Caring–ein Recht für die Pflege und für die Patienten? · Was ist Caring? „tocare“ – sich...

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Caring – ein Recht für die Pflege und für die Patienten? Univ. Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer

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Caring – ein Recht für die Pflege

und für die Patienten?

Univ. Prof. Mag. Dr. Hanna Mayer

Zentrale Fragen

�Was ist Caring?

�Gibt es professionelle Pflege ohne Caring?

�Gibt es einen Anspruch auf Caring?

�Gibt es einen Anspruch darauf Caring auszuüben?

�Was bedeutet dies für die Ausgestaltung professioneller Pflege?

Was ist Caring?

„to care“ – sich sorgen um (emotional)

sorgen für (helfend handelnd)

Eine sorgende Beziehung = eine auf Emotion und Verständnis beruhende Beziehung

�Menschen sind von Sorge geleitete und von tätiger Sorge geprägte Wesen

�Caring ist die Voraussetzung für menschliches Überleben und für Heilung (Leiniger 2002)

�Caring = basic way of being in the world

�Sorge bietet Chance Hilfe zu leisten und Hilfe anzunehmen (Benner&Wrubel 1998)

Caring als theoretische Konzeption der Pflege

�Auf Florence Nightingale zurückgehend (Wurzeln der Pflege liegen in einer fürsorglichen und heilenden Beziehung, umschrieben durch den Begriff „caring“)

�In der US-amerikanischen pflegewissenschaftlichen Literaturwird zur Beschreibung der Arbeit des Pflegepersonals mit den PatientInnen meist der Begriff des Carings (Fürsorge) verwendet (zentraler Begriff der Selbstbeschreibung der Pflege)

z.B. E. Wiedenbach (1964), J. Watson (1979) M. Leiniger (1978), P. Benner & J.

Wrubel (1989), K. Swanson (1991)

Perspektiven auf Caring

�human trait (menschliche Eigenschaft)

�affect (Gefühl, Emotion)

�moral imperativ (moralisches Gebot)

�Interpersonal action (zwischenmenschliche Handlung)

�Therapeutic intervention (pflege-therapeutische Handlung)

(Morse et al. 1990)

Caring: Haltung, Wissen, Handlung

�Caring = sowohl eine Grundhaltung als auch konkrete Handlungen, die auf fachlicher und moralischer Kompetenz aufbauen (Martinsen, 1989)

�Care Praxis repräsentiert sich als Handlung und Haltung, die untrennbar miteinander verbunden sind

�Care Praxis beruht auf Kompetenz und Expertise (Kohlen 2016)

�Caring und Knowledge gehören zusammen (Spirig et al. 2016 )

Caring konzipiert sich

�über„expressive activities“ und „instrumental activities“ (Papastavrou et al. 2011)

�als Konstrukt bestehend aus:» Wissen und Fertigkeit („knowledge and skill“)» Vertrauen („assurance“)» Respekt / Rücksicht („respectfullness“)» Verbundenheit („connectedness“) (Wu et al., 2006)

The structure of caring

(Kristen Swanson 1991/1993)

Client Well-beingBeing with Enablig

Doingfor

Knowing

MaintainingBelief

intendedoutcome

therapeuticactions

Informed understandig of the clinical condition

and thesituation of the client

Philosophical attitudes

towards personsand the

designated client

Gibt es professionelle Pflege ohne Caring?

• Theoretische Konzeption

• Ethisch, moralische Anforderung

• Pflegerische Praxis

• Qualitäts-, bzw. Outcomekriterium

guter Pflege

Kernelement der Pflege als Disziplin und professioneller Pflegepraxis

Caring als Definitionsmerkmal der

Pflege als eigene Disziplin

Vier zentrale Definitionsmerkmale nach Meleis (2007), die die Perspektive der Pflege als Disziplin bestimmen sind:

�Nature of Nursing as a Human Science

�Practice aspects of Nursing�Caring relationships that nurses and patients develope

�Health and Wellness perspective

Von der Kunst der Pflege (des Pflegens) kann man sprechen, wenn Pflegende fähig sind

�Bedeutungen zu erfassen�Verbindungen mit den Patienten aufzunehmen (in Beziehung zu treten)�„kunstfertige“ Ausführung von Pflegetätigkeiten�den Verlauf von Handlungen mitbestimmen (Entscheidungen zu treffen)�Pflege moralisch richtig durchzuführen

�Pflege ist eine professionelle, helfende und heilkundliche Tätigkeit mit therapeutischer Funktion (Bartholomeyczik 2005)

�„Fürsorge im Sinne der Praxis Care ist ein konstitutives und notwendiges Element im Prozess der Pflege und eines pflegerischen Professionsverständnisses“ (Friesacher 2016, 63)

�„Wenn Caring als „sorgen, pflegen, helfen, kümmern“ verstanden werden kann, dann ist Caring Kernstück unseres beruflichen Handelns ..“ (Schnepp

2016, 81)

Gibt es einen Anspruch (ein Recht) auf Caring?Wenn Caring ein zentrales Element professioneller Pflege ist und PatientInnen Anspruch auf professionelle Pflegeleistung haben, dann haben sie auch einen Anspruch auf Caring.

Haben Pflegenden einen Anspruch darauf Caring zu leben (zu praktizieren)?

Wenn Caring ein zentrales Element professioneller Pflege ist, dann haben Pflegende vielmehr die Pflicht es zu tun! Wenn professionelle Pflege angeboten werden soll, dann ist das Ausüben einer Care-Praxis unabdingbar für qualitätsvolle Pflege.

Wo liegt das Problem?

• Feministische Caring Ansätze, die Machtfragen und Fragen der Ungleichheit in den Mittelpunkt stellen werden oft ignoriert.

• Caring bleibt oft auf der Ebene persönlicher Attribute stehen und wird nicht in institutionelle Prinzipien umgesetzt.

• Care Praxis setzt sich aus Werthaltungen, Einstellung, Kompetenzen und Expertise zusammen, institutionelle, sowie struktuerell-kulturelle Rahmenbedingungen bedingen die Umsetzung.

(Kohlen 2016)

Die Lösung .... ?

Personenzentrierte Pflege!

• Patientenorientierte Organisationsmodelle

» Personenzentrierung statt Institutionszentrierung

»Patientenprozesse statt Spitalsprozesse

• Fürsorgliche Führungspersonen/fürsorgendes Führen

• Shared Governance Kultur(Spirig et al 2016)

Einbezug von Überzeugungen und Werten der

Pat.

EngagementSensibilität

Holistische Pflege

Partizipative Entscheidungs-

findung

PERSONENBEZOGENE

VORAUSSETZUNGEN

• Professionelle Kompetenz• Entwicklung interpersoneller

Fähigkeiten• Eigenwahrnehmung• Klarheit durch Überzeugungen und

Werte• Arbeitsbindung

PERSONENZEN-

TRIERTE

OUTCOMES

CARE ENVIRONMENTDer Kontext in dem Pflege stattfindet

PERSONENZENTRIERTE OUTCOMES

• Positive Erfahrungen mit Pflege und Betreuung

• Einbezogen Sein in die Pflege und Betreuung

• Wohlbefinden• Eine gesunde Unternehmens-

/Organisationskultur vorfinden

UMGEBUNGSFAKTOREN

• Angemessener Skill –Mix• Ein System des Shared Decision making• Effektive Beziehungen im Team• Power-Sharing• Die physische Umgebung• Potential für Innovation• Unterstützende Systeme McCormack, B., & McCance, T. (2017)

Echtes menschliches

Expertentum basiert

auf Sorge. (...) Sorge

muss daher die Ziele

der Krankenpflege

prägen (Benner&Wrubel 1997, 421)

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Literatur

• Bartholomeyczik, S. (2005). Professionelle Pflege und Entscheidungsverantwortung: Ist pflegerisches Handeln heilkundliches Handeln? In: Pflegemagazin, 6. Jhg./2; 20-28

• Benner, P. & Wrubel, J. (1997). Pflege, Streß und Bewältigung. Gelebte Erfahrung von Gesundheit und Krankheit. Bern: Verlag Hans Huber.

• Conradi, Elisabeth (2001). Take Care. Grundlagen einer Ethik der Achtsamkeit. Springer, Frankfurt/Main

• Friesacher, H. (2016). Professionaliisierung und Caring – passt das überhaupt zusammen? In. Kleibel, V., Urban-Huser, K.; (Hg.) (2016)- Caring – Plicht oder Kür? Gestaltungsspielräume für eine fürsorgliche Pflegepraxis. Facultas, Wien, 55-71

• Kohlen, H. (2016). Plädoyer für einen widerständige Care-Praxis – Zur Entwicklung von Care-Ethiken im internationalen Vergleich und ihrem Status in der Pflege. In: Kleibel, V., Urban-Huser, K.; (Hg.) (2016)- Caring – Plicht oder Kür? Gestaltungsspielräume für eine fürsorgliche Pflegepraxis. Facultas, Wien, 15-26

• Kleibel, V., Urban-Huser, K.; (Hg.) (2016)- Caring – Plicht oder Kür? Gestaltungsspielräume für eine fürsorgliche Pflegepraxis. Facultas, Wien

• Leininger, M. (2002). Culture Care Theory: A Major Contribution to Advance Transcultural Nursing Knowledge and Practices. Journal of Transcultural Nursing, 13(3), 189-192.

• McCormack, B., & McCance, T. (2017). Person-centred practice in nursing and health care: theory and practice. Chichester, West Sussex: Wiley Blackwell.

• Meleis, A.I. (2007):Theoretical Nursing. Developement and Progress; Chapter 6: The Disciplineof Nursing: A Perspective, a Domaine and Defiitions

Literatur

• Morse, J., Solberg, S., Neander, W., Bottorff, J., Johnson, J. (1990). Concepts of caring and caring as a concept. Advanced Nursing Science, 13(1), 1-14.

• Papastavrou, E.; Efstathiou, G.; Charalambous, A. (2011). Nurses‘ and patients‘ perceptions of caring behaviours: quantitative systematic review of comparative studies. Journal of Advanced Nursing, 67(6), 1191-1205

• Schnepp, W. (2016). Caring – ein Stiefkond in der deutschsprachigen Pflegewissenschaft?. In: Kleibel, V., Urban-Huser, K.; (Hg.) (2016)- Caring – Plicht oder Kür? Gestaltungsspielräume für eine fürsorgliche Pflegepraxis. Facultas, Wien, 72-82

• Spirig, R., Bruni, K., Meier, M., Meyer Hänel, P., Staudacher, D. (2016) . Zuerst der Patient! Caring und konsequente Patioentenorientierungn – eine zukunftswichtige Kombination. In. Kleibel, V., Urban-Huser, K.; (Hg.) (2016)- Caring – Plicht oder Kür? Gestaltungsspielräume für eine fürsorgliche Pflegepraxis. Facultas, Wien, 27-38

• Swanson, K. M. (1991). Empirical Development of a Middle Range Theory of Caring. Nursing Research, 40(3), 161-166.

• Swanson, K. M. (1993). Nursing as Informed Caring for the Well-Being of Others. Journal of Nursing Scholarship, 25(4), 352-357.

• Watson, J. (1988). Nursing: Human science and human care. A theory of nursing. New York: National League for Nursing

• Wu, Y., Larrabee, J.,Putmann, H. (2006). Caring Behaviours Inventory: A reduction of the 42-Items Instrument. Nursing Research, 55 (1), 18-25