Broschüre Stadtmuseum Oldenburg

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Stadtmuseum Oldenburg Rundgang

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Broschüre für das Stadtmuseum Oldenburg

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Stadtmuseum OldenburgRundgang

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Giebelseite der Francksen Villa(erb. 1877), 2010

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Herzlich willkommen im Stadtmuseum Oldenburg! Wenn Sie durch das Foyer und unseren großen Wechsel­

ausstellungsraum, den Hüppe­Saal, sowie durch die drei sich anschließenden Villen gehen, werden Sie von der Reichhaltigkeit der Sammlungen und der Präsentation der Dauerausstellung überrascht sein. Das Stadtmuseum Oldenburg ist aus der privaten Kunst­ und Geschichts­sammlung des Oldenburger Kunstliebhabers und Mäzens Theodor Francksen entstanden, der 1914 seine Sammlun­gen und seine beiden Villen an der damaligen Rosenstraße der Stadt vererbte. Man sieht den Gebäuden noch immer ihren privaten Ursprung an, und ein Teil der Räume ist so erhalten geblieben, wie Theodor Francksen sie hinterlassen hat. Viele Neuerwerbungen und Schenkungen konnten jedoch auch zusätzlich in das sich wandelnde Gesamtbild integriert werden. Der vorliegende kleine „Rundgang“ durch die Räume der Theodor­Francksen­Stiftung, die Ausstellung zu Leben und Werk Bernhard Winters und die Stadtge­schichtliche Abteilung soll einen Beitrag dazu leisten, dass der Besuch dieses außergewöhnlichen Ensembles zu einem eindrucksvollen Erlebnis wird. Er erleichtert die Orientie­rung in den drei Villen und dient Ihnen als Begleiter.

Dr. Friedrich ScheeleDirektor

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Ballin’sche VillaRaum 26–41

Jürgens’sche VillaRaum 13–25

N

Horst-Janssen-Museum

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Francksen VillaRaum 3–12

Eingang

Raum 2

Raum 1

Café / Shop WC / Kasse

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Graf Anton Günther von Oldenburg (reg. 1603 – 1667)Gemälde (Detail), um 1660

3Graf-Anton-Günther-HalleEntgegen der ursprünglichen Bestimmung als Früh­

stückszimmer der Familie ist der Raum noch von Theodor Francksen selbst und auch später immer wieder um­gewidmet worden. Er präsentiert sich heute historisierend im Stile des prunkvollen niederdeutschen Barock des 17. und 18. Jahrhunderts. Dem entsprechen die nicht tra­gende Balkendecke und die Damast­Wandbespannung sowie die Möbel, Gemälde und anderen Versatzstücke. Raum beherrschend wirkt das sogenannte „Linnenschapp“, ein prächtiger Leinenschrank aus der Mitte des 18. Jahr­hunderts. Die Wände zieren mehrere Gemälde des aus dem Oldenburgischen stammenden und für mehrere Fürsten höfe tätigen Malers Wolfgang Heimbach (ca. 1610 – ca. 1678), dem auch das Portrait des Grafen Anton Günther (1583 – 1667) zugeschrieben wird. Nach diesem, der die Wirren des 30jährigen Krieges von Oldenburg fernhielt und seinem Land eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte bescherte, ist der Raum benannt.

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Detail der oberen Wand­ und Deckenzone1878

Gründerzeitlicher SalonDas ehemalige Wohnzimmer der Familie Francksen

zeigt sich mit seiner farbig gefassten Stuckdecke, den Wandfeldern mit Brokat­Bespannung und dem großen Kachelofen weitgehend noch so, wie es bei Errichtung des Gebäudes im Jahr 1877 ausgestattet wurde. Der Zugang zu dem Wintergarten, der 1966 abgerissen wurde, muss­te jedoch geschlossen und kaschiert werden. Den Fuß­boden, Eichen parkett mit Feldeinteilung, brachte Theodor Franckse n hier wie auch in den übrigen Wohnräumen des Erdgeschosses 1904 neu ein. Insgesamt spiegelt der Raum das gründerzeitliche Repräsentationsbedürfnis oldenbur­gischer Oberschichtsfamilien wider, deren Vermögen und Ansehen sich in den wirtschaftlich prosperierenden Jahren nach Gründung des Deutschen Reiches (1871) noch ver­mehrt hatte. Reichtum und Bildung kommen durch den ein­gebrachten, großformatigen Bilderschmuck zum Ausdruck wie das Gemälde „Adam und Eva finden die Leiche Abels“ von Ernst Hemken (1834 – 1911) und die Portraits der Olden­burger Unternehmerfamilie Hoyer von Christian Griepen­kerl (1839 – 1916), welcher wesentlich an der Ausgestaltung mehrerer Palais’ der Wiener Ringstraße beteiligt war.

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Skulpturiertes Eckdetail des Spiegelkonsoltisches1904

5Weißer SalonUnverändert und ohne Substanzverlust erhalten hat

sich das Raumensemble, das sich Theodor Francksen für die Neugestaltung des größten Wohnraums seines Eltern­hauses 1904/05 einheitlich im Sinne des Rokoko planen ließ. Der plastische Dekor von Wand­ und Deckenzonen ist in Gips und der aufwändigen Technik des Stukkolustro (glänzender Stuck) ausgeführt. Die Zweiflügeltüren und Möbel sind mit Schleiflack weiß gefasst, die Sitzmöbel mit rotem Seidendamast überzogen. Durch das vorherr­schende Weiß des Raumes im Verbund mit den Teilver­goldungen entsteht eine geradezu höfische Atmosphäre. Ganz im Sinne des Historismus ist so in Anlehnung an das Rokoko des 18. Jahrhunderts ein Raum für festliche Empfänge und Diners geschaffen worden, der das Reprä­sentationsbedürfnis des gehobenen Bürgertums und dessen Orientierung an der Hofkultur in der Residenzstadt Oldenburg verdeutlicht.

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6Flur und TreppenhausSämtliche Raumteile, das äußere Treppenhaus mit dem

ehemaligen Eingangsbereich, der zentrale Flurraum und das ins Obergeschoss führende innere Treppenhaus mit dem prächtigen Metallgeländer, sind in antikisierendem Stil gestaltet. Bereits im ehemaligen Eingangsbereich fand sich der Besucher durch zwei Szenen aus dem Parthenon­Fries mit dem historisierenden Rückgriff auf die Antike kon­frontiert. Dieser setzt sich im plastischen Dekor fort: Lyren, Deckelgefäße und Amphoren in der oberen Wandzone des Flures. Der helle Wandanstrich mit den Goldhöhunge n bewirkte zudem den ganz offensichtlich angestrebten repräsentativen Gesamteindruck und ließ keinen Zweifel am Bildungsstand und Vermögen des Hausherrn. Entsprechend der Raumgestaltung sind Gemälde oldenburgischer Künst­ler des ausgehenden 18. und 19. Jahrhunderts eingebracht, die während ihrer langjährigen Aufenthalte in Italien und Griechenland klassische Landschaftsszenen zum Bildmotiv wählten. Vertreten sind unter anderem Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751 – 1829) mit einer verkleinernden Ko­pie eines Gemäldes von Claude Lorrain (1600 – 1682), das heute im Buckingham Palace hängt, Ludwig Philipp Strack (1769 – 1836) und Ernst Willers (1801 – 1880).

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7EmpfangssalonGegenüber dem heute nicht mehr genutzten Eingang­

streppenhaus befindet sich die Räumlichkeit, die zu Zeiten von Theodor Francksen dem Besucherempfang diente – mit Zugang zur Toiletteneinrichtung und zu einem Wandtresor. Wie die Stuckaturen der Decke verdeutlichen, war ursprüng­lich eine am Jugendstil orientierte Raumgestaltung vorge­sehen. Endgültig umgesetzt wurde jedoch eine Ausstattung im antikisierend­klassizistischen Stil des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Der Raum nimmt gegenwärtig eine Prä­sentation oldenburgischer Landschaftsmalerei auf, die sich seit den 1880er Jahren parallel zur Malerei Worpsweder Künstler entwickelte. Vertreten sind: Gerhard Bakenhus (1860 – 1939), Paul Müller­Kaempff (1861 – 1941), Richard tom Dieck (1862 – 1943) und Georg Bernhard Müller vom Siel (1865 – 1939) sowie die Bakenhus­Schüler Wilhelm Kempin (1885 – 1951) und Hermann Böcker (1890 – 1978).

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Fayence­Walzenkrüge mit Zinnmontierung18./ 19. Jh.

TrinkzimmerTheodor Francksens Plan, die zum Garten weisende

Hausseite über diesen Raum zu öffnen und mit einer Frei­treppe zu versehen, konnte krankheitsbedingt nicht mehr verwirklicht werden. Erhalten hat sich so die 1912 umgesetz­te Raumgestaltung im Stil des ländlichen niederdeutschen Barock des 18. Jahrhunderts mittels umgenutzter Sitzmöbel (Truhe: 1668; Rücklehnenfeld: 1740), Schlichtheit vorge­bender Rupfen­Wandsockel­Bespannung und bäuerlichem Kleiderschrank (um 1760). Eingebracht findet sich eine kleine, aber ansprechende Sammlung von Bierkrügen und Trinkgläsern aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert sowie Bildwerke und Sammelstücke mit maritimem Bezug.

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„Florence“Marmorskulptur von P. Barzanti, um 1860

Roter SalonDer Raum wurde historisierend im Sinne des Olden­

burger Spätklassizismus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts wesentlich erst nach Theodor Francksens Tod gestaltet und eingerichtet, stimmt gleichwohl mit dessen Gestaltungs­ideen überein. Die stuckierte Decke mit Teilvergoldung ist noch original. Zahlreiche der eingebrachten Kunstwerke und Versatzstücke sind im übrigen von ihm erworben worden – so das den Raumeindruck beherrschende Gemälde „Land­schaft in der Campagna“ von Ernst Willers (1801 – 1880) und die aus Eschenholz gefertigte, furnierte Kommode mit aufgesetztem Halbrundschub um 1815. Weitere Gegen­stände verdanken sich Oldenburger Bürgerschenkungen, wie der klassizistische, mit Fackel­Dekor und Säulen gezierte Kleiderschrank aus dem Oldenburgischen um 1845.

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Schwarzfiguriges Vasenbildum 530 – 520 v. Chr.

AntikensammlungIm Obergeschoss der Francksen­Villa befanden sich zu

Lebzeiten des Hausherrn die privaten Räume, die in der Folgezeit (mit Ausnahme des Arbeitszimmers, Raum 11) wechselnde Nutzungen erfuhren. Als Relikt der hier von 1958 bis 1986 aufgestellten stadtgeschichtlichen Abteilung findet sich beim Treppenaufgang die großflächige Wieder­gabe des Stammbaums der Grafen, Herzöge und Großher­zöge von Oldenburg. Seit 1990, als das 75jährige Bestehen des Museums gefeiert werden konnte, wird in Raum 10 die kleine, aber doch beachtliche Sammlung von über 100 antiken Vasen und Terrakotten vom 7. vorchristlichen bis 3. nachchristlichen Jahrhundert präsentiert. Im Ursprung auf die Sammeltätigkeit Theodor Francksens zurückgehend, der antike Gefäße und Plastiken überwiegend auf seinen Italienreisen erwarb, konnte der Bestand nach seinem Tod durch Schenkungen und Ankäufe erweitert werden, so dass die Sammlung einen guten Überblick über die griechische und römische Vasenmalerei vermitteln kann. Insgesamt gesehen verweist die Antikensammlung des Stadtmuseums auf die intensive Beschäftigung weiter Kreise des Bildungs­bürgertums zu Zeiten Theodor Francksens mit der Kultur des klassischen Altertums.

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Bücherschrank (Detail)1904

Jugendstil-ArbeitszimmerIn unverändertem Zustand geblieben ist das Arbeitszim­

mer, das Theodor Francksen 1903/04 einrichten ließ. Das Raumensemble, bestehend aus Bücherschränken, Schreib­tisch, Sitzmöbeln, Marmor­Kamin und Holzvertäfelungen, ist einheitlich in Jugendstilformen gestaltet. Passend dazu finden sich die Ornamente und Dekorationen mit Liebe zum Detail ausgeführt. So veranschaulichen die vier Stu­ckaturen in den Deckenzwickeln (Vogelnest, Eichhörnchen, Leseratte, Eule) symbolhaft die Eigenschaften des Haus­herrn: Mildtätigkeit, Sammelleidenschaft, Wissbegierde und Klugheit. Besonderen Aussagewert hat der Bilderschmuck, nämlich drei von dem Oldenburger Künstler Ludwig Fisch­beck (1866 – 1954) gefertigte und mit der Wandverkleidung verbundene Gemälde: Über dem Kamin ein Blick auf den Golf von Neapel und den Vesuv, über den Türen Ansichten der beiden Francksen­Erbhöfe in der Wesermarsch. Diese bewusst angebrachte, bildhafte Gegenüberstellung mar­kiert die beiden Lebens pole, zwischen denen sich Theodor Francksen in seinem nur 39jährigen Leben bewegte: Dort das Fernweh, die sprichwörtliche Sehnsucht nach Italien, die Weltoffenheit – und hier der Wertekonservatismus, die Bodenständigkeit, die Liebe zur Oldenburgischen Heimat.

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„Psyche“Gipsplastik von F. A. Högl, um 1810

ZwischentraktDurch den Erwerb der benachbarten Jürgens’schen Villa

bot sich Theodor Francksen 1908 die Möglichkeit, weitere Raumensembles zu schaffen und beide Häuser mit einem Zwischentrakt zu verbinden. Die Gestaltung lehnte sich dabei mit ihrer antikisierenden Innendekoration an die repräsentativen Dekorationsformen des Flures der Franck­sen­Villa an. Bemerkenswert ist der geschickt angelegte Tageslichteinfall, zum einen durch die gewölbte Oberlicht­verglasung, zum anderen durch die auf den ersten Blick nicht erkennbaren Seitenfenster des eingeschobenen Mittelpavillons, dessen vier hohe Konsolspiegel das auf ­ treffende Licht eigentümlich brechen. Der ansonsten fenster lose, langgestreckte Raum gewinnt so die Qualität eines eleganten Galerietraktes mit großzügiger Hänge­fläche. Eingebracht finden sich Landschaftsgemälde u. a. von Ernst Willers (1801 – 1880), Heinrich Petersen­Angeln (1830 – 1906), Wilhelm Degode (1862 – 1931), Carl Vinnen (1863 – 1922) und Hugo Duphorn (1876 – 1909). Den besonderen Blickfang bildet die in der Mittelachse aufge­stellte, antikisierte Plastik der Psyche (Personifizierung der geflügelten Seele), die dem Oldenburger Bildhauer Franz Anton Högl (1769 – 1859) zugeschrieben wird.

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„Mansholter Eiche“Gemälde (Detail) von L. Ph. Strack, 1832

Grüner SalonDer Übergangsraum zur 1908 hinzu erworbenen

Jürgens’schen Villa ist um 1910 historisierend im Stile des Klassizismus des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts mit Eichenparkett, grüner Damast­Wandfeldbespannung, gefasster Vertäfelung der Wandsockelzone und Stuckdecke mit Teilvergoldungen gestaltet worden. Die von Theodor Francksen ursprünglich eingebrachte Portraitgrafik wurde aus konservatorischen Gründen zugunsten einer kleinen Kollektion von Gemälden Oldenburger Künstler, u. a. Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751 – 1829), Ludwig Philipp Strack (1761 – 1836) und Helene Strack (1798 – 1853), ver­ändert. Zusammen mit weiteren Ausstattungs­ und Versatz­stücken in klassizistischer Formgebung ergibt sich so ein stimmiger Raumeindruck der Zeit um 1800.

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Detail des Kachelofen­BildschmucksDelft (?), um 1780

Blauer SalonWie die stuckierte, teilvergoldete Deckendekorierung

verdeutlicht, wurde im Blauen Salon ursprünglich an eine historisierende Raumausstattung im Stil des Klassizismus der Zeit um 1800 gedacht. Der Blick heischende Delfter (?) Kachelofen aus der Zeit um 1750, der Historismus­Murano­Glaslüster in der Formgebung des 18. Jahrhunderts, die Porzellane und Fayencen aus China und Holland veran­schaulichen die Beliebtheit importierter Kunstprodukte in oberschichtigen Kreisen des 19. Jahrhunderts. Die blauen Fenstervorhänge sind noch original, während die wohl ebenso in einem blauen Farbton gehalten gewesene textile Wandbespannung vergangen ist. Mit den eingebrachten Ausstattungsstücken wird ein Raumeindruck des allgemein­niederdeutschen 18. Jahrhunderts, der Zeit des Barock und Rokoko, zu erreichen gesucht.

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Beschlagdetail der KoffertruheMessing, 1730

Ammerländer ZimmerMit den eingebrachten Ausstattungs­ und Versatz­

stücken, die einen Raumeindruck des ammerländischen 18. Jahrhunderts entstehen lassen, wird versucht, bäuerli­ches Lebensgefühl in den bürgerlichen Bereich zu über­tragen. Gerade zu Lebzeiten Theodor Francksens hatte die Moderne mit ihren industriell gefertigten Produkten verstärkt Einzug in die ländlich geprägten Regionen rund um Oldenburg gehalten und ersetzte vielfach altes, über­kommenes Mobiliar, das interessierte Sammler bürgerlicher Kreise gern aufnahmen. Dazu gehört als Großmöbel ein sogenannter „Prahlhans“ (Eichenschrank mit geschlosse­nem Unterbau und einsichtigem Aufsatzteil mit Sprossen­werk, um 1780), ein Brotschrank mit Tulpendekor (1720), sogenannte „Buddeleien“ (Hängeschränkchen, um 1800), Truhen (17. – 19. Jh.) und ein aus gusseisernen Platten zusammengesetzter sogenannter „Bültofen“ (1768).

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Großherzog Paul Friedrich August von Oldenburg (reg. 1829 – 1853)Gemälde (Detail), 1853

FürstenzimmerDie Gestaltung des Raumes hat sich mit dem Eichen­

Palisander­Parkett, der hölzernen Wandsockelverkleidung, der Seidendamast­Wandbespannung, dem Marmor­Kamin, dem Kristall­Lüster und der stuckierten, teilvergoldeten Decke noch weitgehend so erhalten, wie sie von Theodor Francksen um 1910 vorgenommen worden war. Insgesamt ergibt sich eine absichtsvoll noble, historisierend an den Formen der Barockzeit (17./18. Jahrhundert) orientierte Raumhülle für die eingebrachten Bildnisse der Oldenbur­ger Herzöge und Großherzöge: Peter Friedrich Ludwig (reg. 1785 – 1829), Paul Friedrich August (reg. 1829 – 1853), Nikolaus Friedrich Peter (reg. 1853 – 1900) und Friedrich August (reg. 1900 – 1918). Sie stammen u. a. von der Hand der Oldenburger Künstler Richard Flatters (1822 – 1876), Wilhelm Graupenstein (1828 – 1897), August tom Dieck (1831 – 1893) und Carl Langhorst (1867 – 1950). Das hinzu­gefügte, gegen 1812 von Orest Adamowitsch Kiprenski (1782 – 1836) gemalte Portrait zeigt den Bruder von Groß­herzog Paul Friedrich August, Prinz Peter Friedrich Georg (1784 – 1812), der mit einer Schwester Zar Alexanders I. verheiratet war und die russische Linie der Oldenburger begründete (erloschen 1924).

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Detail der sogenannten „Richtebank“1701

Rote HalleHier feierte Theodor Francksen am 24. September 1910

im Verwandten­ und Freundeskreis die Einweihung seines Privatmuseums. Der Raum hat sich mit seinem Eichen­parkett mit Eschen­ und Palisandereinlagen, seiner Feldein­teilung der unteren Wandzone mit Seidendamast­Bespan­nung, dem gemalten Fries in der oberen Wandzone, seiner Kassettendecke (Holznachahmung in Stuck, bemalt und teilvergoldet), seiner Fensterdekoration und ­Verglasung noch im originalen Zustand erhalten. Er wurde in historisti­schem Zugriff auf den Stil der niederdeutschen Spätrenais­sance und des norddeutschen Frühbarock gestaltet. Bemer­kenswert von den eingebrachten Ausstattungsstücken sind die eichene Anrichte („Richtebank“, 1701) mit verschiede­nen Gebrauchsgegenständen aus Zinn (Norddeutschland, 17./18. Jh.) und Fayence­ und Porzellan­Tellern und ­Platten (Holland, China; 17./18. Jh.), die Truhen (1701/18. Jh.) sowie das Pieter Leermans (1655 – 1706) zugeschriebene Gemälde „Die kleine Prinzessin“ (um 1680) und die von dem Konservator der großherzoglichen Gemäldegalerie Friedrich Sophus Diedrichs (1817 – 1893) um 1870 gefertigte Kopie eines vermeintlichen Rembrandt­Gemäldes (Alter Rabbiner, 1630/40).

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Skulpturierter TreppenhandlaufHolz, wohl 1910

TreppenhausZum Obergeschoss der Jürgens’schen Villa führt das

Treppenhaus mit Bildnissen Oldenburger Persönlichkeiten, die das geistige Leben in Stadt und Land im 19. und frühen 20. Jahrhundert wesentlich mit beeinflussten: Anton Georg Hollmann (1756 – 1831), seit 1805 Generalsuperintendent, einer der maßgebenden Theologen im Herzogtum (Gemäl­de von G. Oetken, 1828) – Ludwig Starklof (1789 – 1850), Schriftsteller und Theaterintendant (Gemälde von G. F.Schoener, um 1835) – Wilhelm von Busch (1868 – 1940), Chefredakteur der „Nachrichten für Stadt und Land“ (Gemälde von B. Winter, 1933) – Franz Poppe (1834 – 1915), Lehrer, Schriftsteller und Heimatdichter (Gemälde von W. Kricheldorff, 1908) – Dr. Gustav Rüthning (1854 – 1944), Gymnasialprofessor, Historiker, Bearbeiter Oldenburgischer Urkundenbücher (Gemälde von B. Winter, 1927) – Dr. Wil­helm Wisser (1843 – 1935), Gymnasialprofessor, Sammler plattdeutscher Märchen (Gemälde von B. Winter, 1911) – Großherzogin Caecilie von Oldenburg (1807 – 1844), Kom­ponistin der Volkshymne „Heil dir, o Oldenburg!“ (Gemälde von C. Baumbach, 1838)

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Haarbild­Detail1. Hälfte 19. Jh.

BiedermeierzimmerDas von Südwesten durch die vergleichsweise große,

mit luftigen Stores dekorierte Fensterfläche einfallende Tageslicht erzeugt mit der hell gemusterten Tapete und der stuckierten und teilvergoldeten Decke eine heitere Raum­atmosphäre. Verstärkt wird dies noch durch die hellen, holzsichtigen Möbel (Kirschbaum 1820/40). Zusammen mit den weiteren Ausstattungs­ und Versatzstücken ergibt sich eine stilistisch stimmige Einheit, die, um 1910 gestal­tet, historisierend die Biedermeierzeit der Jahre 1815 bis 1848 in den Blick nimmt. Damit harmonieren die Gemäld e „Ansicht von Wangerooge“ von Ludwig Philipp Strack (1769 – 1836) um 1830 und die spätbiedermeierlichen Por­traits und Stillleben von Wilhelmine Mehrens (1811 – 1875). Eine Besonderheit stellen die zeittypischen Haarbilder dar, aus Formdraht und menschlichem Haar hergestellte dreidimensionale Gebilde. Wie die Beispiele zeigen, wurden anstelle von Haaren auch andere Materialien verwendet: Gewürznelken, Kaffeebohnen, gefärbte Reiskörner. Mit Aufkommen der Fotografie geriet dieser bürgerliche Wand­schmuck aus der Mode.

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Kinderkarussell (Detail)um 1910

KinderzimmerDie Nutzung der kleinflächigen, vom Biedermeierzim­

mer abgehenden Abseite zu Zeiten von Theodor Francksen ist nicht überliefert. Sie diente später zur Aufnahme einer auf die Jagd bezogenen Teilsammlung (Jagdzimmer) und wurde danach in ihrer Wanddekoration stilistisch der Zeit um 1900 angepasst. Gegenwärtig präsentiert sich hier eine Auswahl der museumseigenen Sammlung an historischem Kinderspielzeug von der Biedermeierzeit bis in die 1920er Jahre: u. a. Gliederpuppen mit Porzellan­Kopf, Zinnfiguren, selbst gefertigtes Spielgerät wie ein Miniatur­Kirmes­karussell (um 1910) und ein großes Puppenstubenhaus.

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Oldenburger WohnzimmerBedingt durch seinen Gesundheitszustand, wurde die

Gestaltung und ­nutzung dieses Raumes durch Theodor Francksen nicht abschließend festgelegt und erfuhr in der Folgezeit immer wieder Veränderungen. Die gegenwärtig eingebrachten Ausstattungs­ und Versatzstücke veran­schaulichen bürgerliche Wohnkultur in Oldenburg von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis um 1900, was die Weiter­ und Umnutzung auch älteren Mobiliars mit einschloss. Dies entspricht genau dem Zeitabschnitt, in dem der Typ des zweigeschossigen Giebelhauses mit Kniestock­Ober­geschoss und Dachschräge in der Stadt Oldenburg und der Region bevorzugt errichtet wurde (Oldenburger Hunde­hütte) und dem auch die Jürgens’sche Villa (Baujahr 1853) angehört. Zusammen mit den Gemälden, u. a. von Wilhel­mine Mehrens (1811 – 1875), Heinrich Schilking (1815 – 1895) und dem bekannten Pferdemaler Emil Volkers (1831 – 1905), ergibt sich so eine bewusst zufällig arrangierte, auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts gerichtete Oldenburgica­Sammlung.

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MusikzimmerDie kleinflächige, vom Oldenburger Wohnzimmer

zugängliche Abseite ist mit Gegenständen und Bildwerken ausgestattet, die sich dem Thema Musik widmen: Verschie­dene Instrumente, wie das Klavier (kleiner Stand­Flügel von J. G. Irmler/Leipzig, um 1860) oder die Harfe (soge­nannten Hakenharfe, angeblich aus dem Besitz der letzten Fürstin von Ostfriesland, um 1700), verweisen zusammen mit den Gemälden „Hauskonzert“ (Anonym, um 1700) und den drei motivischen Variationen zum Thema „Liebes­lied“ (1887) von Arthur Fitger (1840 – 1909) darauf, dass die Pflege der Musik auch im Oldenburger Bürgertum weit verbreitet war.

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Bücherschrank­Detail1909

Theodor-Francksen-BibliothekIn unverändertem Zustand geblieben ist das Bibliotheks­

zimmer, das Theodor Francksen 1909/10 einrichten ließ. Das Raumensemble, bestehend aus teils verglasten Bücherschränken, die den Wandablauf vollständig füllen und die beiden Türen mit einbeziehen, sowie einem runden Büchertisch und zwei ledergepolsterten Benutzersesseln, ist in einer für die Zeit um 1910 typischen Weise unter Rückgriff auf verschiedene zeitgenössische Stile gestaltet: Hauptsächlich am englischen Edwardian­Style orientiert, zeigen sich „altdeutsche Bezüge“ (an den eisernen, patinier­ten Beschlägen) und verhaltene Jugendstilformen (an den hellen, holzsichtigen Einlegearbeiten). Eingebracht finden sich gegenwärtig schöngeistige Werke und Bücher der „Alten Museumsbibliothek“ aus mehreren Wissensgebieten. Sie stammen neben den Exemplaren Theodor Francksens aus verschiedenen, dem Museum geschenkten Bücher­sammlungen, u. a. des Journalisten, Theaterkritikers und Ol­denburger Literaturpapsts Richard Hamel (1853 – 1924), des Malers und Konservators Richard tom Dieck (1862 – 1943) und des Malers Bernhard Winter (1871 – 1964) und sind folglich vom Geschmack und der Neigung ihrer Vorbesitzer geprägt.

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Theodor-Francksen-ZimmerDie Bibliotheks­Abseite dient heute zur Aufnahme und

Präsentation von verschiedenen Dokumenten, die an den Sammler, Mäzen und Museumsstifter Theodor Francksen (1875 – 1914) und sein Familien­Umfeld erinnern. Insbeson­dere verdeutlichen erhalten gebliebene Entwurfszeich­nungen, wie aufwendig und intensiv er die Um­ und Aus­gestaltung seiner Innenräume vorbereiten ließ. Anhand der ausgestellten Entwürfe zur Bibliotheks­Wandabwicklung kann das unmittelbar abgelesen und mit der realisierten Umsetzung nebenan verglichen werden.

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Vorhalle und EingangstreppenhausDas 1909/10 aufwändig neu gestaltete Eingangs­

treppenhaus im Stil des auf die Antike gerichteten Olden­burger Spätklassizismus weist edle Materialien wie hellen Marmor, gemalte Wandfelder und Vergoldungen auf. Entsprechend dem Eingangsbereich der Francksen­Villa (Raum 6) sollte auch hier der repräsentative Gesamtein­druck keinen Zweifel am Bildungsstand und Vermögen des Hausherrn aufkommen lassen. – Im Kontrast hierzu ist die Vorhalle „altdeutsch“ gestaltet mit der nicht tragen­den Balkendecke, der „bäuerlichen“ Dekorationsmalerei in der oberen Wandzone und den roten Bodenfliesen. Den Raum beherrschend präsentiert sich das Triptychon „Die Bereitung des Flachses“ von Bernhard Winter (1871 – 1964), das Theodor Francksen kurz nach seiner Entstehung (1905/06) erwarb und das als eindrückliches Zeugnis der nieder deutschen Heimatkunstbewegung gilt: Mit geradezu sakralem Pathos ist hier, in Zeiten zunehmender Industria­lisierung, als traditionelle Familienstrukturen in agrarisch geprägten Regionen unter Druck gerieten und englische Import­Baumwolle die Textil­Produktion längst beherrschte, die überkommene Leinen­Herstellung im Kreis der (heili­gen) bäuerlichen Groß­Familie ins Bild gehoben.

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Bernhard WinterSelbstportrait, 1901

Bernhard Winter – BiografieDer Übergangsraum wurde 1983 hergestellt, um die neu

hinzuerworbene Ballin’sche Villa mit der Jürgens’schen Villa zu verbinden und in den Rundgang durch die Museums­gebäude einzubeziehen. Der Raum stellt den Auftakt zu einer Abfolge von Präsentationen dar (Raum 26 – 31), die dem Maler Bernhard Winter (1871 – 1964) gewidmet sind. Mit ihm, der neben anderen hohen Auszeichnungen 1903 den Professorentitel durch den Großherzog und anlässlich seines 90. Geburtstages 1961 die Ehrenbürgerwürde seiner Heimatstadt Oldenburg erhielt, begegnet uns die heraus­ragende Künstlerpersönlichkeit während der Jahrzehnte vom Ende des 19. bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts in Stadt und Land Oldenburg. Entsprechend seiner Verfü­gung gingen die Gegenstände der nach ihm benannten Stiftung, sein Vermögen, der immobile wie mobile Besitz und der künstlerische Nachlass, 1964 in das Eigentum der Stadt Oldenburg über und werden seitdem vom Stadt­museum bewahrt und gepflegt.

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Bernhard Winter – Genres und SpartenUrsprünglich Privathaus, war die Ballin’sche Villa nach

dem Zweiten Weltkrieg für fast 25 Jahre als bürgerliches Gasthaus („Haus Hassenbürger“) genutzt worden. Bei der Herrichtung zu Museumszwecken 1984/86 konnte vielfach der Umbau­ und Ausstattungszustand von 1908 freigelegt und die ursprüngliche historistische Gestaltung erhalten werden. Eingebracht finden sich Möbel aus Wohnhaus und Atelier des Malers Bernhard Winter: sein Farbenschrank, die Koffertruhe, Tisch und Armlehnstuhl, die er allesamt in dem ausgestellten Gemälde einer Wesermarschbäuerin als Vor lagenobjekte einbrachte. Raumschwerpunkt ist die Viel­falt seiner künstlerischen Betätigungsfelder: Er zeichnete, radierte, aquarellierte und fotografierte, schuf einfühlsame Porträts in Ölmalerei und Pastell, verfertigte seiner nieder­deutschen Heimat verpflichtete Historien­ und Volksleben­bilder, auch als Wandputzbilder, und erlangte so mit seiner realistischen Genauigkeit große Wertschätzung bei seinem überwiegend bürgerlichen, national­konservativen Publikum.

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Bernhard Winter bei der Arbeit an einem WandbildFoto, 1939

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Helene KnocheGemälde von Bernhard Winter, 1927

Bernhard Winter – PorträtkunstDer repräsentativste Raum der Ballin’schen Villa ist in

„altdeutscher“ Anmutung mit dunklen Wandpaneelen, gedrechselten Säulen mit Schnitzwerk und bleiverglaster Fensterfront versehen. Er ist dem vornehmlichsten Genre der Bernhard Winter’schen Kunst gewidmet, seiner Porträt­malerei. Neben den Historien­ und Volkslebenbildern waren es vor allem die Porträts von seiner Hand, Zeichnungen, Pastelle, insbesondere die Arbeiten in Öl, die seinen künstlerischen Ruf in der Region und im norddeutschen Raum begründeten. Ausgehend von ersten Aufträgen für die großherzogliche Familie und Angehörige der städtischen Oberschicht noch während der Akademiezeit, erarbeite er sich eine weithin konkurrenzlose Stellung im Porträtfach. Mehrwöchige Arbeitsaufträge führten ihn bis nach West­preußen (Danzig) und in die Niederlande. Bis ins hohe Alter künstlerisch tätig, blieb er der Porträtist des Oldenburger Bürgertums. Ausgestellt finden sich, zusammen mit Mobiliar des ehemaligen Winter’schen Wohnhauses in der Dobbenstraße, Bildnisse namhafter Oldenburger und Oldenburgerinnen aus den 1890er bis 1940er Jahren.

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Detail der Anrichten­Zinngeräte18./19. Jh.

Bernhard Winter – VolkskundeSchon in seiner Akademiezeit hatte Bernhard Winter

den Plan gefasst, überkommenes bäuerliches Leben seiner oldenburgischen Heimat, Arbeitsalltag wie Festtagsbräuche, angesichts einer im Industriezeitalter sich rasch verän­dernden Arbeits­ und Lebenswelt, festzuhalten und künstle­risch zu dokumentieren. Seine Recherchen im Umland und Erkundungen vor Ort führten zu vielfältigen Kontakten. Aus ihnen ergaben sich Anregungen für die eigene Bildproduk­tion, grundlegende Informationen für eigene volkskundliche Publikationen, weitere Porträtaufträge aus der ländlichen Oberschicht und nicht zuletzt auch die Möglichkeit, die eigene Sammlung volkskundlicher Gegenstände zu erwei­tern. Aus dem umfänglichen Sammlungsbestand wird in diesem Raum eine kleine Auswahl geboten. Sie reicht vom bäuerlichen Eichenmöbel über Gerätschaften aus Zinn und Messing bis hin zu Vitrinenobjekten. Zahlreiche dieser Gegenstände hat Bernhard Winter immer wieder, ganz im Sinne einer Vorbildersammlung, genutzt und in seinen Gemälden abgebildet, wie sich an Details des großforma­tigen, historisierenden „Bauerntanz aus alter Zeit“ (1904) leicht ablesen lässt.

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Salonmöbel mit Wedgewood­Applikationum 1910

Bernhard Winter – DamenzimmerZu der herausgehobenen Position, die Bernhard Winter

recht früh als anerkannter Künstler und geschätztes Mit­glied der Oldenburger Gesellschaft einnehmen konnte, fügt sich, dass er, der Malermeistersohn, 1904, im Alter von 33 Jahren und gerade mit dem Professorentitel geehrt, die Tochter Martha des einflussreichen Ökonomierates und Landtags(vize)präsidenten Wilhelm Schröder heiratete. Die Ehe, von inniger Zuneigung getragen, blieb kinderlos. Von den zahlreichen bildlichen Darstellungen, die Bernhard Winter von seiner Ehefrau schuf, sind in diesem Raum, neben anderen einfühlsamen Porträts weiblicher Personen aus dem Freundes­ und Verwandtenkreis, einige Beispiele gegeben. Darunter an prominenter Stelle Martha Winter (1878 – 1960) in lebensgroßer Ganzfigur im Hochzeitskleid. Eingebracht finden sich zudem Jugendstil­Möbel, um 1910, aus dem Winter’schen Wohnhaus, einheitlich gestaltet und mit blau­weißen Wedgwood­Porzellanen dekoriert. Der mündlichen Überlieferung zufolge hatte sich Bernhard Winter diese Möbel als Teil­Honorar für mehrere Porträts von dem Auftraggeber, einer niederländischen Hoteliers­familie, als Mitbringsel für seine Frau erbeten.

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Die MagistratssitzungGemälde (Detail) von Bernhard Winter, 1941

Bernhard Winter – Der ZeitzeugeMit seinen Historien­ und Volkslebenbildern, in denen er

ferner zurückliegende Zeiten dokumentierte, hatte Bernhard Winter zu beeindrucken gewusst und frühe Erfolge erzielt. Manches ist heute kritisch zu sehen: seine harmonisierende Glättung, seine Konzentration auf die ländlichen Ober­schichten, die immanente Idealisierung und Überhöhung bäuerlicher Arbeit. Ausdrücklich hiervon ausgenommen sind seine teils vielfigurigen Porträts zeitgenössischer Situ­ ationen und Begebenheiten, mit denen er über fotogra­fische Genauigkeit hinaus die Charakterzüge der Darge­stellten und die Eigenheiten der Umgebung festzuhalten wusste. Aus der Vielzahl seiner Werke finden sich hier im ehemaligen Flurraum der Ballin’schen Villa einige großfor­matige Gemälde präsentiert, die allesamt den einfühlsamen Zeitzeugen veranschaulichen. Zugleich ergibt sich so „ein eindrucksvoller Einblick in das kulturelle Leben der Resi­denzstadt Oldenburg, gespiegelt durch das konservative Bewusstsein der bürgerlichen und ländlichen Schichten, die die Gesellschaft zwischen Jahrhundertwende und Zweitem Weltkrieg prägten und denen sich Bernhard Winter zugehö­rig und verbunden fühlte“ (Ewald Gäßler).

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Treppenhaus und oberer FlurDie Hinführung zur Stadtgeschichtlichen Abteilung im

Obergeschoss der Ballin’schen Villa wird eingestimmt mit Stadtansichten und Landkarten: Das Treppenhaus zieren unter anderem Gemälde von Anna Martens (1878 – 1964), Hugo Zieger (1864 – 1932) und Rolf Erasmus Höfer (1910 – 1992) mit Blicken auf die Stadt Oldenburg von ver­schiedenen Standorten. Im oberen Flurbereich veranschau­licht eine Auswahl von 22 Landkarten vom Ende des 16. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts die zunehmende Zentral­funktion der Stadt Oldenburg im nordwestlichen Deutsch­land: von der kleinen Grafenresidenz über die Residenz­ und Hauptstadt im Großherzogtum zur Landeshauptstadt eines gleichnamigen Landes, das dann 1946 im Bundesland Niedersachsen aufging.

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Oldenburg „um 800“ – Frühe BesiedlungAusweislich der Bodenfunde liegt die Keimzelle der

späteren Stadt Oldenburg im Bereich des Marktes sowie unmittelbar nördlich und östlich davon und reicht bis in das 8., vielleicht gar 7. Jahrhundert zurück. Das „Schichten­profil“, das nach Befunden der Altstadtgrabung von 1964/65 angefertigt wurde, verdeutlicht beispielhaft die Abfolge mit­telalterlicher Siedlungshorizonte bis auf den anstehenden Sandboden (Geest). Diese Untergrundbeschaffenheit findet sich in dem topographischen Modell „um 800“ als heller gefärbte Fläche markiert. Hier, am Zusammenfluss von Hunte und Haaren, auf dem hochwasserfreien Geestrand, befand sich die kleine Siedlung in verkehrsgünstiger Lage – unweit der Hunte­Furt und an dem Fernhandelsweg ins Friesische. Neueren Erkenntnissen zufolge ist der im Modell wiedergegebene Ringwall identisch mit dem „Hei­denwall“ und liegt in Wahrheit, Hunte abwärts, außerhalb des Modellausschnitts. – Die Gouachen von Bernhard Neteler (1925 – 2003) rekonstruieren Szenen aus der frühen Geschichte Oldenburgs, die von der hier seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ansässigen Adelssippe, den Grafen von Oldenburg, entscheidend geprägt wurde. Zum Jahre 1108 wird der Name Oldenburg („Aldenburg“) erst­mals urkundlich überliefert.

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Stadtmodell „um 1350“(Detail)

Stadtgeschichte „um 1350“ – Stadt und RechtBis zur Mitte des 14. Jahrhunderts hatte sich Oldenburg,

von Anfang an Hauptort der gleichnamigen Grafschaft, kontinuierlich weiter entwickelt. Das topographische Modell veranschaulicht die Siedlungsfläche, die um 1350 nach Nor­den hin durch einen Wasser führenden Graben gesichert wurde, der in seinem Verlauf identisch ist mit der heutigen gekrümmten Linienführung der Gast­Schütting­Staustraße. Um die Entwicklung weiter zu fördern, hatten am 6. Januar 1345 die Grafen „de stath to Oldenborch“ das Stadtrecht nach dem Vorbild der Stadt Bremen verliehen. Mit der „Frei­gabe“ ihrer Stadt gaben die Grafen aber nicht alle ihre Rech­te auf. Neben dem Bündnisvorbehalt und der Heerfolge­pflicht behielten sie sich u. a. auch die Hochgerichtsbarkeit vor. Wie man sich die Ausübung dieser Blutsgerichtsbarkeit mit dem städtischen Richtschwert (ausgestellt ist das Ori ginal vom Ende des 15. Jahrhunderts) vorzustellen hat, verdeutlicht das Gemälde „Der Bruderkuss“ von Hugo Zieger (1864 – 1932), auf dem eine im Jahre 1418 sich in Bremen abgespielte Richtszene nachempfunden ist.

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Mittelbild des Blankenburger Altars(Detail), um 1520/25

Stadtgeschichte „um 1550“ – Stadt und KircheSeit der Stadtrechtsverleihung im Jahr 1345 hatte sich

die Siedlungsfläche Oldenburgs um 1550 nahezu verdop­pelt. Die Einwohnerzahl betrug circa 3.200 Personen. Bemerkenswert ist, dass das heutige Straßennetz noch dem damaligen innerhalb des Altstadtrings entspricht, wie der Blick auf den vergrößerten Stadtplan von Pieter Bast (1598) verdeutlicht. Das topographische Modell veranschaulicht, dass der Stadtkörper sich durch Wälle und breite Wasser führende Gräben markant gegen das Umland abgrenzte. Das Kirchliche Leben, welches den Alltag und das Bewusst­sein der Menschen in ihrer Sorge um das eigene Seelenheil nachdrücklich bestimmte, konzentrierte sich auf drei sakrale Orte in der Stadt: die Lambertkirche am Markt (Pfarrkirche und seit 1374 Kollegiatstift), die kleinere, aber wohl ältere Nikolaikirche an der heutigen Kleinen Kirchenstraße (1872 abgerissen) und die Heiligengeistkapelle mit dem Lappan genannten Turmgebäude, welches noch heute als eines der Wahrzeichen Oldenburgs gilt. Aus der Zeit unmittelbar vor der Reformation (erste lutherische Predigt 1529) stammt der eindrucksvolle Flügelaltar „Zu den sieben Schmerzen Mariens“ (ca. 1520/25) aus dem ehemaligen Dominikaner­Nonnenkloster Blankenburg.

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Der „Kranich“das Lieblingspferd Graf Anton Günthers von Oldenburg, um 1650

Stadtgeschichte „um 1650“ – Stadt und LandesherrWie das topographische Modell Oldenburgs veran­

schaulicht, hatte sich die Siedlungsfläche in den vorange­gangenen 100 Jahren zwar nicht vergrößert, dennoch waren bemerkenswerte Veränderungen in der Regierungszeit von Graf Anton Günther (reg. 1603 – 1667) eingetreten: die gräfliche Wasserburg wurde zu einem repräsentativen Re­sidenzschloss mit aufwändiger Hofhaltung umgebaut, das Rathaus durch den Schwertfeger­Anbau verschönert und die Festungswerke und ­Anlagen modernisiert. Selbst mitten im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) hielt die Blütephase Oldenburgs an, die sich wesentlich der Diplomatie und Neutralitätspolitik des Grafen Anton Günther verdankte. Mit dessen Tod im Jahr 1667 änderten sich die Verhältnisse grundlegend: Oldenburg wurde dänisch, fortan von Kopen­hagen aus regiert (bis 1773) und geriet so in eine Randlage. Erneute Pestumzüge (1667/68) und vor allem der Große Stadtbrand 1676 bedeuteten katastrophale Rückschläge, von denen sich die Stadt nur schwer erholte. All das trug dazu bei, dass die „Dänenzeit“ in der Bewertung der Zeit­genossen schlecht wegkam und Graf Anton Günther, von dem mehrere Bildnisse und Gegenstände in diesem Raum präsentiert werden, zunehmend glorifiziert wurde.

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Stadtgeschichte „um 1750“ – Dänenzeit und MilitärDas topographische Modell veranschaulicht die um­

fassende Umgestaltung Oldenburgs als uneinnehmbare dänische Königsfestung (1730/46). Militär spielte jetzt eine den Alltag der Bürger dominierende Rolle, zumindest bis 1764, als die Festung wieder aufgegeben und die Stadt zum Umland geöffnet wurde, was wiederum die Entwicklung zu einer modernen Haupt­ und Residenzstadt ermöglichte. Die Dänenzeit, die 1773 mit der Herrschaftsübernahme durch die Holstein­Gottorper endete, hatte Oldenburg erstmals auch den Charakter einer Garnisonstadt gebracht. Dies wird hier zum Anlass genommen, den Bogen bis zur Gegenwart zu schlagen und mit unterschiedlichsten Ausstellungsstü­cken an die lange militärische Tradition Oldenburgs zu erin­nern, von der sogenannten „Knobelgarde“ Ende des 18. Jahr­hunderts und der Gründung einer eigenen Infanterie­Truppe 1813 über die Aufgabe der oldenburgischen Militärhoheit zugunsten Preußens 1867 bis hin zur Bundeswehr seit 1956. Oldenburg galt bis zur Wiedervereinigung 1990 als der zweitgrößte Militärstandort in der alten Bundesrepublik.

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Stadtgeschichte im 19. Jahrhundert INach Beseitigung des Festungsgürtels war Oldenburg

unter Herzog Peter Friedrich Ludwig (reg. 1785 – 1829) und seinem Sohn Großherzog Paul Friedrich August (reg. 1829 – 1853) zu einer klassizistisch geprägten Haupt­ und Residenzstadt mit zahlreichen öffentlichen Gebäuden und Bürgerhäusern ausgebaut worden. Das topographische Modell veranschaulicht, dass die Wohnbebauung um 1850 weiter nach Norden ausgegriffen hatte und die Niederungs­gebiete östlich und westlich der Stadt, dort wo sich das heu­tige Bahnhofsviertel (Moorstücken) und das Wohnquartier hinter dem Theater (Dobben) befinden, noch unbesiedelt waren. Mit Gemälden, druckgrafischen Blättern und ande­ren Gegenständen werden drei weitere Aspekte der Stadt­geschichte vorgestellt: dass die bedeutsamsten öffentlichen Bauten auf die hier residierenden Landesherren zurückge­hen, dass die bürgerliche Revolution von 1848 hier einen verhaltenen Verlauf nahm und dass auch Stadtoldenburger an den „großen Ereignissen“ der Zeit teilnahmen – an den Befreiungskriegen (Gemälde „Die Erschießung der Kano­niere von Blexen 1813“), bei der ersten Bundesmarine (Aus­rüstungsgegenstände 1849/52), im deutschen Einigungs­krieg 1866 (Gemälde „Bombardement von Würzburg“).

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Mitglieder der (?) Casino­Gesellschaft1841/42

Stadtgeschichte im 19. Jahrhundert IIIn diesem Übergangsraum, der erst bei der architektoni­

schen Verbindung von Ballin’scher Villa und Horst­Janssen­Museum entstanden war (1999/2000), wird ein weiterer Aspekt der Stadtgeschichte vorgestellt: das Vereinswesen im 19. Jahrhundert. Frühe Gruppenporträts – Gemälde „Kegelgesellschaft“ und „Männergesellschaft“ von Richard Flatters, um 1860 bzw. 1858, „Mitglieder der Casino­Gesell­schaft“ (?) von Ludwig Strack d. J., wohl 1841/42 – veran­schaulichen, dass die Clubs, Gesellschaften und Vereine (noch) ausschließlich Angelegenheiten von Männern waren. Bezeichnend ist deshalb, dass der ausgestellte, mit silber­nen Trophäen und Geschenken gefüllte Vitrinenschrank des Männergesangvereins Liederkranz (gegr. 1856) zum 50jährigen Jubiläum „von den Damen des Vereins“ gestiftet wurde, die aber keine aktiven Mitglieder sein konnten. Auch politische Parteien, deren Entstehen ohne das von Männern dominierte Vereinswesen nicht zu denken ist, machten anfangs darin keine Ausnahme. Frauen blieben noch lange außen vor.

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Wasserbecken (Detail)1908

Stadtgeschichte „um 1900“Bei der Herrichtung der bis 1973 als Gastronomie­ und

Hotelbetrieb genutzten Ballin’schen Villa zu Museums­zwecken wurde die ursprüngliche Ausstattung dieses Wintergartens von 1908 freigelegt und umfassend renoviert. Das betraf die drei zur Gartenseite weisenden ehemaligen Fensteröffnungen, die Terrazzo­Platten des Fußbodens, die mit sandsteinfarbenem Kunststein gefassten grünlich­blauen Fliesenfelder der Wände und die Glasmosaik­Leuchten auf marmoriertem Glattputzfeld der Deckenzone sowie auch die beiden Wandbecken mit je springbrunnenartigem Wasserspender. In den Raum eingebracht finden sich u. a. repräsentative Zeugnisse aus der Garnisongeschichte Olden burgs der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg: der Tradi­tionsschrank des Infanterie­Regiments Nr. 91 mit Offizier­silber von 1895 – 1932 und der eindrucksvolle, nach Entwurf von Adolf Rauchheld gefertigte silberne Jugendstil­Tafel­aufsatz, der 1913 anlässlich des hundertjährigen Bestehens dieses oldenburgischen Regiments von seinen aktiven und inaktiven Reserveoffizieren gestiftet worden war.

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Stadtgeschichtliches Kabinett Dieser kleine Kabinettraum für Sonderpräsentationen,

der wie Raum 39 erst im Zuge der architektonischen Ver­bindung von Ballin’scher Villa und Horst­Janssen­Museum entstanden war (1999/2000), dient der wechselnden Prä­sentation spezieller Themen der oldenburgischen Stadt­geschichte und gewährt Einblicke in die Ergebnisse aktueller Museumsarbeit an Altbeständen und Neuerwerbungen.

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Zur Geschichte des Stadtmuseums OldenburgDas Stadtmuseum Oldenburg, das auf eine fast schon

hundertjährige Geschichte zurückblicken kann, verfügt allein dank seines ehrwürdigen Alters über einen außer­gewöhnlichen geschichtsträchtigen Fundus. Es gehört zu den knapp 50 Museen in Niedersachsen, die zwischen 1871 und 1918 gegründet wurden. 1910 machte der Oldenbur­ger Kaufmannssohn, Jurist und Kunstsammler Theodor Francksen seine private Kunst­ und Geschichtssammlung öffentlich zugänglich. 1914 vererbte er seinen Kunstbesitz und seine beiden Villen der Stadt Oldenburg und verband das Erbe mit der Verpflichtung, aus der privaten Sammlung ein städtisches Museum zu entwickeln. Zunächst noch als „Heimatmuseum“ bezeichnet, entwickelte sich das Haus stetig weiter. Ohne die großherzige Stiftung Theodor Francksens wäre allerdings wohl kaum ein solcher Weg beschritten worden.

Theodor Francksen wurde am 2. April 1875 als einziges Kind des wohlhabenden Kaufmanns Theodor Wilhelm Francksen und seiner Frau Johanne geboren. Bereits als Schüler erkrankte er an Tuberkulose, sein Jurastudium in Lausanne, Heidelberg und Berlin musste er deshalb

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im Sommer 1900 in Göttingen abbrechen. Er kehrte nach Oldenburg zurück, wo er im Haus seiner bereits verstor­benen Eltern fortan Kunst­ und Geschichtsstudien betrieb. In den Jahren 1902 und 1906 unternahm er fünf ausgedehn­te Italien reisen, um seine Gesundheit im milden Klima des Mittelmeerraumes wieder zu verbessern. Er nutzte diese Zeit aber auch zur Vertiefung seines Kunstverständnisses und zum Erwerb von Kunst und sammelwürdigen Objekten.

Der Privatier wurde nun zum hauptberuflichen Sammler. Herausgehoben werden muss, dass Theodor Francksen u. a. schon seit 1908 Kontakt zu den Malern der „Brücke“ in Dangast, zu Schmidt­Rottluff und Heckel, gefunden hatte , sie in seinem Haus empfing und mehrere ihrer Werke erwarb, die leider im Rahmen der national sozialistischen Aktion „Entartete Kunst“ z. T. verloren gingen. Francksen war sicher auf der Höhe der aktuellen Kunstdiskussion seiner Zeit, wie z. B. der komplette Ankauf der Grafik Max Klingers und Francisco de Goyas im Jahre 1908 sowie der Erwerb einer umfangreichen Sammlung von rund 100 Blatt japanischer Farbholzschnitte des 18. und frühen 19. Jahr­hunderts beweist. Mit der Porträtgrafik und weiteren topo­graphischen Blättern umfasste seine Grafiksammlung über

Giebelseite der Jürgens’schen Villa(erb. 1853), 2010

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7000 Blätter, wobei dieser Grundbestand in den folgenden nun fast 100 Jahren durch Schenkungen und Erwerbun­gen, insbesondere im Bereich der regionalen Kunst, mehr als verdoppelt wurde. Francksen sammelte aber nicht nur Grafik, sondern auch antike Vasen und Terrakotten, Ost­ asiatika sowie zeitgenössische Kunst und kunst gewerb­liche Objekte mit oldenburgischem Bezug vom 17. bis 20. Jahrhundert, mit denen er das Wohnhaus seiner Eltern neu einrichtete und ausstattete.

Nach und nach wandelte Theodor Francksen die Villa in ein Museum um und verfolgte dabei eine besondere Konzeption: Die einzelnen Räume wurden zu Themenzim­mern, gegliedert nach historischen und kulturgeschichtli­chen Motiven. Die passenden Möbel oder auch Interieurs aus der jeweiligen Epoche ließ er teilweise nachbauen, was ihn wohl gelegentlich teurer als die Originale kam. Übrigens war das Haus selbst 1877 vom späteren groß­herzoglich­oldenburgischen Hofbaumeister Gerhard Schnitger errichtet worden. Bald aber reichte die ererbte Villa für die Sammlung nicht mehr aus und Francksen kaufte das Nachbarhaus dazu, die Jürgens’sche Villa, die 1853 gebaut worden war. Ihr Architekt ist bislang nicht be­

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kannt. Francksen ließ die Jürgens’sche Villa umbauen und einen Galerietrakt mit einem kleinen Türmchen und einem Kupferdach zwischen den beiden Gebäuden errichten, um sie miteinander zu verbinden. Er beauftragte damit die renommierten Bremer Architekten und Einrichter Weller­mann & Frölich, bei denen er auch viele Interieurs für seine Ausstellungsräume arbeiten ließ.

Bedingt durch zwei Weltkriege, die Auswirkungen der Inflation und die Zeiten des Mangels in den wirtschaft­lichen Krisen wurde eine nachhaltigere Entwicklung des Museums in der Zeit von 1915 bis 1955 zunächst verhin­dert. Gleichwohl hat sich Francksens Hausdame Helene Knoche bis zum Jahre 1938 als ehrenamtliche Leiterin sehr verdient um die Pflege und den Fortbestand der Sammlungen gemacht. Unterstützt wurde sie zunächst von Dr. Raspe, dem damaligen Leiter des Kunstgewerbe­museums, dann nach dem Ersten Weltkrieg von Richard tom Dieck, dem ehemaligen Konservator der großher­zoglichen Kunstsammlungen. 1938 übernahm der Schul­direktor a. D. Karl Orth die Leitung, ihm folgte 1940 – 1956 der Oberstu diendirektor i. R. Dr. Otto Müller. Erst 1956 bekam das Haus mit dem Kunsthistoriker Dr. Wilhem Gilly

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einen ersten hauptamtlichen Direktor mit der Aufgabe, das Museum neu zu ordnen und weiterzuentwickeln. Er tat dies mit großem Engagement und verfolgte dabei die schon von Francksen angestrebte Grundkonzeption mit viel Geschick und Einfühlungsvermögen, so dass sich mit der Grundrenovierung im Jahre 1975 die beiden Villen als nach Themenräumen geordnetes Ensemble präsentierten. Zuvor hatte das Stadtmuseum einen erheblichen Zuwachs erhalten. Der renommierte Oldenburger Maler und Kunst­professor Bernhard Winter hatte bei seinem Tode seinen gesamten Nachlass der Stadt Oldenburg geschenkt.

Eine erste große räumliche Erweiterung des Stadt­museums konnte im Zuge der neuen „autogerechten“ Verkehrsentwicklung in den sechziger Jahren erfolgen. 1968 wurde die „Neue Galerie“ und der Verbindungsgang zur Francksen­Villa fertig gestellt, und der Eingang in das Stadtmuseum wurde nun von der Raiffeisenstraße an die neue Straße „Am Stadtmuseum“ verlegt. Das Museum verfügte jetzt über einen großen Ausstellungsraum im Obergeschoss samt Foyer und Verbindungsgang. Bereits 1973 hatte die Stadt beschlossen, die der Francksen­ und Jürgens’schen Villa benachbarte Ballin’sche Villa zu er­

Linke Giebelfront der Ballin’schen Villa(1857, umgebaut 1908), 2010

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werben. 1857 war dieses Gebäude als relativ bescheidenes, traufständiges Einfamilienhaus mit Anbauten errichtet worden. Noch zu Lebzeiten Theodor Francksens wurde es 1908 vom Architekten Heinrich Schelling zu einer recht voluminösen, spätgründerzeitlichen Villa umgebaut und erweitert.

Es dauerte allerdings noch bis 1986, bevor die Villa nach Umbau und Renovierung mit Mitteln der Bernhard Winter­Stiftung dem Stadtmuseum zur Nutzung überlassen und durch einen weiteren, recht schmucklosen Zwischentrakt mit den Villen verbunden wurde. Auf Wilhelm Gilly folgte 1986 sein Nachfolger, der Kunsthistoriker Dr. Ewald Gäßler, der bis in das Jahr 2009 die folgenden Erweiterungen der städtischen Kunst­Einrichtungen maßgeblich mitgeplant und ausgeführt hat. Die Bernhard­Winter­Stiftung konnte nun eine geeignete Aufstellung finden, und auch für die stadtgeschichtliche Abteilung war jetzt die Möglichkeit einer Neuausrichtung gegeben. Dies war zugleich der Anlass, die übrigen Räume des Museums konsequent thematisch neu zu ordnen und zu renovieren. Allerdings vergingen weitere zehn Jahre, bis die eher provisorische Verbindung zwischen den Francksen­Villen und der Neuen Galerie

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durch einen außergewöhnlichen Neubau ersetzt wurde. Die Claus­Hüppe­Stiftung finanzierte den 1995 eröffneten Hüppe­Saal nach den Plänen des Oldenburger Archi tekten Claus Zugermeier, der mit seinen 200 Quadratmetern die Wechselausstellungsfläche des Stadtmuseums noch einmal vergrößerte.

Nach den vielen Jahren sehr heterogener aber stetiger Entwicklung sind die Dauerausstellungs­ und Wechsel­ausstellungsflächen des Stadtmuseums Oldenburg nun zu einem ansprechenden und großzügigen Museums­komplex verbunden.

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Information zum MuseumKontaktAm Stadtmuseum 4 – 8, 26121 OldenburgTelefon / Fax 0441/235­2881 /­3145Stadtmuseum@stadt­oldenburg.dewww.stadtmuseum­oldenburg.de

ÖffnungszeitenDi – So 10 bis 18 UhrMontag geschlossen sowie am 1. 5., 24., 25. und 31. 12.

GruppenführungenAnmeldung unter Telefon 0441/235­2881Stadtmuseum@stadt­oldenburg.de

Zentraler Museumspädagogischer DienstTelefon 0441/235­2887, Sandrine.Teuber@stadt­oldenburg.de

BibliothekNutzung nach Absprache, Telefon 0441/235­3357Dagmar.Dehnert@stadt­oldenburg.de

Art­CaféTelefon 0441/36 16 66 82, www.artcafe­ol.de

Art­ShopTelefon 0441/95 55 743, www.art­plakat.de

AnreiseAm Rande der Altstadt, neben dem Horst­Janssen­Museum gelegen, ist das Stadtmuseum Oldenburg bequem zu Fuß (vom Hauptbahnhof ca. 10 Min.), per Bus (alle Linien, Station: Lappan) oder mit dem Auto zu erreichen (Tiefgarage des City Center Oldenburg mit Aufgang zum Museumseingang).

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ImpressumHerausgeberStadtmuseum Oldenburg / Direktor Dr. Friedrich Scheele

IdeeDr. Friedrich Scheele

KonzeptIglhaut + von Grote, www.iglhaut­vongrote.de

RaumtexteUdo Elerd, Stadtmuseum Oldenburg

Redaktion und RealisierungJulia Wendt, Iglhaut + von Grote

Gestaltungmischen, www.mischen­berlin.de

FotosInnenaufnahmen: Ali Ghandtschi, www.ghandtschi.de (außer Raum 3, 10, 13, 31, 36: Stadtmuseum Oldenburg)Außenaufnahmen: Bernadette Grimmenstein

Druck Brandenburgische Universitätsdruckerei und Verlagsgesellschaft Potsdam mbH

© 2010 Stadt Oldenburg, StadtmuseumAlle Rechte vorbehalten

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