Bürgerbeteiligung – Energiedemokratie – Dezentralität...

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Transformationspotenziale von Energiegenossenschaften. Mit postfossilen Dezentralisierungsstrategien zur Energiewende Ein Positionspapier des Forschungsprojektes EnGeno zur aktuellen energiepolitischen Entwicklung Positionspapier Bürgerbeteiligung – Energiedemokratie – Dezentralität? Kernziele der Energiewende in Gefahr! Kurzfassung

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Transformationspotenziale von Energiegenossenschaften. Mit postfossilen Dezentralisierungsstrategien zur Energiewende

Ein Positionspapier des Forschungsprojektes EnGeno zur aktuellen energiepolitischen Entwicklung

Positionspapier

Bürgerbeteiligung – Energiedemokratie – Dezentralität?Kernziele der Energiewende in Gefahr!

Kurzfassung

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Das hier in der Kurzfassung1 vorliegende Positionspapier ist eine Stellungnahme des vom

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojektes

EnGeno zur aktuellen Entwicklung der Energiewende. Energiegenossenschaften, der For-

schungsgegenstand von EnGeno, sind von den aktuell veränderten gesetzlichen Rahmenbe-

dingungen erheblich betroffen. Diese Änderungen stehen im Gegensatz zum Forschungsbe-

darf, wie er vom BMBF formuliert wurde, wie auch zu zentralen Aussagen des Koalitionsver-

trages der Bundesregierung. Die gegenwärtigen und geplanten Reformen der energiepoliti-

schen Rahmenbedingungen drohen das Überleben und die Weiterentwicklung bestehender

wie auch die Gründung neuer Energiegenossenschaften fundamental anzugreifen.

Die bisherigen Forschungsergebnisse zeigen, dass genossenschaftliche und ähnliche bürger-

schaftliche Unternehmungen im Energiebereich ein erhebliches Potenzial bergen, eine nach-

haltigkeitsorientierte Transformation des Energiesystems zu befördern: (1) Mit Bürgern als

aktiven energiewirtschaftlichen Unternehmern ist die Energiewende weitaus effektiver und

verzögerungsfreier durchzuführen. Denn durch das Engagement und die Beteiligung der Bür-

ger vor Ort können wertvolle – auf anderen Wegen nicht verfügbare – Ressourcen genutzt

werden (u.a. spezielles Wissen und die Motivation der lokalen Akteure). (2) Konflikte über

die Energiewende konkretisieren sich nicht selten auf lokaler oder regionaler Ebene (z.B.

Bürgerinitiativen pro und contra Windpark) – hier bieten genossenschaftliche Vorgehenswei-

sen, durch die Eröffnung von Beteiligungschancen, ein hohes Konfliktlösungspotenzial. (3)

Das nötige Kapital zur Finanzierung der Energiewende kann durch genossenschaftliche und

andere Beteiligungsformen der Bürger an den Investitionen auf eine breite Basis gestellt wer-

den. (4) Energiegenossenschaften bieten eine breite Beteiligung der Bürger/innen an den Ge-

winnen aus der Energiewende. Dies rechtfertigen sowohl ethische wie auch instrumentelle

Überlegungen (Akzeptanzförderung). (5) Durch regionalverantwortliches Geschäftsgebaren

der Energiegenossenschaften werden Arbeitsplätze gesichert, kommunale Haushalte unter-

stützt und die lokale Daseinsvorsorge gewährleistet.

Auch die Mitglieder des EnGeno-Beirates sehen die aktuelle Entwicklung kritisch: Laut

Dr. Michael Sladek – langjähriger Vorstand der Netzkauf EWS eG und Mitgründer der Elekt-

rizitätswerke Schönau – breche den Energiegenossenschaften schlicht die Grundlage für ihre

Geschäftsmodelle weg. Dr. Burghard Flieger – wissenschaftlicher Leiter der innova eG und

Gründungsberater zahlreicher Energiegenossenschaften – betont, das EEG nehme dezentra-

len, bürgerschaftlichen Ansätzen jede Chance, gemeinschaftliche Energieprojekte kostende-

ckend zu realisieren. Prof. Dr. Uwe Leprich – wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Zu-

kunftsEnergieSysteme (izes) – konstatiert eine massive Verunsicherung, die sich aus der

Summe der mit den neuen Regelungen verbundenen Risiken und Unwägbarkeiten ergibt.

Wir fordern deshalb einen bundespolitischen Kurswechsel pro Bürgerenergie, insbeson-

dere folgende Punkte:

Einspeisevergütung: angemessene Vergütungssätze für die Photovoltaik-Strom-Einspei-

sung,

1 Die Langfassung dieses Positionspapiers finden Sie auf www.engeno.net unter Ergebnisse/Publikationen.

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Eigenstromverbrauch: Abschaffung der anteiligen EEG-Umlage für Energiegenossen-

schaften,

Direktvermarktungspflicht: deutliche Erhöhung der Bagatellgrenze für die Direktvermark-

tungspflicht,

Ausschreibungsverfahren: neben dem Kriterium Kosteneffizienz den Einbezug weiterer

Kriterien wie Akteursvielfalt, Systemdienlichkeit, lokale Akzeptanz und Wertschöpfung,

Umweltverträglichkeit und Zielerreichung,

Grünstrom: schnellstmögliche Verordnung zur direkten Vermarktung von ausgewiesenem

„Grünstrom“ an Letztverbraucher,

Bürgerenergiegesetz: schnellstmögliche Verabschiedung des angekündigten Gesetzes zur

nachhaltigen Sicherung von Bürgerbeteiligung und Genossenschaften in der Energiewen-

de.

Bürgerenergie ist für die langfristige Akzeptanz der Transformation des Energiesystems ein

unverzichtbarer Bestandteil. Sie ist angewiesen auf stabile rechtliche und ökonomische Rah-

menbedingungen. Daher sollte die Bundesregierung ein konsistentes Konzept zur aktiven

Förderung des bürgerschaftlichen und genossenschaftlichen Unternehmertums für eine de-

zentrale, demokratische und gerechte Energiewende entwickeln und umsetzen.

Das EnGeno-Team:

Prof. Dr. Reinhard Pfriem, Dr. Christian Lautermann, Dr. Irene Antoni-Komar

Lehrstuhl für Unternehmensführung und betriebliche Umweltpolitik, Carl von Ossietzky Uni-

versität Oldenburg

apl. Prof. Dr. Niko Paech, Dr. Daniel Dorniok

Lehrstuhl für Produktion und Umwelt, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Dr. Peter Moser, Beate Fischer

Abteilung Dezentrale Energiekonzepte, Institut dezentrale Energietechnologien Kassel

Dr. Felix Rauschmayer, Salina Centgraf, Torsten Masson

Department für Umweltpolitik, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig

Dr. Thomas Köhler, Eduard Pestel Institut für Systemforschung Hannover

September 2014.

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Herausgeber

Carl von Ossietzky Universität OldenburgAmmerländer Heerstr. 114-11826129 Oldenburg

www.uni-oldenburg.de

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZPermoserstr. 1504318 Leipzig

www.ufz.de

EnGeno wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 03SF0458 im Rahmen des Förderschwerpunkts „Umwelt- und gesellschafts-verträgliche Transformation des Energiesystems“ gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen und Autoren.

Gefördert durch

IdE Institut dezentrale Energietechnologien gemeinnützige GmbH Ständeplatz 15 34117 Kassel

www.ide-kassel.de

Ansprechpartner

Dr. Christian LautermannLehrstuhl für Unternehmensführung und betriebliche Umweltpolitik, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Tel.: +49 441 798 [email protected]