Bronx, in Harlem und sogar in Was- - tkrpg.de...noch Anfang des zweiten Milleniums auf ihre...

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24 HEADHUNTER_2.0 // Hinter der Fassade So wie wir unsere Erde aus dem frühen 21. Jahrhundert kennen ist sie heute schon lange nicht mehr. Weite Teile von Queens, Hoboken und Jersey wurden von den zu- ständigen Verwaltungen ih- rem Schicksal überlassen. Viele Randgebiete von Manhattan stehen me- terhoch unter Was- ser. In der Bronx, in Harlem und sogar in Was- hington Heights. Diese Teile der Stadt waren zwar noch nicht akut in Gefahr, dennoch wurden sie sich selbst überlassen und nur die Ge- schäftsviertel wurden durch große Dämme vor eventuellen Überflutun- gen geschützt. Mitten in der Stadt verläuft ein großer 20 m hoher Schutzdamm, der nur durch große Schleusentore durchquert werden kann. In den niederen Sektoren der Stadt wurden die Gebäude einfach sich selbst oder dem Wasser überlas- sen und große Straßen wurden ange- hoben oder verlaufen mittlerweile als Highway quer durch die Stadtviertel. Sie wirken wie Teile einer Geisterstadt, die eine hoch- technisierte Stadt umzingelt und das mitten in der Einöde. In den Randgebieten der kapitalisti- schen Hochburg verwittern von Jahr zu Jahr die Fassaden der Klein- städte. Sie bröckeln unter dem Ein- fluss der Natur, die nach und nach diese Gebiete zurückerobert und eine Stimmung wie nach einem Nuk- learunfall erzeugt.

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HEADHUNTER_2.0

// Hinter der Fassade So wie wir unsere Erde aus dem frühen 21. Jahrhundert kennen ist sie heute schon lange nicht mehr. Weite Teile von Queens, Hoboken und Jersey wurden von den zu-ständigen Verwaltungen ih-

rem Schicksal überlassen. Viele Randgebiete von

Manhattan stehen me-terhoch unter Was-

ser. In der

Bronx, in Harlem und sogar in Was-hington Heights. Diese Teile der Stadt waren zwar noch nicht akut in Gefahr, dennoch wurden sie sich selbst überlassen und nur die Ge-schäftsviertel wurden durch große Dämme vor eventuellen Überflutun-gen geschützt. Mitten in der Stadt verläuft ein großer 20 m hoher Schutzdamm, der nur durch große Schleusentore durchquert werden kann. In den niederen Sektoren der Stadt wurden die Gebäude einfach sich selbst oder dem Wasser überlas-sen und große Straßen wurden ange-

hoben oder verlaufen mittlerweile als Highway quer durch die Stadtviertel. Sie wirken wie Teile einer Geisterstadt, die eine hoch-technisierte Stadt umzingelt und das mitten in der Einöde. In den Randgebieten der kapitalisti-

schen Hochburg verwittern von Jahr zu Jahr die Fassaden der Klein-städte. Sie bröckeln unter dem Ein-fluss der Natur, die nach und nach diese Gebiete zurückerobert und eine

Stimmung wie nach einem Nuk-learunfall erzeugt.

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HINTERGRÜNDE

Das Klima ist trocken. Durch die glo-bale Erwärmung sind weite Teile der Landschaft der Austrocknung nahe. Nur bei besiedelten Städten herrscht eine normale bis üppige Vegetation. Aufrechtgehalten durch Brunnen, Flussläufe, oder einfach durch die Menschen selbst, die ihr Viertel nicht der kargen Trockenheit preisgeben wollen oder können. Das spärliche Dach über ihrem Kopf ist alles was sie haben. Dort wo einst saftige Wie-sen und dichte Wälder waren sind heute karge Steppen mit überschau-baren Gehölzen. Dichte Wälder fin-det man nur noch in Höhen von mindestens 2.000 m über dem Mee-resspiegel. Vorzugsweise dort, wo es sehr häufig regnet.

Viele Aktivisten haben damals Aufstände oder Proteste organisiert. Menschen gingen auf die Straße mit

Plakaten, Transparenten und ande-ren Gegenständen, um die Politiker und Gesellschaft aufzurütteln. Doch auch hier war der Arm der Konzerne länger als der Arm der Regierungen. Aufstände und Tumulte wurde mit Wasserwerfern, Schlagstöcken oder gar mit militärischem Gerät

net. Und so wurden viele Gelegen-heiten, das Klima unseres Planeten zu schützen, zu einer Farce. Große Städte entwickelten sich zu Metropo-len und die Menschen fingen an sich aus den Randgebieten zurückzuzie-hen. Sie flüchteten in den beklem-menden Schutz der Mega-Cities. Gi-gantische Städte aus Stahl, Beton und Glas. Bauwerke die Macht und Reich-tum der Konzerne spiegeln, türmen sich dicht an dicht und verdunkeln selbst an wolkenlosen Tagen die Straßen der Stadt. Doch zu dunkel ist es nie. Lichter, Reklamen und das stetige Treiben der Menschen, in ei-ner Stadt die niemals schläft, sor-gen dafür, dass es nur sehr wenige Orte der Ru-he gibt. In den Straßen

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herrscht Korruption und Gewalt. Konzerne ziehen im Hintergrund die Fäden und versuchen sich gegensei-tig durch Sabotage oder Betriebs-spionage vom Markt zu drängen.

Es hat sich eine multikulturelle Gesellschaft entwickelt. Androiden sind offen auf den Straßen anzutref-fen. Sie erledigen Einkäufe und ande-re Besorgungen. Sie werden als Putz-kolonnen oder Terminal Drohnen eingesetzt. Der Straßenverkehr hat sich fast verdoppelt, wobei eine Hälf-te auf den Straßen unterwegs ist und die andere Hälfte in Gleitern ca. Hundert Meter über dem Erdboden. Die damalige Entwicklung von An-tigrav-Pads war dafür eine zwingen-de Errungenschaft, die nachfolgend solche Gleiter ermöglichte. Jedoch ist die Leistung immer noch begrenzt und die theoretische Höchstleistung liegt bei 8.000 m über der Erdoberflä-che. Vereinzelt gibt es noch alte

Triebwerke aus dem vorletz-

ten Jahrhundert, diese sind aber als Oldtimer zu betrachten, sehr schwer und teuer in der Wartung. Die Rake-tentechnik hat sich ebenfalls weite-rentwickelt. Mittlerweile kann der Planet Mars vom Verhältnis her mit bemannten Kapseln erreicht werden. Jedoch fehlen noch die technischen Möglichkeiten, die geforderten Dis-tanzen kostengünstig zurückzulegen, oder eine Schwerkraft auf Weltraum-flügen zu ermöglichen, ohne dass Raumschiffe in Rotation versetzt werden. Jedoch wird immer weiter geforscht und die Antigrav-Pads sind schon ein großer Fortschritt in diese Richtung. Gleiter sind frei erhältlich und schon lang ein begehrtes Fort-bewegungsmittel. Jedoch liegen die Preise für den Normalbürger in uner-reichbarer Höhe.

In Manhattan leben mittler-weile ungefähr 12 Mio. Einwohner. Auch in Manhattan herrscht das Ge-burtengesetz von 2048. Da die Bio-

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HINTERGRÜNDE

technologie und die Cyberware ein längeres Leben ermöglicht, wurde 2048 ein strenges Geburtengesetz erlassen. Jeder Bürger hat bei der Verbindung mit einem Lebenspart-ner ein einmaliges Recht auf Nach-wuchs. Dieses Gesetzt wurde einge-führt, um der drohenden Überbevöl-kerung entgegenzutreten. Ehemalige Ein- oder

Zweifamilienhäuser sind nur noch weit in der Provinz anzutreffen. In einer Mega-City sind maximal Wohnblöcke zu finden, die von ih-rem Größenverhältnis einer Platten-bausiedlung aus dem 21. Jahrhundert ähnelt.

Das Aussehen, Bauqualität und das Ambiente sind natürlich den Anfor-derungen des 22. Jahrhunderts an-geglichen. In den einzelnen Woh-nungen herrscht eine Vielzahl von technologischen Errungenschaften. Bilder werden digital über ein Holo-Patch erzeugt, oder man leistet sich den Luxus eines WinVisDesk (ein virtuelles Fenster) und kann sich schöne Grünlandschaften hochladen. Auch normale Fenster können für den Einen oder anderen eine Art von Luxus sein.

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Zwar hat die Biotechnologie nichts mit Cyberware oder einer anderen Technisierung des menschlichen Körpers zu tun, behaupten Truetolo-gy-Anhänger trotzdem, dass das Nachzüchten von Organen oder Gliedmaßen ein Frevel ist und der Mensch nicht anfangen soll Gott zu spielen. Wenn man jedoch hinter die Kulissen blickt, wird sich ge-rade ein „Truetologe“ eher zur Biotechnologie bekennen, als sich seine beispielhafte Erblin-dung durch Cyberaugen hei-len zu lassen. // Der Unfall, oder die Schattenseiten der Biotechnologie

Unter dem Druck immer weitere Erfolge zu erzie-

len, und den Anforde-rungen des einzelnen

Aktionärs, des Mili-tärs, anderer Regie-

rungen oder dem einfachen End-kunden, machten

sich die Konzern 2128 daran mit Viren und der menschlichen DNA zu expe-rimentieren. Viren die es er-möglichten Cyberware und Bioware auf unterschiedlich-ste Art und Weise miteinan-der zu verschmelzen, Verbes-serungen zu erreichen, Leis-tung zu steigern oder einfach die Verträglichkeit zu garan-tieren. Natürlich drängte das Militär auch auf biologische Waffen. Die Regierungen

dementierten jedoch die Benutzung von biologischen Waffen, das Militär gab kein Kommentar ab und so wur-de die Moral immer mehr vernach-lässigt. Der Mensch als unantastbare

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HINTERGRÜNDE

Gottesschöpfung pervertierte immer mehr zum Forschungsobjekt, un-geachtet der moralischen Grundlage.

2130 ist dann etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen. In einem Forschungslabor brachen mu-tierte Viren aus und binnen kürzester Zeit verbreitete sich das Virus immer mehr in der Bevölkerung. Eine Pan-demie mit katastrophalen Folgen. Ein gezüchtetes Virus ohne Gegenmittel. Was die Konzerne bisher nicht wuss-ten war, dass das Virus nicht nur bei jedem Wechsel des Wirtes dahinge-hend mutierte, das es artübersprin-gend infizierte. Es mutierte auch in der Form seiner Auswirkungen und körperlichen Veränderungen des Or-ganismus in willkürlicher Art und Weise. Wenn ein Infizierter neben Hautausschlag und anderen typi-schen Symptomen geistig mutierte, so mutierte der Nächste körperlich so stark, dass Freunde und Bekannte diesen Menschen nicht mehr als Mensch erkannten. Mehrere Glied-maßen, Klauen, Reiszähne, monströ-se Auswüchse oder andere körperli-chen Mutationen ließen die Opfer in groteske Monster mutieren. Die Mu-tationen waren so ausgeprägt, dass Infizierte nicht nur leistungsfähiger wurden, sondern auch körperliche Veränderungen erlitten. Unterschied-lichste Missbildungen, insektenartige oder monströse Körperformen waren ebenso anzutreffen wie hauptsächlich geistige Veränderungen. Wobei die körperliche Mutation eher unschein-bar ausfiel. Gesteuert vom Virus ha-ben dann diese Mutanten andere Op-fer infiziert, um so eine Reproduktion gewährleisten zu können. Das Virus wollte überleben. Das Militär zog sich zurück und dementierte jede Art von Beteiligung oder Zuständigkeit. Die Konzerne waren die Sündenbö-

cke und mussten Fehler eingestehen, die so manchen einst mächtigen Konzern in den Ruin trieb. Doch es musste gehandelt werden. Das Virus verbreitete sich immer schneller und immer mehr Mutanten zogen durch die Straßen der Städte, immer auf der Suche nach Opfern.

Umso gefährlicher war es, dass die Wissenschaftler nach einiger Zeit erkennen mussten, dass es sogar einen gewissen Grad an Intelligenz aufwies. Nicht im Anfangsstadium. Durch seine Anpassungsfähigkeit bei jedem Wirtswechsel vermuteten die Wissenschaftler dann letzten Endes das Aufkommen eines „intelligenten Virus“, was die Gesamtsituation noch weiter verschlechterte. Die Pandemie ging zwar zurück. Augen-scheinlich war es willkürlich, aber so aggressiv wie es den einen Menschen verschlang und mutieren ließ, umso defensiver verschonte es andere. Bis heute können sich die Forscher dieses Phänomen nicht erklären. Konzerne versuchen immer noch einen Impf-stoff zu finden, nur ob es ihnen ge-lingen wird kann keiner sagen. Was sie wissen ist, dass sie Mutanten brauchen um jede neue Mutation des Virus zu erforschen und verstehen zu können.

Die Konzerne zahlten viel Geld, um diese Subjekte zu bekom-men. Innerhalb der letzten fünf Jahre wurden die Mutanten weitgehend ausgerottet.

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// Die Monarchie Die Monarchie existiert noch. Doch der Prunk ist nicht mehr so angesagt wie noch vor 150 Jahren. Das engli-sche Königshaus sowie die skandi-navischen Königshäuser haben bis heute ihren Stand gehalten. Sie be-stehen letztlich nur noch auch zwei Generationen, verteidigen jedoch ihre Stellung mehr oder weniger erfolg-reich. Kronprinzen und Kronprinzes-sinnen haben ihren Stand zwar nicht vergessen, wandern aber schon seit über hundert Jahren immer wieder in den bürgerlichen Stand ab. Was da-mals nicht ins königliche Protokoll passte, ist heute die letzte Möglich-keit für adligen Nachwuchs zu sor-gen, selbst wenn die Mütter und Vä-ter dieser Sprösslinge eingeheiratet wurden. Aber auch andere Königs-häuser wie das niederländische Kö-nigshaus ist am Trend der Zeit zu Grunde gegangen. Ein Unfall hat die letzten Monarchen des Königshauses dahingerafft und selbst das in den Königsstand heben eines entfernten Verwandten half nicht, den Unter-gang aufzuhalten. Ein weiterer schwerer Schlag in das Gesicht der Monarchie ist der Verlust des bürgerlichen Stolzes auf die eige-ne Monarchie. So stolz die Briten noch Anfang des zweiten Milleniums auf ihre Monarchie waren, umso gleichgültiger sind sie es heute.

Die bekannteste Person der heutigen Monarchie ist König Ed-ward Windsor. Er und die Königin Farris sind heute das amtierende Kö-nigspaar in England. Die Zeiten ha-ben sich stark verändert. Was damals noch ausreichte einfach nur König und Königin zu sein um für das täg-liche Brot zu sorgen, ist heute ein "normaler" Job. Edward sitzt im Auf-sichtsrat von zwei großen Konzernen

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HINTERGRÜNDE

in Mitteleuropa und Farris ist in drei Stiftungen als Geschäftsführerin ein-getragen. Sie haben zwei Söhne. Prinz Charles der 2. und der jüngere Prinz Arthur. Beide sind Ingeneure und leiten die Entwicklung bei einem Technologie- und Chemiekonzern. Beide sind für ihr unrühmliches Ver-halten bekannt und schüren nicht besonders viel Zuneigung in der bürgerlichen Bevölkerung. Fami-lienschätze, teure Anwesen und andere Statussymbole sind an die Regierung oder an Priva-te Investoren veräußert worden um wichtige Im-mobilien wie den Bu-ckingham-Palast weiterhin finanziell tragen zu kön-nen. Doch wie kam es da-zu? Nach den Wahlen zum neuen Premierminis-ter im Jahr 2060, folgten weitreichende Reformen in der Regierungsbildung. Ober und Unterhaus wur-den zusammengelegt und die Gelder für die Monar-chie wurden stufenweise eingestellt. England befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer tiefen Wirtschaftskrise und die Monarchie war die letzte Instanz, die darunter leiden sollte. Heute ist die Mo-narchie nur Repräsentant einer al-ternden Epoche, die in einigen alten Teilen des Landes zurückgewünscht wird. Aber der große Rest der Insel hat den Trend der Zeit erkannt und lebt in dieser neuen Ordnung.