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TAV’s Aromenspiel Kochen mit Algen 3 Schweizerhaus So funktioniert Wiens traditionsreichste Gastwirtschaſt 4 5 x Essen in Flandern Tolle Restaurants in Belgien 7 37|14 Das Koch-Magazin der ÖGZ www.gast.at ABENDS, WENN DAS WETTER PASST, DANN BRUMMT ES HIER WIE IN EINEM BIENENSTOCK. ZU GAST IN JAN KARL KOLARIKS SCHWEIZERHAUS Größe war uns nie wichtig

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ÖGZ, Cook4Cook, Wirtschaftsverlag, Kochmagazin

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TAV’s AromenspielKochen mit Algen3 Schweizerhaus

So funktioniert Wiens traditionsreichste Gastwirtschaft4 5 x Essen in FlandernTolle Restaurants in Belgien7

37|14

Das Koch-Magazin der ÖGZ www.gast.at

ABENDS, WENN DAS WET TER PASST, DANN BRUMMT ES HIER WIE IN EINEM BIENENSTOCK. ZU GAST IN JAN KARL KOLARIKS SCHWEIZERHAUS

Größe war uns nie wichtig

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Weil man Vertrauen nicht kaufen kann.

Oooh, diese kleinen, wilden Männchen. Sie stehen da im Wald allein mit einem Schirmchen am Kopf, juhuuu, auch wenn’s gar nicht regnet, gnihihihi... Lieber Herr Steinpilz, warum so stramm? Oh, ihr Champignons, putzig kleine Frechlinge und sooooo appetu... appetat… apptili... äh, so lecker ... mjam. Und die Eierschwammerl erst: gelbe kleineSonnenkönige. Meine Verehrung, Hoheit! Auf was ich drauf bin, fragt ihr euch? Voll auf Schwammerl und Pilze, tralalala. Und die frischesten davon gibt’s jetzt natürlich bei Eurogast. Die sind sowas von köstlich, dass man ganz waaahnsinnig werden könnte!

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IMPRESSUMHerausgeber, Medieninhaber und Verleger: Österreichischer Wirt-schaftsverlag GmbH, Grünbergstraße 15, Stiege 1, 1120 Wien, Tel.: (01) 546 64-0 / Unternehmensgegenstand: Herausgabe, Verlag, Druck und Ver-trieb von Zeitungen und Zeitschriften sowie sonstigen periodischen Druck-schriften. / Beteiligung: Alleinige Gesellschafterin der Österreichischer Wirtschaftsverlag GmbH ist die Süd-deutscher Verlag Hüthig GmbH. Ge-sellschafter der Süddeutscher Verlag Hüthig GmbH sind die Süddeutscher Verlag GmbH mit 91,98 %, Holger Hüt-hig mit 7,02 %, Ruth Hüthig mit 0,45 %, Beatrice Hüthig mit 0,28 % und Sebas-tian Hüthig mit 0,28 %. / Geschäfts-führung: Thomas Zembacher / Ge-samtverkaufsleitung: Franz-Michael Seidl / Chefredaktion: Thomas Askan Vierich, DW 360 / Anzeigenleitung: Kurt Heinz, DW 265 / Redaktionelle Mitarbeit: Alexander Grübling, Wolf-gang Schedelberger / Gestaltung: Christian Bretter Produktion: Johan-nes Pufler, DW 153 Druck: Drucker ei Ferdinand Berger & Söhne GmbH, Wie-ner Straße 80, 3580 Horn / Agentur-partner: APA – Austria Presse Agen-tur / Coverfoto: Sven Gilmore Bülow

Was in den meisten Betrieben hierzulande un-denkbar wäre und mit Sicherheit zum soforti-

gen Hinauswurf führen würde, ist in Münchens Bier-gärten gelebter Alltag. Gäste dürfen dort ihr Essen mitbringen, und sie tun es auch. Nur die Getränke, die müssen sie dort kaufen. Dieses sogenannte Brot-zeitrecht hat eine lange Tradition. Das kennen wir in Österreich eigentlich nicht (mehr) – außer von Bu-schenschanken, in der Theorie. Aber auch dort ist es mittlerweile unüblich, sich samt Jausensackerl an den Tisch zu setzen. Die meisten kennen diese Praxis viel-leicht nur noch vom Hörensagen.

Eine Tradition ist es auch für viele – zumindest in Ostösterreich – dann und wann das Schweizerhaus zu besuchen. Es ist ein Biergarten, wie er im sprichwörtli-chen Buche steht. Er ist mit Kastanien bepflanzt – das sorgt für eine kühle Umgebung. Ebenso zur Kühlung trägt der ausgestreute Kies bei. Und wenn die Bedie-nung durch eben diesen Kies stapft und es so schön knarzt, dann hört man das Bier kommen – man muss den Kellner gar nicht sehen. Traumhaft! Da müsste nur noch das Wetter passen, aber vielleicht wird das noch.

Unser Cook4Cook-Porträt ist diesmal Karl Jan Ko-larik gewidmet. Wie man es schafft, einen Großbetrieb wie das Schweizerhaus perfekt am Laufen zu halten, ist lehrreich, in jeder Hinsicht. Und wer glaubt, dass ein Haus wie seines ein Selbstläufer ist, der irrt. Man muss ständig dahinter sein und darf nie bequem werden. Sonst kann es ins Auge gehen. Tradition hin oder her.

Alexander Grü[email protected]

Wenn der Kies knarzt

TAV’S AROMENSPIEL: ALGEN

Darf’s ein bisserl Meer sein?

A lgen verbreiten tatsächlich den Duft nach Meer. Weil sie besonders viele Jodide enthalten. Dazu

kommen je nach Sorte pilzartige, zitronige, nussige, blumige oder schwefelige Düfte. Besonders vielfältig duften Braunalgen wie Kombu. Die meisten Sorten bekommen wir bei uns getrocknet. Man kann sie so in der Küche einsetzen, oder man weicht sie ein. Sie können roh oder gekocht verwendet werden. Aller-dings werden alle Algen durchs Kochen etwas glit-schig, denn dann löst sich der Zellstoff (Agar und Carrageen). Deswegen dienen Algen auch als Gelier- und Verdickungsmittel. Algen passen nicht nur zu maritimen Gerichten mit Fisch und Meeresfrüchten, sondern lassen sich sehr vielfältig kombinie-ren und einsetzen, je nach Sorte.

Kombu: Sammelbezeichnung für verschiedene Braunalgen, sehr jodhal-tig. Englischer Name: Kelp. Getrocknet duften sie nussig und blumig, auch pil-zig. Man kann sie roh, gekocht, gebra-ten, gedünstet oder getrocknet verwen-den. Getrocknete Kombu einweichen. Durch mehrfaches Einweichen kann ihr Jodgehalt reduziert werden. Würzt Suppen. Kom-bination mit Pilzen funktioniert immer gut, auch mit Käse und Rindfleisch. In Japan erzeugt man aus Kombu Brühen (Dashi). Süßsauer eingelegt als Snack zum Tee. Auch Kombucha (nicht der Tee aus Russ-land!) besteht aus Kombu-Pulver.

Dulse: Auch Lappentang genannt. Vertreter der Rotalgen, in der Bretagne und Irland sehr beliebt. Frischer, jodiger Meeresduft mit blumigen Aromen. Manche riechen auch Benzin und Chloroform, was

dem Gesamtaroma aber keineswegs abträglich ist. Bei uns bekommen wir Dulse fast nur getrocknet. Nach kurzem Einweichen kann man die Blätter roh verzehren. Auch pulverförmig als Gewürz. Man kann sie als Salat, Snack oder Suppeneinlage essen. In Is-land brät man sie in Butter. Auch die Kombination mit Käse ist wohlschmeckend. Passt auch zu Pasta. Auch die Kombination mit Oliven ist zu empfehlen.

Nori: Die bekannten Blätter werden aus zerklei-nerten Algen gepresst und anschließend geröstet. Bekannt als Hülle von Maki. Man sollte sie weder

wässern noch kochen. Zerkleinert auch als Gewürz zu Suppen, Nudel-gerichten, Salaten.

Wakame: Wird mittlerweile auch in der Breatgne angebaut (Fougère des mers). Duftet ähnlich wie Kombu, allerdings süßlicher. Man bekommt sie meist getrocknet, neu-erdings auch eingelegt. Getrocknet muss man sie einweichen, dann ver-größert sich ihr Volumen um das Sie-benfache. Verwendung wie Kombu. Sehr wohlschmeckend in Gurkensa-

laten mit Sojasauche und Reisessig.Meeressalat: Duftet sehr aromatisch. Wird durch

Kochen milder. Frisch oder eingeweicht zum Mari-nieren von Fisch oder als Umhüllung beim Dünsten.

Arame: Man braucht sie nur wenige Minuten einzuweichen. Sie schmecken leicht süßlich und ha-ben eine feste Textur. Geschmack sehr mild, eher nicht meerähnlich, was sie noch vielfältiger im Ein-satz macht. Sie passen auch in Vinaigrettes, auch kurz angebraten oder als Zugabe im Reis.

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Nori-Platten werden gepresst und

geröstet.

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Die Stelzen sind wunderbar zart, die Kruste knackig (links). Die

Bierschank wird von vielen wie ein Altar vergöttert: Hier wird das Hochamt zelebriert (unten links).

Das Bier wird üblicherweise donnerstags angeliefert,

nachdem es am selben Tag in der Brauerei morgens abgefüllt

wurde. Dann hat es im Keller bei vier Grad eine Woche Zeit, um

sich vom Transport zu beruhigen. Kolarik beim Interview (unten): „Ich bin fest davon überzeugt, dass das fürs Bier besser ist.“

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E in Wirthaus ohne Wirt ist wie ein Gasthaus ohne Gast. Hinter dieser Redensart steckt viel Wahr-

heit. Denn sie bringt auf den Punkt, was eine Gast-wirtschaft wie das Schweizerhaus im Wiener Pra-ter so erfolgreich, so heimelig macht. „Wir führen den Betrieb familiär. Meine Frau, meine Schwester, meine Tochter, mein Sohn. Jeder hat seinen Aufga-benbereich. Während der Betriebszeiten ist immer zumindest einer von uns anwesend. Das ist bei ei-nem Betrieb dieser Größe wichtig.“ Karl Kolarik (68) sieht aber gar nicht so aus, wie man sich einen typi-schen Wirt vorstellt. Der studierte Betriebswirt führt das Schweizerhaus im Wiener Prater seit 1986. Und er kennt viele seiner Stammgäste persönlich, steht oft auch beim Ausgang und verabschiedet Besucher. „Ich beobachte gerne Gäste, wenn sie das Schwei-zerhaus verlassen. Ich frage auch immer, ob alles gepasst hat und ob sie zufrieden waren. Wenn der Gast die Sorgen bei uns abgeladen hat und für ihn die Welt wieder schöner geworden ist – zumindest ein wenig –, dann bin ich zufrieden.“

Laut Kolarik sind es an die 400 Personen, die min-destens einmal pro Woche kommen: „Der Stammgast hat in der Regel auch seinen Lieblingskellner. Oder er hängt an einem bestimmten Tisch, etwa beim Kinderspielplatz. Dort kann man in Ruhe plaudern, was essen und ein Bier trinken – während die Kin-der versorgt sind. Der Stammgast will erkannt und angesprochen werden.“ Er sagt das mit Nachdruck. Es ist, so scheint es, eine der Maximen seines unter-nehmerischen Erfolgs.

Abends brummt es Mit 1.700 Sitzplätzen im Freien und etwa 700 Plät-zen im Innenbereich ist das Schweizerhaus eine lo-gistische Herausforderung. Es hat allerdings auch zwei Gesichter: Mittags, wenn aufgesperrt wird, ist es

Größe war für uns nie wichtig1.700 Sitzplätze im Freien, 700 innen: Das Wiener Schweizerhaus hat seine Größe ausgereizt. Mehr geht nicht, sagt Karl Kolarik. Seine Maxime: Nicht durchdrehen, wenn es einmal nicht funktioniert; nicht abheben, wenn es super läuft

Text: Alexander Grübling, Fotos: Sven Gilmore Bülow

träge, ruhig und gemächlich. Abends, wenn das Wet-ter passt, dann brummt es hier wie in einem Bienen-stock. „Ich mag diese zwei Gesichter“, merkt er an.

Vielschichtig ist auch die Gästestruktur. „Unsere Zielgruppe sind alle. Der Großvater mit seiner Enke-lin, vom Generaldirektor bis zum Hilfsarbeiter, aber auch Studenten. Vorwiegend ist es der ostösterreichi-sche Gast, der zu uns kommt.“ Und „der Gast“ scheint diese Wiener Institution zu lieben. Ohne Reservie-rung hinzugehen birgt ein gewisses Risiko, vor allem dann, wenn man in einer größeren Gruppe abends unterwegs ist. Da kann man als Besucher schon ein-mal ein bedauerndes Kopfschütteln von einem der Kellner ernten, wenn man nach einem freien Tisch fragt. Tipp: Es wird maximal ein Drittel der Plätze reserviert.

Geringe FluktuationApropos Servicepersonal: Die Fluktuation ist für ei-nen Saisonbetrieb erstaunlich gering. „30 Prozent un-serer Kellner sind schon länger als zehn Jahre bei uns. Weitere 30 bis 40 Prozent sind länger als zwei Saiso-nen hier. Der Rest ist neu oder erst eine Saison hier.“

Über den Winter müssten sich seine Kellner ei-nen Job suchen, erklärt Kolarik. Gerüchte, wonach sie über die Schließmonate nicht arbeiten müssten, weil sie ohnehin genug verdienten, zerstreut er: „Das war früher vielleicht so. Die Trinkgelder haben sich mit der Euro-Einführung wesentlich verschlechtert. Zehn Prozent gibt kaum jemand, vor allem bei Fir-menessen gibt es weniger Trinkgeld.“

Die meisten Kellner im Schweizerhaus arbeiten im Winter auf Saison, ein Teil bleibt aber in Wien – je nach familiärer Situation. „Das AMS zahlt nicht automatisch, sondern vermittelt die Leute weiter.“

Gerüchte ranken sich einige ums Schweizerhaus, so auch jenes, dass seine Kellner Subunternehmer

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tag nicht derrennen, und wenn du rausgehst, bist du zufrieden‘.“

Ein außerordentlich guter Entspannungshel-fer für die Gäste ist natürlich auch das Budwei-ser Bier. „Als Konsument mag ich es nicht, wenn es mir vom CO2 das Zwerchfell raufdrückt. In Böhmen war Tradition, dass man ordentlich ge-zapft hat, was einen Zeitaufwand bedeutet.“ Und diese Tradition wird fortgeführt, die Zapfkultur spielt hier im Schweizerhaus eine entscheidende Rolle. „Wir zapfen unser Bier vier Minuten lang. Die Schaumkrone hat nicht nur einen optischen Grund. Ich kann Ihnen unser Bier so einschenken, dass Sie glauben, es ist eine andere Sorte.“ Die Be-sonderheit beim Budweiser: Es wird drei Monate gelagert. „Die moderne Brautechnologie sagt, ich kann ein Bier in zehn Tagen fertig machen. Da-durch spart man Kosten, aber für die Qualität ist es nicht gut. Kaufmännisch ist eine so lange Lager-zeit ein Wahnsinn. Wenn aber ein Bier Zeit hat, um langsam auszureifen, dann wird die Kohlensäure feinperliger, das Produkt bekömmlicher. So mag ich das“, sagt der Schweizerhaus-Chef. Für ihn ist Budweiser das beste Bier. Warum? Es sei ein alter, aufwändiger Brauvorgang. Man verwende Wasser, „das aus 300 Metern Tiefe quillt, wie ein artesi-scher Brunnen, da wird nichts mechanisch her-aufgepumpt“, schwärmt er. Für Bier hat nicht nur Karl Kolarik etwas über, auch sein Vater war von seiner gesundheitsfördernden Wirkung überzeugt. „Mein Vater hat bis 90 gearbeitet, 40 Stunden pro Woche. Dabei hat er jeden Tag drei Schnitt (Seidl im Krügelglas, Anm.) getrunken. Das hat ihm of-fenbar gutgetan!“

Ob es für ihn so etwas wie goldene Gastrono-mieregeln gäbe? Kolarik lacht, schüttelt den Kopf, verneint zuerst und sagt: „Nicht durchdrehen, wenn es einmal nicht funktioniert; nicht abhe-ben, wenn es super läuft. Authentisch sein und bleiben. Und ganz wichtig: Das Zahlenmaterial immer aktuell halten und sich stets damit ausei-nandersetzen. Sonst geht es schnell bergab.“

SCHWEIZERHAUS GESTERN UND HEUTE

• 1776 – die „Schweizer Hütte“ wird erstmals urkundlich erwähnt. Schweizer Jagdtreiber bewirten hier die kaiserlichen „Herrschaften“

• 1800 – stand an gleicher Stelle das Gasthaus „Zur Tabakspfeife“

• 1814 – Während des Wiener Kongresses wurde das Gasthaus „Zum russischen Kaiser“ umbenannt

• 1868 – entstand die Schweizer Meierei, und diese erhielt später den Namen „Schweizerhaus“

• 1920 – Karl Kolarik, Vater der heutigen Inhaber, übernimmt als 19-Jähriger das Schweizerhaus

• 1925 – „Erste Wiener Fischbraterei“ und Erzeugung der Rohscheiben

• 1926 – Karl Kolarik „entdeckt“ in Böhmen das original Budweiser Budvar Bier

• 1929 – Bau der ersten Gästeschauküche• 1945 – Das Schweizerhaus wird infolge der

Kriegshandlungen vollkommen zerstört• 1947 – Karl und Else Kolarik beginnen den Wie-

deraufbau • 1954 – eine Schauküche aus Holz wird errichtet.

Dies war die Geburtsstunde des heutigen Gassenverkaufs mit Rohscheiben und Kartoffelpuffern

• 1974 – Erfindung des patentierten „Radimats“ – ein Gerät, mit dem der Rettich in dünne Spiralen geschnitten wird

• 1993 – Karl Kolarik sen. verstirbt• 1998 – Im Schweizerhaus entsteht eine der

modernsten Schauküchen Europas mit dem „Küchenstöckl“. Bauzeit: nur 4 Monate

• 2011 – Bierschank und Buffet werden zusammengelegt, ein Teil der Innenräume neu gestaltet

seien und das Bier vom Schweizerhaus kaufen und an die Gäste weiterverkaufen. Da muss er schmunzeln. „Absoluter Schwachsinn, das geht vom gewerbe- und arbeitsrechtlichen Standpunkt schon einmal nicht. Dieses Gerücht beruht wahrscheinlich auf einem Missverständnis: Der Kellner hat einen Schlüssel und druckt einen Bon aus. Diesen übergibt er an der Schank. Ware gegen Bon, der Tausch muss zeitgleich erfolgen. Für einen Gast, der das sieht, wird der Ein-druck erweckt, als ob der Kellner das Krügel kauft.“

AufnahmetestUm im Schweizerhaus arbeiten zu können, braucht man nicht nur eine Ausbildung, sondern auch Kraft. Viel Kraft. „Wir haben auch ältere Kellner, die ir-gendwann quereingestiegen sind. Aber das ist eine Handvoll. Die sind aber wirklich sehr gut. Neue Mit-arbeiter müssen bei uns einen Test bestehen. Ein Ta-blett mit 15 Krügeln hat etwa zwölf Kilogramm. Und das muss ein Kellner nicht nur stemmen können, er muss auch zeitgleich schreiben und sich damit bewegen können. Das ist für viele Bewerber schon ein unüberwindbares Hindernis. Dazu gibt es auch Mitarbeitergespräche bei der Auswahl. Leider haben viele Neuösterreicher einen schlechten sprachlichen Hintergrund, wenn sie nach der Ausbildung in die Berufswelt entlassen werden. Und das ist ein Prob-lem, denn Kellner ist ein kommunikativer Beruf“, führt Kolarik aus. Der Kellner sei das, was ein Ver-käufer in einer anderen Branche ist. „Wer das nicht schafft oder sich nicht positiv verkauft und kommu-nizieren kann, ist verkehrt am Platz. Man muss Men-schen mögen, um diesen Beruf ausüben zu können. Bei den Köchen ist nicht ganz so wesentlich. Es gibt ja auch welche, die Koch werden, weil sie den Kun-denkontakt nicht so intensiv haben wollen.“ Gäste sind nicht immer einfach. Und das muss der Kell-ner erkennen und es oft ausgleichen.

Einmal Teil der Schweizerhaus-Familie, wird aufs Personal geschaut. „Wir haben mehr Nähe zu unse-ren Mitarbeitern und schauen nicht so auf die Zah-len. Das ist der Unterschied zu einem bezahlten Ma-

nager, der einen gastronomischen Betrieb leitet. Wir arbeiten mit einem Fokus auf die Langfristigkeit, und nicht auf die nächste Bilanz oder die nächste Prämie. Und das beinhaltet, dass man zu Mitabei-tern eine Bindung aufbaut.“ Kolariks Credo: Verhalte dich deinen Mitarbeitern und auch deinen Partnern gegenüber so, wie du selbst behandelt werden willst. „Die Egoisten sind alle irgendwann ausgestorben. Netzwerke, Gruppen haben sich immer besser ent-wickelt.“ In der Gastronomie brauche man „gute Köpfe und gute Mitarbeiter. Gute Köpfe wollen aber eine gewisse Eigenständigkeit haben und selbst Ent-scheidungen treffen können. Aber sie müssen auch menschlich behandelt werden. In der Wirtschaft matchen wir uns alle um gute Mitarbeiter.“ Denn, so der Schweizerhaus-Chef: „Der mit dem guten Händ-chen wird langfristig besser fahren.“

Stelze und Bier: Für viele der HimmelEine starke Marke ist kein Selbstläufer, es steckt im-mer harte Arbeit dahinter. Das gilt natürlich auch fürs Schweizerhaus. „Der Gast will nicht sehen, wie wir uns plagen.“ Und auch mit Innovationen müsse man in einem Traditionsbetrieb vorsichtig umge-hen, die wolle der Gast nicht unbedingt wahrneh-men. „Wir haben den Küchenumbau innerhalb von vier Monaten geschafft. Das war wie ein Umstieg von einem Käfer auf einen Sportwagen“, schwärmt Kolarik. Sein neuer Küchenchef hat bei einer ame-rikanischen Luxuslinie gearbeitet und in der Küche Abläufe geändert, Zeiten optimiert. „Viele Gäste sa-gen uns, dass die Stelze jetzt viel besser schmeckt. Wie auch immer: Die Menüs knapp für unsere vie-len Stammgäste.“

Die Kombination Stelze-Bier bedeutet für die meisten Besucher der Himmel auf Erden. In Zeiten von Low Carb und Co auf den ersten Blick nicht die zeitgemäßeste Art der Verpflegung. Aber das Schwei-zerhaus hat ja auch eine Sonderstellung. Kolarik: „In der Gastronomie will der Gast eine Auszeit neh-men, sich was gönnen. Ein Stammgast hat mir er-zählt, ‚hier bin ich im Leo. Da kann mich der All-

Nicht nur im Schweizerhaus setzt man auf Zusammenhalt, beim Personal gibt es keine Hire-&-Fire-Politik. Kolarik senior baute in den 1930er-Jahren den Getränkehandel „Kolarik & Buben“ auf. Heute ist der Getränkefachgroßhandel Kolarik & Leeb an fünf Standorten in Österreich vertreten.

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SCHWEIZERHAUS Prater 116, 1020 Wien Geöffnet von 15. März bis 31. Oktober T 01/728 01 52-0 www.schweizerhaus.at

„In der Wirtschaft matchen wir uns um

gute Mitarbeiter. Der mit dem guten

Händchen fährt langfristig besser.“

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BÚN

Sint-Jorispoort 22 200 Antwerpen

Tel: + 32/4/78 96 78 41

[email protected] www.bún.be

Dass man auch mit wenig Geld und einfachs-ten Mitteln in der Gastronomie viel erreichen

kann, beweisen Hoa Truong und Huibrecht Berends mit ihrem Mini-Restaurant Bún. Beide haben zuvor einige Jahre im Angestelltenverhältnis gearbeitet, bevor sie sich im heurigen Frühling entschlossen haben, es mit einem eigenen Restaurant zu versu-chen. Die kulinarische Linie ergab sich aus dem eth-nischen Hintergrund von Hoa: authentisches viet-namesisches Streetfood sollte es sein. „Wir hatten zwar ein bisschen etwas gespart, aber für ein rich-tiges Restaurant langte es bei weitem nicht. Trotz-dem wollten wir uns von unserem Traum nicht ab-bringen lassen und haben es mit diesem Mini-Lokal probiert“, erklärt mir Huibrecht Berends.

Was die beiden in ihrem Mini-Restaurant mit zehn Plätzen bieten, ist bemerkenswert. Alles wird frisch zubereitet, schmeckt intensiv und lan-destypisch. Wenn das Lokal voll ist, kann es daher

dauern. Die Preise sind angemessen und nur auf den ersten Blick relativ hoch. Die beiden kalkulieren sehr scharf, weigern sich jedoch, bei den Produkten Kompromisse einzugehen. Frische Tigerprawns ha-ben ihren Preis, egal ob man sich in einem schicken Szene-Restaurant oder einem recht spartanisch ein-gerichteten Mini-Lokal befindet. „In Antwerpen gibt es viele, die gutes von mittelmäßigem Essen unter-scheiden können. Zu uns kommen keine Schickis, sondern Leute, denen es um den Geschmack geht“, erklärt Hoa Truong.

Im Bún werden auch Gerichte serviert, wie man sie in „normalen“ vietnamesischen Restaurants fast nie bekommt. Ein intensiv schmeckender getrockne-ter Tintenfisch etwa. Oder eine unglaublich aromati-sche Trockenwurst. Natürlich fehlen auch Klassiker der Vietnam-Küche wie Frühlingsrolle oder Nudel-suppen (Pho) nicht. Teemischungen und Limona-den werden hier auch selbst zubereitet.

HERTOG JAN

Loppemsestraat 52 8210 Zedelgem

Tel.: + 32/50/67 34 46

[email protected] www.hertog-jan.com

Vor neun Jahren übernahmen der junge Ausnah-mekoch Gert de Mangeleer und sein Partner Joa-

chim Bouders, der sich um das Organisatorische so-wie Service und Wein kümmert, die Brasserie Her-tog Jan. Das kleine, vor den Toren Brügges gelegene Restaurant war auf Anhieb ein Riesenerfolg. Mit ei-ner gemüsebetonten, sehr filigranen Küchenlinie kletterte das Restaurant die Bewertungsleiter rasch empor, bis es vor vier Jahren erstmals mit drei Mi-chelin-Sternen ausgezeichnet wurde.

Vergangenes Jahr schlossen sie zur Verwunderung vieler das Restaurant, um in einen Bauernhof ein paar Kilometer weiter zu übersiedeln. Das ursprüngliche Restaurant wird von ehemaligen Mitarbeitern wei-ter bespielt, allerdings mit reduziertem Aufwand und einer einfacheren Küchenlinie.

Über ein Jahr wurde in den Umbau des neuen Lo-kals investiert. Vom alten Bauernhof blieben nur die Grundmauern stehen, schließlich will man auch hier den Komfort eines absoluten Luxusrestaurants bie-

ten. Vom Speisesaal, der an drei Fronten von einer Glasfassade umgeben ist, blickt man auf die Gemü-segärten, die unmittelbar vor der Terrasse beginnen und natürlich biologisch bewirtschaftet werden. Al-les, was man hier erntet, wird exklusiv für das Res-taurant genutzt. Vom Frühling bis zum Herbst be-müht man sich, den Zeitraum von der Ernte bis zum Verzehr extrem kurz zu halten. Oft sind es nicht ein-mal paar Stunden, die es dauert, bis das frische Ge-müse auf den Tellern der Gäste landet. Frischer geht es einfach nicht. Ein Teil des Gemüses wird zum op-timalen Reifezeitpunkt weiterverarbeitet, damit man auch im Winter auf Gemüse aus eigener Produktion zurückgreifen kann.

Ein vegetarisches oder gar veganes Restaurant ist das Hertog Jan trotz der Fokussierung auf frisches Gemüse jedoch nicht. Auch Fleisch, Fisch und Mee-resfrüchte kommen zum Einsatz, nur spielen sie eine vergleichsweise kleine Rolle – so, wie es die medi-zinische Ernährungspyramide eigentlich vorsieht.

Ein reiches Land mit viel Geschmack

In keiner anderen Region Europas kann man auf so hohem Niveau speisen wie in Flandern. Wir besuchten die interessantesten Restaurants zwischen Brügge und Antwerpen.

Text: Wolfgang Schedelberger

Die besondere Geografie und Geschichte Flan-derns haben aus den Flamen ein wahrlich kos-

mopolitisches Volk gemacht. Die komplizierte poli-tische Situation Belgiens führt dazu, dass sich die Diskussionen heute vor allem um die anhaltenden Unabhängigkeitsbestrebungen der Flamen drehen. Der national gesinnte Vlaams Blok sorgt mit seiner kruden Anti-Immigrationspolitik immer wieder für negative Schlagzeilen. Tatsächlich leben hier jedoch vorwiegend weltoffene Leute, die seit Jahrhunderten mit der ganzen Welt Handel treiben und in Gesprä-chen problemlos zwischen Französisch und Eng-lisch wechseln. Deutsch kann hier auch fast jeder. Doch die Muttersprache ist Flämisch, oder besser gesagt Niederländisch.Flandern ist ein reiches Land. Nicht nur die

Diamantenhändler von Antwerpen verfügen über genug Geld, um sich ein anständiges Essen leis-ten zu können. Nach Rotterdam ist Antwerpen der zweitgrößte Frachthafen Europas. Kunst und Kul-tur sind allgegenwärtig, nicht nur im historischen Brügge, wo sich gleich zwei der drei belgischen Drei-Sterne-Restaurants befinden. Der allgemeine Wohl-stand ist – im Gegensatz zum wallonischen Teil Bel-giens – an jeder Ecke sichtbar. Davon profitiert auch die Top-Gastronomie. So hat sich Peter Goossens ne-ben seinem mitten am Land gelegenen Drei-Sterne-Tempel Hof van Cleeve einen Heliport errichten las-sen. Doch auch wer mit Auto und Zug unterwegs ist, profitiert von kurzen Wegen. Es sind jedoch nicht nur ausländische Feinschmecker, Diamantenhänd-ler und Industriekapitäne mit eigenem Hubschrau-

ber, die dafür sorgen, dass die flämischen Top-Re-staurants oft wochenlang im Voraus ausreserviert sind. Auch die Flamen selbst sind ein wahrlich ver-fressenes Volk. Obwohl hier zweifellos viel gearbei-tet wird, dauert die Mittagspause oft zwei Stunden, die dazu genutzt werden, anständig essen zu gehen. Der rasche Business-Lunch hat hier noch nicht Ein-zug gehalten. Und auch der abendliche Besuch ei-nes Luxusrestaurants ist etwas, was sich Normal-verdiener regelmäßig leisten. Jedenfalls lassen die legere Kleidung und der lockere Umgang des Publi-kums auch in den besten Restaurants darauf schlie-ßen. Gut zu essen ist den Flamen wichtig. Gut zu trinken übrigens auch. Wein muss zwar importiert werden, doch die lokalen Biere Flanderns zählen zu den besten der Welt.

SERIE

Streetfood für Fortgeschrittene

Gärtner und Koch

Hoa Truong und Huibrecht Berends in ih-rem winzigen Vietnam-Restaurant Bún.

Zentrales Deko-Element ist die stim-mungsvolle Wand im Hintergrund.

Bevor im verglasten Speisesaal (links) Platz genommen wird, wandern die meisten

Gäste durch den riesigen Gemüsegarten.

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’T ZILTE

Hanznestedenplaats 5 2000 Antwerpen Tel.: + 32/3/283 40 40

[email protected] www.tzilet.be

Auch wenn es nur knapp vierzig Meter über dem Meer liegt, ist das ’t Zilte das am höchsten ge-

legene Luxusrestaurant von Flandern mit der spek-takulärsten Aussicht des ganzen Landes. Es befindet sich im neunten Stock des im Mai 2011 eröffneten Museums MAS (Museum aan de Stroom) in Ant-werpen. Dass die Stadtväter ihr kulturelles Prestige-projekt mit einem Luxusrestaurant krönen wollten, spricht für den hohen Stellenwert, den die Kulina-rik in Flandern genießt.

Mit Viki Geunes hat man keinen unbekannten Koch engagiert. Schon zuvor hat der Autodidakt, der zuerst eine Ausbildung zum Ingenieur absol-vierte hatte, das mit zwei Michelin-Sternen deko-rierte Luxusrestaurant ’t Zilte geführt. Es befand sich jedoch wenig prominent in einem Vorort der Klein-stadt Mol. Jetzt hat Geunes eine der prominentes-ten Bühnen des Landes zur Verfügung. „Es ist jeden Morgen eine Inspiration, hierher zu kommen und die Aussicht zu genießen. Andererseits hat sich an meiner Arbeit selbst nicht viel geändert. Die Gäste,

die zu uns kommen, sind ja keine Museumsbesu-cher, sondern Leute, die genau wissen, was sie wol-len“, erklärt Geunes.

Und doch passt das ’t Zilte besser an diesen Ort als die meisten anderen Top-Restaurants von Flan-dern. Das liegt vor allem daran, dass Viki Geunes so großen Wert auf eine ansprechende Präsentation sei-ner Gerichte legt. Seine Geschirrsammlung, die auch Holz, Silberschalen und außergewöhnliche Glasge-fäße umfasst, ist legendär.

Und dann spielt sich der gelernte Ingenieur auch gerne mit modernen Küchentechniken, die es ihm ermöglichen, seine Kreationen in außergewöhnliche Formen zu bringen. „Man darf es halt nicht übertrei-ben. Der Geschmack muss immer im Vordergrund stehen. Aber als verantwortungsvoller Koch sollte man das ganze zur Verfügung stehende technische Repertoire nutzen“, meint Geunes.

HOF VAN CLEVE

Riemegemstraat 1

9770 Kruishoutem Tel.: + 32/9/383 58 48

www.hofvancleve.com

Jedes belgische Kind kennt Peter Goossens. Er ist der bekannteste Koch des Landes. Er ist nicht

nur in Gastro-Medien, sondern auch in Tageszei-tungen und Lifestyle-Magazinen präsent. Seit ein paar Jahren hat er sogar eine eigene TV-Show. Ein Hans Dampf in allen Gassen? Keineswegs, denn zu-erst einmal ist Peter Goossens Koch und Patron in seinem Drei-Sterne-Restaurant Hof van Cleve. Wie sich das zeitlich ausgeht? „TV-Drehs und sonstige auswärtige Termine mache ich nur am Nachmittag. So kann ich bis 13 Uhr im Restaurant nach dem Rech-ten sehen und alle Mittagsgäste begrüßen. Spätes-tens um 21 Uhr bin ich zurück, damit ich auch mit allen abendlichen Gästen sprechen kann.“ So wie in Österreich auch legen Belgier Wert darauf, dass der Patron persönlich anwesend ist, selbst wenn al-len klar ist, dass dieser bei einer Küchenbrigade von 20 Mitarbeitern nicht mehr selbst täglich am Herd steht. Nicht Eitelkeit oder Marketing sind der An-

trieb hinter Goossens zahlreichen Medienauftritten, sondern ein unstillbares Sendungsbewusstsein. „Es besteht die Gefahr, dass wir in Europa unsere kulina-rische Identität verlieren, weil zu Hause immer weni-ger gekocht wird und industriell gefertigte Produkte auf dem Vormarsch sind, auch in der Gastro- nomie“, erklärt Goossens. Natürlich weiß er, dass Luxusrestaurants wie das seinige nur einer kleinen Minderheit vorbehalten sind. Ehrliches Essen mit gesunden, regionalen Produkten sollte aber für alle Gesellschaftsschichten leistbar sein, so sein Credo.

Trotz seiner Bekanntheit hat Goossens nie daran gedacht, sein Restaurant zu erweitern oder Depen-dancen aufzusperren. Mit 40 Gedecken ist das Hof van Cleve ein intimes Restaurant geblieben, das zu-rückhaltend eingerichtet ist. Den einzigen optischen Luxus stellen – abgesehen von den farbenfrohen Ge-richten – moderne Gemälde an der Wand dar, bei de-nen es sich durchwegs um Originale handelt.

THE JANE

Paradeplein 1 2018 Antwerpen Tel.: +32/3/808 44 65 [email protected]

www.thejaneantwerp.com

Sergio Herman ist in mehrfacher Hinsicht ein Grenzgänger. Er hat zwar einen niederländi-

schen Pass, und auch sein legendäres Restaurant Oud Sluis war in den Niederlanden gelegen. Von dort braucht man mit dem Auto aber gute zwei Stun-den nach Amsterdam, nach Brügge sind es gerade einmal 15 Minuten. Sergio Herman hat auch seine Kochausbildung in Flandern absolviert – sprachlich gibt es ja dies- und jenseits der Grenze ohnehin kei-nen Unterschied.

Binnen weniger Jahre machte er aus dem immer schon guten elterlichen Fischrestaurant das am höchsten ausgezeichnete Lokal der Niederlande. Drei Michelin-Sterne und vier Gault-Millau-Hau-ben brachten es mit sich, dass Gäste aus der ganzen Welt hier speisen wollten. Umso größer die Überra-schung, als er vergangenes Jahr bekanntgab, das Oud Sluis zu schließen, um in Antwerpen ein neues, we-niger luxuriöses Lokal aufzumachen.

„25 Jahre waren genug. Ich habe dort alles er-

reicht, was es zu erreichen gibt. Gleichzeitig spürte ich die Energie, dass ich noch ein paar andere Dinge machen sollte. Die Chance, die sich mit The Jane ergab, war einmalig. Also griff ich zu“, erklärte mir Sergio Herman Ende Juli in Antwerpen.

Sein neues Restaurant The Jane ist in der ehemali-gen Kirche des großen Militärspitals von Antwerpen beheimatet. Das gesamte Areal wurde neu gestaltet. Wo einst verwundete Soldaten gepflegt wurden, sind heute Büros und Wohnungen untergebracht. Das The Jane ist kein teures Luxusrestaurant, wenngleich die Handschrift Sergio Hermans erkennbar ist und ei-nige Gerichte aus dem Oud Sluis übernommen wur-den. Es kommen aber weniger Luxusprodukte zum Einsatz, und die Gerichte sind weniger detailver-liebt zubereitet. Das The Jane ist wesentlich größer, zwangloser und deutlich günstiger. Im ersten Stock liegt eine Bar, in der am Wochenende ein DJ auflegt. „First we rock the kitchen, then we rock the church“, umschreibt Herman sein neues Projekt.

Rock the kitchen and the church!

Primus inter Pares

Höher hinaus geht es nicht

SERIE

Im Top-Geschoß des spektakulären Muse-ums MAS in Antwerpen: Viki Geunes hat den höchstgelegenen Arbeitsplatz aller Küchenchefs von Flandern.

Peter Goossens mit seiner Gattin Lieve, die sich im Hof van Cleve um den Service kümmert.

Blick von der Bar in den noch spärlich be-setzten Speisesaal, über dem ein spekta-kulärer Luster hängt.

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