Bpkmu 03 07 Management2
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Know-how-Transfer
Aufbau einer Mentoring-Beziehung
Nach einer ersten Begriffsbestimmung in der vergangenen Ausgabe geht unsere Serie über Mentoring in die nächste Phase: den Aufbau einer Beziehung zwischen den beteiligten Akteuren.
Autor: Franz Stowasser
Zwei Hauptpunkte aus dem ersten Teilder Mentoring-Serie seien zur Erinne-
rung noch einmal erwähnt: 1. Die Erweiterung der Mentoringbeziehung
auf zwei Personen, die voneinander lernen,
statt klassisch einer Person, die Wissen
weitergeben will.
2. Die Erweiterung des Blickes auf das
Verhalten durch die Frage nach der Absicht.
Beide Punkte werden berücksichtigt, wenn
im Aufbau einer Mentoring-Beziehung auf
das Prinzip der vollständigen Handlung Wert
gelegt wird. Unter diesem Prinzip wird eine
Struktur verstanden, die es ermöglicht,
Handlungsschritte systematisch aufeinander
aufzubauen.
Der Vorteil dieses Vorgehens liegt unter
anderem darin, dass eine gemeinsame Land-
karte geschaffen wird, an der sich alle am
Mentoringprozess Beteiligten orientieren.
Sie können sich immer wieder leicht ver-
ständigen und, falls die gesetzten Ziele nicht
wie gewünscht erreicht werden, von einem
gemeinsamen Ausgangspunkt aus Wahl-
möglichkeiten schaffen. Das MENTOR-Modell
hat folgende Handlungsschritte:
14 Blickpunkt:KMU 3/2007
MANAGEMENT
M = Material sichten Sich über die Möglichkeiten informieren.
Wie viel Zeit soll in die Mentoring Beziehung
investiert werden? Welche Bereiche sollen
abgedeckt werden? Wie soll kommuniziert
werden? Wie gestaltet sich die Zusammenar-
beit? Welche Punkte erachten die Mento-
ring-Partner als wichtig, welche sind für die
Unternehmung bedeutend?
E = Einblick und Überblick Planen Sie, um Einblick und Überblick zu
gewinnen und zu behalten. Welches sind die
wichtigen Mentoring-Punkte aus eigener
Sicht? Welches Ordnungssystem möchten Sie
wählen? Welche Planungsmethoden schei-
nen ihnen geeignet, welche fördern die Zu-
sammenarbeit mit Ihrem Mentoring Partner?
N = Nebeneinander stellen Ordnen, bewerten und entscheiden Sie.
Vielleicht möchten Sie hier sogar Ihren per-
spektivischen Blick noch einmal erweitern
und sich selbst sehen, wie Sie sich im Ent-
scheidungsprozess verhalten. Das schafft
Distanz und gibt Überblick. Wenn Sie mit
Ihrer Entscheidung so zufrieden sind, dass
Sie direkt Lust zur Umsetzung verspüren, wer-
den Sie auch den nächsten Punkt angehen:
T = Tun Ausführen, durchführen, handeln. Nicht
alles, was möglich ist, kann auch getan wer-
den. Aber alles, was Sie im vorangegangenen
Selektionsprozess bestimmt haben und
durchführen wollen, werden Sie auch tun
können.
O = Objektivieren Feedback einholen und auswerten ist die
Phase, in der Sie wieder intensiv den Kontakt
mit der Welt der anderen Beteiligten finden.
R = Rüber bringen Kommunizieren Sie, was Sie erarbeitet haben.
Wer wird das Publikum sein? Wie können Sie
Ihre Erkenntnisse noch verwerten? Wie be-
einflusst die Darstellung Ihrer Ergebnisse Ihre
Lust, mit dem Mentoring weiter zu machen?
Da Sie im Mentoring-Prozess mit Ihrem
Partner zusammenarbeiten, können aus dem
MENTOR-Modell gemeinsame Zielsetzungen
entwickelt werden. Sie schaffen mit diesem
Modell eine Kommunikationslandkarte, mit
der Sie Exkursionen in die Vielfalt des Know-
how-Transfers planen können. Sie schaffen
ein sehr gutes Planungsinstrument für ein-
zelne Transferphasen, wenn Sie nicht nur
numerische Ziele erarbeiten.
Oft verlieren Mentoring-Partnerschaften an
Leben, weil in den Zieldefinitionen zu abs-
trakte Vorgaben stehen. Abstrakt wäre zum
Beispiel folgende Zielformulierung: „Weniger
Zeit mit Informationssuche verbringen“.
Aus dieser Formulierung wird zu wenig er-
sichtlich, was getan werden soll. Formulieren
Sie deshalb konkret und sprechen Sie mit
Ihren Formulierungen auch Ihr Nervensystem
an. Neue Forschungen der Hirnforscher (ver-
gleiche G. Roth, M. Spitzner) zeigen, dass Ziele,
die nervenfreundlich formuliert wurden,
leichter und schneller erreicht werden.
Sie können Ihr Gehirn unterstützen, damit es
Sie unterstützt – Sie können sich selbst nerven-
freundlich coachen. Wie funktioniert das und
welche Sprache versteht Ihr Nervensystem?
Mentoring-Ziele erreichbar formulierenZunächst möchte Ihr Nervensystem wissen,
in welchem Kontext es für Sie tätig werden
soll. Bestimmen Sie also in einer Zieldefiniti-
on genau, mit wem, wann und wo Sie an der
Zielerreichung arbeiten. In unserem Beispiel
wollten Sie „sich schnell informieren“.
C = ContextMit wem, wann und wo können Sie sich
schnell informieren. Welche Systeme nutzen
beide Mentoring-Partner? Aus welchen Bezie-
hungen entsteht Geschwindigkeit, welche
Kontakte beschleunigen?
Sie haben schon bemerkt, dass sich der Kon-
text gar nicht beschreiben lässt, so lange das
Ziel sprachlich negativ, also mit einer Vernei-
nung dargestellt ist. Mit der ursprünglichen
Formulierung: „Weniger Zeit mit Informations-
suche verbringen“ finden sie keine Kontexte,
in denen es schnell geht, sondern nur solche,
in denen es zu lange dauert. Also, formulieren
Sie Ihr Ziel positiv, bezeichnen Sie den
Outcome.
Blickpunkt:KMU 3/2007 15
MANAGEMENT
O n l i n e - T i p p
Sie haben den ersten Teil der Serie über Mentoring verpasst: Im Wissensarchiv auf www.blickpunktkmu.ch steht der Artikel im pdf-Format unter dem Titel „Ein konkreter Ansatz zum Kom-petenztransfer“ in der Rubrik Management zum kostenlosenDownload bereit.
Z u m A u t o r
Franz Stowasser(E-Mail: [email protected])Dipl.Soziologe, Betriebswirt, Ind. Kfm.,arbeitet seit über 20 Jahren in der Industrieund eigener Praxis als Coach und Mentor.Als Autor mehrerer Fachbücher hat ersich intensiv mit dem Modellieren vonKnow-how-Transfer beschäftigt.
O = OutcomeDas positiv formulierte Ziel. Was genau soll
erreicht werden? In unserem Beispiel: „Ich
finde Wege, um mich in Patentfragen schnell
zu informieren.“Und nun laden Sie Gehirn
und Nervensystem ein, mitzumachen.
Beschreiben Sie das Ziel für die Sinne:
A = Aufmerksamkeit der SinneBeschreiben Sie, was es zu sehen, hören,
fühlen, riechen und schmecken gibt. Auch,
wenn Sie denken, dass Fühlen doch wohl
nicht ins Business gehöre, Ihr Nervensystem
kann ohne Gefühle nicht für Sie arbeiten.
Geben Sie ihm, was es braucht, beschreiben
Sie, was Sie sehen, wenn Sie sich in einer
Patentfrage schnell informieren, was hören
Sie, was fühlen Sie? Vielleicht gibt es ja sogar
ein Gefühl, an dem Sie erkennen, dass Sie
genügend Informationen haben? Riechen
und Schmecken sind ebenfalls zwei wichtige
Sinne. Wenn etwas „ein Gschmäckle“ hat,
reagieren Sie anders, als wenn Sie sich damit
gut fühlen.Ein Ziel, das Sie so formuliert
haben, will mit jeder Zelle Ihres Körpers er-
reicht werden, nicht nur mit dem Verstand
und dem zweckrationalen Denken. Sie haben
attraktiv gemacht, was Sie erreichen wollen,
und jetzt definieren Sie noch...
C = Consequent... Ihr Ziel in Schritten, so dass Sie den ersten
Schritt selbst tun können. Erinnern Sie sich
in diesem Punkt nochmals daran, Intention
und Absicht zu würdigen. Es gibt manchmal
Wege, die schneller zum Ziel führen obgleich
sie auf den ersten Blick länger aussehen.
Wenn Sie hier merken, dass etwas klemmt
oder hindert, dann korrigieren Sie. Ändern
Sie, bis sie den Impuls zum selbständigen
Start spüren.Nun verwirklichen Sie Ihr Ziel.
Während Sie das tun, testen Sie die einzel-
nen Schritte immer wieder. So wird Ihr Pro-
zess zur Zielerreichung haltbar.
H = HaltbarIn welchen Wegabschnitten kann der Fort-
schritt getestet werden?
(Hier hilft das Navigator-Modell, dargestellt
in meinem Büchlein „Coaching für Beruf und
Alltag“ S. 33ff.)
Welche Signale helfen Ihnen, Ihre Ziel-
erreichung mit Ihrem Nervensystem zu kon-
trollieren? Welche Tests wollen Sie mit Ihrem
Mentoring Partner vereinbaren? Worauf
wollen Sie dabei achten?
Zug statt DruckSchaffen und unterstützen Sie Netzwerke.
Ihre Mentoring-Aktivitäten können Ihre
Weiterbildungsstrategien bereichern. Mento-
ring kann ein Weg sein, der Weiterbildungs-
falle, die auf kleine Unternehmen wartet, zu
entkommen.
„Je kleiner ein Unternehmen, desto weniger
hat es in den letzten drei Jahren Weiter-
bildungsaktivitäten für die Mitarbeitenden
durchgeführt. (...) Es ist anzunehmen, dass
der informelle Informationsaustausch vor-
herrscht oder gar keine Kooperationen ge-
pflegt werden. Bezogen auf die vier wichtigsten
Kooperationspartner, die sich in der Studie
innerhalb der Weiterbildung identifizieren
liessen, Mitarbeitende,Weiterbildungsinstitu-
tionen und andere Unternehmen, zeigen sich
höchst signifikante Unterschiede insbesondere
von Kleinstunternehmen im Unterschied zu
Klein- und Mittelbetrieben. Gesamthaft ge-
sprochen sind bei Kleinstunternehmen bei
einer Dominanz von Berufsverbänden im
Verhältnis weniger Kooperationsaktivitäten
in der Weiterbildung festzustellen.“ 1)
Gut strukturierte Mentoring-Prozesse kön-
nen eine Grundlage für Weiterbildungsstrate-
gien auch in Kleinstunternehmen bilden. Der
große Vorteil dabei ist, dass Kompetenzen im
Unternehmen für das Unternehmen model-
liert werden. Wir gehen dabei im Mentoring
etwas komplexer vor als zum Beispiel bei ei-
nem „Best Practice“ Projekt. Wir bilden Mo-
delle von Kompetenzen, finden eine gemein-
same Sprache und beschäftigen uns mit
mehr als nur den Verhaltensaspekten. Durch
die Beteiligung unserer Sinne an den Zielde-
finitionen schaffen wir einen Sog in die Zu-
kunft, Zug statt Druck. Druck erzeugt meist
Widerstand, es wird dagegen gedrückt. Auf
diese Weise wird Energie verschwendet. Zu-
kunftsszenarien hingegen, die anziehend ge-
staltet und als erreichbar akzeptiert wurden,
setzen Kräfte frei. Die Arbeit beginnt genau
da, wo wir diese Kräfte gewinnbringend ein-
setzen. Einige Grundsätze helfen, die starke
Eigenverantwortlichkeit, wie sie im Mento-
ring gefordert ist zu veranschaulichen:
• Sie machen sich bewusst, dass Sie für Ihre
Gedanken, Gefühle und Handlungen ver-
antwortlich sind.
• Sie wissen, dass unerfüllte Erwartungen,
Ärger und Stress, die Sie erleben, nicht
von anderen verursacht werden.
• Sie werden aufhören, andere für Ihre
eigenen Probleme, Gefühle und Reaktionen
verantwortlich zu machen.
• Sie unterlassen es, Schuld zuzuschieben,
wenn etwas unangenehm ist.
• Sie sind kein Opfer ihrer Umgebung, son-
dern ein Akteur.
• Wenn Sie Fehler machen, werden Sie
diese nicht vertuschen oder sich lange
rechtfertigen, sondern Sie handeln, um zu
korrigieren.
• Sie wollen von anderen keine Recht-
fertigungen hören, sondern Handlungen
sehen.
• Sie warten nicht darauf, dass andere sich
ändern oder Veränderungen herbeiführen,
Sie handeln selbst.
• Sie fühlen sich verantwortlich für das,
was sie tun, beeinflussen und verändern.
Sie haben die Kraft, alleine zu beginnen.
Im nächsten Artikel werden Beispiele dafür
gegeben, mit welchen Detailbausteinen
Kompetenzen modelliert werden können.
Know-how Transfer besteht nicht einfach aus
nachmachen, es werden auch Einstellungen,
Glaubenssätze, Hoffungen und Erwartungen
wichtig. ø
16 Blickpunkt:KMU 3/2007
MANAGEMENT
1) Zitat: Dr. Markus Weil, Weiterbildungsstrategie – ein Muss
für Kleinstbetriebe?
blickpunktkmu.ch/pdf/bpkmu_05_06_management_2.pdf