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BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Plenarprotokoll 21/79 21. Wahlperiode 13.06.2018 79. Sitzung Mittwoch, 13. Juni 2018 Vorsitzende: Präsidentin Carola Veit, Erster Vizepräsident Dietrich Wersich, Vizepräsidentin Barbara Duden, Vizepräsidentin Antje Möller, Vizepräsidentin Christiane Schneider und Vizepräsident Dr. Kurt Duwe Inhalt: Mitteilungen der Präsidentin Abwicklung der Tagesordnung 5921, Aktuelle Stunde 5921, AfD-Fraktion: Außenwirkungen der fehlerhaf- ten BAMF-Entscheidungen, Au- ßenstelle Bremen, auf Ham- burg Dirk Nockemann AfD 5921, 5928, 5931, Sören Schumacher SPD 5922, Wolfhard Ploog CDU 5922, Antje Möller GRÜNE 5923, 5929, Christiane Schneider DIE LINKE 5924, 5930, Christel Nicolaysen FDP 5925, 5929, Dr. Ludwig Flocken fraktionslos 5926, Nebahat Güçlü fraktionslos 5927, 5931, Dr. Alexander Wolf AfD 5929, Daniel Oetzel FDP 5931, Anna-Elisabeth von Treuenfels- Frowein FDP 5931, SPD-Fraktion: Innovations- und Wissensme- tropole Hamburg: Accelerato- ren, Hammerbrooklyn, Fraun- hofer Strategie – Hamburg legt vor mit GRÜNE Fraktion: Wissenschaftsmetropole: Ham- burg auf dem Weg zum Innova- tionszentrum mit Projekten wie 3D-Druck, Startup Dock und Startup-Gründungsstipendium Hansjörg Schmidt SPD 5932, Carsten Ovens CDU 5933, Farid Müller GRÜNE 5934, Martin Dolzer DIE LINKE 5935, Michael Kruse FDP 5936, Dr. Sven Tode SPD 5937, CDU-Fraktion: Rot-grüner Streit über Fahrver- bote, Fluglärm und Kennzeich- nungspflicht – wer führt eigent- lich den Senat? (nicht behandelt wegen Redezeitablaufs) Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft:

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BÜRGERSCHAFTDER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Plenarprotokoll21/7921. Wahlperiode 13.06.2018

79. SitzungMittwoch, 13. Juni 2018

Vorsitzende: Präsidentin Carola Veit, Erster Vizepräsident Dietrich Wersich, Vizepräsidentin BarbaraDuden, Vizepräsidentin Antje Möller, Vizepräsidentin Christiane Schneider undVizepräsident Dr. Kurt Duwe

Inhalt:

Mitteilungen der PräsidentinAbwicklung der Tagesordnung 5921,

Aktuelle Stunde 5921,

AfD-Fraktion:

Außenwirkungen der fehlerhaf-ten BAMF-Entscheidungen, Au-ßenstelle Bremen, auf Ham-burg

Dirk Nockemann AfD 5921, 5928,5931,

Sören Schumacher SPD 5922,Wolfhard Ploog CDU 5922,Antje Möller GRÜNE 5923, 5929,Christiane Schneider DIE LINKE 5924, 5930,Christel Nicolaysen FDP 5925, 5929,Dr. Ludwig Flocken fraktionslos 5926,Nebahat Güçlü fraktionslos 5927, 5931,Dr. Alexander Wolf AfD 5929,Daniel Oetzel FDP 5931,Anna-Elisabeth von Treuenfels-

Frowein FDP 5931,

SPD-Fraktion:

Innovations- und Wissensme-tropole Hamburg: Accelerato-ren, Hammerbrooklyn, Fraun-

hofer Strategie – Hamburg legtvor

mit

GRÜNE Fraktion:

Wissenschaftsmetropole: Ham-burg auf dem Weg zum Innova-tionszentrum mit Projekten wie3D-Druck, Startup Dock undStartup-Gründungsstipendium

Hansjörg Schmidt SPD 5932,Carsten Ovens CDU 5933,Farid Müller GRÜNE 5934,Martin Dolzer DIE LINKE 5935,Michael Kruse FDP 5936,Dr. Sven Tode SPD 5937,

CDU-Fraktion:

Rot-grüner Streit über Fahrver-bote, Fluglärm und Kennzeich-nungspflicht – wer führt eigent-lich den Senat?

(nicht behandelt wegen Redezeitablaufs)

Unterrichtung durch die Präsidentinder Bürgerschaft:

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Wahl einer oder eines Deputier-ten der Behörde für Stadtent-wicklung und Wohnen– Drs 21/13331 – 5938,

Ergebnis 5956,

Bericht des Haushaltsausschussesüber die Drucksache 21/12516:

Verkauf der mittelbar gehalte-nen Anteile der Freien undHansestadt Hamburg an derHSH Nordbank AG mit Entwurfeines Gesetzes über die Kredit-aufnahme und Auszahlungenan die HSH Finanzfonds AöRim Zusammenhang mit der Ver-äußerung der HSH NordbankAG und Änderung des Haus-haltsbeschlusses 2017/2018(Senatsantrag)– Drs 21/13330: – 5938,

dazu

Antrag der FDP-Fraktion:

Verkauf der HSH Nordbank –Risiken reduzieren, Schadenund Schulden minimieren– Drs 21/13397 – 5938,

und

Antrag der Fraktionen der SPD undder GRÜNEN:

hsh portfoliomanagementAöR – Absenkung der Krediter-mächtigung– Drs 21/13404 – 5938,

Dr. Anjes Tjarks GRÜNE 5938, 5946,5951,

Jan Quast SPD 5939, 5953,Thilo Kleibauer CDU 5940, 5950,Norbert Hackbusch DIE LINKE 5941, 5948,

5953,Michael Kruse FDP 5942, 5949,Andrea Oelschläger AfD 5943,Dr. Andreas Dressel, Senator 5944,Markus Schreiber SPD 5947,Wolfgang Rose SPD 5949,

Beschlüsse 5954,

Große Anfrage der Fraktion DIE LIN-KE:

Verfahren gegen Polizeibe-dienstete im Rahmen desG20-Gipfels und der Gipfelpro-teste– Drs 21/12897 – 5956,

Christiane Schneider DIE LINKE 5956, 5959,Martina Friederichs SPD 5957,Joachim Lenders CDU 5957,Antje Möller GRÜNE 5958,Carl-Edgar Jarchow FDP 5958,Dirk Nockemann AfD 5959,Milan Pein SPD 5959,

Kenntnisnahme 5960,

Antrag der Fraktion DIE LINKE:

Dolmetscher/-innen an Ham-burger Schulen endlich be-darfsgerecht einsetzen und an-gemessen vergüten– Drs 21/13243 – 5960,

Beschluss 5960,

Antrag der FDP-Fraktion:

Sportfördergesetz für Hamburg– Drs 21/13244 – 5960,

Daniel Oetzel FDP 5960,Juliane Timmermann SPD 5961,Thomas Kreuzmann CDU 5962,Christiane Blömeke GRÜNE 5962, 5964,Mehmet Yildiz DIE LINKE 5963, 5965,Peter Lorkowski AfD 5964,

Beschluss 5965,

Große Anfrage der AfD-Fraktion:

Politische Neutralität an Ham-burger Schulen – Rechtsgrund-lagen und Erfassung von Ver-stößen– Drs 21/12825 – 5966,

Dr. Alexander Wolf AfD 5966, 5972,Barbara Duden SPD 5967,Birgit Stöver CDU 5967,Dr. Stefanie von Berg GRÜNE 5968,Sabine Boeddinghaus DIE LINKE 5969,Anna-Elisabeth von Treuenfels-

Frowein FDP 5970,Dr. Ludwig Flocken fraktionslos 5971,

5916 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

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Beschluss 5973,

Antrag der Fraktionen der SPD undder GRÜNEN:

Verkehrssicherheit für RadFahrende erhöhen: Abbiegeas-sistenzsysteme einführen undvermehrt Aufstellflächen schaf-fen– Drs 21/13246 – 5973,

dazu

Antrag der CDU-Fraktion:

Den toten Winkel lebendig ma-chen – Hamburger Betriebe beiden Kosten für die Nachrüs-tung von Bestands-Lkw mitelektronischen Abbiegeassis-tenten durch eine landeseigeneFörderprämie unterstützen– Drs 21/13398 – 5973,

Lars Pochnicht SPD 5973,Dennis Thering CDU 5974,Anna Gallina GRÜNE 5975,Heike Sudmann DIE LINKE 5976,Ewald Aukes FDP 5976,Detlef Ehlebracht AfD 5977,Frank Horch, Senator 5978,

Beschlüsse 5979,

Senatsantrag:

Evaluation und Änderung desHamburgischen Wohn- und Be-treuungsqualitätsgesetzes– Drs 21/13125 – 5979,

mit

Antrag der Fraktion DIE LINKE:

Schutz von pflegebedürftigenMenschen sicherstellen – Ham-burgisches Wohnbetreuungs-qualitätsgesetz und Wohn-Pfle-ge-Aufsicht verbessern– Drs 21/13242 (Neufassung) – 5979,

Beschlüsse 5979,

Antrag der Fraktionen der SPD undder GRÜNEN:

Förderung des genossen-schaftlichen Wohnungsbausfür Gruppen mit besonderenSchwierigkeiten auf dem Woh-nungsmarkt fortführen– Drs 21/13070 – 5979,

Beschluss 5979,

Bericht des Stadtentwicklungsaus-schusses über die Drucksache 21/11139:

Soziale Erhaltungsverordnun-gen in Hamburg (Senatsmittei-lung)– Drs 21/13135 – 5979,

Uwe Lohmann SPD 5980,Michael Westenberger CDU 5980,Olaf Duge GRÜNE 5981,Heike Sudmann DIE LINKE 5981,Jens Meyer FDP 5982,Detlef Ehlebracht AfD 5982,Dorothee Stapelfeldt, Senatorin 5983,

Kenntnisnahme 5983,

Antrag der Fraktionen der SPD undder GRÜNEN:

Gute Arbeit in Hamburg:Runder Tisch für Fairness undklare Regeln am Hamburger Ar-beitsmarkt– Drs 21/13249 – 5983,

Jens-Peter Schwieger SPD 5983,Franziska Rath CDU 5984,Antje Möller GRÜNE 5984, 5985,Dr. Carola Ensslen DIE LINKE 5985,Christel Nicolaysen FDP 5985,Harald Feineis AfD 5985,

Beschlüsse 5986,

Bericht des Verkehrsausschussesüber die Drucksache 21/12397:

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5917

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Verbesserung des Busver-kehrsangebotes in HamburgStellungnahme des Senats zumErsuchen der Bürgerschaftvom 10. Dezember 2015 "Über-führung des Schnellbusnetzesin das Metro-Bus- und Stadt-Bus-Netz prüfen" (Drucksache21/2257) (Senatsmitteilung)– Drs 21/13190 – 5986,

Ole Thorben Buschhüter SPD 5986,Dennis Thering CDU 5986,Dr. Anjes Tjarks GRÜNE 5987,Heike Sudmann DIE LINKE 5987,Ewald Aukes FDP 5988,Detlef Ehlebracht AfD 5988,Frank Horch, Senator 5989,

Kenntnisnahme 5989,

Antrag der CDU-Fraktion:

Dem Baustellenfrust den Zahnziehen – Mehr Transparenz undVerständnis durch eine Bau-stellen-App nach Berliner Vor-bild– Drs 21/13253 – 5989,

Beschluss 5990,

Antrag der CDU-Fraktion:

Rot-Grün darf die Last derFlüchtlingsintegration nichtnur auf einige wenige Schul-klassen verteilen– Drs 21/13255 – 5990,

Beschluss 5990,

Bericht des Eingabenausschusses:

Eingaben– Drs 21/13144 – 5990,

Bericht des Eingabenausschusses:

Eingaben– Drs 21/13145 – 5990,

Bericht des Eingabenausschusses:

Eingaben– Drs 21/13146 – 5990,

Beschlüsse 5990,

Sammelübersicht 5990,

Beschlüsse 5990,

Große Anfrage der Fraktion DIE LIN-KE:

Tempo 30 vor sozialen Einrich-tungen in Hamburg– Drs 21/12713 – 5991,

Beschluss 5991,

Große Anfrage der Fraktion DIE LIN-KE:

Nachfragen zum Schutzauftragder Stadt für pflegebedürftigeMenschen – Wohn-Pflege-Auf-sicht– Drs 21/12826 – 5991,

Beschlüsse 5991,

Senatsantrag:

Mandate von Mitgliedern desSenats in hamburgischen öf-fentlichen Unternehmen– Drs 21/13110 – 5991,

Beschluss 5991,

Unterrichtung durch die Präsidentinder Bürgerschaft:

Einspruch des AbgeordnetenDr. Ludwig Flocken gemäß § 49der Geschäftsordnung derHamburgischen Bürgerschaft– Drs 21/13325 – 5991,

Beschluss 5991,

Bericht des Ausschusses für Sozia-les, Arbeit und Integration über dieDrucksache 21/11845:

5918 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

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Gebührenordnung für öffent-lich veranlasste Unterbringun-gen gerecht und sozial gestal-ten (Antrag der Fraktion DIELINKE)– Drs 21/13158 – 5991,

Beschlüsse 5991,

Bericht des Ausschusses für Sozia-les, Arbeit und Integration über dieDrucksache 21/11558:

Hamburgisches Gesetz zurAusführung des Neunten Bu-ches Sozialgesetzbuch – Reha-bilitation und Teilhabe vonMenschen mit Behinderun-gen – (AG SGB IX) (Senatsan-trag)– Drs 21/13199 – 5992,

Beschlüsse 5992,

Bericht des Verkehrsausschussesüber die Drucksachen 21/12322 und21/11671:

Langfristige Weiterentwicklungdes U-Bahn-NetzesSachstand der Planungen fürden Neubau der Haltestelle Ol-denfelde an der U-Bahn-LinieU1, die Verlängerung der U-Bahn-Linie U4 auf die HornerGeest und den Neubau der U-Bahn-Linie U5 einschließlicheiner Schnellbahnanbindungdes Hamburger WestenszugleichStellungnahme des Senats zudem Ersuchen der Bürger-schaft vom 21. Januar 2016"Wir machen Hamburg mobil –Bürgerbeteiligung beim Bauder U5 und weiteren Großbau-projekten" (Drucksache21/2923) zugleichStellungnahme des Senats zudem Ersuchen der Bürger-schaft vom 18. Januar 2017"Schnellbahnanbindung desHamburger Westens" (Druck-sache 21/7570) (Senatsantrag)sowieDekade des Schnellbahnaus-baus gestalten – Weitere Halte-stelle für die Linie U3 an derFuhlsbüttler Straße prüfen (An-trag der Fraktionen der SPDund der GRÜNEN)– Drs 21/13130 – 5992,

Beschlüsse 5992,

Bericht des Stadtentwicklungsaus-schusses über die Drucksache 21/6149:

Hamburgs Wohnungsmarkt ef-fektiv entlasten – Endlich Po-tenziale von Dachaufstockun-gen und Dachausbauten nut-zen (Antrag der FDP-Fraktion)– Drs 21/13134 – 5992,

Beschlüsse 5992,

Bericht des Stadtentwicklungsaus-schusses über die Drucksache 21/12465:

Bedeutende Bauwerke in Ham-burg – Deutschlandhaus musserhalten werden! (Antrag derCDU-Fraktion)– Drs 21/13198 – 5993,

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5919

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Beschluss 5993,

Bericht des Stadtentwicklungsaus-schusses über die Drucksache 21/11247:

Nach fast einem Jahrzehnt dieEinkommensgrenzen für §-5-Scheine anpassen – Zahl derBerechtigten für gefördertenMietwohnungsraum nichtkünstlich klein halten! (Antragder Fraktion DIE LINKE)– Drs 21/13230 – 5993,

Beschluss 5993,

Bericht des Innenausschusses überdie Drucksache 21/10224:

Afghanistan ist nicht sicher –Sofortiger humanitärer Ab-schiebestopp nach Afghanis-tan (Antrag der Fraktion DIELINKE)– Drs 21/13229 – 5993,

Beschluss 5993,

Antrag der AfD-Fraktion:

Änderung der Gebührenord-nung für Amtshandlungen aufdem Gebiet des Waffenrechts:Keine Gebühren für Waffenbe-sitzer bei verdachtsunabhängi-gen Kontrollen gemäß § 36 Ab-satz 3 WaffG, wenn sich bei derentsprechenden Kontrolle kei-ne Verstöße ergeben– Drs 21/13240 – 5993,

Beschlüsse 5993,

Antrag der Fraktionen der SPD undder GRÜNEN:

Weiter Verbesserungen im Mie-terschutz – Eine neue Verord-nung für die Begrenzung vonMieterhöhungen erlassen (Kap-pungsgrenzenverordnung)– Drs 21/13247 (Neufassung) – 5993,

Beschlüsse 5993,

Antrag der Fraktionen der SPD undder GRÜNEN:

Sanierungsfonds 2020: Sanitär-bereich des City Sporthafenserneuern – Hafen als Attraktionfür Gäste und Hamburgerinnenund Hamburger erhalten– Drs 21/13248 – 5994,

Beschluss 5994,

Antrag der CDU-Fraktion:

Damit die Integration gelingt –Mehr Migranten fürs Ehrenamtgewinnen, Integrationsbeiratreformieren– Drs 21/13250 – 5994,

Beschlüsse 5994,

Antrag der CDU-Fraktion:

Polizisten entlasten – Verspre-chen einlösen und Ausbildungvon Angestellten im Polizei-dienst verstärken– Drs 21/13251 – 5994,

Beschlüsse 5994,

Antrag der CDU-Fraktion:

Hochschulen stärken – Web-seiten zum Studium in Ham-burg endlich mehrsprachig ge-stalten– Drs 21/13252 – 5994,

Beschlüsse 5994,

Antrag der CDU-Fraktion:

Hochschulen stärken – Hoch-schulwebseiten barrierefreiund für mobile Endgeräte nutz-bar machen– Drs 21/13256 – 5994,

Beschlüsse 5995,

5920 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

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Beginn: 13.32 Uhr

Präsidentin Carola Veit: Meine Damen und Her-ren, nehmen Sie doch Ihre Plätze ein. Dann begin-nen wir mit unserer Sitzung, die jetzt eröffnet ist.

Wir steigen gleich in unsere Tagesordnung ein undbeginnen mit der

Aktuellen Stunde

Dazu sind vier Themen angemeldet worden.

Es beginnt die AfD-Fraktion mit ihrer Anmeldung:

Außenwirkungen der fehlerhaften BAMF-Entscheidungen, Außenstelle Bremen, aufHamburg

Die Anmeldung, Herr Kienscherf, der SPD-Fraktionlautet:

Innovations- und Wissensmetropole Ham-burg: Acceleratoren, Hammerbrooklyn,Fraunhofer Strategie – Hamburg legt vor

Die Anmeldung der CDU-Fraktion lautet:

Rot-grüner Streit über Fahrverbote, Fluglärmund Kennzeichnungspflicht – wer führt ei-gentlich den Senat?

Und schließlich die Anmeldung der GRÜNEN Frak-tion:

Wissenschaftsmetropole: Hamburg auf demWeg zum Innovationszentrum mit Projektenwie 3D-Druck, Startup Dock und Startup-Gründungsstipendium

Die Fraktionen haben vereinbart, das zweite undvierte Thema gemeinsam debattieren zu wollen.

Ich rufe jetzt aber zunächst das erste Thema aufund weise Sie gern noch einmal darauf hin, dasswir vereinbart haben, dass in der ersten Runde ei-ne Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung steht,in den weiteren Runden dann jeweils drei Minutenpro Rednerin oder Redner.

Herr Nockemann, Sie bekommen das Wort für dieAfD-Fraktion.

Dirk Nockemann AfD:* Frau Präsidentin, meinesehr verehrten Damen und Herren! Bis vor weni-gen Jahren konnten die Deutschen stolz sein aufihr Staatswesen, auf Ämter, Institutionen und Be-hörden. Unser Staat stand auf allen Ebenen bei-spielhaft für Rechtsstaatlichkeit und um unsere bei-spiellos gut und effektiv funktionierenden Behör-den haben uns viele andere Länder beneidet.

Eine einsame Nacht- und Nebelentscheidung derBundeskanzlerin, nämlich die Grenzen für alle Mi-granten zu öffnen, hat im Herbst 2015 nicht nur dieBundesbürger eiskalt erwischt, sondern war aucheine volle Breitseite gegen unsere Behörden, die

völlig unvorbereitet ins Chaos gestürzt wordensind. Als Folge massiver personeller Überforde-rung hat eine Außenstelle des Bundesamtes fürMigration und Flüchtlinge circa 1 200 fehlerhafteAsylanerkennungen oder Schutzanerkennungendurchgeführt.

(Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)

Ich will das alles nicht verallgemeinern.

(Zurufe von der SPD, der CDU, den GRÜ-NEN, der LINKEN und der FDP)

– Sie sehen den Ernst der Lage nicht, deswegenwieder Ihre Reaktion.

Ich will das alles nicht verallgemeinern, gleichwohlgibt es natürlich gewisse Faktoren, die nicht nur inBremen zu Fehlentscheidungen geführt haben,sondern die es bundesweit beim BAMF zu bekla-gen gibt. Da gibt es eine mangelhafte IT-Infrastruk-tur, die dazu führt, dass identitätsfeststellendeMaßnahmen nicht so laufen, wie sie laufen sollten.Dadurch kommt es halt überall auch zu einer Viel-zahl von Mehrfachidentitäten.

Dann gibt es auch das Problem von Dolmetschern,die nicht immer zielführend dolmetschen, diemanchmal eine mangelhafte Qualität aufweisen,die zuweilen auch interessengeleitet agieren undarbeiten.

Ja, personelle Überforderung spielt sicherlich auchüberall eine Rolle. Aber was dem Fass wirklich denBoden ausgeschlagen hat, war natürlich die Leite-rin der Außenstelle BAMF, die aus einer falsch ver-standenen Willkommensromantik gesagt hat, wirmüssten den armen Menschen doch helfen. Siehat also ihre Gesinnungsethik über die Anforderun-gen des Rechtsstaats gestellt. Für einen Beamtenist das wirklich absolut verwerflich.

(Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)

Die schlimmsten Befürchtungen, die wir als AfDimmer geäußert haben, sind damit Wirklichkeit ge-worden. Besonders schlimm ist, dass circa150 dieser fehlerhaften Verfahren auch Flüchtlingebetreffen, die in Hamburg ihren Wohnsitz haben.Der Senat hat das zugestehen müssen, wobei150 Verfahren natürlich nicht 150 Personen sind,sondern wir wissen ja alle, dass häufig von einemVerfahren auch Familien betroffen sind, und dieumfassen manchmal auch fünf bis sechs Perso-nen.

Was besonders erschreckend ist, ist die Tatsache,dass der ehemalige Leiter des BAMF … Übrigens,das BAMF steht heute nicht mehr für Bundesamtfür Migration und Flüchtlinge, sondern Bundesamtfür Murks und Fehlerhaftigkeit.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-FroweinFDP: Wie lustig! – Sabine BoeddinghausDIE LINKE: Das ist ein Brüller!)

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5921

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Besonders verwerflich war also, dass Herr Weisezugestanden hat, dass man auch Druck auf dieMitarbeiter ausgeübt hat, nämlich die Anforderun-gen bei den Prüfungen nicht allzu hoch zu setzen.Damit verspielt die Behörde jeden Anspruch aufRechtsstaatlichkeit, und das alles nur deswegen,weil man Frau Merkels Wahlkampf im Jahr 2017nicht stören wollte; so jedenfalls hat es Herr Weisegesagt. Für mich ist das alles unglaublich.

Zu allem Übel kam vor Kurzem auch noch heraus,dass auch einer Reihe von Gefährdern ein Schutz-status anerkannt wurde.

(Kazim Abaci SPD: Woher wissen Sie das?)

Auf meine Kleine Anfrage hier in Hamburg hin sag-te der Senat, diesbezüglich lägen ihm keine Er-kenntnisse vor. Nun, das muss bei dieser Formu-lierung wirklich nichts heißen.

Das BAMF Hamburg erteilt aus gutem Grund keineAuskunft darüber, ob es personell überlastet ist. InHamburg werden wir weiterhin verfolgen, inwieweitdas Fallaufkommen und die Mitarbeiteranzahl zu-künftig miteinander korrespondieren. Ich forderevom Hamburger Senat, dass man sich mit anderenBundesländern, mit den Landesregierungen zu-sammenschließt und dass man auf das BAMF ein-wirkt, hier wirklich alle Karten offen auf den Tischzu legen. Der Name von Frau Merkel jedenfallswird auf alle Ewigkeit in Deutschland mit diesemgnadenlosen Staatsversagen verbunden bleiben. –Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Carola Veit: Herr Schumacher be-kommt jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.

Sören Schumacher SPD: Frau Präsidentin, meineDamen und Herren! Die Angelegenheit um die Au-ßenstelle des Bundesamtes für Migration undFlüchtlinge in Bremen muss und wird derzeit vonvielen Seiten auf Bundes- und Länderebene aufge-arbeitet und untersucht. Ob es sich wirklich, wiehier und da zu lesen und auch ein bisschen zu hö-ren ist, um einen Skandal, um Korruption imgroßen Stil, um bandenmäßige Zusammenarbeitgehandelt hat, wird sich in den nächsten Wochenund Monaten erweisen. Zum gegenwärtigen Zeit-punkt erlaube ich mir noch keine abschließendeEinschätzung, und ich denke, das sollten wir alleso handhaben.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ-NEN, der FDP und bei Nebahat Güçlü frakti-onslos und Christiane Schneider DIE LINKE)

Wer jetzt unterstellt, es gäbe massenhaftes Durch-winken von Gefährdern – davon haben wir ebenauch ein bisschen etwas gehört –, macht damiteinmal mehr klar, was von Rechtsaußen immer

gern getan wird: Panikmache aus parteipolitischemKalkül.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und beiChristiane Schneider DIE LINKE – DirkKienscherf SPD: So sind sie!)

Was die Auswirkung der von der BAMF-Außenstel-le Bremen ergangenen Asylentscheide betrifft, istHamburg insofern betroffen, als dass es sich beiden von bundesweit insgesamt 13 099 Asylverfah-ren, die seit dem Jahr 2000 in Bremen positiv ent-schieden wurden, um 149 Verfahren handelt, diezum Zeitpunkt der Entscheidung in Hamburgwohnhaft waren. Die Innenbehörde hat sofort nachEingang dieser Information das BAMF um Über-mittlung der entsprechenden Personalien gebeten.Das BAMF hat die Übersendung der Angaben zu-gesichert. Die Innenbehörde wird also in der Lagesein, alle Fälle einzeln auf etwaige HamburgerHandlungsbedarfe hin zu überprüfen, und ich habekeinerlei Zweifel, dass sie das auch tun wird.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und beiNebahat Güçlü fraktionslos)

Abgesehen davon hat das BAMF zugesichert, alleangesprochenen Verfahren auf Nachvollziehbar-keit der jeweiligen Entscheidungen in den Asylver-fahren hin zu überprüfen. Damit haben sie jetzt ei-ne Menge zu tun; das stimmt wohl.

Im Übrigen steht das Land Hamburg nicht erst jetztdurch diese Geschehnisse mit dem Bundesamt inengem Austausch, sondern das ist schon lange so.Und wenn wir einen Blick auf unser Ankunftszen-trum hier in Rahlstedt werfen, dann kann man dortauch konkret sehen, wie gut die Zusammenarbeitfunktioniert und organisiert ist.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und beiNebahat Güçlü fraktionslos)

Weitere Auswirkungen auf Hamburg können wirderzeit nicht sehen. Ich bin mir aber sicher, dassdie politisch Verantwortlichen – und die sitzen vorallen Dingen im Bund; es handelt sich ja auch umein Bundesamt – wie auch die Verwaltung denFortgang der Aufarbeitung aufmerksam beobach-ten werden und die richtigen Rückschlüsse darausabzuleiten sind. Gleiches gilt für uns in der Ham-burgischen Bürgerschaft. Auch wir werden die wei-tere Entwicklung beobachten und gegebenenfallsInitiativen ergreifen. Zurzeit sehen wir hierzu kei-nen Anlass. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und beiNebahat Güçlü fraktionslos)

Präsidentin Carola Veit: Herr Ploog bekommt dasWort für die CDU-Fraktion.

Wolfhard Ploog CDU:* Frau Präsidentin, meinesehr geehrten Damen und Herren! Als ich das ers-te Thema der Aktuellen Stunde las, dachte ich, das

5922 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Dirk Nockemann)

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sei ja einmal eine ganz neue Sache. Ich vermute-te, dass die AfD sich jetzt in die Lösung unsererProbleme einbringen will.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP– Dirk Kienscherf SPD: Sie sind das Pro-blem!)

– Warten Sie ab, Herr Kienscherf, das kommt. Na-türlich, da haben Sie recht.

Da stand auch nichts von Skandal oder Korruption,und ich denke: Das ist ja ganz neu. Nun kam esnatürlich, wie es kommen musste, nicht ganz so,wie ich befürchtet hatte. Aber immerhin hat HerrNockemann es geschafft, zunächst einmal den öf-fentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschlandzu beschimpfen und zu diffamieren.

(René Gögge GRÜNE: Pfui!)

Er selbst ist ja Teil dieser Verwaltung.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ-NEN, der LINKEN, der FPD und bei Neba-hat Güçlü fraktionslos)

Ich hoffe, Sie halten sich weiterhin an Recht undGesetz, Herr Nockemann.

Dann ging es weiter. Die Bundeskanzlerin wurdebeschimpft, und es wurde als verantwortungslosdargestellt, was sie gemacht hatte. Das war sichereine sehr schwierige Entscheidung. Wir selbst wis-sen, wie es im Herbst 2015 war. Da standen dieMenschen vor den Grenzen und wussten nicht,wohin. Und das war eine sehr mutige und einesehr klare Entscheidung.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ-NEN, der LINKEN und der FDP – Dr. Alex-ander Wolf AfD: Nur eine falsche!)

– Ob sie falsch war, entscheidet die Geschichteund nicht Sie, das ist ja klar.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ-NEN, der LINKEN, der FDP und bei Neba-hat Güçlü fraktionslos)

Denn in Ihren Köpfen kreisen ganz andere Gedan-ken; das kennen wir. Deswegen nehme ich das garnicht mehr ernst.

Ich möchte nur noch Folgendes sagen – HerrSchumacher hat das Wesentliche zu den jetzt lau-fenden Überprüfungen gesagt; das müssen wir ab-warten –: Im Bund wird viel gemacht. Ob es dennüberhaupt diese 1 200 Fehlentscheidungen in Bre-men waren, steht noch dahin, doch selbst wenn esnur die Hälfte war, ist das natürlich zu viel. Aberüberall, wo Menschen etwas tun, kann man irren.Es sei denn, hier ist bewusst etwas angeordnetworden; das ist natürlich nicht gutzuheißen.

Aber eine Sache blenden Sie auch aus und dieserGedanke kann Ihnen natürlich überhaupt nicht ge-fallen. Sie sagen, es seien soundso viele unerlaubt

hergekommen beziehungsweise hätten ohneRechtsgrund Asyl bekommen und dann seien auchnoch Gefährder dabei. Haben Sie sich mal über-legt, wenn schon, wie soll ich es nennen, nichtsehr gründlich geprüft wurde, wie viele Menschen,denen ein Asyl zugestanden hätte, vielleicht keinesbekommen haben?

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ-NEN, der LINKEN und bei Nebahat Güçlüfraktionslos)

Haben Sie sich darüber überhaupt schon einmalGedanken gemacht? Selbstverständlich spielt die-ser Gedanke in Ihrem Kopf keine Rolle. Das ist mirauch klar.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ-NEN, der LINKEN und bei Nebahat Güçlüfraktionslos)

Meine Damen und Herren, auch die Abgeordnetenvon der AfD, anstatt in dieser für uns alle wirklichso schwierigen Situation, die wir gemeinsam meis-tern müssen, die niemand herbeigesehnt hat, zu-sammenzustehen und Probleme zu lösen, setzenSie weiter auf Provokation, das kennen wir schon,auch auf Spaltung. Statt zusammenzuführen,skandalisieren und provozieren Sie weiter. Damitbleiben Sie selbst Teil des Problems und nicht ei-ner Lösung.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ-NEN, der LINKEN, der FDP und bei Neba-hat Güçlü fraktionslos)

Dies ist in dieser Situation weder hilfreich noch vor-bildlich. Ich glaube, Sie könnten da noch eine Men-ge lernen, wenn Sie es nur wollten.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU, derSPD, den GRÜNEN, der LINKEN, der FDPund bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Präsidentin Carola Veit: Für die GRÜNE Fraktionbekommt jetzt Frau Möller das Wort.

Antje Möller GRÜNE:* Frau Präsidentin, meineDamen und Herren! Herr Ploog, einen Halbsatzvon Ihnen möchte ich gern aufgreifen – denn diekomplette Rede kann ich hier jetzt nicht aufgrei-fen –, nämlich dass die AfD auch in Hamburg nichtTeil der Lösung, sondern Teil des Problems bleibt.Das sieht man auch an Ihrer Rede, Herr Nocke-mann. Wenn Sie sich überhaupt ernsthaft mit denFakten rund um das, was vor einigen Monaten alsSkandal im BAMF in Bremen bezeichnet wurde,beschäftigt haben, dann haben Sie wahrscheinlichvor rund sechs Wochen damit aufgehört, die weite-re Entwicklung nachzuverfolgen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LIN-KEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5923

(Wolfhard Ploog)

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Das ist schlicht und einfach fahrlässig. Die Innen-ausschusssitzungen im Bundestag, die Aufarbei-tung innerhalb des Bundesamtes selbst kommeninzwischen zu anderen Ergebnissen, als Sie unshier als die Wahrheit verkauft haben. Es gibt wederdie hohe Anzahl der Fälle, die kritisch gesehenworden sind – diese Zahl hat sich auf 578 Fälle re-duziert –,

(Zuruf von Dirk Nockemann AfD)

noch die Vorwürfe, die gegenüber der ehemaligenLeiterin geäußert worden sind, die längst – dasVerfahren ist von der Staatsanwaltschaft einge-stellt worden – aus dem Weg sind; da haben Siesich nicht die neue Entwicklung angeguckt. DieUnterstellung der Motivation dieser Außenstellen-leiterin, die Sie eben formuliert haben, ist derma-ßen unverschämt,

(Dirk Nockemann AfD: Das hat sie dochselbst gesagt!)

dass man sich nur wünschen könnte, dass darausKonsequenzen folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LIN-KEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Das wird nicht der Fall sein. Die Zusammenarbeits-vorwürfe, die Korruptionsvorwürfe, das alles hatsich erledigt. Wir reden darüber – das haben mei-ne Vorredner schon gesagt –, dass sich das Bun-desamt aufgrund einer massiv gestiegenen Anzahldarum bemühen musste, beschleunigte Verfahrenzu entwickeln und trotzdem professionell und allenEinzelfällen gerecht werdend zu arbeiten. Das wareine schwierige Aufgabe, und die ist weiterhinschwierig.

Wenn man aber sieht, dass seit 2000 zweieinhalbMillionen Anträge bearbeitet worden sind und31 000 nun als möglicherweise fehlerhaft geprüftwerden, dann ist das eine Relation, zu der man sa-gen muss, das ist nicht gut. Es ist wichtig, dass siegeprüft werden, aber es ist noch lange nicht derSkandal, den Sie daraus zu machen versuchen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN undbei Ole Thorben Buschhüter SPD und AndréTrepoll CDU)

Die Intention, die Sie damit verbinden, und sichnicht entscheiden können, ob Sie jetzt die Bundes-behörden oder die Politik angreifen wollen oder obSie am liebsten doch darauf hinaus wollen, dassalle Menschen, die hier Zuflucht suchen, Gefährdersind und der größte Teil davon nach Hamburgkommt, das ist lächerlich, das ist unredlich und esist mehr als unappetitlich. Wir kommen nicht weiterin einer Diskussion, in der es tatsächlich darumgeht, in unserem Rechtsstaat rechtmäßige undrechtskonforme Entscheidungen zugunsten oderzulasten von hierher Geflüchteten zu treffen. Diesemüssen und werden vor Gericht zu klären sein. Ih-re politische Diffamierung der Akteure in dieser Re-

publik hilft bei dem, was wir als Thema haben,nämlich, wie man die Einwanderung, wie man dieIntegration gestaltet und wie man sicherstellt, dasAsylrecht, das wir haben, zu stärken und ihm ge-recht zu werden, keinen Schritt weiter.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, verein-zelt bei der CDU, bei der LINKEN und beiNebahat Güçlü fraktionslos)

Präsidentin Carola Veit: Frau Schneider hat dasWort für die Fraktion DIE LINKE.

Christiane Schneider DIE LINKE: Meine Damenund Herren, Frau Präsidentin! Ich kann bei meinenVorrednerinnen und Vorrednern anknüpfen. Wel-chen Wahrheitsgehalt hat die Behauptung, die dieAfD in ihrer Anfrage, in ihrer Pressemitteilung undauch hier aufgreift, dass Bremen Gefährdern – Plu-ral – Schutz gewährte? Der harte Kern dieser Be-hauptung ist: Bei der Überprüfung von 18 000 po-sitiven Asylbescheiden, die die Bremer BAMF-Au-ßenstelle seit 2000, also in 18 Jahren, verantwor-tet, fand das Bundesamt für Verfassungsschutz115 – ich zitiere –:

"[…] nachrichtendienstlich relevante Perso-nen."

Da geht es nicht um Gefährder, sondern um Per-sonen, die das Bundesamt als extremistisch ein-stuft.

(Dirk Nockemann AfD: Ist das ein Unter-schied?)

Als Gefährder, also als Person, der die Polizei auf-grund bestimmter Tatsachen schwere Straftatenzutraut, war lediglich eine einzige Person einge-stuft. Diese Einstufung erfolgte übrigens deutlichnach dem Asylverfahren. Von wegen, Bremen ge-währte Gefährdern Schutz. Die AfD verbreitetFakes.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und ver-einzelt bei den GRÜNEN)

Es ist ja nicht so, dass Sie den Unterschied zwi-schen Gefährder, ein polizeilich definierter Begriff,und Extremist, hier ein durch den Verfassungs-schutz definierter Begriff, nicht kennen. Sie redenihn einfach weg, setzen gleich, was nicht gleichzu-setzen ist, um Ängste zu schüren und darauf Ihrbekanntes politisches Süppchen zu kochen,

(Dirk Nockemann AfD: Suppe, nicht Süpp-chen!)

Stimmung zu schüren gegen Geflüchtete, Stim-mung zu schüren gegen alles, was es noch an li-beraler Anerkennungspraxis gibt, Stimmung zuschüren gegen die Aufnahme Schutzsuchender,Stimmung zu schüren gegen die Menschen, die inden letzten Jahren vor politischer Verfolgung, vorKriegen und Bürgerkriegen, vor extremer Not nach

5924 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Antje Möller)

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Deutschland geflüchtet sind. Und auch sonst blei-ben Sie nicht bei der Wahrheit. Langsam – FrauMöller hat es schon gesagt – wird nämlich klarer,was es mit dem angeblichen Bremer BAMF-Skan-dal auf sich hat, nämlich nicht so viel. Wie es der-zeit aussieht, scheint sich so mancher Vorwurf ge-gen die ehemalige Leiterin der Bremer Außenstellein Luft aufzulösen.

So soll diese, so hieß es zunächst, zwischen 2013und 2016 1 200 Geflüchtete ohne korrekte Prüfungund zu Unrecht als schutzbedürftig anerkannt ha-ben. Woher die Zahl 1 200 stammt, weiß mannicht. Richtig ist nach derzeitiger Erkenntnis – FrauMöller hat es gesagt –, dass die BAMF-Leitung in578 Fällen einen Widerruf für geboten hält. Unter-schlagen wurde, dass das nicht erst seit 2015überlastete BAMF von November 2014 bis En-de 2015 – ich zitiere –:

"[…] bei Asylantragstellenden aus Her-kunftsländern mit besonders hoher Schutz-quote temporär sogenannte vereinfachteAsylverfahren […]"

– Zitatende – durchführte.

Statt persönlicher Anhörung und erkennungs-dienstlicher Behandlung genügte das Ausfüllen ei-nes Fragebogens. Diese Regelung galt unter an-derem für Geflüchtete aus Syrien sowie für Jesidin-nen und Jesiden aus dem Irak. Die meisten dieserGeflüchteten, um die es konkret geht, sind Jesidin-nen und Jesiden. Sie entkamen 2014/2015 geradenoch dem Völkermord durch den IslamischenStaat. Wenn ihre Anerkennung als schutzbedürftigskandalisiert wird, wer wird dann in Zukunft nochals schutzbedürftig anerkannt werden?

Auch der Vorwurf, die Bremer Außenstelle sei fürdie meisten der jetzt zu überprüfenden Geflüchte-ten nicht zuständig gewesen, steht auf tönernenFüßen. So sei in Absprache mit dem BAMF fürAsylsuchende aus dem Landkreis Cuxhaven 2015Bremen zuständig gewesen. So etwas ist aufgrundder starken Überlastung vieler Außenstellen nichtunüblich gewesen. Schließlich gehören alle Au-ßenstellen derselben Bundesbehörde an, und fürdie Rechtmäßigkeit eines Bescheides ist es uner-heblich, wer entscheidet.

Die Nachrichten weiterer im Hinblick auf strafrecht-lich relevante Vorwürfe spare ich mir aus Zeitgrün-den. Richtig ist allerdings, dass es bundesweit er-hebliche Missstände im BAMF gab und gibt, nichterst seit 2015, sondern schon früher. Das ist spä-testens seit 2014 bekannt. Aber statt das Personal,wie es dringend erforderlich gewesen wäre, ausrei-chend aufzustocken und zu schulen, um schnelleVerfahren in hoher Qualität sicherzustellen, wur-den Gesetze verschärft und Prozesse auf Kostender Qualität optimiert. Folge: 40 Prozent der bun-desweit vor Gericht angefochtenen Negativent-scheidungen wurden 2017 gekippt. Das waren

120 202 von 300 507 Klagen. Und da sollen einigeHundert Fälle in Bremen das Problem sein undnicht die über 120 000 Fälle? Die sind doch derSkandal.

(Beifall bei der LINKEN und bei NebahatGüçlü fraktionslos und Dr. Carola TimmGRÜNE)

Stattdessen soll der hochgeputschte Bremer Skan-dal für eine noch restriktivere Flüchtlingspolitik her-halten. Wir gehen davon aus, dass, sollte es tat-sächlich kriminelle Machenschaften beim BAMFBremen gegeben haben, Polizei und Staatsanwaltund letztendlich die Gerichte das aufklären wer-den. Das Hochpuschen aber von vermeintlichenSkandalen, wie Sie es hier machen, sollte sich ver-bieten. Wer sich daran beteiligt, gießt Wasser aufdie Mühlen einer Rechtsaußenpartei, die von Um-volkung, von Volkstod, von Volksverrätern schwa-droniert und damit ahnen lässt, was uns blüht,wenn sie erst einmal könnte, wie sie wollte.

(Beifall bei der LINKEN, vereinzelt bei derSPD, bei den GRÜNEN und bei NebahatGüçlü fraktionslos)

Präsidentin Carola Veit: Frau Nicolaysen hat dasWort für die FDP-Fraktion.

Christel Nicolaysen FDP:* Sehr geehrte FrauPräsidentin, meine Damen und Herren! Im Momenterleben wir sowohl auf Bundesebene als auch inHamburg wieder ein Aufflammen der Diskussionüber die Flüchtlings- und Asylpolitik. Die Flücht-lingspolitik der vergangenen Jahre wird erneut po-larisiert, diesmal durch den Bremer BAMF-Skan-dal. Das zeigt uns, der FDP, dass wir als Oppositi-onspartei den Finger in die Wunde legen müssen,und das gilt sowohl auf Bundesebene als auch inHamburg. Für die Liberalen betone ich gleich amAnfang meiner Ausführungen: Uns geht es umAufklärung, uns geht es um lösungsorientierte Ant-worten.

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD:Das ist ja ganz neu!)

Wir fordern eine offene demokratische Auseinan-dersetzung mit der Problematik. Genau das ist un-ser Auftrag. Als Opposition müssen wir das Han-deln der Regierung kritisch kontrollieren und hinter-fragen. Dem kommen wir auf Bundesebene undauch auf Landesebene nach. Je häufiger behördli-ches Fehlversagen öffentlich wird, desto größerwerden die Hürden für diejenigen Flüchtlinge, diesich hier legal aufhalten und einen berechtigtenAnspruch auf Integration haben.

Auch ich würde heute hier viel lieber über Zu-kunftsthemen sprechen, beispielsweise, wie Inte-gration gelingt, oder über qualifizierte Einwande-rung. Mein Appell an Sie alle, die schon zum Teilüber mehrere Legislaturperioden hinweg Politik be-

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5925

(Christiane Schneider)

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treiben: Wir dürfen der Gesellschaft nicht das Ge-fühl geben, bei der AfD Gehör zu finden.

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen der Gesellschaft zeigen: Ordnung undklare Regeln und eben nicht Willkür und Beste-chung entscheiden in unserem Rechtsstaat überdas Aufenthaltsrecht eines Zugewanderten.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von ChristianeSchneider DIE LINKE)

Was Sie bisher zu diesem Thema gesagt haben,ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Dabeispreche ich über die 149 Asylentscheidungen, dieim Zusammenhang mit dem Bremer BAMF-Skan-dal stehen und Hamburg betreffen. Das gilt aberauch in Bezug auf unsere bundespolitische Forde-rung nach einem Untersuchungsausschuss. UnserAnliegen ist, das Vertrauen der Bürger in die Politikzu stärken und aus den in der Vergangenheit ge-machten Fehlern Lehren für die Zukunft zu ziehen.

(Beifall bei der FDP)

Die AfD nutzt, wie erwartet, einmal mehr die Gele-genheit, eine Anti-Merkel- – oder soll ich es soausdrücken? – eine Antiflüchtlingskampagne zubetreiben. Das überrascht wirklich niemandenmehr. Aufhetzen, Stimmungsmache im Gewandder Tugend, auch heute ist der Tenor derselbe.Wie üblich hat Herr Nockemann durch eine inhaltli-che Verkürzung des Themas und durch eine dra-matische Inszenierung versucht, Angst in der Ge-sellschaft zu schüren. Diese oberflächliche, igno-rante und populistische Betrachtungsweise sensi-bler Themen hilft uns aber nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn KruseAfD)

Wir Liberale können dieser angstschürenden, rück-ständigen und egoistischen Denk- und Lebenswei-se nicht folgen. So viel zu Ihnen, liebe AfD-Kolle-gen.

Ich würde mir wünschen, dass mehr Mut undWeltoffenheit in der Diskussion über den BAMF-Skandal und seine Auswirkungen auf Hamburg ge-zeigt werden. Und dieser Appell geht an Sie, liebeKollegen und Kolleginnen von den anderen Partei-en. Auf der Internetseite der CDU-Fraktion Ham-burg steht kein Wort zu den 149 Asylentscheidun-gen, die überprüft werden müssen. Das Gleichegilt auch für die nicht vorhandenen Kommentierun-gen der Fraktionen der SPD, der GRÜNEN undder LINKEN.

(Sören Schumacher SPD: Nicht auf derHomepage! Mann, Mann, Mann!)

Liebe Kollegen und Kolleginnen von der LINKENund den GRÜNEN, warum höre ich von Ihnen erstheute etwas zur Hamburger Betroffenheit? Liegt esvielleicht daran, dass Ihre Bundestagsfraktionenlange gebraucht haben, um eine einheitliche Mei-

nung zu dem von uns geforderten Untersuchungs-ausschuss zu finden?

(Dirk Kienscherf SPD: Wir klären erst auf,bevor wir etwas fordern!)

Schade. Mit einer sachbezogenen Politik könnenwir aus den Fehlern der Vergangenheit für die Zu-kunft lernen. Im Übrigen geht auch beides, einezeitnahe Befassung im Innenausschuss und eingründlicher sowie umfassender Untersuchungs-ausschuss.

(Beifall bei der FDP, bei Dr. Alexander Wolfund Dr. Jörn Kruse, beide AfD)

Nicht nur in Hamburg befassen wir uns seit demBeginn der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 hier imParlament regelmäßig mit der Flüchtlingspolitik.

(Dirk Kienscherf SPD: Wer hat Ihnen denndie Rede aufgeschrieben?)

Wenn es dann aber darum geht, was die Verant-wortlichen besser machen können, dann wollenSie möglicherweise Fehlentscheidungen kleinre-den. Ich appelliere an Sie: Wirken Sie auf Ihre Par-teifreunde ein, zeigen Sie Ihnen die Vorteile einesUntersuchungsausschusses auf. Es gibt Tausendekorrekter Entscheidungen des Bundesamtes. Fürdie knapp 150 Fehlentscheidungen brauchen wir inHamburg Aufklärung, um das Vertrauen der Ge-sellschaft zu stärken. Trotz oder gerade wegen derstrukturellen Probleme beim BAMF erwarte ichvom Senat, zeitnah in einen gründlichen Aus-tausch mit dem Bundesamt zu gehen.

(Beifall bei der FDP – Glocke)

Präsidentin Carola Veit (unterbrechend): Ihre Re-dezeit ist abgelaufen.

Christel Nicolaysen FDP (fortfahrend):* Okay.

Ich erwarte auch, dass der Senat die Schutzquo-ten im Blick behält und bei Unregelmäßigkeitennachprüft. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der AfD)

Präsidentin Carola Veit: Herr Dr. Flocken be-kommt das Wort.

Dr. Ludwig Flocken fraktionslos:* Sehr verehrteFrau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter,sehr verehrter Herr Ploog, sehr verehrte Frau Möl-ler! Bitte hören Sie meine Rede bis zum Ende an;es folgt am Ende der von Ihnen geforderte Lö-sungsvorschlag.

Wie viele Mitarbeiter wurden im Zuge des erweiter-ten Instrumentariums in Hamburg eingestellt, HerrTschentscher? Für wie lange? Welche Qualifikatio-nen hatten diese Mitarbeiter? Welche Qualifikatio-nen hatten die Vorgesetzten? Warum wurden die

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(Christel Nicolaysen)

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sachgrundlos befristeten Arbeitsverträge nicht ver-längert? Fragen über Fragen.

(Sylvia Wowretzko SPD: Das ist Bundesauf-gabe! – Dirk Nockemann AfD: Es geht umdas Bundesamt, Ludwig!)

Aber diese Fragen sind eigentlich gar nicht sowichtig. Denn, Herr Tschentscher, stellen Sie sichdoch einmal vor, Sie würden zum König von Taka-Tuka-Land oder zum Kaiser von Mandala gekürt.Da beauftragen Sie dann Bonzen der Behörde zurAufsicht des motorisierten Verkehrs, kurz BAMVgenannt, die Fahrprüfungen zu organisieren. Wergut fährt, bekommt eine Fahrerlaubnis, wer nichtgut fährt, bekommt eine Ersatzerlaubnis, wer nochschlechter fährt, bekommt eine Duldung der Teil-nahme am motorisierten Straßenverkehr, wer ganzschlecht fährt, bekommt eine Empfehlung, nichtmehr Auto zu fahren.

(Urs Tabbert SPD: Wer schlecht redet …)

Wer wiederholt damit auffällt, trotz einer solchenEmpfehlung Auto zu fahren, dem wird geraten,sich anwaltliche Hilfe zu suchen, bei Versagen de-rer, medienerfahrene Hilfe aus der Anti-aus-dem-Verkehr-zieh-Industrie zu suchen. Versagt auchdiese, braucht er schlagkräftige Hilfe wie in Ellwan-gen. Ach ja, und die ganze Zeit fährt er natürlichauf Staatskosten Auto. Nun kommt heraus – oh,Schreck, oh, Graus –, dass einzelne Prüfer oderEntscheider sachfremde Maßstäbe bei der Ein-gruppierung der Fahrer angelegt haben. Ein Ge-zänk unter den Bonzen bricht aus: Dies ist deinBAMV, nein, nicht mein BAMV. Böse Zungen ha-ben schon immer behauptet, der Unter- oder Ober-bonze lasse sich von Murmeltieren an den Testsdurch die Arena ziehen. Nun kommt heraus, dassdas gar nicht geht, weil alle EU-Nuchen sind.

Zurück zu Deutschland und Hamburg. Jederkommt rein, auch ohne Pass, fast keiner mussraus, schon gar nicht ohne Pass.

(Glocke)

Präsidentin Carola Veit (unterbrechend): HerrDr. Flocken, ich habe das akustisch nicht ganz ver-standen, aber ich bitte Sie einmal präventiv, denparlamentarischen Sprachgebrauch bitte peinlichsteinzuhalten, wenn es geht.

Dr. Ludwig Flocken fraktionslos (fortfahrend):* Ja.

Die LINKEN fordern es, die AfD prangert es an, al-le wissen es: Die Invasoren morden und vergewal-tigen.

(Zuruf: Pfui! – Zurufe von der SPD, denGRÜNEN und der LINKEN)

Was ist neu seit dem April? Nicht, dass der Staatversagt.

(Glocke)

Präsidentin Carola Veit (unterbrechend):) HerrDr. Flocken …

Dr. Ludwig Flocken fraktionslos (fortfahrend):*Nicht, dass er seine Verpflichtungen gegenüberdem Volk vernachlässigt.

(Glocke)

Präsidentin Carola Veit (unterbrechend):) HerrDr. Flocken!

Dr. Ludwig Flocken fraktionslos (fortfahrend):*Auch nicht, dass er …

Präsidentin Carola Veit (unterbrechend):) HerrDr. Flocken, hatten Sie mich eben verstanden, wasden Sprachgebrauch angeht? Dann folgen Siedem doch bitte. Im Übrigen rufe ich Sie zur Sache.

Dr. Ludwig Flocken fraktionslos (fortfahrend):*Herr Bürgermeister, im Stall des Augias von Elisstanden 3 000 Rindviecher, deren Ausscheidun-gen sich über 30 Jahre angesammelt hatten.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sagen Sie dochgleich "Scheiße"!)

Selbst der Halbgott Herakles vermochte nicht, ihnvon Hand auszumisten. Er nutzte die Hilfe äußererGewalten, nämlich der Flüsse Alfeios und Peneios.Herr Tschentscher, nehmen Sie sich ein Beispielan Herakles. Geben Sie zu: Wir schaffen es nichtaus eigener Kraft.

Und jetzt ein ganz konkreter Vorschlag zur Lösung.Herr Tschentscher, sprechen Sie mit Ihrem Amts-vorgänger, sprechen Sie mit dem jetzigen Vize-kanzler. Bitten Sie ihn, mit Russland und Amerikaauszuhandeln, dass die Verantwortung aus demBAMF auf diese Mächte übertragen wird, gegebe-nenfalls mithilfe von Polen und Ungarn.

(Lachen bei der SPD)

Solche Kräfte braucht es, um dieses Problem zulösen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Präsidentin Carola Veit: Frau Güçlü, Sie bekom-men das Wort.

Nebahat Güçlü fraktionslos: Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Was für ein Theater. Dakann man wirklich nur mit dem Kopf schütteln. Un-erträglich.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ-NEN und der LINKEN)

Bei manchen Rednern müssen wir uns immer ir-gendwelche Geschichtskunde und Sachen anhö-ren, die keiner versteht, weil sie überhaupt keinenSinn ergeben – so wirre Gedanken. Aber das The-

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(Dr. Ludwig Flocken)

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ma, um das es geht, ist natürlich ein wichtigesThema, und ich finde es beschämend, dass dankder AfD-Fraktion ein so wichtiges und hypersensi-bles Thema wieder eine falsche Außenwirkung be-kommt.

(Dirk Nockemann AfD: Das stand doch inder Zeitung! Das müssen Sie mal lesen!)

– Herr Nockemann, ich komme noch weiter zu Ih-nen, warten Sie mal ab.

Ich finde es nicht nachvollziehbar, dass Sie sehrsachliche Darstellungen der Vorrednerinnen undVorredner – von Christiane Schneider, von AntjeMöller und auch von dem Kollegen von der SPD –völlig ignorieren, als würden Sie die Ohren vor deneigentlichen Argumenten verschließen. Da ist vielInformation gegeben worden, die Sie einmal hättenrecherchieren sollen, bevor Sie sich hier ans Pultstellen und Unredliches von sich geben, was über-haupt keinen Sinn macht und auch gar kein Pro-blem beschreibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt beider SPD)

Aber es ist klar: Sie haben das Wort interessenge-leitet benutzt. Ja, diese Rede, die Sie gehalten ha-ben, ist ganz eindeutig interessengeleitet, denn Sielassen nichts aus, selbst wenn es nur einen Hauchvon Anmutung zu etwas gibt, um diese Debattenimmer zu instrumentalisieren. Herr Nockemann,wir alle sind Menschen, die zu einer Menschheits-familie gehören, mit unseren Unterschieden, diewunderbar sind und die wir manchmal schwer er-tragbar finden, aber ertragen müssen, denn das istDemokratie – so habe ich das gelernt und so lebeich das. Aber dass Sie so verantwortungslos mitdiesen Menschen, aber auch mit unserer Gesell-schaft umgehen, indem Sie diese Debatten derartverzerren, finde ich politisch unverantwortlich undbeschämend für dieses Haus.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN-KEN und der FDP)

Ich möchte auch zu der Rede der Kollegin Nicolay-sen kommen. Ich wundere mich hier seit einigenWochen und Monaten, Frau Nicolaysen. Ich habedie FDP früher wirklich anders erlebt. Ich weißnicht, ob an mir etwas vorbeigegangen ist und dieFDP inzwischen in Hamburg einen Rechtsschwenkeingeschlagen hat,

(Zurufe)

aber ich bin jedes Mal, wenn Sie reden, Frau Nico-laysen – ich hätte mir gewünscht, dass Herr Jar-chow redet –, ein Stück weit geschockt.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und derLINKEN)

Es ist wirklich so. Ich habe viele sehr geschätzteKolleginnen und Kollegen bei der FDP, aber meineSorge ist, dass Sie sich ein Stück weit von dem

wegbewegen, wofür die AfD, nein, die FDP – Siesehen, Freudsche Fehlleistung – früher einmal ge-standen hat. Das finde ich sehr schade und ichmöchte Ihnen das einfach noch einmal mitgeben.Also überlegen Sie sich da Ihre Position.

(Zuruf von Christel Nicolaysen FDP)

Manchmal frage ich mich wirklich, Frau Nicolay-sen, wo die FDP hinwill. Vielleicht können Sie unsdas dann mit praktischem Handeln zeigen. – Dan-ke.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und derLINKEN)

Präsidentin Carola Veit: Herr Nockemann, Siebekommen erneut das Wort für die AfD-Fraktion.

Dirk Nockemann AfD:* Meine sehr verehrten Da-men und Herren! Da hat sich eine ganze Mengeangesammelt. Sehr geehrter Herr Ploog, wir habenfrüher wunderbar zusammengearbeitet, – das istschon 13 Jahre her –, aber wenn Sie mir heutevorwerfen ich würde den öffentlichen Dienst be-schimpfen, dann liegen Sie so weit daneben, wieSie in den letzten 14 Jahren noch nie danebenge-legen haben. Ich habe den politischen Einfluss,den politischen Druck auf Mitarbeiter des BAMFbeklagt. Die mussten Fälle erledigen in einer Zahl,von der jeder wusste, dass das nicht zu stemmengewesen ist. Das habe ich beklagt.

(André Trepoll CDU: Das ist doch gar nichtder Sachverhalt!)

Das passiert aber immer dann, wenn Politiker Un-fug machen und die Behördenmitarbeiter das aus-baden müssen.

Herr Ploog, es geht weiter. Sie sprachen von einermutigen Entscheidung der Außenstellenleiterin. Siesehen es wirklich als mutig an, wenn jemand dieGesetze auf der einen Seite erlässt

(Zurufe von der SPD, der CDU und der LIN-KEN)

und auf der anderen Seite nach seiner eigenenGesinnung entscheidet?

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Zum Beispiel beiGeschwindigkeitsüberschreitungen!)

Das ist für Sie Mut, Herr Ploog? Stellen Sie sicheinmal vor, dass der Polizeibeamte auf der Straßedas macht und sagt: Die Straftat da, die verfolgeich nicht, der Straftäter ist ein Lieber und Netter,den zeige ich gar nicht mehr an. Das wäre in letz-ter Konsequenz doch das, was Sie wollen.

Und es geht weiter. Sie werfen der AfD vor, wirwürden skandalisieren.

(Zuruf: Zu Recht!)

5928 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Nebahat Güçlü)

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Ja, ja, natürlich, wir skandalisieren. Überall da, wowir einen Rechtsbruch sehen, da skandalisierenwir. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist ei-gentlich Ihre Aufgabe als Abgeordnete? Was ist Ih-re Aufgabe als Abgeordnete? Sie sollen die Regie-rung kontrollieren. Kontrolle ist Ihre Aufgabe. UndSie werfen uns vor, wir hätten hier nur 150 Fällemoniert. 150 Fälle, das ist für uns Ausschluss un-serer Kontrolle. Wir nehmen unsere Verantwortungder Kontrolle wahr, Sie nicht. Sie reden alle Ge-setzesverstöße schön. Das ist der Unterschiedzwischen uns.

(Beifall bei der AfD)

Und dann kommt natürlich wieder dieser ewigeVorwurf, wir würden keine Lösungsvorschläge brin-gen. Kolleginnen und Kollegen, mit uns an der Re-gierung hätte es solche Probleme nicht gegeben.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Sie haben die Probleme verursacht, und jetzt wol-len Sie von uns die Lösung. Die Lösung ist, dieGrenzen dichtzumachen.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Frau Schneider, Sie haben heute wieder echt denVogel abgeschossen. Sie haben mir vorgeworfen,ich könne nicht zwischen Extremisten und Gefähr-dern unterscheiden. Den Unterschied kenne ichsehr wohl. Aber wie Sie das vorgetragen haben,sind die Extremisten im Verhältnis zu den Gefähr-dern die Lieben.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Darumgeht es doch gar nicht!)

Insbesondere wenn es linke Extremisten sind,dann sind das die Samariter von nebenan.

Und Frau Güçlü – ich habe noch ein paar Sekun-den –, wenn Sie sagen, wir seien alle interessen-geleitet: Selbst Sie als Parteilose sind interessen-geleitet bei Ihren Vorträgen, sonst würden Sie hiernicht auftreten.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Carola Veit: Das Wort bekommt FrauMöller für die GRÜNE Fraktion.

Antje Möller GRÜNE:* Frau Präsidentin, meineDamen und Herren! Ich will eigentlich nur etwas zuunseren Aufgaben sagen. Ja, die parlamentarischeAufgabe ist die parlamentarische Kontrolle. Kon-trolle hat aber etwas mit Fakten, mit der Suchenach Fakten, mit der Suche nach Wahrheit, mit ei-ner Fehleranalyse und mit einer Strukturanalyseund dann auch noch mit der Suche nach Lösungenfür die erkannten Defizite zu tun. Sie hat nichts da-mit zu tun, dass man die Wahrheit verdreht, dassman sich Zahlen ausdenkt, dass man Motivationenunterstellt,

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LIN-KEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

dass man nicht darüber spricht, wenn Ermittlungenlängst eingestellt sind, dass man nicht darüber re-det, wie sich ein Vorwurf weiterentwickelt. Und eshat auch nichts damit zu tun, dass man das jeweilsinteressengeleitet – und in Ihrem Fall, Herr Nocke-mann, interessengeleitet in Bezug auf die Zahl derGeflüchteten in unserem Land – tut. Das istschlicht und einfach keine akzeptable und seriösePolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LIN-KEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Präsidentin Carola Veit: Frau Nicolaysen be-kommt erneut das Wort für die FDP-Fraktion.

Christel Nicolaysen FDP:* Liebe Frau Güçlü, ichfinde, es ist eine große Frechheit und auch sehrunprofessionell von Ihnen, mir einen Rechtsruck zuunterstellen. Wir Liberale wollen Aufklärung.

(Beifall bei der FDP und der AfD – KsenijaBekeris SPD: Wir haben Ihnen zugehört!)

Ich kann Ihnen erzählen: Ich bin in einem sehr libe-ralen Land aufgewachsen, ich bin gebürtigeSchwedin, ich bin ein liberal denkender Mensch,und ich habe nie irgendetwas im rechten Bereichzu tun gehabt. Das ist echt eine große Frechheit.

(Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN)

Wir differenzieren uns ganz klar von der AfD. Ichhabe auch gesagt, dass die AfD diese Debattenutzt, um eine Anti-Merkel-Kampagne zu betrei-ben.

(Dirk Kienscherf SPD: Die AfD hat applau-diert bei Ihrer Rede!)

– Applaudiert?

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, die AfD hat ap-plaudiert bei Ihrer Rede!)

– Was, applaudiert? Es tut mir leid, Herr Kien-scherf, dann haben Sie eine gewisse Wahrneh-mungsstörung, denn das passt überhaupt nicht.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wenn Sie das Klatschen und Applaudieren nen-nen, dann tun Sie mir sehr, sehr leid. Und FrauGüçlü, passen Sie auf Ihre Worte auf, denn die lie-gen völlig falsch. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und beiDr. Jörn Kruse AfD)

Präsidentin Carola Veit: Herr Dr. Wolf bekommtdas Wort für die AfD-Fraktion.

Dr. Alexander Wolf AfD:* Sehr geehrte Frau Prä-sidentin, meine Damen und Herren! Ein Aufschrei

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5929

(Dirk Nockemann)

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hallte vor Kurzem durch unser Land, als AlexanderDobrindt von der CSU von einer – Zitat –:

"aggressiven Antiabschiebeindustrie"

sprach.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Als Herr Gaulandvom Vogelschiss redete, da gab es einenAufschrei!)

Wie recht er damit hatte, und noch mehr, wie weitsogar staatliche Ämter in diese Industrie involviertsind, zeigt sich an den täglichen Enthüllungen desBAMF-Skandals, der auch bis nach Hamburgreicht.

(Wolfgang Rose SPD: Sie reden doch nurfür Facebook!)

Die beiden in den Asylbetrug verwickelten Anwalts-kanzleien sind namentlich bekannt. Während dieeine der beiden Anwaltskanzleien aus Hildesheim3 565 Asylanträge in Bremen einreichte, schafftees die aus Oldenburg nur auf 1 003 Anträge. DerEinfachheit halber wurden von beiden Kanzleiendrei Formbriefe mit nahezu identischem Text ver-wendet. Alle Mandanten sollen dabei Repressaliendes Regimes ausgesetzt gewesen sein oder imExil oppositionelle Ansichten vertreten haben. Bei-de Fälle zusammen ergeben 4 568 Asylanträge,davon mutmaßlich eine nennenswerte Anzahl auchaus Hamburg. Das prüfen wir mit einer Schriftli-chen Kleinen Anfrage nach.

(Lachen bei der SPD)

Was hier stattgefunden hat, ist organisierter Asyl-betrug, außerdem finanziert durch den deutschenSteuerzahler, der für die Anwaltskosten auch nochaufkommen muss.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Bewei-se!)

Was für ein – jetzt hätte ich beinah den parlamen-tarischen Sprachgebrauch verlassen – Skandal.

Und was tun Sie?

(Glocke)

Präsidentin Carola Veit (unterbrechend): HerrDr. Wolf, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Ab-geordneten …

Dr. Alexander Wolf AfD (fortfahrend):* – Nein.

Was tun Sie von Links-Grün bis Schwarz? Sie ver-weigern im Bund immer noch Ihre Zustimmungzum Untersuchungsausschuss, der die Auswirkun-gen auch für Hamburg untersuchen und aufklärensollte und müsste.

(Zuruf von Dr. Monika Schaal SPD)

Zu groß ist Ihre Angst, Herr Trepoll, Frau Merkelsillegale Grenzöffnungen und fortwährende Herr-

schaft des Unrechts – Zitat Seehofer – könnten un-liebsame Schlagzeilen machen. Denn klar ist doch:Die Flüchtlingspolitik Angela Merkels hat die Spiel-räume für diesen gigantischen organisierten Asyl-betrug durch die Flutung von massenhaften Anträ-gen ans BAMF eröffnet. Und dabei möchte ichnoch einmal Herrn Ploog entgegnen, der von einermutigen Entscheidung der Kanzlerin sprach.

(René Gögge GRÜNE: Zu Recht!)

Zitat:

"Wer Einhunderttausende von Migranten un-kontrolliert in unser Land einreisen lässt,muss sich nicht wundern, wenn die Lage in-nerhalb unseres Landes mindestens partiellaußer Kontrolle gerät."

(Dr. Monika Schaal SPD: Wovon reden Sieeigentlich?)

– Zitatende.

Das war kein AfD-Politiker, das ist Otto Schily– Sie haben es sicher gelesen –, der das vor Kur-zem in einem großen Interview kundgetan hatte.Und auf die ausdrückliche Nachfrage hin, wie das2015 gewesen sei, Antwort – Zitat –:

"Auch aus damaliger Sicht war es einschwerwiegender Fehler, HunderttausendeMigranten, es waren ja nicht nur Flüchtlinge,unkontrolliert und unter Verstoß gegen gel-tende gesetzliche Vorschriften einreisen zulassen."

Denken Sie daran und beenden Sie diese Staats-krise durch Handeln. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Carola Veit: Frau Schneider be-kommt das Wort.

Christiane Schneider DIE LINKE: Ich mache esganz kurz. Ich möchte einfach etwas klarstellen.Erstens: Gegen diese beiden Anwälte wird nichtermittelt. Hier hat es am Anfang geheißen, es gebeErmittlungen wegen Bandenbildung. Aber es wirdim Moment ausschließlich gegen die ehemaligeLeiterin des BAMF ermittelt, nicht gegen die An-wälte.

Zweitens: Ich habe davon gesprochen, dass es imJahr 2014 und im Jahr 2015 weitgehend um Jesi-dinnen und Jesiden ging. Diese beiden Anwältesind nicht nur Spezialisten für Ausländerrecht, son-dern sie sind Jesiden. Es ist doch völlig klar, dassLeute, die sozusagen gerade ihr Leben gerettethaben, deren Töchter vielleicht von dem IS ge-raubt worden sind, sich Vertrauensanwälte suchen.Deshalb vertreten diese Anwälte tatsächlich einehohe Zahl von jesidischen Mandanten. Was istdaran verwerflich? Was Sie machen, ist schmutzig.

5930 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Dr. Alexander Wolf)

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(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN undbei Nebahat Güçlü fraktionslos)

Präsidentin Carola Veit: Herr Oetzel hat dasWort.

Daniel Oetzel FDP:* Sehr geehrte Frau Präsiden-tin, meine Damen und Herren! Ich möchte hiernoch einmal für die Freien Demokraten ganz ein-deutig feststellen, dass wir auf der Seite derjenigenstehen, die all denen, die Schutz suchen müssen,hier eine sichere Heimat geben wollen. Wir habenden Staatsauftrag so verstanden, dass wir alsStaat die Verantwortung haben, denjenigen, dieauf der Flucht vor Krieg sind, eine Heimat und einesichere Möglichkeit zu geben, vor Krieg und Verfol-gung zu fliehen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei derSPD und den GRÜNEN – Sabine Boedding-haus DIE LINKE: Dann schreiben Sie dochbeim nächsten Mal die Reden!)

Wir als Freie Demokraten laden alle Menschen ein,gemeinsam mit uns an einer offenen Gesellschaftzu arbeiten, sagen aber auch gleichzeitig, dass fürjeden, der diese Einladung annimmt, die offeneGesellschaft unserer Meinung nach vollkommenalternativlos ist.

Wir stehen aber auch dafür, Probleme, die es ganzoffensichtlich in bestehenden Verfahren gibt, zubenennen und daran zu arbeiten, diese für die Zu-kunft abzubauen. Und ich sage Ihnen eines: WerProbleme ignoriert, macht Extremisten groß. Nurwer Lösungen für existierende Probleme anbietet,macht Extremisten wieder klein. Und dafür stehenwir Freie Demokraten.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn KruseAfD)

Präsidentin Carola Veit: Das Wort bekommt nocheinmal Herr Nockemann.

Dirk Nockemann AfD:* Liebe Kolleginnen undKollegen! Das ist heute einmal wieder eine sehrspannende Debatte. Immer wenn die AfD das ers-te Thema anmeldet, können wir uns stundenlangaustauschen, was wir sonst nie machen.

Liebe Frau Nicolaysen, wenn wir von der AfD undSie von der FDP die gleichen Themenbereiche be-ackern und vielleicht auch kritisieren, dann machenSie trotzdem den Unterschied zu uns auf. Sie neh-men für sich immer das Hehre, das Ehrenhafte inAnspruch. Ich darf Ihnen einmal sagen: Da gibt esüberhaupt keinen Unterschied zu uns.

(Lachen bei der SPD – Dr. Anjes TjarksGRÜNE: Genau!)

Auch wir haben von Anfang an immer gesagt, dassfür tatsächlich politisch Verfolgte das Asylrecht gilt.

Das haben wir gesagt, das sage ich heute und mituns wird es da nie eine andere Sprachregelunggeben. Aber, wie mein Vorredner gerade bemerkthat: Da, wo Fehler sind, müssen diese Fehler auchauf den Tisch.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Herr Höcke undHerr Gauland sagen das auch! Vogelschiss!)

Und noch etwas: Die Politik von SPD und von denGRÜNEN, das sage ich Ihnen ehrlich, ist unserbester Wahlhelfer. Machen Sie weiter so, Kollegenvon der SPD. Heute neue Umfrage: 9 Prozent inBayern; da liegen wir weit vor Ihnen. Wenn Sie inHamburg so weitermachen, sind wir hier bald anebenso erster Stelle vor Ihnen. Machen Sie weiter.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Carola Veit: Weitere Wortmeldungenzu diesem Thema sehe ich jetzt … - Doch. FrauGüçlü noch einmal, bitte.

Nebahat Güçlü fraktionslos: Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Ich will gar nichts mehrzur Sache sagen; ich finde, da ist alles gesagt wor-den. Ich möchte zu Ihnen, Frau Nicolaysen, sagen:Wenn ich Sie persönlich beleidigt oder verletzt ha-be, dann möchte ich mich aufrichtig entschuldigen.Aber der Punkt, zu dem ich nach wie vor stehe, ist,dass die Liberalität der FDP-Fraktion anhand derArt und Weise, wie sie in migrationspolitischen De-batten, aber auch bei diesen Debatten, argumen-tiert, nicht … Ich habe nicht von einem Rechtsruckgesprochen, ich habe davon gesprochen, dass ichmich darüber wundere, dass Sie so argumentierenwie die AfD,

(Christel Nicolaysen FDP: Das stimmt dochgar nicht!)

dass Sie teilweise auch dieselben Forderungenstellen. Sie persönlich beleidigen wollte ich nicht.Das wollte ich noch einmal klarstellen.

Präsidentin Carola Veit: Vielen Dank für die Klar-stellung. – Frau von Treuenfels-Frowein, bitte.

Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP:*Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Präsiden-tin! Dass wir bürgerliche Parteien uns jetzt darüberstreiten, wann mal die AfD klatscht, geht doch wirk-lich am Thema vorbei.

(Zurufe von Dirk Kienscherf SPD)

Warum kommen Sie denn mit solchen Argumen-ten, wenn Sie keine anderen haben? Das lassenwir uns nicht gefallen. Das ist Nummer eins.

(Beifall bei der FDP)

Nummer zwei: Seien wir doch ehrlich:

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5931

(Christiane Schneider)

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(Dirk Kienscherf SPD: Ehrlich sind wir im-mer!)

Uns als Fraktion in Hamburg auch nur im Ansatz indiese Ecke zu stellen ist einfach lächerlich; daswissen Sie alle ganz genau. Deswegen lassen wiruns das auch nicht gefallen. Denn wir Freie Demo-kraten sind eine Rechtsstaatpartei, und nur weil wirAufklärung wollen und zufälligerweise die AfD ein-mal das Gleiche sagt, heißt das noch lange nicht,dass es falsch ist,

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD:Aber die applaudieren immer bei Ihnen!)

sondern es heißt eigentlich, dass einige sich dasvielleicht nicht trauen. Da liegt der Fehler. Und da-mit müssen wir hier aufhören, denn dann sitzt dieAfD, die natürlich – das haben heute schon allegesagt, und so ist es ja auch – von diesen Skanda-len lebt … Das ist ihr politisches Potenzial, siekocht das alles hoch, sie macht sich das als Instru-ment. Und diejenigen, die das benennen, werdendann gleich in diese Ecke gestellt. Das gefällt nie-mandem und das trifft die Sache auch nicht. Dasmacht mich wirklich ärgerlich, und deswegen binich heute noch einmal nach vorn gegangen: Daswird hier nicht noch einmal passieren. – VielenDank.

(Beifall bei der FDP und bei Peter LorkowskiAfD)

Präsidentin Carola Veit: Nun gibt es keine weite-ren Wortmeldungen mehr zu diesem Thema. Wirhaben noch gut 20 Minuten für die Aktuelle Stun-de. Deswegen rufe ich das zweite und vierte The-ma auf: Innovations-, Wissens- und Wissen-schaftsmetropole, SPD- und GRÜNEN-Anmeldun-gen gemeinsam.

Innovations- und WissensmetropoleHamburg: Acceleratoren, Hammerbrook-lyn, Fraunhofer Strategie – Hamburglegt vormit

Wissenschaftsmetropole: Hamburg aufdem Weg zum Innovationszentrum mitProjekten wie 3D-Druck, Startup Dockund Startup-Gründungsstipendium

Das Wort bekommt Herr Schmidt für die SPD-Fraktion.

Hansjörg Schmidt SPD:* Frau Präsidentin, meinesehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir zuerfreulicheren Themen. Die Hamburger Wirtschaftsteht aktuell sehr erfolgreich da, die Zahlen sindtatsächlich sehr glänzend.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dennoch spüren wir alle eine große Verunsiche-rung. Viele Unternehmen stehen fraglos vor denHerausforderungen der Digitalisierung, währendandere die Chancen ergreifen. Die technologiege-triebene ubiquitäre Verfügbarkeit von digitalen In-novationen hat es Start-ups ermöglicht, alle Artenvon Märkten zu zerstören, neue zu erschaffen undmit großen etablierten Unternehmen zu konkurrie-ren. Länder, Regionen und Städte konkurrierendeshalb global um führende Start-ups und die In-novationen von morgen. Hamburg hat nicht zuletztdeswegen in den letzten sieben Jahren viel in dieEntwicklung der Start-up-Szene und den Aufbaueiner Innovationskultur investiert.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Zukunft der Hamburger Wirtschaft liegt in derDigitalisierung und wir müssen hier weiterhin Gasgeben. Ein wichtiger Innovationstreiber sind dieAcceleratoren. Sie richten sich an Start-ups, dieganz am Anfang sind und oft nur eine Geschäfts-idee haben. Denn erfolgreiche Start-ups existierennicht in einem Vakuum, sie brauchen ein Ökosys-tem mit einer effizienten Unterstützungsinfrastruk-tur. Die Acceleratoren bilden dafür eine Basis-schicht von Start-ups. In Hamburg haben wir eineganze Reihe erfolgreicher Acceleratoren, die die-ser Senat unterstützt.

(Vizepräsidentin Christiane Schneider über-nimmt den Vorsitz.)

Der durch diesen Senat angestoßene Next MediaAccelerator hat gerade weitere 8 Millionen EuroVenture Capital eingesammelt und fördert so Inno-vationen in der Medienbranche. Er entwickelt sichgerade zu einem der führenden Hubs für digitaleInnovationen in der Medienbranche in Europa.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bei Next Commerce sind namhafte Investoren vonBeginn an dabei und entwickeln die E-Commerce-Szene in Hamburg mit großem Erfolg weiter. Undjetzt starten wir mit dem Digital Hub Logistics denInnovationsschub in der Logistikbranche. Hierfürstellt der Senat 200 000 Euro für die Anschubfi-nanzierung zur Verfügung. Damit findet eine Ver-knüpfung zwischen Tradition und Moderne statt.Das ist gut investiertes Geld in die Zukunft unsererStadt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Acceleratoren werden auch für die dringendnotwendige Internationalisierung unserer Start-up-Szene sorgen; keine Frage, hier hat Hamburgnoch viel Potenzial. Wenn ich aber sehe, wie einNiko Lumma von Next Media VC ständig durch dieWelt jettet und wie international die Entwickler-teams dort schon jetzt sind, dann sehe ich, dassgenau diese Internationalisierung gerade stattfin-det.

5932 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

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Außerhalb der Acceleratoren unterstützen wir jun-ge Gründerinnen und Gründer darüber hinaus mitden neuen Gründerstipendien. Zusammen mit demStartup Dock fördern wir damit auch die Existenz-gründung aus den Hochschulen heraus und beför-dern so den Gründergeist in dieser Stadt.

Aber man verändert die Denkweise einer Organi-sation oder gar einer ganzen Stadt nicht überNacht. Denken wie ein Innovator muss Teil unsererStadtkultur werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Einer dieser Orte, an denen neues Denken kulti-viert wird, ist der Hammerbrooklyn Digital Campus.Mitten in Hamburg entsteht hiermit ein Ort für digi-tale Transformation und urbane Zukunftsentwick-lung. Bereits jetzt haben städtische Unternehmen,wie beispielsweise die Hochbahn, großes Interes-se an einer Partnerschaft mit diesem spannendenProjekt, dem wir von dieser Seite viel Erfolg wün-schen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

In Hamburg liegen alle Karten auf dem Tisch. Wirhaben kreative Menschen mit tollen Ideen, finanz-kräftige Investoren, einen starken Markt und könn-ten eine internationale Drehscheibe für Innovatio-nen werden. Lassen Sie uns die Bedenkenträgerbeiseite schieben und jetzt gemeinsam diese Kar-ten geschickt ausspielen. Denn so werden wir eineneue Innovationskultur in unserer Stadt implemen-tieren. Damit wird das nächste Jahrzehnt eine De-kade der Innovation werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Herr Schmidt. – Das Wort erhält als Nächs-ter Herr Ovens für die CDU-Fraktion.

Carsten Ovens CDU:* Vielen Dank. – Frau Präsi-dentin, meine Damen und Herren! Wenn man hierdie Worte einiger Redner heute gehört hat undnoch hören wird oder auch die PR-Ankündigungendes rot-grünen Senats, dann könnte man denken,in Hamburg bewege sich tatsächlich etwas, undRot-Grün scheint fleißig mitzulaufen.

(Dirk Kienscherf SPD: So ist es!)

– Ja, so ist es, höre ich aus der roten oder grünenFraktion.

Mitläufer allein bei der Digitalisierung zu sein,bringt uns aber nicht nach vorne. Mitläufer zu sein,reicht nicht, um den Wohlstand in Hamburg zu hal-ten und für die Zukunft zu sichern. So klappt dasnicht.

(Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Schmidt, wenn Sie sagen, Sie täten soviel, und wenn Sie eine Reihe von guten Accelera-

toren-Programmen aufzählen, dann ist es leiderdoch ein bisschen wenig, wenn man das einmalmit dem vergleicht, was Sie tatsächlich dafür tun.Sie haben gerade gesagt, ganze 200 000 Euro in-vestiere das Parlament beziehungsweise der Se-nat in den Digital Hub Logistics. Alles schön undgut – übrigens eine Initiative, die nicht von IhremSenat kam, sondern von der Bundesregierung an-gestoßen wurde. Aber was sind denn bitte schön200 000 Euro, wenn Sie die Zukunft gestalten wol-len, während Sie auf der anderen Stelle ohneeinen einzigen Effekt bereits über 1 Milliarde Euroin den sinnlosen Rückkauf der Energienetze aus-gegeben haben? So bringen Sie doch Hamburgnicht voran.

(Beifall bei der CDU)

Matthias Boxberger, neuer Präsident des Industrie-verbandes Hamburg, hat vor einigen Tagen im In-terview mit "Der Welt" gesagt, es reiche ebennicht, beste Innovations- und Wissensmetropole inNorddeutschland zu sein,

(Dr. Monika Schaal SPD: Da findet Digitali-sierung statt!)

unser Maßstab sollten die Spitzenstandorte welt-weit sein, ob in den USA, ob in Israel, ob in Asien.Oder meinetwegen bleiben wir auch in Deutsch-land und Europa und schauen uns Berlin, Barcelo-na und Lissabon an. Das ist das, was die Hambur-ger Industrie fordert. Aber Rot-Grün denkt ja nurvon Pinneberg bis Stade und bis Ahrensburg; wei-ter können Sie leider nicht.

(Beifall bei der CDU – Dr. Monika SchaalSPD: Sehr witzig!)

Wir werden wahrscheinlich auch gleich wieder hö-ren, die Fraunhofer-Strategie sei das große Pro-dukt dieses Senats. Aber auch da feiern Sie vonSPD und GRÜNEN doch wieder nur die Arbeit unddie Ergebnisse früherer Abgeordneter, früherer Se-nate. Die Fraunhofer-Strategie wurde in diesemHause im Jahr 2006 und 2009 beschlossen und istkein Werk von Katharina Fegebank oder diesemSenat.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD:Da ist aber nichts passiert! Wir haben dasumgesetzt!)

Es reicht nun mal nicht. Man geht ja gern auf Par-tys, auf denen andere die Getränke zahlen. Das istgünstig, macht einen auf Dauer aber weder beliebtnoch erfolgreich.

Ich will Ihnen in Kürze drei Punkte nennen, was andieser Stelle wirklich passieren muss. Das ist auchdas, was die Kammern fordern, das ist das, wasdie Wirtschaftsverbände fordern: Vermarktung,Vernetzung, Venture Capital. Diese drei einfachenPunkte stehen übrigens auch in einem Gutachten,welches das HWWI bereits 2016 im Auftrag derWirtschaftsbehörde erstellt hat. Wenn wir Gründer

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5933

(Hansjörg Schmidt)

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aus aller Welt, wenn wir Talente aus aller Welt fürHamburg begeistern wollen, dann müssen wir da-hin gehen, wo sie sind. Damit meine ich jetzt nicht,etwa nur nach Berlin oder nach München; dannmüssen wir beispielsweise nach Tel Aviv. Aberwas ist denn? Eine Senatsreise in den letzten sie-ben Jahren im letzten Herbst. Das war's. Kein Liai-son-Office, kein Repräsentant. Wenn man vor Ortin der Gründerszene unterwegs ist und man sagt,man komme aus Hamburg, dann fragen sie: Aha,ist das in der Nähe von München oder Berlin? Daskennen die Leute. Hamburg ist unbekannt. Dasreicht also nicht. Wenn ich einen Standort vermark-ten will, muss ich mehr tun.

Mit der Vernetzung ist es genau das Gleiche. Wirhaben hier bereits 2015 einen Antrag ins Parla-ment eingebracht und vorgeschlagen, ein Pro-gramm zu entwickeln, mit dem die GründerszeneHamburgs mit der etablierten Wirtschaft vernetztwird. SPD und GRÜNE haben es gemeinsam ab-gelehnt. Gemacht hat es am Ende der Verbandder Familienunternehmer zusammen mit der Initia-tive Hamburg Startups. Da passiert tatsächlich et-was. Aber Sie lehnen hier alle Initiativen, die denStandort voranbringen würden, einfach ab.

(Beifall bei der CDU und bei Michael KruseFDP)

Kommen wir zum letzten Punkt: Venture Capital.Es ist ja schön und gut, wenn es ein paar Accele-ratoren gibt, die ein bisschen den Rahmen schaf-fen, quasi den ersten Hafen, um etwas zu bewe-gen. Aber wo ist denn Ihr Wachstums- und Innova-tionsfonds? Im Januar 2016 haben wir den hier ge-meinsam beschlossen. Groß haben Sie angekün-digt, 100 Millionen Euro Gründerinnen und Grün-der zur Verfügung zu stellen. Zweieinhalb Jahrespäter gibt es kein Management, gibt es kein Kon-zept, gibt es keine Investoren und keine einzigeGründung, die gefördert wurde. Wenn wir in die-sem Tempo weitermachen, dann ist uns in zwei,drei Jahren Berlin fünfmal voraus und wir guckenin die Röhre.

(Beifall bei der CDU)

Schauen wir uns jetzt noch an, wohin die Reise ge-hen soll. Es muss doch unser gemeinsames Zielsein, einen Heimathafen für digitale Innovationenzu schaffen. Dafür müssen wir, verdammt nochmal – entschuldigen Sie –, klotzen und nichtkleckern. Da reicht es eben nicht, wenn wir überkleinere Programme diskutieren, sondern wir müs-sen über ein Hamburg Digital Innovation Center re-den, das auf Blockchain, auf künstliche Intelligenzund andere Themen fokussiert. Dann müssen wires endlich schaffen, überall kostenfreies WLANund Glasfaser verfügbar zu machen. Wenn wirnicht dieses gemeinsame Ziel haben, unsere Stadtund damit auch Deutschland tatsächlich zum Hei-mathafen für digitale Innovationen zu machen,dann werden wir scheitern. Da erwarte ich von die-

sem Senat deutlichere Impulse. Es reicht nicht,Mitläufer zu sein. Wir müssen das Tempo vorge-ben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Michael KruseFDP)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Herr Ovens. – Jetzt erteile ich Herrn Müllerdas Wort für die GRÜNE Fraktion.

Farid Müller GRÜNE: Frau Präsidentin, meine Da-men und Herren! Herr Ovens, wir haben diesesThema angemeldet, weil wir der Meinung sind,dass sich in dieser Stadt gerade jetzt und auch inden letzten Jahren und Monaten und damit auch inZukunft sehr viel an verschiedenen Stellen ent-wickelt. Wir haben hier im Senat und in der Bürger-schaft dafür den Boden gelegt und es mit ange-schoben. Von Mitläufertum, wie Sie es jetzt geradein die Ecke stellen wollen, kann überhaupt nichtdie Rede sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich verstehe ja, dass die Opposition Kritik übenmuss; das ist ihr Job. Aber es ist auch richtig, dassman das, was in einer Stadtgesellschaft gerade amEntstehen ist … Daher sind wir hier diejenigen, dieanstoßen, unterstützen und konzeptionieren kön-nen. Aber wir müssen es mit der Stadtgesellschaftmachen. Das passiert gerade, und Ihre Tonlage istdazu angeraten, genau diese Menschen vor denKopf zu stoßen. Das finde ich nicht richtig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD –Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre-chend): Herr Müller …

Farid Müller GRÜNE (fortfahrend): - Nein, ichmöchte gern meine Ausführungen zu Ende führen.

Ich möchte ein kleines Beispiel geben. Wir habeneben von Hammerbrooklyn gesprochen.

(Carsten Ovens CDU: Das ist eine privateInitiative!)

Das ist eine private Initiative, die der Senat sehrwohl unterstützt, indem er ihr per Erbpacht an ei-nem zentralen Ort ein Grundstück zur Verfügungstellt, wo sie das, was sichtbar ist, an Digitalisie-rung in Zukunft in dieser Stadt aufbauen kann. Dakann man nicht von Mitläufertum reden; das istwirklich aktive Unterstützung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ein Thema, das wir auch in der Bürgerschaft be-schlossen haben, das der Kollege Schmidt ange-sprochen hat und das wir schon in den letztenHaushaltsberatungen angeschmissen haben, istdas Thema Virtual Reality. Das ist ganz groß im

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(Carsten Ovens)

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Kommen, Virtual Reality 360 Grad; das mögen Sienicht so richtig im Blick haben.

(Carsten Ovens CDU: Sie geben 100 000Euro dafür aus!)

Alle sagen, das sei hier die Zukunft. Wir leisten inHamburg Pionierarbeit. Auf diese Initiative hin, dieübrigens die Bürgerschaft beschlossen hat, ist in-zwischen auch der Förderverein nextReality ge-gründet worden. Unternehmen kommen zusam-men, Start-ups, Experten und Wissenschaftlerkommen zusammen und entwickeln hier die neueZukunft. Überall wird gesagt, das werde ein großerMarkt der Zukunft sein. Wir haben große Chancen,dass Hamburg ein wichtiger Teil dieses neuenMarktes sein wird, und dabei haben wir mitgehol-fen und sind nicht mitgelaufen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ja, Sie hatten auch mal etwas mit Fraunhofer zutun, Herr Ovens. Das ist ja alles gut. Aber wir woll-ten gerade nicht diese Unterteilung in Oppositionund Regierung machen.

(Dennis Thering CDU: Das machen Siedoch ständig!)

Sie haben das mit unterstützt. Seien Sie doch froh,dass es auf einen guten Weg gekommen ist, dasswir die Fraunhofer-Strategie besser umsetzen, alsSie es sich vorstellen konnten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu-rufe von Carsten Ovens CDU)

Wir haben die Zahl der Einrichtungen und For-schungsabteilungen nicht nur etwas erhöht, son-dern von drei auf sechs verdoppelt, und zwar auchin Bereichen, wo man wirklich sagen kann, dasswir weltweit führend sind, nämlich bei den 3D-Druckern. Fahren Sie einmal nach Bergedorf. Diesind glücklich; die machen und werkeln, da ent-steht ein Stück Zukunft für diese Stadt und diestrahlt aus. Auch da können wir nicht sagen, esbestehe Mitläufertum, sondern das haben wir hierin der Bürgerschaft – im Übrigen mit Ihren Stim-men, das ist ja auch gut so – gemeinsam be-schlossen. Das kann die Zukunft dieser Stadt wer-den; daran arbeiten wir.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wenn wir jetzt über Start-ups sprechen: Ja, da istein großer Wettbewerb mit den Metropolen, auchmit Berlin; dem stellen wir uns. Das ist doch gut.Das Startup Dock, das in Harburg vor etwa einemJahr eine neue Institution bezogen hat, ist schonjetzt überfüllt. Wir haben also eine gute Stimmung,wir haben Optimismus, wir haben Konzepte undwir unterstützen diese Leute, die etwas schaffenwollen.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN undder SPD)

Wir haben mit Ihren Stimmen jetzt auch noch einStartup-Gründungsstipendium mit 14 MillionenEuro beschlossen. Das sind keine Kleckerbeträge,wie Sie uns mitgeben wollten, sondern das istschon eine große Ergänzung zu unserem Bundes-programm. Es fördert genau dort, wo das Bundes-programm noch nicht fördert.

Also: Wir haben die Grundlagen dafür gelegt, denMenschen in dieser Stadt, die vorankommen wol-len, die gute Ideen haben, die aus unseren Hoch-schulen kommen oder im Hochschulumfeld begin-nen, sich selbstständig zu machen und für die Zu-kunft dieser Stadt arbeiten, Hilfe zu geben; denengeben wir eine Zukunft. Wir freuen uns, dass esdiese Stimmung gerade in dieser Stadt gibt, undwir würden uns auch freuen, wenn Sie sie nicht ka-puttreden würden. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Herr Müller. – Für die Fraktion DIE LINKEspricht jetzt Herr Dolzer.

Martin Dolzer DIE LINKE:* Liebe Hamburgerin-nen, liebe Hamburger, Frau Präsidentin, liebe Kol-leginnen und Kollegen! Wir hatten hier schon ähnli-che Debatten zu 90 Prozent der Inhalte, über diejetzt gesprochen wurde. Von daher ist es wiedereinmal eine Art Murmeltierdebatte – "Täglich grüßtdas Murmeltier" – und das finde ich nicht beson-ders hilfreich, weil es auch andere Probleme imBereich der Wissenschaftspolitik gibt, die wir drin-gend diskutieren müssten.

(Beifall bei der LINKEN)

Grundsätzlich finde ich es begrüßenswert undauch richtig, dass Rot-Grün sich über Start-ups,auch über die Digitalisierung Gedanken macht.Aber eine erhöhte Quantität bedeutet nicht auchimmer automatisch gleich eine erhöhte Qualität.Zum Beispiel ist in Ihren Reden überhaupt nichtdeutlich geworden, ob Sie sich Gedanken über dieethische Komponente von Digitalisierung machen.Auch die müssen wir mitdenken. Das ist eine Not-wendigkeit und ich finde es schade, dass Sie dasnicht getan haben.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN)

Herr Ovens, in Ihrer Rede ging es hauptsächlichum schöner, besser, schneller, lauter, sprich: Siehaben das Prinzip der Konkurrenz Hamburgs mitanderen Standorten zur einzigen Domäne IhrerRede erhoben. Ich finde, dass das überhaupt kei-ne gute Wissenschaftspolitik und auch keine Ana-lyse dessen ersetzt, was in der Gesellschaft pas-siert. Aus Ihrer Rede kann man nichts generieren,außer zu sagen: Na ja, wir sind bald besser undmüssen der größte Standort sein. Mehr haben Siein fünf Minuten nicht gesagt. Das finde ich höchst

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5935

(Farid Müller)

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schade und, ehrlich gesagt, auch ein bisschen un-verantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir uns das Hammerbrooklyn-Projekt an-gucken, ist das eine – Zitat –:

"privatwirtschaftlich-öffentliche Initiative, diebis 2027 über 150 Millionen Euro in das Di-gitalprojekt Hammerbrooklyn investierenwill."

Die Partner sind die Handelskammer, die Hoch-bahn, die Deutsche Bahn, Siemens und VW.

Eben wurde gesagt, der Senat stelle lediglich dasGrundstück zur Verfügung. Ich hoffe, dass es da-bei bleibt und wir es nachher nicht mit einem Ver-trag zu tun haben, der in eine Private Public Part-nership ausartet, wo wir einen digitalen Diesel-skandal oder verspätete Zahlungsforderungen anden Hamburger Haushalt bekommen, wie es beider Elbphilharmonie der Fall war. Das würden wirauf jeden Fall nicht begrüßenswert finden; das darfnicht passieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur vielgepriesenen Fraunhofer-Strategie: Ja, esist gut, Fraunhofer hierhin zu holen. Aber auch damuss die Qualität stimmen. Die Qualität muss stim-men, und zwar in Form einer Zivilklausel. Wenn wiruns angucken, was Fraunhofer zum Beispiel indem Projekt MUNIN – Maritime Unmanned Navi-gation through Intelligence in Networks – gemachthat, sprich: Schiffsdrohnen unter der Fraunhofer-Stiftung hier umgesetzt wurden. Da war mit Apto-mar aus Norwegen ein Rüstungsunternehmen da-bei, das genau diese Technik für U-Boote und an-dere Marinesysteme nutzen möchte. Das ist füruns Dual-Use und das darf nicht passieren. Damuss man sich von Fraunhofer auch nicht knebelnlassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Knebelverträge von Fraunhofer, dass allePatente, egal ob sie von anderen Professorinnenund Professoren, die nur einem Fraunhofer-Projektangegliedert sind, gemacht werden, der Fraunho-fer-Stiftung für all deren Einrichtungen zur Verfü-gung gestellt werden, finden wir nicht richtig. DennPatente sollten nicht einer Stiftung oder einem au-ßerstaatlichen Träger zur Verfügung gestellt wer-den, sondern letztendlich dem Bundesland, das in-vestiert. Da muss endlich einmal nachgebessertwerden und da darf man sich auch von der Fraun-hofer-Stiftung nicht knebeln lassen, so, wie Sie dastun.

(Beifall bei der LINKEN)

Insgesamt denken wir Innovationen oder eine in-novative Wissenschaftspolitik oder meinetwegenauch gern eine innovative Digitalisierung in eineandere Richtung als momentan Sie. Wir wollen

weg von den unternehmerischen Hochschulen, wirwollen weg von einer rein wirtschaftlich orientiertenWissenschaftspolitik. Sie muss gesellschaftlich ori-entiert sein. So müssen auch die Hochschulen ori-entiert sein. Neben der Forschung und einigenLeuchttürmen wie Hammerbrooklyn oder Start-upsmuss grundlegend finanziert werden. Es mussauch in die Lehre viel mehr investiert werden.Schön, dass Sie im Haushalt gesehen haben, dasszumindest in den Gebäuden mehr investiert undein bisschen aufgestockt wird. Das reicht aber beiWeitem nicht. Da ist so viel Nachbesserungsbe-darf, damit die Studierenden, die Lehrenden, dieProfessoren, der wissenschaftliche Mittelbau genü-gend Geld haben, um würdige und innovative Be-dingungen vorzufinden und dann auch wirklich In-novationen gestalten zu können. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Herr Dolzer. – Herr Kruse, Sie haben jetztfür die FDP-Fraktion das Wort, und zwar für dreiMinuten. Ich morse Sie 30 Sekunden vorher an.

Michael Kruse FDP:* Ja, vielen Dank, den Morse-code muss ich dann in den drei Minuten noch ler-nen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kol-leginnen und Kollegen! Ich möchte drei wesentli-che Punkte in den nächsten drei Minuten anspre-chen.

Der erste Punkt: Sie haben uns kürzlich eine sehrlange Innovationsdrucksache vorgelegt, die wirauch im Wirtschaftsausschuss beraten haben. Ein-zig, wer war nicht da? Es war derjenige nicht da,der in dieser Stadt in seiner Behörde sogar denBereich Innovation verantwortet. Es mutet schonetwas merkwürdig an, wenn Ihr Senator Horchauch jetzt bei dieser Debatte nicht da ist. Entwederhat er so umfangreich an dieser Innovationsdruck-sache gearbeitet, dass er dann erst einmal Urlaubmachen musste, oder aber war ihm das Thema In-novation nicht wichtig genug, sodass er jetzt dieDebatte im Ausschuss und hier in der Bürgerschaftversäumt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei derCDU – Dirk Kienscherf SPD: Der hat nochandere Sachen zu tun!)

Mein zweiter Punkt betrifft die Themen, die Sie imBereich Gründungspolitik angemeldet haben. Dakönnen Sie sich wirklich nicht mit Ruhm be-kleckern. Gucken wir doch einmal auf Ihre Zahlen,gucken wir doch einmal auf das, was Sie hier bis-her abgeliefert haben. Wichtige Indikatoren in die-sem Bereich sind erstens: Unternehmensgründun-gen pro Einwohner gehen zurück. Zweitens: Chan-cengründungen in Hamburg gehen zurück. Drit-tens: Anteil weiblicher Gründer – auch ein wichti-

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(Martin Dolzer)

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ger Indikator in der Fragestellung, ob man in die-sem Bereich vorankommt – geht zurück. VierterBereich: Anteil hochinnovativer Gründungen anUnternehmensgründungen geht zurück. Liebe Kol-leginnen und Kollegen von SPD und GRÜNEN,wenn Sie mit so einer Debatte hier nach vornekommen, dann müssen Sie es ertragen, dass Siein wesentlichen Bereichen in diesem Punkt über-haupt nichts abgeliefert haben.

(Farid Müller GRÜNE: Doch!)

Deswegen müssen Sie in diesem Bereich dringendnacharbeiten; das ist mein zweiter Punkt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei derCDU – Dirk Kienscherf SPD: Das sagen Sieja immer! – Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre-chend): Herr Kruse, ich halte die Zeit an. GestattenSie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkungdes Abgeordneten Tode?

Michael Kruse FDP:* Sehr gern, damit gewinneich ja eine Minute.

Zwischenfrage von Dr. Sven Tode SPD:* Dasweiß ich nicht. – Herr Kruse, ist Ihnen bekannt,welchen Spatenstich wir am Montag in Harburg fei-ern werden? Nämlich den für den Hamburg Inno-vation Port.

Michael Kruse FDP:* Ich habe es, ehrlich gesagt,akustisch nicht verstanden.

Dr. Sven Tode SPD:* Welchen Spatenstich wir andiesem Montag haben werden. Deswegen habenwir dieses Thema in der Aktuellen Stunde.

Michael Kruse FDP:* Der Hamburg InnovationPort, das weiß ich. Ich bin ja eingeladen und habemich auch angemeldet, Herr Kollege.

Dr. Sven Tode SPD:* Super. Finden Sie20 000 Quadratmeter Grundfläche und60 000 Quadratmeter, die für künftige Forschungund Innovation mit Start-ups sind, nicht erwäh-nenswert?

Michael Kruse FDP:* Doch, finde ich erwähnens-wert.

Dr. Sven Tode SPD:* Danke.

Michael Kruse FDP (fortfahrend):* Sehr gern. Ichhätte jetzt gern noch etwas erwidert. Doch, findeich sehr erwähnenswert.

(Beifall bei Dirk Kienscherf SPD und Dr. An-jes Tjarks GRÜNE)

Aber trotzdem muss man erst einmal konstatieren,dass Sie in den letzten dreieinhalb Jahren IhrerPolitik in diesem Bereich nichts abgeliefert haben.

(Zurufe von Hansjörg Schmidt SPD und Dr.Anjes Tjarks GRÜNE)

Sie haben abgeliefert: Unternehmensgründungengehen zurück, Anteil hochinnovativer Gründungengeht zurück, Chancengründungen gehen zurück.Wir können dann nur feststellen: Alle Ihre Bemü-hungen haben offensichtlich nichts getaugt, dasheißt, Sie sind nicht gut genug am Markt orientiert.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber lassen Sie uns gern noch ein bisschen überAktuelles reden, Herr Kollege. Ich bin dankbar fürden Einwurf. Sie haben heute Ihre Eckpunkte fürden nächsten Haushalt vorgestellt.

(Farid Müller GRÜNE: Darüber haben wirdoch gar nicht gesprochen!)

Da kann ich nur feststellen: Sie schmücken sichdamit, dass Sie 10,5 Millionen Euro in die Clusterinvestieren. Da kann ich nur sagen: Donnerwetter,10,5 Millionen Euro, jetzt sogar zweistellig. Dannhabe ich ein bisschen weiter geguckt und dannsteht da, Sie investierten 13 Millionen Euro in dieLandwirtschaft. Wenn die Innovationspolitik sowichtig ist, wie Sie es gerade vorgetragen haben,dann müssen Sie es schon ertragen, dass Sieauch die Mittel dahin umschichten sollten. Das tunSie mit Ihrem Haushalt für die Jahre 2019 und2020 genau nicht und das ist falsch.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich habe für die Antwort eine Minute dazubekom-men. Mein dritter Punkt …

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre-chend): Da hatte ich die Uhr angehalten.

Michael Kruse FDP:* Bitte?

Vizepräsidentin Christiane Schneider: Da hatteich die Uhr angehalten.

Michael Kruse FDP:* Da wollen Sie die Uhr anhal-ten?

Vizepräsidentin Christiane Schneider: Da habeich die Uhr angehalten. Die Zeit läuft, Herr Kruse.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Michael Kruse FDP:* Also habe ich jetzt noch Zeitoder nicht? Sie wollten mich doch anmorsen, FrauPräsidentin.

Vizepräsidentin Christiane Schneider: Was se-hen Sie denn da vor sich?

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(Michael Kruse)

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Michael Kruse FDP (fortfahrend):* Ja.

(Heiterkeit)

Aber die Zeit ist ja noch nicht um, hier laufen nochzwei Minuten. Also, Frau Präsidentin, ich rede jetztweiter, es sei denn, Sie stoppen mich.

Der dritte Punkt, den ich heute Abend gern ma-chen möchte, ist, dass Sie sich mit fremden Fe-dern schmücken.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre-chend): Herr Kruse, jetzt ist Ihre Zeit um.

(Beifall bei der SPD)

Michael Kruse FDP (fortfahrend):* Beim ProjektHammerbrooklyn haben Sie das Projekt verzögertund nicht ermöglicht und das ist genau die falschePolitik. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Herr Kruse. Die Aktuelle Stunde ist damitbeendet.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt,Punkt 1a, Drucksache 21/13331: Wahl einer odereines Deputierten der Behörde für Stadtentwick-lung und Wohnen.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bür-gerschaft:Wahl einer oder eines Deputierten der Behördefür Stadtentwicklung und Wohnen– Drs 21/13331 –]

Der Stimmzettel für diese Wahl liegt Ihnen vor. Erenthält je ein Feld für Zustimmung, Ablehnung undEnthaltung.

Ich weiß, Sie kennen das alles schon, aber viel-leicht könnte es trotzdem ein bisschen ruhigersein.

Sie dürfen auf diesem Stimmzettel ein Kreuz ma-chen, aber bitte nur eines. Stimmzettel, die denWillen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennenlassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auchunausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig. Bittenehmen Sie nun Ihre Wahlentscheidung vor.

(Die Wahlhandlung wird vorgenommen.)

Ich darf die Schriftführungen bitten, mit dem Ein-sammeln der Stimmzettel zu beginnen. – Darf icheinmal fragen: Sind alle Stimmzettel abgegebenworden? Das scheint der Fall zu sein. Damitschließe ich die Wahlhandlung. Das Wahlergebnis

wird gleich ermittelt und ich werde es Ihnen dannim Laufe der Sitzung bekanntgeben.**

Damit rufe ich den Tagesordnungspunkt 28a auf,Drucksache 21/13330: Bericht des Haushaltsaus-schusses: Verkauf der mittelbar gehaltenen Anteileder Freien und Hansestadt Hamburg an der HSHNordbank AG mit Entwurf eines Gesetzes über dieKreditaufnahme und Auszahlungen an die HSH Fi-nanzfonds AöR im Zusammenhang mit der Veräu-ßerung der HSH Nordbank AG und Änderung desHaushaltsbeschlusses 2017/2018.

[Bericht des Haushaltsausschusses über dieDrucksache 21/12516:Verkauf der mittelbar gehaltenen Anteile derFreien und Hansestadt Hamburg an der HSHNordbank AG mit Entwurf eines Gesetzes überdie Kreditaufnahme und Auszahlungen an dieHSH Finanzfonds AöR im Zusammenhang mitder Veräußerung der HSH Nordbank AG undÄnderung des Haushaltsbeschlusses2017/2018 (Senatsantrag)– Drs 21/13330: –]

[Antrag der FDP-Fraktion:Verkauf der HSH Nordbank – Risiken reduzie-ren, Schaden und Schulden minimieren– Drs 21/13397 –]

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ-NEN:hsh portfoliomanagement AöR – Absenkungder Kreditermächtigung– Drs 21/13404 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 21/13397und 21/13404 Anträge der FDP-Fraktion sowie derFraktionen der SPD und GRÜNEN vor.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – HerrDr. Tjarks, Sie haben es für die GRÜNE Fraktion.

Dr. Anjes Tjarks GRÜNE:* Frau Präsidentin, mei-ne Damen und Herren! Das Thema, das uns15 Jahre in Form der HSH Nordbank und 10 Jahrein Form einer Krisenbewältigung begleitet hat,nämlich das Thema HSH Nordbank und wie wir alsLänder Hamburg und Schleswig-Holstein damitumgehen, findet heute seinen vorläufigenSchlussstrich mit dieser Debatte, indem wir überden Verkauf der Anteile und auch über die Er-mächtigung zur Schuldenaufnahme debattieren.Das bedeutet, dass die Schulden, die viele Jahrenur in Garantien steckten, heute real werden undwir damit auch den Preis für das Versagen vielerMenschen und Institutionen vor uns zahlen wer-den.

5938 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

HembacRu
Schreibmaschinentext
** Das Wahlergebnis ist auf Seite 5956 zu finden.
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Die Entscheidung, die heute anliegt, ist eine Ent-scheidung zwischen zwei schweren Optionen: dieOption der Abwicklung, gegliedert in die Frage dersofortigen und vielleicht auch geordneten Abwick-lung, und in die Option des Verkaufs. Wir als GRÜ-NE Fraktion finden es nach den ausführlichen Be-ratungen mit dem Senat sehr plausibel, dass diesofortige Abwicklung für das Land Hamburg diedeutlich teurere Option ist, die zudem mit unkalku-lierbaren Risiken behaftet ist. Die Form der geord-neten Abwicklung, die einige immer wieder insSpiel bringen, ist aus unserer Sicht keine realisti-sche Option, weil es niemanden gibt, der in diesemSzenario multimilliardenschwere Liquiditätsgaranti-en geben kann und ich das auch dem Land Ham-burg nicht empfehlen würde. Deswegen entschei-den wir uns heute zwischen den zwei schwerenOptionen dafür, die Bank zu verkaufen, und wer-den diesem Verkauf zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Geschichte der HSH Nordbank in den letztenzehn Jahren ist geprägt von zu viel Gier, Inkompe-tenz, Überforderung und auch einer Risikoausblen-dung, wie wir sie selten in Hamburg und Schles-wig-Holstein erlebt haben.

Wenn wir uns noch einmal den Ausgangspunkt inErinnerung rufen, nämlich die Finanz- und Welt-wirtschaftskrise im Jahr 2008, hatten wir die Situa-tion, dass wir vor einem bestandsgefährdendenVermögensschaden für die Länder Hamburg undSchleswig-Holstein standen, nämlich vor 64,5 Milli-arden Euro Gewährträgerhaftung, und deswegenvor der Frage, ob die Länder Hamburg und Schles-wig-Holstein eigentlich, wenn das eintreten wird,als eigenständige Bundesländer weiterhin existie-ren können. Ich glaube – und deswegen ist mir dasauch sehr wichtig –, wenn dann kurz vor Tores-schluss noch einmal ein Herr Strate, der sichdurchaus um die juristische Aufarbeitung bemühthat, reinruft und sagt, das seien alles nur hysteri-sche Zahlen, und Sie, Herr Hackbusch, sich danndarauf kaprizieren und sagen, Herr Strate sagedas ja nur, dann muss man einmal sagen: Das isteine sehr reale Debatte gewesen. Ich bin sehrfroh, dass wir es geschafft haben, diese Gewähr-trägerhaftung deutlich zu reduzieren und damit die-sen bestandsgefährdenden Vermögensschadenfür die Stadt Hamburg abzuwenden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Nichtsdestotrotz lässt sich klar sagen: Die entste-henden Kosten in Höhe von 10,8 Milliarden Euro,die Hälfte für Hamburg, die Hälfte für Schleswig-Holstein, sind eine gewaltige Summe, mit der manviele andere Dinge hätte tun können, wie beispiels-weise den Bau einer U-Bahn oder die Sanierungaller Schulen. Stattdessen wird es am Ende sosein, dass wir zusätzliche Schulden in Höhe von2 800 Euro je Einwohner aufnehmen müssen. Dasist etwas, was man nicht gut finden kann, und et-

was, was auch vorläufig gilt, weil wir das Verfahrenbis zum Closing weiter begleiten werden und dasThema Gewährträgerhaftung auch weiterhin habenwerden, auch wenn ich das Gefühl habe, dass derSenat für etwas, wofür noch nie eine Lösung ge-funden worden ist, die beste aller möglichen Vari-anten gewählt hat, nämlich die Möglichkeit, dassdie Bank fortgeführt und die Gewährträgerhaftungmöglichst abgekoppelt wird. Aber wir wollen dasVerfahren weiterhin eng begleiten und deswegen,Herr Kruse, auch wenn ich im Prinzip das Aller-meiste in Ihrem Antrag nicht für richtig halte, wer-den wir heute II, Ziffern 4 und 6 zustimmen, dennwir wollen das Verfahren mit Ihnen gerade zu denThemen weiterhin eng begleiten.

In Bezug auf die Eigentümer muss man, glaubeich, feststellen – das haben wir alle hier auchschon getan –, dass das keine Samariter sind. Siebringen allerdings eine Banklizenz für die Eurozo-ne mit, sodass das weitere Closing besser undschneller abgehen wird. Und sie haben mit der BA-WAG eine Bank eigenständig fortgeführt, die siebereits gekauft haben, sodass wir eine gewisseHoffnung haben, nicht nur das Schlechteste erwar-ten zu können, sondern auch erwarten dürfen,dass diese Bank in Hamburg für die Region weiter-hin fortgeführt wird. Wenn das am Ende eintretenwürde, dann ist das eine ziemlich gute Option an-gesichts der Tatsache, wo wir vor zehn Jahren mitder Bank standen. Und dafür bitte ich deswegenheute um die Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)]

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Herr Dr. Tjarks. – Herr Quast, Sie habennun für die SPD-Fraktion das Wort.

Jan Quast SPD:* Frau Präsidentin, meine Damenund Herren! Die Konsequenzen dessen, was wirheute auf Antrag des Senats beschließen werden,hat sich hier sicherlich niemand gewünscht. Nur:Die Alternative der Zustimmung zum Senatsantrag,die Verweigerung des Verkaufs der HSH Nord-bank, würde uns noch teurer zu stehen kommenals die Veräußerung an das Bieterkonsortium. DieBerater der Länder sind zu dem Ergebnis gekom-men, dass der Verkauf die Vermögen der Länderum 10,8 Milliarden Euro schädigen wird, währenddas Abwicklungsszenario als Alternative die Län-der mit bis zu 13,4 Milliarden Euro treffen würde.Es bleibt gleichwohl eine gewaltige Summe,10,8 Milliarden Euro, die zur Hälfte auf Hamburgentfallen – Geld, mit dem man viele sinnvolle Sa-chen hätte machen können. Deshalb fällt es auchso schwer, diesen Schaden als Erfolg zu verste-hen. Bedenkt man doch, woher wir kommen undwas Leitgedanke der Befassung mit derHSH Nordbank im nunmehr zehnten Jahr in die-sem Hause war.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5939

(Dr. Anjes Tjarks)

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Erinnern wir uns an den Ausgangspunkt diesesDesasters: 2009 musste die HSH Nordbank mit zu-sätzlichem Eigenkapital und einer Garantie derLänder gestützt werden, weil sie im Sog der Fi-nanzmarktkrise in wirtschaftliche Schieflage gera-ten war und die Schließung drohte. Ganz wesent-lich für die Rettungsbemühungen der Länder wardamals die bestehende Gewährträgerhaftung.2008 – Herr Tjarks hat die Zahl erwähnt –, als dieBankenkrise ausbrach, betrug sie fast 65 MilliardenEuro: 65 Milliarden Euro, die im Wesentlichen inwenigen Jahren bis 2005 zusammengekommensind, 65 Milliarden Euro, für die bei einem Zusam-menbruch der Bank in letzter Konsequenz die Län-der Hamburg und Schleswig-Holstein hätten haftenmüssen. In diesem Zusammenhang stellt man sichdann schon die Frage, wie es so weit kommenkonnte, dass die Länder für diese Bank derart inGeiselhaft geraten sind. Diese Frage muss man andie CDU richten, die damals die Verantwortung fürdie Staatsfinanzen, für die HSH Nordbank und dieBeteiligungsverwaltung getragen hat.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vor dem Hintergrund der drohenden Inanspruch-nahme der Haushalte von Hamburg und Schles-wig-Holstein im Rahmen der Gewährträgerhaftunggab es 2009 keine Alternative, als die Bank mit fri-schem Eigenkapital und der Sunrise-Garantie über10 Milliarden Euro zu retten.

In der Folgezeit wurden viele Fehler gemacht. Ei-ner war, dass 2011 die Garantie auf 7 MilliardenEuro zurückgeführt wurde, was im Fortlauf der wirt-schaftlichen Entwicklung dazu führte, dass eineWiedererhöhung der Garantie beantragt werdenmusste, die die Länder nicht verweigern konnten,oder die Länder konnten die Rückführung nichtverweigern. Und am Ende war auch nicht die Wie-derauffüllung der Garantie, weil nämlich die Ge-währträgerhaftung immer noch mit großen Milliar-denbeträgen den Länderhaushalten drohte. InKonsequenz dieser Entscheidung, in Konsequenzdes Beihilfeverfahrens ist dann die Auflage ergan-gen, die Bank zu privatisieren oder abzuwickeln.

Wir Sozialdemokraten haben uns schon 2009,noch in der Opposition, zu unserer Verantwortungbekannt und die Rettung der HSH Nordbank mitge-tragen. Das hätten wir nicht gemusst. Erst recht ineigener Regierungsverantwortung war unsere Ma-xime, Schaden vom Hamburger Haushalt abzu-wenden. Fehlentscheidungen in der Bank, wirt-schaftliche Rahmenbedingungen und die Vorga-ben der EU-Kommission standen dem letztlich imWeg. Aber wir konnten dadurch, dass wir die Banküber 2015 gerettet haben, dazu beitragen, dassder Schaden deutlich reduziert werden konnte.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Unkenrufen zum Trotz ist es nunmehr ge-lungen, mehrere Angebote für die HSH Nordbank

zu erhalten und ein Bieterkonsortium auszuwählen,das offenbar an einer Fortführung der Bank inter-essiert ist. Wir haben uns gleichwohl die heutigeEntscheidung nicht leichtgemacht; angesichts deslangjährigen Vorlaufs bleibt ein Unbehagen zurück.Die von mir eingangs geschilderte Abwägung hatuns aber dazu gebracht, der Senatsentscheidungzu folgen. Wir erhoffen uns auch weitere Faktoren,zum Beispiel, dass es weiterhin gelingt, die Haf-tungsbedingungen für die Länder zu begrenzen,dass eine Bank fortgeführt wird, die eine gewisseBedeutung für die regionale Wirtschaft hat, unddass auch Arbeitsplätze erhalten bleiben, die beieiner Abwicklung garantiert verloren gehen wür-den.

Das Kapitel der HSH Nordbank endet mit der heu-tigen Entscheidung nicht. Wir haben noch ein Clo-sing-Verfahren vor uns. Die Bankensicherungssys-teme der Privaten und der Sparkassen und auchandere Gremien auf EU-Ebene müssen noch zu-stimmen. Wir werden das Verfahren weiterhin par-lamentarisch begleiten; das ist bereits verabredet.

Die Opposition hat sich weitgehend dazu bekannt,uns zu unterstützen, dem Senatsantrag zu folgen.Das ist von der CDU aufgrund ihrer Verantwortungauch sicherlich der richtige Weg; nur DIE LINKEverweigert sich. Das aber mit mangelnder Trans-parenz zu begründen, halte ich angesichts derVielzahl von Informationen, die wir erhalten haben,für vollkommen unbegründet.

(Zuruf von Sabine Boeddinghaus DIELINKE)

Meine Damen und Herren, Sie sind hier auf demfalschen Dampfer. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Herr Quast. - Das Wort erhält jetzt Herr Klei-bauer für die CDU-Fraktion.

Thilo Kleibauer CDU:* Vielen Dank, Frau Präsi-dentin, meine Damen und Herren! Mit der Drucksa-che, die uns heute vorliegt, beantragt der Senatvon uns die Zustimmung zum Verkauf der Anteilean der HSH Nordbank. Wir werden diesem Antragdes Senats zustimmen, weil die sehr wenigen Al-ternativen, die es heute zur Entscheidung gibt, mithöheren Belastungen für die Stadt verbunden wä-ren, und auch, weil die Alternative mit höheren Un-sicherheiten für die Mitarbeiter der Bank und fürdie Arbeitsplätze am Standort verbunden wäre, lie-ber Herr Kollege Hackbusch.

Wir müssen trotzdem sagen, dass es sich um einbitteres Geschäft für die Stadt handelt. Die Verlus-te werden sichtbar, sie werden realisiert; das istschon gesagt worden. Wir waren von vornherein ineiner sehr schwierigen Verhandlungsposition. Esgab die harte Auflage der EU mit einem klaren Da-

5940 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Jan Quast)

HembacRu
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tum, dass die Bankanteile verkauft werden müs-sen, die damals von den Landesregierungen ak-zeptiert wurde. Wir sind noch für über mehr als20 Jahre in der Gewährträgerhaftung für nachran-gige Verbindlichkeiten der Bank. Ich glaube, wir al-le haben das Gefühl, dass Finanzinvestoren dieAnteile gekauft haben, die mit einem überschauba-ren Risiko aus dieser Situation heraus ein eher gu-tes Geschäft machen.

Nichtsdestotrotz muss man sich vor Augen führen,dass die Verluste, die jetzt eintreten und stärkersichtbar werden, nichts mit der Entscheidung heutezu tun haben. Die Verluste sind eine Folge derFehler in der Bank, in der Geschäftspolitik derBank, der Fehler über viele Jahre, auch im Um-gang mit der HSH Nordbank. Da muss man sichauch vor Augen führen: 2008/2009 war die Ret-tung der Bank, danach ein langes Beihilfeverfah-ren in Brüssel, was die Einrichtung der Garantieanging. Im Prinzip sagt die EU-Kommission in un-terschiedlicher Ausprägung seit zehn Jahren: Die-se Bank ist nicht lebensfähig, diese Bank muss ab-gewickelt werden. Gleichzeitig sagen die Landes-regierungen in Schleswig-Holstein und Hamburg,egal welcher Couleur, seit zehn Jahren: Nein, wirwissen es besser, wir erhalten diese Bank am Le-ben. Garantien werden gegeben, sie werden au-ßerplanmäßig verlängert und sie werden auchschnell wieder erhöht. Es sollte uns ein bisschenzu denken geben, wie dieser Prozess auch in die-ser ganzen Phase gelaufen ist. Ich glaube, es istdann zu wenig … Und wir müssen auch bei ande-ren Beteiligungen, auch wenn sie bei Weitem nichtdas finanzielle Ausmaß dieses Desasters haben,wirklich kritisch hingucken, eher reagieren, nichtimmer abwarten und sagen: Das wird schon dasPrinzip Hoffnung sein, das wird sich irgendwie ein-renken.

Der Finanzsenator hat dieser Tage eine Home-page gestartet und gesagt, jetzt komme die Trans-parenzoffensive. Erst einmal ist es durchaus gut,glaube ich, dass auch die Öffentlichkeit transpa-rent informiert wird. Ich finde es schade, dass esso spät ist. Ich glaube, wir alle hatten den Ein-druck, dass Frau Heinold und ihr Staatssekretär inKiel die dortigen Fraktionen, das dortige Parlamentimmer sehr gut und besser informiert haben, als esdas Hamburger Parlament im ganzen Verkaufspro-zess getan hat.

(Beifall bei der CDU und bei Ewald AukesFDP)

Insofern: Transparenz ist gut. Ich glaube, es sollteauch eine Schlussfolgerung aus diesem ganzenThema HSH sein, dass Transparenz wichtig ist,dass Transparenz auch Dinge verhindern und Din-ge öffentlich machen kann. Allerdings ist dieseTransparenz, Herr Dressel, die Sie bislang gestar-tet haben, noch sehr unvollständig. Da ist eineHandvoll Drucksachen, eine Handvoll Pressemit-

teilungen des Senats an einer Stelle gebündelt zu-sammengefasst. Und ich finde es interessant, ge-rade wenn man sich die Historie der Bank und desUmgangs mit der Bank anguckt, dass eine Druck-sache fehlt, aus dem Jahr 2013. Da hat der heuti-ge Bürgermeister regiert. Es finden sich Drucksa-chen von 2003, von 2009, von 2015. 2013 wurde,das kann man im Nachhinein sehen, eine dieserschwierigen Fehlentscheidungen getroffen, die An-hebung der Garantie, mit mehreren Szenarien, vondenen wir unterhalb des schlechten Szenariosrausgekommen sind. Das war 2013. Damals hatteman übrigens gesagt: Okay, das ganze Szenarioverschiebt sich nur etwas, die Garantie wird haltnicht 2013 gesenkt, sondern dann erst wieder2014 und 2015. Und genau diese Drucksache, dieDrucksache 20/7297, fehlt in Ihrer Aufstellung,Herr Dr. Dressel. Das mag ein Fehler sein, aber eszeigt auch, dass Sie nicht so ernsthaft bei derTransparenz dabei sind und dass, glaube ich, nochvieles nachgesteuert werden muss und nachge-steuert werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Herr Kleibauer. - Das Wort erhält nun für dieFraktion DIE LINKE Herr Hackbusch.

Norbert Hackbusch DIE LINKE:* Frau Präsiden-tin, meine Damen und Herren! Die Bürgerschaftentscheidet heute über den größten Finanzskan-dal, den diese Stadt erlebt hat. Circa 15 MilliardenEuro neue Schulden für Hamburg und Schleswig-Holstein werden aufgenommen werden müssen.Und wir müssen dazurechnen, dass diese Bank,die Landesbank und was in Schleswig-Holsteinexistiert hat, damals ungefähr einen Wert von15 Milliarden Euro hatten – öffentliches Eigentum,das im Zusammenhang mit diesem Skandal ver-nichtet worden ist. Das heißt: eine Gesamtbilanzvon mindestens 30 Milliarden Euro.

Wesentliche Ursache – das will ich zu der allge-meinen Diskussion sagen – ist übrigens nicht, dassein Staat nicht in der Lage war, mit einer Bank um-zugehen, sondern die wesentliche Ursache war,dass es eine Überlegung der Privatisierung gabund deswegen diese Bank in den internationalenInvestmentbereich aufgehen und dort agieren soll-te. Das ist die entscheidende Grundlage politischerÜberlegung gewesen, die uns in dieses Desasterhineingebracht hat.

Ich möchte aber nicht groß überlegen, was jetztdiese alten Fragen sind, sondern mir geht es imWesentlichen um das Krisenmanagement diesesSenats, ob er da richtig agiert hat. Ich will Ihnensagen: Wir sind mangelhaft informiert worden.Festzustellen ist, dass uns das Bain-Gutachten,das uns vorzulegen dieses Parlament beschlossenhat, nicht vorgelegt worden ist, sondern nur eine

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(Thilo Kleibauer)

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Zusammenfassung der Linklaters Rechtsanwälte,die wir schon einmal gesehen haben, die aber diewichtige Grundlage, um Gewährträgerhaftung wirk-lich beurteilen zu können, nicht beinhaltet. Ich hal-te das für einen Skandal, dass das nicht gemachtworden ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Ebenso halte ich es für einen Skandal, dass wirkeine Informationen darüber haben, was genau mitdem Carve-out-Portfolio geschehen ist, mit demCerberus gegenwärtig durch die Gegend läuft undversucht, sein Geld zu bekommen, diese 1 Milliar-de Euro, die sie für die Bank bezahlen müssen. Mitder Begründung: Das ist eine bankinterne Ge-schichte. Die Eigentümer haben es mitbekommen,aber wir als Eigentümer Bürgerschaft nicht. Ich willIhnen sagen: Das ist nicht nur eine Frage des Par-laments, sondern es gibt auch eine Beschwerdeder Sparkassen, dass sie nur geschwärzte Unterla-gen zur Verfügung bekommen haben und deshalbder Meinung sind, in diesem Vertragswerk einedeutsche Schieflage zugunsten von Cerberus, Flo-wers & Co. erkannt zu haben.

Das ist aber eigentlich nur das Offensichtliche. Da-hinter halte ich es für den großen Skandal, dassich bei diesen Beratungen, die wir gemacht haben,Herr Senator Dressel – wo ist er eigentlich? –, denEindruck hatte, dass die Senatskanzlei überhauptnicht über diese Gutachten, über das, was ge-schieht, Bescheid weiß, sondern im Wesentlichenalle Fragen nur an Linklaters weitergegeben hat,das heißt, kein eigenständiges Wissen dazu dawar. Dazu passt, dass es in den letzten 10,15 Jahren kein einziges Mal ein unabhängigesGutachten und keine unabhängige Betrachtungder Bank gegeben hat. Wir waren immer nur – dashaben Sie selbst hier gesagt – abhängig von denInformationen, die uns die Bank gegeben hat.

Wenn die wichtige Grundlage der 2008-Krise ge-wesen ist, dass wir in der Lage sein müssen, Ban-ken zu regulieren, und dieser Senat es noch nichteinmal schafft, die eigene Bank richtig zu regulie-ren und zu fragen, was dort geschehen ist, unddort einen Überblick zu haben, ist das ein Skandal.Es ist ein politischer Skandal.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur so lässt sich das, was wir schon immer nach-fragen, erklären. Wie kann es sein, dass der we-sentliche Messer die Garantieinanspruchnahmeist? 1,3 Milliarden Euro im Jahre 2013 – Herr Klei-bauer hat auf die Drucksache hingewiesen –,10 Milliarden Euro im Jahre 2017, und der Senatsagt: Ja, das weiß nur die Bank. Nein, wir müssendas wissen. Wir haben den Schaden, wir brauchendie Information.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt noch einmal zur Gewährträgerhaftung, dennich finde, dass Herr Gerhard Strate das völlig zuRecht gesagt hat. Es ist eine große Legende, dasist Ihre schöne Geschichte, die Sie hier erzählen,nach dem Motto: 65 Milliarden Euro waren da. Esist richtig, es war eine Gefährdung. Aber die Infor-mationen dazu sind eindeutig. Professor MartinHellwig, das ist der wichtigste und anerkannte Pro-fessor im Zusammenhang mit Bankenkunde in die-sem Land, sagt eindeutig, dass wir die Gewährträ-gerhaftung nur dann richtig beurteilen können,wenn wir auch das Gegenteil davon sehen, undzwar die Aktiva; nur dann können wir diese Fragerichtig beurteilen. Das Gleiche hat Gerhard Stratein seinem Artikel gesagt. Sie hingegen sagen: DieLinklaters, die uns beraten haben – die übrigenssehr gut daran verdient haben –, haben uns ge-sagt, das führe zu den und den Auswirkungen.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre-chend): Kommen Sie bitte zum letzten Satz.

Norbert Hackbusch DIE LINKE (fortfahrend):* Wirhaben Sie gefragt: Wir brauchen diese Informationund die Herleitung, und diese Information und dieHerleitung ist das Bain-Gutachten, und das gebenSie uns nicht. Das geht nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: SchönenDank, Herr Hackbusch. – Das Wort erhält nun fürdie FDP-Fraktion Herr Kruse.

Michael Kruse FDP:* Sehr geehrte Frau Präsiden-tin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Dassheute kein Tag zum Jubeln ist, haben einige mei-ner Vorredner schon erwähnt, und ich glaube, dasist auch jedem klar. Wir stimmen heute darüber ab,ob wir die HSH Nordbank verkaufen, wie der Senates ausverhandelt hat, oder ob wir das nicht tunund die Bank ihr Neugeschäft einstellt und in derFolge abgewickelt werden muss.

Ich habe mich auf diese Debatte sehr gefreut, weilsie die Möglichkeit bietet, eine Position zu erklären,die auf der Akteneinsicht beruht, die wir in den letz-ten Monaten vorgenommen haben und die bisherden Bürgerinnen und Bürgern nicht möglich war.

Herr Hackbusch, ich habe auch darauf gewartet,was Ihre inhaltlichen Argumente sein würden, dashier jetzt nicht mitzumachen. Wie Sie wissen, ha-ben wir in den Jahren 2015 und 2016 auch einigeMaßnahmen, die der Senat und die Landesregie-rung in Schleswig-Holstein ergriffen haben, kriti-siert, für falsch gehalten, auch abgelehnt. Ich teileauch nach wie vor Ihre Einschätzung zu diesenZeiträumen. Nur, darüber stimmen wir hier heutenicht ab. Ich kann Ihre Verärgerung darüber

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(Norbert Hackbusch)

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verstehen, dass die Bank uns lange falsche Zahlenvorgelegt hat, Prognosen, die viel zu optimistischwaren. Ich glaube, darüber besteht völlige Einigkeithier im Raum, auch bei den Regierungsfraktionen,dass diese Prognosen lange Zeit viel zu opti-mistisch waren. Aber auch darüber stimmen wir heute nicht ab.

Ich finde, Sie waren an einer Stelle ganz bemer-kenswert. Sie sagen: Wenn der Staat eine Banknicht beaufsichtigen kann und wir nicht einmal inder Lage sind, richtig reinzugucken, obwohl es un-sere Bank ist, was ist denn dann die Schlussfolge-rung daraus? Sie sagen nur: Das ist dann einSkandal. Ich sage Ihnen: Wenn nicht einmal dasmöglich ist, dann muss sich der Staat aus solchenGeschäften heraushalten, weil er sie nicht über-blicken kann. Sie haben das beste Beispiel gelie-fert, aber Sie haben die falsche Schlussfolgerungdaraus gezogen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei derAfD)

Ich muss Ihnen offen sagen: Ich habe den Ein-druck, Sie versuchen, sich jetzt hier mit relativ billi-gen Argumenten davonzustehlen. Denn Sie müs-sen heute die Frage beantworten: Verkaufen oderNeugeschäft einstellen und abwickeln? Bei dieserFragestellung bringt es nichts, zu sagen: Ja, dahätten wir noch ein paar Informationen mehr. Allesrichtig. Sie haben auch einen Antrag gestellt, wirhaben dem Informationsbedürfnis auch zuge-stimmt. Aber heute steht diese Entscheidung an.Und abzulehnen mit dem Argument, Sie hätten ei-nige Unterlagen nicht bekommen, das ist zu wenig.Sie müssen dann begründen, warum es die souve-ränere Position ist. Von Ihnen als LINKE erwarteich in einer solchen Situation ehrlich gesagt … Siewerden auch mit dem Betriebsrat gesprochen ha-ben. Ihnen wird der Betriebsrat genau wie uns ge-sagt haben, dass, wenn Sie das Neugeschäft ein-stellen und abwickeln, morgen 40 Prozent der Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank auf derStraße stehen und der Rest dann noch folgt. Sieals LINKE müssen sich dazu verhalten, warum ei-ne Abwicklung der bessere Weg ist. Und das tunSie nicht; Sie schlagen sich hier in die Büsche.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ-NEN)

Das Ganze sage ich Ihnen als Vertreter einer Frak-tion, die immer auch gesagt hat: Natürlich müssenwir die Abwicklung prüfen. Natürlich müssen wirauch den bitteren Weg gehen, diese Abwicklungzu wählen, wenn es der günstigere Weg ist. Des-wegen kommt es genau auf diese Fragestellungan. Und deswegen möchte ich auch gern noch zurSache sprechen, denn der wesentliche Punkt istdoch: Wir bekommen 1 Milliarde Euro. Ja, die wirdvorher aus der Bank herausgenommen, ja, diefließt uns dann später wieder zu, aber am Endebekommen die Länder diese 1 Milliarde. Und die

Garantieforderungen, die wir eben noch haben,sind dann teilweise werthaltig. Das wären sie nicht,wenn wir die Bank in die Abwicklung schicken wür-den. Das ist der erste Punkt und den kann nie-mand wegdiskutieren.

Der zweite relevante Punkt ist die Gewährträger-haftung. Wir kommen doch nicht umhin festzustel-len, dass die Gewährträgerhaftung im Fall der Ab-wicklung sofort schlagen wird und dass wir hoffenkönnen zumindest, dass sich diese Gewährträger-haftung über die nächsten Jahre zumindest redu-ziert und dann nach 23 Jahren endgültig abgebautwird. Das heißt, die Abwicklung ist in Fragen derGewährträgerhaftung bestenfalls gleich gut;schlechtestenfalls erreichen uns mehrere Milliar-den Euro an Schäden. Und wenn man sieht, dasswir einen Kaufpreis bekommen und die Gewährträ-gerhaftung im Verkaufsfall mindestens gleich gutist, dann muss man doch als verantwortungsvollerAbgeordneter diesen Weg gehen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei derSPD und den GRÜNEN)

Dann geht es um die Fragestellung, was für denStandort passiert. Ehrlich gesagt, wir wissen über-haupt nichts darüber, was die neuen Eigentümerwollen, und das ist für uns auch eine große Belas-tung. Das ist insbesondere für die Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter der Bank und auch für die Kundender Bank eine große Belastung. Aber auch damuss man leider sagen: Das Alternativszenario,nämlich die Abwicklung der Bank, ist auch in die-sen Fragestellungen nicht besser, und deswegenist es verantwortungsvoll, dem Verkauf der Bankheute zuzustimmen, sich an diesen Strohhalm zuklammern und zu hoffen, dass es an dieser Stelleweitergeht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Ekkehard Wy-socki SPD)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Herr Kruse. – Das Wort hat nun für die AfD-Fraktion Frau Oelschläger.

Andrea Oelschläger AfD: Sehr geehrte Frau Prä-sidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es wirdnie mehr gelogen als vor der Wahl, während desKrieges und nach der Jagd.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-FroweinFDP: Das ist gut von Ihnen zu hören!)

So soll es ein Abgeordneter vor mehr als hundertJahren einmal gesagt haben. Ich würde diesemAusspruch noch hinzufügen: und bei krisenge-schüttelten Banken.

Was wir uns in den letzten drei Jahren im Aus-schuss Öffentliche Unternehmen von der Bank ha-ben anhören dürfen, war zunächst reines Wunsch-denken. Von maximal 2 Milliarden Euro Garantiein-

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(Michael Kruse)

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anspruchnahme war da einmal die Rede. Und spä-ter war es vonseiten der HSH Politikerschelte. Icherinnere mich noch sehr gut, dass Herr Ermischfast beiläufig erwähnte, die Garantien seien vonAnfang an notwendiges Eigenkapital gewesen. Da-mit wäre die Politik dann selbst schuld, auch wenndie HSH vorher wohl nie nach Eigenkapital ver-langt hat. Verstehen Sie mich nicht falsch. Politikerfast aller Parteien sind verantwortlich für diesesDesaster, es aber ausgerechnet von der HSH zuhören, war schon beachtlich.

Trotz zahlreicher vom Senat beauftragter Ratgeberwar es für die Abgeordneten im Ausschuss schwie-rig, zu objektiven Wahrheiten zu gelangen. Einer-seits liegt das daran, dass niemand in die Zukunftsehen kann. Andererseits ist es schwierig, einenrealen Preis oder Wert unter größter zukünftigerUnsicherheit ohne Vergleichswerte oder Drittange-bote festzulegen. Einen Börsenkurs für Schiffs-schrottpapiere gibt es eben nicht. Den Kauf vonSchiffskrediten zum Preis von 2,4 Milliarden Eurozum 30. Juni 2016 würde ich heute, so wie im An-trag der FDP beschrieben, als Fehler bezeichnen.Dennoch schien es damals richtig zu sein. Unddass die beauftragte AöR des Senats aus einemHaufen Schrottpapiere dann aber einen Betreu-ungsservice für gestrandete Reeder machen wür-de, hatte ich persönlich auch nicht erwartet – übri-gens mit einem Betreuungsschlüssel, um den Siejede Kita beneiden würde – vor dem Hintergrund,dass die HSH die Altlasten deutlich verringernkonnte und jetzt binnen weniger Tage veräußerteund so in keinster Weise zimperlich mit den Kredit-nehmern aus dem Schiffsbereich umging. Aberhinterher ist man immer schlauer.

Der heutige Beschluss, entweder eine Abwicklungder HSH oder deren Verkauf, kann sich in ein paarJahren ebenfalls als falsche Entscheidung heraus-stellen. Es scheint so zu sein, dass ein Verkauf fürHamburger Steuerzahler das geringere Minusge-schäft darstellt. Möglicherweise bleiben auch mehrArbeitsplätze erhalten. Deswegen werde ich fürden Verkauf stimmen, keinesfalls im Brustton derÜberzeugung. Es beunruhigt mich schon, wennder Vorstand der HSH Sätze fallen lässt wie: End-lich ist die Entpolitisierung der Bank eingetreten.Es werden sicher nicht nur die zahlreichen Aus-schusssitzungen gewesen sein, die da störten. Ichhalte es nicht für unwahrscheinlich, dass die Banknach dem Verkauf unter einem neuen Namen einegute Zukunft vor sich hat. Die bisherige Abbau-bank, in der die faulen Kredite gebündelt wurden,hat sich größtenteils aus der Sphäre der Bank ver-flüchtigt. Es ist der Steuerzahler, der den AusflugHamburgs und Schleswig-Holsteins in den Ban-kensektor noch Jahrzehnte lang bezahlen muss.Insofern ist es dann auch folgerichtig, die Kreditefür die HSH im Kernhaushalt aufzunehmen. Dennsobald das Zinsniveau wieder steigt, ist dies diegünstigere Alternative als die Kreditaufnahme in ei-

ner AöR. Selbstverständlich, wie im Antrag derFDP und auch von Rot-Grün, sind somit die Kredit-ermächtigungen in der hsh portfoliomanagementAöR zu reduzieren. Ebenfalls für selbstverständlichhalte ich es, dass der weitere Weg des Verkaufsoder, falls eine der Closing-Bedingungen nicht ein-tritt, der weitere Abwicklungsprozess im AusschussÖffentliche Unternehmen transparent gemachtwird. Das haben wir hier schon gehört; also vondaher wird es dann auch so sein.

Es bleibt festzuhalten: Zur Wahl stehen zweischlechte Alternativen, entweder die Abwicklungoder der Verkauf. Ich hoffe, dass ich mich für dierichtige Variante entschieden habe und sie die klei-nere Katastrophe für Hamburg ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsidentin Christiane Schneider: VielenDank, Frau Oelschläger. – Das Wort erhält nunHerr Senator Dr. Dressel.

Senator Dr. Andreas Dressel: Frau Präsidentin,meine sehr verehrten Damen und Herren! Ichmöchte mit einem Dank an Sie alle beginnen, weiles, glaube ich, richtig und notwendig war, dass wirintensive Beratungen in den beiden Ausschüssenhatten. Ich glaube, es ehrt dieses Parlament, dasses sich diese Zeit genommen hat, auch viele sehrkritische Fragen gestellt hat, weil es in der Tat eineder schwierigsten Entscheidungen ist, die dieseBürgerschaft in dieser Wahlperiode zu treffen hat.Insofern auch vonseiten des Senats ein Danke-schön. Das ist Volksvertretung, wie man sich dasan der Stelle wünscht: dass man eine so schwieri-ge Entscheidung mit der nötigen Ernsthaftigkeittrifft.

(Beifall bei der SPD und der GRÜNEN)

Wir haben versucht, das mit intensiven Vorlagenvon Materialien, Akten und so weiter zu begleiten,um Ihnen eine vollständige Übersicht zu geben.Das ist das eine. Aber das andere ist auch, dasswir den Bürgerinnen und Bürgern draußen einbisschen mehr Antworten schuldig sind. Deswegenhabe ich gesagt: Wir wollen ein Portal auf den Sei-ten der Finanzbehörde machen, wo wir Materialienumfassend zur Einsicht bereithalten. Und da ste-hen, lieber Herr Kleibauer, nicht nur Drucksachenund Pressemitteilungen drin, sondern im Wesentli-chen ein FAQ-Katalog, der alles abarbeitet, was zuRecht an Fragen von den Bürgerinnen und Bür-gern in diesen Tagen gestellt wird. Ich glaube, esist wichtig und notwendig, dass wir bei einer Ent-scheidung von so großer Tragweite auch gegen-über den Bürgerinnen und Bürgern eine größtmög-liche Transparenz an den Tag legen.

(Beifall bei der SPD und der GRÜNEN)

Dazu gehört auch – und auch darum habe ich ge-beten, es zu prüfen –, dass der Anteilskaufvertrag

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(Andrea Oelschläger)

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nach dem Closing ins Transparenzportal kommt,obwohl wir dazu rechtlich nicht verpflichtet sind. Ichglaube, auch das ist nötig, damit die Bürgerinnenund Bürger an dieser Stelle nachlesen können,was Inhalt dieser konkreten Entscheidung ist. Auchdas ist ein richtiger und notwendiger Schritt zumehr Transparenz.

(Beifall bei der SPD und der GRÜNEN)

Zur Entscheidung selbst: Vieles ist bekannt, istjetzt auch angesprochen worden. Das will ich nichtwiederholen. Es basiert auf einer Entscheidung derEU-Kommission, die wir entsprechend umsetzen.Es ist schon etwas gesagt worden zum Kaufpreis,was am Schluss auch aufseiten der Länder verein-nahmt werden kann. Jetzt geht es natürlich darum:Was genau ist Inhalt dieses Schlussstrichs, den wirhier miteinander ziehen?

Sie wissen, dass für die Abrechnung der Sunrise-Garantie am Schluss eine Ausgleichszahlung fälligwird, für die wir eine Kreditermächtigung brauchen.Diese ist in dieser Drucksache mit den 2,95 Milliar-den Euro angedeutet. Wir haben Ihnen im Aus-schuss berichtet, dass wir sehr kurzfristig, noch vorder Sommerpause, auf Sie zukommen wollen, umIhnen eine Kreditermächtigungsdrucksache für die-se 2,95 Milliarden Euro vorlegen zu können. Wirsagen ganz deutlich: Das wollen wir im Kernhaus-halt und nicht über die hsh finanzfonds AöR abbil-den, weil es darum geht, die schonendste Variantefür den Haushalt der Freien und Hansestadt Ham-burg zu wählen. Das ist die Abbildung über denKernhaushalt. Deshalb auch Danke dafür, dassSie hier den Weg freimachen wollen, um kurzfristigüber diese Drucksache entscheiden zu können.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wie schon angesprochen worden ist, ist es dieEntscheidung zwischen zwei sehr schwierigen undsehr schmerzhaften Alternativen.

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich über-nimmt den Vorsitz.)

Ich will die Alternative, die wir vorschlagen, nichtschönreden; ich glaube, das verbietet sich. Es isteinfach die, bei der wir in der Endabwägung sa-gen, es belastet den Haushalt weniger als die an-dere Variante, und deshalb ist es diejenige, die wirvorschlagen.

Gleichwohl will ich auf die Risiken hinweisen – wo-bei man sagen muss, dass sie bei der anderen Va-riante noch stärker zum Tragen kämen –, denn wirhaben die Gewährträgerhaftung noch bis zum Jahr2041 auf der Uhr. Aber auch da sage ich: DasBeste, um mit diesem Risiko für die Freie und Han-sestadt Hamburg umzugehen, ist, dass die Banklebensfähig erhalten bleibt, denn dann haben wireine Chance, dass uns am Schluss diese Gewähr-trägerhaftung nicht ereilt. Auch das ist ein Argu-ment, um heute dem Vertrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Natürlich haben wir die beiden AöR, insbesonderenatürlich die portfoliomanagement AöR, wo wir unsmit den schwierigen Schiffskrediten befassen.Auch da finde ich es gut, dass die Bürgerschaftheute einen Antrag vorliegen hat, bei dem es da-rum geht, wie wir die Kreditermächtigung absen-ken können. Ich glaube, auch das ist ein notwendi-ger Punkt, den man machen muss, wenn es darumgeht, Vermögensschäden für die Freie und Hanse-stadt Hamburg zu begrenzen.

Was wir jetzt noch zu tun haben: Heute wird hof-fentlich eine relevante Closing-Bedingung erfüllt,nämlich dass die Bürgerschaft zustimmt. Aber wirhaben noch anderes zu tun. Es geht noch darum,dass die Europäische Bankenaufsicht zustimmt,dass die Europäische Kommission zustimmt, dasswir den Wechsel von dem öffentlichen Sicherungs-system in das private Sicherungssystem hinbe-kommen. Und das sage ich hier noch einmal deut-lich, ich hoffe, auch mit Ihrer Zustimmung: Es mussim deutschen Finanzsystem möglich sein, dass imRahmen einer solchen Privatisierung ein Wechselvon dem einen Sicherungssystem in das anderegelingt. Es muss unsere gemeinsame politischeErwartung auch an das deutsche Finanzsystemsein, dieses zu bewerkstelligen. Etwas anderes istreal nicht vorstellbar.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Nach den Verhandlungen bin ich vorsichtig optimi-stisch – das ist auch schon angesprochen worden– , dass die HSH Nordbank weiterhin unter neuemNamen eine wichtige Rolle am Wirtschaftsstandortund auch für den Finanzplatz Hamburg spielenkann. Das ist auch – das will ich an dieser Stellesagen, weil wir heute den BetriebsratsvorsitzendenBehm zu Gast haben –, ein ganz wichtiger Punkt,was die Mitarbeiter angeht. Denn diese haben inder Tat eine größere Chance in dieser Variante, ineiner großen Zahl Mitarbeiter bei der Bank zu blei-ben. Deswegen will ich Ihnen zum Abschluss auchnoch einmal die Hinweise weitergeben, die mirHerr Behm gegeben hat und die ich auch im Haus-haltsausschuss weitergegeben habe. Denn ichglaube, dass es bei all den schwierigen finanzpoli-tischen Entscheidungen wichtig für uns ist, auchdie Mitarbeiterperspektive mit einzubeziehen. Erhat mir geschrieben – und ich habe ihn heute extranoch einmal gefragt, ob ich das hier vorlesen kann,mit der Erlaubnis des Präsidenten würde ich einekurze Passage vortragen –:

"Am Ende der Diskussionen stehen hoffent-lich Zustimmungen beider Parlamente zudem Verkauf. Dafür werben wir Betriebsrätebei Ihnen als auch bei den Fraktionsspitzender Hamburger Bürgerschaft."

Und dann:

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5945

(Senator Dr. Andreas Dressel)

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"Die HSH Mitarbeiter haben in den letztenMonaten in einer für sie bedrohlichen Phaseden Verkaufsprozess aktiv begleitet und siewerden auch in den nächsten Wochen allesin ihren Kräften Stehende tun, damit derVerkauf gelingen wird. Dies halten wir nichtfür selbstverständlich, da die Mitarbeiter da-durch jedenfalls zu einem nicht unerhebli-chen Teil an ihrem eigenen Arbeitsplatzab-bau mitarbeiten."

Ich finde, dieses Votum, das die Schwierigkeit zudieser Entscheidung ausdrückt, sollten wir ab-schließend ein bisschen in unsere Entscheidungmit einfließen lassen.

Insofern bitte ich Sie um Zustimmung zu dieserDrucksache. Es ist eine schwierige Entscheidung,eine notwendige, eine, die uns sicher noch weiter-hin begleiten wird. Ich bin dankbar, dass HerrQuast gesagt hat, dass wir auch weiter informierenwerden. Es ist also heute sicherlich einSchlussstrich, aber sicherlich nicht die letzte Bera-tung über dieses Thema; es wird uns weiterhin be-gleiten. Aber es ist notwendig, dass wir heute hiereinen Schlussstrich ziehen, und ich hoffe auf einebreite Zustimmung zu dieser Drucksache. – VielenDank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und beiEwald Aukes FDP)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: VielenDank, Herr Dressel. – Als Nächster erhält das Wortder Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, HerrDr. Tjarks.

Dr. Anjes Tjarks GRÜNE:* Herr Präsident, meineDamen und Herren! Auch ich möchte eingangsnoch einmal kurz über die reden, über die wir sonstnicht reden, weil wir sonst immer über die Vermö-gensposition der Länder reden; das sind nämlichdie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HSH Nord-bank. Und ich glaube, es ist wichtig, dass wir andieser Stelle auch einmal aussprechen, dass wirnach zehn Jahren einen Prozess hinter uns haben,bei dem die Belegschaft der HSH Nordbank erheb-lich verkleinert worden ist, gleichzeitig die Bank ineiner schwierigen Situation deutlich leistungsfähi-ger geworden ist. Das hat auch etwas damit zutun, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter indieser Zeit einen guten Job gemacht haben, dernicht immer zu erwarten war in der Situation, in derdie Bank gesteckt hat und die Bank auch politischdiskutiert worden ist. Das sollten wir als Hamburgi-sche Bürgerschaft an dieser Stelle würdigen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, derCDU und der AfD)

Lieber Herr Hackbusch, ich finde es richtig, dassman über die Situation so, wie sie bei der Bank ist,politisch wütend sein kann. Ich finde es auch rich-

tig, dass man das kritisch diskutieren kann. Aberich muss Ihnen auch einmal sagen: Man wird dasGefühl nicht los, dass Sie sich bei der eigentlichenEntscheidung heute hier vor allen Dingen in dieBüsche schlagen und die Verantwortung nichtübernehmen wollen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN –Heike Sudmann DIE LINKE: Billiger geht'sdoch gar nicht, Herr Tjarks!)

Dafür hat Herr Kruse schon ganz passende Wortean dieser Stelle gefunden. Es geht hier um die Fra-ge, ob die Bank verkauft wird oder ob das Neuge-schäft sofort eingestellt wird. Und es geht um dieFrage, was die vermögensschonendere Positionfür die Freie und Hansestadt Hamburg ist. Dazuhaben Sie in Ihrer Rede keinen Ton, aber auchwirklich gar nichts, gesagt. Es gibt eine sehr plausi-ble Annahme, dass der Verkauf die deutlich besse-re Variante ist, und die schließen Sie mit IhremAgieren hier aus. Da müssen Sie sich auch einmalden Spiegel vorhalten lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Hinzu kommt das Thema, zu dem Sie hier immerum jeden Arbeitsplatz im Hafen kämpfen: Es gehtum die Frage, ob 1 600 hochqualifizierte Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter in Hamburg weiterhin be-schäftigt werden können und eine echte Zukunfts-perspektive an diesem Standort haben oder obdas nicht der Fall ist. Eine Partei, die sich sonst im-mer um Arbeitsplätze Gedanken macht und sorgt,

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Garan-tie!)

sollte hier einmal eine verantwortungsvolle Positionund Entscheidung einnehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dann kommen wir noch einmal zur Ausgangsposi-tion, zu den 65 Milliarden Euro. Ich sage Ihnen daseinmal auch für Ihren Professor, den Sie immer zi-tieren: Solche Aktiva sind in jeder Bankbilanz ein-sehbar; da kann man nachgucken und auch ein-mal schauen, was da eigentlich drinsteht. WennSie hier jemals Verantwortung getragen hätten,wären Sie dieses Risiko auch nicht eingegangen,weil es ein unverantwortliches Risiko gewesen wä-re, diese 65 Milliarden Euro Gewährträgerhaftungim Falle einer Abwicklung einzugehen. Das hättenSie auch nicht gewollt, wenn Sie Verantwortunggetragen hätten. Ich darf vielleicht noch hinzufü-gen: Es ist nicht ohne Grund so, dass der Landtagvon Schleswig-Holstein – die sind übrigens auchnicht alle doof – dem einstimmig zugestimmt hat.Denn es geht um die Entscheidung, ob es plausi-bler ist, die Bank abzuwickeln – und zwar sofort,eine andere Alternative gibt es nicht – oder sie wei-terzuführen und zu verkaufen. Und da gibt es ausmeiner Sicht eine sehr eindeutige Tendenz in derBeratung. Um die kommen Sie hier nicht herum,

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(Senator Dr. Andreas Dressel)

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ganz egal, was Sie über Transparenz erzählen. Esgeht um mehrere Milliarden Euro, und dazu sollenSie im Sinne der Arbeitsplätze dann auch einmalstehen. Ich glaube, das wäre wirklich ein wichtigerPunkt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und beiNebahat Güçlü fraktionslos)

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns alle trotz-dem – wie verantwortungsvoll wir gleich handeln,das werden wir ja sehen – abschließend sagen:Hier ist etwas passiert, das ein Erbe für die Ham-burgische Bürgerschaft und für den Senat der Frei-en und Hansestadt Hamburg darstellt, und zwarnicht nur ein finanzielles, sondern auch ein morali-sche Erbe. Dieses moralische Erbe bedeutet, dasswir nie wieder Garantien in dem Umfang von65 Milliarden Euro einnehmen können, und schongar nicht Garantien und Gewährträgerhaftung, diedie meisten Menschen inklusive der Agierendengar nicht verstehen und durchschauen und derenRisiken sie nicht verstehen. Das ist etwas, wo mansagen kann: Das ist die Lehre aus dieserHSH Nordbank. Das darf so nie wieder passieren.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und beiNebahat Güçlü fraktionslos)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Für dieSPD erhält jetzt das Wort Markus Schreiber.

Markus Schreiber SPD: Herr Präsident, meineDamen und Herren! Herr Hackbusch, für die SPD-Fraktion ist das Votum des Betriebsrats der HSHNordbank, das der Finanzsenator eben vorgetra-gen hat, ein sehr wichtiger Fingerzeig und ein Hin-weis darauf gewesen, dass die Belegschaft denVerkauf gern möchte und sich davon etwas aus-rechnet. Sie tun an anderer Stelle immer so, alsseien Sie die Verfechter der Betriebsräte. Aber Siesind es eben nicht.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wo ist denn Ih-re Garantie, Herr Schreiber?)

Sie haben auch im Ausschuss gesagt, Sie wüssteneigentlich nicht, ob das, was Sie jetzt vorschlagen,die günstigere Variante sei.

(Zuruf)

– Das ist ehrlich gewesen, weil wir alle auch nichtgenau wissen, wie es ist.

Aber Sie haben kein einziges Argument dafür ge-sagt, warum man nun Ihre Lösung nehmen soll.Auch hier im Plenum haben Sie das wieder nichtgesagt. Das finde ich ein bisschen schwach.

Ich würde dem, was Sie gesagt haben – es sei kei-ne Transparenz eingehalten worden –, entgegen-halten: Das ist sehr wohl geschehen. Wir habensehr viel Akteneinsicht nehmen können. Wennman das gemacht hat, konnte man das tun. Und

selbst das Bain-Gutachten, das Sie hier erwähnen,ist innerhalb einer Sitzung des Haushaltsausschus-ses, die wir gehabt haben, noch einmal hervorge-holt und an die Wand geworfen worden, zumindestder wichtige Überblick über den Vergleich der Sze-narien. Das kann man dann auch einmal loben.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, dass man sich vonseiten der Finanzbe-hörde wirklich um Transparenz bemüht hat. Es istauch richtig und gut, finde ich, dass jetzt für dieBevölkerung noch einmal eine Website eingerich-tet worden ist, auf der man das nachvollziehenkann. Insofern finde ich Ihre Kritik da unberechtigt.

Ich möchte noch einen Satz zu unserem Zusatzan-trag 21/13404 sagen.

(Thilo Kleibauer CDU: Der ist der Hammer!)

Er ist richtig, weil man das absenken kann, wasman gar nicht mehr braucht. 1,2 Milliarden Eurohaben wir dafür gar nicht in Anspruch genommen.Das zumindest kann man absenken. Aber mankann wahrscheinlich auch prozentual noch mehrdazu absenken.

(Thilo Kleibauer CDU: Wir haben das schoneinmal deutlicher gefordert!)

– Denke ich, ja, deswegen haben wir es so formu-liert, wie es hier steht, und ein bisschen anders for-muliert als an einer anderen Stelle, wo einfach nurdie 1,2 Milliarden Euro abgesenkt werden sollten.

Ich glaube, dass wir für diesen Zusatzantrag eineZustimmung kriegen sollten. Ich sage auch nochdazu: Ich lobe Herrn Kruse, dass er, wie ich finde,eine gute Rede gehalten hat und im Gegensatz zumanchmal im Ausschuss, glaube ich, auch ver-standen hat, dass es wirklich an dieser Stelle rich-tig ist, dem Verkauf zuzustimmen. Deswegen neh-men wir auch die Punkte 4 und 6 II, das hat HerrTjarks schon gesagt, aus Ihrem Antrag an.

Eine oder zwei Folgerungen würde ich aus dem,was wir hier an Misere und Katastrophe diskutierthaben, ziehen. Zum einen glaube ich, dass das,was damals entschieden worden ist, nämlich inHamburg eine internationale Großbank haben zuwollen, ein zu großes Vorhaben war. Kein Bundes-land muss eine internationale Großbank haben.Und ich finde, man kann daraus lernen, sich so et-was nie wieder vorzunehmen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und beiNebahat Güçlü fraktionslos)

Der zweite Punkt ist, dass wir insgesamt sehenkönnen, dass an dieser Stelle die Steuerung einesöffentlichen Unternehmens, eines Anteils an einemUnternehmen, nicht funktioniert hat und dass wiruns vornehmen müssen, die öffentlichen Unterneh-men insgesamt – und wir haben davon nun sehrviele – noch besser zu steuern und nie wieder soeinen Fehler zu machen.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5947

(Dr. Anjes Tjarks)

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Am Schluss möchte ich ausdrücklich den Finanz-senatoren danken, die sich mit dieser Frage be-schäftigt haben. Der eine ist inzwischen Bürger-meister und hat uns an dieser Stelle in hervorra-gender Art und Weise über Jahre begleitet undauch die Verhandlungen geführt, die zum Teil sehrschwierig waren. Also in Wahrheit hat fast keinergedacht, dass man es schafft, die Bank zu verkau-fen. Aber es ist geschafft worden und das habenwir auch Herrn Dr. Tschentscher zu verdanken.Danken möchte ich auch Herrn Dr. Dressel, dersich in kurzer Zeit in dieses Thema eingearbeitet

(Zurufe)

– ja, wirklich, sich in so kurzer Zeit einzuarbeiten,muss man erst einmal schaffen – und uns in denletzten Sitzungen sehr gut begleitet und sehr trans-parent und auch willig uns Auskunft gegeben hat.Insofern vielen Dank den beiden.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und beiNebahat Güçlü fraktionslos)

Am Schluss bin ich ein bisschen froh darüber, dasswir dieses Kapitel heute in dieser Art zumindestteilweise abschließen, auch wenn wir es weiterhindiskutieren werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und beiNebahat Güçlü fraktionslos)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Jetzt er-hält das Wort für DIE LINKE Norbert Hackbusch.

(Jan Quast SPD: Jetzt kommt die Entschul-digung! Aber nicht wieder so weichgespült! –Gegenruf von Anna-Elisabeth von Treuen-fels-Frowein FDP: Das glaubst du doch sel-ber nicht!)

Norbert Hackbusch DIE LINKE:* Herr Präsident,meine Damen und Herren! Herr Senator Dressel,Sie haben eben noch einmal ein Beispiel dafür ge-geben, dass wir als Bürgerschaft von Ihnenschlecht informiert werden. Ich will Ihnen sagen,warum. Sie sagen, Sie legten die Schlussabrech-nung heute vor, es werde sich in den 2,95 Milliar-den Euro zeigen, die wir als Bürgerschaft überneh-men werden. Was Sie nicht sagen, ist, dass dieAuflösung der FinFo, also der Organisation desStaates, der gegenwärtig die HSH Nordbank ge-hört, in diesem Jahr sicherlich noch erfolgen wirdund noch einmal 6 Milliarden Euro an Minus be-deutet. Das ist die Schlussabrechnung dahinter.Das nicht zu erwähnen, zeigt die Art und Weise,wie Sie hier mit uns umgehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sage ich auch Ihnen, Herr Tjarks, im Zusam-menhang mit der Art und Weise, wie Sie ProfessorHellwig als "Ihren Professor dort" bezeichnen. Mar-tin Hellwig ist derjenige, der sich am meisten da-rum bemüht, mit dem größten Renommee, im Zu-

sammenhang mit der Frage, wie man Finanzkrisenwieder in den Griff bekommen kann. Er ist derjeni-ge, der am besten herangezogen wird im Zusam-menhang mit der Frage, wie über die Krise vonDeutscher Bank, Commerzbank und so weiter dis-kutiert wird. Einfach zu sagen, Ihren Professordort, zeigt die Art und Weise, dass Sie unabhängi-ge Berater überhaupt nicht haben wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie wollen nur Ihre Art und Weise von Logik, dievon Linklaters und von denjenigen vertreten wird,die einen dreistelligen Millionenbetrag dabei ver-dienen, die abhängig von dem Bankensektor sind.Die unabhängigen Stimmen wollen Sie nicht hören;stattdessen schieben Sie das hinaus.

Als Drittes, und zwar sehr wichtig: Ich und wirkämpfen für Arbeitsplätze.

(Dirk Kienscherf SPD: Das merkt man! – Zu-ruf von der SPD: Wo denn?)

– Wir wissen das aufgrund verschiedener Beispie-le. Darüber können wir gern noch einmal diskutie-ren.

Aber ich will Ihnen deutlich sagen: Die Argumentevon Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit derHSH Nordbank muss man durchaus vorsichtig ma-chen, denn es geht um Milliarden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir könnten dort die Menschen sonst wie gut be-zahlen, wenn es nur um dieses Geld ginge.Dementsprechend halte ich Ihr Argument für vor-geschoben.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich habe ich mich mit dem Betriebsrat zu-sammengesetzt und diskutiert, was davon zu hal-ten ist. Die Situation ist, das will ich Ihnen deutlichsagen, dass der Betriebsrat den Verkauf besserfindet. Das verstehe ich völlig. Andererseits weißer überhaupt nicht – und Sie auch nicht –, was aufsie zukommt im Hinblick auf die Arbeitsplätze.

(Dirk Kienscherf SPD: Bei der anderen auchnicht! Bei der Abwicklung sind die gleichweg!)

Es gibt keine Garantie, was dort passieren wird.Und es gibt auch keine Garantie im Zusammen-hang mit den Arbeitsplätzen, die jetzt vorhandensind; völlig richtig. Aber das Beispiel der WestLBzeigte: Es werden Assets gemeinsam mit Arbeits-plätzen verkauft; die werden weitergeführt. Und esging bei einer Abwicklung, die wir in 2015 geforderthaben, im Wesentlichen darum, dass der Vorstanddamit nichts mehr zu tun hat, dass die Stabsstel-len, die das im Wesentlichen dort leiten, nichtsmehr zu tun haben, und dass diese Kosten auf die-se Stadt nicht mehr zusätzlich kommen. Das war

5948 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Markus Schreiber)

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das Entscheidende und nicht die Arbeitsplätze derKolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Jörn Kru-se AfD – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre-chend):

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischen-frage oder Zwischenbemerkung des AbgeordnetenRose?

Norbert Hackbusch DIE LINKE:* Ja, gern.

Zwischenfrage von Wolfgang Rose SPD:* Ichhabe noch eine Frage. Warum ist aus Ihrer Sichtdie Abwicklung für die HSH in Zukunft und für dieFrage des Erhalts der Arbeitsplätze die bessere Al-ternative? Diese Frage stellt sich jedes Mal, wennSie reden, und jetzt zum Schluss würde ich daraufgern eine Antwort haben.

Norbert Hackbusch DIE LINKE (fortfahrend):* Ja,ich antworte gern darauf. Im Zusammenhang mitden Arbeitsplätzen würde ich Ihnen sagen, dassdie Abwicklung wahrscheinlich mehr Arbeitsplätzegefährdet als die Weiterführung; aber wir wissenes nicht. Von daher ist das nicht unser wesentli-ches Argument.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Jörn Kru-se AfD)

Die Situation ist aber die, dass die Abwicklung da-für gesorgt hätte – im Jahre 2015 wäre sie idealgewesen, da haben wir dafür gekämpft –, dass wireine juristische Aufarbeitung bekommen hätten,dass wir eine unabhängige Betrachtung dieserBank bekommen hätten, was die SPD, die großeReguliererin dieser Sachen, die ganze Zeit nichthinbekommen hat. Hätten wir das durch die staatli-che Institution bekommen, wäre das für uns positivund eine juristische Aufarbeitung dieser Sache ge-wesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage: Dieses Krisenthema nicht bearbeiten zukönnen, nicht in der Lage gewesen zu sein, da-rüber Klarheit zu schaffen, nicht in der Lage gewe-sen zu sein, dieses Institut unabhängig anzu-gucken, nicht in der Lage gewesen zu sein, die Ri-siken einzuschätzen, und jetzt jemanden serviertzu bekommen, das halten wir in der gegenwärtigenSituation nicht für die ideale Situation, um irgendet-was machen zu können. Wir können Ihrem Vorge-hen nicht zustimmen.

Ich sage Ihnen auch: Sie alle hier in der Bürger-schaft sind und werden dafür verantwortlich sein,was Sie abstimmen.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie übernehmen jaauch keine Verantwortung!)

– Natürlich, mit unserer Abstimmung.

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, Sie machen sicheinmal wieder einen weißen Fuß!)

Ich sage Ihnen auch, es gibt ein Schreiben desStaatsanwalts dazu, der eindeutig sagt: Nicht derSenat trifft die Entscheidung, sondern jeder einzel-ne Abgeordnete muss darüber entscheiden, wasder richtige Weg ist,

(Wolfgang Rose SPD: Was ist denn jetzt dieAntwort?)

und zwar auch in der Bilanz. Deswegen werden wireine namentliche Abstimmung durchführen lassen,damit jeder Einzelne diese Verantwortung trägt.

(Beifall bei der LINKEN)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Jetzt hatsich gemeldet der Ko-Vorsitzende der FDP-Frakti-on, Michael Kruse.

Michael Kruse FDP:* Vielen Dank, Herr Vorsitzen-der. Das ist ja toll, wie man hier angekündigtwird. – Meine sehr geehrten Damen und Herren,insbesondere lieber Herr Hackbusch! Ich finde, Siehaben recht, wenn Sie sagen, dass wir uns hiernicht irgendwelche despektierlichen Aussagen da-rüber zukommen lassen sollten, welche Motive wirhaben oder wie unsere Schlussfolgerungen sindoder wer uns dabei beraten hat. Da haben Sie voll-kommen recht.

Aber ich habe von Ihnen eben nicht nur keineSachargumente gehört, sondern ich habe, wie ichfinde, eine dramatisch entlarvende Aussage da-rüber gehört, wie Sie hier Ihre Abstimmung be-gründen. Wenn Sie sagen, es gehe nicht um Men-schen, es gehe um Milliarden, dann muss ich ehr-lich sagen, normalerweise argumentieren Sie an-ders, aber das sei einmal geschenkt.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Das ist billig, Herr Kru-se!)

Der wesentliche Punkt ist: Es geht um Milliardenfür die Stadt und es geht um die Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter der Bank. Aber wenn ein Weg inbeiden Komponenten doch der bessere ist – unddas ist der Verkauf nun einmal –, dann muss ichdoch diesen Weg beschreiten. Was ist denn dasfür eine Argumentation, zu sagen, bei den Mitar-beitern wüssten wir es nicht genau, beim Verkaufwüssten wir es und deswegen stimmen wir dage-gen? Herr Hackbusch, Sie entlarven sich vollkom-men, wenn Sie an dieser Stelle heute nicht zustim-men, sondern einfach nur ablehnen, um wiedereinmal dagegen zu sein.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Es ist wirklich unverständlich.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5949

(Norbert Hackbusch)

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Frau Sudmann, Sie haben vorhin dazwischengeru-fen: Wo ist denn Ihre Garantie für die Zukunft derBank? Ja, wir haben keine Garantie,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Genau!)

dass die nicht auch abgewickelt wird. Aber wir ha-ben eine Milliarde in diesem Fall, die Sie völligignorieren. Und wir haben die Möglichkeit, dasswir, wenn es besser läuft, auch noch Steuerein-nahmen am Standort generieren. Wir haben keineGarantie. Wir wissen es nicht, aber wir können sa-gen: In Finanzdingen ist der Verkauf besser und inder Fragestellung der Menschen ist er vermutlichauch besser – darauf hoffen wir. Aber allein dieTatsache, in der einen Kategorie besser und in deranderen eine begründete Hoffnung, sollte auch Siedazu bewegen, heute dem Verkauf zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ-NEN)

Dass der Verkauf, die gesamte Story HSH Nord-bank, ein einziges Desaster ist, wissen wir. Deswe-gen verstehe ich auch nicht die Formulierung, dieHerr Dressel heute hier wiederholt gewählt hat, zusagen, heute zögen wir einen Schlussstrich. Nein,wir ziehen überhaupt keinen Schlussstrich. Sie be-antragen, 3 Milliarden Euro neue Schulden zu ma-chen, und ich muss Ihnen sagen: Das ist das Ge-genteil eines Schlussstrichs, weil wir jedes JahrZinsen für diese neuen Schulden zahlen werden.Deswegen haben wir in unserem Zusatzantrag denSenat aufgefordert, einen Schuldentilgungsplanaufzustellen. Wir wollen, dass die neuen Schulden,die jetzt gemacht werden müssen, schnellstmög-lich zurückgeführt werden. Sie wissen ganz genau,dass Haushalte immer in guten Zeiten ruiniert wer-den. Jetzt ist die Chance, genau einen solchenSchuldentilgungsplan aufzustellen. Deswegen soll-ten Sie unserem Zusatzantrag auch an dieser Stel-le zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Was Sie allerdings beantragen und wir in zwei Wo-chen vermutlich debattieren werden, ist, hier zu sa-gen: Wir brauchen 3 Milliarden Euro für die HSHund deswegen braucht auch der Haushalt derStadt volle 3 Milliarden Euro. Diesen Weg, das sa-ge ich Ihnen heute, gehen wir nicht mit. Wir möch-ten, dass Sie zunächst die Kreditlinien, die es imHaushalt noch gibt, ausreizen, bevor Sie an dieBürgerschaft herantreten und sagen, Sie bräuch-ten leider neue Kredite. Das ist aus unserer Sichteine sehr zentrale Frage, weil an dieser Stelledeutlich wird: Versuchen Sie, haushaltssparsam zuagieren, oder aber nutzen Sie jetzt die HSH als Ar-gument dafür, sich 3 Milliarden Euro neue Kreditli-nie einzuräumen, die Sie dann in den nächstenbeiden Jahren im Haushalt quasi als Wahlkampf-kasse nutzen? Diese Wahlkampfkasse wollen wirnicht sehen. Seien Sie deutlich ambitionierter,

(Dirk Kienscherf SPD: 2 Milliarden Euro ein-sparen!)

nutzen Sie diesen Spielraum nicht aus, begrenzenSie die Schulden der Stadt Hamburg.

(Beifall bei der FDP)

Zu guter Letzt möchten auch wir uns bei den vielenMitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt, derBank und auch beim Senat dafür bedanken, dasser sich unseren Informationswünschen regelmäßigauch im Haushalt sehr umfangreich gestellt hat.Ich persönlich muss auch sagen, dass wir nicht al-les für richtig gehalten haben. Insbesondere denHerauskauf der faulen Kredite zu einem deutlichüberhöhten Preis im Sommer 2016 haben wir mehrals einmal kritisiert. Aber die Gelassenheit, die Sie,Herr Tschentscher, auch in schwierigen Situatio-nen an den Tag gelegt haben, nötigt mir persönlichRespekt ab. Auch die Geschwindigkeit, Herr Dres-sel – ich war sehr skeptisch, ob Sie uns zu diesemVerfahren richtig Auskunft geben könnten, weil Siees gar nicht begleitet haben –, mit der Sie sich hiereingearbeitet haben, und auch die Art und Weise,wie Sie dem Informationsbedürfnis der Oppositi-onsfraktionen nachgekommen sind, ist aller Ehrenwert.

(Beifall bei der FDP, der SPD, den GRÜ-NEN, vereinzelt bei der AfD und bei NebahatGüçlü fraktionslos)

Wir hätten uns gewünscht, dass Sie die Bürgerin-nen und Bürger dieser Stadt schneller einbindenund nicht erst, nachdem sich die Bürgerschaft da-mit befasst hat.

Wir werden dem Verkauf heute zustimmen. Bittestimmen Sie auch unserem Zusatzantrag zu. –Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Für dieCDU-Fraktion erhält das Wort jetzt Thilo Kleibauer.

Thilo Kleibauer CDU:* Meine Damen und Herren!Gestatten Sie mir noch ein oder zwei Anmerkun-gen. Erst einmal ist ja schon bezeichnend, mit wel-cher Leichtigkeit Sie, Herr Hackbusch, über diesesArgument der Arbeitsplätze hinweggegangen sind

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Dasstimmt doch gar nicht!)

und gesagt haben, na gut, die Entscheidung Ab-wicklung würde dann mit hoher Wahrscheinlichkeitzu mehr Arbeitsplatzverlusten führen. Das finde ichschon sehr bezeichnend, Herr Hackbusch. Wie Siehier argumentieren, spricht für sich.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ-NEN und der FDP)

5950 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Michael Kruse)

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Ich will jetzt nicht auf alle Ihre Argumente oder vor-geschobenen Argumente eingehen; dazu ist schonvieles gesagt worden. Aber wenn Sie hier in denRaum stellen, dass die einen, die die für Sie nichtgangbare Entscheidung treffen, die heute mit Jastimmen, diejenigen seien, die unverantwortlichhandeln, und die anderen die einzig Richtigen unddie einzig Wahren seien, dann ist das schon einsehr komisches Verständnis, Herr Hackbusch. Sosollten wir hier nicht die Bürgerschaft auseinander-dividieren. Wir können namentlich abstimmen, dasist okay. Es sind für unsere Fraktion alle Unterla-gen da, die für eine Entscheidungsfindung ausrei-chen. Man kann auch sagen: Diese Entscheidungist falsch. Ihre Argumente sind allerdings genausofalsch, das kann man auch sagen. Aber zu sagen,diese Abgeordneten würden eine Entscheidungtreffen, die unverantwortlich für die Stadt ist, das istnicht richtig. Auch diese Argumentation, lieber HerrHackbusch, spricht für sich.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ-NEN und der FDP)

Der zweite Punkt: Man kann sagen – und da istman in der Vergangenheit oder in der Rückbe-trachtung natürlich immer klüger –, es habe falscheEntscheidungen gegeben, ob das Entscheidungenaus dem Jahr 2003, 2009, 2013 oder 2015 waren,die man heute nicht mehr so fällen würde. Aber wirmüssen heute entscheiden, was wir in dieser Lagemachen. Und da können wir nicht aus Frust da-rüber, dass es 2015 anders entschieden wurde,sagen: Ganz egal, heute sind wir gegen alles undgehen in das Risiko Abwicklung, wo wir mit hoherWahrscheinlichkeit Arbeitsplatzverluste und deut-lich höhere Belastungen für die Länder haben. Dasist eine Entscheidung, die nicht trägt.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ-NEN und der FDP)

Sie haben das Beispiel WestLB genannt; das hatman ja häufiger gehört. Ich finde das ganz interes-sant. Das Modell der WestLB wäre schon 2015nicht mehr gegangen. Also da müssen Sie aucheinmal zur Kenntnis nehmen, dass in den letztenzehn Jahren im Regelwerk, im regulatorischenWerk der Bankenaufsicht, im gesetzlichen Rah-menwerk sich vieles verändert hat. Das Modell Ab-wicklung im Rahmen oder nach dem Vorbild derWestLB wäre 2015 schon keine Option mehr ge-wesen, ganz abgesehen davon, dass bei derWestLB die Sparkassen in einem viel höheren Ma-ße engagiert sind als hier. Dann müssten Sie, HerrHackbusch, als Erstes zum Sparkassenverbandgehen und sagen: Wir haben uns das anders über-legt, ihr müsst noch einmal mit zusätzlichen Garan-tien frisches Geld riskieren und nachschießen. Daswollen Sie doch wohl auch nicht, Herr Hackbusch?

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und ver-einzelt bei der SPD)

Wir finden die Zusatzanträge, die vorgelegt wur-den, überwiegend gut. Der von der FDP ist einbisschen präziser und inhaltsschwerer als der An-trag, den Sie angesprochen haben, Herr Schrei-ber. Aber das ist natürlich auch ein Thema, portfo-liomanagement AöR, den Kreditrahmen abzusen-ken. Gleichzeitig gilt das genauso für den Finanz-fonds. Da haben wir auch noch eine Kreditermäch-tigung, die wir nicht mehr brauchen. Aber in derSache sind die okay. Wir werden diesen Anträgenin sehr, sehr vielen Punkten zustimmen.

Ich glaube, es ist auch deutlich geworden … Dasist ein Thema, das uns weiterhin verfolgen wird:die Wertentwicklung des portfoliomanagementPortfolios, insgesamt die Frage, wie es mit diesenLänderanstalten weitergeht. Ich glaube, dass wiruns zumindest im zweiten Halbjahr dieses Jahresnoch sehr intensiv in den Ausschüssen mit derFrage beschäftigen werden: Wie geht es weiter biszum Closing? Was bedeutet das für die Risikender Stadt? Und wie geht es weiter auch mit denAbwicklungsanstalten, wo natürlich der Senat ge-fordert ist in dem Verhältnis mit Schleswig-Hol-stein, hier entsprechend die Dinge auszuverhan-deln und dann die Parlamente zu unterrichten?

Wir haben kein Problem damit, die Drucksache,die Sie angesprochen haben, auf die nächste Ta-gesordnung zu nehmen. In der Sache sehe ich dasähnlich wie Herr Kruse. Sie haben im letzten Haus-haltsausschuss noch gesagt, Sie hätten im Mo-ment verfügbare Kreditermächtigungen von über3,5 Milliarden Euro. Das macht auch deutlich: Wirmüssen hier nicht in voller Höhe zusätzliche fast3 Milliarden Euro beschließen. Das ist dann schonetwas sehr merkwürdig und so etwas muss ein Se-nat dann sehr gut begründen, wenn er in dieserHöhe mit dieser Drucksache und Kreditermächti-gungswunsch an das Parlament herantritt. – Herz-lichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: HerrDr. Tjarks für die GRÜNEN erhält das Wort.

Dr. Anjes Tjarks GRÜNE:* Herr Präsident, meineDamen und Herren! Lieber Herr Hackbusch, nocheinmal: Ich glaube ja, wir alle können und müssenkritisch über das Thema HSH Nordbank diskutie-ren. Aber wenn die Frage ansteht – und das ist dieFrage, die heute ansteht –, ob man in die sofortigeAbwicklung mit der Bank gehen soll – wenn wirheute nicht zustimmen – oder ob man die Bankverkaufen soll, dann erwarte ich von einem Rednerjeder Fraktion eine Auseinandersetzung mit dieserFrage. Sie haben diese Frage jetzt in zwei Rede-beiträgen konsequent ignoriert und ich finde, dasswir Sie damit an dieser Stelle nicht durchkommenlassen dürfen. Das geht so nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5951

(Thilo Kleibauer)

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Wir haben das ja jetzt hinreichend ausgetauscht:

(Zuruf von Sabine Boeddinghaus DIELINKE)

Niemand weiß genau,

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Genau!)

wie die Zukunft aussieht. Aber der lakonische Zwi-schenruf "Genau!" reicht dann auch nicht aus.

(Zuruf von Sabine Boeddinghaus DIELINKE)

Es geht hier um den Unterschied in den Szenarienvon mehreren Milliarden Euro. Wenn Sie sich hierhinstellen und sagen, die sofortige Abwicklung seibesser – darauf läuft nämlich Ihr Abstimmungsver-halten hinaus –, dann müssen Sie plausibilisieren– und das ist der entscheidende Punkt: mit Argu-menten unterlegen –, warum Sie glauben, dassdas für die Vermögensposition und die Arbeitsplät-ze das bessere Szenario ist. Das haben Sie mitkeinem Wort getan und das ist einfach einbisschen zu wenig, wenn es um die Frage 10,8und 13,5 Milliarden Euro geht. Das ist wirklich zuwenig an dieser Stelle.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD –Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Wie sinddenn Ihre Argumente?)

Der entscheidende Punkt ist doch, Frau Boedding-haus: Die Sunrise-Garantie wird in beiden Szenari-en fällig. Aber im Szenario der sofortigen Abwick-lung gehen Sie mit der Gewährträgerhaftung, dieimmerhin noch 3,1 bis 3,4 Milliarden Euro beträgt,da streiten sich die Auguren ein bisschen, auch indie sofortige Abwicklung, und die werden mit ziem-licher Sicherheit sofort und in vollem Umfangschlagend. Wenn Sie dieses Argument ignorieren,dann brauchen Sie ein besseres an einer anderenStelle oder Sie müssen es widerlegen. Das habenSie aber mit Ihrem Redebeitrag hier nicht gemachtund deswegen kann man die Entscheidung an derStelle so nicht akzeptieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und das andere Thema sind doch noch einmal dieArbeitsplätze. Ich will jetzt hier über Beiersdorf garnicht reden,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ach!)

aber das Thema ist doch, dass natürlich in einerfortgeführten Bank

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

im Gegensatz zu einer Bank, die sofort abge-wickelt wird, die Chance und die Plausibilität, dasserheblich mehr Arbeitsplätze erhalten bleiben,deutlich größer ist als in dem anderen Szenario.Und auch mit diesem Argument müssen Sie sichauseinandersetzen. Beide Argumente …

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das istkein Argument!)

– Das ist kein Argument, dass da mehr Arbeitsplät-ze erhalten bleiben mit ziemlich großer Wahr-scheinlichkeit?

(Heike Sudmann DIE LINKE: Unglaublich!)

– Das ist nicht unglaublich, sondern da müssen Sieeinmal über die Zukunft reden. Sie werden sich da-für halt nie rechtfertigen müssen, weil diese andereZukunft nicht eintritt, weil der Rest des Hauses einbisschen verantwortungsvoller ist als Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und beiThilo Kleibauer CDU)

Dann noch einmal zu dem Thema: Was wäre ei-gentlich mit einer Abwicklung gewesen? Wir hattendie Debatte hier schon ein paarmal. Also in "Sozia-lismus aktuell" haben Sie geschrieben, die richtigeAbwicklung wäre 2008 gewesen.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Jetzt kommen Sie mit 2015, ein WestLB-Szenario,das regulatorisch gar nicht ginge. Und selbst wennes gegangen wäre regulatorisch, ignorieren Sie da-bei, dass Sie Liquiditätshilfen in einem zweistelli-gen Milliardenbetrag zur Verfügung stellen müssenund 12,3 Milliarden Euro Gewährträgerhaftung da-hinter haben, um das zu machen. Sie haben nie-manden, der diese Liquiditätshilfen bereitstellt, au-ßer die Länder würden es tun, und da würden Siesich dann auch wieder in die Büsche schlagen beider Verantwortung. Also das ist weder ein regula-torisch noch ein praktisch gangbares noch ein ver-antwortungsvolles Szenario gewesen. Auch daspasst nicht. Und jetzt schlussendlich die heutigeEntscheidung so zu fällen, wie Sie sie gefällt ha-ben, aufgrund einer angeblich nicht vorhandenenInformation über eine Sachlage aus dem Jahr2015, da weiß ich nicht, ob das einer verantwor-tungsvollen Entscheidung im Juni 2018 gerechtwird. Und wenn Sie sich dann hinstellen und sa-gen, der Finanzsenator, der von der FDP, die jadurchaus kritisch in diesen Fragen ist, hier explizitfür seine Informationspolitik gelobt wird, würde hierDinge verschleiern, weil er in einer zehnminütigenRede über ein zehnjähriges brisantes, großes The-ma eine Information nicht erwähnt, dann ist dasdoch wirklich dumm Tüch. Deswegen kann manSie mit dem, was Sie hier gesagt haben, einfachnicht durchkommen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD –Christiane Schneider DIE LINKE: Was wolltihr denn machen?)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: AlsNächster erhält das Wort Herr Quast für die SPD-Fraktion.

5952 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Dr. Anjes Tjarks)

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Jan Quast SPD:* Herr Präsident, meine Damenund Herren! Auf die Glaubwürdigkeit der LINKEN,was den Erhalt von Arbeitsplätzen betrifft,

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

will ich nicht noch weiter eingehen; es ist, glaubeich, deutlich geworden. Ich will auch nicht nocheinmal darauf eingehen, dass Sie Ihre Entschei-dung offenbar davon abhängig machen, dass Sieein Gutachten nur in Teilen gesehen haben, daseinen Sachverhalt aus dem Jahr 2015 betrifft. Dasalles ist hier deutlich genug geworden und Siemüssen sich, glaube ich, in Ihrer Fraktion schonfragen, ob Sie nicht auf dem Holzweg sind nach alldem, was Ihnen Herr Tjarks und andere Vorrednerhier auseinandergesetzt haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN –Martin Dolzer DIE LINKE: Sind wir bei Olym-pia oder was?)

Was ich aber als Ungeheuerlichkeit empfinde, HerrHackbusch, ist, dass Sie uns erst vortragen, dassein Staatsanwalt ausgeführt hätte, der Senat wärehier nicht in der Verantwortung, sondern jeder ein-zelne Abgeordnete, der abstimmt – ja –, aber dannim nächsten Atemzug die namentliche Abstim-mung beantragen. Das empfinde ich als ungeheu-erlich. Das kann man als Drohung verstehen unddas ist nicht parlamentarisch, was Sie hier ma-chen, Herr Hackbusch.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Politisch haben Sie sich in dieser Frage längst dis-qualifiziert, aber Sie haben es jetzt auch parlamen-tarisch gemacht.

(Beifall bei der SPD – Zuruf: Arschloch!)

Deswegen möchte ich eigentlich sehr deutlich ma-chen, dass jeder Abgeordnete hier im Haus, vor al-len Dingen aber die Abgeordneten, die über Wo-chen in den Ausschüssen Öffentliche Unterneh-men und Haushalt beraten haben, über Jahre,aber in den letzten Wochen insbesondere, sich in-formiert haben, auseinandergesetzt haben und inder SPD-Fraktion, für die ich hier nur sprechenkann, jederzeit bemüht waren, den Schaden, vondem Hamburg bedroht war, abzuwenden und zureduzieren. Ich glaube, es ist heute in den Debat-tenbeiträgen deutlich geworden, von wo wir ge-kommen sind, von 65 Milliarden Euro Belastungbis heute zu einem Rest von 3,3 Milliarden Euro inder Gewährträgerhaftung. Das war ein Weg, denwir gegangen sind, der nicht einfach war, der nichtschön war, der uns aber zumindest vor Schadenbewahrt hat, der den Haushalt von Hamburg undSchleswig-Holstein zerstört hätte und damit vielepolitische Bemühungen kaputt gemacht hätte.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: HerrHackbusch, Sie erhalten das Wort, obwohl mir zu-getragen wurde, dass Sie einen Kraftausdruck be-nutzt haben, der hier nicht hergehört.

(Zurufe)

– Gut, dann ist mir das falsch zugetragen worden.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das istja wie in der Schule hier!)

Dann ist mir zugetragen worden, dass Herr Yildizeinen Ausdruck benutzt hat, der nicht dem parla-mentarischen Sprachgebrauch entspricht.

(Zurufe)

Ich bitte um Mäßigung. Ansonsten …

(Zurufe – Glocke)

Meine werten Kollegen! Die Wiederholung desWortes macht es nicht besser.

(Zurufe)

Im Übrigen möchte ich den Hinweis geben, dassfür den Kampf um das letzte Wort den Fraktionennoch rund 200 Minuten in dieser Debatte zur Ver-fügung stehen. – Das Wort erhält jetzt der Abge-ordnete Hackbusch für die Links-Fraktion.

Norbert Hackbusch DIE LINKE:* Vielen Dank,Herr Präsident. – Ich merke schon: Viel Feind, vielEhr. Es ist natürlich die Situation … Wollen mal sa-gen: Alle hier regieren mit, CDU, FDP, SPD, dieGRÜNEN. Dementsprechend ist es natürlich klar,dass man in einer bestimmten Art und Weise argu-mentiert. Ich möchte Ihnen aber noch einmal mitein bisschen Ruhe und ein bisschen mehr Überle-gung aufzeigen, um was es hier eigentlich geht. Esgeht mir nämlich nicht nur um eine Kleinigkeit, dieich jetzt gerade einmal finde, sondern es geht umein politisch großes Problem, und dieses großeProblem ist die Frage: Sind wir in der Lage, Fi-nanzmärkte politisch zu regulieren, oder nicht?Das wird eine Lebensfrage sein im Zusammen-hang mit diesem Land und es wird eine Lebensfra-ge für diese Gesellschaft sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist doch unsere Schlussfolgerung gewesenaus dem Jahre 2008.

(Farid Müller GRÜNE: Jetzt noch mal dieganz große Welle!)

Und ich sage Ihnen jetzt: Wenn wir diese großeFrage an dieser Stelle so beantworten, dass wirsagen, wir können gegen diese Großen sowiesonichts machen, die führen uns sowieso vor,

(Dr. Monika Schaal SPD: Hat doch keinergesagt!)

wir sind noch nicht einmal in der Lage, die HSHunabhängig zu kontrollieren – was meine wesentli-

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5953

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che Forderung an den Senat ist –, dann kapitulie-ren wir an dieser entscheidenden politischen Stel-le, und das halte ich für eine Katastrophe.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen will ich Ihnen sagen, warum ichdurchaus vorsichtig und unsicher bin im Zusam-menhang mit der Bewertung der gegenwärtigen Si-tuation; das habe ich ja auch zum Ausdruck ge-bracht. Aber ich will Sie Folgendes fragen: DieserSenat, und das habe ich an verschiedenen Stellendeutlich dargestellt, hat die Karre in den Dreck ge-fahren.

(Hansjörg Schmidt SPD: Was?)

10 Milliarden Euro Garantie werden jetzt gezogen,ein Hedgefonds übernimmt diese Bank – eineschlechtere Konstellation kann ich mir nicht vor-stellen. Deswegen ist die Karre in den Dreck ge-fahren.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie verlangen von uns ja nicht nur eine Entschei-dung über das Jetzige, sondern eine Entscheidungdarüber, ob der Weg, den Sie gewählt haben, einrichtiger war. Und ich sage Ihnen: Es war kein rich-tiger.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben Ihnen das an verschiedensten Punktendeutlich dargestellt. Und deswegen geht es nichtnur um diese Entscheidung,

(Michael Kruse FDP: Doch, wir stimmen ge-nau über diese Frage heute ab!)

sondern auch um die Entscheidung des Weges.

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

Es geht genau um die Entscheidung des Weges.Denn wenn wir nicht lernen, den Finanzmarkt zuregulieren, werden wir nicht in der Lage sein, über-haupt diese Gesellschaft zu führen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das letzte Argument ist die Frage der Arbeitsplät-ze. Sie wissen, ich kämpfe für Arbeitsplätze. Aberich sage Ihnen: Die 10 Milliarden Euro Garantiezie-hung mit den Arbeitsplätzen zu verbinden, das hal-te ich für politisch völlig fahrlässig, was Sie dortmachen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben gesagt – und ich diskutiere das mit demBetriebsrat –, dass beides eine Gefahr ist, viel-leicht dies sogar mehr. Aber zu sagen, der Wegsei, 10 Milliarden Euro Garantie für einige Arbeits-plätze zu bezahlen – das glauben Sie doch selbstnicht, dass dies das richtige Argument sein kann.

(Zurufe von der SPD)

Dementsprechend geht es da nicht um irgendeinPrinzip. Das halte ich für fahrlässig von Ihnen undfür politisch vorgeschoben. Wir kämpfen um Ar-beitsplätze. Aber nicht um jeden Preis.

(Beifall bei der LINKEN)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Jetzt lie-gen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Wirkommen zu den Abstimmungen.

Der Abgeordnete Dr. Joachim Seeler hat mir mit-geteilt, dass er an den Abstimmungen nicht teil-nehmen werde.

Wir beginnen nun zunächst mit dem Antrag derFDP-Fraktion aus Drucksache 21/13397. Diesenmöchten die Fraktionen der SPD, CDU und LIN-KEN ziffernweise abstimmen lassen.

Wer also möchte nun zunächst der Ziffer I desFDP-Antrags seine Zustimmung geben, den bitteich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthal-tungen? – Dann ist das mehrheitlich bei einigenEnthaltungen abgelehnt.

Wir kommen nun zu den Ziffern unter II des An-trags.

Wer möchte sich hier zunächst Ziffer 1 anschlie-ßen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann istdas mehrheitlich abgelehnt.

Wer möchte nun Ziffer 2 folgen? – Gegenprobe. –Enthaltungen? – Dann ist auch das mehrheitlichabgelehnt.

Wer möchte dann Ziffer 3 annehmen? – Gegen-probe. – Enthaltungen? – Dann ist auch das mehr-heitlich abgelehnt.

Wer stimmt Ziffer 4 zu? – Gegenprobe. – Enthal-tungen? – Dann ist das einstimmig angenommen.

Wer möchte sich Ziffer 5 anschließen? – Gegen-probe. – Enthaltungen? – Dann ist das mehrheit-lich abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 6 folgen? – Gegenprobe. – Ent-haltungen? – Dann ist das einstimmig angenom-men.

Wer möchte Ziffer 7 annehmen? – Gegenprobe. –Enthaltungen? – Dann ist das mehrheitlich abge-lehnt.

Wer stimmt Ziffer 8 zu? – Gegenprobe. – Enthal-tungen? – Dann ist das mehrheitlich abgelehnt.

Wer möchte die Ziffer 9 annehmen? – Gegenpro-be. – Enthaltungen? – Dann ist das mehrheitlichbei einigen Enthaltungen abgelehnt.

Wer möchte sich dann noch Ziffer III anschlie-ßen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann istdas mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen nun zum Bericht des Haushaltsaus-schusses aus Drucksache 21/13330. Die Fraktion

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(Norbert Hackbusch)

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DIE LINKE hat hierzu gemäß Paragraf 36 Absatz 1unserer Geschäftsordnung namentliche Abstim-mung beantragt. Wir beginnen die Abstimmung mitder Empfehlung des Haushaltsausschusses zuden Ziffern 6.2 und 6.4 des Senatsantrags ausDrucksache 21/12516.

Frau Yilmaz und Herr Kreuzmann werden Sie nungleich in alphabetischer Reihenfolge aufrufen.Wenn Sie der Empfehlung des Haushaltsaus-schusses folgen und den Antrag des Senats ausden Ziffern 6.2 und 6.4 der Drucksache 21/12516annehmen möchten, antworten Sie bitte deutlichmit Ja, wenn Sie den Antrag ablehnen wollen, mitNein, und wenn Sie sich enthalten möchten, ant-worten Sie bitte mit Enthaltung.

Ich darf nun Herrn Kreuzmann bitten, mit dem Na-mensaufruf zu beginnen.

(Der Namensaufruf wird vorgenommen) ***

Dann frage ich: Ist ein Mitglied der Bürgerschaftnicht aufgerufen worden?

(Zuruf)

– Wer war das?

(Heiterkeit)

Es sind alle aufgerufen worden? – Dann erkläre ichdie Abstimmung für beendet.

Meine Damen und Herren, das Abstimmungser-gebnis wird nun ermittelt und in wenigen Minutenmitgeteilt. So lange unterbreche ich die Sitzungzum Auszählen.

Unterbrechung: 16.23 Uhr

Wiederbeginn: 16.26 Uhr

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: MeineDamen und Herren! Bei der Abstimmung über denAntrag des Senats aus den Ziffern 6.2 und 6.4 derDrucksache 21/12516 gab es 99 Ja-Stimmen– Herr Dr. Tjarks, Sie haben schon so viel zu demThema gesagt, dann müssen Sie das Ergebnisjetzt ertragen –, also 99 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stim-men und 4 Enthaltungen. Damit ist der Antrag ausden Ziffern 6.2 und 6.4 der Drucksache 21/12516in erster Lesung angenommen worden.

Es bedarf hierzu einer zweiten Lesung. Stimmt derSenat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Arno Münster SPD: Der Senat ist im Plenar-saal? – Der Senat gibt seine Zustimmung zuerkennen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus demHause?

(Zurufe von der LINKEN: Ja!)

Wird dem Widerspruch von anderen zugestimmt?

(Zurufe: Nein!)

Dann ist der Widerspruch nicht zustande gekom-men von einem Fünftel der anwesenden Mitglie-der, die notwendig gewesen wären.

Wer will den soeben in erster Lesung gefasstenBeschluss auch in zweiter Lesung fassen? – Ge-genprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das bei eini-gen Gegenstimmen und einer Enthaltung so be-schlossen worden in zweiter Lesung und damitendgültig.

Wir kommen nun zu Ziffer 6.3 des Senatsantragsaus Drucksache 21/12516.

Wer möchte hierzu der Ausschussempfehlung fol-gen und das darin aufgeführte Gesetz über dieKreditaufnahme und Auszahlung an die hsh fi-nanzfonds AöR im Zusammenhang mit der Veräu-ßerung der HSH Nordbank AG beschließen, denbitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. –Enthaltungen? – Dann ist das auch bei ein paarGegenstimmen und Enthaltungen beschlossenworden.

Auch hierzu bedarf es einer zweiten Lesung.Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesungzu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken-nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus demHause?

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ja!)

Wird der Widerspruch unterstützt?

(Zurufe: Nein!)

Dann ist das Fünftel nicht zustande gekommen.Ich lasse dann in zweiter Lesung abstimmen.

Wer will das soeben in erster Lesung beschlosse-ne Gesetz auch in zweiter Lesung beschließen? –Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das auchin zweiter Lesung und somit endgültig beschlossenworden.

Im Übrigen hat die Bürgerschaft Kenntnis genom-men.

Schließlich haben wir noch über den gemeinsamenAntrag von SPD und GRÜNEN aus Drucksache21/13404 abzustimmen.

Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Gegen-probe. – Enthaltungen? – Dann ist das bei ein paarEnthaltungen angenommen worden.

Dann muss ich meinen Mahnruf korrigieren. Ichhabe zwar den richtigen Sünder angeguckt, aberden falschen Namen genannt: Es war nicht Herr

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5955

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich)

HembacRu
Schreibmaschinentext
*** Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage bei.
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Yildiz, dem die Äußerung zugeschrieben wordenist, sondern Herr Celik.

(Deniz Celik DIE LINKE: Was soll ich denngesagt haben? – Zurufe)

– Ich werde es jetzt nicht noch einmal wiederholen,sonst wird es noch schwieriger.

(Zurufe – Heike Sudmann DIE LINKE: Dasbetreffende Wort wurde gar nicht gesagt!)

Liebe Kollegen! Liebe Kollegen!

(Glocke)

Liebe Kollegen! Wir sind hier oben von mehrerenPersonen angesprochen worden ob des Aus-drucks, der hier gefallen ist. Ich habe ihn selbstnicht gehört, sondern ich habe das wiedergege-ben. Ich empfehle, damit wir die Sache vom Eisbekommen, dass sich derjenige bitte beim Präsidi-um meldet, der diese Aussage gemacht hat, bevorhier noch weitere Unverdächtige von mir aufgeru-fen werden.

Ich komme zum nächsten Tagesordnungspunktund rufe Punkt 32 auf, Antrag der Fraktion DIELINKE: Dolmetscherinnen und Dolmetscher anHamburger Schulen endlich bedarfsgerecht einset-zen und angemessen vergüten.

(Zurufe)

– Das war zu schnell.

Ich habe jetzt zunächst einmal, bevor ich denPunkt 6 aufrufe, noch das Ergebnis der Wahl eineroder eines Deputierten der Behörde für Stadtent-wicklung und Wohnen.

Es sind 104 Stimmzettel abgegeben worden, allewaren gültig. Herr Frank Maur enthielt 93 Ja-Stim-men, 3 Nein-Stimmen und 8 Enthaltungen. Damitist Herr Maur gewählt worden.

Jetzt aber Punkt 6 der Tagesordnung, Große An-frage der Fraktion DIE LINKE: Verfahren gegenPolizeibedienstete im Rahmen des G20-Gipfelsund der Gipfelproteste.

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE:Verfahren gegen Polizeibedienstete im Rahmendes G20-Gipfels und der Gipfelproteste– Drs 21/12897 –]

Ich möchte darauf hinweisen, dass dieser Tages-ordnungspunkt von der Fraktion DIE LINKE alsKurzdebatte angemeldet worden ist, sodass jederRednerin und jedem Redner pro Debatte zwei Mi-nuten Redezeit zur Verfügung stehen.

Wird das Wort gewünscht? – Als Erstes FrauSchneider. Sie haben das Wort für zwei Minuten.

Christiane Schneider DIE LINKE: Meine Damenund Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Von den155 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibediensteteim Zusammenhang mit dem G20-Gipfel sind Stand14. Mai 52 Verfahren eingestellt.

(Vizepräsident Dr. Kurt Duwe übernimmtden Vorsitz.)

Zehn Monate nach dem Gipfel gibt es keine Ankla-ge, keinen Strafbefehl, keine Einstellung gegenAuflagen. Es kann, das will ich betonen, in jedemEinzelfall gute Gründe für eine Einstellung geben.Aber dieses Verhältnis von 52:0 ist sehr, sehr be-denklich.

(Beifall bei der LINKEN)

Das nährt den Eindruck, dass bestätigt werdensoll, was unmittelbar nach dem Gipfel als Tatsachebehauptet wurde: Polizeigewalt habe es nicht ge-geben. Sie bestärken bei denen, die als friedlicheDemonstrierende, als Anwohnerinnen oder alsJournalistinnen Polizeigewalt erfahren haben, undbei denen, die das erlebt haben, den Verdacht,dass es keine umfassende Aufklärung, keine poli-zeiliche und justizielle Aufarbeitung von Polizeige-walt geben soll. Sie erzeugen Misstrauen in dieRechtsstaatlichkeit und schwächen die ohnehingeringe Bereitschaft von Bürgerinnen, bei demVerdacht rechtswidriger Polizeigewalt Anzeige zuerstatten. Wozu auch, wenn sowieso eingestelltwird?

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Elf Verfahren wurden eingestellt, weil die Täternicht identifiziert wurden. Das ist ein unschlagba-res Argument für die individuelle Kennzeichnungs-pflicht.

(Beifall bei der LINKEN)

20 Verfahren wurden eingestellt, weil die Tat nichtnachweisbar war, nicht etwa, weil es definitiv keineTat gab. Nur fünf wurden eingestellt, weil es keinekonkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen einerStraftat gab.

Richtig ist: Es gibt wenig Anzeigen von Geschädig-ten. Ich höre von vielen, die als Geschädigte resi-gniert die Achseln zucken.

(Dennis Thering CDU: Was Sie alles so hö-ren!)

Man kann sich zufrieden auf die Schenkel klop-fen – ja, kann man, Polizeigewalt hat es eben nichtgegeben. Man kann aber auch fragen, was hier ei-gentlich falsch läuft. Das werden wir weiter fragen.Versprochen.

(Beifall bei der LINKEN)

5956 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich)

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Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat nunFrau Friederichs für die SPD-Fraktion.

Martina Friederichs SPD:* Sehr geehrter HerrPräsident, meine Damen und Herren! Wir alle kön-nen, gerade in heutigen Zeiten, uns glücklichschätzen, in einem Land zu leben, in dem für alle,auch für die Polizei, klare gesetzliche Regelungengelten, in dem unsere Demokratie im Rechtsstaatgetragen wird – und da teile ich Ihre Einschätzung,Frau Schneider, in keiner Weise.

(Beifall bei der SPD)

Für alle gilt das Strafgesetzbuch gleichermaßen.Niemand steht außerhalb des Rechtssystems,auch nicht unsere Polizistinnen und Polizisten, sozeigt es, finde ich, auch die vorliegende Beantwor-tung der Großen Anfrage.

Neben der Staatsanwaltschaft führt das DezernatInterne Ermittlungen eigene Ermittlungen durch, isteigens für das Fehlverhalten von Beamtinnen undBeamten zuständig und direkt dem Staatsrat un-terstellt. Die Ermittlungen, und das finde ich wich-tig, erfolgen nicht nur im Zuge interner Überprüfun-gen, sondern gerade auch auf Initiative von betrof-fenen Bürgerinnen und Bürgern. So ist es auch imLaufe und im Nachgang des G20-Gipfels gesche-hen. 45 von den derzeit 155 laufenden Ermitt-lungsverfahren haben ihren Ursprung in Strafan-zeigen von Geschädigten. Und wenn bei vielen derVerfahren der Einstellungsgrund feststeht, indemdie Täterschaft, Tat oder Tatumstände nicht nach-weisbar sind, dann gibt es in dem Fall keine klarenBeweise durch Zeugenaussagen oder Dokumente,und dann gibt es keine rechtliche Handhabung zurAnklageerhebung.

(Beifall bei der SPD)

Wenn namentlich bekannte Zeugen – und hier gibtes ein Problem –, die zum Teil sogar bereits Medi-en gegenüber Aussagen gemacht haben, trotzmehrmaliger Vorladung eben nicht zur Verneh-mung erscheinen, dann kommen wir in dem Fallnicht weiter. Genauso ist es bei angeblich belas-tendem Bildmaterial.

Insofern: Ich würde mir sehr wünschen, dass dasVertrauen zwischen Bevölkerung und Polizei wie-der wachsen kann. Das kann es aus meiner Sichtnur, wenn so viele Straftaten wie möglich aufge-klärt werden,

(Glocke)

vonseiten der gewaltbereiten Protestler genausowie mutmaßlich von Polizisten begangene. Wirwerden das Thema ausführlich im Sonderaus-schuss noch Ende Juni behandeln und zu den Er-mittlungen des D.I.E. kommen. – Vielen Dank fürIhre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Vielen Dank, FrauAbgeordnete. Sie haben exakt 150 Sekunden ge-braucht. Es war ein bisschen mehr als erlaubt,aber ich habe Sie natürlich aussprechen lassen.

(Zurufe)

Es ist leider so: Zwei Minuten sind 120 Sekunden,daran kann ich nichts ändern. – Das Wort hat nunder Abgeordnete Lenders für die CDU-Fraktion.

Joachim Lenders CDU: Sehr geehrter Herr Präsi-dent, meine sehr verehrten Damen und Herren!Was wir hier gerade eben von Ihnen erlebt haben,Frau Schneider, sprengt wirklich jegliche Vorstel-lungskraft. Da stellen Sie sich hier wirklich her ineinem Parlament …

(Heike Sudmann DIE LINKE: Da stimmt wasnicht mit Ihrer Vorstellungskraft!)

– Meine Vorstellungskraft ist sehr ausgeprägt, FrauSudmann. Das habe ich ja schon häufiger in IhrerFraktion erlebt.

Da stellen Sie sich allen Ernstes hierher und for-dern eine Verurteilungsquote für Polizeibeamte.

(Zurufe von der LINKEN)

Sagen Sie mal: In welch einem Land leben Sie ei-gentlich? Was begreifen Sie eigentlich noch?

(Beifall bei der CDU)

Wissen Sie, Frau Schneider, das erinnert so einbisschen an den Ursprung Ihrer Partei, der altenSED in der alten DDR.

(Zurufe von der LINKEN)

Da wären Sie aus meiner Sicht auch richtig gutaufgehoben. Da können Sie so etwas fordern, aberdoch nicht in einem demokratischen Rechtsstaat.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der LIN-KEN)

Von daher würde ich einfach einmal zu einer ge-wissen Logik zurückkommen und versuchen, FrauSchneider, auch wenn es Ihnen viel abverlangt,

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Versu-chen Sie mal, zur Wahrheit zurückzukom-men!)

die 14 Seiten Ihrer Großen Anfrage einmal zu le-sen und gelegentlich auch zu verstehen. Vielleichtkommen Sie dann ja auch zu der Erkenntnis, wasder Senat auf diese Große Anfrage geantwortethat. Ihre vollkommen überzogenen, falschen Inter-pretationen und Ihr Aufruf, herzugehen, zu sagen,Sie wollen einen Rechtsstaat, in dem Richter ein-fach nach Quoten verurteilen,

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: HörenSie doch mal auf, die Unwahrheit zu sagen!– Zurufe von den GRÜNEN)

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das ist eine derartige Diffamierung des Berufs-stands der Polizei, vor dem ich, meine Fraktion– und ich hoffe, weitere werden sich anschließen –sich nur noch schämen können. Schämen Sie sich,Frau Schneider.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat nundie Abgeordnete Möller für die GRÜNE Fraktion.

Antje Möller GRÜNE:* Herr Präsident, meine Da-men und Herren! Herr Lenders, so ein kleinesbisschen übertrieben haben Sie jetzt ja vielleichtdoch.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei KazimAbaci SPD)

Die Große Anfrage der LINKEN finde ich äußerstinteressant. Sie hat unglaublich viele Details, nichtnur 14 Seiten, sondern die sind auch noch vollge-füllt mit Zahlen und Fakten und Dingen, die manauf keinen Fall in zwei Minuten, aber auch nicht infünf Minuten, besprechen kann. Deshalb ist es gut,dass wir das Thema im Sonderausschuss ausführ-lich besprechen werden. Diese vielen Details hel-fen uns dabei, tatsächlich einmal in eine konkreteBewertung der Arbeit des D.I.E. und dessen Er-gebnisse, dessen Ansätze zu kommen, und dasfinde ich äußerst hilfreich.

Ob man zufrieden ist mit dem Ergebnis, also sprichmit dem Fazit, was es jetzt an Zahlen gibt odernicht, das möchte ich hier einmal offenlassen,denn es bleiben einfach viele Fragen und es gibt jaauch noch viele Verfahren, die noch nicht beendetsind. Aber diese grundsätzliche Unterstellung, dawürde ich schon in den Streit gehen mit Ihnen,Frau Kollegin Schneider, dass eine Art, na ja, sa-gen wir einmal, Verfahrenslinie dahintersteht. Ichglaube, es ist wichtiger, zu erkennen: Woran hängtes denn eigentlich, wenn Dinge nicht weiterverfolgtwerden können, wenn Verfahren nicht zu Ende ge-bracht werden können? Das ist das, was uns dar-an interessiert, und das Thema Kennzeichnungs-pflicht spielt sicherlich auch eine Rolle dabei. Wirhaben eine Menge neuer Details an der Stelle,aber auch neue Fragen. Mich interessiert zum Bei-spiel tatsächlich weiterhin, welche Rolle an Zuar-beit oder an Miteinander dort der Soko zukommt.Für all das haben wir dann viel Zeit und viele Fra-gemöglichkeiten im Sonderausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Vielen Dank. – DasWort hat der Abgeordnete Jarchow für die FDP-Fraktion.

Carl-Edgar Jarchow FDP: Herr Präsident, meineDamen und Herren! Ich versuche, das einmal wie-der etwas auf eine sachliche Ebene zu bringen,

obwohl das, was Frau Möller gesagt hat, auchsachlich war.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Frau Schnei-der war auch sachlich!)

Es geht hier, glaube ich, nicht um Quoten. Ich ha-be auch die Kollegin Schneider nicht so verstan-den, dass sie das fordert. Sondern es geht, glaubeich, um die Anfrage, um eine sehr lange Anfragevon 14 Seiten, die aus meiner Sicht in der Tat et-was schwierig in zwei Minuten abzuhandeln ist. In-sofern würde ich mich gern auf ein paar grundsätz-liche Dinge beschränken.

Ich denke, wir alle sind uns einig, dass der Rechts-staat sich dadurch auszeichnet, dass alle staatli-chen Institutionen bei der Ausübung der Hoheits-gewalt an Recht und Gesetz gebunden sind. Dasgilt insbesondere natürlich für das Gewaltmonopoldes Staats. Polizisten müssen sich bei der Aus-übung des staatlichen Gewaltmonopols innerhalbdes vorgegebenen Rechtsrahmens bewegen,sonst handeln sie rechtswidrig. Gleiches gilt im Üb-rigen auch, das wird hier manchmal vergessen, fürdie Gegenseite, für die Demonstranten, für die Bür-ger schlechthin.

(Beifall bei der FDP und bei Ekkehard Wy-socki SPD)

Um das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaataufrechtzuerhalten beziehungsweise sicherlichzum Teil auch zurückzugewinnen, ist es daherzwingend erforderlich, dass etwaige Polizeigewaltmit ebensolcher Vehemenz verfolgt wird wie Ver-stöße von Bürgern gegen das Recht. Das mussvöllig gleich behandelt werden. Daher begrüßenwir auch, dass das Dezernat Interne Ermittlungenund die Staatsanwaltschaften den Vorwürfen ge-gen Polizeibedienstete nachgehen; das ist selbst-verständlich.

Doch die Beamten und Staatsanwälte können ihrerTätigkeit nur dann vollumfänglich nachkommen,wenn der Gesetzgeber ihnen das notwendigeHandwerkszeug zur Verfügung stellt, und das istaus unserer Sicht eben nicht der Fall, StichwortKennzeichnungspflicht – meine Zeit läuft gleich ab,sehe ich hier gerade. Deswegen fordern wir nachwie vor, und das seit vielen Jahren, auch mit Un-terstützung des Justizsenators neuerdings, dieseKennzeichnungspflicht und werden uns sicherlich,wie meine Kollegin gesagt hat, weiterhin damit undauch mit den Ergebnissen der internen Ermittlun-gen hier auseinandersetzen. Die sollten wir ersteinmal abwarten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat HerrNockemann für die AfD-Fraktion.

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(Joachim Lenders)

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Dirk Nockemann AfD:* Herr Präsident, meinesehr verehrten Damen und Herren! Unbestritten istdie Vokabel "Polizeigewalt" der Lieblingsbegriff derLinks-Fraktion. Das zieht sich ja durch alle Ihre An-fragen, Große Anfragen und Kleine Anfragen, derletzten Jahre. Leider oder auch Gott sei Dank ent-spricht diese Mär von Polizeigewalt eben nicht derRealität, aber Sie handeln immer getreu dem Mot-to: Irgendetwas an Schmutz wird schon hängenbleiben.

Ich will gar nicht auf jede Einzelheit dieser KleinenAnfrage eingehen,

(Christiane Schneider DIE LINKE: Großen!)

damit würde ich Ihnen ja auch auf den Leim ge-hen. Das wollen Sie ja auch überhaupt nicht. Siemöchten ganz pauschal die Polizei verunglimpfen.Sie möchten ganz pauschal davon ablenken, dassIhre Links-Fraktion die G20-Krawalle mit herbeiar-gumentiert und herbeiagitiert hat. Von diesem Tat-bestand möchten Sie ablenken

(Beifall bei Dr. Jörn Kruse AfD)

und deswegen schütten Sie Kübel voll Schmutzaus über unsere tüchtige Polizei.

(Beifall bei der AfD)

Liebe Kollegen, dieser Vorwurf, dass Sie die Kra-walle herbeiagitiert haben, von dem werden Siesich nie lösen können. Der klebt an Ihnen in dennächsten Jahren und Jahrzehnten. Die Bevölke-rung, die noch die Rauchschwaden über der Stadtvor Augen hat, die von Ihren Sympathisanten her-beigeführt worden sind, ist angewidert von diesemVerhalten, dass Sie versuchen, letztlich Gewalt aufPolizeigewalt zu reduzieren. In einem demokrati-schen Rechtsstaat gibt es so etwas nicht. Wo eseinmal vereinzelt zu Übergriffen gekommen seinmag, was ja dann auch festgestellt werden wird, istdas möglicherweise diesen sehr extremen Um-ständen zuzuschreiben. Sanktionierung wird da er-folgen. Aber die Sanktionierung eines Einzelfalls,die Gott sei Dank erfolgen wird, ist etwas anderesals das Treibenlassen von Polizeigewalt, was Siehier ja an die Wand schreiben. Frau Schneider, wirmachen dieses durchsichtige Spiel nicht mit.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Wenn keine weite-ren … Doch, Frau Schneider hat das Wort für dieLinks-Fraktion.

Christiane Schneider DIE LINKE: SchönenDank. – Hätte Herr Lenders und hätte Herr Nocke-mann zugehört, hätten sie sich ihren Beitrag ein-fach sparen können.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt beiden GRÜNEN)

Herr Lenders, darf ich Sie darauf hinweisen, dasses die Staatsanwaltschaft war, die die Verfahreneingestellt hat, und nicht Richter? Es geht gar nichtum Verurteilungsquoten durch Richter; so weit sinddie ja gar nicht gekommen.

(Dennis Gladiator CDU: Das kritisieren Sieja!)

Das ist ja das Problem.

Frau Friederichs, Sie haben gesagt, Vertrauenmüsse wieder wachsen. Wir hatten die öffentlicheAnhörung und Sie haben mitbekommen, wie inTeilen, vielleicht in kleineren Teilen, sicher nicht inder Mehrheit, aber in kleineren Teilen und da abersehr deutlich, das Vertrauen in die Rechtsstaatlich-keit, in den Senat, in das Senatshandeln erschüt-tert ist, schwer erschüttert. Und ich sage Ihnen,das Ergebnis dieser Großen Anfrage trägt zu so et-was bei, denn die Leute haben … Es gibt vieleLeute, die Gewalt erfahren haben.

(Dennis Gladiator CDU: Dann sollen sie esanzeigen!)

Ich sage ja, in jedem Einzelfall mag das berechtigtsein. Was hier ein Problem ist, das ist die Summe.

Und dann will ich noch einmal sagen: Sie sagen,das Recht gelte gleichermaßen für alle. Ich weiseauf die Seite 14 dieser Anfrage hin. Da ist ein Ver-fahren eingestellt worden …

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe (unterbrechend):Frau Abgeordnete Schneider, erlauben Sie eineZwischenfrage des Abgeordneten Pein?

Christiane Schneider DIE LINKE: Ich habe nurzwei Minuten, aber für Sie gern, Herr Pein.

Zwischenfrage von Milan Pein SPD:* Danke,Frau Schneider. Das zählt ja nicht auf Ihre Rede-zeit. Also wenn ich Sie jetzt richtig verstanden ha-be, haben Sie eingeräumt, dass vielleicht jede ein-zelne Entscheidung in diesen Ermittlungsverfahrenrichtig war, dass aber das ein schlechtes Zeichenabgibt. Aber wir stimmen doch bestimmt überein,dass die Ermittlungsverfahren jeweils im Einzelfallgeprüft werden müssen und unabhängig davonsein müssen, was für ein Zeichen damit für wenauch immer gesetzt wird, sondern dass einfachnach Recht und Gesetz entschieden wird, oder?

(Beifall bei der SPD, der CDU, der FDP undder AfD)

Christiane Schneider DIE LINKE (fortfahrend):Darauf antworte ich gern mit Verweis auf die Sei-te 14. Da geht es um ein Verfahren gegen einenPolizeibeamten, der einen Feuerlöscher auf eineGruppe von Demonstranten geworfen hat; das ist

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5959

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gar nicht bestritten. Das Verfahren ist eingestelltworden wegen der Sachlage: kein gezielter Wurf inRichtung der Demonstranten, nachweisbar keinGeschädigter. Wie viele Leute sind verurteilt wor-den, weil sie ziellos in eine Gruppe von Polizeibe-amten eine Flasche geworfen haben, die vielleichtnicht getroffen hat? Ist das überhaupt jemals auf-geklärt worden? Vor Gericht sind alle gleich. Ichsage Ihnen, wäre das ein Demonstrant gewesen,der eine Flasche genauso ziellos und ohne Ge-schädigten geworfen hätte, der wäre verurteilt wor-den. Das ist doch das Problem.

(Beifall bei der LINKEN – Dennis GladiatorCDU: Sie kritisieren gerade die Justiz, dasmachen Sie!)

Und dann: Ich habe überhaupt kein Wort gegendas D.I.E. gesagt, ich habe kein Wort dagegen ge-sagt. Aber das D.I.E. ist schlecht ausgestattet. DasD.I.E. hat Zugriff auf die Videos. Das sind 100 Tera-byte. Wie soll das D.I.E. die eigentlich angucken?Das Problem ist: Aus der Soko, die die anguckt,sind genau acht Hinweise gekommen, einer aufeinen Polizeibeamten und sieben andere. Und ichsage Ihnen, das geht nicht mit rechten Dingen zu.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Wenn dann keineweiteren Wortmeldungen vorliegen, stelle ich fest,dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage ausDrucksache 21/12897 Kenntnis genommen hat.

Dann kommen wir zu Tagesordnungspunkt 32, An-trag der Fraktion DIE LINKE: Dolmetscherinnenund Dolmetscher an Hamburger Schulen endlichbedarfsgerecht einsetzen und angemessen vergü-ten.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE:Dolmetscher/-innen an Hamburger Schulenendlich bedarfsgerecht einsetzen und ange-messen vergüten– Drs 21/13243 –]

Die Fraktionen sind übereingekommen, auf die De-batte zu verzichten. Wir kommen daher gleich zurAbstimmung.

(Zurufe)

– Kommt gleich.

Die Fraktion DIE LINKE hat einen Wunsch, siemöchten nämlich ihren Antrag an den Schulaus-schuss überweisen.

Wer stimmt diesem Überweisungsbegehren zu? –Dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist diesemÜberweisungsbegehren gefolgt.

Dann kommen wir zu Tagesordnungspunkt 33, An-trag der FDP-Fraktion: Sportfördergesetz für Ham-burg.

[Antrag der FDP-Fraktion:Sportfördergesetz für Hamburg– Drs 21/13244 –]

Diese Drucksache möchten alle sechs Fraktionenan den Sportausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Oetzel fürdie FDP-Fraktion hat das Wort.

Daniel Oetzel FDP:* Sehr geehrter Herr Präsident,meine Damen und Herren! Der Sport bewegt unsalle, egal, ob wir aktiv Sport treiben, uns im Ver-einsleben engagieren, voller Begeisterung unsereMannschaft anfeuern oder alles drei. Ich denke,ich kann durchaus sagen, dass jeder hier auf dieeine oder andere Weise mit dem Sport verbundenist. Denn der Sport verbindet die Menschen undbringt sie zusammen. Er hat eine herausragendeBedeutung für die Gesundheitsprävention, Inklusi-on und Integration. Er vermittelt soziale Bindungenund fördert die Lebensqualität der Menschen. Dasehrenamtliche Engagement seiner Akteure leisteteinen großen Beitrag für das Gemeinwesen. Es istdaher zu Recht die Aufgabe der Stadt, mit denSportorganisationen zusammenzuarbeiten undden Breiten- und auch den Spitzensport angemes-sen zu fördern.

Seit 2007 wird in Hamburg die Sportförderung überalle zwei Jahre neu zu verhandelnde Sportförder-verträge geregelt. Die Höhe der Sportförderungwar bis zum Abschluss des ersten Sportförderver-trags jeweils an die Entwicklung der Lotto- und To-to-Erträge gekoppelt, und die hatte sich im Laufeder Jahre als sehr schwankend und generell rück-läufig erwiesen.

(Thomas Kreuzmann CDU: Was sollen wirdenn noch sagen?)

In Zahlen ist die allgemeine Sportförderung von2002 bis 2007 um mehr als ein Drittel zurückge-gangen. Zum damaligen Zeitpunkt mögen dieSportförderverträge das richtige Instrument gewe-sen sein: Sie haben die Stadt und die Akteure desSports zusammengeführt und das war auch ein gu-ter Anlass, miteinander darüber ins Gespräch zukommen, was man voneinander erwartet, und dasauch einmal aufzuschreiben. Die vergangenenJahre haben dann aber gezeigt, wo die Grenzenund auch die Probleme dieser bisherigen Rege-lungen liegen.

In grundlegenden Förderpositionen des Sportför-dervertrags gibt es seit Jahren keinen Aufwuchs,nicht einmal einen Inflationsausgleich. Mittlerweile

5960 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Christiane Schneider)

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muss die Bürgerschaft regelmäßig Gelder nach-schießen, weil die im Vertrag ausgehandelten Zah-len am tatsächlichen Bedarf vorbeigehen. Außer-dem gibt es alle zwei Jahre schlechte Stimmungund kräftezehrende Verhandlungen, wenn umeinen neuen Vertrag gerungen wird – und das ge-rade in einem Bereich wie dem Sport, wo eigent-lich alle gemeinsam für dieselbe Sache arbeitensollten.

Außerdem regelt eine Vereinbarung zwischen derStadt und den Akteuren des Sports nicht, wer zumKreis der Förderberechtigten gehört. Seit Wochenschiebt der Senat eine Entscheidung auf, nämlichdie Entscheidung über einen vorliegenden Antragvon sportspaß, ebenfalls sportgefördert zu werden,nachdem sie aus dem Hamburger Sportbund aus-getreten sind und nun eben selbst parallel dazueinen eigenen Antrag gestellt haben.

Meine Damen und Herren, es ist daher an der Zeit,in Hamburg die Einführung eines Sportförderge-setzes voranzutreiben.

(Beifall bei der FDP)

Ein solches Gesetz würde den Vereinen und Ver-bänden Rechts- und Planungssicherheit gebenund auch festschreiben, wer grundsätzlich förde-rungswürdig ist. Es würde eine nachhaltige Siche-rung der Aufgabenwahrnehmung und auch einemöglichst unbürokratische Abwicklung sicherstel-len. Wir hätten auch Möglichkeiten, dort zu regeln,künftig wieder Mehreinnahmen aus Glücksspieler-trägen an Vereine und Verbände zu generierenund damit zusätzliche Einnahmen dem Sport zuzu-leiten. Aber vor allem würde das Sportfördergesetzin einer Stadt, die sich als Active City bezeichnetund die als Global Active City ausgezeichnet wer-den soll, das regelmäßige und unwürdige Ringenum einen Sportfördervertrag beenden und den Ak-teuren des Sports eine neue und auch besserePerspektive geben. Ich freue mich daher sehr,dass wir heute hier gemeinschaftlich diesen Antragan den Sportausschuss überweisen, und bin sehrgespannt auf die weiteren Beratungen dort. – Vie-len Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat FrauTimmermann für die SPD-Fraktion.

Juliane Timmermann SPD:* Meine Damen, mei-ne Herren! Ja, wir diskutieren wieder über denSport. Viel Richtiges, was die Bedeutung desSports angeht, ist gesagt worden. Ich möchte aberein, zwei Dinge noch ausführen – ansonsten füh-ren wir diese Debatte ja im Ausschuss fort –, undzwar: Ich denke, die FDP hat in ihrem Antrag ein,zwei Fehleinschätzungen beziehungsweise sindein, zwei Mängel dort. Zum einen suggerieren Sie,dass es zurzeit keine Planungssicherheit gibt. Es

gibt Planungssicherheit für den Sport, das ist derSportfördervertrag, und es gibt die kostenlose Nut-zung der Sportstätten. Und auch, wenn ein Sport-fördervertrag nicht fortgeführt wird, gilt weiterhinder alte. Ob das immer zum Wohlgefallen aller ist,ist sicherlich infrage zu stellen, aber es ist eine Pla-nungssicherheit vorhanden.

Das andere ist: Sie bezeichnen das Ringen allezwei Jahre – Sie bezeichnen es als zähes Rin-gen – um den Sportfördervertrag als eine schwieri-ge Situation. Ich glaube, dass es Ausdruck guterdemokratischer Kultur ist, und ob ein Sportförder-gesetz dieses sozusagen aufhebt, ist auch infragezu stellen. Denn es hat sich ja gezeigt – und in ei-nem Punkt haben Sie recht –, dass wir in den letz-ten Jahren immer wieder nachschießen mussten,was aber natürlich auch den Situationen geschul-det war. Niemand hat gewusst und geahnt, dasswir im Bereich der Integration eine solch große An-zahl an Menschen dort eben versorgen könnenund zum anderen auch gut integrieren können.Auch da hätte es bei einem Sportfördergesetz da-zu kommen müssen, das auszuverhandeln unddort noch einmal Gelder bereitzustellen.

Das andere ist, und damit möchte ich aufräumen:Es braucht keine FDP, um festzustellen, dass manin diesem Bereich sicherlich diskutieren kann.

(Zurufe)

Denn sowohl in der ersten als auch in der zweitenSitzung des Sportfördervertrags haben sich der or-ganisierte Sport und die dort Verhandelnden da-rauf verständigt, dieses Thema in den nächstenzwei Jahren weiter fortzutreiben, und zwar auchunter dem Aspekt: Ist denn tatsächlich Planungssi-cherheit oder mehr Planungssicherheit damit gege-ben? Und zum anderen wird auch mit den Sport-förderverträgen, wenn Sie einmal in die acht ande-ren gucken, die es in den anderen Bundesländerngibt, nicht immer die Höhe geregelt. Also zu den-ken, dass damit alles geregelt ist – auch da wird esVerhandlungen darum geben. Es werden sicherlicheinige Punkte festzusetzen sein.

Das heißt also bei all dem, was Sie jetzt vorschla-gen: Ja, man wird dies diskutieren müssen. Der or-ganisierte Sport ist aber noch unentschieden, wasdas Richtige ist. Insoweit wäre mein Wunsch, dasswir über die Sportförderung diskutieren, und ob esnachher tatsächlich ein Sportfördergesetz ist oderman bei dem bleibt, was wir im Moment haben, istdann zu entscheiden.

Lassen Sie mich eines noch sagen, und das, findeich, ist ein echter Mangel: Sie sind in Ihrem Antragso weit, dass Sie an prominenter Stelle den organi-sierten Sport, den HSB, erwähnen, und zwar imVortext. Im Petitum kommt er dann aber nicht mehrvor. All das, und Sie haben das Beispiel 2007 ge-nannt, funktionierte damals nur und funktioniertauch künftig nur gemeinsam mit dem Sport.

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(Daniel Oetzel)

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Eine solche Umstellung zu organisieren und zuentwickeln, dafür sind wir bereit, mit Ihnen zu dis-kutieren. Das werden wir im Sportausschuss fort-führen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat HerrKreuzmann für die CDU-Fraktion.

Thomas Kreuzmann CDU:* Herr Präsident, meineDamen und Herren! Ich hatte an und für sich einenganz anderen Einstieg in meine Rede, aber Siehaben mir jetzt gerade eine Steilvorlage gegebenin Bezug auf den Antrag und die Schelte an HerrnOetzel oder der FDP-Fraktion, dass im Petitum derHSB nicht vorkommt. Der braucht auch … LesenSie einmal Petitumspunkt 1 und 2 deutlich vor. Imersten Punkt wird der Senat gebeten, zu prüfen, obes überhaupt Sinn macht, ein Sportfördergesetz zuentwickeln, und Petitumspunkt 2 baut zielgerichtetdarauf auf, nämlich: Sollte der Senat zu der Ent-scheidung kommen, dass es Sinn macht, einSportfördergesetz zu entwickeln, dann sollte ersich daranmachen. Aber bei dieser Petitumsrei-henfolge ist es schlichtweg unlogisch, den HSBoder Hamburger Fußball-Verband überhaupt nochzu erwähnen. Und die Frist, die dieser Antrag dannletztendlich dem Senat gibt, ist einfach, bis zumEnde des Jahres der Bürgerschaft zu berichten.Bis dahin wird der laufende Sportfördervertrag oh-nehin abgewickelt sein. Das nur einmal als Kritik-punkt. Der HSB muss dort nicht unbedingt expliziterwähnt werden, denn dann müsste auch derHamburger Fußball-Verband erwähnt werden.

Ich will einmal ein Stückchen zurückblicken, wes-halb der Sportfördervertrag überhaupt 2007 not-wendig wurde. Es ist richtig erwähnt worden, derSport wurde über Lottomittel finanziert, über Erlösevon Lotteriegesellschaften. Die brachen aber zu-nehmend mehr und mehr ein. Wir kommen von2002, da sind aus Lottomitteln in den Sport derStadt 8,2 Millionen Euro geflossen. Im Jahre 2007wären das, wenn der Sportfördervertrag nicht ab-geschlossen worden wäre, 6,2 Millionen Euro ge-wesen, also eine deutliche Reduzierung und Unter-finanzierung im Verhältnis zum Sport. Für 2008wurden 4,9 Millionen Euro prognostiziert. Da muss-te die Stadt eingreifen, um den Sport in der Stadt,den engagierten Sport über Vereine und Verbän-de, überhaupt noch am Leben zu erhalten. Seit-dem, seit 2007 bis 2018, wenn man der Prognoseder Inflationszahl von 1,5 Prozent für 2018 Folgeleisten will, haben wir eine Inflationssteigerung von16,9 Prozent. Wenn man das ein wenig hochrech-net, wären wir heute mit den zugewendeten Mittelndes laufenden Sportfördervertrags eine 1 MillionEuro über dem Durst. Aber diese Betrachtungswei-se ist in gewisser Weise auch falsch, denn mit demAbschluss eines Sportfördervertrags werden Gel-der zugewiesen. Also laufender Sportfördervertrag

für 2019/2020 würde bedeuten, es gibt eine Sum-me X. Was dort aber noch überhaupt nicht hinein-gerechnet ist, ist die Inflationsrate, die Betriebskos-tensteigerung, die Tarifkostensteigerung für dieJahre 2019/2020. Das ist der große Schwachpunktdes Sportfördervertrags seit 2007 gewesen. Dielaufenden Kosten, die effektiv anfallenden Kostenfür Vereine und Verbände, sind ohne Inflationsrate,ohne Tarifsteigerung und ohne Betriebskostenstei-gerung für die Folgejahre abgeschlossen worden,aber faktisch tauchten diese Kosten auf und dasmussten die Vereine wuppen. Im Verhältnis dazukann man natürlich auch sehen, dass es ein stän-diges Auf und Ab gab. Wir kamen einmal von10 Millionen Euro jährlich, sind jetzt bei 9,6 Millio-nen Euro jährlich.

Es macht Sinn, und da stimme ich allen Beteiligtenzu, dass wir uns eventuell einmal Gedanken da-rüber machen, dass man einen fixen Betrag, viel-leicht ausgehend vom laufenden Budget, angehtund das in einem Gesetz verankert, haushalterischmit vernünftig nachvollziehbaren Kennzahlen be-legt. Darüber sollte sich der Senat einmal ein we-nig Gedanken machen, ob man das anstrebensollte. Sollte er dagegen votieren, dann müsste eraber auch der Bürgerschaft begründen, wieso undweshalb er nach wie vor in die zähen Verhandlun-gen eines Sportfördervertrags und nicht einesSportfördergesetzes eintreten will. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat nundie Abgeordnete Blömeke für die GRÜNE Fraktion.

Christiane Blömeke GRÜNE:* Herr Präsident,meine Damen und Herren! Die Geschichte derSportförderung hat Herr Oetzel richtig dargestellt.Nicht richtig ist allerdings, dass es keinen Auf-wuchs gab bei den letzten Sportförderverhandlun-gen. Ich bin zuversichtlich, dass es auch bei dennächsten Sportförderverhandlungen zu einem gu-ten Ergebnis kommen wird. Also da bitte ich Sie,etwas genauer zu sein.

Herr Kreuzmann, ich finde, Sie haben sich geradeein wenig selbst widersprochen. Sie haben gesagt,Sie möchten eine fixe Summe in einem Sportför-dergesetz haben, und kritisieren das ein wenig anden Sportförderverhandlungen. Wenn man eine fi-xe Summe in einem Gesetz hat – ob man das nunkann, darüber sage ich gleich noch etwas –, dannnimmt es uns jegliche Flexibilität,

(Thomas Kreuzmann CDU: Zuhören ist eineKunst!)

die man jetzt vielleicht in Sportförderverhandlun-gen nutzen könnte oder bei Dingen, die Frau Tim-mermann hier auch gerade dargestellt hat. Darumist das nicht so einfach mit Ja und positiv zu beant-worten.

5962 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Juliane Timmermann)

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Dass Hamburg die Sportförderung braucht, dassteht ohne Zweifel fest. Aber wir fragen uns eben,ob Hamburg auch wirklich ein Sportfördergesetzdazu braucht. Anders als Kollegin Timmermann al-lerdings finde ich es okay, dass die FDP hier die-sen Antrag eingebracht hat. Ich finde, das ist einespannende Frage, und ich finde es eigentlich gut,dass wir im Ausschuss einmal die Vor- und Nach-teile diskutieren, denn es ist in der Tat so, dassacht Bundesländer ein Sportfördergesetz haben,aber Bundesländer sind sehr unterschiedlich. DerBlick über den Tellerrand ist sicherlich sinnvoll undtrotzdem müssen wir uns natürlich fragen, welcheStrukturen es in den jeweiligen Ländern gibt, ob esFlächenländer oder Stadtstaaten sind und wie dergenaue Regelungsinhalt eines Gesetzes ist. Alldas können wir natürlich da einmal erörtern.

(Zuruf von Thomas Kreuzmann CDU)

Bezogen auf Hamburg ergeben sich aus Ihrem An-trag in der Tat zahlreiche Fragen. Darum könnteman so einem Antrag hier nie zustimmen, aber ihnauch noch nicht ablehnen. Was würde zum Bei-spiel ein Sportfördergesetz leisten, was der bisheri-ge Sportfördervertrag nicht leistet? Das ist mirauch aus Ihrer Rede noch nicht klar geworden, au-ßer dass man auf die etwas anstrengenden, müh-samen Verhandlungen verzichtet. Da halte ich esaber mit meiner Kollegin Timmermann: Das ist ge-lebte Demokratie und das haben wir auch in ande-ren Bereichen dieser Stadt, zum Beispiel bei denLandesrahmenverträgen in der Kindertagesbetreu-ung.

Dann müssen wir uns fragen, welche Vorgabendenn so ein Gesetz machen sollte und welchenicht, und vor allen Dingen, ob ein Sportförderge-setz Verhandlungen über die Sportförderung abso-lut überflüssig machen kann und sollte. Vor allenDingen könnten und sollten die strittigen Verhand-lungspunkte, also eben die konkrete Förderhöhe,tatsächlich gesetzlich festgeschrieben werden? Ichwill noch einmal betonen, dass dann Steigerungs-raten der Förderhöhe einfach so nicht mehr mög-lich sind, und ich frage mich auch, aber da bin ichnicht die Expertin, ob ein derartiges Gesetz über-haupt mit unserem Haushaltsrecht vereinbar wäre,denn eine festgeschriebene Summe in einem Ge-setz nimmt ja den Beschluss der Bürgerschaft inden Haushaltsberatungen oder in der Haushalts-aufstellung vorweg. Da bin ich nicht sicher, ob dasmöglich wäre.

Herr Kreuzmann, ich weiß, wir werden eine Regel-beratung im Ausschuss haben. Ich habe denWunsch, wie Herr Oetzel auch, nach mehr Pla-nungssicherheit und einer Aufwertung der Sportför-derung. Ich finde das richtig, der Sport hat einenbedeutenden Stellenwert in dieser Stadt, aber ichstelle eben infrage, ob das mit einem entsprechen-den Gesetz geschehen soll. Ich habe diesenWunsch nach Verhandlungssicherheit oder nach

Planungssicherheit und Aufwertung der Sportför-derung durch ein entsprechendes Gesetz auch beiden Vertretern des Sports gehört. Den Wunschkann ich, wie gesagt, nachvollziehen, aber ich den-ke eben, dass wir die Beratungen dazu im Aus-schuss führen sollten, denn ich möchte nicht, dassam Ende der Sport zwar keine kraftzehrenden Be-ratungen mehr führen muss – und der Senat damitauch nicht –, aber vielleicht nachher verhandlungs-mäßig oder geldmäßig schlechter dasteht.

Das wollen Sie sicherlich auch nicht, Herr Oetzel.Darum ist, sage ich einmal, Ihr Antrag eine Diskus-sionsgrundlage; Sie haben da etwas angestoßen.Aber wir sollten im Ausschuss generell über dieSportförderung reden, denn ich glaube, uns Sport-politiker und Sportpolitikerinnen eint eben eines:Wir wollen, dass der Sport in Hamburg gut aus-sieht; das will vor allen Dingen auch der Senat. Indem Sinne, glaube ich, werden die Sportförderver-handlungen weitergeführt und in dem Sinne solltenwir auch die Beratungen im Ausschuss führen.Schnellschüsse gibt es mit diesem Antrag nicht,weil es auch nach hinten losgehen könnte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat nunder Abgeordnete Yildiz für die Fraktion DIE LINKE.

Mehmet Yildiz DIE LINKE:* Herr Präsident, meineDamen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle-gen! Ich verstehe es manchmal nicht: Entwederhaben einige Vorrednerinnen und Vorredner denAntrag nicht gelesen oder sie interpretieren ihnfalsch. Erstens müssen wir einmal feststellen, esist gut, dass der Antrag gestellt worden ist. Wir wa-ren auch in der Diskussion, um zu beantragen. Esgeht bei dem Antrag darum, dass man im Aus-schuss darüber diskutiert. Das ist kein festge-schriebener Antrag, sondern in Punkt 2 des Peti-tums steht:

"[…] bei Feststellung der Geeignetheit einesSportfördergesetzes einen Entwurf in dieBürgerschaft einzubringen."

De facto geht es darum, dass man gemeinsam imSportausschuss guckt, in welchem Rahmen etwasim Bereich Sport unter dem Gesichtspunkt einesSportgesetzes umgesetzt werden kann. Da mussman erstens feststellen, das ist kein Gesetzent-wurf, sondern die Bürgerschaft bittet den Senat,einen Gesetzentwurf diesbezüglich vorzubereiten.

Zweitens, wenn wir uns anschauen, was in denletzten Jahren im Bereich Sport gemacht wordenist: Ich habe das Gefühl, der Senat guckt im Be-reich des Sports in erster Linie auf Active City undSportgroßevents. Herr Grote hat tagtäglich auf sei-ner Tagesordnung die Sportgroßevents oder Ac-tive City. Ich meine, ich habe bei Herrn Neumannimmer Kritikpunkte gehabt, aber ich habe Herrn

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(Christiane Blömeke)

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Neumann in einem Punkt sehr geschätzt: Er warein Senator, der auch bei kleinen Sportvereineneinmal vorbeigeschaut hat. Bei diesem Senator ha-be ich das Gefühl, das läuft nebenbei und derStaatsrat kümmert sich darum. Der tut es auch,das muss ich offen sagen, er ist überall dabei, aberwelche Belange der Sport hat und welche Proble-me es im Bereich Sport gibt, dafür hat der Senatorwenig Interesse.

Drittens: Im Bereich Sport haben wir in den nächs-ten Jahren 30 000 neue Sporttreibende. Was sagtder Senat? Wie sieht das aus? Welches Konzepthat der Senat? Wie will er diese Fragen beantwor-ten? Keine Antwort.

Viertens: Wir haben im Bereich der Stadtteilpla-nung mit dem Sport Riesenkonflikte. Oberbillwer-der ist ein Musterbeispiel dafür, dass der Senatjetzt ein bisschen in Bewegung gekommen ist,auch im Rahmen unserer Sportberatungen imSportausschuss, wo Sport in Stadtteilen unter an-derem ein Thema war. Wie sieht das langfristigaus? Im Bereich Sport und Stadtteilentwicklung hatder Senat kein Konzept. Der HSB fordert im Rah-men des Sportfördervertrags 4 Millionen Euro zu-sätzlich.

(Marc Schemmel SPD: Sie verhandelnnoch!)

Bei den Verhandlungen gibt es immer noch keinErgebnis. Da muss man auch sagen, der BereichSport läuft insgesamt ehrenamtlich. Das gibt es,glaube ich, nirgendwo, dass so viel Ehrenamt dar-insteckt. Das ist auch gut und toll.

Fünftens, das loben Sie selbst und wir loben esauch: Als die sogenannte große Flüchtlingswellekam, hat der Bereich Sport beste und beispielhafteArbeit geleistet. Ohne zu warten, sind sie gleich zuden Flüchtlingsunterkünften gegangen, haben ge-guckt, wie man die Flüchtlinge, die zu uns gekom-men sind und die traumatisiert sind, integrierenund auch im Sportverein aufnehmen kann, dasssie auch außerhalb der Unterkunft ein Leben ha-ben. Das loben wir alle gemeinsam.

Daher zusammengefasst: Es geht hier nicht um einfestgeschriebenes Gesetz, sondern ich freue mich,dass wir im Sportausschuss einmal darüber disku-tieren. Ich hoffe, dass der Senat und auch die SPDnicht nur das Interesse haben, sich im Bereich derSpitzensportler ständig hochzujubeln, sonderndass sie auch einmal den Breitensport inhaltlichmit uns diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat nunHerr Lorkowski für die AfD-Fraktion.

Peter Lorkowski AfD:* Herr Präsident, meine sehrverehrten Damen und Herren! Hamburg und der

Sport, das passt sehr gut zusammen. Es gibt inHamburg eine Vielzahl von Sportmöglichkeiten,von Breitensport über Reha-Sportangebote bis hinzum absoluten Spitzensport. Der Senat hat sichmit seiner Dekadenstrategie ehrgeizige Ziele ge-setzt. Es geht jedoch um die konkrete Ausgestal-tung der Förderkriterien und Fördersummen zwi-schen der Freien Hansestadt Hamburg und demHamburger Sportbund beziehungsweise demHamburger Fußball-Verband e.V. Da beginnt allezwei Jahre aufs Neue das Geschiebe und Gefeil-sche um jeden Cent.

Das ist in anderen Bundesländern durchaus bes-ser und transparenter geregelt. So haben sich be-reits Länder wie Bremen, Niedersachsen, Sach-sen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Thüringen zu ei-ner Regelung durch jeweilige Sportfördergesetzeentschlossen. In Niedersachsen zum Beispiel sinddie Fördersummen und die Herkunft aus denGlücksspiellizenzen miteinander verknüpft. Dieverfügbaren Mittel sind also planbar für alle Betei-ligten und längerfristig bekannt. Durch diese Artlangfristig bekannter Förderzusagen ist eine Pla-nung insbesondere bei den Empfängern möglich.Diese Planungssicherheit ermöglicht den Geförder-ten einen längerfristigen Ansatz, der im Endeffektauch zu besseren Ergebnissen führt. Wir stimmendem Antrag der FDP zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat nundie Abgeordnete Blömeke für die GRÜNE Fraktion.

Christiane Blömeke GRÜNE:* Herr Präsident,meine Damen und Herren! Kollege Yildiz, manch-mal langweilt es mich, was Sie sagen, weil esscheint, als ob Sie in Ihrem Kopf wirklich nur einund dieselbe Platte haben; die hören wir im Aus-schuss, die hören wir hier in der Bürgerschaft. Ichappelliere vielleicht auch einmal an die Kollegender Links-Fraktion, die ich sonst für Ihre durchausdifferenzierten Wortbeiträge schätze, dass sie die-se Position einmal überdenken. Sie entspricht ein-fach nicht den Tatsachen. In dieser Legislatur wur-den Millionen in die Sanierung von Sportstättengesteckt. In den Bezirken wurden etliche … ich ha-be jetzt die Zahlen nicht parat, aber wir haben Klei-ne Anfragen dazu, da können Sie reingucken. DieMenschen, die in den Bezirken unterwegs sind,wissen es ja auch, wenn sie zum Sport gehen: Eswurden etliche Rasenplätze in Kunstrasenplätzeumgewandelt. Allein das ist schon eine große Qua-litätssteigerung, weil die Plätze mehr bespielt wer-den können.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN undder SPD)

In den Schulsporthallen wurden 70 neue Felder er-richtet – 70 neue Felder in Schulsporthallen, HerrYildiz, vielleicht nehmen Sie das zur Kenntnis. Al-

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(Mehmet Yildiz)

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lein in Harburg, einem Bezirk, der Ihnen eigentlichja auch nahe sein müsste, einem Bezirk, der si-cherlich nicht mit den sozial höheren Schichtenverbunden wird, sind allein 40 Millionen Euro inden Sport investiert worden. Herr Yildiz, da runzelnSie die Stirn, das kommt wahrscheinlich, weil Siedie Kleinen Anfragen nicht richtig lesen oder viel-leicht diese Fragen gar nicht stellen. Diese ewigeLeier, dass der Senat und die rot-grüne Regierungsich nur für den Spitzensport interessieren, ist ein-fach Quatsch.

Der Sport braucht beides. Der Sport braucht – undda kann man nicht müde werden, das zu sagen –eine Spitze, die in den Großsportveranstaltungenzutage tritt, und wir haben natürlich auch den Brei-tensport. Wenn Sie das verfolgt haben, dann ha-ben wir nicht nur im letzten Haushalt … sondernauch Senator Grote hat gerade Parksportanlagenwieder neu eröffnet. Wir haben jetzt in allen Bezir-ken Parksportanlagen, wir haben Beachvolley-ballanlagen, wir haben beleuchtete Jogging-strecken.

Ich kann Ihnen noch viel mehr aufzählen, was si-cherlich für den Breitensport ausgesprochen gut istund nicht nur für den Spitzensport. Aber die Men-schen dieser Stadt machen auch begeistert Sportund sie gehen genauso begeistert hin und guckensich Triathlon an oder Marathon und was wir nochalles haben. Demnächst beim Ironman, da wetteich, werden wieder viele Hamburgerinnen undHamburger da sein, und das ist auch gut so, weildas auch ein Standortfaktor der Wirtschaft hier inHamburg ist. Herr Yildiz, das sollten Sie auch zurKenntnis nehmen.

Wenn Sie eben über die Migranten, über die Ge-flüchteten, die zu uns gekommen sind, gesprochenhaben, dann erinnern Sie sich vielleicht auch nochdaran, dass wir 400 000 Euro allein für die Integra-tion im Sport dem HSB als zusätzliche Mittel zurVerfügung gestellt haben. Und dann immer wiederIhre Platte, der Senat tue nur etwas für den Spit-zensport. Ich finde, das ist inhaltsleer.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt beider SPD)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat nunder Abgeordnete Yildiz für die Fraktion DIE LINKE.

Mehmet Yildiz DIE LINKE:* Herr Präsident, meineDamen und Herren! Ich liebe es, dass Frau Blöme-ke, wenn sie in einer Sackgasse ist, mich immerpersönlich angreift. Das Gleiche geschieht auch imAusschuss, anstatt dass sie einmal inhaltlich …

(Dirk Kienscherf SPD: Das fällt bei Ihnen jaauch nicht schwer!)

Ich sage einmal zu den Schulsporthallen, das istkein Beschluss vom letzten Jahr, sondern das wur-de 2011 beschlossen, weil die Schulsporthallen so

dermaßen marode sind, dass da investiert wird.Das ist kein neuer Beschluss.

Bezogen auf Active City, Frau Blömeke, wenn Siesich die umgesetzten Projekte angucken, dann istkaum ein Projekt dabei, das neu ist, sondern seitJahren ist der Bedarf da, seit Jahren fordern dieVereine, dass saniert wird. Im Rahmen von Olym-pia haben Sie versucht, der Öffentlichkeit zu ver-kaufen, dass es etwas Neues ist, das Sie neu ent-deckt haben. Durch Olympia wird alles saniert.Und dann bei Active City haben Sie gesagt:Gucken Sie doch einmal, einen Teil der Ergebnis-se von Olympia setzen wir doch um. Es ist nichtso, dass Olympia einfach weg ist und damit auchalle Gespräche und Projekte. Sie täuschen damitdie Öffentlichkeit. Nennen Sie mir ein konkretesBeispiel, das neu ist, das ist die Ausnahme. Erzäh-len Sie daher nicht der Öffentlichkeit, dass Sie dieWelt neu entdeckt haben, sondern es sind Projek-te, die schon seit Jahren vorhanden sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bestreite auch nicht, dass im Bereich der Inte-gration etwas investiert worden ist, im Gegenteil,das haben wir jahrelang gefordert. Das finde ichauch toll. Aber was heißt das für die Vereine, müs-sen die jedes Jahr das Thema Integration neu ver-handeln? Da finde ich den Antrag der FDP, dassman über ein Sportfördergesetz spricht und auchlangfristig planen kann, auch Bereiche und Rah-menbedingungen festlegen kann, unter welchenBedingungen ein Sportfördergesetz funktionierenkann …

(Zuruf)

– Ja, da werden wir auch diskutieren.

Weil ich persönlich angegriffen worden bin,

(Christiane Blömeke GRÜNE: Angegriffen?)

will ich einmal dementieren. Frau Blömeke, ichglaube, wir können gemeinsam die Sportaus-schussprotokolle anschauen. Ich glaube schon,dass ich einer von denen bin, die am meisten Fra-gen stellen und zur Diskussion beitragen. Dahertun Sie nicht so, dass Sie so viel umsetzen, wasneu ist, sondern lassen Sie uns doch einmal imAusschuss diskutieren. Da werden wir auch nocheinmal ausführlicher darüber beraten.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Wenn keine weite-ren Wortmeldungen vorliegen und das ist der Fall,dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer also möchte den Antrag der FDP-Fraktion ausDrucksache 21/13244 an den Sportausschussüberweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? –Damit ist dieses Überweisungsbegehren einstim-mig beschlossen.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5965

(Christiane Blömeke)

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Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 4,Drucksache 21/12825, Große Anfrage der AfD-Fraktion: Politische Neutralität an HamburgerSchulen – Rechtsgrundlagen und Erfassung vonVerstößen.

[Große Anfrage der AfD-Fraktion:Politische Neutralität an Hamburger Schulen –Rechtsgrundlagen und Erfassung von Verstö-ßen– Drs 21/12825 –]

Diese Drucksache möchte die AfD-Fraktion an denSchulausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Dr. Wolf,Sie haben das Wort.

Dr. Alexander Wolf AfD:* Sehr geehrter Herr Prä-sident, meine Damen und Herren! Das Gebot zurpolitischen Neutralität an Schulen leitet sich ausdem Grundgesetz ab. Es gehört zu den wichtigs-ten Prinzipien unserer freiheitlich-demokratischenGrundordnung. Daraus geht hervor, dass Staatsor-gane weder zugunsten noch zulasten einer politi-schen Partei in den Wahlkampf beziehungsweiseüber Zeiten des Wahlkampfs hinaus wirken dürfen.Präzisiert wird das Gebot in den Bestimmungender Paragrafen 2 und 3 des Hamburgischen Schul-gesetzes sowie in den Bildungsplänen und derGeschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 derSchulbehörde. Diese schreibt unter anderem vor,dass alle in der Bürgerschaft vertretenen Parteienbei schulischen Diskussionsveranstaltungen be-rücksichtigt werden müssen. Im Innenverhältniszum Dienstherrn sind verbeamtete wie auch tarif-beschäftigte Lehrer verpflichtet, ihre Aufgaben un-parteiisch und zum Wohle der Gesamtheit zu erfül-len. Schließlich bekennt sich die Schulbehördeauch zu den Grundsätzen des Beutelsbacher Kon-senses. Dieses für alle Lehrer und Mitarbeiter derBSB grundsätzlich verbindliche Ethos hat zwei Ele-mente.

Es besagt, erstens Schüler nicht mit spezifischenSichtweisen oder Meinungen zu überwältigen– man spricht vom Überwältigungsverbot – undzweitens im Politikunterricht Sachverhalte nichteinseitig, sondern kontrovers und unter Berück-sichtigung verschiedener politisch-gesellschaftli-cher Standpunkte darzustellen. So weit die Theo-rie, doch wie sieht es in der Praxis an den Hambur-ger Schulen aus?

Seit dem Einzug unserer Partei in die Bürgerschaftvor mehr als drei Jahren erhielten wir nahezu wö-chentlich Hinweise auf mutmaßliche Verstöße ge-gen das Neutralitätsgebot. Die Hinweise kommenaus der Elternschaft, von Lehrern, darunter selbstSchulleiter von betroffenen Schülern, oder selbst

von Mitarbeitern des LI. In mehr als 30 Kleinen undGroßen Anfragen haben wir dem Senat konkreteFälle zur Überprüfung vorgelegt. In zahlreichenFällen wurde die Rechtswidrigkeit bestätigt. Dieseparlamentarische Aufarbeitung ist wichtig, denn siehat das Ziel, Neutralität zu bewahren beziehungs-weise wiederherzustellen. Auch wenn das einigenAkteuren aus der links-grünen Ecke der Schulbe-hörde missfällt – ihre hysterische Kritik entlarvt sienur selbst.

Einige Beispiele von Verstößen, die uns immerwieder gemeldet wurden: Lehrer, die im Unterrichtihre Schüler dazu auffordern, nicht die AfD zu wäh-len. Pädagogen, die im Ganztagsbetrieb mit "FCKAFD"-T-Shirts vor Schüler treten. Wie das gemeintist, brauche ich jetzt hier nicht zu erläutern. Mitar-beiter der Schulbehörde, die während einer Lehrer-fortbildung dazu aufrufen, AfD-Vertreter entgegender Rechtslage nicht zu politischen Diskussionenin die Schulen einzuladen. Linke GEW-Mitglieder,die mit öffentlichen Aushängen in Schulen zu De-monstrationen gegen den Einzug der AfD in denBundestag aufrufen. Antifa-Banner gegen die AfDwährend einer Schuldiskussion im Bundestags-wahlkampf und, und, und.

Mit dem Gebot zur politischen Neutralität ist das al-les nicht vereinbar, zwar politische Meinungsäuße-rung, aber eben nicht in dem spezifischen Kontextan den Schulen und im Unterricht. Wir begrüßenes daher, dass die Schulbehörde, wie aus der Ant-wort auf unsere Große Anfrage hervorgeht, inzwi-schen in einigen Fällen interveniert hat, ebensodass die Schulbehörde nach unserer Dienstauf-sichtsbeschwerde einen Brief an alle Schulen ver-schickte, in dem sie die Schulen zur strikten Ein-haltung des Neutralitätsgebots ermahnte.

Doch ist die Schulbehörde wirklich an einer ernst-haften, konsequenten Durchsetzung des Neutrali-tätsgebots interessiert? Zweifel sind angebracht,wenn es im Titel einer Lehrerfortbildung in Ham-burg heißt – Zitat –:

"Methodentrainings zu rechtspopulistischenParteien aller Art"

Auf wen das abzielt, dürfte klar sein.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-FroweinFDP: Wer sich den Schuh anzieht, bittesehr!)

Hier die guten demokratischen,

(Heiterkeit bei der SPD, den GRÜNEN undder FDP)

dort die bösen rechtspopulistischen Parteien – wieholzschnittartig. Schüler und Eltern leiden darunter.

Wie schon gesagt, aufgrund einer Vielzahl derarti-ger Vorfälle, bei denen sich Lehrer, Eltern undSchüler hilfesuchend an uns wandten, haben wirden Ansatz entwickelt, ihnen mit einer Onlineplatt-

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(Vizepräsident Dr. Kurt Duwe)

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form Hilfe zu bieten. Das ist nichts anderes als einKummerkasten, mit dem wir erstens über rechtli-che Vorgaben informieren, zweitens dazu anregen,Probleme schulintern zu lösen, und drittens, wennalle anderen Wege nicht weiterführen, ihnen auchunsere Hilfe auf parlamentarischem Wege anbie-ten. Darüber werden wir noch in der zweiten Run-de gern diskutieren und dort auf Ihre Fragen undvermutlich Angriffe eingehen. – Vielen Dank ersteinmal.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsident Dr. Kurt Duwe: Das Wort hat dieAbgeordnete Duden für die SPD-Fraktion.

Barbara Duden SPD:* Sehr geehrter Herr Präsi-dent, sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrter HerrDr. Wolf, ich möchte Sie eindringlich bitten, ver-schonen Sie uns in Zukunft mit solchen Anfragen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und derLINKEN)

Bislang war Ihre Vorliebe für Schulpolitik nicht er-kennbar und bei Veranstaltungen hieß es meis-tens: zugesagt, aber nicht erschienen. Erkennbarist nach der Lektüre der Anfrage, dass Sie ein völ-lig falsches Bild von politischer Neutralität vor sichhertragen. Neutral zu sein, heißt nicht, keine Mei-nung zu haben, sondern Neutralität fördert einendemokratischen und offenen Streit um Meinungenund damit auch die Auseinandersetzung mit ver-schiedenen Positionen. Politische Neutralität istnicht der Verzicht auf Informationen. Lehrer, diediesen Politikunterricht in der Schule leisten, einenUnterricht, der umfassend informiert, brauchen un-sere volle Unterstützung und keinen Generalver-dacht.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und derLINKEN)

Die Antwort auf die Anfrage kann nicht heißen,dass man Schulen zu Orten des Misstrauens undder Denunziation macht und Kinder und Jugendli-che anstiftet, Lehrer an den Internetpranger zustellen, um sie dort mit ihrer vermeintlichen Gesin-nung anzuschwärzen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und derLINKEN)

Wenn die AfD im Politikunterricht kontrovers disku-tiert wird, dann ist das ein Problem der Partei undnicht der Lehrer. Wenn Ihr Vorsitzender Gaulanddie NS-Zeit als Fliegenschiss der Geschichte be-zeichnet,

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt denVorsitz.)

müssen Sie sich doch nicht wundern, dass dieseArt der Geschichtsbetrachtung Eingang in den Po-litikunterricht findet.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und beiSabine Boeddinghaus DIE LINKE und Wolf-hard Ploog CDU)

Die GEW hat in ihrer Presseäußerung in der ver-gangenen Woche darauf hingewiesen, dass dieAfD mit ihrem Ansinnen, das wir hier heute disku-tieren, eigentlich in der Tradition der Nazis steht.

Und, die Frage muss doch auch erlaubt sein, wersoll denn die Vorwürfe, die erhoben werden, über-prüfen? Machen das Ihre Mitarbeiter oder machendas die Abgeordneten selbst? Festzustellen bleibt:Die AfD hat die Schulen entdeckt. Das ist insge-samt eine schlechte Nachricht für Lehrer, Elternund Schüler.

(Beifall bei Phyliss Demirel GRÜNE)

Es hat in den vergangenen Tagen einige sehr ein-deutige Presseberichte zu diesem Thema gegebenund besonders zutreffend ist ein Zitat der "Süd-deutschen Zeitung", das ich hier auch noch einmalzitieren werde:

"Lehrer sind keine Missionare, aber sie ha-ben eine Mission: die Schüler zu mündigenBürgern zu erziehen."

Unser Fazit: Keine Einschüchterung durch die AfDin Hamburger Schulen. Unsere Antwort: Die Bemü-hung um die politische Bildung muss weiter ver-stärkt werden. Ich glaube, die Diskussion und derWortbeitrag eben haben es deutlich gemacht, ei-ner unserer Schwerpunkte ist, politische Bildung zuverstärken.

Und mein letzter Satz ist auch mein erster: Ichmöchte Sie eindringlich bitten, verschonen Sie unsin Zukunft mit solchen Anfragen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN-KEN und bei Wolfhard Ploog CDU)

Vizepräsidentin Antje Möller: Für die CDU-Frakti-on bekommt nun Frau Stöver das Wort.

Birgit Stöver CDU:* Frau Präsidentin, meine Da-men und Herren! Die AfD meldet die Debatte "Poli-tische Neutralität an Hamburger Schulen – Rechts-grundlagen und Erfassung von Verstößen" zur De-batte an und damit mahnen Sie zum wiederholtenMale politische Neutralität an. Herr Dr. Wolf, nurweiße Mäuse sollten Sie nicht sehen, Sie solltenes auch nicht überziehen. So ähnlich wie Frau Du-den würde ich auch gern mit meinem Schlusssatzbeginnen, dass ich davor warnen möge, die Be-schwerden wegen mangelnder Neutralität, zumBeispiel Nichtwahl von AfD-Vorschlägen in derBürgerschaft, aber auch jetzt als Beispiel denKummerkasten als Internetplattform, bitte nicht indie Klassenzimmer und Schulen zu verlagern. Die-se Diskussion gehört hierher, in dieses Haus, undsollte meines Erachtens im politischen Umfeld aus-getragen werden.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5967

(Dr. Alexander Wolf)

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Der Hinweis auf das Grundgesetz ist schon erfolgt,das brauche ich nicht weiter auszuführen. Lehr-kräfte sind auch aus Grundgesetzgründen daherim Unterricht zur politischen Neutralität verpflichtetund zudem muss bei schulischen Veranstaltungenmit Repräsentanten politischer Parteien stets allenin der Bürgerschaft vertretenen Parteien Gelegen-heit zur Teilnahme gegeben werden. Das ist auchnur richtig so.

Weiter ist hier im Kontext Schule auf den Beutels-bacher Konsens als professionell-pädagogischenRahmen hingewiesen worden, der besagt, dassSchüler nicht einseitig beeinflusst werden dürfen.Weiter ausführen, Herr Dr. Wolf hat das getan,brauche ich auch dieses nicht. Hier stellt sich dieFrage nach der Aktualität des Beutelsbacher Kon-senses. Bei der Überprüfung der drei Grundsätzebehalten alle drei Bedeutungen in der modernenGesellschaft ihre Gültigkeit. Der Einzug von extre-men Parteien im Parlament macht uns aber erneutauf die Brisanz des ersten Grundsatzes aufmerk-sam.

Demokratie bedarf einer Möglichkeit zur freien Ur-teilsbildung, die in Form der politischen Bildung imUnterricht frühzeitig geschult werden kann. Auf kei-nen Fall darf politische Instrumentalisierung an die-ser Stelle zugelassen werden, um demokratischeWerte nicht zu gefährden. Auch der zweite Grund-satz wirft vielleicht kritische Fragen zur Umsetzungauf, die allerdings zu einer genauen Überlegungund Planung des Unterrichts unter Berücksichti-gung aktueller und komplexer Fragestellungen an-regen sollten. Das Aufdecken von Kontroversen,und das hat Frau Duden ja auch schon ausgeführt,und der Bezug der Schüler trägt in der Form der ei-genständigen Erarbeitung der Inhalte zum Begrei-fen von Zusammenhängen in der Politik und Ge-sellschaft bei. Auch der dritte Grundsatz kann ausder Debatte um die Individualisierung zwar kritischbetrachtet werden, allerdings enthält er den not-wendigen emanzipatorischen Gedanken, der mün-dige Schüler müsse zunächst seine eigene Interes-senslage erkennen, um auch zu Urteilskraft zu ge-langen. Zugleich darf die Berücksichtigung der Mit-verantwortung für das soziale Ganze bei der Erör-terung politischer Problemlösungen nicht außerAcht gelassen werden.

Also die Aktualität des Konsenses ist sicherlich ge-geben, doch ergibt sich die Frage, wie man demBeutelsbacher Konsens auch gerecht werdenkann, wenn man sich im Unterricht auch schwieri-gen Themen oder anderen Positionen widmet. Undda muss man definitiv einmal die Lehrer in Schutznehmen. Die Aufgabe der Lehrer soll es sein, denSchülern die Grundsätze der Demokratie beizu-bringen und auch, den Blick des Schülers auf mög-lichst viele unterschiedliche Ansichten und Alterna-tiven zu richten. Hierzu gehört der Diskurs mit poli-tischen Themen und hierzu gehört auch in den hö-heren Klassenstufen, den politischen Populismus,

den wir in Europa zunehmend wahrnehmen, zu be-handeln.

Wie äußert man sich als Lehrkraft also nun gegen-über populistischen Standpunkten? Ist der Beutels-bacher Konsens sogar eine Grundlage dafür, sichauch klar gegen populistische und extreme Partei-en äußern zu können und den Schülern und Schü-lerinnen die eigene Meinung mitzuteilen? Ich sageganz deutlich: Ja. Die persönliche Meinungsäuße-rung muss der Lehrer nur ganz deutlich auch alseine solche kennzeichnen.

Bei den in der Großen Anfrage genannten Sach-verhalten handelt es sich unbestritten um Über-schreitungen dieses Rahmens. Zudem ist offenbarnicht in allen Fällen verhindert worden, dass links-extreme Kräfte wie die Antifa an Schulen agitierenkonnten. All dies kann auf eine gewisse Hilflosig-keit der Lehrerschaft hindeuten. Der Senat darf dieLehrer mit den neuen Formen des politischen Po-pulismus, die in ganz Europa, wie gesagt, wahr-nehmbar sind, nicht allein lassen. Stattdessenmuss die Schulbehörde hier Hilfestellungen für dieLehrer entwickeln. Eine Information über allgemei-ne Rechte und Pflichten der Lehrkräfte oder eineDienstanweisung vor der Bundestagswahl ist si-cherlich nicht ausreichend.

Der Senat schreibt in seiner Antwort auf die GroßeAnfrage:

"Angesichts der thematischen Verankerungdes Beutelsbacher Konsenses in der Aus-und Fortbildung der Politik unterrichtendenLehrkräfte war beziehungsweise ist eineNotwendigkeit solcher Maßnahmen nicht er-kennbar."

Dieser Aussage kann offensichtlich nicht zuge-stimmt werden. Der Senat ist also gefordert, seineLehrkräfte stärker zu unterstützen. Dabei aber darfer nicht vergessen, dass zur Neutralität auch ge-hört, dass keine Partei, auch keine sozialdemokra-tische, politisch die Lufthoheit über die Kinderbet-ten erlangen darf. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vizepräsidentin Antje Möller: Für die GRÜNEFraktion bekommt nun Frau Dr. von Berg dasWort.

Dr. Stefanie von Berg GRÜNE:* Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Einmal mehr versuchtdie AfD-Fraktion, sich hier mit dieser Großen An-frage als Opfer zu stilisieren, als arme kleine Par-tei, die überhaupt keine Möglichkeiten hat zur frei-en Meinungsäußerung, in Schulen nicht gesehenwird, nicht eingeladen wird, von allen Seiten behin-dert wird. Sie sind die Opfer. Das ist Ihre Erzäh-lung.

5968 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Birgit Stöver)

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Ich will Ihnen nur eines sagen, meine Damen undHerren: An dieser Erzählung ist nichts dran.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und derLINKEN)

Ja, der Beutelsbacher Konsens ist ein absolutwichtiger Konsens in der Schule. Auch das Neutra-litätsgebot ist richtig. Und wenn wir die Große An-frage einmal aus einem anderen Blickwinkel be-trachten, dann sehen wir sehr genau, dass dieSchulbehörde darauf achtet, dass sowohl der Beu-telsbacher Konsens als auch das Neutralitätsgebotentsprechend eingehalten werden.

Ja, auch ich bin der Meinung, dass bei einer politi-schen Veranstaltung tatsächlich alle in der Bürger-schaft vertretenen Fraktionen eingeladen werdensollten. Das trägt zur politischen Urteilsbildung bei.Das ist absolut richtig.

(Beifall bei Farid Müller GRÜNE)

Aber, meine Damen und Herren, in über drei Jah-ren zehn Vorfälle. Wir haben 14 000 Lehrkräfte.Das ist doch keine Opfererzählung. Das ist docheinfach an den Haaren herbeigezogen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich will Ihnen einmal sagen, was sie wirklich sind,die Kollegen und Kolleginnen von der AfD-Frakti-on: Sie richten mit ihrer Meldeplattform eine Platt-form ein, die zum Denunziantentum aufruft, ganzeinfach.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LIN-KEN und bei Anna-Elisabeth von Treuen-fels-Frowein FDP)

Sie nehmen damit billigend in Kauf, dass Hetzkam-pagnen losgetreten werden. Sie wissen doch ganzgenau, wie die sozialen Medien funktionieren. Sienehmen das in Kauf.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Sie wollen dasauch!)

Und ich will Ihnen noch eines sagen: Sie nehmenes nicht nur billigend in Kauf, Sie haben in mindes-tens einem Fall eine Hetzkampagne hier in derBürgerschaft ins Leben gerufen. Sie haben sie ini-tiiert, Sie haben Öl ins Feuer gegossen, und ichsage Ihnen eines: Das geht seit fast drei Jahrenso. Sie sind nicht Opfer, Sie sind Täter. NehmenSie das zur Kenntnis.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, derCDU, der LINKEN und der FDP)

Vizepräsidentin Antje Möller: Für die FraktionDIE LINKE bekommt nun Frau Boeddinghaus dasWort.

Sabine Boeddinghaus DIE LINKE:* Frau Präsi-dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wolf,Ihr Versuch, das sogenannte Neutralitätsgebot für

Ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren, istso durchsichtig wie perfide, und ich glaube, Siemüssten sich einmal ein bisschen mehr Gedankenmachen, als immer zu meinen, Sie könnten jetzthier im Grunde das kleine Opfer spielen. Sie ver-antworten hier eine ganz, ganz schlechte Stim-mung an den Schulen, und ich hoffe nur, dass wiruns alle zusammen hier solidarisieren, dass dasauch wirklich zutage tritt.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Sie haben übrigens das Neutralitätsgebot über-haupt nicht verstanden. Sie setzen es gleich mitMeinungs- und mit Haltungslosigkeit. Da sind Sieaber total auf dem Holzweg, denn zum Bildungs-auftrag der Schulen gehört im Gegenteil ein Mehran politischer Bildung, ein Mehr an Aufklärung, anInformation, an Entwickeln klarer Haltung und ganzsicher nicht an Zukleistern und Verniedlichen vonmenschenverachtender Politik, so wie Sie sie be-treiben.

Wir sagen, die Lehrerinnen und Lehrer sind sogaraufgerufen, mit ihren Schülerinnen und SchülernParteiprogramme und Verlautbarungen kritisch zudiskutieren. Und wenn die AfD da häufiger im Fo-kus steht – Frau Duden sagte es schon –, dannmüssen Sie sich einmal endlich selbstkritisch Ge-danken machen, woran das denn liegt. Und ichkann nur sagen: Wehret den Anfängen, und zwarüberall, zu jeder Zeit, an jedem Ort.

(Beifall bei der LINKEN, vereinzelt bei denGRÜNEN und bei Barbara Duden SPD)

Deswegen ist es mir auch ein Anliegen, hier andieser Stelle noch einmal zu sagen: Wir erklärenuns solidarisch mit den Lehrerinnen und Lehrern,denen Sie jetzt mit einer Dienstaufsichtsbeschwer-de kommen wollen. Wir müssen klar zusammen-stehen und sagen: Die AfD darf keinen Spaltpilz indie Schulen bringen. Das wäre verheerend.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt beider SPD)

Und auch von mir noch ein Wort zu dieser soge-nannten Onlineplattform. Sie bedienen sich einerMethode, die wir aus einem ganz dunklen Kapiteldeutscher Geschichte kennen. Und ich finde eswirklich ohne Worte, dass Sie jetzt Eltern undSchüler und Schülerinnen auffordern, ihre Lehre-rinnen anzuzeigen und angebliches Fehlverhaltenanzuzeigen. Sie zerstören damit das Vertrauens-verhältnis in den Klassen, das bitter nötig ist, damitüberhaupt Lernen stattfinden kann, damit über-haupt der Bildungsauftrag in einem guten Verhält-nis zwischen Lehrkraft und Schülerin und Schülervonstattengehen kann. Und Sie entlarven sich andieser Stelle, dass es Ihnen nämlich total egal ist,wie Lernen funktioniert und wie Bildung funktio-niert; Sie wollen die Schulen kapern für Ihre Inter-essen und das ist unterirdisch.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5969

(Dr. Stefanie von Berg)

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(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt beider SPD)

Ich möchte an dieser Stelle aber noch einmal sa-gen: Wir müssen auch in diesem Haus einen Kon-sens finden darüber, dass wir hier immer eine klareHaltung zeigen. Ich bin froh über die Debattenbei-träge. Ich fand es nicht glücklich, dass die BSB beider einen Schule eine Dienstanweisung ausgege-ben hat, weil ich finde, es liegt in der Autonomieder Schule, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Dis-kussionsveranstaltungen organisiert. Ich finde, da-rüber müssen wir auch noch einmal diskutieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Antje Möller: Für die FDP-Frakti-on bekommt nun Frau von Treuenfels-Frowein dasWort.

Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP:*Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen undHerren! Wir sind uns, glaube ich, alle einig – unddas müssen wir wahrscheinlich auch nicht nocheinmal diskutieren –, dass wir das Neutralitätsge-bot an Schulen einhalten wollen. Aber wir sind unsgenauso einig, dass das nicht immer eingehaltenwird, und das war auch schon immer so.

Jetzt lesen wir die Große Anfrage der AfD und len-ken unseren Blick natürlich immer wieder in eineRichtung und sagen: Warum machen Sie das?Warum schreiben Sie das, was wollen Sie eigent-lich? Was wollen Sie da eigentlich wirklich errei-chen? Ich möchte erst einmal gar nicht unbedingtden Blick auf diese Opferrolle lenken – das wissenSie und das wissen wir alle, dass Sie die gernstricken –, sondern ich möchte meinen Blick in ers-ter Linie darauf lenken, dass Sie so tun, als ob SieOpfer politischer Indoktrination sind, als ob Sie ei-gentlich fast in einem autokratischen Staat leben,der Sie in eine Minderheitenrolle drängt. Ja, ge-nau, Sie nicken schon, ich liege da leider geradeganz richtig. Aus Ihrer Anfrage entnehme ich – ichmöchte da etwas zitieren –, wie Sie das beweisenwollen. Hier steht:

"Entsprechende Gespräche zwischen ver-schiedenen Lehrern seien von Schülern, diein der Pause neben den Lehrern standen,beobachtet/mitgehört worden."

Sorry, ganz ehrlich: In welche Richtung soll dasgehen? Was für ein Klima möchten Sie denn bittean Schulen erzeugen, wenn in den Pausen Schü-ler zusammenstehen, vielleicht einmal mit Lehrernoder auch untereinander reden und ein andererschon einmal mithört, was da vielleicht auf dasPortal kommen könnte? Das ist doch hier schonganz richtig gesagt worden: Das sind genau dieFehler in den autokratischen Systemen, dass sichuntereinander bespitzelt wird. Sie wollen uns dochhier nicht wirklich erzählen – oder ich hoffe, dass

Sie uns das nicht erzählen wollen –, dass das IhrZiel ist? Das kann doch hier keiner wollen, dassdas in Schulen passiert. Das lehnen wir wirklichab.

(Beifall bei der FDP, der SPD, den GRÜNENund der LINKEN)

Und ich sehe, ehrlich gesagt, das auch in denSchulen so: Mir hat der Politikunterricht immer ammeisten Spaß gemacht, wenn da auch einmal Sa-chen zur Sprache kamen und das Neutralitätsge-bot nicht anfing, einfach nur noch langweilig zuwerden, weil alle Lehrer sich drum herumgedrückthaben, auch einmal ihre Meinung zu sagen. Mankonnte ja schon ab der achten Klasse aufwärtsganz genau unterscheiden. Unsere Lehrer, möchteich jetzt einmal sagen, waren meistens Sozialde-mokraten und haben auch keinen großen Hehldaraus gemacht. Na und? Aus uns ist auch etwasgeworden. Ist doch nicht so schlimm.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ-NEN)

Ganz ehrlich, man muss das auch einmal einbisschen locker sehen.

(Dirk Kienscherf SPD: Da hätte man nochein bisschen nachsteuern können! Ganz soerfolgreich war es nicht!)

– Genau. Das wusste ich, dass das kommt.

Keiner von uns hat doch deswegen einen demo-kratischen Mangel oder so etwas erlitten. Also al-len Ernstes, das kann jetzt nicht wirklich Ihr Ernstsein. Und wenn die Schulbehörde dann eingreift,wenn es also wirklich an manchen Stellen vielleichtzu doll gewesen ist, dann reicht das doch schon.Dann kann das doch jetzt nicht wirklich Ihr Ernstsein, dass Sie hier von uns verlangen, dass wiruns hinstellen und sagen: Ja, die Opferrolle derAfD, die stricken wir gern weiter mit und haben Teilan einem Portal, wo Sie dann am besten auchnoch beurteilen, wer da irgendwie schlecht überSie gesprochen hat. Ganz ehrlich, sorry, das ent-behrt jeder Grundlage. Das tragen wir natürlichnicht mit.

Wir finden, Demokratie an Schulen, Demokratiebil-dung und besonders auch politische Bildung, dasmöchte ich hier allerdings auch noch einmal dazusagen, müssten deutlich zunehmen. Und zwarnicht Einflussnahme, sondern einfach die Diskussi-on an Schulen. Dann hätten wir auch mehr Interes-se an der Politik, weniger Politikverdrossenheit.Das wäre einmal ein Appell an uns alle. – VielenDank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ-NEN)

Vizepräsidentin Antje Möller: Das Wort bekommtHerr Dr. Flocken.

5970 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Sabine Boeddinghaus)

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Dr. Ludwig Flocken fraktionslos:* Sehr verehrteFrau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter!Warum gelingt es nicht, den Beutelsbacher Kon-sens einzuhalten? Wegen der AfD? Nein, jeden-falls nicht nur. Das Problem liegt tiefer. Es liegtdaran, dass in jedem staatlichen Schulzwangsys-tem der Beutelsbacher Konsens einen Fremdkör-per darstellt.

(Ekkehard Wysocki SPD: Schulzwang?)

Der Beutelsbacher Konsens wie auch unserGrundgesetz steht für die Freiheit des Schülersvon Indoktrination – ein hehres Ziel. Der Drang zurIndoktrination ist aber in jedem staatlichenSchulzwangsystem fest verwurzelt. Das galt amAnfang der Idee bei Luther, und das muss ich jetzterläutern, weil mir immer wieder gesagt wird, daskönne man nicht verstehen: Also, Frau Güçlü, Lu-ther, das war ein einflussreicher Pastor vor unge-fähr 500 Jahren in Deutschland,

(Anna Gallina GRÜNE: Was soll das dennjetzt?)

und damals ging es gegen die Katholiken. Ich zitie-re jetzt einmal für alle, die es noch nicht gehört ha-ben, eine Schrift aus dem Jahr 1524 mit dem Titel"An die Ratsherren aller Städte deutschen Landes,dass sie christliche Schulen aufrichten und haltensollen". Das war der Titel der Schrift. Und sechsJahre später schreibt er:

"Ich halt aber, daß auch die Obrigkeit hieschuldig sei, die Untertanen zu zwingen, ihreKinder zur Schule zu halten […]."

Der nächste Meilenstein des Schulzwangs inDeutschland war das Jahr 1717. Der Soldatenkö-nig Friedrich Wilhelm I. erließ die Principia regulati-va. Das will ich jetzt nicht im Einzelnen zitieren,aber Sie glauben mir vielleicht: Es ging darum,dass er mit seinem Anspruch als absoluter Herr-scher den Kindern die Königstreue einbläuen woll-te. Und das galt auch …

(Glocke)

Vizepräsidentin Antje Möller (unterbrechend):Dr. Flocken, ich rufe Sie zur Sache. Bitte haltenSie sich ans Thema.

Dr. Ludwig Flocken fraktionslos (fortfahrend):* Ja.Also für jeden, der es nicht gemerkt hat: Es geht imAugenblick darum, Ihnen zu erklären, dassSchulzwang und Indoktrination tiefer zusammen-hängen und dass man das nicht hier auf irgend-welche bösen Achtundsechziger schieben kann.

Vor 80 Jahren wurde dann der Schulzwang

(Dr. Monika Schaal SPD: Kommen Sie dochmal zur Neuzeit! Das wäre vielleicht ganz in-teressant!)

zum ersten Mal in Deutschland per Gesetz festge-legt. Darauf brauche ich, glaube ich, jetzt nicht ein-gehen.

Bildung, wissenschaftlich-aufklärerisch zumal, warVorwand für den Schulzwang, deshalb meist nurschlecht realisiert. Indoktrination war und ist dasWesen des Schulzwangs, mal besser, malschlechter vertuscht, mal mehr religiotisch, malmehr politisch, meist beides.

(Farid Müller GRÜNE: Sie wissen schon,was Sie da machen!)

Und so sieht es natürlich manch linientreuer Absol-vent einer politisch korrekten Kaderschmiede: Wassoll ich als Lehrer anderes machen, als meinemTrieb zur Indoktrination nachgehen?

(Barbara Duden SPD: Was ist denn das?)

Der Beutelsbacher Konsens? Nur eine Mahnung,es nicht allzu plump zu machen. Die Technik zuverfeinern, kommt auch besser an bei den Schü-lern. Und der Schüler mit gesundem geistigem Im-munsystem, mit normalem jugendlichem Wider-standsgeist? Er hat drei Auswege. Erstens: dieFlucht vor den Geschwätzfächern, günstigenfallshin zu MINT. Zweitens: Ohren auf Durchzug, wie inder DDR.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-FroweinFDP: Das machen wir bei Ihnen am besten!)

Drittens: offene Rebellion. Das haben mir viele,viele Freunde meiner Kinder so bestätigt. Nur derSchwächliche lässt sich die Propaganda eintrich-tern.

Und als Letztes noch zu Frau Duden. Jetzt musses ja wieder kommen: Herr Gauland und der Vo-gelschiss. Nein, er hat Vogelschiss gesagt undnicht Fliegenschiss, und das ist ein großer Unter-schied. Ich möchte Sie daran erinnern, dass vor150 Jahren 2 Prozent des Umschlags im Hambur-ger Hafen Vogelschiss waren.

(Kazim Abaci SPD: Was hat das mit demThema zu tun? – Glocke)

Vizepräsidentin Antje Möller (unterbrechend):Dr. Flocken! Herr Dr. Flocken, sprechen Sie bittezur Sache.

Dr. Ludwig Flocken fraktionslos (fortfahrend):*Na, ich habe doch … Frau Duden hat das ange-sprochen und darauf gehe ich ein.

(Glocke)

Vizepräsidentin Antje Möller (unterbrechend):Zum Thema.

Dr. Ludwig Flocken fraktionslos (fortfahrend):*So. Das war der Grundstoff für die Landwirtschaft

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5971

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des 19. Jahrhunderts und gleichzeitig für dieKriegswirtschaft. Es war Sprengstoff. Und das alseine Verharmlosung zu bezeichnen, ist absurd. –Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Vizepräsidentin Antje Möller: Das Wort bekommtHerr Dr. Wolf.

Dr. Alexander Wolf AfD:* Sehr geehrtes Präsidi-um, meine Damen und Herren! Wie erwartet warendie Wortbeiträge wieder von typischen holzschnitt-artigen Aussagen geprägt, die mit der Realitätnichts bis gar nichts zu tun haben.

(Zuruf: Da kennen Sie sich ja aus!)

Punkt 1: Nicht die AfD hat sich hier irgendwie alsOpfer stilisiert, sondern wir sprechen an, dassSchüler überwältigt werden von Lehrern in der Si-tuation der Schule und das einer Korrektur bedarf.

Punkt 2: Wir wollen natürlich keine Diskussionenunterbinden, ganz im Gegenteil, wir wollen dieseermöglichen. Zum Politikunterricht gehört kritischeAuseinandersetzung mit den Standpunkten allerParteien, auch gerade, wenn es sich um jungeParteien handelt. Dazu steht meine Fraktion. DieAuseinandersetzung muss allerdings kontroverssein, nicht einseitig oder abwertend.

(Zuruf: Aber am Ende steht eine Meinung!)

Die Umsetzung dieser Vorgabe im Unterricht istanspruchsvoll und aufwendig. UnterschiedlicheQuellen müssen gesichtet, Aufgaben und Frage-stellungen sorgfältig formuliert, Unterrichtsgesprä-che unter Berücksichtigung kontroverser Stand-punkte moderiert werden. Das ist anspruchsvoll.Das wollen wir, das fordern wir.

Mit der Äußerung persönlicher Meinungen zu politi-schen Parteien allerdings sollten sich Lehrer imUnterricht grundsätzlich zurückhalten, und wennsie es tun, ihre Meinung sachlich vortragen undkenntlich machen, dass es ihre persönliche Mei-nung ist, dass es eine Meinung im Übrigen inner-halb eines breiten kontroversen Spektrums ist, undsie so zur Diskussion stellen. Plumpes AfD-Ba-shing hingegen oder das Verhindern von AfD-Poli-tikern bei schulischen Diskussionsveranstaltungen

(Anna Gallina GRÜNE: Sie kommen ja nicht,wenn Sie eingeladen sind!)

sind keine zulässigen Handlungsalternativen. Dassind völlig unterschiedliche Paar Schuhe.

Wenn meiner Fraktion also vorgeworfen wird, wirwollten mit unserer Arbeit bestimmte Sichtweisenoder Kritik im Unterricht verhindern, sind das nichtsweiter als von Ihnen bewusst vorgenommene poli-tisch artikulierte und infame Unterstellungen. Dasweisen wir zurück. Das wissen Sie selbst.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: HabenSie diese Rede auch schon zu Hause ge-schrieben?)

Der dritte Anwurf, den Sie unzutreffenderweise ge-macht haben, wie auch schon durch Pressemittei-lungen von GEW und so weiter kundgetan: Wirwürden zur Denunziation aufrufen.

(Zurufe)

Es ist schon erstaunlich, wie eine bloße Ankündi-gung für eine Internetplattform, einen Kummerkas-ten zum Neutralitätsgebot,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-FroweinFDP: Das ist doch kein Kummerkasten!)

bei Ihnen zu hysterischen Reaktionen führt, bis hinzu unsäglichen Nazivergleichen und Denunziati-onsvorwürfen. Da scheinen wir in ein riesiges Wes-pennest gestochen zu haben oder man fühlt sichversucht zu sagen: Getroffene Hunde bellen.

Es geht um die Einhaltung politischer Neutralität anden Schulen, um die Einhaltung des Grundge-setzes und diverser weiterer Rechtsvorschriften.Wenn Sie damit ein Problem haben, dann disquali-fizieren Sie sich selbst. Mit Denunziation hat dasnichts zu tun.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN:Nein!)

Kurzer Exkurs: Denunziation erleben allerdingsVertreter der AfD in anderem Zusammenhang,

(Zurufe)

wobei Sie vor totalitären Methoden nicht zurück-schrecken, mit Beleidigungen und Blockaden aufDemonstrationen, mit dem Denunzieren und öf-fentlichen An-den-Pranger-Stellen von Wirten, diean die AfD Räume vermieten, oder mit dem Ver-such der Ausgrenzung der AfD auf breiter Front.Da lassen Sie Ihre tolerante, liberale, weltoffeneMaske schnell fallen.

(Farid Müller GRÜNE: Wir reden heute überSchulen in Hamburg!)

Zurück zum Thema. Die AfD wird weder Schülernoch Eltern zum Denunzieren aufrufen – und hatdas nie getan – noch werden Namen auf Inter-netseiten öffentlich einsehbar sein. Wir bieten le-diglich den Betroffenen erstens Auskunft, Hilfestel-lungen, Probleme möglichst schulintern zu lösen,und wenn sie da nicht weiterkommen, bieten wir ih-nen die Möglichkeit, das Angebot, wenn nötig, ih-nen auch auf parlamentarischem Wege zu helfen.Mit Denunziation hat das nichts zu tun,

(Dr. Stefanie von Berg GRÜNE: Das ist un-erträglich!)

sondern da werden Davids gegenüber Goliaths un-terstützt.

5972 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Dr. Ludwig Flocken)

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Lassen Sie uns in diesem Sinne für Meinungsfrei-heit, Neutralität und offene demokratische Ausein-andersetzung nach fairen Regeln eintreten. – Vie-len Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsidentin Antje Möller: Weitere Wortmel-dungen liegen mir nicht vor. Damit kommen wir zurAbstimmung.

Wer möchte die Drucksache 21/12825 an denSchulausschuss überweisen? – Gegenprobe. –Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abge-lehnt und ich stelle fest, dass die Bürgerschaft vonder Großen Anfrage Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 35, Antragder SPD-Fraktion und der GRÜNEN Fraktion: Ver-kehrssicherheit für Rad Fahrende erhöhen: Abbie-geassistenzsysteme einführen und vermehrt Auf-stellflächen schaffen.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ-NEN:Verkehrssicherheit für Rad Fahrende erhöhen:Abbiegeassistenzsysteme einführen und ver-mehrt Aufstellflächen schaffen– Drs 21/13246 –]

[Antrag der CDU-Fraktion:Den toten Winkel lebendig machen – Hambur-ger Betriebe bei den Kosten für die Nachrüs-tung von Bestands-Lkw mit elektronischenAbbiegeassistenten durch eine landeseigeneFörderprämie unterstützen– Drs 21/13398 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/13398 einAntrag der CDU-Fraktion vor.

Die FDP-Fraktion möchte den Hauptantrag an denVerkehrsausschuss überweisen.

Wer wünscht dazu das Wort? – Herr Pochnicht fürdie SPD-Fraktion.

Lars Pochnicht SPD:* Frau Präsidentin, meineDamen und Herren! Hamburg war und ist bei vie-len Themen Vorreiter und oft sogar Spitzenreiter.Unsere Ideen werden bundesweit gern kopiert. Ichmöchte hier nur erinnern an die Jugendberufs-agenturen, die ein Hamburger Erfolgsmodell sind,oder aber auch den 12-Euro-Mindestlohn, dessenErfolg in Hamburg seinen Anfang nimmt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir wollen auch treibende Kraft in Deutschlandund Europa sein bei der Einführung von Lkw-Ab-biegeassistenzsystemen, um das Radfahren inHamburg noch sicherer zu machen.

Es ist gut und richtig und ein erster Erfolg, dass derBundesrat vergangene Woche auf Initiative Ham-burgs beschlossen hat, dass die Bundesregierungsich nachdrücklich für eine EU-weite Einführungvon Abbiegeassistenzsystemen für Lkw ab7,5 Tonnen einsetzen soll. Jetzt ist der Verkehrs-minister der Union auf Bundesebene gefordert,diesem Beschluss auch Nachdruck zu verleihen.Es ist, glaube ich, hier wesentlich wichtiger, sichauf europäischer Ebene dafür einzusetzen, alssinnlose Forderungen nach regional begrenztenPrämien zu stellen. Dieses Thema muss jetzt ent-sprechend auf europäischer Ebene vorangetriebenwerden. Das ist produktive Politik, statt Populismusmit Prämien zu fordern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Unfälle mit Radfah-renden in den vergangenen Jahren, zuletzt in derOsterstraße in Eimsbüttel, machen uns alle betrof-fen. Anfang dieses Monats wurde das Urteil zumtragischen Abbiegeunfall in Eilbek aus dem Jahr2016 gefällt. Hier hätte ein weiteres Alarmsystemim Lkw die Aufmerksamkeit des Fahrers vielleichterhöhen können. Etwa jeder fünfte tödlich verun-glückte Radfahrer oder Fußgänger fällt einem Lkwzum Opfer. Automatische, nicht abschaltbare Ab-biegeassistenzsysteme können mehr als die Hälftedieser Unfälle vermeiden. Wir sind der Meinung:Wir müssen alle Register ziehen, diese Unfälle zuverhindern; jede Verkehrstote, jeder Verkehrstoteist einer zu viel oder eine zu viel.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bereits vor einem Jahr hat die Bürgerschaft aufInitiative von Rot-Grün den Senat aufgefordert,sich auf Bundesebene und Europaebene für dieEinführung von Abbiegeassistenzsystemen einzu-setzen. Gerade in einer Logistikmetropole wieHamburg ist eine Insellösung oder ein lokaler Al-leingang, wie es die CDU hier mit den Prämien for-dert, populistisch und nachweislich der falscheWeg.

Die internationale Kennzeichenvielfalt hier in Ham-burg beispielsweise zeigt uns überdeutlich, dassnicht abschaltbare Abbiegeassistenzsysteme inder gesamten Europäischen Union Pflicht seinmüssen, von Portugal bis Bulgarien, von Finnlandbis nach Griechenland.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Hamburg darf und will die Sicherheit der Radfahre-rinnen und Radfahrer aber nicht auf die langeBank schieben. Wir wollen Leuchtturm, wir wollenVorbild sein und überall dort, wo wir Verantwortungtragen, für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sor-gen. Daher sollen bei allen Neuanschaffungen alleNutzfahrzeuge der Stadt und der städtischen Un-ternehmen ab 3,5 Tonnen mit Assistenzsystemenzur Erfassung von Personen und Fahrrädern imsogenannten toten Winkel von Beginn an ausge-

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5973

(Dr. Alexander Wolf)

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stattet werden. Das muss und soll in HamburgStandard werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Außerdem wollen wir, dass der Senat kurzfristigprüft, ob und wie der bestehende Fuhrpark so auf-gerüstet und ausgestattet werden kann, dass auchheute schon die Lkw, die jetzt auf den Straßen inHamburg unterwegs sind, gegebenenfalls mit die-sem Assistenzsystem nachgerüstet werden kön-nen, denn beides sind entscheidende Bausteine,um bei diesem wichtigen Thema im Bereich Ver-kehrssicherheit Vorbild zu sein und hier mehr Si-cherheit für Radfahrer zu schaffen.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch eines beto-nen: Es waren gerade nicht die Berufskraftfahrerder Stadt oder ihrer Unternehmen, sei es derStadtreinigung, HAMBURG WASSER, der Feuer-wehr oder der Polizei, die in die uns allen präsen-ten tödlichen Unfällen mit Radfahrern verwickeltwaren. Wir wollen ausdrücklich nicht, dass hier einfalscher Zungenschlag hineininterpretiert wird undden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Stadt einStempel aufgedrückt wird, den sie überhaupt nichtverdienen. Es geht hier um eine Vorbildrolle derStadt Hamburg als Auftraggeber und Arbeitgeber.Wir wollen zeigen: Wir meinen es ernst und wirrüsten unseren Fuhrpark schon jetzt mit diesenAssistenzsystemen aus, auch ohne gesetzlichePflicht auf Bundesebene. Das ist unser festes Zielund dafür haben wir diesen Antrag gestellt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Von daher möchte ich alle Fraktionen in der Bür-gerschaft aufrufen, entsprechend unserem Antragheute zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Antje Möller: Für die CDU-Frakti-on bekommt Herr Thering das Wort.

Dennis Thering CDU:* Frau Präsidentin, meinesehr geehrten Damen und Herren! Lieber HerrPochnicht, wie das mit den eigenen Ideen bei die-ser Regierungskoalition so ist: Es ist immer einbisschen schwierig. In der Regel waren die Ideen,die Sie als Ihre verkaufen wollen, ja eigentlichschon Ideen der Oppositionsparteien.

Sie werden sicherlich nicht vergessen haben, dasswir bereits vor anderthalb Jahren die Einführungder Abbiegeassistenten in Hamburg gefordert ha-ben.

(Farid Müller GRÜNE: Fordern Sie nicht,machen Sie das in Berlin!)

Das haben Sie damals noch abgelehnt. Ein halbesJahr später haben Sie sie dann zu Ihrem eigenenAntrag gemacht. Also so viel zu Ihrer Idee. Aber

das erleben wir leider bei diesem Senat immer wie-der.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns einmal angucken, wie sich die Un-fallzahlen mit Lkw entwickelt haben: Im erstenQuartal 2018 ist die Zahl der Lkw-Unfälle im Ver-gleich zum ersten Quartal 2017 um rund 3 Prozentgestiegen. Die Zahl der Abbiegeunfälle mit Lkwhier bei uns in Hamburg ist hingegen um rund15 Prozent gesunken. Das ist schon einmal einegute Zahl. Es zeigt auch, dass offensichtlich dieVerkehrsteilnehmer, alle, wie sie dazugehören, einbisschen aufmerksamer sind und wissen, welcheGefahren von Lkw-Unfällen ausgehen können.Das ist eine positive Entwicklung und deshalb istes auch richtig und wichtig, dass sich alle Fraktio-nen hier in diesem Haus mit dem Thema beschäfti-gen, beschäftigt haben und auch künftig beschäfti-gen werden.

Wir als CDU-Fraktion haben bekanntlich vor an-derthalb Jahren hier schon einen Antrag in die Bür-gerschaft eingebracht. Den haben SPD und GRÜ-NE damals leider noch abgelehnt und gesagt: Al-les Quatsch, brauchen wir nicht, was die CDU dortfordert. Wären Sie damals schon so weise gewe-sen und diesem Antrag gefolgt, wären wir hier beidiesem Thema Abbiegeassistenten inzwischenschon ein ganzes Stück weiter. Und vor allem wä-ren wahrscheinlich viele Unfälle, die aufgrund vonAbbiegeunfällen in Hamburg passiert sind, viel-leicht so auch zu verhindern gewesen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb an dieser Stelle noch einmal die Bitte wiein vielen anderen Politikfeldern auch: Befassen Siesich vernünftig mit den Anträgen der Opposition.Kommen Sie nicht und erzählen immer: Ach, alleOppositionsanträge sind schlecht. Lehnen Sie sienicht immer ab. Da sind auch viele gute Ideen da-bei, wie damals der Abbiegeassistent von uns. Dashätte man ein halbes Jahr früher haben können.Schade. Und, wie gesagt, künftig gucken Sie einbisschen genauer hin und dann können Sie demGanzen auch zustimmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich muss aber auch sagen, der vorliegende Antragvon Ihnen geht in die richtige Richtung. Deshalbwerden wir ihm hier so zustimmen. Gerade derPunkt mit den Radfahrern und den Einkerbungen,das ist alles genau richtig. Da müssen wir hin, dasist vernünftig.

Ihr Antrag bleibt aber in vielen Punkten einfach zuvage. Herr Pochnicht hat gesagt: Ja, wir müssenmal gucken, dass wir jetzt auf EU-Ebene etwasvorantreiben können. Das werden wir natürlich allegemeinsam tun, weil uns das Thema wichtig ist.Wir wissen aber auch, dass das alles extrem langedauert und hier in diesem wichtigen Punkt noch

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(Lars Pochnicht)

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viele Jahre ins Land gehen können. Von daher for-dern wir als CDU mit unserem Zusatzantrag, dasswir als Hamburger mit gutem Beispiel vorangehenund eine landeseigene Umrüstungsprämie, so ha-ben wir sie genannt, einberufen, wo wir sagen,dass wir die Unternehmen dabei unterstützen, vor-zeitig, bevor sie gezwungen werden, das zu ma-chen, ihre Lkws umzurüsten. Das wäre für die Si-cherheit der Radfahrer, aber auch – und das ist mirein bisschen zu kurz gekommen – für die Sicher-heit der Fußgänger extrem wichtig. Das Ganzewollen wir ab 3,5 Tonnen, das betone ich auchnoch einmal sehr deutlich, weil Herr Pochnicht daimmer von 7,5 Tonnen sprach. Wir möchten dieseUmrüstungsprämie für alle Lkws ab 3,5 Tonnen.Unser Ziel ist es, dass bis zum Ende dieser Wahl-periode in Hamburg kein Lkw mehr gemeldet ist,der keinen Abbiegeassistenten hat. Hier könnenSie jetzt einmal zeigen, dass Sie mit uns an die-sem Thema arbeiten wollen.

(Zuruf von Anna Gallina GRÜNE)

Dafür haben wir diesen Zusatzantrag. Springen Siehier über Ihren Schatten, wenn Ihnen das Themawichtig ist, stimmen Sie unserem Antrag zu unddann werden wir den Hamburger Verkehr einbisschen sicherer machen. – Herzlichen Dank fürIhre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei derFDP)

Vizepräsidentin Antje Möller: Für die GRÜNEFraktion bekommt Frau Gallina das Wort.

Anna Gallina GRÜNE:* Sehr geehrte Frau Präsi-dentin, meine Damen und Herren! Das wichtigsteZiel grüner Verkehrspolitik ist tatsächlich Verkehrs-sicherheit.

(Dennis Thering CDU: Dann können Sie jazustimmen!)

Wir haben uns der Vision Zero, also dem Ziel, kei-ne Verkehrstoten mehr zu haben, verschrieben.Wer dieses möchte, muss insbesondere natürlichdie schwächeren Verkehrsteilnehmer und Ver-kehrsteilnehmerinnen schützen, also Radfahrendeund Fußgänger und Fußgängerinnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine der häufigsten Unfallursachen mit dem Fahr-rad sind in der Tat Abbiegesituationen; sie machenungefähr 40 Prozent aller Radfahrunfälle aus. Undich glaube, wir alle erinnern uns gut an die tragi-schen Folgen, die solche Unfälle in den vergange-nen Wochen für Menschen in unserer Stadt gehabthaben.

Jeder fünfte Todesfall von Radfahrern und Radfah-rerinnen und Fußgängern und Fußgängerinnengeht auf einen Unfall mit einem Lkw zurück. DieseZahlen machen aus meiner Sicht deutlich, dass wir

endlich Abbiegeassistenzsysteme brauchen, ver-pflichtend und ohne Wenn und Aber.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt beider SPD)

Hamburg war da stets Vorreiterin. Wir haben in derBürgerschaft einen entsprechenden Beschluss ge-fasst und auch auf Initiative und unter dem VorsitzHamburgs hat die Verkehrsministerkonferenz ge-fordert, das Abbiegeassistenzsystem für Nutzfahr-zeuge eben ab 3,5 Tonnen, Herr Thering, ver-pflichtend einzuführen. Es ist schade, dass derBundesratsbeschluss aus der vergangenen Wochedahinter zurückbleibt, aber sicher ist es ein Schrittin die richtige Richtung. Und ich bin mir auch si-cher, dass unser Hamburger Verkehrssenator wei-terhin auf Bundesebene beharrlich dafür streitenwird, die weitergehende Forderung zu realisieren.Ob das Ihr Verkehrsminister auch so macht, da binich mir nicht so sicher. Ich glaube, wir brauchentatsächlich ein Maximum an Sicherheit.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt beider SPD)

Dafür gehen wir auch weiterhin mit gutem Beispielvoran, und zwar indem wir mit einem Mix aus ver-schiedenen Maßnahmen vorgehen. Wir wolleneben nicht nur alle neu angeschafften städtischenNutzfahrzeuge künftig mit Abbiegeassistenzsys-temen ausstatten und prüfen lassen, inwieweit wirdas im Bestand nachrüsten können, sondern wirwollen darüber hinaus im Forum Verkehrssicher-heit mit dem Verein Hamburger Spediteure ge-meinsam ausloten, ob und unter welchen Bedin-gungen freiwillige Abbiegeassistenzsysteme einge-führt werden können.

(Dennis Thering CDU: Sie prüfen immernur!)

Und wer den Radverkehr sicherer machen will,muss auch die Radfahrer und Radfahrerinnensichtbarer machen. Dieses Ziel verfolgen wir inHamburg schon länger und deswegen wollen wireben, dass Radfahrende vor dem motorisiertenVerkehr in Kreuzungsbereichen aufgestellt werden.Solche Aufstellflächen haben wir bereits im Koaliti-onsvertrag vereinbart

(Dennis Thering CDU: Steht ja in unseremAntrag!)

und werden wir künftig noch deutlich vermehrt imKreuzungsbereich und an Haltelinien schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt beider SPD)

Wir wollen aber auch – und das klingt eigentlichwie eine Selbstverständlichkeit, ist aber nicht zuunterschätzen – die Kontrollen zur Verfolgung undAhndung von Geschwindigkeitsüberschreitungen,Rotlichtverstößen sowie illegalem Parken deutlichverstärken, denn es ist klar, dass die Einhaltung

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(Dennis Thering)

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solcher Verkehrsregeln selbstverständlich großenEinfluss auf die Verkehrssicherheit in unserer Stadthat.

Es gibt ein Thema, das wir häufig im verkehrspoliti-schen Kontext hier diskutieren und das die zielsi-cherste Maßnahme ist, um Todesfälle im Verkehrzu minimieren, und das ist eine Temporeduzie-rung. Deshalb werden wir zukünftig noch verstärktund mit mehr Power die Tempo-30-Zonen vor so-zialen Einrichtungen ausbauen.

(Dennis Thering CDU: Sieht Ihr Koalitions-partner das auch so? Das ist doch ein Bun-desgesetz! So ein Schwachsinn!)

Ich möchte noch einmal dafür werben, dass wir ge-meinsam an dieser Vision Zero arbeiten. Niemandsollte im Straßenverkehr sein Leben lassen müs-sen, dementsprechend bitte ich Sie um Zustim-mung zu unserem Antrag. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Antje Möller: Für die FraktionDIE LINKE bekommt nun Frau Sudmann das Wort.

Heike Sudmann DIE LINKE:* Liebe Kolleginnen,liebe Kollegen! Ich glaube, es gibt doch eines, wowir alle übereinstimmen. Wir sagen alle, und dasschon seit zwei, drei Jahren, wir wollen mehr Si-cherheit im Straßenverkehr und wir wollen auchmehr Sicherheit, wenn es um die Lkw-Verkehregeht. Wir waren uns völlig einig, dass wir diese Ab-biegeassistenzsysteme brauchen, und wir sind alledaran gescheitert, dass es immer hieß, es geheauf EU-Ebene nicht so schnell, es dauere auf Bun-desebene noch viel länger beziehungsweise es seigar nicht zu regeln. Vor diesem Hintergrund ist es,ehrlich gesagt, ein unwürdiger Streit darüber, wereigentlich wann was als Erstes entwickelt hat. Vielwichtiger ist, wie wir es hinkriegen, dass wir jetztunter den gegebenen Umständen mehr Sicherheitschaffen. Und da ist immer ein Thema – Frau Galli-na hat es gesagt – das Tempo, wobei ich glaube,Sie haben den nächsten Schritt noch nicht ge-macht. Wir müssen wirklich in der gesamten Stadtein Verkehrsklima schaffen, was langsamer ist,und dazu gehört als Regelgeschwindigkeit Tempo30.

(Beifall bei der LINKEN – Dennis TheringCDU: So ein Unsinn!)

Das würde uns nicht helfen bei den Abbiegeunfäl-len, da würde ich Ihnen sofort recht geben, auchwenn Sie es gar nicht gesagt haben, aber es wür-de dazu führen, dass wir im Verkehr

(Zuruf)

die anderen wesentlich besser wahrnehmen, HerrThering, dass wir im Verkehr sehen, es gibt Ver-kehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen, diegleichberechtigt sind, die nicht nur im Auto oder im

Lkw sitzen. Was wir aber auch brauchen, solangewir diese Assistenzsysteme nicht verbindlich ha-ben, ist eine Änderung. Ich bin mir ziemlich sicher,dass jeder Unfall nicht nur für die betroffenen Fa-milien der Opfer, sondern auch für die Lkw-Fahrerund -Fahrerinnen schrecklich ist, weil die andersals bei anderen Unfällen, wo wir zu hohe Ge-schwindigkeiten haben, die vielleicht einen Mo-ment unaufmerksam waren, und deswegen würdeich mir auch wünschen, von Herrn Horch zu hören,was wir eigentlich in dem Bereich machen. Wiewerden die Lkw-Fahrer und -Fahrerinnen unter-stützt? Wie gehen Sie mit Ihren städtischen Lkw-Fahrern und -Fahrerinnen um, bieten Sie verstärktSchulungen an?

(Beifall bei Ewald Aukes FDP)

– Danke, Herr Aukes.

Bieten Sie an, als Multiplikatoren andere Lkw-Fah-rer und -Fahrerinnen auch zu unterrichten? Ich ha-be ein Video gesehen von der Polizei Hamburg,die gesagt hat, es gebe gar keinen toten Winkel,man müsse die Spiegel richtig einstellen. Wir wis-sen aber auch, dass das nicht so einfach ist. Wirwissen auch, dass der große Zeitdruck, unter demdie Lkw-Fahrer und -Fahrerinnen leiden, es ab undzu gar nicht zulässt, dass sie die Spiegel einstellenkönnen.

Also lassen Sie uns aufhören, darüber zu debattie-ren, wer wann was endlich tut, lassen Sie uns ge-meinsam dafür streiten, dass etwas geschieht, undlassen Sie uns das, was wir in Hamburg umsetzenkönnen, jetzt machen. Dann haben wir hoffentlichweniger Unfälle. Damit wäre uns sehr geholfen. –Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Antje Möller: Für die FDP-Frakti-on bekommt Herr Aukes das Wort. Es würde einwenig helfen, Herr Aukes, wenn Sie kurz zeigenwürden, dass Sie das Wort haben wollen. – Sie ha-ben das Wort.

(Beifall und Heiterkeit)

Ewald Aukes FDP: Verehrtes Präsidium, meineDamen und Herren! Wir werden dem Antrag derrot-grünen Koalition in dieser Frage zustimmen,aber wie immer im Verkehr ist es so, dass Sie lei-der zu kurz springen. Deshalb wollen wir gern,dass Sie diesen Antrag, bevor wir ihn nun endgül-tig beschließen, an den Verkehrsausschuss über-weisen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wenn Sie nur über Verkehrsassistenzsysteme, Ab-biegeassistenzsysteme sprechen, dann reicht dasnatürlich nicht. Verkehrssicherheit für Radfahrerwie auch für Fußgänger im Verhältnis zu Radfah-rern endet damit natürlich nicht, sondern es ist voll-

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(Anna Gallina)

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kommen richtig, wenn Sie sagen, das müsse ein-geführt werden. Falsch ist es natürlich, dass Siesagen, das müssen wir nur für die städtischen Au-tos einführen. Nein, wir müssen es für alle Autos inHamburg einführen, für alle Lastwagen. Deshalbist der Zusatzantrag, den Herr Thering und dieCDU eingebracht haben, natürlich folgerichtig undbesser als Ihrer. Auch die privaten Fahrzeugemüssen diese Systeme haben und es wäre sinn-voll, dass man, um es schnell zu machen, da Un-terstützungsleistungen gibt.

(Beifall bei der FDP)

Es ist auf der anderen Seite aber genauso falsch,dass Sie sagen, wir müssen den Radverkehr si-cherer machen, wenn Sie gleichzeitig zum Beispieleinfach Fahrradstraßen auf die Straße malen. Daswill ich Ihnen immer wieder sagen, das ist falsch.Damit machen Sie Fahrradfahren eben nicht siche-rer.

(Beifall bei der FDP und bei Dennis TheringCDU)

Sie machen es genauso wenig sicherer, wenn Siedie Fahrradfahrer an Ampeln an den wartendenFußgängern vorbeifahren lassen und sie nichtstoppen, bevor Fußgänger berührt werden. Das al-les ist nicht in Ordnung, das gehört zur Frage derVerkehrssicherheit von Radfahrenden hinzu. Dasfehlt in Ihrem Antrag, deshalb ist er letztendlich zukurz gesprungen. Es ist ein dringendes Bedürfnis,dass wir auf dem Gebiet Verbesserungen einfüh-ren, aber es müssen eben alles Verbesserungensein. Dazu gehört dann eben auch noch das Bei-spiel … Gucken Sie sich viele Straßen in Hamburgan, wo die Fahrradfahrer zwischen zwei Fahrbah-nen fahren. Das ist genauso ein Unsinn, wennman es von der Verkehrssicherheit aus betrachtet,auch das muss geändert werden. Deshalb rate ichIhnen, überarbeiten Sie Ihren Antrag vielleichtdoch noch einmal.

(Beifall bei der FDP und bei Dennis TheringCDU)

Oder stellen Sie einen weiteren, der auch dieseDinge berücksichtigt.

Dazu gehört aber, und das ist auch noch einPunkt, dass man Fahrradfahrer kontrollieren muss.Es ist manchmal so, dass Unfälle dadurch gesche-hen, dass – Sie kennen das aus dem Straßenver-kehr, ich erlebe es auch immer wieder – Fahrrad-fahrer durch die Gegend fahren, als wenn sie ander Tour de France teilnehmen. Da muss gesichertsein, dass nicht nur Autos kontrolliert werden, FrauGallina, sondern es ist genauso wichtig, dass auchFahrradfahrer kontrolliert werden, denn das istauch eine Art von Eigenschutz für diese Men-schen.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. AlexanderWolf AfD)

Hinzu kommt – und das ist ein weiterer Punkt –,dass letztendlich ein weiteres Ziel sein muss, denLkw-Verkehr in Hamburg zu reduzieren, damit esgar nicht mehr zu solchen Fragen kommt. Dasheißt, Sie müssen sich im Grunde genommenauch überlegen, wie wir Lkws aus der Stadt her-aushalten können. Dazu haben wir in der letztenZeit den einen oder anderen Vorschlag gemachtund auch diese sollten Sie noch einbauen, damitSie ein in sich geschlossenes rundes Konzept ha-ben. Ich denke, es ist der richtige Ansatzpunkt, esist der richtige Weg, aber es fehlt wie in vielen Fra-gen des Verkehrs die konsequente Durchführungdieser Angelegenheit. Deshalb fordere ich Sie aufoder bitte Sie, diesen Antrag noch einmal an denVerkehrsausschuss zu übertragen und dort dieseDinge nachzutragen, die für die Verkehrssicherheitvon Radfahrern von grundsätzlicher Bedeutungsind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei derCDU)

Vizepräsidentin Antje Möller: Für die AfD-Frakti-on bekommt nun Herr Ehlebracht das Wort.

Detlef Ehlebracht AfD:* Sehr geehrte Frau Präsi-dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Bun-desrat hat am 8. Juni 2018 wie erwartet beschlos-sen, die Bundesregierung aufzufordern, den elek-tronischen Abbiegeassistenten für Lkw nun ver-bindlich einzuführen. Was anderes hätte die Ver-nunft auch gebieten können, als sich genau so zuentscheiden? Die Bundesregierung hat in ihrerVerkehrsausschusssitzung am 6. Juni 2018 schonklargemacht, dass sie sich in Brüssel und auf inter-nationaler Ebene auch dafür einsetzen wird. Dasist logisch und zwingend, denn nur so schafft manes, einen internationalen Standard zu schaffen, ei-ne Typengenehmigungsvorschrift entsprechend zuändern und das letztendlich flächendeckend einzu-führen.

Sowohl die Zahl der Verkehrstoten als auch die derim Straßenverkehr verletzten Menschen ist im Jah-re 2017, Gott sei Dank, auf einen neuen Tiefst-stand gesunken, was den traurigen Hintergrunddieser Statistik natürlich nicht mildert. Die Zahl derUnfallopfer weiter zu senken ist das Bestreben al-ler Parteien und aller Fraktionen hier und kaum je-mand wird wohl dabei bestreiten können, dass diesinkende Zahl an Verkehrsopfern zu einem nichtgeringen Anteil ein Verdienst der Ingenieurskunstund des technischen Fortschritts ist. Auch der Ab-biegeassistent ist Technik pur. Das in der Diskussi-on befindliche Bike-Flash-System ist Technik pur,auch ABS, ESP, ESC. Und genauso wenig wiediese technischen Assistenzsysteme die Gesetzeder Physik in Luft auflösen können oder zumindestimmer zu 100 Prozent funktionieren, genauso we-nig können die jetzt angedachten technischen Ver-besserungen ein Unfallrisiko auf null minimieren.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5977

(Ewald Aukes)

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Aber sie können einem eine Sicherheit vorgaukeln,die es so nicht gibt. Deswegen sind und bleibenständige Vorsicht sowie gegenseitige Rücksicht-nahme die größten Garanten dafür, die Vorteiledes Straßenverkehrs zu genießen und gesund undheil dort anzukommen, wo man hin möchte, ge-nauso wie es der Paragraf 1 der Straßenverkehrs-ordnung vorsieht.

In einer aktuellen SKA der AfD-Fraktion erfragenwir gerade, was zum Beispiel in den Schulen anVerkehrserziehung stattfindet, um genau diesesVerständnis frühzeitig zu vermitteln, und ob diesausreichend ist beziehungsweise nicht auch ver-besserungswürdig. Vorsicht und Rücksicht lassensich nicht per Chip implantieren, sondern sind eineLeistung, die ein jeder Verkehrsteilnehmer perma-nent zu erbringen hat. Und da gibt es auch keineUnterschiede zwischen guten und bösen Verkehrs-teilnehmern – vielleicht in anderen Fraktionen,aber nicht bei uns und auch nicht im Allgemeinver-ständnis. Auch Radfahrer haben sich an das Ge-bot und die Verkehrsregeln zu halten. Alles anderewäre ein Trugschluss.

(Beifall bei der AfD)

Eventuell ermutigt aufgrund der einseitigen derzeitbetriebenen Verkehrspolitik von Rot-Grün glaubeneinige Radfahrer, das Rot einer Ampel sei nur eineFarbe und sie dürfen Fußgänger jetzt mit grünerErlaubnis als Slalomstangen benutzen. Hier bleibtzu hoffen, dass politisch gedeckt nicht auch einUnterschied zwischen den Verkehrsteilnehmernschleichend eingeführt wird, sondern die Ord-nungshüter bei allen Verkehrsteilnehmern mit glei-cher Messlatte messen und die Einhaltung derVerkehrsvorschriften im selben Maße für einen je-den Verkehrsteilnehmer anwenden.

Wir werden in Kürze zwei Anträge einbringen, wel-che ihren Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit derVerkehrsteilnehmer und insbesondere der Fahr-radfahrer leisten sollen. Denn bei all dem Bemü-hen aller Beteiligten, Risiken zu minimieren undUnfallzahlen zu senken, habe ich kein Verständnisgegenüber denjenigen, die dabei immer nur auf dieteuerste High-End-Lösung setzen. Der Menschdarf nicht aus der Verantwortung in die trügerischeSicherheit einer Vollautomatik entlassen werden.Wir mahnen daher an, auch Maßnahmen zu er-greifen, die die Sicherheit erhöhen, aber weiterhindie Wachsamkeit aller Verkehrsteilnehmer erfor-dern. In diese Richtung werden unsere Anträgegehen.

Darüber hinaus bietet es sich an, das haben wiraber eben schon in anderen Beiträgen gehört,bauliche oder technische Maßnahmen zu ergrei-fen, um die Minderung von Unfallrisiken anzustre-ben. Leider begnügt sich hier auch die Politik da-mit, möglichst schnell möglichst viele weiße Linienauf die Straßen zu malen, um statistisch gut dazu-stehen, statt mit mehr Zeit und mit mehr Überle-

gung ein Radverkehrssystem baulich getrennt vomAutoverkehr zu schaffen. Im Moment ist Quantitätvor Qualität die aktuelle Devise. Kategorisch zumBeispiel die Fahrradaufstellflächen in Verlängerungder Radspur neben, nicht vor dem Auto mit mehre-ren Metern Abstand vor dem Haltebalken der Pkwszu platzieren, wäre eine solche Maßnahme. Oderan Ampelschaltungen …

(Glocke)

Vizepräsidentin Antje Möller (unterbrechend):Herr Ehlebracht, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Detlef Ehlebracht AfD (fortfahrend):* Ein letzterSatz noch.

(Hansjörg Schmidt SPD: Na endlich!)

Das wäre jetzt keine neue Erfindung, nur vielleichtimmer konsequent genug einzusetzen. Es gibtnoch viel zu tun, packen Sie es an. Und, HerrSchmidt, kommen Sie doch nach vorn, machen Siees besser.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsidentin Antje Möller: Das Wort bekommtSenator Horch.

Senator Frank Horch:* Sehr geehrte Frau Präsi-dentin, meine Damen und Herren! Die Sicherheitim Verkehr ist einer der Grundpfeiler unserer Mobi-lität und auch eine klare gesellschaftliche Aufga-benstellung. Ich darf Ihnen sagen, dass ich nichtnur in Hamburg als Senator für Verkehr, sondernauch als Vorsitzender der Verkehrsministerkonfe-renz hierauf ein besonderes Augenmerk lege undmich sehr stark dafür eingesetzt habe.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei denGRÜNEN)

Der Bundesrat hat sich am Freitag mit dem ThemaAbbiegeassistenten intensiv auseinandergesetztund ich hoffe, dass alle eingeleiteten Dinge jetztauch zügig auf den Weg gebracht werden. Ham-burg ist dem entsprechenden Bundesratsantragnatürlich beigetreten, um alles zu tun, damit wirhier kurzfristig weiterkommen.

Wir haben im Bundesrat deutlich gemacht, dassHamburg wie auch alle meine Ministerkollegen inDeutschland – es war eine 16:0-Abstimmung –sich noch weitergehende Regelungen vorstellenkönnen, um hier mehr Verkehrssicherheit zu er-zeugen. Wir wollen, dass bereits Nutzfahrzeuge ab3,5 Tonnen einbezogen werden, automatischeNotbremssysteme verpflichtend und Abbiegeassis-tenten ganz eindeutig einzusetzen, um eben dieseUnfälle zu vermeiden. Ihre Bedeutung für die Si-cherheit im Straßenverkehr kann insgesamt nichthoch genug eingestuft werden. Deshalb setzt sichgerade Hamburg für eine zügige verpflichtende

5978 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Detlef Ehlebracht)

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Nutzung dieser technischen Assistenzsysteme ein.Das schließt eben auch die Ausrüstung ältererLkws nicht aus.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei denGRÜNEN)

Doch nicht nur größere Lkws, sondern auch Fahr-zeuge ab 3,5 Tonnen sollen mit solchen Assisten-ten 100 Prozent ausgerüstet werden. Auch bei die-sen Fahrzeugen, die insbesondere im Stadtverkehrund gerade in einem Ballungszentrum wie Ham-burg unterwegs sind, besteht das Risiko, dassFußgänger oder auch Radfahrer beim AbbiegenGrund für bestimmte Unachtsamkeiten sind, fürden sogenannten toten Winkel oder auch falscheingestellte Spiegel. Zu dem Ganzen gehörenauch entsprechende Schulungs- und Informations-maßnahmen, um eben hier für alle Verkehrsteil-nehmer auf die veränderte oder auf die zu beach-tende Situation hinzuweisen. Wir wollen daher,dass der Bund eine umfassende Regelung auf denWeg bringt und wir so die Bürgerinnen und Bürgermaximal schützen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Antje Möller: Weitere Wortmel-dungen sehe ich jetzt nicht. Wir kommen zur Ab-stimmung.

Wer möchte nun zunächst die Drucksache21/13246 an den Verkehrsausschuss überwei-sen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damitist die Überweisung abgelehnt.

Wir kommen zu den Abstimmungen in der Sacheund beginnen mit dem Antrag der CDU-Fraktionaus Drucksache 21/13398.

Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? –Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der An-trag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der Fraktionen der SPDund der GRÜNEN aus Drucksache 21/13246. DieCDU-Fraktion möchte hierzu die Ziffer 1 separatabstimmen lassen.

Wer also möchte nun zunächst Ziffer 1 des An-trags aus der Drucksache annehmen? – Gegen-probe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 an-genommen.

Wer möchte dann noch den Ziffern 2 bis 6 seineZustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltun-gen? – Auch diese Ziffern sind angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8 gemein-sam mit 31.

[Senatsantrag:

Evaluation und Änderung des HamburgischenWohn- und Betreuungsqualitätsgesetzes– Drs 21/13125 –]

[Antrag der Fraktion DIE LINKE:Schutz von pflegebedürftigen Menschen si-cherstellen – Hamburgisches Wohnbetreu-ungsqualitätsgesetz und Wohn-Pflege-Aufsichtverbessern– Drs 21/13242 (Neufassung) –]

Hier haben die Fraktionen mitgeteilt, dass sie aufdie Debatte verzichten, und wir kommen sofort zuden Abstimmungen.

Wir beginnen mit der Drucksache 21/13125, demSenatsantrag.

Wer möchte diese Drucksache an den Gesund-heitsausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. –Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung ein-stimmig erfolgt.

Nun zum Antrag der Fraktion DIE LINKE ausDrucksache 21/13242 in der Neufassung.

Wer möchte diesen ebenfalls an den Gesundheits-ausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Ent-haltungen? – Auch diese Überweisung erfolgteeinstimmig.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 29, Antragder Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Förde-rung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus fürGruppen mit besonderen Schwierigkeiten auf demWohnungsmarkt fortführen.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ-NEN:Förderung des genossenschaftlichen Woh-nungsbaus für Gruppen mit besonderenSchwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt fort-führen– Drs 21/13070 –]

Hier sind die Fraktionen ebenfalls übereingekom-men, auf die Debatte zu verzichten, und wir kom-men zur Abstimmung über diesen gemeinsamenAntrag aus der Drucksache 21/13070.

Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? –Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war einstim-mig der Fall.

Tagesordnungspunkt 21, Bericht des Stadtentwick-lungsausschusses: Soziale Erhaltungsverordnun-gen in Hamburg.

[Bericht des Stadtentwicklungsausschussesüber die Drucksache 21/11139:

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5979

(Senator Frank Horch)

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Soziale Erhaltungsverordnungen in Hamburg(Senatsmitteilung)– Drs 21/13135 –]

Dieser Tagesordnungspunkt ist vonseiten derSPD-Fraktion als Kurzdebatte angemeldet worden.Diese Debatte findet auch statt, sodass wiederumjeder Rednerin und jedem Redner pro Debatten-beitrag jeweils zwei Minuten Redezeit zur Verfü-gung stehen.

Wer wünscht dazu das Wort? – Herr Lohmann, Siebekommen es.

Uwe Lohmann SPD:* Sehr geehrte Präsidentin,sehr geehrte Damen und Herren! Mit Sozialen Er-haltungsverordnungen schützen wir bestehendeNachbarschaften und die Mieterinnen und Mietervor teuren Sanierungen oder vor der Umwandlungihrer Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. ElfSchutzgebiete konnten wir seit dem Jahr 2011 ein-führen und seit Neuestem auch in dem zum Woh-nen sehr begehrten Bezirk Eimsbüttel, und das sa-ge ich als Wandsbeker. Insgesamt elf Schutzge-biete für nahezu 200 000 Menschen gibt es jetzt inHamburg,

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmtden Vorsitz.)

und das ist für die Menschen im geschütztenStadtteil ein großes Stück Sicherheit hinsichtlichder Stabilität ihrer Mieten und noch mehr Schutzvor Verdrängung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wenn eine Soziale Erhaltungsverordnung erlassenwird, bedürfen bestimmte Maßnahmen wie Abrissvon Gebäuden, Nutzungsänderungen, Umwand-lung von Miet- in Eigentumswohnungen innerhalbdes Gebietes einer Genehmigung durch das Be-zirksamt. Die Bezirksämter haben hier ein Mittel inder Hand, soziale Stadtentwicklung zu steuern,und das ist auch richtig so.

(Beifall bei der SPD)

Aber die Soziale Erhaltungsverordnung ist nur einBaustein für soziale Stadtentwicklung. Rot-Grünsetzt vor allem auf drei Säulen zur Entspannungdes Wohnungsmarkts. Wir schaffen mit 3 000 ge-förderten neuen Wohnungen pro Jahr … und dawird natürlich gleich von der LINKEN wahrschein-lich wieder kommen, mehr, mehr, mehr, aber wirhalten gleichzeitig den Effizienzwohnungsbau inerheblichem Umfang für ein adäquates Mittel fürneuen bezahlbaren Wohnraum. Darunter fallennämlich viele Menschen in dieser Stadt, die einkleines Einkommen haben, aber nicht das Rechtauf eine geförderte Wohnung, und ich finde, das istsoziale Stadtentwicklungspolitik.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei denGRÜNEN)

Wir werden das Flächenmanagement der Stadtweiter ausbauen, damit mehr städtische Flächenmit Mietpreisbindung bebaut werden, und wirschützen die Bewohnerinnen und Bewohner mitder Sozialen Erhaltungsverordnung und besserenMietrechten vor Verdrängung. Die Soziale Erhal-tungsverordnung hat sich in Hamburg zu einemwichtigen Element der gerechten Wohnraumpolitikentwickelt. Für die Hamburgerinnen und Hambur-ger, die in diesen Gebieten wohnen, heißt das kon-kret: Sicherheit vor ungewünschten Veränderun-gen in ihren Quartieren und damit Schutz vor Ver-drängung. Dieses Instrument hilft direkt den bereitsin Hamburg lebenden Menschen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei denGRÜNEN)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Herr Westenberger von der CDU-Fraktion.

Michael Westenberger CDU:* Frau Präsidentin,liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann einmalsagen, ich habe als Bezirksabgeordneter der Auf-stellung aller derzeit im Bezirk befindlichen Sozia-len Erhaltungsverordnungen zugestimmt.

(Beifall bei Markus Schreiber SPD)

Ich kann auch sagen, dass das richtig ist, weil esnicht das beste Instrumentarium ist, um rasant stei-gende Mieten zu dämpfen, es ist das einzige. Ichglaube, die Soziale Erhaltungsverordnung – ichhabe jetzt gerade die Bilder meiner Kollegen vonSPD und GRÜNEN vor Augen – ist tatsächlich einInstrumentarium, das vielen Tränen in die Augentreibt vor reiner Freude und dann Tränen in die Au-gen treibt, wenn sie erkennen, dass es eben nurein städtebauliches Instrumentarium ist und tat-sächlich nicht geeignet ist, Wohnungsmieten ein-zufrieren beziehungsweise einen Verdrängungs-wettbewerb, den es nun einmal in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung gibt, auch nur imAnsatz zu regulieren.

Ich glaube, mit einer Sozialen Erhaltungsverord-nung geht man am besten dergestalt um, dassman ihre Instrumentarien so anwendet, dass sieam Ende auch Erfolg haben. Und wenn ich jetzteinmal schaue, was allein in meinem Bezirk Eims-büttel – aber ich habe auch in Mitte und in Altonageguckt – an Fachkräften vorhanden ist, um sieabzuarbeiten, ist das Ganze schon ein bisschentragisch. In Mitte, einem nicht gerade kleinen Be-zirk, befanden sich eineinhalb Planstellen, in Eims-büttel auch eine und in Altona drei, wobei ich mirhabe sagen lassen, die drei Stellen seien auchnicht regelhaft besetzt. Das Problem ist, ich schaf-fe dann ein riesiges bürokratisches Monstrum,wenn es darum geht, Anträge auf Erneuerung vonWohnraum abzuarbeiten, und schaffe plötzlichnicht den notwendigen Wohnraum.

5980 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Vizepräsidentin Antje Möller)

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Ich gebe da einmal ein Beispiel aus meiner Tätig-keit als Bezirksabgeordneter. Da ging es um dieAbschaffung von Nachtspeicherheizungen unddann um die Frage: Ist das Luxusmodernisierungoder ist es keine? Und wer hatte das Ganze zu be-zahlen? Die Bewohnerinnen und Bewohner, dieimmer noch mit diesem – Entschuldigung, parla-mentarischer Sprachgebrauch – Unfug heizenmussten. Am Ende sind sie rausgeflogen, aber dasGanze dauerte eineinhalb Jahre und war, glaubeich, kaum im Sinne derer, die dort wohnten.

Lassen Sie uns da weitermachen, aber die Bezirkebrauchen mehr Personal. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Olaf SteinbißSPD)

Vizepräsident Barbara Duden: Das war einePunktlandung. Jetzt ist Herr Duge von der GRÜ-NEN Fraktion dran.

Olaf Duge GRÜNE: Frau Präsidentin, meine Da-men und Herren! Die Sozialen Erhaltungsverord-nungen sind ein wirksamer aktiver Mieterschutzdort, wo wir Wohnungsbestände haben, die insbe-sondere im innerstädtischen Bereich oder um deninnerstädtischen Bereich liegen und die zuneh-mend unter Druck geraten, durch Umwandlung inEigentumswohnungen oder auch durch Luxus-modernisierungen in die Mietsteigerungen zu kom-men. Und dort haben wir tatsächlich über die So-ziale Erhaltungsverordnung in den letzten Jahren– das muss man sagen, fast zwei zusätzliche Er-haltungsverordnungen pro Jahr – erhebliche Maß-nahmen durchgesetzt, um diesen Prozess wirksamzu stoppen. Das kann man, denke ich, auch zah-lenmäßig sehen, wenn man sich die Zeiten vor derErhaltungsverordnung anschaut und vergleicht,was jetzt an Umwandlung drin ist. Das ist ein Er-folg, den wir weiterführen werden, indem wir weite-re soziale Erhaltungsgebiete ins Auge nehmen, dieauch schon durch die Plausibilitätsprüfungen durchsind. Eilbek gehört dazu, Altona-Nord gehört dazuund wir haben auch weitere Gebiete im Auge. Die-se Plausibilitätsuntersuchungen sind inzwischenauch über das Monitoring – das, finde ich, ist einesehr gute Nachricht – beschleunigt worden. Wirbrauchen nicht mehr etwa zwei Jahre, sondern dieZeit wird dadurch halbiert, dass man beständig be-stimmte Daten und Fakten aufnimmt, zum Beispieldie Mieterstrukturen, die sozialen Einkommensver-hältnisse, die Kaufpreise, die Mietenentwicklung,und dadurch eine Basis hat, um diese Sozialen Er-haltungsverordnungen dann auch über Repräsen-tativerhebungen relativ schnell umsetzen zu kön-nen. Das werden wir weiterverfolgen, denn das istaktiver Mieterschutz, das ist etwas, was wir in die-sen Gebieten brauchen, solange der Wohnungs-markt eng ist. Hinzu kommt natürlich – das hateben auch Herr Lohmann schon gesagt –, dass wirweiterhin bauen, dass wir auch andere Hebel ein-

setzen. Ich glaube, dass wir da auf einem gutenund richtigen Weg sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Frau Sudmann von der Fraktion DIE LIN-KE.

Heike Sudmann DIE LINKE:* Die Soziale Erhal-tungsverordnung verhindert leider nicht komplett,dass Mieterinnen und Mieter verdrängt werden.Aber sie erschwert die Umwandlung von Wohnun-gen in Eigentumswohnungen, sie erschwert Luxus-modernisierungen. Deswegen brauchen wir vielesoziale Erhaltungssatzungen in Hamburg.

Wir haben elf Gebiete und ich weiß nicht, ob Ihnenallen klar ist, dass im Bündnis für Wohnen verein-bart wurde, es werde weitere Gebiete nur in Ab-sprache mit dem Bündnis geben. Das ist aus unse-rer Sicht ein Schwachpunkt, denn die Stadt mussfeststellen, in welchen Bereichen der Stadt wirSchwierigkeiten haben, wo es mehr Umwandlun-gen in Eigentumswohnungen gibt. Deswegen darfes keine Begrenzung geben, sondern wir müssenes an der Realität ausrichten und da, wo mehr So-ziale Erhaltungsverordnungen notwendig sind,müssen sie auch, im Gegensatz zur Haltung derFDP, gemacht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Ihnen einmal ein Beispiel geben. Anfang2000 haben wir darum gestritten, ob wir in St. Ge-org eine Soziale Erhaltungsverordnung machen.Da haben sich alle zurückgehalten, die SPD, nein,sie wisse nicht und so. Die kam erst wesentlichspäter, als es viel zu spät war. Deswegen müssenwir frühzeitig anfangen und deswegen fordere ichvom Senat, wesentlich mehr Personal in den Bezir-ken zur Verfügung zu stellen, damit die Bezirkegucken können, womit sie jetzt zu untersuchen an-fangen.

Herr Lohmann, wenn Sie von den drei Säulensprechen und sagen, eine der Säulen sei Woh-nungsneubau, dann sage ich: Es ist gut, dass Sieneu bauen, aber es ist nicht gut, wenn Sie von den3 000 geförderten Wohnungen nur noch 2 200 im1. Förderweg machen wollen. Wir brauchen we-sentlich mehr günstige Wohnungen. Und da versa-gen Sie.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie versagen, weil Sie sehenden Auges zulassen,dass wir in ein paar Jahren nur noch drei Viertelder geförderten Wohnungen im 1. Förderweg ha-ben, und da helfen die 8 Euro nämlich herzlich we-nig, denn 6,50 Euro sind schon jetzt für sehr vieleMenschen viel zu viel.

(Dirk Kienscherf SPD: Immer dieselbe Lei-er!)

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5981

(Michael Westenberger)

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– Es ist nicht die gleiche Leier, es ist immer dasGleiche: Die Menschen haben zu wenig Einkom-men, solange Sie keine bessere Politik in Hamburgund im Bund machen. Und dabei bleibt es.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk KienscherfSPD: Die macht's aber nicht besser!)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Herr Meyer von der FDP-Fraktion.

Jens Meyer FDP:* Verehrtes Präsidium, meinesehr verehrten Damen und Herren! Die SozialenErhaltungsverordnungen sind, wie auch die alteoder zukünftig verschlimmbesserte Mietpreisbrem-se, ungeeignete Regulierungen, die einen völligfalschen Anschein erwecken und im Ergebnis so-gar kontraproduktiv sind.

(Beifall bei der FDP)

Auch wenn sich die Kollegen von SPD, GRÜNEN,LINKEN und, wie ich gelernt habe, lieber MaxWestenberger, auch von der CDU hier gegenseitigfeiern und behaupten,

(Martina Friederichs SPD: Der Markt regeltalles!)

sie schützten 200 000 Menschen vor der Verdrän-gung und vor Luxusmodernisierungen, ändert dasnichts an den eigentlichen Tatsachen und streutden Menschen leider nur Sand in die Augen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Die hätten wohllieber Wohnungen!)

Es ist fatal, meine Damen und Herren von Rot-Grün, dass Sie den Eindruck vermitteln, Immobi-lieneigentümer oder Investoren betrieben Luxus-sanierungen und wollten Mieter aus Wohnungenverdrängen. Blanker Unsinn ist das.

(Beifall bei der FDP – Heike Sudmann DIELINKE: Öffnen Sie mal die Augen!)

– Meine Augen sind weit geöffnet, Frau Sudmann.Ich weiß nicht, in welcher Welt Sie leben oder wasSie so konsumieren,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ich führe Siemal durch St. Georg!)

welche Filme Sie gucken. Ich weiß es nicht.

In der Realität sind Immobilieneigentümer in derRegel bestrebt, ihre Häuser in Ordnung zu halten,ein gutes Mieter-Vermieter-Verhältnis zu pflegenund angesichts des angespannten Wohnungs-markts weitere Potenziale zu nutzen. Und genaudas sollte auch in Ihrem Sinne sein. Anders als Siees darstellen, profitieren Mieter davon …

(Glocke)

Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbrechend):Herr Meyer, Sie haben jetzt eine Chance, Ihre Re-

dezeit zu verlängern, indem Sie eine Frage vonFrau Sudmann beantworten.

Jens Meyer FDP:* Dann müssten Sie aber bittedie Uhr anhalten, denn die läuft ja die ganze Zeit.

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das mache ichdann auch. Wenn Sie Ja sagen, mache ich das.

Jens Meyer FDP (fortfahrend):* Nein, das lasseich nicht zu.

(Beifall und Heiterkeit bei der FDP)

Anders als Sie es darstellen, profitieren Mieter da-von, wenn nach 20 oder 30 Jahren Bäder, Balko-ne, Treppenhäuser endlich saniert werden. Mit Ih-rer Sozialen Erhaltungsverordnung beschützen Siein Wahrheit niemanden. Sie verkaufen die Leutefür dumm und deswegen werden wir diesen Antragbeziehungsweise dieses Petitum ablehnen. – Dan-ke schön.

(Beifall bei der FDP und bei Joachim Len-ders CDU)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion.

Detlef Ehlebracht AfD:* Sehr geehrte Frau Präsi-dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ziel derErhaltungsverordnung ist gemäß Paragraf 172 Ab-satz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch, die Zusammen-setzung der Wohnbevölkerung aus besonderenstädtebaulichen Gründen zu erhalten – so der Se-nat. Das reicht eigentlich schon aus, um dagegenzu sein. Denn dieser Paragraf besagt nichts ande-res, als dass eine Entwicklung nicht nur nicht ge-wünscht, sondern per Gesetz verhindert wird.

Es manifestiert, dass eine bestimmte Bevölke-rungsgruppe – in Ihrem Sinne oftmals die Vermö-genden – kein wünschenswerter Bestandteil einerausgewogenen Durchmischung eines Quartierssind – eine ganz klare Diskriminierung im Jahrhun-dert der Inklusion. Sie sagen, dass Sie es hier nurzum Schutz der Menschen anwenden, damit Men-schen nicht aus ihren angestammten Quartierenverdrängt werden können und andererseits niedri-ge Mieten gewährleistet werden. Dazu ist zu sa-gen, dass Sie bis heute durch valide Zahlen denBeweis schuldig geblieben sind, dass dies so istund Sie dem durch die Erhaltungsverordnung wirk-sam begegnen.

Zum anderen behaupten Sie immer noch, dass Siemit diesem Mittel die Mieten niedrig halten. Dassdie Erhaltungsverordnung dafür keine Lösung dar-stellt, haben sogar Ihr natürlicher Verbündeter, derVerein Mieter helfen Mietern, und zahlreiche ande-re Experten festgestellt. Ein Zitat dieses Vereinsist:

5982 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Heike Sudmann)

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"Das sind städtebauliche Verordnungen. Siesind nicht dazu da, die Mieten zu stabilisie-ren. Auf die Mieten für neue Bewohner ha-ben die Verordnungen gar keinen Einfluss."

Diese Soziale Erhaltungsverordnung ist vielleichtvielmehr die Ausformung einer typisch sozialisti-schen Eigenart. Denn die linken Parteien glaubenja immer zu wissen, was letztendlich gut für dieBürger und den Menschen ist, und wenn er dasnicht verstehen will, dann müsse man ihn zu sei-nem Glück zwingen, notfalls mit Gesetz und Ver-ordnung.

Wenn Sie etwas gegen steigende Mieten unter-nehmen wollen, dann überlegen Sie, wie Sie un-verhältnismäßige Mietsteigerungen bei Wohnungs-wechseln reduzieren können, wie man die Berech-nungsgrundlagen des Mietenspiegels sinnvoll mo-difizieren kann oder wie man verhindert, dass beieiner Modernisierung diese unverhältnismäßigeEnEff die Mieten hochdrückt. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Senatorin Stapelfeldt, die ich darauf hinwei-sen möchte, dass die Abgeordneten zwei MinutenRedezeit hatten.

Senatorin Dorothee Stapelfeldt: Meine sehr ver-ehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Prä-sidentin! Ich will dazu ganz wenige Anmerkungenmachen. Ich finde es positiv, dass es hier eineüberwiegende Übereinstimmung gibt, dass SozialeErhaltungsverordnungen für Hamburg sehr gutsind. Deswegen lassen Sie mich auf zwei Punkteeingehen.

Herr Meyer, dass Sie hier für die FDP nicht mitge-hen können, finde ich schade. Aber Sie müssensich heute nicht verkämpfen; es geht hier wirklichnur um eine Kenntnisnahme, Sie müssen garnichts ablehnen. Herr Ehlebracht, dass es keinenNachweis gegeben hat, dass Soziale Erhaltungs-verordnungen positiv wirken – das haben Sie viel-leicht nicht zur Kenntnis genommen, aber selbst-verständlich gibt es das. Wir haben die erste So-ziale Erhaltungsverordnung in der südlichen Neu-stadt, und wir können da auch positive Effekte er-kennen. Es ist ganz wichtig, dass wir diese Erhal-tungsverordnung in Hamburg haben. Jetzt habenwir elf Gebiete und schützen damit 190 000 Ham-burgerinnen und Hamburger.

Worum geht es hier eigentlich? Es geht darum,dass wir mit dieser Politik im Wohnungsbestanddie Zusammensetzung der angestammten Bevöl-kerung aus besonderen städtebaulichen Gründenschützen wollen. Das ist der Kern der Sozialen Er-haltungsverordnung. Wir können damit mietpreis-dämpfend wirken, aber wir brauchen dazu natürlichnoch weitere Instrumente. Hier ist schon von meh-

reren Rednern gesagt worden, dass dieses auchfür andere Gebiete geprüft wird. Wir sind damitauch schon relativ weit und können das mit demstädtebaulichen Monitoring beschleunigen, wassehr positiv ist. Das heißt: Wir sind auf dem Weg inAltona-Nord, wir werden es in Eilbek sein und wer-den es in Barmbek-Süd und -Nord und auch inHamburg-Mitte und insbesondere Wilhelmsburgprüfen.

Deswegen sage ich noch einmal an dieser Stelleherzlichen Dank für die Unterstützung auch durcheinen größeren Teil der CDU für dieses Instru-ment, das wir im Sinne der Stadt und ihrer Bewoh-nerinnen und Bewohner sowie im Sinne des Schut-zes von bezahlbarem Wohnraum gern weiterhineinsetzen wollen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Phyliss DemirelGRÜNE)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Ich sehe keineweiteren Wortmeldungen mehr.

Dann stelle ich fest, dass die vom Stadtentwick-lungsausschuss empfohlene Kenntnisnahme derDrucksache 21/11139 erfolgt ist.

Wir kommen zu einer weiteren Debatte, demPunkt 38 der Tagesordnung, Antrag der Fraktionender SPD und der GRÜNEN: Gute Arbeit in Ham-burg: Runder Tisch für Fairness und klare Regelnam Hamburger Arbeitsmarkt.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ-NEN:Gute Arbeit in Hamburg: Runder Tisch für Fair-ness und klare Regeln am Hamburger Arbeits-markt– Drs 21/13249 –]

Die CDU-Fraktion möchte diese Drucksache anden Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integrationüberweisen.

Es handelt sich auch hier um eine von der SPD an-gemeldete Debatte mit jeweils zwei Minuten Rede-zeit pro Debattenbeitrag. – Das Wort wird ge-wünscht; Herr Schwieger von der SPD-Fraktion er-hält es.

Jens-Peter Schwieger SPD:* Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Die Freizügigkeit vonArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist einewichtige Errungenschaft innerhalb der Europäi-schen Union. Wir haben uns immer dafür einge-setzt, dass Staatsangehörige der EU-Staatengrundsätzlich das Recht haben, ihren Arbeitsplatzinnerhalb der EU frei zu wählen – dies aber immerim Sinne von guter Arbeit und auf der Basis vonklaren Regeln. Leider müssen wir feststellen, dass

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5983

(Detlef Ehlebracht)

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in einigen Bereichen die Situation von Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmern aus den mittel- undosteuropäischen EU-Staaten ausgenutzt wird, umMindeststandards der Arbeitsbedingungen sowieherrschende Tarifverträge zu umgehen. Der Senathat bereits in der letzten Legislaturperiode auf einentsprechendes Ersuchen der Bürgerschaft einenRunden Tisch Fairness und klare Regeln am Ham-burger Arbeitsmarkt eingerichtet. Dieser wurde di-rekt bei der Servicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeitangesiedelt.

Die Servicestelle und der Runde Tisch sind nachwie vor wichtige und erfolgreiche Maßnahmen, diedie Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer aus den EU-Mitgliedsstaaten in der Praxisstärken. Allerdings müssen wir feststellen, dassnicht nur auf dem Arbeits-, sondern auch auf demWohnungsmarkt immer neue Formen der Ausbeu-tung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmernbekannt werden. Zudem gibt es auch immer wie-der Probleme in der länderübergreifenden Zusam-menarbeit. Insbesondere bei der Aufklärung undBekämpfung von auf Ausbeutung angelegtenStrukturen müssen wir besser werden und genauhinschauen.

(Beifall bei der SPD)

Die Handlungsfähigkeit auf nationaler Ebene mussgestärkt und die Zusammenarbeit mit den Arbeits-schutzbehörden der Länder dringend intensiviertwerden, denn eines muss klar sein: Ausbeutungund Ausnutzung der Schwächsten dürfen wir nichtdulden. Ich hoffe auf breite Unterstützung aus die-sem Hause.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei denGRÜNEN)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Frau Rath von der CDU-Fraktion.

Franziska Rath CDU:* Sehr geehrte Frau Präsi-dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wirhaben den Antrag durchaus sehr positiv zur Kennt-nis genommen, denn er enthält viele Informatio-nen, die demnächst abgefordert werden sollen, diewir immer mühsam in Schriftlichen Kleinen undGroßen Anfragen abfragen mussten. Das war dieServicestelle Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Fi-nanzkontrolle Schwarzarbeit oder auch der RundeTisch.

Allerdings hätten wir uns – und ich weiß es, essagt sich immer sehr leicht – mehr Mut gewünscht,was diesen Antrag anbelangt, denn hier ist wiedernur die Rede davon, Möglichkeiten eines Bündnis-ses zu besprechen. Das verleiht dem Ganzen lei-der den Hauch eines Symbolantrags, weshalb wirdie Überweisung an den Sozialausschuss bean-tragt haben. Das ist allerdings nicht der einzigeGrund für die Überweisung, denn der Antrag ent-

hält verschiedene Problemfelder, über die berichtetwerden soll, aber uns fehlt hier die zeitliche Kom-ponente. Wie oft wollen Sie denn darüber berich-ten? Einmal im Jahr oder nur einmal im Monat?Denn die Maßnahmen, über die berichtet werdensoll, sind aktueller denn je. In der Antwort auf mei-ne Kleine Anfrage geht es genau auch um die Ar-beitnehmerfreizügigkeit und sie informiert darüber,dass insbesondere bei Post-, Kurier- und Ex-pressdiensten im Zusammenhang mit Auftragsket-ten eine Zunahme von Fällen mit Verdacht auf Ein-gehungsbetrug festgestellt wurde. Solchen Ent-wicklungen muss zeitnah und nicht in einem Ir-gendwann-mal-sehen-Bericht Einhalt geboten wer-den. Das Gleiche gilt für die Maßnahmen gegenMenschenhandel zum Zwecke der sexuellen Aus-beutung. Hier geht es hoffentlich um die Umset-zung des Prostituiertenschutzgesetzes, die im Be-ratungssektor in Hamburg eher schleppend voran-geht. Daher würde ich mich freuen, wenn wir imAusschuss noch einmal darüber sprechen könn-ten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion

Antje Möller GRÜNE:* Frau Präsidentin, meineDamen und Herren! Frau Rath, es freut uns natür-lich, dass Sie den Antrag unterstützen, und wirwürden dann gern ausführlich darüber sprechen,wenn der Senat, wie es im Antrag steht, gegen En-de des Jahres zusammenfassend über die Arbeitdes Runden Tisches und der Servicestelle berich-tet. Es steht Ihnen natürlich weiterhin frei, KleineAnfragen dazu zu stellen, und die Antworten da-rauf sind sicherlich genauso spannend. Es ist klar,dass es sich um eine Vielzahl von Themen han-delt, die hier zusammenlaufen. Deshalb sind wirauch der Meinung, dass auf Bundesebene einbisschen mehr Druck entstehen sollte, um bilatera-le Vereinbarungen mit den wichtigsten Herkunfts-ländern zu schließen, damit man sicherstellenkann, dass es eine konkrete Zusammenarbeit gibtund dafür gesorgt wird, dass zum Beispiel ver-hängte Sanktionen gegen Arbeitgeber auch übereuropäische Grenzen hinweg vollstreckt werdenkönnen.

Insgesamt habe ich es so verstanden, dass wirhier gemeinsam begrüßen, dass es die Reform derEU-Entsenderichtlinie gibt, dass ins Ausland ent-sandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab2020 den gleichen Lohn bekommen wie die heimi-schen Arbeitskräfte. Bis dahin ist noch ein weiterWeg, aber den teilweise mafiösen Strukturen, diesich bisher entwickelt haben, muss man entgegen-steuern. Dazu würden, glaube ich, bilaterale Ver-einbarungen und vor allem eine gut funktionieren-de Arbeit am Runden Tisch und an der Servicestel-le schon einen guten Teil beitragen.

5984 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Jens-Peter Schwieger)

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(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Frau Ensslen von der Fraktion DIE LINKE.

Dr. Carola Ensslen DIE LINKE: Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Um es gleich vorweg-zunehmen: Auch wir stimmen diesem Antrag zu.Ich bin auch ein großer Fan, eine große Fanin derEU-Freizügigkeit. Für mich ist das ein Stück weitdie Verwirklichung des Rechts, dort leben und ar-beiten zu können, wo man will. Das finde ich gutund wichtig. Aber es gibt eben auch die Schatten-seiten der Freizügigkeit. Der Kollege Schwiegerhat es ausführlich geschildert; ich muss es nichtwiederholen.

Auch wir hätten uns ein wenig mehr Verve in derZiffer 1 des Antrags gewünscht. Ich hätte mir auchgewünscht, dass der Antrag so klar formuliert wor-den wäre wie die Pressemeldung, dass es nämlichum eine Zusammenarbeit des Runden Tisches mitden Kammern und dem Unternehmensverbandgeht. Mir hatten in dem Kreis auf Anhieb die Ge-werkschaften gefehlt. Diese sind aber dann natür-lich einbezogen und insoweit ist das in Ordnung.

Ich finde, auch wenn die Verve etwas größer hättesein können, als es zu besprechen, müssen wir esjetzt nicht im Ausschuss behandeln. Wenn der Be-richt zum Ende des Jahres da ist, macht es vielmehr Sinn, über die Ergebnisse zu diskutieren. Dafreue ich mich dann auf die Beratungen im Sozial-ausschuss. Jetzt wollen wir erst einmal zustimmenund den Senat seine Arbeit machen lassen. – Vie-len Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Frau Nicolaysen von der FDP-Fraktion.

Christel Nicolaysen FDP:* Sehr geehrte FrauPräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!Wenn Sie unbedingt Informationen über die Be-deutung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für denHamburger Arbeitsmarkt und die damit verbunde-nen sozialpolitischen und integrationspolitischenHerausforderungen erhalten möchten: Warum fra-gen Sie nicht einfach Ihren Senat danach? WennSie wissen wollen, wie effektiv die FinanzkontrolleSchwarzarbeit, FKS, arbeitet: Warum fragen Sienicht einfach Ihren Senat danach?

(Arno Münster SPD: Das ist eine Bundesbe-hörde!)

Zumindest bei einigen Ihrer Fragen warten Sie ein-fach auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage derFDP-Fraktion im Bundestag über die Auswirkun-gen der Reform der Entsenderichtlinien. Auf dieseReform einigten sich die Sozialminister der EU-Länder übrigens bereits im Herbst letzten Jahres.

Die Reform ist aktuell in den Prozessen des Euro-päischen Parlaments. Also wären vielleicht die so-zialdemokratischen und grünen EU-Abgeordnetendie richtigen Ansprechpartner für Ihr Anliegen. Da-her sind Sie mit einer Bundesratsinitiative vielleichtetwas zu spät dran.

(Beifall bei der FDP)

Seit 2013 wird das Bundesministerium für Arbeitund Soziales übrigens von Sozialdemokraten ge-leitet. Insofern wäre eigentlich ein wenig Austauschwünschenswert.

Und zuletzt: Das Einzige, was Ihr Antrag mit einemRunden Tisch zu tun hat, ist ein kleiner Teil vonBeschlusspunkt 1. Der große Teil Ihres Antrags hatnichts, aber auch gar nichts mit einem RundenTisch zu tun und soll daher nur Sand in unsere Au-gen streuen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Herr Feineis von der AfD-Fraktion.

Harald Feineis AfD: Frau Präsidentin, liebe Kolle-ginnen und Kollegen! Wir haben in unserer Stadtdiverse Servicestellen für osteuropäische Arbeiter,zum Beispiel die Fachstelle Zuwanderung Europa,das Europäische Migrationswerk, die Finanzkon-trolle Schwarzarbeit und weitere mehr. Wir verfü-gen also über ausreichende Instrumente, um euro-päische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer inHamburg zu begleiten bis dahin, dass auch ihreFamilien im Blick sind und diese Sozialleistungenerhalten können. Auch für Arbeitgeber existierenStrukturen und Instrumente zur Aufklärung. Ichmeine nicht runde Tische und auch nicht neue Auf-klärungsmöglichkeiten, sondern vermehrte Kontrol-len von Arbeitsstätten und weitere Aktionstage ge-gen sozialen Missbrauch. Jeder hier im Hauseweiß: Wenn es Geld kostet, dann bewegt sich et-was. Ich persönlich bin nach 16 Jahren Begleitungvon Arbeitslosen der Meinung, dass sich Dingeerst ändern und der Missbrauch und die Ausbeu-tung zurückgehen, wenn sofort Bußgelder und Re-striktionen bei Arbeitgebern erfolgen.

Was nützt uns die im Antrag geforderte transnatio-nale Zusammenarbeit, wenn wir es nicht schaffen,in unserer Stadt nicht nur die Rechte zu verteidi-gen, sondern auch die Pflichten einzufordern? Da-rum werden wir diesen Antrag nicht unterstützen. –Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Frau Möller vonder GRÜNEN Fraktion, Sie haben das Wort.

Antje Möller GRÜNE:* Frau Präsidentin, meineDamen und Herren! Ich muss einfach mal bei Frau

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5985

(Antje Möller)

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Nicolaysen nachfragen. Ich habe die Position derFDP zur Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmer-ausbeutung und zur bilateralen Zusammenarbeitmit den Ländern, über die wir geredet haben,schlicht und einfach nicht verstanden.

Vizepräsidentin Barbara Duden: Ich gucke dannnoch einmal in die Runde. Es gibt keine weiterenWortmeldungen mehr.

Wer nun die Drucksache 21/13249 an den Aus-schuss für Soziales, Arbeit und Integration über-weisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzei-chen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damitist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wir stimmen über den vorliegenden Antrag vonSPD und GRÜNEN in der Sache ab.

Wer diesem nun seine Zustimmung geben möchte,hat jetzt die Chance. – Die Gegenprobe. – Enthal-tungen? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zum Punkt 19 unserer Tagesordnung,Bericht des Verkehrsausschusses: Verbesserungdes Busverkehrsangebotes in Hamburg, Stellung-nahme des Senats zum Ersuchen der Bürgerschaftvom 10. Dezember 2015 "Überführung desSchnellbusnetzes in das MetroBus- und StadtBus-Netz prüfen".

[Bericht des Verkehrsausschusses über dieDrucksache 21/12397:Verbesserung des Busverkehrsangebotes inHamburgStellungnahme des Senats zum Ersuchen derBürgerschaft vom 10. Dezember 2015 "Über-führung des Schnellbusnetzes in das Metro-Bus- und StadtBus-Netz prüfen" (Drucksache21/2257) (Senatsmitteilung)– Drs 21/13190 –]

Die SPD-Fraktion hat auch hierzu eine Kurzdebat-te angemeldet und Sie werden sich alle erinnern,Redebeiträge zwei Minuten. – Das Wort bekommtHerr Buschhüter von der SPD-Fraktion.

Ole Thorben Buschhüter SPD: Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Wir debattieren heuteüber den größten Ausbau des HVV-Busnetzes seitder Einführung der Metrobusse unter BausenatorEugen Wagner vor 17 Jahren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei denGRÜNEN)

Die Metrobusse haben sich zu einem großen Er-folg entwickelt und sind das Rückgrat unseres Bus-netzes geworden. Davon sollen ab Dezember2018 weitere Stadtgebiete profitieren. Insgesamtdrei neue Metrobuslinien werden zukünftig wichtige

Quartiere der Stadt im Zehnminutentakt anbinden:die neue Linie 7 von Berne über Bramfeld, Barm-bek, Uhlenhorst in die Innenstadt nach St. Pauli,die neue Linie 11 von Rahlstedt-Ost nach Wands-bek-Markt und schließlich die neue Linie 28 vonWandsbek-Markt über Alter Teichweg, Rüben-kamp, Alsterdorf zur Lufthansa-Basis.

Der Umbau des Busnetzes ist das Ergebnis einervon SPD und GRÜNEN angestoßenen kritischenÜberprüfung des Schnellbusnetzes. In diesem Zu-sammenhang werden zum Beispiel auch dieSchnellbuslinien 48 und 49, die Blankeneser Berg-ziegen, in Stadtbuslinien umgewandelt und damitzuschlagfrei.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei denGRÜNEN)

Die kritische Überprüfung hat aber auch ergeben,dass die Überführung der zuschlagpflichtigenSchnellbusse in das zuschlagfreie Netz derzeitnoch nicht vollständig darstellbar ist, denn sie wer-den insbesondere von mobilitätseingeschränktenFahrgästen stark nachgefragt, solange der barrie-refreie Umbau aller Schnellbahnhaltestellen nochnicht gänzlich abgeschlossen ist. Trotz aller Inves-titionen, die wir dort tätigen, wird alles ganz schnellgehen – anders als die CDU es gemacht hat. Des-wegen bleiben einige Schnellbuslinien erhalten.Die Verkehrsleistungen, die dort reduziert werden,werden in das übrige Netz eingesteuert.

Wir steigen mit diesen Maßnahmen ein in den Aus-stieg aus dem Zweiklassensystem des HVV, daswir bislang mit zuschlagfreien und zuschlagpflichti-gen Bussen haben.

(Michael Kruse FDP: Die erste Klasse! – Ge-genruf von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das istSozialismus, dass es die erste Klasse nichtmehr gibt!)

Mit mehr und neuen zuschlagfreien Verbindungenerreichen wir mehr Bürgerinnen und Bürger in un-serer Stadt und machen den HVV noch attraktiver.Das ist unser Plan für Hamburg: eine moderne Mo-bilität, von der alle etwas haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Herr Thering von der CDU-Fraktion.

Dennis Thering CDU:* Frau Präsidentin, meinesehr geehrten Damen und Herren! Lieber HerrBuschhüter, ich muss mich da leider wiederholen,Größe beweist man auch dadurch, dass man nichtsagt: auf Initiative von SPD und GRÜNEN. Auchhier haben Sie wohl vergessen, dass dieser Druck-sache ein CDU-Antrag zugrunde liegt.

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Der wurdedoch nicht beschlossen!)

5986 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Antje Möller)

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Nicht Sie haben das angestoßen und es hätteauch einmal Größe gehabt zu sagen, dass dieCDU die Idee hatte, das Busnetz hier einfach malumzustrukturieren.

(Beifall bei der CDU)

Fakt ist aber, dass der Fahrgastzuwachs beimHVV im Jahr 2017 so niedrig war wie seit 2004nicht mehr. Das ist ein deutliches Alarmsignal, lie-be Kolleginnen und Kollegen von SPD und GRÜ-NEN, dass wir hier gemeinsam die Busse undBahnen in unserer Stadt deutlich attraktiver ma-chen müssen. Dazu gehört auch, dass wir alteZöpfe wie zum Beispiel die Schnellbusse dann amEnde des Tages auch abschaffen.

Wir hatten bereits 2015 diesen genannten Antraggestellt. Hier wollten wir im ersten Schritt für Kin-der, Schüler, Studierende, Senioren und Begleit-personen von Behinderten den unsozialen Schnell-buszuschlag abschaffen und wir wollten vor allemauch das Schnellbusnetz komplett in die Stadt unddas Metrobusnetz integrieren.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch keinPlan!)

Das ist Fakt und auch Grundlage dieser Drucksa-che. Leider konnten Sie von SPD und GRÜNENdiesem wieder einmal nicht zustimmen, weil es jawieder mal ein Oppositionsantrag war, den Siedann wieder aufgewärmt und heute deutlichschlechter hier eingebracht haben. Das Ganzemüssen wir hier dann auch zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD:Man kann es Ihnen auch nie recht machen!)

– Na, Herr Kienscherf, es gehört aber auch mal da-zu, zu sagen, dass das eine Idee der anderen Par-teien war, und nicht das Ganze immer abzulehnenund hier irgendwie völlig verfälscht einzubringenund sich dafür zu feiern. Da kann ich mich nur wie-derholen; das ist schlichtweg ein schlechter Stil.

Grundsätzlich sind die Maßnahmen, die Sie hiergetroffen haben, aber in Ordnung. Wir hätten unsgewünscht, dass Sie unserem Antrag in Gänze ge-folgt wären, wie wir die Schnellbusse endlich adacta legen und das Ganze in das komplette Bus-netz integrieren. Das wäre innovativ und eine ver-nünftige Geschichte. Sie aber machen es wiedernur halbherzig und so lala. So werden wir die Bus-se und Bahnen in Hamburg nicht attraktiver ma-chen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

(Zuruf – Gegenruf von André Trepoll CDU –Heiterkeit)

Dr. Anjes Tjarks GRÜNE:* Frau Präsidentin, mei-ne Damen und Herren! Auch bei der Partei derGRÜNEN steht der sozialistische Ansatz, ein Ein-heitsnetz im HVV zu schaffen ohne die erste Klas-se, schon länger im Parteiprogramm und damit dieAbschaffung der SchnellBusse. Vor dem Hinter-grund, dass die CDU das auch begrüßt, freuen wiruns, dass wir dort sozusagen Seit an Seit zusam-men mit der Sozialdemokratie und der CDU schrei-ten,

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

um endlich dahin zu kommen, das Schnellbahn-netz und das Busnetz in Hamburg weiter auszu-bauen, denn das ist es, was wir machen wollen.

Es ist klar, dass das SchnellBus-Netz weiterhin nö-tig ist für mobilitätseingeschränkte Personen. Wirsind sehr weit beim Ausbau der Barrierefreiheit beiden U-Bahn-Stationen, bei den S-Bahn-Stationennoch nicht ganz so weit. Deswegen haben wir dasauch nicht völlig abgeschafft. Aber es geht darum,dass wir insgesamt hier mit der Neustrukturierungdes Busnetzes, die Herr Buschhüter schon ausge-führt hat, mehr Fahrgäste für den HVV gewinnenwollen, dass wir drei neue MetroBus-Linien, die 11,die 17, die 28, in den Betrieb nehmen wollen unddass wir diese Angebotserweiterungen, die diegrößten seit Langem sind, durch Einsparungen imSchnellBus-Netz decken wollen. Das ist das, waswir machen.

Wir freuen uns, dass diese Anträge immer einerbreiten Unterstützung in diesem Haus gewahr wer-den. Das gilt auch für die Einrichtung neuer Statio-nen und den Kauf neuer S-Bahn-Fahrzeuge. Undinsofern freuen wir uns, dass auch die rechte Seitedieses Hauses dem Ausbau des öffentlichen Nah-verkehrs nicht im Weg steht, sondern diesen aktivunterstützt und wir ihn gemeinsam auf den Wegbringen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Frau Sudmann von der Fraktion DIE LIN-KE.

(Zurufe – Juliane Timmermann SPD: Wirsind beim Sozialismus! Dein Thema!)

Heike Sudmann DIE LINKE:* Herr Thering wollteschon alles vor seiner Geburt. So weit gehe ichjetzt mal nicht zurück.

Wir sind uns, glaube ich, sehr einig: Ohne Busver-kehr können wir die fehlenden Querverbindungen,können wir viele Verbindungen in Hamburg nichtabdecken. Von daher zitiere ich gern den gewese-nen Ersten Bürgermeister, der "das modernsteBussystem Europas" schaffen wollte. Und da wür-de ich mich gern auch daran orientieren, was derStandard bisher im SchnellBus war. Im SchnellBus

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5987

(Dennis Thering)

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haben wir nämlich wesentlich bessere Qualitätenals im normalen Bus, da haben wir mehr Sitzplätzepro Fahrgäste berechnet, wir haben auch einebessere Fahrzeit. Deswegen sollte man denSchnellBus nicht verdammen. Verdammen solltenwir den Zuschlag, und da hören Ihre sozialisti-schen Pläne auf.

(Beifall bei Ewald Aukes FDP)

Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel: In Blankene-se, nicht gerade einer der ärmsten Stadtteile Ham-burgs, mussten Sie bisher einen Zuschlag bezah-len für die Bergziege, Linien 48 und 49. Dieser Zu-schlag fällt weg. Den schaffen Sie ab.

(Zuruf)

Und der SchnellBus 34, der von Wilhelmsburg, vonKirchdorf-Süd in die Stadt reinfährt, der behält sei-nen Zuschlag. Das ist Sozialismus à la SPD undCDU.

(Zuruf)

Vielen Dank. Das ist noch entwicklungsfähig.

(Beifall bei der LINKEN)

Genau diese SchnellBus-Verbindung von Kirch-dorf-Süd ist eine der wenigen Verbindungen, diees überhaupt gibt neben der S-Bahn. Die S-Bahnist jetzt oft gesperrt, fällt oft aus, ist oft knüppel-dicke voll. Da sind Sie nicht bereit, zu sagen: Hierwird der Takt verdichtet. Das fehlt Ihnen.

Aber, um auch einmal zu loben, es ist gut, dass wirneue MetroBus-Linien bekommen. Und, um einmalein bisschen in die Vergangenheit zurückzugehen– Sie haben Eugen Wagner erwähnt –: Als EugenWagner dieses MetroBus-System eingeführt hat,gab es einen Zehnminutentakt, und den gab es bis22 Uhr. Das wäre ein Maßstab, wo ich mich hierhinstelle und sage: So schlecht war Eugen Wagnerdann doch nicht. Das hätte ich nie gedacht, dassich das einmal sagen muss.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von derSPD: Oh!)

– Ich merke Ihr Erstaunen.

Also, folgen Sie da einmal Eugen Wagner mit sei-nem damaligen MetroBus-System und führen Sieeinen Zehnminutentakt ein, der wie bei U- und S-Bahn dann auch bis 21, 22 Uhr geht und nicht um20 Uhr schon endet. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Herr Aukes von der FDP-Fraktion.

(Dirk Kienscherf SPD: Der ist noch für dieerste Klasse!)

Ewald Aukes FDP: Verehrtes Präsidium, meineDamen und Herren! Herr Tjarks, wir stellen uns Ih-

nen auch an die Seite. Wir finden derzeit die Aktivi-täten der rot-grünen Koalition in dieser Sache ganzordentlich. Aber, und da muss ich jetzt wieder mei-ner Kollegin Sudmann recht geben

(Michael Kruse FDP: Was?)

– es hat das Herz geöffnet, als sie gesagt hat, daswollen wir auch –: Schaffen Sie grundsätzlich denZuschlag bei den SchnellBussen ab und erhöhenSie, das finde ich sehr sinnvoll, die Taktzahl.

Und das Dritte, was ich da noch zupacken möchte,ist: Versuchen Sie einmal, nördlich der Alster eineQuerverbindung zu schaffen. Das könnte eineschöne, sehr ordentliche SchnellBus-Linie sein.

SchnellBusse insgesamt abzuschaffen, ist derzeit,glaube ich, aufgrund der Benutzersituation nicht sogut, dass man …

(Dirk Kienscherf SPD: Die Tangentialverbin-dung gibt es doch! Das ist ja wie Buxtehudeletztes Mal, da hatten Sie auch keine Ah-nung!)

– Ja, Sie haben die Ahnung mit Löffeln gefressen,Herr Kienscherf. Das scheint ja wohl so zu sein.

(Beifall bei der FDP)

Aber leider muss ich Ihnen immer wieder sagen,dass die Koalition eben immer nur von heute aufmorgen, aber nie auf übermorgen denkt.

(Beifall bei der FDP)

In diesem Sinne: Nehmen Sie auch diesen Vor-schlag an und stellen Sie Ihr System, das an sichvon der Zielrichtung her gut ist, so um, dass es füralle Menschen gut, sinnvoll und attraktiv ist. – Vie-len Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion.

Detlef Ehlebracht AfD:* Sehr geehrte Frau Präsi-dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Be-richt, der uns vorliegt, ist umfangreich, verständlichund läutet wohl den Anfang vom Ende desSchnellBusses ein, worüber man geteilter Meinungsein darf. Jedes Verkehrssystem benötigt seineRessourcen, Wartung, spezielle Technik, kurzumein geschlossenes System, und die daraus resul-tierende Nutzung muss diesen Aufwand adäquatrechtfertigen. Tut sie dies nicht oder kann der Be-darf anderweitig gleichwertig gedeckt oder sogarbesser abgedeckt werden, kann das System auf-gegeben werden. Andererseits hat es ja wohl aucheinmal Gründe gegeben, weshalb wir hier einSchnellBus-System eingeführt haben. Diese kön-nen sich aufgrund nachvollziehbarer Entwick-lungen nun verändert haben – oder man kann da-bei auch ein bisschen nachgeholfen haben.

5988 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Heike Sudmann)

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Wesentliche Ziele des SchnellBusses sollten sein:ein höherer Fahrzeugkomfort, höhere Sitzplatzver-fügbarkeit und eine höhere Reisegeschwindigkeit,vom Fahrgast erkauft mit einem SchnellBus-Zu-schlag. Eine Fahrgastbefragung ergab, dass ne-ben dem direkten Anschluss auch heute noch diesdie Gründe für die aktuelle Nutzung sind. Es hatsich dahingehend also nichts geändert. Wenndann in einem Zeitraum von 20 Jahren die Preis-steigerung des Zuschlags dreimal so hoch ausfälltwie die Preissteigerung beim HVV und bei derHochbahn, zusätzliche Stopps auf den Linien dieFahrzeit verlängern oder es bei Einführung desSchnellBus-Systems ein Verhältnis von 46 Sitz- zu28 Stehplätzen gab, es heutzutage aber nur noch27 Sitz- zu 62 Stehplätzen sind, steigert das nichtdie Zielsetzung, es konterkariert diese. Währendman bei den anderen kränkelnden Buslinien ver-sucht, diese durch Steigerung der Attraktivität zuerhalten, hat man im SchnellBus-System sich sei-tens des Senats entschieden, dies nicht zu tun.

Wie dem auch sei, letztlich hat Rot-Grün diese Ent-scheidung getroffen, drei SchnellBus-Linien abzu-schaffen und durch normale Linienbusse zu erset-zen, was wohl wiederum nicht die Attraktivität desSchnellBus-Systems steigern wird; wie gesagt, derAnfang vom Ende. Wir werden sehen, ob die Maß-nahmen den gewünschten finanziellen Effekt ha-ben, und vor allen Dingen, ob dabei immer nochder Bedarf der Fahrgäste befriedigend gedecktwird.

(Glocke)

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD und bei Michael KruseFDP)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be-kommt Senator Horch. Und während Sie ans Red-nerpult gehen, erinnere ich Sie daran: Die Abge-ordneten hatten zwei Minuten.

Senator Frank Horch:* Ich habe schon einigesgestrichen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Da-men und Herren! Zum kommenden Fahrplanwech-sel, wie eben schon erwähnt, werden wir sichtbareVerbesserungen im Busverkehr haben. Es sollendrei neue MetroBus-Linien eingerichtet werden,gleichzeitig werden die Verkehre im Umfeld dieserLinien neu geordnet und insgesamt attraktiver ge-staltet. Auch die SchnellBus-Linien 39, 48 und 49werden zu StadtBus-Linien und zuschlagfrei. Zu-dem wird die wichtige Linie 111 künftig bis Teufels-brück verkehren, womit dann der einzige Bereich,der bislang nur mit dem zuschlagpflichtigenSchnellBus bedient wurde, auch zuschlagfrei er-reichbar sein wird.

Anlass dieser Umstrukturierung – wir machen dasja mit einem Hintergrund – waren umfassende Un-tersuchungen zum SchnellBus-Netz. Meine Damenund Herren, um es vorweg auf den Punkt zu brin-gen: Das SchnellBus-Netz wird nicht abgeschafft.Gleichwohl sind aber die Fahrgastzahlen imSchnellBus-Netz seit 2001 um rund ein Drittel zu-rückgegangen, während der ÖPNV insgesamteinen starken Zulauf zu verzeichnen hat. Daszeigt, dass immer weniger Fahrgäste bereit sind,für das Angebot einer schnellen, umsteigefreienVerbindung und den besonderen Komfort, den dieSchnellBusse bieten, einen Zuschlag zu zahlen.Deshalb unsere moderate Anpassung in der ge-samten Situation der Busverkehre. Wir wollen freiwerdende Ressourcen weiterhin für den ÖPNVnutzen und das Busnetz weiter verbessern. Wir er-reichen so mit dem gleichen finanziellen Aufwandein größeres Angebot für mehr potenzielle Fahr-gäste. Das heißt, der öffentliche Personennahver-kehr in Hamburg wird durch die Maßnahmen deut-lich attraktiver. Das haben auch die umfassendenMaßnahmen im Verkehrsausschuss gezeigt.

Kurz gesagt: Die Optimierung des Busangebots inHamburg ist ein Baustein, vielleicht sogar ein Mei-lenstein, den ÖPNV in unserer Stadt fit für die Zu-kunft zu machen und das Angebot insgesamt zuerhöhen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Barbara Duden: Sie hätten noch10 Sekunden gehabt.

(Heiterkeit – Beifall bei der LINKEN – HeikeSudmann DIE LINKE: Jawohl! Applaus!)

Gut, wenn keine weiteren Wortmeldungen vorlie-gen, stelle ich fest, dass die Bürgerschaft die Se-natsmitteilung aus der Drucksache 21/12397 zurKenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Punkt 42 unserer heutigen Ta-gesordnung, Antrag der CDU-Fraktion: Dem Bau-stellenfrust den Zahn ziehen – Mehr Transparenzund Verständnis durch eine Baustellen-App nachBerliner Vorbild.

[Antrag der CDU-Fraktion:Dem Baustellenfrust den Zahn ziehen – MehrTransparenz und Verständnis durch eine Bau-stellen-App nach Berliner Vorbild– Drs 21/13253 –]

Diese Drucksache möchte die FDP-Fraktion anden Verkehrsausschuss überweisen.

Wir sind aber übereingekommen, dass die Debattegestrichen wird, und können dann direkt zur Ab-stimmung kommen.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5989

(Detlef Ehlebracht)

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Wer möchte also nun die Drucksache 21/13253 anden Verkehrsausschuss überweisen, den bitte ichum das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Ent-haltungen? – Das Überweisungsbegehren ist ein-stimmig angenommen.

(Zurufe)

– Mit großer Mehrheit.

Dann kommen wir zum Punkt 44, dem Antrag derCDU-Fraktion: Rot-Grün darf die Last der Flücht-lingsintegration nicht nur auf einige wenige Schul-klassen verteilen.

[Antrag der CDU-Fraktion:Rot-Grün darf die Last der Flüchtlingsintegrati-on nicht nur auf einige wenige Schulklassenverteilen– Drs 21/13255 –]

Auch hier sind wir übereingekommen, die Debattenicht zu führen, und können dann direkt zur Ab-stimmung kommen.

Wer möchte also dem Antrag der CDU-Fraktionaus der Drucksache 21/13255 seine Zustimmunggeben, den bitte ich um das Handzeichen. – DieGegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der An-trag mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zu Punkt 2, nämlich den Berichtendes Eingabenausschusses.

[Bericht des Eingabenausschusses:Eingaben– Drs 21/13144 –]

[Bericht des Eingabenausschusses:Eingaben– Drs 21/13145 –]

[Bericht des Eingabenausschusses:Eingaben– Drs 21/13146 –]

Hier beginne ich mit dem Bericht 21/13144.

Wer möchte sich zunächst den Empfehlungen an-schließen, die der Eingabenausschuss zu den Ein-gaben 304/18 bis 306/18 abgegeben hat, den bitteich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. –Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit ange-nommen.

Wer möchte dann den Empfehlungen zu den Ein-gaben 468/17 sowie 63, 125, 145, 319 und 326, al-le aus 2018, folgen, den bitte ich um das Handzei-chen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auchdas ist angenommen.

Wer möchte darüber hinaus den Empfehlungen zuden Eingaben 793/17 und 299/18 folgen, den bitteich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenpro-be. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig ange-nommen.

Wer schließt sich darüber hinaus den Empfehlun-gen zu den übrigen Eingaben an, den bitte ich jetztum das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Ent-haltungen? – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zum Bericht 21/13145.

Wer möchte hier die Empfehlung zu den Eingaben892/17 betreffend "Freizügigkeit" sowie die Emp-fehlungen zu den Eingaben 86, 149, 163, 200,279, 334 und 377 aus dem Jahr 2018 annehmen,den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegen-probe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig bei ei-nigen Enthaltungen angenommen worden.

Wer stimmt darüber hinaus den Empfehlungen zuden übrigen Eingaben zu, den bitte ich um dasHandzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltun-gen? – Das ist einstimmig angenommen.

Wir sind noch nicht ganz fertig mit den Eingaben;wir kommen zum Bericht 21/13146.

Wer möchte hier die Empfehlungen zu den Einga-ben 199/18, 226/18 und 244/18 annehmen, denbitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenpro-be. – Enthaltungen? – Auch das ist wiederum an-genommen.

Dann haben wir noch die folgenden Eingaben,über die wir abstimmen müssen: 111, 176, 178,195, 213, 229 und 242, alle aus 2018.

Wer möchte sich hierzu den Empfehlungen desEingabenausschusses anschließen, den bitte ichum das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Ent-haltungen? – Das ist wiederum einstimmig mit eini-gen Enthaltungen angenommen.

Wer möchte darüber hinaus den Empfehlungen zuden übrigen Eingaben seine Zustimmung geben,der hätte jetzt die Chance. – Wer ist dagegen? –Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.

Die in der Geschäftsordnung für bestimmte Punkteder Tagesordnung vorgesehene

Sammelübersicht****

haben Sie erhalten.

Ich stelle nun zunächst fest, dass die Bürgerschaftdie unter A aufgeführten Drucksachen zur Kennt-nis genommen hat.

Wer stimmt den Überweisungsbegehren unter Bzu, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Ge-genprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmigangenommen.

5990 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

HembacRu
Schreibmaschinentext
**** Sammelübersicht siehe Seite 5999.
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Wir kommen zum Punkt 3, das ist die Große Anfra-ge der Fraktion DIE LINKE: Tempo 30 vor sozialenEinrichtungen in Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE:Tempo 30 vor sozialen Einrichtungen in Ham-burg– Drs 21/12713 –]

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKEan den Verkehrsausschuss überweisen.

Wer möchte diesem Überweisungsbegehren fol-gen, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – DieGegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dasÜberweisungsbegehren abgelehnt.

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft von derGroßen Anfrage aus der Drucksache 21/12713 oh-ne Besprechung Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Punkt 5 unserer Tagesordnung,der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE:Nachfragen zum Schutzauftrag der Stadt für pfle-gebedürftige Menschen – Wohn-Pflege-Aufsicht.

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE:Nachfragen zum Schutzauftrag der Stadt fürpflegebedürftige Menschen – Wohn-Pflege-Auf-sicht– Drs 21/12826 –]

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKEan den Gesundheitsausschuss überweisen.

Wer möchte so verfahren, den bitte ich um dasHandzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltun-gen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Und ich frage: Wird Besprechung beantragt?

(Zurufe: Ja!)

Ja? Dann ist es so. Dann werden wir die Bespre-chung der Drucksache 21/12826 für die nächsteSitzung vorsehen.

Punkt 7, Senatsantrag: Mandate von Mitgliederndes Senats in hamburgischen öffentlichen Unter-nehmen.

[Senatsantrag:Mandate von Mitgliedern des Senats in ham-burgischen öffentlichen Unternehmen– Drs 21/13110 –]

Wer möchte zu diesem Antrag das Einvernehmennach Artikel 40 Absatz 2 der Verfassung der Freien

und Hansestadt Hamburg herstellen, den bitte ichum das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Ent-haltungen? – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zum Punkt 14a unserer Tagesord-nung, das ist die Unterrichtung durch die Präsiden-tin: Einspruch des Abgeordneten Dr. Ludwig Flo-cken gemäß Paragraf 49 der Geschäftsordnungder Hamburgischen Bürgerschaft.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bür-gerschaft:Einspruch des Abgeordneten Dr. Ludwig Flo-cken gemäß § 49 der Geschäftsordnung derHamburgischen Bürgerschaft– Drs 21/13325 –]

Der Einspruch ist Ihnen allen im Wortlaut zugegan-gen. Gemäß Paragraf 49 unserer Geschäftsord-nung hat die Bürgerschaft ohne Beratung über die-sen Einspruch zu entscheiden.

Wer möchte nun dem Einspruch des Abgeordne-ten Dr. Flocken stattgeben, den bitte ich um dasHandzeichen. – Wer möchte das nicht? – Gibt esjemanden, der sich enthält? – Dann ist das ein-stimmig angenommen.

(Zurufe: Nein, abgelehnt! – Erster Vizepräsi-dent Dietrich Wersich: Eine Ablehnung warEnthaltung!)

– Oh, Entschuldigung. Da war ich zu voreilig; ichhatte den Abgeordneten Flocken im Blick.

Dann ist das mit großer Mehrheit abgelehnt wor-den.

Punkt 16, Bericht des Ausschusses für Soziales,Arbeit und Integration: Gebührenordnung für öf-fentlich veranlasste Unterbringungen gerecht undsozial gestalten.

[Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeitund Integration über die Drucksache 21/11845:Gebührenordnung für öffentlich veranlassteUnterbringungen gerecht und sozial gestalten(Antrag der Fraktion DIE LINKE)– Drs 21/13158 –]

Wer möchte sich hier Ziffer 1 der Ausschussemp-fehlung anschließen, den bitte ich um das Hand-zeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? –Das ist einstimmig angenommen.

Wer dann auch Ziffer 2 der Empfehlung annehmenmöchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. –Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großerMehrheit angenommen.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5991

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

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Punkt 17, Bericht des Ausschusses für Soziales,Arbeit und Integration: Gesetz zur Ausführung desNeunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitati-on und Teilhabe von Menschen mit Behinderun-gen.

[Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeitund Integration über die Drucksache 21/11558:Hamburgisches Gesetz zur Ausführung desNeunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabili-tation und Teilhabe von Menschen mit Behin-derungen – (AG SGB IX) (Senatsantrag)– Drs 21/13199 –]

Wer möchte nun zunächst der Ausschussempfeh-lung folgen und das Hamburgische Gesetz zurAusführung des Neunten Buches Sozialgesetz-buch, Rehabilitation und Teilhabe von Menschenmit Behinderungen aus der Drucksache 21/11558beschließen, den bitte ich jetzt um das Handzei-chen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dasist einstimmig angenommen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senateiner sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken-nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus demHaus? – Den sehe ich nicht.

Wer will das soeben in erster Lesung beschlosse-ne Gesetz in zweiter Lesung beschließen, den bit-te ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenpro-be. – Enthaltungen? – Das Gesetz ist damit inzweiter Lesung und somit endgültig beschlossenworden.

Punkt 18, Bericht des Verkehrsausschusses: Lang-fristige Weiterentwicklung des U-Bahn-Netzes,Sachstand der Planungen für den Neubau der Hal-testelle Oldenfelde an der Linie U1, die Verlänge-rung der Linie U4 auf die Horner Geest und denNeubau der Linie U5 einschließlich einer Schnell-bahnanbindung des Hamburger Westens und De-kade des Schnellbahnausbaus gestalten – WeitereHaltestelle für die Linie U3 an der FuhlsbüttlerStraße prüfen.

[Bericht des Verkehrsausschusses über dieDrucksachen 21/12322 und 21/11671:Langfristige Weiterentwicklung des U-Bahn-NetzesSachstand der Planungen für den Neubau derHaltestelle Oldenfelde an der U-Bahn-Linie U1,die Verlängerung der U-Bahn-Linie U4 auf dieHorner Geest und den Neubau der U-Bahn-Li-nie U5 einschließlich einer Schnellbahnanbin-

dung des Hamburger Westens zugleichStellungnahme des Senats zu dem Ersuchender Bürgerschaft vom 21. Januar 2016 "Wir ma-chen Hamburg mobil – Bürgerbeteiligung beimBau der U5 und weiteren Großbauprojekten"(Drucksache 21/2923) zugleichStellungnahme des Senats zu dem Ersuchender Bürgerschaft vom 18. Januar 2017 "Schnell-bahnanbindung des Hamburger Westens"(Drucksache 21/7570) (Senatsantrag) sowieDekade des Schnellbahnausbaus gestalten –Weitere Haltestelle für die Linie U3 an derFuhlsbüttler Straße prüfen (Antrag der Fraktio-nen der SPD und der GRÜNEN)– Drs 21/13130 –]

Hierzu stelle ich nun zunächst fest, dass die in Zif-fer 1 der Empfehlungen erbetenen Kenntnisnah-men erfolgt sind.

Wer möchte sich dann Ziffer 2a der Empfehlungenanschließen, den bitte ich um das Handzeichen. –Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mitgroßer Mehrheit angenommen.

Wer auch Ziffer 2b der Empfehlungen annehmenmöchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. –Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch mitgroßer Mehrheit angenommen.

Wer möchte sich schließlich Ziffer 2c anschließen,den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegen-probe. – Enthaltungen? – Auch 2c ist angenom-men.

Punkt 20, das ist der Bericht des Stadtentwick-lungsausschusses: Hamburgs Wohnungsmarkt ef-fektiv entlasten – Endlich Potenziale von Dachauf-stockungen und Dachausbauten nutzen.

[Bericht des Stadtentwicklungsausschussesüber die Drucksache 21/6149:Hamburgs Wohnungsmarkt effektiv entlasten –Endlich Potenziale von Dachaufstockungenund Dachausbauten nutzen (Antrag der FDP-Fraktion)– Drs 21/13134 –]

Wer möchte hier Punkt a der Ausschussempfeh-lung folgen, den bitte ich um das Handzeichen. –Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist beinicht hundertprozentiger Teilnahme einstimmig an-genommen.

Wer stimmt darüber hinaus dem in Punkt b derEmpfehlungen enthaltenen Ersuchen zu, den bitteich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. –Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.

Punkt 22, Bericht des Stadtentwicklungsausschus-

5992 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

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ses: Bedeutende Bauwerke in Hamburg –Deutschlandhaus muss erhalten werden!

[Bericht des Stadtentwicklungsausschussesüber die Drucksache 21/12465:Bedeutende Bauwerke in Hamburg – Deutsch-landhaus muss erhalten werden! (Antrag derCDU-Fraktion)– Drs 21/13198 –]

Wer möchte hier der Ausschussempfehlung folgen,den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegen-probe. – Enthaltungen? – Damit ist die Aus-schussempfehlung mit großer Mehrheit angenom-men.

Punkt 23, der Bericht des Stadtentwicklungsaus-schusses: Nach fast einem Jahrzehnt die Einkom-mensgrenzen für Paragraf-5-Scheine anpassen –Zahl der Berechtigten für geförderten Mietwoh-nungsraum nicht künstlich klein halten!

[Bericht des Stadtentwicklungsausschussesüber die Drucksache 21/11247:Nach fast einem Jahrzehnt die Einkommens-grenzen für §-5-Scheine anpassen – Zahl derBerechtigten für geförderten Mietwohnungs-raum nicht künstlich klein halten! (Antrag derFraktion DIE LINKE)– Drs 21/13230 –]

Wer sich hier der Ausschussempfehlung anschlie-ßen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzei-chen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dasist mit Mehrheit angenommen.

Punkt 26, der Bericht des Innenausschusses: Af-ghanistan ist nicht sicher – Sofortiger humanitärerAbschiebestopp nach Afghanistan.

[Bericht des Innenausschusses über die Druck-sache 21/10224:Afghanistan ist nicht sicher – Sofortiger huma-nitärer Abschiebestopp nach Afghanistan (An-trag der Fraktion DIE LINKE)– Drs 21/13229 –]

Wer möchte sodann der Empfehlung des Innen-ausschusses folgen, den bitte ich um das Handzei-chen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dasist mit großer Mehrheit angenommen.

Punkt 30 der Tagesordnung, Antrag der AfD-Frak-tion: Änderung der Gebührenordnung für Amts-handlungen auf dem Gebiet des Waffenrechts:Keine Gebühren für Waffenbesitzer bei verdachts-

unabhängigen Kontrollen gemäß Paragraf 36 Ab-satz 3 Waffengesetz, wenn sich bei der entspre-chenden Kontrolle keine Verstöße ergeben.

[Antrag der AfD-Fraktion:Änderung der Gebührenordnung für Amts-handlungen auf dem Gebiet des Waffenrechts:Keine Gebühren für Waffenbesitzer bei ver-dachtsunabhängigen Kontrollen gemäß § 36Absatz 3 WaffG, wenn sich bei der entspre-chenden Kontrolle keine Verstöße ergeben– Drs 21/13240 –]

Die AfD-Fraktion möchte ihren Antrag federführendan den Innenausschuss sowie mitberatend an denAusschuss für Justiz und Datenschutz überweisen.

Wer möchte nun zunächst die Drucksache21/13240 an den Innenausschuss überweisen, denbitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenpro-be. – Enthaltungen? – Damit ist das Überwei-sungsbegehren abgelehnt.

Und wir stimmen dann über den Antrag der AfD-Fraktion aus der Drucksache 21/13240 in der Sa-che ab.

Wer möchte den Antrag annehmen, den bitte ichum das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Ent-haltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Punkt 36, Antrag der Fraktionen der SPD und derGRÜNEN: Weiter Verbesserungen im Mieter-schutz – Eine neue Verordnung für die Begren-zung von Mieterhöhungen erlassen, die Kappungs-grenzenverordnung.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ-NEN:Weiter Verbesserungen im Mieterschutz – Eineneue Verordnung für die Begrenzung von Miet-erhöhungen erlassen (Kappungsgrenzenver-ordnung)– Drs 21/13247 (Neufassung) –]

Die CDU-Fraktion möchte diesen Antrag an denStadtentwicklungsausschuss überweisen.

Wer möchte das auch, den bitte ich jetzt um dasHandzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltun-gen? – Damit ist das Überweisungsbegehren ab-gelehnt.

Und ich lasse über den CDU- und GRÜNEN An-trag aus der Drucksache …

(Zurufe)

– Habe ich jetzt Koalitionen geschaffen, die keinerwill?

(Zuruf: Ja!)

Okay.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5993

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

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(Beifall und Heiterkeit)

Dann lasse ich über den SPD- und GRÜNEN An-trag aus der Drucksache 21/13247 in der Neufas-sung in der Sache abstimmen.

Wer möchte sich diesem anschließen, den bitte ichnun um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. –Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit angenom-men.

Punkt 37, Antrag der Fraktionen der SPD und derGRÜNEN: Sanierungsfonds 2020: Sanitärbereichdes City Sporthafens erneuern – Hafen als Attrakti-on für Gäste und Hamburgerinnen und Hamburgererhalten.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ-NEN:Sanierungsfonds 2020: Sanitärbereich des CitySporthafens erneuern – Hafen als Attraktion fürGäste und Hamburgerinnen und Hamburger er-halten– Drs 21/13248 –]

Wer möchte diesen Antrag beschließen, den bitteich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. –Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen.

Punkt 39, Antrag der CDU-Fraktion: Damit die Inte-gration gelingt – Mehr Migranten fürs Ehrenamt ge-winnen, Integrationsbeirat reformieren.

[Antrag der CDU-Fraktion:Damit die Integration gelingt – Mehr Migrantenfürs Ehrenamt gewinnen, Integrationsbeirat re-formieren– Drs 21/13250 –]

Hierzu möchte die Fraktion DIE LINKE Ziffer 2 se-parat abstimmen lassen.

Wer möchte sodann den CDU-Antrag aus derDrucksache 21/13250 mit Ausnahme der Ziffer 2annehmen, den bitte ich jetzt um das Handzei-chen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit istdas abgelehnt.

Wer möchte dann Ziffer 2 folgen, den bitte ich jetztum das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltun-gen? – Damit ist Ziffer 2 abgelehnt.

Punkt 40, Antrag der CDU-Fraktion: Polizisten ent-lassen …

(Zuruf: Was?)

Polizisten entlasten –

(Heiterkeit)

Versprechen einlösen und Ausbildung von Ange-stellten im Polizeidienst verstärken.

[Antrag der CDU-Fraktion:Polizisten entlasten – Versprechen einlösenund Ausbildung von Angestellten im Polizei-dienst verstärken– Drs 21/13251 –]

Vonseiten der CDU-Fraktion liegt hierzu ein Antragauf Überweisung an den Innenausschuss vor.

Wer möchte diesem Überweisungsbegehren fol-gen, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Ge-genprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Über-weisungsbegehren abgelehnt.

Und wir kommen zur Abstimmung in der Sacheüber den CDU-Antrag aus der Drucksache21/13251.

Wer möchte sich diesem anschließen, den bitte ichum das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Ent-haltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Punkt 41, Antrag der CDU-Fraktion: Hochschulenstärken – Webseiten zum Studium endlich mehr-sprachig gestalten.

[Antrag der CDU-Fraktion:Hochschulen stärken – Webseiten zum Studi-um in Hamburg endlich mehrsprachig gestalten– Drs 21/13252 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion anden Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstel-lung überweisen.

Wer so verfahren möchte, den bitte ich nun um dasHandzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? –Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Und wir kommen zur Abstimmung in der Sache.

Wer möchte den Antrag der CDU aus der Drucksa-che 21/13252 annehmen, den bitte ich um dasHandzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltun-gen? – Damit ist der Antrag mit Mehrheit abge-lehnt.

Wir kommen zum Antrag der CDU-Fraktion: Hoch-schulen stärken – Hochschulwebseiten barrierefreiund für mobile Endgeräte nutzbar machen.

[Antrag der CDU-Fraktion:Hochschulen stärken – Hochschulwebseitenbarrierefrei und für mobile Endgeräte nutzbarmachen– Drs 21/13256 –]

5994 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

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Die CDU-Fraktion möchte ihren Antrag an denAusschuss für Wissenschaft und Gleichstellungüberweisen.

Wer möchte das auch, den bitte ich jetzt um dasHandzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltun-gen? – Damit ist das Überweisungsbegehren ab-gelehnt.

Und ich lasse nun über den CDU-Antrag aus derDrucksache 21/13256 in der Sache abstimmen.

Wer möchte sich diesem anschließen, den bitte ichum das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Ent-haltungen? – Damit ist der Antrag mit Mehrheit ab-gelehnt.

Und bevor ich jetzt noch mehr Polizisten entlasse,ist die Sitzung zu Ende. – Dankeschön.

Ende: 19.25 Uhr

Hinweis: Die mit * gekennzeichneten Redebeiträge wurden in der von der Rednerin beziehungsweise vomRedner nicht korrigierten Fassung aufgenommen.

In dieser Sitzung waren nicht anwesend: die Abgeordneten Jörg Hamann, Dorothee Martin, Cansu Özde-mir, Karin Timmermann, Michael Weinreich und Dr. Jens Wolf

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5995

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

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Anlage 1(siehe Seite 5955)

Namentliche Abstimmungüber die Empfehlung des Haushaltsausschusses zu den Ziffern 6.2 und 6.4 der Drucksache21/12516:Verkauf der mittelbar gehaltenen Anteile der Freien und Hansestadt Hamburg an der HSH NordbankAG mit Entwurf eines Gesetzes über die Kreditaufnahme und Auszahlungen an die HSH Finanz-fonds AöR im Zusammenhang mit der Veräußerung der HSH Nordbank AG und Änderung des Haus-haltsbeschlusses 2017/2018 (Senatsantrag)Drucksache 21/13330

Name AbstimmungsergebnisKazim Abaci Ja

Peri Arndt Ja

Ewald Aukes Ja

Ksenija Bekeris Ja

Dr. Stefanie von Berg Ja

Martin Bill Ja

Hendrikje Blandow-Schlegel Ja

Christiane Blömeke Ja

Sabine Boeddinghaus Nein

Ole Thorben Buschhüter Ja

Deniz Celik Nein

Matthias Czech Ja

Phyliss Demirel Ja

Gabi Dobusch Ja

Martin Dolzer Nein

Barbara Duden Ja

Olaf Duge Ja

Jennyfer Dutschke Ja

Dr. Kurt Duwe Ja

Detlef Ehlebracht Enthaltung

Henriette von Enckevort Ja

Mareike Engels Ja

Dr. Carola Ensslen Nein

David Erkalp Ja

Harald Feineis Ja

Dr. Ludwig Flocken Enthaltung

Martina Friederichs Ja

Anna Gallina Ja

Stephan Gamm Ja

Uwe Giffei Ja

Dennis Gladiator Ja

René Gögge Ja

Murat Gözay Ja

5996 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

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Name AbstimmungsergebnisNebahat Güçlü Ja

Birte Gutzki-Heitmann Ja

Norbert Hackbusch Nein

Astrid Hennies Ja

Dora Heyenn Ja

Jasmin Hilbring Ja

Danial Ilkhanipour Ja

Regina-Elisabeth Jäck Ja

Carl-Edgar Jarchow Ja

Stephan Jersch Nein

Hildegard Jürgens Ja

Annkathrin Kammeyer Ja

Gert Kekstadt Ja

Dr. Annegret Kerp-Esche Ja

Dirk Kienscherf Ja

Thilo Kleibauer Ja

Martina Koeppen Ja

Thomas Kreuzmann Ja

Annegret Krischok Ja

Dr. Jörn Kruse Enthaltung

Michael Kruse Ja

Gerhard Lein Ja

Joachim Lenders Ja

Uwe Lohmann Ja

Peter Lorkowski Ja

Gulfam Malik Ja

Jens Meyer Ja

Antje Möller Ja

Farid Müller Ja

Arno Münster Ja

Christel Nicolaysen Ja

Ralf Niedmers Ja

Dirk Nockemann Ja

Andrea Oelschläger Ja

Daniel Oetzel Ja

Dr. Christel Oldenburg Ja

Carsten Ovens Ja

Milan Pein Ja

Dr. Mathias Petersen Ja

Wolfhard Ploog Ja

Lars Pochnicht Ja

Jan Quast Ja

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5997

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Name AbstimmungsergebnisFranziska Rath Ja

Wolfgang Rose Ja

Jenspeter Rosenfeldt Ja

Dr. Monika Schaal Ja

Marc Schemmel Ja

Hansjörg Schmidt Ja

Frank Schmitt Ja

Christiane Schneider Nein

Markus Schreiber Ja

Sören Schumacher Ja

Jens-Peter Schwieger Ja

Karl Schwinke Ja

Richard Seelmaecker Ja

Ulrike Sparr Ja

Olaf Steinbiß Ja

Dr. Tim Stoberock Ja

Birgit Stöver Ja

Heike Sudmann Nein

Urs Tabbert Ja

Dennis Thering Ja

Dr. Carola Timm Ja

Juliane Timmermann Ja

Dr. Anjes Tjarks Ja

Dr. Sven Tode Ja

André Trepoll Ja

Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein Ja

Carola Veit Ja

Dr. Isabella Vértes-Schütter Ja

Hauke Wagner Ja

Karl-Heinz Warnholz Ja

Dietrich Wersich Ja

Michael Westenberger Ja

Dr. Alexander Wolf Enthaltung

Sylvia Wowretzko Ja

Ekkehard Wysocki Ja

Mehmet Yildiz Nein

Güngör Yilmaz Ja

5998 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018

Page 85: BÜRGERSCHAFT DERFREIENUNDHANSESTADTHAMBURG … · Bahn-LinieU5einschließlich einerSchnellbahnanbindung desHamburgerWestens zugleich StellungnahmedesSenatszu demErsuchenderBürger-schaftvom21.Januar2016

Anlage 2

Sammelübersicht gemäß § 26 Absatz 5 GO

für die Sitzung der Bürgerschaft am 13. Juni 2018

A. Kenntnisnahmen

TOP Drs-Nr.

Gegenstand

10 13099 Bürgerschaftliches Ersuchen vom 10. Mai 2017:"Sanierungsfonds Hamburg 2020 – Planungsmittel für die Sanierung der alten Druckereider JVA Fuhlsbüttel" – Drs. 21/8890

11 13101 Bürgerschaftliches Ersuchen vom 9. November 2016:"Hamburger Integrationsfonds (V): Integration durch kulturelle Teilhabe – Institutionender Stadtteilkultur und der Kinder- und Jugendkulturarbeit stärken" – Drs. 21/6473

12 13111 Bürgerschaftliches Ersuchen vom 14. Februar 2018:"Ausweichquartier der Fakultät für Geisteswissenschaft am Überseering 35 studier- undnutzerfreundlich ausgestalten" – Drs. 21/11850

13 13163 Bürgerschaftliches Ersuchen vom 15. Dezember 2016:"Sanierungsfonds Hamburg 2020: Förderung des Sports in Hamburg" – Drs. 21/7030

14 13189 Bürgerschaftliches Ersuchen vom 31. Januar 2018:"Umweltbelastung durch Zigarettenkippen verringern, Bewusstsein für Sauberkeit auchbei Raucherinnen und Rauchern fördern" – Drs. 21/11674

15 13129 Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration

24 13191 Bericht des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses

25 13225 Bericht des Ausschusses für Umwelt und Energie

27 13257 Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Gleichstellung

28 13258 Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Gleichstellung

B. Einvernehmliche Ausschussüberweisungen

TOP Drs-Nr. Gegenstand auf Antragder

Überweisung an

9 13128 Unterrichtung der Bürgerschaft über die Ergebnisse derMai-Steuerschätzung 2018

inter-fraktionell

Haushalts-ausschuss

34 13245 Die Städtepartnerschaften für Hamburg weiterentwickeln SPD,GRÜNEN

Europa-ausschuss

43 13254 Nutzung öffentlicher Infrastrukturbauwerke als Wärme-tauscherflächen für die Erdwärmenutzung

SPD,CDU,GRÜNEN,LINKEN

Ausschuss fürUmwelt undEnergie

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 79. Sitzung am 13. Juni 2018 5999