Chance für den Finanzplatz Schweiz

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BILD: KEY/GAETAN BALLY KOMMUNIKATION Chance für den Finanzplatz Schweiz E nde letzten Monats war die Kata- strophe perfekt: Pierre Mirabaud, der rührige Präsident der Schwei- zerischen Bankiervereinigung, rastete in der Debatte um die Hetzjagd nach Steuerflüchtlingen aus und verglich das aktuelle Vorgehen des deutschen Staa- tes mit Gestapomethoden. Die Folge: Die Schweiz wurde von Ex-Bundesfi- nanzminister Hans Eichel als «grösster Bremser im Kampf gegen Steuerhinter- ziehung» abgekanzelt und geriet in den deutschen Medienstrudel. Danach ging die Bankiervereinigung erst einmal auf Tauchstation (vgl. S. 3). Internationale Allianzen formen «So nicht», sind sich Kommunika- tionsexperten einig. Will der Finanz- platz Schweiz seinen guten Ruf nach- haltig bewahren, ist jetzt Besonnen- heit gefragt. «Die Kommunikation hat weder offensiv noch defensiv und schon gar nicht emotionell zu erfol- gen, sondern proaktiv, strategisch und inhaltlich gut überlegt sowie konzer- tiert», fasst Ralph Spillmann, Mana- ging Partner bei der PR-Agentur Com- municators, zusammen. Das heisst laut Roman Geiser, CEO von Burson Marsteller Schweiz, in ers- ter Linie, die politisch-diplomatischen Beziehungen spielen zu lassen statt sich ein unkoordiniertes Medien- Pingpong zu liefern. «Wir müssen wie- der Allianzen bilden und andere für uns sprechen lassen, etwa Luxemburg oder andere Staaten mit einem guten Verständnis für Steuerwettbewerb», ist er überzeugt. Auf keinen Fall dürfe es geschehen, dass die Schweiz plötzlich allein dastehe und von der EU ge- schlossen attackiert werde. «Es ist dabei Eleganz in der Ver- handlung gefordert: nämlich Zurück- haltung, die Fähigkeit zuzuhören und ein souveräner Ausdruck», findet auch PR-Berater Klaus J. Stöhlker. Als Vor- bild für die Schweiz nennt er Luxem- burgs Premier Jean-Claude Juncker. «Vor lauter Anwürfen darf nicht ver- gessen werden, wie gut der Schweizer Finanzplatz in Wirklichkeit funktio- niert und wie viele Vorteile er gegen- über den Mitbewerbern hat», findet Andreas Thommen, Partner der Hirzel Neef Konsulenten. Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Zu- verlässigkeit und Kompromissfähig- keit sind nach Ansicht der Kommuni- kationsprofis die Schlüsselbotschaften. Auch die Tatsache, dass das Bankkun- dengeheimnis dem heutigen allge- meinen Rechtsempfinden entspreche und dass in diesem Bereich internatio- nale Rechtshilfevereinbarungen ge- schlossen wurden, sei zu kommuni- zieren. «Das Bankkundengeheimnis dient der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung und nicht Kriminellen», sagt Thommen. Nach Ansicht Königs gilt es zudem, das divergierende Staatsverständnis zwischen Deutschland und der Schweiz immer wieder zu erklären. «Wir können schliesslich nichts dafür, dass in Deutschland Steuern von oben verordnet werden und hierzulande der Souverän über Ausgaben und Ein- nahmen abstimmt. Das kann aber eine Chance sein, die Demokratiebotschaft gegenüber dem Ausland zu kommuni- zieren», glaubt auch Geiser. Nicht zu- letzt soll laut den Experten auch die volkswirtschaftliche Bedeutung der Schweiz ins Feld geführt werden. Wer führt die Kommunikation an? Uneinigkeit herrscht darüber, wer die Kommunikationsführerschaft über- nehmen soll. «Die einzelnen Institute sollten sich so weit wie möglich zu- rückhalten und sich fallweise mit ih- ren Dachorganisationen absprechen», empfiehlt Spillmann. Daneben seien der Bundesrat sowie die Aussenstellen der Schweizer Diplomatie gefordert. König und Thommen dagegen wollen die Kommunikation breiter abgestützt wissen. Stöhlker wiederum warnt: «Es fehlt zurzeit in der Schweiz eine Kommuni- kationspersönlichkeit mit Ausstrah- lung.» Das biete Angriffsfläche. Er führt die Misere auf die zunehmende Inter- nationalisierung der Bankspitzen und das allgemeine politische Desinter- esse der Finanzbranche zurück. « Eine gute Kommunika- tion könnte die auslän- dische Kritik in der Liech- tensteiner Steueraffäre zur Chance für den Finanzplatz Schweiz machen. Das sagen die führenden PR-Experten im Land. ELISABETH RIZZI Zukunftsweisend? Die erste Reaktion auf die Steueraffäre war es nicht. BANKGEHEIMNIS 13 SCHWEIZER BANK | APRIL 2008

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Ende letzten Monats war die Katastrophe perfekt: Pierre Mirabaud, der rührige Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, rastete in der Debatte um die Hetzjagd nach Steuerflüchtlingen aus und verglich das aktuelle Vorgehen des deutschen Staates mit Gestapomethoden

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Chance für den Finanzplatz Schweiz

Ende letzten Monats war die Kata­strophe perfekt: Pierre Mirabaud, der rührige Präsident der Schwei­

zerischen Bankiervereinigung, rastete in der Debatte um die Hetzjagd nach Steuerflüchtlingen aus und verglich das aktuelle Vorgehen des deutschen Staa­tes mit Gestapomethoden. Die Folge: Die Schweiz wurde von Ex­Bundesfi­nanzminister Hans Eichel als «grösster Bremser im Kampf gegen Steuerhinter­ziehung» abgekanzelt und geriet in den deutschen Medienstrudel. Danach ging die Bankiervereinigung erst einmal auf Tauchstation (vgl. S. 3).

Internationale Allianzen formen«So nicht», sind sich Kommunika­

tionsexperten einig. Will der Finanz­platz Schweiz seinen guten Ruf nach­haltig bewahren, ist jetzt Besonnen­heit gefragt. «Die Kommunikation hat weder offensiv noch defensiv und schon gar nicht emotionell zu erfol­gen, sondern proaktiv, strategisch und inhaltlich gut überlegt sowie konzer­tiert», fasst Ralph Spillmann, Mana­ging Partner bei der PR­Agentur Com­municators, zusammen.

Das heisst laut Roman Geiser, CEO von Burson Marsteller Schweiz, in ers­ter Linie, die politisch­diplomatischen Beziehungen spielen zu lassen statt sich ein unkoordiniertes Medien­Pingpong zu liefern. «Wir müssen wie­der Allianzen bilden und andere für uns sprechen lassen, etwa Luxemburg oder andere Staaten mit einem guten Verständnis für Steuerwettbewerb», ist er überzeugt. Auf keinen Fall dürfe es geschehen, dass die Schweiz plötzlich allein dastehe und von der EU ge­schlossen attackiert werde.

«Es ist dabei Eleganz in der Ver­handlung gefordert: nämlich Zurück­haltung, die Fähigkeit zuzuhören und ein souveräner Ausdruck», findet auch PR­Berater Klaus J. Stöhlker. Als Vor­

bild für die Schweiz nennt er Luxem­burgs Premier Jean­Claude Juncker. «Vor lauter Anwürfen darf nicht ver­gessen werden, wie gut der Schweizer Finanzplatz in Wirklichkeit funktio­niert und wie viele Vorteile er gegen­über den Mitbewerbern hat», findet Andreas Thommen, Partner der Hirzel Neef Konsulenten.

Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Zu­verlässigkeit und Kompromissfähig­keit sind nach Ansicht der Kommuni­

kationsprofis die Schlüsselbotschaften. Auch die Tatsache, dass das Bankkun­dengeheimnis dem heutigen allge­meinen Rechtsempfinden entspreche und dass in diesem Bereich internatio­nale Rechtshilfevereinbarungen ge­schlossen wurden, sei zu kommuni­zieren. «Das Bankkundengeheimnis dient der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung und nicht Kriminellen», sagt Thommen.

Nach Ansicht Königs gilt es zudem, das divergierende Staatsverständnis zwischen Deutschland und der Schweiz immer wieder zu erklären. «Wir können schliesslich nichts dafür, dass in Deutschland Steuern von oben verordnet werden und hierzulande der Souverän über Ausgaben und Ein­nahmen abstimmt. Das kann aber eine Chance sein, die Demokratiebotschaft gegenüber dem Ausland zu kommuni­zieren», glaubt auch Geiser. Nicht zu­letzt soll laut den Experten auch die volkswirtschaftliche Bedeutung der Schweiz ins Feld geführt werden.

Wer führt die Kommunikation an?Uneinigkeit herrscht darüber, wer

die Kommunikationsführerschaft über­nehmen soll. «Die einzelnen Institute sollten sich so weit wie möglich zu­rückhalten und sich fallweise mit ih­ren Dachorganisationen absprechen», empfiehlt Spillmann. Daneben seien der Bundesrat sowie die Aussenstellen der Schweizer Diplomatie gefordert. König und Thommen dagegen wollen die Kommunikation breiter abgestützt wissen.

Stöhlker wiederum warnt: «Es fehlt zurzeit in der Schweiz eine Kommuni­kationspersönlichkeit mit Ausstrah­lung.» Das biete Angriffsfläche. Er führt die Misere auf die zunehmende Inter­nationalisierung der Bankspitzen und das allgemeine politische Desinter­esse der Finanzbranche zurück. «

Eine gute Kommunika-tion könnte die auslän-

dische Kritik in der Liech-tensteiner Steueraffäre

zur Chance für den Finanzplatz Schweiz

machen. Das sagen die führenden PR-Experten

im Land.

ElIsAbEth RIzzI

Zukunftsweisend? Die erste Reaktion auf die Steueraffäre war es nicht.

Bankgeheimnis

13SCHWEIZER BANK | apRIL 2008