuß zu über 67%. Bei den anderen

Probanden ist dieses Verhältnis deutlich ausgeglichener.

118

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Prozentuelle Verteilung vorderes Bein

46%

59%

41%

52%48%

68%

53%58%

65%

51%47%

42%

56%

35%

49%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

P vorderes Bein P Vorfuss P Ferse P Medial P Lateral

Variablen

Proz

ent [

%]

Proband AProband BProband C

Abbildung 3.18: Prozentuelle Verteilung der dynamischen Daten beim vorderen Bein

In der Saggitalebene treten beim vorderen Bein große Unterschiede in der Belastung zwischen

Vorfuß und Ferse auf. Bei einem guten Telemark ist zu erwarten, dass die Belastung

zwischen Vorfuß und Ferse ausgewogen ist. Dies ist nur bei Proband B der Fall. Bei Proband

A wird der Vorfuß fast mit 60% der gesamten Kraft des vorderen Beines belastet. Bei

Proband C ist das Umgekehrte der Fall. Er belastet den Vorfuß nur zu 35% und hat somit den

Großteil seiner Belastung im Fersenbereich.

Bei der Betrachtung der Frontalebene sind die Daten zwischen den Probanden und zwischen

Medial und Lateral ausgeglichener. Proband A und C belasten sowohl die mediale als auch

die laterale Seite des vorderen Beines ca. gleich stark. Proband B hat wie auch beim hinteren

Fuß die Tendenz, die mediale Seite mit ca. 58% deutlich stärker zu belasten.

3.3.2.2. Vergleich zwischen Telemark und beidbeinigem Aufsprung anhand der

dynamischen Daten

Für den Vergleich zwischen Telemark-Aufsprung und beidbeiniger Landung werden die

gleichen Sprünge wie bei den elektromyographischen Daten verwendet. Um einen Vergleich

herstellen zu können, werden die Beine nicht in rechts und links, sondern in vorderes und

hinteres Bein entsprechend den Telemark–Bezeichnungen eingeteilt. Die dargestellten Daten

werden nach demselben Muster wie in Kapitel 3.2.6.2. bearbeitet.

119

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Prozentuelle Verteilung beidbeiniger Aufsprung hinteres Bein

55% 57%

43% 45%

74%

57%

30%

61%

55%

47%

26%

43%49%

70%

39%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

P hinteres Bein P Vorfuss P Ferse P Medial P Lateral

Variablen

Proz

ent [

%]

Proband AProband BProband C

Abbildung 3.19: Prozentuelle Verteilung der dynamischen Daten beim beidbeinigen Aufsprung des hinteren Beines

Betrachtet man die Gesamtverteilung zwischen vorderem und hinterem Fuß in den folgenden

Abbildungen, kann man kaum Unterschiede zwischen den Probanden erkennen. Somit ist

beim beidbeinigen Aufsprung die Belastung auf beiden Beinen besser verteilt als beim

Telemark-Aufsprung. Relativ große Unterschiede ergeben sich bei der Betrachtung der

Sagittalebene. Beim beidbeinigen Aufsprung haben Proband B und C die größte Belastung im

Fersenbereich. Bei Proband A stellt sich die Situation anders dar. Dieser Athlet hat mit 57%

deutlich mehr Belastung auf den Vorfuß als auf den Rückfuß. Aufgrund der dargestellten

Daten kann man annehmen, dass die hauptsächliche Druckbelastung beim beidbeinigen

Aufsprung des hinteren Beines im Fersenbereich abgefangen wird. Dies bestätigen die Daten

von Proband B und C. Betrachtet man den Telemark-Aufsprung, so erkennt man beim

hinteren Bein bei allen 3 Probanden eine größere Druckverteilung zu Gunsten des

Fersenanteils. Bei Proband B und C ist die Fersenbelastung des hinteren Beines beim

beidbeinigen Aufsprung mit bis zu 74% deutlich höher als beim Telemarkaufsprung (bis 63%

Fersenbelastung). Bei der Druckbelastung in frontaler Ebene ergeben sich einerseits kaum

Unterschiede unter den Probanden, aber auch nicht zwischen den verschiedenen

Aufsprungtechniken. Bei allen Probanden wird sowohl beim Telemark- als auch bei der

beidbeinigen Landung der mediale Anteil leicht mehr belastet als der laterale. Das Verhältnis

ist bei beiden Aufsprungtechniken ähnlich einzuschätzen.

120

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Prozentuelle Verteilung beidbeiniger Aufsprung - vorderes Bein

45%

68%

32%

53%

47%

55%

45%

74%

48%52%53%

26%

51%

44%

56%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

P vorderes Bein P Vorfuss P Ferse P Medial P Lateral

Variablen

Proz

ent [

%]

Proband AProband BProband C

Abbildung 3.20: Prozentuelle Verteilung der dynamischen Daten beim beidbeinigen Aufsprung des vorderen Beines

Bei der Betrachtung der Druckverteilung zwischen vorderem und hinterem Bein sind nur sehr

geringe Unterschiede zu erkennen. Die Druckbelastung beim beidbeinigen Aufsprung ist im

Gegensatz zur Telemark-Technik besser ausgeglichen. Betrachtet man die Belastung in der

Sagittalebene, sind eher überraschende Ergebnisse erkennbar. Proband C hat die

Hauptbelastung beim vorderen Bein sehr stark auf der Ferse. Dies entspricht den gemessenen

Daten des hinteren Beines. Beide Beine werden beim Aufsprung im Fersenbereich deutlich

mehr belastet als im Vorfußbereich. Bei diesen Probanden kann man kaum Unterschiede

zwischen den Bewegungetechniken des Telemarks und des beidbeinigen Aufsprungs

erkennen. Die Fersenbelastung ist immer eindeutig stärker gegeben. Anders verhält sich das

bei Proband B. Während man beim hinteren Bein des beidbeinigen Aufsprungs die

Hauptbelastung zu über 70% im Fersenteil beobachten kann, ist das beim vorderen Bein nicht

zu beobachten. Der vordere Fuß wird zu 53% vom Vorfuß belastet und steht somit

entgegengesetzt zum hinteren Bein. Dieses Ergebnis ist überraschend, da beim beidbeinigen

Aufsprung die Annahme besteht, dass beim Aufsprungpunkt in der Sagittalebene das vordere

und das hintere Bein ähnlich belastet werden. Dies ist bei diesem Probanden nicht der Fall.

Betrachtet man die Daten von Proband A in der Sagittalebene, so kann man erkennen, dass

sowohl beim hinteren als auch beim vorderen Bein der Vorfuß mehr belastet wird als der

Fersenbereich. Die Unterschiede innerhalb des beidbeinigen Aufsprungs halten sich mit ca.

10% in Grenzen. Deutlich wird, dass beim vorderen Bein der Vorfuß prozentuell mehr

beansprucht wird als beim hinteren Bein. Vergleicht man die Daten der beiden

121

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Aufsprungtechniken bei Proband A, so kann man erkennen, dass vor allem beim hinteren

Bein in der Telemarkposition der Fersenbereich prozentuell mit 62% deutlich mehr belastet

wird. Diese verstärkte Fersenbelastung zeigt sich bei diesem Probanden nur in der

Telemarkstellung des hinteren Beines. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Ergebnisse in der

Sagittalebene lassen sich keine Aussagen verallgemeinern. Die Druckverteilung in diesem

Bereich unterliegt den individuellen Voraussetzungen und Bewegungsformen der einzelnen

Probanden. Die Daten von Proband B lassen aber dennoch darauf schließen, dass bei diesem

beidbeinigen Aufsprung entweder eine Verzögerung eines Beines in der beidbeinigen

Aufsprungtechnik oder eine geringe Schrittstellung vorhanden ist.

Die Betrachtung der Druckverhältnisse in der Frontalebene ergeben wiederum sehr

einheitliche Ergebnisse. Sowohl beim hinteren als auch beim vorderen Bein wird der mediale

Bereich leicht mehr beansprucht als der laterale Druckbereich. Dies zeigt sich nicht nur in der

beidbeinigen Aufsprungtechnik sondern auch bei der Telemark–Landung. Beim Vergleich der

beiden Bewegungstechniken ist auffällig, dass beim hinteren Bein des Telemark–Aufsprungs

der mediale Anteil mit Abstand bei allen drei Probanden am meisten beansprucht wird. Dies

ist beim beidbeinigen Aufsprung in diesem Ausmaß nicht der Fall. Die relativ einheitlichen

Ergebnisse in der Frontalebene äussern sich auch in einer geringen Standardabweichung.

Diese beträgt im schlechtesten Fall 4% und tritt in der Telemarktechnik beim vorderen Bein

auf.

Vorderes Bein [N] Hinteres Bein [N]

Beidbeinig Telemark Beidbeinig Telemark

Proband A 1656 1540 2051 1776

Proband B 2196 3169 1933 1496

Proband C 2093 2276 1999 1792

Tabelle 3.05: Absolute Aufsprungkräfte des vorderen und hinteren Beines im Aufsprungpunkt

In der Tabelle 3.05 sind die absoluten Daten von allen Probanden bei beiden Landetechniken

eingetragen. Für diese Tabelle und auch für die Grundlage der relativen Berechnungen

werden die Maximaldaten während der Aufsprungbewegung herausgefiltert. Die größten

Unterschiede kann man dabei bei Proband B erkennen. Diese Veränderungen entsprechen

auch den relativen Werten. Proband B hat bei dem relativen Vergleich zwischen vorderem

und hinterem Bein mit ca. 67% eine höhere Belastung auf dem vorderen Bein. Der

122

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Unterschied zwischen der Belastung des vorderen Beines beim Telemark und beibeinigen

Aufsprung beträgt 973 N. Das ist ein sehr hoher Wert und beträgt ca. 1/3 der Gesamtbelastung

des vorderen Beines beim Telemarkaufsprung. Bei den anderen Probanden hält sich der

absolute Unterschied bei den Gesamtkräften in Grenzen.

3.3.2.3. Vergleich des Telemarks bei Proband B zwischen Bedingung 1 und Bedingung 2

In diesem Kapitel werden die Unterschiede zwischen der Bedingung 1 und Bedingung 2 bei

Proband B untersucht. Die Bedingung 2 steht für gestandene Sprünge bei einem Telemark-

Aufsprung, die über den K-Punkt von 90 Metern gestanden werden. Der K-Punkt ist jener

Punkt im Aufsprunghang, an dem der Radius beginnt. Die Aufsprungkräfte werden somit

grösser und es ist schwieriger die Sprünge über den K-Punkt mit einem Telemark-Aufsprung

zu stehen. Veränderungen in den Druckbelastungen werden in der Bedingung erwartet. Die

Bedingung 1 steht für Telemark-Landungen unterhalb des K-Punktes. Alle weiteren

Probanden können die Bedingung 2 bei ihren Sprüngen nicht erfüllen und werden somit nicht

verglichen. Gleich wie bei den elektromyographischen Daten werden für diese Untersuchung

der 2. und 4. Sprung des Probanden B hergenommen. Die relativen Daten sind in Abbildung

3.21 dargestellt.

Bei der Belastung der beiden Beine kann man erkennen, dass das hintere Bein in der

Bedingung 2 gleichmäßiger belastet wird, als dies in der Bedingung 1 der Fall ist. Das

Verhältnis verändert sich von 32%:68% (Bedingung 1) auf das Verhältnis 40% : 60%

(Bedingung 2). Der Telemark-Aufsprung wird somit nach dem kritischen Punkt

gleichmäßiger von beiden Beinen abgefangen als vor dem kritischen Punkt.

Bei der Betrachtung der Sagittalebene treten nur geringe Unterschiede zwischen den beiden

Bedingungen auf. Interessanterweise wird der Telemark–Aufsprung unter der Bedingung 2

gleichmäßiger bezogen auf den Vorfuß und die Ferse, durchgeführt. Diese Verhältnis drückt

sich mit 46%:54% bei der Bedingung 2 auch in Zahlen aus. Gegenüber der Bedingung 1 tritt

in dieser Betrachtungsweise eine Verbesserung der Belastung des hinteren Beines auf.

123

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Relativer Vergleich zwischen 2 Bedingungen - hinteres Bein

32%

42%

58% 59%

41%40%

46%

54%

64%

36%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

Phinteres Bein Pvorfuss Pferse Pmedial Plateral

Variablen

Proz

ent [

%]

Bedingung 1Bedingung 2

Abbildung 3.21: Relativer Vergleich zwischen den beiden Bedingungen des hinteren Beines

Die Belastungen in der Frontalebene kann man gegenteilig interpretieren. Obwohl wiederum

die Unterschiede zwischen den beiden Versuchen nicht sehr groß sind, entspricht die

Entwicklungstendenz einem negativen Trend. Der Proband B hat unter der Bedingung 1 eine

deutlich höhere Belastung auf den medialen Anteil als auf der lateralen Seite. Dieses

Ungleichgewicht wird unter der Bedingung 2 noch verstärkt. Es liegt die Vermutung nahe,

dass bei größerer Weite der Proband mit dem hinteren Bein stärker medial belastet. Das kann

man auch deswegen so interpretieren, weil beim letzten Versuch des Probanden B, der auf 94

Meter mit einer Telemark–Landung gestanden wurde, große Korrekturen des Telemark in der

Stabilisierungphase nötig waren. Nach dem Videoanalyse scheinen diese Korrekturen den

Ursprung in der ungleichmäßigen Belastung zwischen vorderem und hinterm Bein und der

ungleichmäßigen Belastung zwischen Medial und Lateral beim hinteren Bein zu liegen.

Dieser Sprung kann leider nicht mit den Pedar-Files analysiert werden, da aufgrund von

technischen Problemen keine Aufzeichnung vorhanden sind.

In der Abbildung 5.22 sind die bekannten Variablen des vorderen Beines dargestellt. Die

Verteilung zwischen vorderem und hinterem Bein wird bereits vor einigen Zeilen

angesprochen. Die Unterschiede sowohl in der Sagittal- als auch in der Frontalebene sind

ähnlich gering wie bei den Daten des hinteren Beines. Bei beiden Ebenen kommt es bei der

Bedingung 2 zu einem gewissen Ausgleich zwischen Vorfuß und Ferse beziehungsweise

Medial und Lateral. Die Unterschiede sind in der saggitalen Ebene mit ca. 5% leicht höher als

in der Frontalen mit ca. 2%.

124

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Beim vorderen Bein ergeben sich aufgrund der Daten sehr geringe Unterschiede zu

Bedingung 1. Die Tendenzen der Unterschiede gehen in eine gleichmäßigere Verteilung der

Belastungen sowohl in der Sagittal- als auch in der Frontalebene. Dies kann auch aus der

verstärkten Konzentration auf das vordere Bein resultieren. Da der Proband B in der

Bedingung 2 das hintere Bein deutlich mehr medial belastet, muss das hintere Bein versuchen,

besser zu stabilisieren. Das könnte eine mögliche Begründung für die gemessenen Daten beim

Vergleich der beiden Bedingungen sein.

Relativer Vergleich zwischen den 2 Bedingungen - vorderes Bein

68%

47%

53%58%

42%

60%

42%

58%56%

44%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

Pvorderes Bein Pvorfuss Pferse Pmedial Plateral

Variablen

Proz

ent [

%]

Bedingung 1Bedingung 2

Abbildung 5.22: Relativer Vergleich zwischen den beiden Bedingungen des vorderen Beines

125

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3.4. Interpretation

Die Interpretation der elektromyographischen und dynamischen Untersuchung bezieht sich

auf die Daten, die im Frühjahr 2007 erhoben werden. Aufgrund der Interpretation der Daten

von den Olympischen Spielen in Turin 2006 kann angenommen werden, dass bei der

Aufsprungbewegung insbesondere die Vorbereitungsphase auf die Landung eine sehr große

Rolle spielt. Diese Annahme wird aufgrund der elektromyographischen Daten nicht bestätigt.

In den letzten 0,5 Sekunden vor dem Aufsprungpunkt kann bei Proband A und Proband C ein

hoher Ausschlag des M. Gastrocnemius jeweils des vorderen Beines beobachtet werden.

Diese Muskelgruppe ist die einzige Muskulatur, die zu Beginn der Vorbereitungsphase schon

hohe Ausschläge aufweisen kann. Alle weiteren Muskelgruppen werden kurz vor oder kurz

nach dem Aufsprungpunkt aktiv. Diese Aktivität kann vor allem beim vorderen Bein

beobachtet werden. Beim hinteren Bein der Probanden kann eine Abschätzung dieser

Muskelgruppe nicht erfolgen, da die jeweiligen Signale zu gering für eine Interpretation sind.

Der M. Gastrocnemius ist für die Plantarflexion im Sprunggelenk zuständig. Betrachtet man

diese Aktivität in Bezug auf die kinematischen Daten des vorderen Sprunggelenkes, so wird

deutlich, dass kurz vor dem Aufsprungpunkt die Dorsalextension von ca. 60° in der

Vorbereitungsphase auf ca. 90° beim Aufsprungpunkt vergrößert wird. Diese Vergrößerung

des Sprunggelenkswinkels ist nur beim vorderen Sprunggelenk in dieser Deutlichkeit sichtbar.

Beim hinteren Sprunggelenk ist nur eine geringe Vergrößerung sichtbar. Somit kann man

vermuten, dass die hohe Voraktivierung des Gastrocnemius eine Besonderheit des vorderen

Beines in der Telemarkposition ist. Beim hinteren Bein ist die Vermutung groß, dass die

Voraktivierung bei der Telemark–Landung nur im geringen Maße durchgeführt wird.

Sowohl beim hinteren als auch beim vorderen Bein kann man bei der Betrachtung der

elektromyographischen Daten ein gewisses Koordinationsmuster erkennen. Sowohl bei

Proband B als auch bei Proband C kann während der Aufsprungbewegung eine abwechselnde

Aktivität des M. Tibialis Anterior und des M. Rectus Femoris beobachtet werden. Vor dem

Aufsprungpunkt wird jeweils der M. Tibialis Anterior aktiv. Diese Aktivierung wird

wiederum geringer, wenn der M. rectus femoris seine höchste Innervation hat. Kurz nach

diesem Maximum wird der M. Rectus Femoris wieder geringer und der M. Tibialis Anterior

übernimmt wieder sehr viel Aktivität. Das Zusammenspiel dieser beiden Muskelgruppen

scheint ein wichtiges Koordinationsmuster in der Aufsprungbewegung des Telemarks beim

hinteren Bein zu sein.

126

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Beim vorderen Bein ist bei allen drei Probanden eine gleichzeitige Aktivität des M. Glutaeus

maximus und des Vastus Lateralis zu beobachten. Diese Aktivitäten kurz vor und während

dem Aufsprungpunkt scheinen das vordere Bein während der Aufsprungbewegung zu

stabilisieren. Betrachtet man die Funktionsweisen der Muskulatur, so sollte man vermuten,

dass vor allem der M. Rectus Femoris gleichzeitig mit dem M. Glutaeus Maximus kontrahiert

werden sollte. Das würde eine Kokantraktion im Hüftgelenk ergeben und somit die Hüfte in

der Aufsprungbewegung zusätzlich stabilisieren. Interessanterweise ist das kaum der Fall.

Vielmehr schaltet sich der M. Vastus Lateralis mit dem M. Glutaeus Maximus gleich. Diese

Muskelgruppe ist vor allem für die Knieextension und Hüftextension verantwortlich. Der M.

Rectus Femoris schaltet sich im Koordinationsmuster zumeist etwas später ein. Dieses Muster

kann in unterschiedlicher Ausprägungsform bei allen Probanden beobachtet werden. Um eine

weitere Bestätigung für diese Einschaltung des Muskulaturen zu erhalten sind weitere

Untersuchungen nötig.

Bei der Beschreibung des Telemark Aufsprungs durch die dynamischen Daten werden vor

allem die prozentuelle Verteilung der Kräfte im Aufsprungpunkt betrachtet. Auffällig ist

dabei, dass beim Telemark Aufsprung Proband B deutlich mehr Kraft auf das vordere Bein als

auf das hintere Bein legt. Die restlichen Probanden können eine ausgewogene Belastung beim

Aufsprungpunkt zwischen vorderen und hinteren Bein erreichen.

Nach dem Technikleitbild (Wolf 1997) sollten beide Beine gleichzeitig aufgesetzt werden.

Anhand der Daten der Kraftmesssohle kann bei allen Probanden ein gleichzeitiges Aufsetzen

bei der Telemark-Landung beobachtet werden. Durch die Veränderungen im Materialsektor

wird das Band, das des Sprungschuh mit dem Sprungschi verbindet, immer kürzer gehalten.

Mahnke/Mroß (1997) haben diese Entwicklung sehr kritisch betrachtet, da die geforderten

Anstellwinkel und Körperpositionen in der Luftfahrt dadurch schwerer realisierbar werden.

Einen deutlichen Effekt hat die Verkürzung des Bandes für den Telemark-Aufsprung. Im

Rahmentrainingsplan von Wolf (1997) wird das Technikleitbild folgendermaßen beschrieben:

„Der Unterschenkelwinkel des vorderen Beines soll annähernd senkrecht zum Ski stehen; der Unterschenkel des

hinteren Beines ist parallel zum Ski.“ (Wolf; 1997; S33)

Diese Technikbeschreibung, die auch in der IWO festgeschrieben wird, hat zu Folge, dass die

Belastungen des Telemarks zum Grossteil mit den vorderen Bein abgefangen werden, da das

hintere Bein parallel zum Sprungski zu sein hat. Durch das Verkürzen des Bandes wird diese

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Forderung nicht mehr möglich. In der IWO wird die Technikveränderung folgendermassen

umgeschrieben:

„Der Springer soll dabei gleichzeitig die Schrittstellung weiter vergrössern und mit dem hinteren Bein

entsprechend tiefer einbeugen (Telemark – Beinstellung) sowie bei schmaler Skiführung den Landedruck

gleichmässig auf beide Seiten verteilen und zur Stabilisierung des Gleichgewichts die Arme waagrecht nach

vorn/oben strecken.“(IWO; S61)

In dieser Ausführung des Wettkampfbestimmungen wird auf die parallele

Unterschenkelführung verzichtet und darauf hingewiesen, dass die Druckverteilung zwischen

vorderem und hinterem Bein gleichmässig stattfindet. Diese Forderung der IWO kann durch

die Messungen der Kraftmesssohle für einen guten Telemark–Aufsprung bestätigt werden.

Eindeutige Aussagen ergeben die Untersuchung der Kraftmessbereiche in der sagittalen und

frontalen Ebene. Bei allen 3 Probanden wird der Fersenbereich deutlich mehr beansprucht als

der Vorfußbereich. Das Verhältnis entspricht in etwa 2/3 Belastung im Fersenbereich zu 1/3

Belastung im Vorfußbereich. Dieses Ergebnis ist überraschend, da man vermuten sollte, dass

das Hauptgewicht beim hinteren Bein eher im Vorfußbereich sein sollte. Dieses Ergebnis

könnte eine Folge der verwendeten Messmethode sein. Durch das Zusatzgewicht im

Rückenbereich ist es möglich, dass der Schwerpunkt des Gesamtkörpersystems weiter nach

hinten gezogen wird und somit beim hinteren Bein die Fersenbelastung deutlich höher ausfällt

als die Vorfußbelastung. Um diesen Faktor weiters zu beleuchten. ist für mögliche weitere

Untersuchungen eine Verfeinerung der Messmethode nötig.

Bezogen auf die Frontalebene kann ebenfalls eine eindeutige Aussage getroffen werden. Der

mediale Bereich wird gegenüber dem lateralen Bereich deutlich mehr belastet. Das Verhältnis

ist ähnlich wie in der Sagittalebene und liegt bei ca. 60:40%. Die einseitige Beanspruchung

des medialen Sohlenbereichs lässt eine Valgusposition des Kniegelenks vermuten. Wenn das

hintere Bein im Aufsprungpunkt mehr medial belastet wird und deutlich weniger Kraft als auf

dem vorderen Bein wirkt, so kann das zu einer sehr instabilen Telemark–Landung führen. Das

kann man qualitativ bei Proband B erkennen. Dieser Athlet hat vor allem bei höheren Weiten

Probleme, die Stabilität des Telemark–Aufsprungs zu halten. Die erhobenen Daten können

diese Problematik quantitativ unterstützen. Eine ausgewogene Belastung zwischen dem

medialen und lateralen Bereich des hinteren Beines sollte Ziel einer guten Telemark-Landung

sein.

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Betrachtet man die erwähnten Ebenen des vorderen Beines, so kann kein einheitlicher Schluß

gezogen werden. Bei der Verteilung in der Sagittalebene belastet Proband A deutlich mehr

den Vorfuß. Proband B erreicht eine sehr ausgewogene Verteilung zwischen Vorfuß und

Ferse und Proband C belastet den Fersenbereich deutlich mehr als den Vorfuß. Diese

Ergebnisse können wiederum durch das zusätzliche Gewicht der Messgeräte bedingt sein.

Andererseits ist es auch möglich, dass die Belastung in der Sagittalebene sehr individuell

erfolgt. Bei der Kraftverteilung in der Frontalebene werden die mediale und laterale Seite

sehr ausgewogen belastet. Das entspricht einer sehr guten Belastungsverteilung.

129

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4. Zusammenfassende Schlussfolgerung

Aufgrund der dargestellten und beschriebenen Untersuchungen können abschließend folgende

Schlussfolgerungen für den weiteren wissenschaftlichen Diskurs und für die Praxis gezogen

werden:

• Bei der Korrelationsanalyse zwischen den erhobenen Parametern aus der

kinematischen Analyse und der Benotung durch die Kampfrichter können

folgende Parameter als signifikant herausgefiltert werden:

Sprungweite

Sprunggelenk hinten

Schulter rechts

Schulter links

Winkel zwischen der Horizontalen und dem Ski des vorderen Beines

Winkel zwischen der Horizontalen und dem Ski des hinteren Beines

Die Sprungweite ist in diesem Zusammenhang als eine der wesentlichsten

Einflußfaktoren zu sehen. Weiters sollte der Springer bei der Telemark-

Landung darauf achten, dass er die Arme deutlich und mit großer

Körperspannung in die Seithalteposition führt und das hintere Sprunggelenk so

stark wie möglich (abhängig von der Bandlänge) beugt. Statistisch gesehen

sind diese Parameter jene Faktoren, die die Kampfrichter am stärksten

beurteilen.

• Bei der Unterschiedsanalyse der kinematischen Daten konnten fünf Parameter

herausgefiltert werden, die zum Zeitpunkt t4 signifikante Unterschiede

zwischen den besten und schlechtesten Springern des ersten Durchgangs der

Olympischen Spiele auf der Kleinschanze aufweisen.:

Sprunggelenk vorne*

Schulter rechts*

Schulter links*

Winkel zwischen der Horizontalen und dem Ski des vorderen Beines**

Winkel zwischen der Horizontalen und dem Ski des hinteren Beines**

Die hoch signifikanten Winkelparameter zwischen der Horizontalen und dem

Sprungski lassen darauf schließen, dass die besten Skispringer in der Lage

sind, ihre Flugposition bis kurz vor dem Aufsprungpunkt so lange wie möglich

130

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zu halten, und trotzdem einen sehr guten Telemark Aufsprung durchzuführen.

Diese Flugposition zum Zeitpunkt t4 ist wahrscheinlich aufgrund eines

größeren rückwärtsdrehenden Drehmoments realisierbar. Die

Vorbereitungsphase vor dem Aufsprungpunkt scheint aufgrund dieser Analyse

eine sehr sensible Phase für das Gelingen eines guten Telemark-Aufsprungs zu

sein.

• Bei der Analyse der elektromyographischen Daten ist auffällig, dass bei den

Probanden relativ geringe Aktivitäten in der Vorbereitungsphase (0,5

Sekunden vor dem Aufsprungpunkt) bei fast allen Muskelgruppen beobachtbar

sind. Eine Ausnahme stellt dabei der M. Gastrocnemius dar. Diese

Muskelgruppe ist in der Vorbereitungsphase deutlich aktiver als in der

darauffolgenden Stabilisierungsphase. Für einen sicheren Telemark-Aufsprung

ist es nötig, in der Vorbereitung auf den Aufsprungpunkt die Muskulatur

stärker zu aktivieren und den kommenden Kräften entgegenzuwirken. Es gilt

zu beachten, dass diese Untersuchung nicht mit Weltklasse-Springern

durchgeführt wurde und somit eine generelle Aussage über die Voraktivierung

nicht möglich ist. Diesem Punkt sollte in weiterführenden Untersuchungen

mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

• Bei geringer Aktivität der Muskelgruppen der unteren Extremität des hinteren

Beines während der Telemark-Landung besteht die Gefahr, das Hüft- und

Kniegelenk ungenügend zu stabilisieren. Das hat zur Folge, dass auf dem

hinteren Bein weniger Kraft realisiert werden kann und somit der mediale

Bereich der Fusssohle stärker beansprucht wird als der laterale. Das führt

während der Telemark-Landung zu einem Ungleichgewicht sowohl in der

frontalen- als auch in der sagittalen Ebene. Das konnte aufgrund der

elektromyographischen und dynamischen Untersuchung bei Proband B

mehrmals festgestellt werden. Das Gelingen eines guten Telemark-Aufsprungs

ist somit abhängig von einer gleichmäßigen Kraftverteilung sowohl zwischen

vorderen und hinteren Bein als auch zwischen medial und lateral auf beiden

Beinen. Diese Vermutung konnte anhand der erhobenen Daten bestätigt

werden.

131

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• Die Unterschiede zwischen Telemark-Landung und dem beidbeinigen

Aufsprung können folgendermaßen zusammengefasst werden:

Bei der elektromyographischen Ableitung kommt es beim Telemark

Aufsprung bei einem Großteil der Muskelgruppen zu einer früheren

Aktivierung als beim beidbeinigen Aufsprung.

Die Aktivierungscharakteristika während der Aufsprungphase sind bei

den untersuchten Muskelgruppen sehr ähnlich. Die einzige Ausnahme

bei dieser Untersuchung besteht im Rectus Femoris des hinteren Beines

während des Telemark-Aufsprungs.

Aufgrund der dynamischen Daten kann man feststellen, dass bei der

Telemark-Technik der mediale Anteil des hinteren Beines bei allen

Probanden deutlich mehr beansprucht wird als der latere. Beim

beidbeinigen Aufsprung stellt sich das Kräfteverhältnis zwischen

medialen und lateralen Anteil deutlich ausgeglichener dar.

Die früheren Aktivitäten der untersuchten Muskelgruppen während des

Telemark-Aufsprungs lassen auf eine Bevorzugung dieser Technik für einen

sicheren Aufsprung schließen. Dieser kann aber nur gewährleistet werden,

wenn der Springer in der Lage ist, sowohl in sagittaler als auch in frontaler

Ebene beide Beine gleich zu beanspruchen. Die Daten der vorliegenden

Untersuchung weisen darauf hin, dass insbesondere in sagittaler Ebene diese

Vorraussetzung nicht gegeben ist. In weiteren Untersuchungen sollte näher auf

Unterschiede zwischen der Telemark-Technik und dem beidbeinigen

Aufsprung eingegangen werden. Diese Thematik ist vor allem bei

Sprungweiten über den K-Punkt interessant und noch weitgehend unerforscht.

• Bei einem Probanden wird in dieser Untersuchung auf den Unterschied

zwischen dem Telemark-Aufsprung in der Mitte des Aufsprunghanges und bei

Sprungweiten über den K-Punkt eingegangen. Bei den elektromyographischen

Ableitungen zeigen sich sowohl absolut als auch relativ (bezogen auf den

Absprung) deutlich erhöhte Aktivierungsmuster aller Muskelgruppen der

unteren Extremität. Aufgrund der dynamischen Daten kann bei diesem

Probanden eine deutlich höhere Belastung des medialen Anteils des hinteren

Beines beobachtet werden. Das hat dazu geführt, dass der Springer bei dieser

Telemark-Landung Probleme hat, den Sprung zu stehen. Das unterstreicht die

bereits besprochene Vermutung, dass die gleichmäßige Belastung des hinteren

132

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Beines in der sagittalen Ebene ein wichtiger Bestandteil einer sicheren

Telemark-Landung darstellt.

• Die Messmethodik der dynamischen und elektromyographischen Daten muss

bei dieser Untersuchung als problematisch eingeschätzt werden. Für weitere

Untersuchungen in diesem Bereich ist eine Weiterentwicklung der

Messmethodik nötig um, reliablere Daten zu erhalten.

5. Zusammenfassung

In dieser Arbeit wird der Telemark-Aufsprung anhand von biomechanischen Methoden

analysiert. Im ersten Teil wird eine umfassende Analyse der bisherigen Literatur bezogen auf

die Flug- und Aufsprungphase gegeben. Zwei wissenschaftliche Beiträge stehen dabei im

Vordergrund. Hochmuth (1999) analysiert aufgrund von Labor- und 2D-kinematischen

Untersuchungen die Kräfte während der Aufsprungphase und kommt zu dem Schluss, dass

ein steileres Führen der Sprungski kurz vor dem Aufsprungpunkt eine Verlängerung der

Aufsprungphase mit sich zieht und die auftretenden Kräfte verringert werden können. Seo et

al.(2001) führt Untersuchungen im Windkanal mit einer Bodenplatte durch und findet unter

Laborbedingungen heraus, dass bei Beibehalten der Flugposition in Bodennähe eine höhere

Weite um bis zu drei Metern realisierbar ist. Die vorliegende Arbeit soll einerseits eine

Beschreibung der Telemark-Technik aufgrund von biomechanischen Daten ermöglichen und

andererseits Leistungsunterschiede zwischen besseren und schlechteren Springern aufzeigen.

Die erste Untersuchung wird am 12.02.2006 bei den Olympischen Spielen in Turin während

dem ersten Durchgang auf der Kleinschanze durchgeführt. Dabei werden die Springer in der

Flug- und Landephase von zwei synchronisierten analogen Videokameras aufgenommen. Mit

Hilfe des Auswerteprogramms SIMI MOTION können 3D-Kinematiken und somit Winkel-

und Abstandsberechnungen vorgenommen werden. Durch die Korrelationsanalyse der

erhobenen Parameter mit der Kampfrichternote und eine Unterschiedsprüfung zwischen den

besten und schlechtesten Athleten dieses Durchgangs können Rückschlüsse auf die

Einflussfaktoren der Kampfrichterbewertung und Leistungsreserven in der Vorbereitung auf

den Aufsprungpunkt erkannt werden.

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Die zweite Untersuchung findet am 08.06.2007 unter Trainingsbedingungen auf der

Kleinschanze in der Ramsau am Dachstein statt. Bei dieser Studie werden

elektromyographische und dynamische Daten während des gesamten Sprungs aufgenommen

und insbesondere vor und während der Landephase analysiert. Die Athleten mussten dabei

mit einem Rucksack springen, da die Speichergeräte am Körper geführt werden sollten. Diese

Untersuchung gibt Aufschlüsse über die Aktivitätsmuster der Muskelgruppen der unteren

Extremität vor, während und nach dem Aufsprungpunkt. Weiters kann man anhand der

dynamischen Daten Rückschlüsse auf die verteilten Belastungen im Aufsprungpunkt geben.

Eine Einschätzung über die Vorzüge und Nachteile der Telemark-Technik gegenüber dem

beidbeinigen Aufsprung wird somit möglich.

134

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