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Fragenbeantwortung unter www.falkfoundation.de Falk Gastro-Kolleg Falk Gastro-Kolleg 2/2019 | 1 Prof. Dr. Stefan Fichtner-Feigl Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie Department Chirurgie Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Str. Freiburg Prof. Dr. Stefan Fichtner-Feigl Falk Gastro-Kolleg Leber und Gallenwege Chirurgische Therapie (synchroner) kolorektaler Lebermetastasen Zusammenfassung Darmkrebs (kolorektales Karzinom) ist eine der häufigsten krebsbedingten Todesursachen. Bei ungefähr 25% der Patienten mit einem kolorektalen Karzinom können bereits bei Erst- diagnose Lebermetastasen nachgewiesen werden und insgesamt entwickeln ca. 50% der Patienten Lebermetastasen während ihres Krankheitsverlaufs. Bei etwa einem Drittel der Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom sind die Metastasen auf die Leber beschränkt. In den letzten 2 Jahrzehnten konnte das kurative Potenzial der chirur- gischen Resektion kolorektaler Lebermetastasen immer weiter determiniert werden. Auch primär als irresektabel eingestufte Lebermetastasen können im Rahmen eines multimodalen Therapieregimes sekundär in kurativer Intention reseziert werden. Zu diesen multimodalen Therapieregimen gehört zusätzlich zur Resektion die Durch- führung einer intensivierten Polychemotherapie, gegebenenfalls in Kombination mit einer Immuntherapie. Um eine hohe Effektivität der Behandlung erreichen zu können, ist eine genaue Selektion der Patienten, die mit diesen Schemata behandelt werden können und für die eine potenziell kurative Resektion der Lebermetastasen möglich ist, obligatorisch. Hierbei ist ein multidisziplinärer Therapieansatz der beste Weg für ein angemessenes Patientenmanagement. Schlüsselwörter Leberresektion | multimodale Therapie | neoadjuvante Chemotherapie | „Reverse Strategy“ Titelbild: Darstellung der Lebermetastasen in der Computertomografie (Quelle: Universitätsklinikum Freiburg)

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Leber und Gallenwege

Chirurgische Therapie (synchroner) kolorektaler LebermetastasenZusammenfassung

Darmkrebs (kolorektales Karzinom) ist eine der häufigsten krebsbedingten Todesursachen. Bei ungefähr 25% der Patienten mit einem kolorektalen Karzinom können bereits bei Erst - diagnose Lebermetastasen nachgewiesen werden und insgesamt entwickeln ca. 50% der Patienten Lebermetastasen während ihres Krankheitsverlaufs. Bei etwa einem Drittel der Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom sind die Metastasen auf die Leber beschränkt. In den letzten 2 Jahrzehnten konnte das kurative Potenzial der chirur -gischen Resektion kolorektaler Lebermetastasen immer weiter determiniert werden. Auch primär als irresektabel eingestufte Lebermetastasen können im Rahmen eines multimodalen Therapieregimes sekundär in kurativer Intention reseziert werden. Zu diesen multimodalen Therapieregimen gehört zusätzlich zur Resektion die Durch-führung einer intensivierten Polychemotherapie, gegebenenfalls in Kombination mit einer Immuntherapie. Um eine hohe Effektivität der Behandlung erreichen zu können, ist eine genaue Selektion der Patienten, die mit diesen Schemata behandelt werden können und für die eine poten ziell kurative Resektion der Lebermetastasen möglich ist, obligatorisch. Hierbei ist ein multidisziplinärer Therapieansatz der beste Weg für ein angemessenes Patienten management.

Schlüsselwörter

Leberresektion | multimodale Therapie | neoadjuvante Chemotherapie | „Reverse Strategy“

Titelbild: Darstellung der Lebermetastasen in der Computertomografie (Quelle: Universitätsklinikum Freiburg)

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Chirurgische Therapie (synchroner) kolorektaler Lebermetastasen

Einleitung

Der am häufigsten eingesetzte kurative Therapieansatz bei kolorektalen Lebermetas-tasen ist die operative Resektion der metastatischen Herde in der Leber [1–4]. Bei der großen Individualität der Befallsmuster sind bis dato keine strengen Kriterien zur Resektabilität von Lebermetastasen definiert. Die Resektionen haben das Ziel eine R0-Situation zu erreichen und dabei genügend funktionelles Restlebergewebe zu er-halten [5]. Bei kolorektalen Lebermetastasen kann die Heilungs rate erhöht werden, indem die chirurgische Resektion mit prä-, inter- und postoperativen Verfahren kom-biniert wird, die das funktionelle Restlebergewebe vergrößern oder auch Tumorherde lokal-ablativ therapieren. Bei synchron detektierten kolorek talen Lebermetastasen (Stadium IV) gibt es verschiedene Möglichkeiten die Sequenz der Therapieschritte zu gestalten. Hierbei muss für jeden Patienten individuell ein Konzept erstellt werden, das die Resektion des Primarius, die Resektion der Metastasen und die perioperative Chemotherapie, gegebenenfalls gepaart mit Radiotherapie, beinhaltet. Diese kom-plexen Überlegungen zur Resektion kolorektaler Lebermetastasen werden in den nächsten Abschnitten dargestellt.

Resektion

Die chirurgische Resektion ist der Standard der kurativen Therapie kolorektaler Leber-metastasen. In erfahrenen Zentren für hepatobiliäre Chirurgie können diese oftmals ausgedehnten operativen Eingriffe mit niedriger postoperativer Mortalität (< 3%) durchgeführt werden [6–8]. Die Resektionen können sich anhand der vorgegebenen anatomischen Strukturen (anatomische Resektion) oder individuell anhand der Tumorlokalisation (atypische Resektion) orientieren.

Anatomische ResektionBei diesen Resektionen werden einzelne oder mehrere zusammenhängende Leber-segmente oder auch ein gesamter Leberlappen entfernt. Hierbei wird ein funktionell autonomer Parenchymbezirk entfernt, der von einem zugehörigen Pedikel (Ast der Arteria hepatica, Ast der Vena portae und Ast des Ductus hepaticus) versorgt wird. Somit definieren sich die Resektionslinien durch die entsprechende Blutversorgung (Zufluss und Abfluss) und die Gallendrainage der einzelnen Segmente oder des Lap-pens. Vaskuläre Strukturen (Arterien, Venen und Pfortaderäste) und auch Gallengangs-strukturen werden bei anatomischen Resektionen ursprungsnah durchtrennt und die Segmente vor der Parenchymdissektion vaskulär ausgeschaltet. Erschwerend kommt hinzu, dass vaskuläre und biliäre Strukturen über die Segmentgrenzen hinaus Verzwei-gungen haben, sodass diese Strukturen bei der Parenchymdissektion freipräpariert und durchtrennt werden müssen. Bei den anatomischen Resektionen werden sektor-orientierte Resektionen (Hemihepatektomie rechts oder links, linkslaterale und rechts-posteriore Sektorektomie, zentrale Sektorektomie und rechts- oder linksseitige Trisekto r-ektomie) und segmentorientierte Resektionen (Mono-, Bi- und Polysegmentektomie in verschiedenen Kombinationen) unterschieden.

Atypische ResektionDiese Art der Resektion orientiert sich anhand der Lokalisation der Metastasen und wird zumeist bei randnah gelegenen Tumorformationen vorgenommen. Durch die prä- und intraoperative Diagnostik müssen hierbei größere intrahepatische vaskuläre Strukturen detektiert und deren Verletzung vermieden werden. Bei multiplen Metas-tasen in enger Lagebeziehung können bei atypischen Resektionen ungeachtet der anatomischen Strukturen Segmentgrenzen überschritten und somit Tumorfreiheit erreicht werden.

Bei allen Verfahren soll eine komplette Tumorentfernung und dabei eine Kontrolle von Blutungen und Galleleckagen aus der Resektionsfläche erzielt werden.

P Es können anatomische oder atypische Resektionen angewendet werden. Nach der Resektion muss ausreichend funktionstüchtiges Lebergewebe in situ verbleiben.

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Um nach der Operation eine ausreichende Leberfunktion zu haben, darf ein kritisches Volumen der Restleber nicht unterschritten werden. Das postoperative Lebervolumen soll bei gesundem Leberparenchym mindestens 20–30%, bei Steatosis hepatis und neoadjuvanter Chemotherapie 30–40% und bei zirrhotischem Leberparenchym > 40% betragen, um ein Leberversagen mit Sistieren der metabolischen und synthetischen Funktionen zu vermeiden [9, 10]. Die Regenerationsfähigkeit nimmt mit den struktu-rellen Veränderungen des Leberparenchyms kontinuierlich ab. Moderne Leberfunk-tionstests können helfen die Entscheidung zum Resektabilitätsausmaß patienten-individuell anzupassen und somit das Komplikationsrisiko zu reduzieren. Im Rahmen multimodaler Therapieregime wird eine neoadjuvante Polychemotherapie durchge-führt, sodass der Schonung des restlichen Leberparenchyms eine große Bedeutung zu-kommt. Die neoadjuvante Chemotherapie ist in der Lage primär irresektable kolorek-tale Lebermetastasen zur sekundären Resektabilität zu führen. Gleichzeitig treten durch die neoadjuvante Chemotherapie jedoch auch hepatische Strukturveränderun-gen auf, die das perioperative Morbiditätsrisiko erheblich erhöhen. Hierbei sind ins-besondere die sinusoidale Obstruktion, periportale Entzündungsreaktionen und die Steatohepatitis zu erwähnen. Das Komplikationsrisiko bei Leberresektionen steigt mit der Anzahl der neoadjuvant verabreichten Chemotherapiezyklen kontinuierlich an.

Synchrone Lebermetastasierung

Bei ungefähr 25% der Patienten mit kolorektalem Karzinom können bereits bei Erst-diagnose Lebermetastasen nachgewiesen werden, was komplexe Therapiesequenzen notwendig macht, um diese Patienten individuell bestmöglich zu behandeln.

Bei Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen besteht der klassische Ansatz in der Resektion des Primärtumors mit anschließender Chemotherapie und nachfolgen-der Leberresektion. Ein Problem bei diesem Ansatz ist das Fortschreiten der metasta-tischen Lebererkrankung in der frühen postoperativen Phase oder eine Verzögerung der Behandlung aufgrund von postoperativen Komplikationen durch die initiale Ope-ration des Primarius. Nur 10–15% der Primärtumoren zeigen eine lokale Symptomatik, jedoch liegt die Rate einer hepatischen Intervallprogression bei ca. 30–40%, sodass in diesem Ansatz die prognostisch hochrelevante Lebermetastasierung nicht adäquat therapiert zu sein scheint [11]. Kritisch zu beurteilen ist hierbei sicherlich der therapeu-tische Nutzen einer Leberresektion bei Patienten mit ausgeprägter hepatischer Inter-vallprogression, welche eine sehr aggressive Tumorbiologie darstellt. Diese Situation ist bis dato nicht abschließend geklärt.

Oftmals kann in diesen Stadium-IV-Situationen für die Patienten eine simultane Resektion als einzeitiges Vorgehen sinnvoll sein. Diese Strategie erreicht auf dem schnellsten Weg eine Tumorfreiheit hinsichtlich Primarius und Lebermetastasierung, jedoch sind nicht alle Patienten für einen kombinierten Ansatz geeignet. Generell ist darauf zu achten, dass die simultane Resektion eines linksseitigen Primarius nicht mit einer Majorleberresektion einhergeht [12]. Diese Entscheidungen sind sehr individuell und müssen in Konspekt mit dem Komorbiditätsspektrum und den anatomischen Gegebenheiten in jeder einzelnen Situation spezifisch getroffen werden. Potenziell erscheint eine simultane Resektion risikoreicher als die Durchführung sequenzieller Operationen zu sein. Eine Metaanalyse zu diesem Thema mit insgesamt 4494 unter-suchten Patienten ergab jedoch keinen signifikanten Unterschied in der Mortalität oder Morbidität bei Patienten mit synchronen Resektionen im Vergleich zu sequenziell operierten Patienten [13, 14]. Im Detail kann man jedoch sagen, dass eine simultane Resektion bei Patienten sicher ist, die sich einer kolorektalen Resektion in Kombina-tion mit einer Minorleberresektion unterziehen. Es gibt bislang wenige Daten, die die Sicherheit einer simultanen Operation einer risikoreichen kolorektalen Operation in Kombination mit einer Majorleberresektion darlegen könnte. Diese operative The-rapiestrategie sollte sicherlich nur im begründeten Einzelfall angewendet werden. Mehrere systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen zeigen für beide The-rapieansätze in Bezug auf simultane versus sequenzielle Resektionen ähnliche kurz-fristige Ergebnisse hinsichtlich Morbidität und Mortalität.

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In den letzten Jahren hat sich die Herangehensweise bei synchron hepatisch metas-tasiertem kolorektalem Karzinom stark verändert, indem die sogenannte „Reverse Strategy/Liver First Strategy“ weitverbreitet angewendet wird (Abb. 1). Die „Re-verse Strategy“ umfasst 3–6 Zyklen einer neoadjuvanten Polychemotherapie, gefolgt von der Leberresektion und anschließender Resektion des Primärtumors als sequenzielles Verfahren. Die Rationale hierbei fußt auf der Annahme, dass die neoadjuvante syste-mische Polychemotherapie die metastasierte Krankheit kontrolliert, Mikrometastasen gegebenenfalls beseitigt und somit zu einem onkologischen Vorteil für die Patienten führt. Zusätzlich kann mit der primären systemischen Polychemotherapie oftmals eine sekundär resektable Situation erreicht werden. Die „Reverse Strategy“ kann sich besonders beim hepatisch metastasierten Rektumkarzinom als nützlich erweisen, da eine Intervallprogression der Lebererkrankung auftreten kann, während sich die Pa-tienten einer präoperativen Langzeit-Radiochemotherapie unterziehen (Abb. 2).

Synchron hepatisch metastasiertes Kolonkarzinom

resektabel

symptomatisch

Prim

ariu

sC

RCLM

asymptomatisch

synchroneResektion

oder oder

Primariusfirst

Liverfirst

ResektionPrimarius

ResektionPrimarius

potenziellresektabel

ResektionPrimarius

interstageCTx

sekundäreLeber-

resektion

nichtresektabel

ResektionPrimarius

resektabel

synchroneResektion

potenziellresektabel

neoadjuv.CTx

Liverfirst

ResektionPrimarius

nichtresektabel

(palliative)CTx

ggf. ResektionPrimarius

(palliative)CTx

Re-Evaluation

Re-Evaluation

P Die „Reverse Strategy“ ist bei asymptomatischem Primarius die Strategie der Wahl bei einem synchron hepatisch metastasierten kolorektalen Karzinom.

Abb. 1

Abb. 2

Synchron hepatisch metastasiertes Rektumkarzinom

resektabel

lokal begrenzt / low risk

Prim

ariu

sC

RCLM

lokal fortgeschritten / high risk

synchroneResektion

oder

oder

Liverfirst

ResektionPrimarius

potenziellresektabel

neoadjuv.CTx

Liverfirst

ResektionPrimarius

nichtresektabel

(palliative)CTx

Re-Evaluation

resektabel

neoadjuv.R-CTx

synchroneResektion

Liverfirst

potenziellresektabel

neoadjuv.R-CTx

Liverfirst

ResektionPrimarius

nichtresektabel

(palliative)CTx

ResektionPrimarius

Re-Evaluation

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Systemischer Lymphknotenbefall bei kolorektalen Karzinomen

Bei einer extrahepatischen Tumormanifestation (extrahepatic disease, EHD) besteht eine schlechtere Prognose. Die häufigsten Lokalisationen einer EHD bei einem kolo-rektalen Karzinom sind: Lymphknoten, Lunge, Peritoneum, Gehirn und Knochen. Eine EHD stellt nach derzeitigem Kenntnisstand keine Kontraindikation für die Metastasen-resektion dar. Die Patienten haben postoperativ ein längeres krankheitsfreies Über-leben und 5-Jahres-Überlebensraten im Vergleich zu denen, die ohne kombinierte operative Therapie chemotherapiert werden. Das Gesamtüberleben nach der Lymph-knotenmetastasenresektion unterscheidet sich je nach Lokalisation und Anzahl der befallenen Lymphknoten. Hierbei haben die Patienten nach Resektion von Lymph-knotenmetastasen im Bereich des Leberhilus eine bessere Prognose als Patienten mit Lymphknotenmetastasen am Truncus coeliacus und Patienten mit interaortokavalen/paraaortalen Lymphknotenmetastasen. Zusätzlich ist zu erwähnen, dass mediastinale Lymphknotenmetastasen zu einem schlechteren medianen Überleben führen als intrathorakale Lymphknotenmetastasen [15]. Die Patienten mit einem Lymphknoten-befall außerhalb der lokoregionären Lymphknotenstationen können in einem multi-modalen Therapieregime einer systematischen Lymphadenektomie unterzogen wer-den, sofern die Operation perioperativ von einer Polychemotherapie begleitet wird.

Patientenselektion vor Leberresektion

Die Entscheidung darüber, wer in der klinischen Praxis resezierbar ist, bleibt schwierig und muss von einem erfahrenen Leberchirurgen getroffen werden. Veraltet und sicher-lich nicht ausreichend ist die historische Einschätzung der Resektabilität, nach der Pa-tienten als resektabel eingestuft werden, bei denen die Metastasierung auf die Leber – am besten auf einen Leberlappen – beschränkt ist, (idealerweise) metachron nach einer kurativen Resektion des Primärtumors aufgetreten ist, weniger als 3 Metastasen aufweist, von denen die größte < 5 cm im Durchmesser ist, und der Resektionsab-stand im gesunden Lebergewebe mindestens 1 cm Abstand zur Metastase hat [16, 17]. Diese Einschätzungskriterien würden die potenziell resektablen Patienten auf we-niger als 10% der Patienten mit hepatischer Metastasierung eines kolorektalen Karzi-noms reduzieren. Zudem können Mehrfachresektionen sicher durchgeführt werden, wenn genügend gesunde Restleber vorhanden ist und die Risiken einer Operation nicht zu groß sind. Der Überlebensvorteil nach wiederholter Resektion erscheint ähn-lich wie nach der ersten Leberresektion. Problematisch bleibt weiterhin, dass die Kri-terien für die Resektabilität kolorektaler Lebermetastasen nicht standardisiert werden können und maßgeblich von der Erfahrung des Leberchirurgen und des multidiszipli-nären Teams abhängen.

Therapieansprechen und Rezidive

Ungefähr 60% der Patienten entwickeln innerhalb der ersten 2 Jahre nach der Leber-metastasenresektion ein Rezidiv. Es wurden mehrere Scoringsysteme entwickelt, um Patienten mit schlechten Ergebnissen vorherzusagen. Zu dieser Einschätzung wird häufig der Fong-Score verwendet, der 5 prognostische Variablen umfasst: ein Prima-rius mit Lymphknotenmetastasierung, ein krankheitsfreies Intervall von Primärtumor zu Lebermetastasen < 12 Monate, mehr als 1 Leberläsion, die größte Leberläsion > 5 cm und ein carcinoembryonales Antigen (CEA) > 200 ng/ml. Eine Punktzahl ≤ 2 prognos-tiziert günstige Ergebnisse, während eine Punktzahl von 3–5 ein frühes Rezidiv vor-hersagt [18]. Im Zeitalter der hocheffektiven systemischen Polychemotherapie mit Antikörpertherapie ist die Einschätzung mittels Fong-Score sehr fehlerbehaftet und nicht mehr zeitgemäß, da das Ansprechen auf die Polychemotherapie den Therapie-erfolg maßgeblich beeinflusst.

In der LiverMetSurvey wurde bei 10% der Patienten ein frühes intrahepatisches Rezidiv beobachtet und diese Gruppe zeigte insgesamt eine viel schlechtere 5-Jahres-Über-lebensrate von 26%. Die Risikofaktoren für das frühe Rezidiv waren ein pT3/4-Primarius, ein synchrones Auftreten von Lebermetastasen, mehr als 3 Lebermetastasen, ein po-sitiver Resektionsrand bei Lebermetastasenresektion und die intraoperative Kombi-

P Eine systematische Lymph aden­ektomie kann im Rahmen einer multi modalen Therapie durchgeführt werden.

P Die Patientenselektion ist wichtig und muss von einem erfahrenen Leberchirurgen nach ausführlicher Diagnostik und klinischer Untersuchung durchgeführt werden.

P Hochrisikosituationen für ein Rezidiv müssen definiert und entsprechenden Therapieregimen zugeführt werden.

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nation mit einer Radiofrequenzablation [19]. Als Konsequenz konnte dabei erarbeitet werden, dass eine adjuvante Chemotherapie, ein gutes Ansprechen auf eine präopera-tive Chemotherapie und die Verwendung von intraoperativer Sonografie das Rezidiv-risiko nachhaltig reduzieren konnten.

Fazit

Die Resektion kolorektaler Lebermetastasen ist die kurative Therapieoption für Patien-ten mit synchronen und metachronen Lebermetastasen. Multimodale Therapieregime müssen hierbei zur Anwendung kommen, um die Resektabilitätsraten zu erhöhen. Die Vorstellung in einem Zentrum für Leberchirurgie ist zwingend notwendig, sodass die Resektabilität endgültig eingeschätzt werden kann.

InteressenkonfliktDer Autor erklärt, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Zu empfehlende Literatur

1 de Jong MC, Pulitano C, Ribero D, Strub J, Mentha G, Schulick RD, et al. Rates and patterns of recurrence following curative intent surgery for colorectal liver metastasis: an international multi-institutional analysis of 1669 patients. Ann Surg. 2009;250(3):440–8.

2 Mavros MN, de Jong M, Dogeas E, Hyder O, Pawlik TM. Impact of complications on long-term survival after resection of colorectal liver metastases. Br J Surg. 2013;100(5):711–8.

3 Jarnagin WR, Gonen M, Fong Y, DeMatteo RP, Ben-Porat L, Little S, et al. Improvement in perioperative outcome after hepatic resection: analysis of 1,803 consecutive cases over the past decade. Ann Surg. 2002;236(4):397–406; discussion 406–7.

4 Scheele J, Stangl R, Altendorf-Hofmann A. Hepatic metastases from colorectal carcinoma: impact of surgical resection on the natural history. Br J Surg. 1990;77(11):1241–6.

5 Fong Y, Cohen AM, Fortner JG, Enker WE, Turnbull AD, Coit DG, et al. Liver resection for colorectal metastases. J Clin Oncol. 1997;15(3):938–46.

6 Adam R, Chiche L, Aloia T, Elias D, Salmon R, Rivoire M, et al. Hepatic resection for noncolorectal nonendocrine liver metastases: analysis of 1,452 patients and development of a prognostic model. Ann Surg. 2006;244(4):524–35.

7 Adams RB, Haller DG, Roh MS. Improving resectability of hepatic colorectal metastases: expert consensus statement by Abdalla et al. Ann Surg Oncol. 2006;13(10):1281–3.

8 Isoniemi H, Osterlund P. Surgery combined with oncological treatments in liver metastases from colorectal cancer. Scand J Surg. 2011;100(1):35–41.

Literatur

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9 Bennink RJ, Dinant S, Erdogan D, Heijnen BH, Straatsburg IH, van Vliet AK, et al. Preoperative assessment of postoperative remnant liver function using hepatobiliary scintigraphy. J Nucl Med. 2004;45(6):965–71.

10 Dinant S, de Graaf W, Verwer BJ, Bennink RJ, van Lienden KP, Gouma DJ, et al. Risk assessment of posthepatectomy liver failure using hepatobiliary scintigraphy and CT volumetry. J Nucl Med. 2007;48(5):685–92.

11 Yoshidome H, Kimura F, Shimizu H, Ohtsuka M, Kato A, Yoshitomi H, et al. Interval period tumor progression: does delayed hepatectomy detect occult metastases in synchronous colorectal liver metastases? J Gastrointest Surg. 2008;12(8):1391–8.

12 Adam R, de Gramont A, Figueras J, Kokudo N, Kunstlinger F, Loyer E, et al. Managing synchronous liver metastases from colorectal cancer: a multidisciplinary international consensus. Cancer Treat Rev. 2015;41(9):729–41.

13 Kwaan MR, Al-Refaie WB, Parsons HM, Chow CJ, Rothenberger DA, Habermann EB. Are right-sided colectomy outcomes different from left-sided colectomy outcomes?: study of patients with colon cancer in the ACS NSQIP database. JAMA Surg. 2013;148(6):504–10.

14 Park JS, Choi GS, Kim SH, Kim HR, Kim NK, Lee KY, et al. Multicenter analysis of risk factors for anastomotic leakage after laparoscopic rectal cancer excision: the Korean laparoscopic colorectal surgery study group. Ann Surg. 2013;257(4):665–71.

15 Adam R, de Haas RJ, Wicherts DA, Aloia TA, Delvart V, Azoulay D, et al. Is hepatic resection justified after chemotherapy in patients with colorectal liver metastases and lymph node involvement? J Clin Oncol. 2008;26(22):3672–80.

16 Stangl R, Altendorf-Hofmann A, Charnley RM, Scheele J. Factors influencing the natural history of colorectal liver metastases. Lancet. 1994;343(8910):1405–10.

17 Rees M, Plant G, Bygrave S. Late results justify resection for multiple hepatic metastases from colorectal cancer. Br J Surg. 1997;84(8):1136–40.

18 Fong Y, Fortner J, Sun RL, Brennan MF, Blumgart LH. Clinical score for predicting recurrence after hepatic resection for metastatic colorectal cancer: analysis of 1001 consecutive cases. Ann Surg. 1999;230(3):309–18; discussion 318–21.

19 Viganò L, Capussotti L, Lapointe R, Barroso E, Hubert C, Giuliante F, et al. Early recurrence after liver resection for colorectal metastases: risk factors, prognosis, and treatment. A LiverMetSurvey-based study of 6,025 patients. Ann Surg Oncol. 2014;21(4):1276–86.

Literatur

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Leber und Gallenwege

Fragen zur chirurgischen Therapie (synchroner) kolorektaler Lebermetastasen

Frage 1:Wie viele Patienten mit einem kolorektalen Karzinom (KRK) haben bei Diagnosestellung eine synchrone Lebermetastasierung?

EE 0%EE Ca. 10%EE Ca. 25%EE Ca. 50%EE Alle

Frage 2:Welche Aussage zur Lebermetastasierung trifft zu?

EE Lebermetastasen sind immer resektabelEE Lebermetastasen sind nie resektabelEE Rezidivmetastasen sollen reseziert werdenEE Alle Patienten mit Lebermetastasen benötigen eine ChemotherapieEE Lebermetastasen sind nicht heilbar

Frage :Welche Aussage zur Lebermetastasierung trifft ebenso zu?

EE Lebermetastasen können nie kurativ reseziert werdenEE Lebermetastasen können immer kurativ reseziert werdenEE Lebermetastasen können bei einigen Karzinomen (z. B. KRK) in kurativer Intention

reseziert werdenEE Wenn mehr als 3 Lebermetastasen vorliegen, kann niemals eine kurative Resektion

erfolgenEE Lebermetastasen werden immer bestrahlt, nie operiert

Frage :Welche Antworten sind richtig?

1. Bei einer gesunden Leber können 75% des Lebervolumens ohne die Gefahr eines postoperativen Leberversagens entfernt werden

2. Eine neoadjuvante Chemotherapie hat keinen Einfluss auf die Leberfunktion3. Beim Auftreten von Rezidiv-Lebermetastasen nach vorausgegangener Metasta s-

ektomie sollte, falls möglich, eine palliative Chemotherapie begonnen werden4. Patienten mit resektablen Lebermetastasen eines KRK haben eine signifikante

Chance auf Heilung durch die Chirurgie5. Die Radiofrequenzablation ist ein gutes Therapieverfahren bei singulären kleinen

zentral gelegenen Lebermetastasen

EE Keine der Aussagen trifft zuEE Aussage 2 und 3 treffen zuEE Aussage 1, 4 und 5 treffen zuEE Aussage 3 und 4 treffen zuEE Alle Aussagen treffen zu

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Leber und Gallenwege

Frage 5:Welche Aussagen zur Therapie von Lebermetastasen sind richtig?

1. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach R0-Resektion von kolorektalen Lebermetastasen beträgt zwischen 40% und 50%

2. Bei Vorliegen von Lungenmetastasen sollte keine Metastasektomie im Bereich der Leber durchgeführt werden

3. Technisch primär nicht resektable Lebermetastasen eines KRK können nach einer neoadjuvanten Chemotherapie zum Teil doch noch R0-reseziert werden

4. Resektable Metastasen eines duktalen Adenokarzinoms des Pankreas sollten grundsätzlich reseziert werden

5. Eine Resektion von Rezidiv-Lebermetastasen ist onkologisch nicht sinnvoll

EE Aussage 1 und 2 treffen zuEE Nur Aussage 5 trifft zuEE Aussage 1 und 3 treffen zuEE Aussage 2 und 4 treffen zuEE Alle Aussagen treffen zu

Frage 6:Welche Aussagen sind falsch?

1. Patienten mit Lebermetastasen eines KRK sind nicht mehr heilbar2. Patienten mit resektablen Lebermetastasen eines Pankreaskarzinoms sollten

einer resezierenden Therapie zugeführt werden3. Die intraoperative Sonografie ist eine Untersuchung, die vor jeder Resektion

von Lebermetastasen durchgeführt werden sollte4. Die erweiterte Hemihepatektomie rechts beinhaltet den Verbleib der Segmente 2

und 35. Um eine Tumorzellverschleppung unter der Operation zu verhindern, sollte der

zentrale Venendruck während der Leberresektion von der Anästhesie möglichst hoch gehalten werden

EE Alle Aussagen sind falschEE Nur Aussage 4 ist falschEE Aussage 2 und 3 sind falschEE Aussage 2 und 4 sind falschEE Aussage 1, 2 und 5 sind falsch

Frage 7:Welche Aussage ist richtig?

EE Das Komplikationsrisiko bei Leberresektion ist unabhängig von der Anzahl der neoadjuvant verabreichten Chemotherapiezyklen

EE Das Komplikationsrisiko bei Leberresektion steigt mit der Anzahl der neoadjuvant verabreichten Chemotherapiezyklen

EE Bei etwa 50% der Patienten mit KRK können bereits bei der Erstdiagnose Leber-metastasen nachgewiesen werden

EE Bei weniger als 10% der Patienten mit KRK können bereits bei der Erstdiagnose Lebermetastasen nachgewiesen werden

EE Durch die neoadjuvante Chemotherapie treten keine hepatischen Struktur-veränderungen auf, die das perioperative Morbiditätsrisiko erheblich erhöhen

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Leber und Gallenwege

Frage 8:Welche Antwort ist richtig? Eine „Reverse Strategy/Liver First Strategy“ umfasst

EE eine Resektion der Lymphknoten am Leberhilus, gefolgt von einer neoadjuvanten Chemotherapie und anschließender Resektion des Primärtumors

EE 3–6 Zyklen einer neoadjuvanten Polychemotherapie, gefolgt von der Resektion des Primärtumors und anschließender Leberresektion als sequenzielles Verfahren

EE 3–6 Zyklen einer neoadjuvanten Polychemotherapie, gefolgt von der Leberresektion und anschließender Resektion des Primärtumors als sequenzielles Verfahren

EE die synchrone Resektion des Primärtumors und der Lebermetastasen EE die Resektion des Primärtumors, gefolgt von einer adjuvanten Chemotherapie und

nachfolgender Resektion der Lebermetastasen

Frage 9:Welche Aussage ist falsch?

EE Die Kriterien für die Resektabilität kolorektaler Lebermetastasen sind schwer standardisierbar und hängen stark von der Erfahrung des Leberchirurgen und des multidisziplinären Teams ab

EE Ungefähr 60% der Patienten entwickeln innerhalb der ersten 2 Jahre nach der Lebermetastasenresektion ein Rezidiv

EE Die Einschätzung der Prognose der Patienten mittels Fong-Score ist unbeeinflusst durch eine neoadjuvante Chemotherapie

EE Das Ansprechen auf die neoadjuvante Polychemotherapie beeinflusst den Therapieerfolg maßgeblich

EE Die postoperative Mortalität bei Resektion kolorektaler Lebermetastasen liegt in erfahrenen Zentren oft unter 3%

Frage 10:Welche Aussage ist richtig?

EE In den letzten 2 Jahrzehnten konnte das kurative Potenzial der chirurgischen Resektion kolorektaler Lebermetastasen kaum verbessert werden

EE Die Heilungsrate der Patienten mit kolorektalen Lebermetastasen kann durch eine genaue Patientenselektion und einen multidisziplinären Therapieansatz deutlich verbessert werden

EE Es gibt sehr genau definierte strenge Kriterien zur Resektabilität von LebermetastasenEE Eine atypische Leberresektion wird nie bei randnahen Tumorformationen

durchgeführtEE Das Rezidivrisiko kann durch ein gutes Ansprechen auf eine präoperative

Chemotherapie und/oder die Verwendung intraoperativer Sonografie nicht reduziert werden