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biuz aktuell Interferenzkontrast und Epifluoreszenz, oder die Renaissance der Lichtmikroskopie In allen Naturwissenschaften besteht ein en- ger Zusammenhang zwischen methodischen Fortschritten und der Gewinnung neuer Er- kenntnisse. Besonders augenfallig ist dieser Zusammenhang in der Mikroskopie. Zum Beispiel ist die Einsicht, dal3 alle Lebewesen in irgendeiner Weise aus Zellen aufgebaut sind, heute selbstverstandlich; aber sie konn- te erst mit Hilfe des Lichtmikroskops iiber- haupt gewonnen werden. Die Naturforscher und Philosophen des Altertums und des Mit- telalters wui3ten nicht um diese grundlegende Einheitlichkeit aller Organismen. In den letzten 30 Jahren hat dann das Elektronenmi- kroskop eine explosive Erweiterung des Wis- sens um die Feinstruktur der Zellen und ihrer Organelle beschert, die noch nicht abge- schlossen ist. Allerdings ist nach wie vor eine echte Lebendbeobachtung mit dem Elektro- nenmikroskop nicht moglich, und sie wird wohl auch fur immer Utopie bleiben. Zwar kann man heute mit Hilfe von Hochstspan- nungs-Elektronenmikroskopen (Beschleuni- gungsspannungen bis uber 2 Mio. Volt) rela- tiv ,,dicker' Schichten organischen Materials durchstrahlen (es sind freilich immer erst einige Tausendstel Millimeter!); und auch die vollstandige Austrocknung der Praparate im Hochvacuum des Elektronenmikroskops ist durch besondere Objektkammern vermeid- bar geworden. Aber nach wie vor bleibt das Problem der Zerstorung organischer Mole- kule durch Ionisierung im Elektronenhagel: Die Strahlenbelastung eines elektronenmi- kroskopischen Praparates kann etwa so grog sein, wie sie in nachster Nahe des Explo- sionskernes einer Wasserstoffbombe ware. Und selbst wenn dieses Problem gemeistert werden konnte (wofiir keine Aussicht be- steht), bliebe noch die Bewegung aller leben- den Strukturen. Denn diese Bewegungen werden ja auch mitvergrofiert, und das be- deutet, dal3 z.B. die Plasmastromung in den Zellen von Armleuchteralgen (Chara, Nitel- la) bei 1OOOOOfacher Vergrofierung bereits die respektable Geschwindigkeit eines Mo- pedfahrers erreicht. Fur die Beobachtung von Lebensvorgangen ist man also nach wie vor auf das Lichtmikroskop angewiesen, und zum Gluck hat sich auch in diesem Bereich in den letzten Jahren einiges getan. Uber zwei besonders wichtige Fortschritte sol1 hier - wie im letzten Heft versprochen - kurz be- riclitet werden. Die meisten Strukturkomponenten lebender Zellen sind unpigmentiert und unterscheiden sich auch in ihrem Lichtbrechungsvermogen nur wenig voneinander. Das mikroskopische Bild solcher Strukturen ist daher kontrastarm und lafit weniger Details erkennen, als gemall der optischen Auflosungskraft des Mikro- skops (vgl. BIUZ 1/5, 157-159 [1971]) zu er- warten ware. Es geht also vor nllem um eine Erhohung des Bildkontrastest. In vielen Fallen hilft das Phasenkontrust-Ver- fahren von F. Zernike weiter. Es ernioglicht ohne irgendwelche Eingriffe in das Objekt die geringen Unterschiede im Brechungsin- dex, die Zellkomponenten aufweisen, in Hel- ligkeitsunterschiede umzusetzen und da- durch viele sonst kaum ausmachbare Struk- turen bequem sichtbar zu rnachen. Das ge- schieht, wie Eingeweihte wissen, durch un- terschiedliche Manipulation von gebeugtem und ungebeugtem Licht vermittels eines ,,Phasenplattchens" in der hinteren Brenn- ebene des Mikroskop-Objektivs. Leider hat das Phasenkontrast-Verfahren gewisse Nach- teile: Es ist nur bei besonders zarten Objek- ten mit Vorteil anwendbar und versagt bei dickeren bzw. optisch dichteren Strukturen. Auf3erdem ist jede Struktur, die sich durch dunklen (,,positiven") Phasenkontrast von ihrer Umgebung abhebt, von einem hellen Lichthof umgeben, den1 sog. Halo; urnge- kehrt haben helle Strukturen einen dunklen Hof, und diese Halo-Effekte uberlagern sich ini mikroskopischen Bild oft in storender Weise. Schliefllich werden die naturlichen Farben pigmentierter Zellen oder Organelle im Phasenkontrast verfalscht. Schon lange war bekannt, dafi ein dem Pha- senkontrast analoger ,,Interferenzkontrast" durch geeignete Mikroskop-Interferometer erzeugt werden kann, der diese Nachteile nicht aufweist. Aber solche Instrumente sind kostspielig und heikel in der Benutzung. Sie verniochten daher dem gangigen Phasenkon- trast-Mikroskop zunachst keine ernstliche Konkurrenz zu bereiten. Schon Mitte der Funfziger Jahre hatte nun allerdings G. No- marski in Paris ein Verfahren vorgeschlagen, das einfach zu handhabcn ist und nach und nach Eingang in die Konstruktionsburos fand. Heute liefern vide Herstellerfirmen die entsprechende Optik. Diescr Differentiul- Znterferenzkontrast (DIC) nach Nomarski ubersetzt Unterschiede im Brechungsverrno- gen (zahlenmafiig ausgedriickt durch den Brechungsindex) in ein - scheinbares - Relief (vgl. Abbildung 1): dichtere Strukturdetails erscheinen vorgewolbt, weniger dichte einge- dellt. Das Praparat macht einen plastischen Eindruck und erinnert insoweit an raster- elektronenmikroskopische Bilder. 188 Biobgie in unserer Zeit / 11. Jahrg. 1981 / Nr. 6

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biuz aktuell Interferenzkontrast und Epifluoreszenz, oder die Renaissance der Lichtmikroskopie

In allen Naturwissenschaften besteht ein en- ger Zusammenhang zwischen methodischen Fortschritten und der Gewinnung neuer Er- kenntnisse. Besonders augenfallig ist dieser Zusammenhang in der Mikroskopie. Zum Beispiel ist die Einsicht, dal3 alle Lebewesen in irgendeiner Weise aus Zellen aufgebaut sind, heute selbstverstandlich; aber sie konn- te erst mit Hilfe des Lichtmikroskops iiber- haupt gewonnen werden. Die Naturforscher und Philosophen des Altertums und des Mit- telalters wui3ten nicht um diese grundlegende Einheitlichkeit aller Organismen. In den letzten 30 Jahren hat dann das Elektronenmi- kroskop eine explosive Erweiterung des Wis- sens um die Feinstruktur der Zellen und ihrer Organelle beschert, die noch nicht abge- schlossen ist. Allerdings ist nach wie vor eine echte Lebendbeobachtung mit dem Elektro- nenmikroskop nicht moglich, und sie wird wohl auch fur immer Utopie bleiben. Zwar kann man heute mit Hilfe von Hochstspan- nungs-Elektronenmikroskopen (Beschleuni- gungsspannungen bis uber 2 Mio. Volt) rela- tiv ,,dicker' Schichten organischen Materials durchstrahlen (es sind freilich immer erst einige Tausendstel Millimeter!); und auch die vollstandige Austrocknung der Praparate im Hochvacuum des Elektronenmikroskops ist durch besondere Objektkammern vermeid- bar geworden. Aber nach wie vor bleibt das Problem der Zerstorung organischer Mole- kule durch Ionisierung im Elektronenhagel: Die Strahlenbelastung eines elektronenmi- kroskopischen Praparates kann etwa so grog sein, wie sie in nachster Nahe des Explo- sionskernes einer Wasserstoffbombe ware. Und selbst wenn dieses Problem gemeistert werden konnte (wofiir keine Aussicht be- steht), bliebe noch die Bewegung aller leben- den Strukturen. Denn diese Bewegungen werden ja auch mitvergrofiert, und das be- deutet, dal3 z.B. die Plasmastromung in den Zellen von Armleuchteralgen (Chara, Nitel- la) bei 1OOOOOfacher Vergrofierung bereits die respektable Geschwindigkeit eines Mo- pedfahrers erreicht. Fur die Beobachtung von Lebensvorgangen ist man also nach wie vor auf das Lichtmikroskop angewiesen, und zum Gluck hat sich auch in diesem Bereich in den letzten Jahren einiges getan. Uber zwei besonders wichtige Fortschritte sol1 hier - wie im letzten Heft versprochen - kurz be- riclitet werden.

Die meisten Strukturkomponenten lebender Zellen sind unpigmentiert und unterscheiden sich auch in ihrem Lichtbrechungsvermogen nur wenig voneinander. Das mikroskopische

Bild solcher Strukturen ist daher kontrastarm und lafit weniger Details erkennen, als gemall der optischen Auflosungskraft des Mikro- skops (vgl. BIUZ 1/5, 157-159 [1971]) zu er- warten ware. Es geht also vor nllem um eine Erhohung des Bildkontrastest.

In vielen Fallen hilft das Phasenkontrust-Ver- fahren von F. Zernike weiter. Es ernioglicht ohne irgendwelche Eingriffe in das Objekt die geringen Unterschiede im Brechungsin- dex, die Zellkomponenten aufweisen, in Hel- ligkeitsunterschiede umzusetzen und da- durch viele sonst kaum ausmachbare Struk- turen bequem sichtbar zu rnachen. Das ge- schieht, wie Eingeweihte wissen, durch un- terschiedliche Manipulation von gebeugtem und ungebeugtem Licht vermittels eines ,,Phasenplattchens" in der hinteren Brenn- ebene des Mikroskop-Objektivs. Leider hat das Phasenkontrast-Verfahren gewisse Nach- teile: Es ist nur bei besonders zarten Objek- ten mit Vorteil anwendbar und versagt bei dickeren bzw. optisch dichteren Strukturen. Auf3erdem ist jede Struktur, die sich durch dunklen (,,positiven") Phasenkontrast von ihrer Umgebung abhebt, von einem hellen Lichthof umgeben, den1 sog. Halo; urnge- kehrt haben helle Strukturen einen dunklen Hof, und diese Halo-Effekte uberlagern sich ini mikroskopischen Bild oft in storender Weise. Schliefllich werden die naturlichen Farben pigmentierter Zellen oder Organelle im Phasenkontrast verfalscht.

Schon lange war bekannt, dafi ein dem Pha- senkontrast analoger ,,Interferenzkontrast" durch geeignete Mikroskop-Interferometer erzeugt werden kann, der diese Nachteile nicht aufweist. Aber solche Instrumente sind kostspielig und heikel in der Benutzung. Sie verniochten daher dem gangigen Phasenkon- trast-Mikroskop zunachst keine ernstliche Konkurrenz zu bereiten. Schon Mitte der Funfziger Jahre hatte nun allerdings G . No- marski in Paris ein Verfahren vorgeschlagen, das einfach zu handhabcn ist und nach und nach Eingang in die Konstruktionsburos fand. Heute liefern vide Herstellerfirmen die entsprechende Optik. Diescr Differentiul- Znterferenzkontrast (DIC) nach Nomarski ubersetzt Unterschiede im Brechungsverrno- gen (zahlenmafiig ausgedriickt durch den Brechungsindex) in ein - scheinbares - Relief (vgl. Abbildung 1): dichtere Strukturdetails erscheinen vorgewolbt, weniger dichte einge- dellt. Das Praparat macht einen plastischen Eindruck und erinnert insoweit an raster- elektronenmikroskopische Bilder.

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Wie dieser Relief-Effekt zustande kommt, ist in Abbildung 2 erlautert. Wie bei jedem In- terferometer, so werden auch beim DIC die von der Lichtquelle kommenden Strahlen bzw. Wellenz,uge in je 2 Komponenten glei- cher Intensitat zerlegt, die nach getrenntem Durchgang durch das Praparat dann wieder vereinigt werden und dabei miteinander in- terferieren. Waren beide Strahlkomponenten durch gleichartige Objektbereiche gelaufen (z. B. homogenes Praparat), dann besteht am

Ort ihrer Wiedervereinigung zwischen ihnen kein Phasenunterschied und sie erganzen sich wieder zur vollen Intensitat des urspriingli- chen Wellenzuges. Haben jedoch die beiden Strahlenanteile im Objektbereich eine unter- schiedliche Beeinflussung erfahren und dabei etwa einen Phasenunterschied von einer hal- ben Wellenlange angenommen, dann loschen sie sich gegenseitig aus, und die betreffende Objektpartie erscheint dunkel. Beim D I C nun werden die beiden Strahlenanteile nur

ganz wenig voneinander getrennt: Ihr seitli- cher Abstand in der Praparatebene liegt an oder unter der Auflosungsgrenze des Mikro- skops. Bei Strahlaufteilung, die durch Dop- pelbrechung mit Hilfe eines sog. Wollaston- Prismas erfolgt, wird bereits ein geringer (und regelbarer) Phasenunterschied vorgege- ben. E r betragt bei dem in Abbildung 2 dar- gestellten Fall 1/4 der Wellenlange (h/4). Dieser Phasenunterschied bleibt uberall dort erhalten, wo beide Strahlkomponenten durch

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glrichartige I'raparatzonen laufen. h d e r u n - gen ergeben sich nur an Strukturgrenzen: Hier werden die beiden Komponenten unter- schiedlich verzogert, so dai3 der Phasenun- terschied zwischen ihnen entweder zu- oder abnimmt. Das dichtere Objekt - etwa eine Zelle - in der Mitte von Abbildung 2 hebt da- durch an seiner links gelegenen Begrenzung den Phasenunterschied auf, so dai3 diese Strukturgrenze heller erscheint als ihre Um- gebung. An der rechten Grenzlinie wird um- gekehrt der Phasenunterschied auf h/2 ver- grogert, an dieser Stelle erscheint das Prapa- rat dunkel. Die Objektstruktur stellt sich deshalb dem Betrachter als plastisch vorge- wolbt dar, als ware sie von links her schrag beleuchtet. Das gilt aber naturlich nur fur optisch dichtere Strukturen (hoherer Bre- chungsindex als Umgebung). 1st der Bre- chungsindex geringer, dann erscheint das entsprechende Objektdetail nicht als ,,Buk- kel", sondern als ,,Delle". Man sieht sich in diese Art der Relief-Kontrastierung relativ leicht ein, doch mug man sich vor Fehldeu- tungen huten. Beispielsweise erscheint ein Zellkern dort, wo in seinem Inneren dichte Nucleolen oder Chromatinstrukturen sind, vorgewolbt (Abbildung I), was er in Wirk- lichkeit nicht ist.

Von der Leistungsfahigkeit des DIC-Verfah- rens zeugte das Umschlagbild des letzten BIUZ-Heftes, sowie hier die Abbildungen 1 und 3. Man sieht, dai3 Halo-Erscheinungen nicht auftreten und dai3 naturliche Farben nicht beeintrachtigt werden: Die allbekannte Schraubenalge in Abbildung 3 weist diesel- ben Farben auf, die sie auch im normalen Hellfeld-Mikroskop hatte! Die Benutzung moderner DIC-Einrichtungen ist nicht schwieriger, sondern eher einfacher als die ei- nes Phasenkontrast-Mikroskops. Die Mog- lichkeit, den Interferenzkontrast durch Re- gulierung des vorgegebenen Phasenunter- schiedes dem gerade untersuchten Objekt je- weils optimal anzupassen, erfordert zwar ei- ne gewisse Obung, die aber erfahrungsgemai3 schnell erworben wird. -

Der zwrite groge Fortschritt, von dem hier zu berichten ist, betrifft die Cyto- und Histo- chernie. Es geht ja nicht nur darum, Struktu- ren zu sehen, sondern man mochte auch wis- sen, aus welchen Stoffen bzw. Verbindungen sie sich aufbauen. Um das herauszubekom- men, kann man in gunstigen Fallen Gewebe- Homogenate mit der Praparativen Ultrazen- trifuge auftrennen (Zellfraktionierung) und die einzelnen Fraktionen chemisch untersu-

chen. Aber dieses Verfahren lai3t sich nur an- wenden, wenn homogenes Gewebe in groi3e- rer Menge zur Verfugung steht. In allen an- deren Fallen ist man auf cytochemische Me- thoden angewiesen. Unter ihnen kommt der seinerzeit vor allem von M. Haitinger pio- nierten Fluoreszenz-Mikroskopie wegen ih- rer extremen Empfindlichkeit besondere Be- deutung zu (vgl. BIUZ 2/1, 1-7 [1972]). Seit es gelungen ist, diese Empfindlichkeit uber fluoreszenzmarkierte Antikorper mit der ho- hen Spezifitat serologischer Reaktionen zu koppeln (A. H. Coons: Immunfluoreszenz), hat sich der Forschung ein weites Feld eroff- net. Beispielsweise ware unser Wissen um die verschiedenen Cytoskelett-Systeme ohne diese Methoden noch recht infantil (vgl. dazu

9/1, 11-12 [1979]; 11/1, 13 [1981]). BIUZ 7/1, 22 [1977]; 8/4, 124-125 [1978];

Doch sol1 an dieser Stelle nicht von Prapara- tionsmethoden, sondern von neuen Beob- achtungsverfahren die Rede sein. Und hier ist es die Auflicht- oder Epifluoreszenz, die ei- nen groi3en Sprung nach vorne bedeutet. Bei diesem Verfahren dient das Objektiv des Mi- kroskops zugleich als Kondensor (Abbildung 5). Das Erregerlicht wird oberhalb des Ob- jektivs seitlich eingestrahlt und von einem Spiegel (,,Farbteiler"), dessen Reflexionsver- mogen abhangig ist von der Lichtwellenlan- ge, sozusagen von hinten her in das Objektiv gelenkt und weiterhin auf das Objekt kon- zentriert. Nach der vor 130 Jahren von G . G. Stokes gefundenen Regel hat die Fluores- zenzstrahlung eine langere Wellenlange als die Erregerstrahlung. Daher wird der Farb- teiler so gewahlt, dai3 er im Wellenlangenbe- reich der Erregerstrahlung spiegelt, in dem der Fluoreszenzstrahlung dagegen durchlas- sig ist. Langerwelliges Licht der Lichtquelle (gewohnlich ein Quecksilber-Hochdruck- brenner) kommt also gar nicht zum Praparat, andererseits storen die geringen Anteile von reflektiertem Erregerlicht die Beobachtung und Abbildung nicht, da sie vom Farbteiler wieder in Richtung Lampe reflektiert wer- den. In der Praxis wird allerdings der Farb- teiler-Spiegel noch erganzt durch entspre- chende Farbfilter, die eine exakte Trennung von Erreger- und Fluoreszenz-Strahlung si- cherstellen.

Auflichtfluoreszenz ist besonders hell und klar, gewohnlich um vieles ,,brillanter" als von der konventionellen Fluoreszenzmikro- skopie her gewohnt (Abbildung 4). Ein be- sonderer Vorteil besteht noch darin, dai3 die Lokalisation von fluoreszierenden Zellpar-

tien durch zusatzliche Beleuchtung leicht festgestellt werden kann (allenfalls Kombina- tion mit Phasen- oder Interferenzkontrast). Die Leistungsfahigkeit der Epifluoreszenz sollte hier noch kurz durch eine neue Metho- de zum fluoreszenzmikroskopischen DNA- Nachweis dokumentiert werden. Zu Beginn der Siebziger Jahre wurde von 0. Dann und Mitarbeitern zur Bekampfung von Trypano- somen eine Substanz synthetisiert, die seither unter der Abkurung ihres chemischen Na- mens als DAPI (= 4', 6-Diamidino-2-phe- nylindol) bekannt wurde:

Sie bindet spezifisch an AT-reiche Doppel- strang-DNA und fluoresziert in diesem Zu- stand stabil und kraftig in weii3blauer Farbe. Das benutzt man, um kleinste DNA-Mengen im Lichtmikroskop nachzuweisen, beispiels- weise in Viruspartikeln oder in Plastiden und Mitochondrien. Eine DNA-Doppelhelix von nur 30 pm Lange, die fur sich allein im Licht- mikroskop natiirlich ganz unsichtbar bliebe, kann mit DAPI im Fluoreszenzmikroskop - zumal bei Auflichtfluoreszenz - noch er- kannt werden! Die D N A von Plastiden ist gewohnlich in mehreren engen Bereichen konzentriert, die in Analogie zu den entspre- chenden Verhaltnissen bei Bakterien als Nu- cleoide bezeichnet werden. Ihre Zahl und La- ge laat sich durch DAPI-Fluorochromierung besser ermitteln als mit irgendeiner anderen Methode. Wahrend die Chloroplasten hohe- rer Pflanzen gewohnlich 8 4 0 Nucleoide ent- halten, sind es in den Riesenchloroplasten (,,Megaplasten") der Jochalgen (zu denen auch Spirogyra zahlt - vgl. Abbildung 6) bis uber 500. Chromoplasten (vgl. BIUZ 7/3, 65-74 [ 19771) besitzen dagegen gewohnlich nur ein relativ groi3es Nucleoid (Abb. 7).

Literatur

[ l ] James, T. W., Jope, C.: J. Cell Biol. 79, 623-630 (1978).

[2] Kuroiwa, T., et al.: Plant tk Cell Physiol. 22, 381-396 (1981).

[3] Morikawa, K., Yanagida, M. : J . Bio- chem. 89, 693-696 (1981).

[4] Witte, S., Ruch, F. (Hrsg.): Modcrne Untersuchungsmethoden in der Zyrologie. 2. Auflage. Witzstrock, Baden-Baden 1979.

Peter Sitte

190 Siologie in u u e r e r Leit i I I Jahrg 1981 / N r 6