Das Alumni-Magazin der Technischen Universität Berlin 2. Jahrgang Nr. 2 | 2013 · 2013. 12. 6. ·...

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Das Alumni-Magazin der Technischen Universität Berlin 2. Jahrgang Nr. 2 | 2013

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  • Das Alumni-Magazin der Technischen Universität Berlin 2. Jahrgang Nr. 2 | 2013

  • Impressum

    – Das Alumni-Magazin der Technischen Universität BerlinFortgeführt aus den Magazinen parTU und TU InternationalHerausgeber: Der Präsident, Stabsstelle für Presse, Öffentlichkeitsarbeit und Alumni, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, Tel.: +49 (0)30 314-2 39 22, [email protected], www.alumni.tu-berlin.de Redaktion/Texte: Stefanie Terp (.stt) (verantw.), Bettina Klotz (.bk), Sybille Nitsche (.sn) (CvD), Chris-tiane Petersen (.cp) WWW-Präsentation: Ulrike Friedrich Vertrieb: Ramona Ehret Gestaltung/Satz/Gesamtherstellung: omnisatz GmbH, [email protected] Auflage: 20 000 ISSN: 2195-6677 Erscheinungstermin: Dezember 2013, Nr. 2, 2. Jahrgang. Nachdruck nur bei Quellenangabe und Belegexemplar Beilagen: Newsletter „Research Alumni“; Newsletter der Gesellschaft von Freunden der TU Berlin e. V. Titelbild: Laleh Torabi

    Alumni auf dem Campus

    02/03 Eine ideale AdresseRita Ruoff-Breuer, Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, zog mit ihrer Behörde in das Ernst-Reuter-Haus

    04/05 Der LichtmagierDer Unternehmer Karsten Ehling lässt Gebäude leuchten

    06/07 „Ich habe das Träumen nicht aufgegeben“Sigram Schindler, Vorstandsvorsitzender der TELES AG, unterstützt die Gründungs-szene an der TU Berlin

    08/09 Lust auf UnbekanntesDer Architekt und Mitgründer von C|O Ber-lin Ingo Pott mag die unentdeckten Räume

    10/11 „Noch keine runde Sache“Dirk Spender, Leiter des Regionalmanage-ments City West, über die Zukunft des Ernst-Reuter-Platzes

    Die Ideengeber

    12/13 Lebendiger Ort der BegegnungenVisionen für den Campus Charlottenburg von TU-Präsident Jörg Steinbach

    14/15 „Ein bisschen Wildwuchs wäre schön!“Martin Rennert, Präsident der Berliner Uni-versität der Künste (UdK), über mögliche Synergien, kreative Andersartigkeit und was daraus werden kann

    16/17 Identität stiftenBezirksbürgermeister Reinhard Naumann will, dass der Campus Charlottenburg eine Marke wird

    Die Hybridplattform

    18/19 In eine schöne Form gebrachtDie Pflanzenkläranlagen des Biologen Stephan Pflugmacher Lima integriert die Künstlerin Susanne Lorenz in ihre Kunst-projekte

    20 Neu bedachtMit ihrem Projekt „Rooftop“ gehören die Studierenden der TU Berlin und der UdK Berlin im Solar-Decathlon-Wettbewerb zu den Finalisten. 2014 werden sie es in Versailles der Welt präsentieren

    21 Mach‘s doch einfach! Arbeitspsychologen, Informatiker und De-signer werben mit „UseTree“ gemeinsam für den Usability-Gedanken

    22/23 Die Geburt einer Idee und der veränderte Blick auf die WeltIm Projekt „Rethinking Prototyping“ lernen kreative Köpfe der TU Berlin und der Universität der Künste Berlin vonei-nander – und müssen bisweilen auch ein bisschen übereinander schmunzeln

    Campus Charlottenburg

    24/25 Campusplan

    26–29 Die Campus-NachbarnAus der WissenschaftAus den VerbändenAus der WirtschaftAus der Kultur

    Der Campus in der Stadt

    30/31 Alles Gute, ErnstErnsthafte Gedanken zum 60. Geburtstag des Ernst-Reuter-Platzes

    32/33 Ohne BegrenzungenThematische Vorgaben gibt es nicht – weder für das Studium noch für die Prüfungen. An der Universität der Künste Berlin ist die künstlerische Freiheit das oberste Credo

    34/35 Gute MischungRund um das Produktionstechnische Zentrum ist ein Viertel entstanden, das jedem Stadtplaner gefallen würde

    36 Auch Pop-Art-Ikonen werden altDie „Rosa Röhre“ auf der Schleuseninsel wird restauriert und wieder farbenfroh strahlen

    37 Schönes ErwachenDie Pläne der TU Berlin für das Ost gelände brächten der City West einen echten Entwicklungsschub

    38 Angloamerikanische Club-AtmosphäreDie Gesellschaft von Freunden der TU Berlin plant ein Haus für Begegnungen und Feste auf dem Campus

    Campus in der StadtLiebe Leserinnen und Leser,

    ich freue mich sehr, Ihnen mit dieser Ausgabe ein umfangreiches Porträt des Campus Charlottenburg vorlegen zu dürfen. Er ist eines der größten zusam-menhängenden innerstädtischen Universitätsareale in Europa und kann auf eine mehr als 100-jährige Tradition zurückblicken. Werner von Siemens, Her-mann von Helmholtz, Konrad Zuse, Hans Scharoun und Walter Höllerer wirkten hier. Die TU Berlin und die Universität der Künste Berlin sind als unmittelbare Nachbarn integraler Bestandteil der City West mit ihren Restaurants, Theatern, Opern und Galerien. Die zunehmende Vermischung von Technik, Gestaltung und Küns-ten in den gemeinsamen Projekten der TU Ber-lin und der UdK Berlin eröffnet uns neue kreative Räume, von denen Berlin lebt und pulsiert. Und unser Campus wächst, nicht nur mit seinen Bau-ten, sondern auch mit seinen Ideen. Dieses Ge-flecht hat viele Akteure – einige von ihnen stellen wir vor. Wir erzählen von neuen Forschungspro-jekten und der quirligen Start-up-Szene. Der Ernst-Reuter-Platz als markante Mitte liefert immer wieder Stoff für Diskussionen. Einen Gruß zu seinem 60. Geburtstag hat uns TU-Alumnus Florian Heilmeyer gesendet, und die Künstle-rin Laleh Torabi hat seine Visionen in ihre Zeichnungen fließen lassen.

    Mit dem neuen Newsletter „Research Alumni“ stellen wir vier Gastforscher vor, die für ihren Aufenthalt die TU Berlin wählten. Für unser Konzept zur Bin-dung dieser Personen an die Universität werden wir durch die Alexander von Humboldt-Stiftung gefördert. Das ist ein wichtiger Teil unserer interna tionalen Alumniarbeit, die ihren Anfang auf dem Campus nimmt.

    Wir hoffen, dass wir Sie, liebe Alumni, neugierig gemacht haben auf unser Netzwerk und die Pläne, die wir damit verbinden. Herzlich willkommen in der Zukunft, herzlich willkommen auf dem Campus Charlottenburg!

    Prof. Dr.-Ing. Prof. h.c. Jörg Steinbach, Präsident der TU Berlin

    Start-ups auf dem Campus

    39 Von der Insel auf den MarktWie die TU Berlin Gründern hilft, damit aus einer Idee ein Produkt wird

    40 Erdöl wird durch Wasser ersetztMade in CHIC – DexLeChem entwickelt ein innovatives Verfahren zur Wirkstoffherstel-lung. Teure Katalysatoren können wieder-verwendet werden

    41 Heimat auf der HüfteMade in CHIC – Sina Thomaseths Mode ist ein Spiel mit dem Dirndl

    42 Auf BeobachtungspostenMade in CHIC – Die mit Sensoren ausgestatte-ten Minicomputer für funkbasierte Netzwer-ke von „Virtenio“ sind die perfekten Helfer in der Logistik-Branche

    43 Befreit Marvin!Made in CHIC – Der Anspruch von „Bright-side Games“ ist, immer Neues zu wagen. In dem Computerspiel „Team Indie“ werden die Gründer dem erneut gerecht

    Campus-Geschichte(n)

    44 Ein cooler OrtSiyun LI und Kerim Tasdemir schätzen am Studentenwohnheim Siegmunds Hof die Internationalität und die Nähe zur Uni

    44 Zur Hochzeit nach WarschauPiotr Cupryjak fand im Wohnheim Freunde fürs Leben

    45 Campus-(Rück-)Blicke

    46–48 Von einem wichtigen Jahr, einer historischen Diplomarbeit und der Fabrik der ZukunftMit der Gründung der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin begann die Entwicklung Charlottenburgs von einer Residenzidylle zu einem Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort

    49 Kluge Köpfe

    02/03 Eine ideale AdresseRita Ruoff-Breuer, Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, zog mit ihrer Behörde in das Ernst-Reuter-Haus

    14/15„Ein bisschen Wildwuchs wäre schön“Der Präsident der Berliner Universität der Künste Martin Rennert über den Campus Charlottenburg, mögliche Synergien und kreative Andersartigkeit

    22/23Die Geburt einer IdeeIm Projekt „Rethin-king Prototyping“ lernen kreative Köpfe der TU Berlin und der UdK Berlin voneinander

    37Schönes ErwachenDie Pläne der TU Berlin für das Ostgelände brächten der City West einen echten Entwicklungsschub

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  • 02 | Alumni auf dem Campus 2013

    EinE idEalE adrEssERita Ruoff-Breuer, Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, zog mit ihrer Behörde in das Ernst-Reuter-Haus

    Quasi „neu“ auf dem Campus Charlottenburg ist das Bundesamt für Bauwesen und Raum-ordnung (BBR). Bis Ende 2012 zogen rund 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Ernst-Reuter-Haus und einen dahinter stehenden Anbau. Dass das BBR sich hier befindet, ist im Wesentlichen seiner Präsidentin Rita Ruoff-Breuer zu verdanken. Die TU-Alumna des Fa-ches Architektur (1971–1976) hat von ihrem Arbeitszimmer im vierten Stock den Campus Charlottenburg bestens im Blick. „Die zentrale und repräsentative Lage, die wir hier haben, ist für das BBR sehr wichtig. Ebenso wie für einen Wissenschaftscampus. Beides gehört einfach in die Mitte einer Stadt“, sagt sie.

    Sei es die Wiedererrichtung des Berliner Schlosses oder der Neubau des Bundesnach-richtendienstes – das BBR betreut alle wich-tigen Bauaufgaben des Bundes im In- und Ausland sowie die Kulturbauten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Außerdem berät es die Bundesregierung auf nationaler sowie eu-ropäischer Ebene bei Aufgaben der Stadt- und Raumentwicklung sowie des Wohnungs-, Im-mobilien- und des Bauwesens.

    Neben den Berliner Beschäftigten arbeiten 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter in Bonn. Die Kolleginnen und Kollegen in Ber-lin waren bis vor Kurzem auf 32 verschiedene Standorte verteilt. „Ein Gemeinschaftsgefühl kam da nicht auf. Mein Ziel war es, eine Ein-heit zu schaffen“, sagt Rita Ruoff-Breuer, die sich mit einer Mischung aus Beharrlichkeit und Geduld auf die Suche nach einem geeig-neten Standort machte und mit dem Ernst-Reuter-Haus eine ideale Adresse fand. .bk

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    Foto: TU Berlin/PR/Ulrich Dahl

  • 04 | Alumni auf dem Campus 2013

    dEr lichtmagiErDer Unternehmer Karsten Ehling lässt Gebäude leuchten

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    Abluftschächte gehören zu den Dingen, die von der Ar-chitektur verborgen werden sollten. Wie gut das gelingen kann, zeigen die Universitätsbibliotheken der TU Berlin und der Universität der Künste Berlin an der Fasanenstraße. Auf die Abluftschächte des Vorplatzes hat Karsten Ehling von „Lichtvision“ quaderförmige Lichtstelen gesetzt, die der Bibliothek ihren unverwechselbaren Charakter geben. Das Licht steigert die Identität des Hauses und schafft eine Marke. Es ist ein verbindendes Element, das den Vorplatz sanft beleuchtet, den Besucher schon von Weitem an das Haus heranführt und ihn so langsamer ankommen lässt. Der harte Kontrast zwischen der hell beleuchteten Straße und der schwarzen Fassade der Bibliothek wird durch das Licht der Stelen weicher und harmonischer.

    Dr. Karsten Ehling ist ein Meister der Lichtinszenierung. Pro-moviert hat er am TU-Institut für Elektronik und Lichttech-nik über den Einsatz von Tageslicht. Er weiß deshalb: Licht kann Architektur strukturieren, es kann Akzente setzen, es kann selbst Räume schaffen, vor allem aber kann es – wir-kungsvoll in Szene gesetzt  – emotionale Prozesse auslö-sen. Ehling und seine Partner von „Lichtvision“ beleuchten Brücken, verleihen Ausstellungsräumen ihre besondere Atmosphäre, versetzen Menschen in Fußballstadien in Stimmung und machen, wie etwa bei der Beleuchtung der schwebenden Dachkonstruktion des Sony Center in Berlin, den Besuch eines Gebäudes zu einem Erlebnis. .cp

    Foto: TU Berlin/PR/Ulrich Dahl

  • 06 | Alumni auf dem Campus 2013

    „ich habE das träumEn nicht aufgEgEbEn“Sigram Schindler, Vorstandsvorsitzender der TELES AG, unterstützt die Gründungsszene an der TU Berlin

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    Als Professor eine Firma zu gründen – das war 1983 ein Novum. Sigram Schindler tat es, und 2013 begeht die TELES AG Informationstech-nologien mit Sitz am Ernst-Reuter-Platz ihr 30-jähriges Jubiläum. „Nicht immer eine Er-folgsgeschichte“, sagt Sigram Schindler, „und dennoch gibt es uns noch, wenn man bedenkt, dass 90 Prozent der Gründungen schiefge-hen.“ Unternehmer wurde der TU-Professor für Kommunikations- und Betriebssysteme, weil der damalige Berliner Wirtschaftssena-tor Elmar Pieroth ihn in einer Kneipennacht für diese Idee begeistert hatte und Schindler etwas „technisch Schönes machen wollte“. Mit weniger als einer Handvoll Mitstreiter

    begann das Abenteuer Unternehmertum. Zwischenzeitlich wuchs die TELES AG auf fast 1000 Angestellte. Derzeit beschäftigt sie cir-ca hundert Mitarbeiter, die zukunftsweisende Systeme zum Betrieb und zur Nutzung von Fest- und Mobilnetzen entwickeln und her-stellen. Seiner Zeit voraus zu sein, das ist ein entscheidender Antrieb von Sigram Schindlers Handeln. Was jedoch einen erfolgreichen Un-ternehmer ausmacht – mit Ratschlägen hält er sich da zurück. Nur so viel: Wichtig seien ein belastbares Team, Einsatzfreude und Diszip-lin. Womit er sich nicht zurückhält, ist, Geld zu spenden für das TU-Gründungshaus. Ein wich-tiger Inkubator sei das, um junge Leute bei ih-

    ren ersten Schritten in die Selbstständigkeit zu unterstützen, sagt der 77-Jährige, der nach wie vor Vorstandsvorsitzender von TELES ist. Außerdem investiert er in die Ausbildung jun-ger Doktoranden – vor allem, um osteuropä-ischen Studierenden Deutschland emotional näherzubringen, und in die internationale Harmonisierung der nationalen Patentsyste-me, um drohenden Wirtschaftskriegen vorzu-beugen. Sein Motiv? „Ich habe das Träumen nicht aufgegeben, dass man etwas Schönes machen kann – auch beim Geldverdienen.“ .sn

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    gemacht. Bis es schließlich, jeglicher Bestimmung be-raubt, nur noch vor sich hin dämmerte.

    Nun wird es von C|O Berlin restauriert. Im Frühjahr 2014 soll es eröffnet werden, damit dort weitergeführt wird, was Ingo Pott und seine Freunde vor 14 Jahren in Berlin-Mitte begonnen hatten: dem Medium Fotografie eine Plattform zu geben für den internationalen Austausch, transdisziplinäres Arbeiten und soziale Interaktion. „Als Vermittler verstehen wir uns nicht in Bezug auf den Ort, sondern auf das Medium Fotografie. Es geht um visuelle Dialoge, darum, Fotografie in jedweder Art zu präsentie-ren. Das ist der Kern von C|O Berlin“, erläutert Ingo Pott.

    Dort hinzugehen, wo er etwas gestalten und sich in spannende Debatten einmischen kann, war für ihn 1990 ausschlaggebend, sein Studium der Biotechnologie im beschaulichen Tübingen gar nicht erst zu beginnen. Es zog ihn nach Berlin, dorthin, wo die Zukunft der vormals geteilten Stadt ganz neu verhandelt wurde. Er studier-te Architektur an der TU Berlin und gründete sein Studio „Pott Architects“. An der Uni fährt er jeden Tag vorbei und wundert sich, wie wenig die Universität im öffentlichen Raum sichtbar ist. Einen Vorschlag, das zu ändern, hät-te er: Aus der Straße des 17. Juni, jener riesigen Auto-abstellfläche, würde er einen Boulevard der Uni-Ideen machen. .sn

    Foto: Mila Hacke

    08 | Alumni auf dem Campus 2013

    lust auf unbEkanntEs

    Der Architekt und Mitgründer von C|O Berlin Ingo Pott

    mag die unentdeckten Räume

    Rau und ruppig und voller Gegensätze ist das Quartier um das Amerika-Haus. „Aber gerade deshalb wie geschaffen für C|O Berlin, sich an der Hardenbergstraße niederzulassen. Es ist ein Viertel, das neu zu entdecken ist“, sagt Ingo Pott, Architekt und Mitgründer der international re-nommierten Galerie für Fotografie C|O Berlin.

    Der unberechenbare Lauf der Geschichte hatte aus dem Amerika-Haus, das 1956/57 als Kul-tur- und Informationszentrum der USA erbaut worden war und jedermann offenstand, nach 9/11 zunehmend eine Hochsicherheitszone

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    „noch kEinE rundE sachE“Dirk Spender, Leiter des Regionalmanagements City West, über die Zukunft des Ernst-Reuter-Platzes

    Der Platz ist ein Zentrum der Wissenschaft und ein Nu-kleus für junge Gründer. Zu einem Ort für repräsentati-ve kulturelle Veranstaltungen könnte er noch werden, zum Beispiel für Veranstaltungen, die Berlins Bedeu-tung als internationale Metropole der Kreativwirtschaft betonen, so TU-Alumnus Dirk Spender über mögliche zukünftige Nutzungen des Ernst-Reuter-Platzes. Für ihn als Leiter des Regionalmanagements City West, das sich der Standortentwicklung verschrieben hat, ist die Belebung des Platzes ein wichtiges Ziel der Entwicklung des Campus Charlottenburg. Dazu werden verkehrs-bauliche Maßnahmen angedacht wie die Erschließung der Mittelinsel durch eine ebenerdige Querung, neue Konzepte für kaum genutzte Immobilien und Ideen entworfen wie für ein Café im Erdgeschoss des TU-Gebäudes für Bergbau- und Hüttenwesen. Der 48-jäh-rige Stadtplaner und Immobilienfachmann, der an der TU Berlin das Weiterbildungsstudium Real Estate Ma-nagement absolvierte, weiß um das spröde Image des Platzes in der öffentlichen Wahrnehmung. Weder phy-sisch noch emotional sei er leicht zugänglich, breche er doch mit den klassischen urbanen Bildern. „Konzipiert als moderner Gegenpart zur Gründerzeit und zur Zeit des Nationalsozialismus, stellt er einen Bruch mit alten Ideologien und der klassischen Blockrandbebauung dar. Insofern ist er ein demokratischer Platz. In der Archi-tektur spiegelt sich die gesellschaftliche Auffassung der Nachkriegszeit wider. Der Platz bedarf deshalb keiner baulichen Überformung, sondern einer behutsamen Weiterentwicklung bei den Gebäuden wie bei der Ge-staltung der Mittelinsel“, sagt Dirk Spender. Dies vor-anzutreiben und der Öffentlichkeit zu vermitteln, darin sieht er die Herausforderung für den Wissenschafts-, Wirtschafts- und Kulturstandort Ernst-Reuter-Platz. .sn

    10 | Alumni auf dem Campus 2013

    Foto: TU Berlin/PR/Ulrich Dahl

  • 2013 Die Ideengeber | 13

    und Designerin die Etage mit dem Biotechnologen und der Chemikerin. Das ist auch von internationaler Sichtbarkeit“, beschreibt Jörg Steinbach die Idee. Die Ansiedlung weiterer außeruniversitärer Einrichtun-gen ist ebenso gewollt.

    „Gerade dieses Beispiel vom Ostgelände zeigt, wie Campusentwicklung die Stadtentwicklung befeuern kann. Wir benötigen die Fläche dringend für die Er-weiterung unserer Universität. Vorteile hätte nicht nur die TU Berlin. Unsere Geschichte zeigt, wie eng unsere Hochschule mit der Entwicklung von Char-lottenburg verzahnt ist und wie viele Impulse von ihr ausgingen, um die damalige eigenständige Stadt und den heutigen Bezirk nach vorn zu bringen. Nicht nur unsere Wirtschaftskraft, sondern auch unsere Magnetkraft für Start-ups und Unternehmen stei-gert den Wert des Stadtviertels. Täglich kommen mehr als 35 000 Personen zum Campus. Ihr Arbeits-platz liegt mitten in der Stadt und nicht an deren Rand. Campus ist Stadt – dieser Titel des Siegerent-wurfs im Architekturwettbewerb für das Ostgelän-de bringt es auf den Punkt“, sagt Jörg Steinbach.

    Neben der Tradition und dem Zukunftspotenzial bei-der Universitäten wird der Campus durch ein Mit- und Nebeneinander von Wissenschaft, Wirtschaft und Wohnen geprägt. Zukünftig müsse sich der Campus auch noch stärker als bisher der Öffentlich-keit öffnen. Neue, moderne Leitsysteme verbunden mit mobilen Anwendungen und ein öffentliches Schaufenster der Wissenschaft und der Künste auf dem Ernst-Reuter-Platz wären denkbar. Schon jetzt bietet die UdK Berlin mehr als 800 Veranstaltungen im Jahr an, und die TU Berlin schafft immer wieder die Plattform für Großevents. Diese reichen von der Langen Nacht der Wissenschaften mit mehr als 35 000 Besuchen bis zur Queen’s Lecture mit rund 2000 Zuhörern.

    Neben der Campusplanung gibt es aber auch zahl-reiche inhaltliche Chancen. „Mit der immer enger werdenden Kooperation zwischen TU Berlin und UdK Berlin entsteht vor unseren Augen eine neue gemeinsame Kultur. In diesem Spannungsfeld entwickeln wir neue Forschungsprojekte. Die Hy-bridplattform mit Projekten aus Technik und den Künsten steht exemplarisch dafür. Aber auch für die Lehre öffnet uns das Miteinander beider Universi-täten viele Türen. Ich bin mir sicher, dass in naher Zukunft neue Angebote entstehen, die die Studie-renden nur bei uns vorfinden werden. Ein weiterer Vorteil ist die hohe Internationalität auf unserem Campus. Die Impulse, die davon für die ganze Stadt ausstrahlen, kann man gar nicht in Zahlen fassen. Berlin wird geprägt durch Kreativität, durch unter-schiedliche Kulturen und Menschen aus allen Län-dern dieser Erde. Für viele von ihnen sind unsere beiden Universitäten und der Campus Charlotten-burg ein starker Anziehungspunkt.“

    12 | Die Ideengeber 2013

    „In zehn Jahren sind die Hochhäuser um den Ernst-Reuter-Platz gefüllt mit vielen jun-gen kreativen Firmen und großen Wissen-schaftsverbünden. Zwei oder drei weitere DAX-Unternehmen haben ihre Forschungsab-teilungen nach Berlin verlegt. Ihre Wahl: der Ernst-Reuter-Platz. Am Fuße der Häuser öff-nen Cafés, Restaurants, Trendshops und Tech-nik-Stores ihre Türen. Sie haben nun auch eine direkte Verbindung zur Mitte des Platzes. Dort steht eine große begehbare und in der Nacht beleuchtete Skulptur für den Campus Charlot-tenburg. Studentenwohnungen gibt es in un-mittelbarer Nähe. Nach der Vorlesung geht es in die Forschungslabore der Fraunhofer-Ge-sellschaft, der Physikalisch-Technischen Bun-desanstalt oder in die Entwicklungsstudios großer Firmen. Abends wird weiterdiskutiert im Hybrid-Lab. Dieses befindet sich im frisch sanierten Umlauftank auf der Schleuseninsel – besser bekannt als „Rosa Röhre“. Dort haben mehrere Projekte ihren Sitz, in denen Künste auf Technik treffen. In ihnen ist der Charakter des Campus Charlottenburg am besten zu er-kennen. Die Wege sind kurz. Hörsaal, Labor, Club und Wohnung befinden sich in Laufnä-he. Und wenn der Kopf zu voll ist, treffen sich

    die Teams zum Joggen durch den Tiergarten“, so umreißt TU-Präsident Professor Jörg Stein-bach seine Visionen für die Weiterentwick-lung des Campus Charlottenburg mit seinem Herzstück – dem Ernst-Reuter-Platz.

    Sind die Überlegungen für den Platz noch ein Gedankenspiel, so gibt es für ein Nachbarareal schon konkrete Pläne. Wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt auf dem sogenannten Ost-gelände an der Bahntrasse zwischen Zoo und Tiergarten sollen neue Wissenschaftshäuser entstehen. Um sie herum ist ein komplettes kleines Stadtviertel mit Studentenwohnun-gen und Tagungshotel geplant. „Aber nicht nur die Bausubstanz soll neu sein, sondern auch das Konzept. Als Nutzer stellen wir uns interdisziplinäre Forschungsteams vor, die für ein oder zwei Jahre gemeinsam ein Projekt verfolgen, ihre unterschiedlichen Sichtweisen und Forschungsmethoden einbringen und am Ende Neues entstehen lassen. Wir vergeben einen Teil dieser Räumlichkeiten nicht mehr nach Fakultätszugehörigkeit, sondern auf-grund der benötigten Fachexpertise, die in ein Großprojekt fließen muss. So teilen sich temporär der Elektrotechniker, die Künstlerin

    Lebendiger Ort der BegegnungenVisionen für den Campus Charlottenburg

    Text Stefanie Terp

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    Jörg Steinbach, Präsident der TU Berlin

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    Was sind Ihre Pläne, um diese Begegnungen noch weiter zu institutionalisieren?Gemeinsame Veranstaltungen! Das ist ganz wichtig, um eine gemeinsame Kultur zu eta-blieren und überraschende Begegnungen zu ermöglichen. Auf einer anderen Ebene geht es aber auch darum, den Campus Charlotten-burg nicht nur zu einer Idee, sondern auch zu einem Ort zu machen. Einem Ort, der beliebt und belebt ist, wo man gerne hingeht. Der Ernst-Reuter-Platz wäre prädestiniert als zen-traler Platz des Campus Charlottenburg – aber im Moment ist er doch eher eine Brache mit-ten in der Stadt. Und das trotz der unmittelba-ren Nachbarschaft zu den Hochschulen, dem Schiller-Theater oder der Deutschen Oper. Stu-dentisches Leben findet hier nicht statt; das müssten wir ermöglichen. Der Campus Char-lottenburg ist auch eine Chance, Berlins Posi-tion als Stadt der Wissenschaft und der Künste zu stärken. Doch das können die Hochschulen nicht alleine. Dazu müssen wir eng mit unse-ren Partnern wie der Bezirksverwaltung und allen Anrainern zusammenarbeiten.

    Welchen Input würden Sie sich dazu von Ih-ren Partnern wünschen?Als Hochschulpolitiker weiß ich natürlich, dass solche Entwicklungen Zeit brauchen und durch viele kleine Schritte auf den Weg ge-bracht werden. Als Künstler aber sage ich: Ich will ja gar keine Revolution, sondern das, was man in der Kunst eine „intelligente Interventi-on“ nennt. Wenn man einen einfachen oberir-dischen Zugang zur Mittelinsel des Ernst-Reu-ter-Platzes schaffen würde und auf der Insel

    die baulichen Möglichkeiten für ein Café, dann wäre damit eine unumkehrbare Entwicklung in Gang gesetzt, die auch die Landschaft rund um den Platz zum Positiven verändern wür-de. Das scheitert bislang unter anderem am Denkmalschutz und an der Angst vor Wild-wuchs. Als Künstler sind mir Denkmalschutz und Urheberrechte ein wichtiges Anliegen, aber ein bisschen Wildwuchs könnte hier vielleicht belebend wirken. Ziviles Leben, das vom Campus geprägt ist, wäre mein Ziel. Wir werden das Thema weiter verfolgen!

    Welche anderen Partner würden Sie noch gerne mit in den Campus Charlottenburg in-tegrieren?Die IHK, die Börse, das Museum für Fotografie und viele Anrainer sind grundsätzlich bereits auf unserer Seite. Ich glaube, wir sollten auch viele andere Akteure, vor allem die benach-barten Forschungseinrichtungen, mit ins Boot holen. Auch die werden sich anschauen: Wie entwickelt sich die Gegend hier? Orientiert man sich nur Richtung Kuʼdamm? Die UdK hat zum Beispiel eine hervorragende Partner-schaft mit dem Waldorf Astoria. Das Hotel hat Künstlern der Hochschule mehr als 600 Ori-ginalwerke abgekauft und damit alle Zimmer eingerichtet. Auch kleinteilige Gewerbetrei-bende wie der lokale Gemüsehändler oder Cafés sind wichtige Partner, um den Campus Charlottenburg zu einem lebenswerten Ort zu gestalten. Man könnte daraus ein Mo-dellprojekt machen: die Revitalisierung eines zentralen Stadtteils durch Kunst und Wissen-schaft.

    Wenn Sie an die Zukunft denken, was sind Ihre nahen und weiteren Ziele oder Wünsche für die Entwicklung des Campus Charlotten-burg?Unmittelbares Ziel für die kommenden Jahre ist es, unsere eigenen Professoren und Mit-arbeiter noch mehr für das Projekt und seine Chancen zu sensibilisieren – sowohl an der UdK wie an der TU Berlin. Mein langfristiger Wunsch wäre es, den Campus als zentralen und lebendigen Ort des wissenschaftlichen und künstlerischen Lebens und Arbeitens in Berlin in den Köpfen der Menschen zu ver-ankern. Der Verkäufer aus dem Gemüseladen an der Ecke muss nicht im Detail wissen, wel-che Forschung hier betrieben wird, aber er sollte sich wünschen, dass seine Kinder hier studieren.

    Vielen Dank!

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    14 | Die Ideengeber 2013

    Herr Professor Rennert, Sie gehören zu den Mitgründern und Ideengebern des Campus Charlottenburg – war das eine Idee, die in der Luft lag?Ich würde sagen, Kybernetik lag in der Luft. Die Universitäten kommen aus einer jahrhun-dertealten Tradition der Spezialisierung. Zwar haben wir natürlich keine Grenze des Wissens erreicht, aber es setzt sich in den letzten Jah-ren doch immer mehr die Erkenntnis durch, dass Wissen mehr ist als Fachwissen. Nicht zuletzt hat die globale Wirtschaft uns gezeigt, dass man auch globaler denken muss. Bricht man das auf die Universitäten in Berlin herun-ter, haben sowohl die TU Berlin als auch wir uns gefragt: Was müssen wir tun, um an der

    Spitze der Bewegung zu bleiben? Wenn zwei auf ihrem jeweiligen Gebiet herausragende Universitäten so nah beieinandersitzen, da wäre es doch fahrlässig, nur gemeinsam die Mensa zu nutzen oder Schnee zu schippen. Durch unsere räumliche Nähe wollen wir auch die Potenziale heben, die eine TU in Aachen oder eine Kunsthochschule in Saarbrücken gar nicht heben können.

    Was bedeutet das in der Realität? Wo treffen Studierende oder Beschäftigte der beiden Hochschulen tatsächlich aufeinander? Am Anfang des Studiums ist der Kontakt über die Grenzen des eigenen Fachs hinaus sicher nicht sehr groß, nicht einmal zwischen den verschiedenen Fakultäten einer Hochschule. Das ist verständlich. In der UdK haben wir für die frühen Semester ein Studium generale eingeführt, das auch TU-Studierenden offen-steht. Je weiter man in sein eigenes Fachge-biet vordringt, desto klarer wird einem aber auch, dass es eine unendliche Fülle an Wis-sensgebieten gibt, von denen man im Grund-satz nichts weiß – die aber trotzdem für das eigene Fach hochinteressant sein können. So kann einen als Künstler zum Beispiel die Mul-timediatechnik beschäftigen oder der Mathe-matiker kann ein begeisterter Konzertbesu-cher sein. Der Campus Charlottenburg bietet eine ideale Begegnungsfläche für Menschen, die auf einem Gebiet spezialisiert sind, aber Laien auf einem anderen. Gerade diese An-dersartigkeit bringt oft die kreativsten Ideen hervor. Je lebendiger der Campus Charlot-tenburg wird, desto stärker wird sich dieses Bewusstsein der Möglichkeiten durchsetzen. Die Hybridplattform beider Universitäten oder der Design Reaktor haben hier ein enormes Potenzial gezeigt, das es anderswo nicht gibt. Trotzdem: Es wird auch weiterhin Bereiche geben, die weitestgehend getrennt vonein-ander existieren. So wird es vermutlich nur in Ausnahmefällen eine Zusammenarbeit zwi-schen den Kirchenmusikern der UdK und den Chemikern der TU Berlin geben.

    „Ein bisschen Wildwuchs

    wäre schön!“Martin Rennert, Präsident der Berliner

    Universität der Künste (UdK), über den Campus Charlottenburg, mögliche Synergien, kreative

    Andersartigkeit und was daraus werden kann

    Interview Katharina Jung

    „Ich will keine Revolution,sondern das, was man

    in der Kunst eine ,intelligente Intervention‘ nennt.“

  • 2013 Die Ideengeber | 17

    Hier eine gemeinsame Identität zu schaffen und das hohe Anziehungspotenzial für junge Menschen und kreative Köpfe zu halten und zu verbessern liegt natürlich auch im Interes-se des Bezirks.“

    Betrachtet man den Campus Charlottenburg auch als Stadtteil und nicht nur als Idee, bie-tet sich der Ernst-Reuter-Platz als natürliches Zentrum des Campus an. Vorstellungen zur Belebung des Platzes gab es in der Vergan-genheit mehrfach. Darunter unter anderem ein überirdischer Zugang zu der Mittelinsel oder der Fahrradverkehr in beide Richtungen. Reinhard Naumann kennt diese Ideen, aber auch die Schwierigkeiten dieser Planung: „Es ist unser Ziel, öffentliche Flächen erlebbar zu machen, allerdings können solche Planungen in einer Stadt von der Größe Berlins nicht iso-liert vorgenommen werden, sondern müssen in allgemeine Stadtentwicklungsplanungen eingebettet werden. Auch der Denkmal-schutz muss berücksichtigt werden. Aber: Wir arbeiten an dem Thema.“ Er ist überzeugt, dass es im Jahr 2014 erste sichtbare Zeichen der Belebung des Ernst-Reuter-Platzes geben wird.

    Dass es sich dabei um einen Prozess handelt, der langen Atem und viel Geduld braucht, ist Reinhard Naumann klar: „Unser gemeinsames Ziel ist es, hier eine Marke, einen Namen zu etablieren. Was gibt es alles in Charlottenburg-Wilmersdorf? Viel mehr als den Ku‘damm, das Charlottenburger Schloss, den Grunewald und die Gedächtniskirche – eben auch den Cam-pus Charlottenburg. Spätestens in zehn Jahren sollte jeder wissen: Campus Charlottenburg? Klar, das ist doch der Ort in Berlin, wo Wissen-schaft, Kunst, Kultur und Wirtschaft kreativ zu-sammenarbeiten!“

    -Info

    DIE UNIVERSITäTEN TU Berlin – renommiert, traditionsreich, einzigartig

    Die TU Berlin zählt zu den großen, international renommierten und tra-ditionsreichen technischen Universitäten in Deutschland. Das Leistungs-spektrum ihrer sieben Fakultäten steht für eine einzigartige Verbindung von Natur- und Technikwissenschaften mit Planungs-, Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaften an einer technischen Universität. In der Hauptstadtregion ist die TU Berlin die einzige Universität, an der man ingenieurwissenschaftliche Fächer studieren kann. 

    Die Universität in ZahlenRund 31 000 Studierende7 Fakultäten115 Studiengänge315 Professuren20 Juniorprofessuren2580 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter2147 Beschäftigte in der Verwaltung, in den Bibliotheken und Werkstätten15 Habilitationen im Jahr 2012461 Promotionen im Jahr 2012Jährlich etwa 150 Auszubildende in 17 Berufen287,6 Millionen Euro Landeszuschuss im Jahr 2013159,6 Millionen Euro Drittmittel im Jahr 2012 Stand 10/2013

    www.tu-berlin.deGesellschaft von Freuden der TU Berlin e. V.: www.freunde.tu-berlin.de

    Universität der Künste Berlin – ein Solitär in Europa

    Die Universität der Künste Berlin kann auf eine über 300-jährige Ge-schichte zurückblicken und ist die einzige Universität Europas, die alle Künste und die ihnen zugeordneten Wissenschaften unter einem Dach ver-einigt. Die vier Fakultäten der Hochschule pflegen über 100 internationale Hochschulpartnerschaften und sind ein Magnet für Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt – etwa 20 Prozent aller Studierenden sind Ausländer. Gleichzeitig ist die Universität mit über 800 Veranstaltungen jährlich ein fester Bestandteil der Berliner Kulturszene.

    Die Universität in ZahlenRund 4000 Studierende219 Professorinnen und Professoren213 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter1698 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insgesamt81 Studiengänge1 Promotionsstudiengang6 Bühnen-/Konzert-/Opernreifeprüfungen, Meisterklassen66,3 Millionen Euro Landeszuschuss5,2 Millionen Euro Drittmittel Stand 2012

    www.udk.deFreundeskreis der Universität der Künste Berlin – Karl Hofer Gesellschaft e.V.: www.udk-berlin.de/sites/karl-hofer-gesellschaft

    Campus Charlottenburg

    Leitung der Geschäftsstelle: Petra SchubertStraße des 17. Juni 135, 10623 BerlinTel.: +49 (0)30 314-2 21 08, Fax: +49 (0)30 314-7 32 25 [email protected], www.campus-charlottenburg.org

    Reinhard Naumann

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    16 | Die Ideengeber 2013

    „Der Campus Charlottenburg braucht die bei-den Universitäten, aber der Campus Charlot-tenburg muss mehr ins Visier nehmen als nur die beiden Hochschulen“, sagt Reinhard Nau-mann, Bezirksbürgermeister von Berlin Char-lottenburg-Wilmersdorf. Nicht zuletzt deshalb war und ist die Bezirksverwaltung von An-fang an ein wichtiger Partner des Projektes. „Die Bezirksverwaltung bringt die notwen-digen planerischen Kompetenzen mit, kann die Campusidee zum Beispiel im Rahmen des

    Regionalmanagements City West fördern und auch so verschiedene Anrainer wie große Immobilienbesitzer mit an den Tisch holen“, so Reinhard Naumann. „Aus meiner Sicht ist der Campus Charlottenburg der Versuch, eine Klammer über ein Gebiet zu setzen, das von den beiden Hochschulen, drei Fraunhofer-Instituten, einigen Wirtschaftsunternehmen, aber auch von den zahlreichen kulturellen An-geboten wie zum Beispiel der Deutschen Oper Berlin oder dem Schiller-Theater geprägt ist.

    IdEntItät stIftEnBezirksbürgermeister Reinhard Naumann will, dass der Campus Charlottenburg eine Marke wird

    Text Katharina Jung

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    Das Rathaus von Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf mit seinem 89 Meter hohen Turm

  • 2013 Die Hybridplattform | 19

    lich angetan davon, was der künstlerische Zugang seiner Kollegin aus seinen auf Funktion getrimmten bepflanzten Glasbassins gemacht hat.

    Aus Pflugmacher Limas Forschung und der Kunst von Susan-ne Lorenz entstand in dem Flüsschen Seseke in Nordrhein-Westfalen die „Line of Beauty“ und für Venedigs Arsenal, die historische Schiffswerft und Flottenbasis der Stadt, der Entwurf für ein schwimmendes Schwimmbad (siehe Abbil-dung). Aber erzählen wir die Geschichte von vorn.

    Eines der wissenschaftlichen Themen von Stephan Pflug-macher Lima ist die Reinigung von Gewässern. Seit Lan-

    gem forscht er an Pflanzen, die aus verunreinigten Seen, Teichen und Flüssen, aber auch aus Regenwas-

    ser Gifte, Schwermetalle und andere Schadstoffe filtern. Pflugmacher Lima hat seinem System den griffigen Namen „grüne Leber“ gegeben.

    Für die Reinigung der Gewässer macht er sich den Stoffwechsel der Pflanzen zunutze: Sie nehmen aus dem Wasser Substanzen auf, wan-deln sie um und verwenden sie zum Wachsen. „Im Prinzip eignet sich zum Entgiften jede Pflan-ze, die in Gewässern leben kann. Aber welche

    zum Einsatz kommt, hängt davon ab, mit welchen Schadstoffen das Gewässer belastet ist“, erklärt

    Stephan Pflugmacher Lima.

    Hinter diesem Wissen stecken 14 Jahre intensive Grundlagenforschung. „Wir müssen jede Pflanze ,fragen’, was sie kann, ihren Stoffwechsel analysieren und verste-hen. Das ist enorm aufwendig“, sagt der 48-Jährige, der seit 2010 an der TU Berlin lehrt und zuvor am Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfische-rei forschte. In seinem Labor am Ernst-Reuter-Platz findet sozusagen die „Rundumbefragung“ statt, wird getestet, welche Pflanzen miteinander harmonieren. „Denn wenn das nicht der Fall ist, kann das zu einem ,chemischen Krieg’ führen, bei dem sich die Pflanzen gegenseitig am Wachstum hindern“, so Pflugmacher Lima. In schlichten Glasaquarien wachsen Hornkraut, Tausendblatt und Was-serpest heran. Mittlerweile wissen die Wissenschaftlerin-nen und Wissenschaftler um Stephan Pflugmacher Lima sehr genau, welche Pflanze am besten Schwermetalle abbauen kann oder geeigneter ist, Blaualgentoxine oder polyaromatische Kohlenwasserstoffe unschädlich zu ma-chen. „Die Pflanzen sind bei der Reinigung der Gewässer unsere Werkzeuge; unser Werkzeugkasten ist gut be-stückt“, sagt Pflugmacher Lima und fügt an, dass für die jeweiligen Systeme in unterschiedlichen Ländern immer nur dort heimische Pflanzen eingepflanzt werden. „Wir schleppen keine Fremdlinge ein.“ Das zu erwähnen ist ihm wichtig.

    Susanne Lorenz integrierte Pflugmachers „grüne Leber“ in ihre künstlerische Auseinandersetzung mit Fragen unserer Zeit. Für das Hafenbecken des Arsenal-Geländes in Venedig entwarf Lorenz besagtes schwimmendes Schwimmbad in Form eines Schwimmrings mit 40 Metern Durchmesser. Den

    äußeren Ring bilden Stegflächen und vier Segmente mit be-pflanzten Wasserbassins, Pflugmachers Pflanzenkläranlage. Im Inneren des Rings befindet sich das Schwimmbecken, ge-füllt mit dem Wasser der Lagune, das zuvor durch die Pflan-zenbassins geflossen ist. Das Badewasser des Schwimmbe-ckens wird auf die gleiche Weise gesäubert, bevor es in die Lagune zurückfließt. „Die Form des Schwimmbades nimmt Bezug auf das Untergangsszenario Venedigs, der Schwimm-ring ist bei jedem Wasserstand benutzbar und kann somit auch als Rettungsinsel dienen. Den Prognosen eines wei-teren Wasseranstiegs und zunehmender Verschmutzung wird aber nicht nur adaptiv begegnet, sondern auch prä-ventiv, denn der Badebetrieb im Schwimmring würde einen stetigen Klärvorgang des Lagunenwassers bewirken. So ist ein Zukunftsszenario denkbar, bei dem das Wasser des Schwimmbeckens nicht mehr vom Außenwasser getrennt ist und direkt im Wasser der Lagune gebadet werden könn-te“, erklärt Susanne Lorenz, die übrigens auch das Bade-schiff in Berlin-Treptow erfand. In dem Flüsschen Seseke am Kamener Kreuz integrierte die Künstlerin die „grüne Leber“ in jene „Line of Beauty“. Sie gab den von Hölzern begrenzten kanalartigen Abschnitt, in dem heimische Wasserpflanzen das Wasser der Seseke reinigen, besagte geschwungene Kontur, mit der Susanne Lorenz den Lauf des Flusses nach-empfand, bevor er 1920 begradigt worden war und zum Ab-wasserkanal verkam. Seit 2005 wird die Seseke renaturiert.

    Längst ist die „grüne Leber“ ein Exportschlager

    Valentina Karga möchte mit der „grünen Leber“ Berlins Regenwasser von Abgasen und Schwermetallen säubern und damit Tomaten, Kohl und Kräuter bewässern. Karga, die in Griechenland Architektur studierte und Stipendiatin an der Graduiertenschule der Universität der Künste ist, beschäftigt sich mit Fragen der Selbstversorgung, der Do-it-yourself-Kultur und geschlossenen Kreisläufen, um Wege zu finden für ein nachhaltiges Leben. In dem Hybridprojekt „Machine for Sustainable Living“ will Karga Pflugmachers Pflanzenkläranlage in ein solches System für ein nachhalti-ges Leben einbinden.

    Längst ist die „grüne Leber“ so etwas wie ein Exportschla-ger geworden. In China ist sie dabei, den fünfgrößten See des Landes aus einer hochtoxischen Blaualgenbrühe wie-der in ein natürliches Gewässer zu verwandeln. In Bolivien, Argentinien und Brasilien werden Seen und Regenwasser entgiftet. In Südkorea koordiniert Pflugmacher Lima ein lan-desweites Projekt zusammen mit dem Korea Institute of Sci-ence and Technology (KIST). „Seit anderthalb Jahren treten in Südkoreas Flüssen massiv Blaualgen auf“, erzählt Pflug-macher Lima. Er hofft, die Flüsse mit seinen Pflanzenkläran-lagen in einen solchen Zustand zu versetzen, sodass sie in ein paar Jahren vielleicht wieder ausgebaut werden können.

    www.ecotoxicology-tu-berlin.com www.susanne-lorenz.de

    18 | Die Hybridplattform 2013

    HyBRIDPlATTfoRM Die Pflanzenkläranlagen des Biologen Stephan Pflugmacher Lima integriert die Künstlerin Susanne Lorenz in ihre Kunstprojekte

    Text Sybille Nitsche

    „Wir sollten es mäandern lassen, Schwung hineinbrin-gen.“ Die Ermunterung der Künstlerin Susanne Lorenz ver-störte Stephan Pflugmacher Lima anfangs. Warum seine Pflanzenkläranlage geschwungen sein soll, wenn es ein schnörkelloser Glaskasten fürs Funktionieren auch tut, erschloss sich ihm nicht. Doch nach zwei gemeinsamen Projekten mit der Professorin der Universität der Künste Berlin ist der Biologe und Professor für Ökologische Wir-kungsforschung und Ökotoxikologie an der TU Berlin ziem-

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    -Info

    ort für Grenzgängerinnen und Querdenker

    Die Hybridplattform ist eine transdisziplinäre Arbeits- plattform der TU Berlin und der Universität der Künste Berlin auf dem Campus Charlottenburg. Im Jahr 2010 gegründet, ist sie ein Ort für Lehr-, Forschungs- und Ent-wicklungsprojekte an der Schnittstelle von Wissenschaft, Technologie und Gestaltung, ein Ort für Grenzgänge-rinnen und Querdenker. Hier werden die Kompetenzen künstlerisch-gestalterischer sowie ingenieur- und naturwissenschaftlicher Disziplinen zusammengeführt. Interdisziplinäre Teams beider Universitäten arbeiten mit Experten aus Forschungseinrichtungen und Unter- nehmen zusammen mit dem Ziel, gesellschaftlich relevante Themen der Zukunft herauszuarbeiten. Vier Hybridprojekte stellen wir an dieser Stelle vor.

    www.hybrid-plattform.org

  • 2013 Die Hybridplattform | 21

    Er predigte Einfachheit und huldigte dem Design. Seine Entwickler sollten ihm ein Handy mit nur einem Knopf entwerfen, weil er mehr Knöpfe für zu kompliziert hielt. Und legendär sein Satz: „Wir haben die Buttons auf dem Bildschirm so gutaussehend gestaltet, dass ihr sie ablecken wollt.“ Steve Jobs war der Großmeister in Sachen Usability und verdiente damit Millionen.

    Dass Nutzerfreundlichkeit und Nutzererlebnis entscheidend für den Verkaufserfolg von IT-Produkten sind, sollte also Gemeingut sein. Doch laut einer vom Bundeswirt-schaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie haben deutsche Unternehmen die Gebrauchstauglichkeit (Usability) als Wettbewerbsvorteil bislang nur unzureichend verinnerlicht. Eine Ursache ist, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nicht über die Mittel und das Wissen verfügen, Software so herzustellen, dass sie perfekt auf den Anwender zugeschnitten ist. Das Kompetenzzentrum für Usability-Maßnah-men „UseTree“ will diese Lücken schließen: Die Usability-Idee soll in den KMU nach-haltig verankert werden. Dafür soll Wissen über Usability vermittelt, Methoden zu deren Umsetzung entwickelt und Softwareherstellern wie -anwendern zugänglich gemacht werden. Insofern versteht sich „UseTree“, ein Verbund aus TU Berlin, Uni-versität der Künste Berlin (UdK), dem bao-Büro für Arbeits- und Organisationspsy-chologie und Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie, als eine Plattform für den Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Praxis.

    „UseTree“ erforscht Methoden, wie die Gebrauchstauglichkeit von internetbasierten betrieblichen Anwendungen, speziell für KMU und die dort bestehenden Rahmen-bedingungen, optimiert werden kann. Diese werden in der Praxis in Pilotprojekten eingesetzt und in nachhaltige Best-Practice-Beispiele überführt. So arbeiten zum Beispiel Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Berlin und der UdK inter-disziplinär zusammen, um eine Software zum Management von Arztpraxen inklu-sive internetbasierter Terminvergabe zu verbessern. Die Entwickler werden für das Thema Usability und Gestaltung sensibilisiert und mit Methoden ausgestattet, um in ihre fortwährenden IT-Entwicklungsprozesse eine solche Herangehensweise nach-haltig zu integrieren, die immer die Nutzerin und den Nutzer im Blick hat.

    Wie einfach und intuitiv mobile Software in betrieblichen Abläufen aus Sicht des Anwenders ist, untersucht wiederum bao. „In der Gastronomie und im Einzelhandel sind mobile Geräte wie das Tablet auf dem Vormarsch. Ob als digitale Speisekarte oder komplettes Kassensystem, inklusive Bestellungen, Reservierungen, Karten-zahlung sowie Buchhaltungs- und Warenwirtschaftsoptionen, werden sie besonders von jungen, technikaffinen Existenzgründern genutzt und ersetzen die klassische Registrierkasse, die in der Anschaffung teuer ist und mit den ‚Multitasking-Talenten‘ eines Tablets nicht mithalten kann“, sagt der Arbeitspsychologe Matthias Becker vom bao. Im Rahmen von „UseTree“ wird das bao analysieren, wie nutzerfreundlich mobile Kassensoftware ist, welchen Anforderungen sie im Arbeitsalltag genügen muss und wo ihre unzureichende Gebrauchstauglichkeit zu Stress, psychischer Be-lastung und damit zu einer Gefährdung für die Beschäftigten wird.

    www.usetree.de

    Mach‘s doch einfach! HyBRIDPlATTfoRM Arbeitspsychologen, Informatiker und Designer werben mit „UseTree“ gemeinsam für den Usability-Gedanken

    Text Sybille Nitsche

    TU Berlin studiert. So einiges musste von den UdK-Studierenden neu erdacht werden. Die TU-Studierenden wiederum mussten unter anderem lernen, dass funktionierende Tech-nik allein noch keinen lebenswerten Wohn-raum schafft.

    Umsonst war das Diskutieren, zuweilen bis tief in die Nacht hinein, nicht. Das Team der beiden Unis gehört zu den weltweit 20 Fi-nalisten des Solar-Decathlon-Wettbewerbs 2014. Dann werden sie „Rooftop“ in den Gär-ten von Versailles 1:1 aufbauen und der Welt präsentieren.

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    20 | Die Hybridplattform 2013

    Text Sybille Nitsche

    Diesmal war es anders. Nicht ein einzelnes solareffizientes Haus für die grüne Wiese soll-te entworfen werden, weil dies lediglich der Zersiedlung Vorschub leistet. Sondern diesmal bestand die Herausforderung für den inter-nationalen studentischen Bau- und Design-wettbewerb Solar-Decathlon 2014 darin, eine Lösung für eine ressourcenschonende, energieeffiziente Stadtverdichtung zu finden, die auf die spezifischen Gegebenheiten einer Stadt – wie zum Beispiel Berlin – reagiert. Die Lösung für die Hauptstadt heißt „Rooftop“, entwickelt von Studierenden der TU Berlin und der Universität der Künste Berlin (UdK).

    „Rooftop“ ist eine auf das Dach eines Berliner Altbaus gebaute Wohnung. „Rooftop“ ver-dichtet den städtischen Raum nicht, indem Lücken zugebaut werden, sondern nutzt vor-handene Strukturen und bewahrt die charak-teristischen Freiräume Berlins. Das Konzept besticht durch die Idee, dass diese einzige Wohnung über Photovoltaikmodule so viel Energie produziert, dass sie damit einen Teil des Energiebedarfs der darunter liegenden Wohnungen und des Gewerbes mitdeckt.

    Über eine in 16 Segmente unterteilte hoch-klappbare Fassade, bestehend aus integrier-ten Photovoltaikmodulen (weitere befinden sich auf dem Dach der Wohnung), wird die Sonnenenergie im Sommer optimal genutzt. Gleichzeitig verschattet die Fassade die Woh-nung. Im Winter ist sie nach unten geklappt und fungiert wie eine isolierende Hülle. Die nun vertikalen Module fangen die Strahlen der niedrig stehenden Sonne ebenfalls optimal ein. Der erzeugte Strom wird nicht langfristig und damit aufwendig und teuer zwischenge-speichert – auch das ist innovativ –, sondern mit der Mietergemeinschaft geteilt. Das Ziel ist, im Rahmen der Kosteneffizienz eine für die Gemeinschaft ideale Stromspeicherung

    und -nutzung zu ermöglichen. Und neben den ökologischen und ökonomischen Aspekten der Nachhaltigkeit zeigt „Rooftop“ auch einen Weg auf, wie die energetische Sanierung ei-nes Hauses nicht zwangsläufig zu steigenden Mieten und zur Vertreibung alteingesessener Mieter führen muss, denn gerade dies ist ein virulentes Problem in der Stadt.

    Aber „Rooftop“ ist mehr als eine nachhaltige Antwort auf die Verwerfungen des Berliner Immobilienmarktes und den globalen Klima-wandel. „Rooftop“ steht für eine beispielhafte Interdisziplinarität. „Als Architekturstudent der UdK sucht man immer nach der starken Grundidee“, erzählt Alessandro Jänicke (27),

    nEu bEdachtHyBRIDPlATTfoRM Mit ihrem Projekt „Rooftop“ gehören die Studierenden der TU Berlin und der UdK Berlin im Solar-Decathlon-Wettbewerb zu den Finalisten. 2014 werden sie es in Versailles der Welt präsentieren

    „aber als das Konzept für unser ,Rooftop‘-Haus stand, war klar, dass wir UdKler nicht den Hauch einer Chance im Solar-Decathlon-Wett-bewerb haben würden ohne das technische Know-how von Ingenieuren.“ Sie holten es sich an der TU Berlin. Studierende aus sieben TU-Fachgebieten sind involviert. „Die größte Herausforderung besteht darin, für das archi-tektonische Konzept der UdK-Studierenden technische Lösungen zu finden, das Konzept gegebenenfalls auch zu modifizieren, damit die Technik nicht hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt oder gar konterkariert wird. Wo-bei das Konzept durch die Technik niemals verflacht werden darf“, sagt Syavasch Aarabi (24), der Wirtschaftsingenieurwesen an der

  • 2013 Die Hybridplattform | 23

    programmieren müssen, um dann festzustel-len, dass seine Idee doch nicht so gut war. Nutzerinnen und Erfinder sollen vielmehr in einem möglichst frühen Stadium die App er-proben können.

    Bei „Blended Prototyping“ steht zudem der natürliche Designprozess im Vordergrund, die Art und Weise also, wie Menschen unge-hemmt und kreativ Ideen entwickeln. „Wenn man etwas entwirft, ist es normal, dass man gemeinsam an einem Tisch sitzt und etwas bespricht. Und es ist natürlich, dass man dabei zu Papier und Stift greift“, sagt Bähr.

    Die Lösung: eine „Tabletop-Computing-Um-gebung“ – ein Tisch, über dem verschiedene Kameras und Projektoren installiert sind, die wiederum mit einem Tablet und einem inter-aktiven Computersystem verbunden sind. Über Kameras und Barcodes wandern die Papier-entwürfe in die virtuelle Welt und können dort mit Befehlen versehen werden. Dies alles wird von einem Algorithmus automatisch in einen Code verwandelt, der für die spätere Software genutzt und umgeschrieben werden kann.

    Diese Erfindung wollen auch die Kollegen von „Hybrid Prototyping“ nutzen. Verantwortlich für dieses Teilprojekt sind Prof. Dr.-Ing. Rainer Stark, Leiter des TU-Fachgebiets Industrielle Informationstechnik, und Prof. Dr.-Ing. Chris-toph Gengnagel aus dem Bereich Konstrukti-ves Entwerfen und Tragwerksplanung an der UdK. Auch hier führt der Weg der Idee in die Wirklichkeit über die virtuelle Welt, bezie-hungsweise über einen schwarzen Kasten  – das Virtual Reality Solution Center, das sich in den Laboratorien des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktions-technik befindet. Hier können Stark und sein

    Team mittels eines Technologiemix Produkte sehen, die es noch nicht gibt. Nun wollen sie sogar noch einen Schritt weiter gehen: Die Zukunft soll hier nicht nur sichtbar, sondern auch erlebbar werden.

    Wenn die digitalen Simulationsmodelle und die Laborhardware so weit sind, soll in der schwarzen Box Mobilität erfahrbar werden. Dann kann man dort in einem virtuellen Berlin ein Verleihsystem mit Pedelecs erproben – und herausfinden, wie nicht nur das Rad, son-dern auch die Dienstleistungen drum herum aussehen müssen. Stark und sein Team ent-wickeln hybride Leistungen, sogenannte „Product Service Systems“ (PSS)-Prototypen.

    Der Ingenieur ist von den unterschiedlichen Denkweisen fasziniert, die bei „Rethin-king Prototyping“ aufeinanderprallen. „Der Entwickler ist eine bestimmte Spezies von Mensch. Er wird zumeist hinter geheimen Mauern gehalten, lebt in seiner technischen Welt und forscht dort sehr zielorientiert“, sagt Stark. Künstler und Architekten seien da ganz anders: „Mehr User-orientiert, sie probieren mehr aus und erstellen gerne interaktive Ins-tallationen“, fügt er schmunzelnd an.

    Professor Jussi Ängeslevä ist vielleicht einer von jenen, die ebendiese andere Sichtweise auf die Welt haben. Wenn er von Prototyping redet, meint er damit meist die Werkzeu-ge des Rapid Manufacturing: Drucker, Fräse, Lasercutter. Auch er hat wie Stark mit PSS zu tun. Seine Frage aber ist eine andere: „Uns geht es nicht um Optimierung, sondern um Werte“, sagt der Designer, der Gastprofessor am Institut für Zeitbasierte Medien der UdK ist. Was ihn umtreibt, ist die Frage nach der Aura des digital Hergestellten.

    Hatten früher Objekte eine Seele oder eine besondere Bedeutung dadurch, dass der Künstler sein Herzblut hineingesteckt hat, fällt dies heute in Zeiten der Produktion durch Maschinen weg. Im Bereich „Beyond Proto-typing“ entwickeln Ängeslevä und sein TU-Kollege Prof. Dr. Marc Alexa vom Fachgebiet Computer Graphics algorithmische Produkte, deren Herstellungsprozess vom Designer so gestaltet ist, dass der Verbraucher an be-stimmten Stellen mitbestimmen kann: „Wir versuchen Nischen zu finden, die der End-nutzer mit Bedeutung füllen kann“, erläutert Ängeslevä.

    Ein Beispiel ist der „Locatable“: ein Tisch, in dessen Oberfläche eine abstrahierte Karten-ansicht eingraviert wird. Wie breit die Straßen und wie tief sie eingefräst sind – die gesamte gestalterische Form haben Ängeslevä und sei-ne Kollegen festgelegt. Den Kartenausschnitt aber bestimmt der spätere Besitzer. Spezielle programmierte Fräsen, die mit einer Online-Database und OpenStreetMap.org verbunden sind, machen es möglich.

    „Wir erschaffen letztlich in unserem Projekt benutzbare Real-World Services, um eine Grundlage für ein Gespräch mit dem End-User zu schaffen“, sagt Ängeslevä. Ein Anliegen, das dem Ingenieur Rainer Stark lange fremd war, aber mittlerweile vertrauter ist. Eines be-dauert der Ingenieur inzwischen sogar: „Nach den gemeinsamen Treffen kehrt jeder in seine Welt zurück. Man bräuchte eigentlich einen gemeinsamen Raum.“

    http://rethinking-prototyping.org

    Rendering: TU-Fachgebiet Industrielle Informationstechnik

    22 | Die Hybridplattform 2013

    Die Idee ist da. Manchmal wabert sie noch etwas unklar im Kopf herum. Damit andere sie verstehen können, muss sie sich aber ir-gendwie manifestieren – ein Problem, dem Ingenieure, Informatiker, aber auch Designer gegenüberstehen. Auch wenn sie aus ver-schiedenen Disziplinen stammen, im Kern treibt sie die gleiche Frage um: Wie kann eine Idee ihren Weg in die Wirklichkeit finden?

    Dass es manchmal hilfreich ist, über den Tel-lerrand zu schauen, zeigt das Projekt „Rethin-king Prototyping“ der Hybridplattform, das von der Einstein-Stiftung gefördert wird. For-scher, Designer und ihre Kolleginnen von der TU Berlin und der Universität der Künste Berlin (UdK) haben sich hier zusammengeschlossen und arbeiten in drei Teilprojekten gemeinsam.

    Nicht immer verstehen sie sich sofort, was auch an den Begrifflichkeiten liegt. „Proto-typ“ zum Beispiel. „Der Begriff stammt aus dem Griechischen. Damit ist eine Vorversion gemeint. Für mich ist selbst das Produkt, die fertige Software, ein Prototyp, weil letztlich auch diese weiterentwickelt wird. Andere sehen das anders“, sagt Benjamin Bähr, wis-senschaftlicher Mitarbeiter am TU-Institut für Softwaretechnik und Theoretische Informatik.

    In seinem Teilprojekt „Blended Prototyping“ forscht Bähr gemeinsam mit der Fotografin und Interaction-Designerin Stephanie Neu-mann an einer Technik, die es erleichtern soll, mobile Software für Android-Handys zu entwickeln. Wer auf seinem Smartphone he-rumwischt, vergisst schnell, wie komplex die Programmiersprache eigentlich ist, die hinter den bunten Bildchen steckt. Diese Kluft tut sich auch bei der Entwicklung auf: Der Ent-wickler soll nicht erst mühsam die Software

    Die Geburteiner Idee

    und der veränderte Blick

    auf die WeltText Susanne Hörr

    HyBRIDPlATTfoRM

    Im Projekt „Rethinking Prototyping“ lernen kreative Köpfe der TU Berlin

    und der Universität der Künste Berlin voneinander – und müssen bisweilen auch

    ein bisschen übereinander schmunzeln

    Im Virtual Reality Solution Center werden Produkte sichtbar, die es noch nicht gibt – wie ein Verleihsystem mit Pedelecs

  • 2013 Campus Charlottenburg | 25

    8 IAV GmbH Ingenieurgesellschaft Auto und VerkehrCarnotstraße 1, 10587 Berlin

    9 Carmeq GmbH Carnotstraße 4, 10587 Berlin10 Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin GmbH KPM

    Wegelystraße 1, 10623 Berlin

    11 Mercedes-Welt am Salzufer Salzufer 1, 10587 Berlin12 TElES AG Informationstechnologien

    Ernst-Reuter-Platz 8, 10587 Berlin

    Kultur

    13 C|o Berlin im Amerika-Haus Hardenbergstraße 22–24, 10623 Berlin14 Deutsche oper Berlin Richard-Wagner-Straße 10, 10585 Berlin15 Helmut Newton foundation

    Museum für fotografieJebensstraße 2, 10623 Berlin

    16 Renaissance-Theater BerlinKnesebeckstraße 100, 10623 Berlin

    17 Staatsoper im Schiller-TheaterBismarckstraße 110, 10625 Berlin

    18 Stage Theater des Westens Kantstraße 12, 10623 Berlin

    Weitere Einrichtungen

    19 Bundesamt für Bauwesen und RaumordnungStraße des 17. Juni 112, 10623 Berlin

    20 Studentenwerk Berlin, Anstalt des öffentlichen RechtsHardenbergstraße 34, 10623 Berlin

    Mensa TU Hardenbergstraße; Wohnheim Hardenbergstraße Hardenbergstraße 34, 10623 Berlin

    21 Studentenwohnheim Siegmunds HofSiegmunds Hof 2, 10555 Berlin

    www.campus-charlottenburg.org

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    e Ernst-Reuter-Platz

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    TECHNISCHE UNIVERSITäT BERlIN Die rot eingefärbten Gebäude werden von der TU Berlin genutzt.

    UNIVERSITäT DER KüNSTE BERlIN Die blau eingefärbten Gebäude werden von der UdK genutzt.

    WEITERE EINRICHTUNGEN UND INSTITUTIoNEN Die grün eingefärbten Gebäude sind weitere Einrichtungen, Firmen oder Institutionen auf dem Campus Charlottenburg, die in diesem Magazin vorgestellt werden:

    Wissenschaft

    1 fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme foKUSKaiserin-Augusta-Allee 31, 10589 Berlin

    2 fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPKPascalstraße 8, 10587 Berlin

    3 fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut HHIEinsteinufer 37, 10587 Berlin

    4 Physikalisch-Technische Bundesanstalt PTBAbbestraße 2–12, 10587 Berlin

    5 Telekom Innovation laboratoriesErnst-Reuter-Platz 7, 10587 Berlin

    Verbände

    6 Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbHFasanenstraße 85, 10623 Berlin

    Industrie- und Handelskammer Berlin IHKFasanenstraße 85, 10623 Berlin

    TSB Technologiestiftung BerlinFasanenstraße 85, 10623 Berlin

    Verband Berliner Kaufleute und Industrieller e. V. VBKIFasanenstraße 85, 10623 Berlin

    Wirtschaft

    7 Charlottenburger Innovations-Centrum CHICMarie-Elisabeth-Lüders-Straße 1, 10625 Berlin

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    MoCCha, die App für den Campus Charlottenburg

    MoCCha steht für Mobiler Campus Charlottenburg. Die App bietet eine Reihe von Funktionalitäten, die das Leben auf dem Campus erleichtern sollen. Derzeit

    gehören zum Angebot die Vorlesungsverzeichnisse von TU Berlin und Universität der Künste Berlin, der TU-Veranstaltungskalender und Neuigkeiten der TU Berlin (Twitter), die Speisepläne für alle Mensen des Berliner Studentenwerks, eine Verabredungsfunktion (für die Mensa) und das Programm der Staatsoper im Schiller-Theater.

    www.moccha.org Download im App Store und im Play Store

    -Info

  • 2013 Campus Charlottenburg | 27

    Melanie Bähr, Geschäftsführerin der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH

    Marketing für die HauptstadtHinter Berlin Partner für Wirt-schaft und Technologie stehen die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung sowie mehr als 200 Unternehmen. Die GmbH bietet Wirtschafts- und Technologieförderung für In-novations-, Ansiedlungs-, Ex-pansions- und Standortsiche-rungsprojekte. Außerdem verantwortet Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie das Marketing für die Haupt-stadt, beispielsweise die „be Berlin“-Kampagne.

    www.berlin-partner.de

    Visionen für die Wissenschaft

    Nicolas Zimmer, Vorstandsvorsitzender der TSB Technologiestiftung Berlin

    Berlin hat eine exzellente Forschungsland-schaft. Die TSB erarbeitet Strategien, wie perspektivreiche technologische Entwicklun-gen unterstützt werden können. Außerdem vernetzt sie Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung und bietet spezielle Dienst-leistungen für den Wissenschaftsbetrieb. Für die TU Berlin zum Beispiel hat die TSB eine Stiftungsprofessur konzeptioniert, die von mehreren KMU getragen wird.

    www.tsb-berlin.de

    Partner der PolitikMit ihren rund 275 000 Mitgliedern vertritt die Indust-rie- und Handelskammer zu Berlin (IHK) das Gesamtin-teresse der Berliner Wirtschaft, ist kundenorientierter Dienstleister für die Unternehmen und hilft ihnen, Chan-cen zu nutzen und Herausforderungen zu bestehen. Als unabhängiger Vertreter und sachverständiger Förderer der Berliner Wirtschaft ist die IHK Berlin ein kompetenter und kritischer Gesprächspartner für die Politik.

    www.ihk-berlin.de

    Dr. Eric Schweitzer, Präsident der Industrie- und Handelskam-mer zu Berlin (IHK)

    Nachbarn aus den

    VERBÄNDEN

    Sprachrohr der Berliner WirtschaftDer Verband Berliner Kaufleute und Industrieller VBKI ist eine der ältesten Wirtschaftsinstitutionen Deutschlands und Sprachrohr der Berliner Wirtschaft. Die rund 1500 Mitglieder wirken an einem einzigartigen Projekt mit: der Zukunft Ber-lins. Wir bringen junge Gründer mit der „Old Economy“ zu-sammen, schaffen Raum für den Austausch von Erfahrungen und Ideen. Und wir fördern eine Vielzahl gemeinnütziger Pro-jekte – für eine noch lebenswertere Stadt von morgen.

    www.vbki.de

    Markus Voigt, Präsident des Verbandes Berliner Kaufleute und Industrieller e. V. VBKI

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    Foto: TSB/Viviane Wild

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    WISSENSCHAFT

    Wo Genauigkeit zu Hause ist

    Prof. Dr. Hans Koch, Vertreter des Präsidenten der Physikalisch- Technischen Bundesanstalt in Berlin

    Mit seinen Laboratorien für Thermometrie, Radio-metrie, Medizinphysik, Mathematik und Informa-tionstechnik bietet das Institut Berlin der Physika-lisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) exzellente Forschung und Dienstleistungen für die wissenschaft-liche Messtechnik. Auf dem Charlottenburger Campus wurde die Vorgängerin der PTB1887 auf Initiative von Werner von Siemens gegründet. Hauptstandort ist heute Braunschweig.

    www.ptb.de

    Der Mensch bleibt das Maß aller DingeVirtuelle Welt hin oder her – die Nähe der Menschen zu Menschen bleibt weiterhin einer der wichtigsten Wer-te. Als altes Institut – gegründet 1928, seit 1962 in Berlin-Charlottenburg  – sucht das Fraunhofer Heinrich-Hertz-

    Institut auf dem Cam-pus Charlot-tenburg die Nähe zu dy-namischen Nachrichten- und Elektro-technikern, zu Physikern und Künst-lern, zu Stu-dierenden, Professoren und Profes-sorinnen, Un-ternehmern und Grün-dern.

    www.hhi.fraunhofer.de

    Am Puls der ForschungDie Telekom Innovation Laboratories (T-Labs) sind der zentrale Forschungs- und Innovati-onsbereich der Deutschen Telekom und ein An-Institut der TU Berlin. Ihr Auftrag ist es, für den Konzern Impulse zu setzen und die Entwicklung und Umsetzung innovativer Produkte, Dienste und Infrastrukturen für seine Wachstumsfelder voranzutreiben. Dazu zählt neben der reinen In-novationsarbeit auch die Entwicklung neuer Ge-schäfte.

    www.laboratories.telekom.com

    Dr. Heinrich Arnold, Leiter der Telekom Innovation La-boratories bei der Deutschen Telekom AG

    Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. Radu Popescu- Zeletin, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Offene Kommunikationssys-teme FOKUS

    Smarte Städte von morgenDas Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS er-forscht, welchen Beitrag Kommunikationsnetze leisten müssen, um das Zusammenleben komfortabler und sicherer zu gestalten, und beschäf-tigt sich dabei mit den wichtigen Herausforderungen der smarten Städ-te von morgen. Dazu zählen vor allem der Zugang zu Informationen, der nachhaltige und wirtschaftliche Umgang mit Ressourcen, vernetzte Mobilität und eine moderne öffentliche Verwaltung.

    www.fokus.fraunhofer.de

    Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Grallert, Leiter des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Insti-tuts HHI

    Lösungen für Medizin, Verkehr und SicherheitDas Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK betreibt mit sei-nen 350 Mitarbeitern angewandte Forschung und Entwicklung für die Industrie und den öf-fentlichen Sektor  – über den gesamten Pro-duktlebenszyklus bis hin zum Management von Fabrikbetrieben. Das Institut macht produkti-onstechnische Lösungen auch in den Bereichen Medizin, Verkehr und Sicherheit anwendbar.

    www.ipk.fraunhofer.de

    Prof. Dr. h. c. Eckart Uhlmann, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Produktions anlagen und Konstruktionstechnik IPK

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  • 2013 Campus Charlottenburg | 29Nachbarn aus der

    KULTUR

    Beste Unterhaltung

    Johannes Mock-O’Hara, Deutschland-Geschäftsfüh-rer von Stage Entertain-ment

    Das Stage Theater des Westens gehört zu den traditionsreichsten Operetten- und Musicaltheatern Deutschlands mit einer bewegten Vergangenheit. Der prächtige Gründerzeitbau ist ein archi-tektonisches und künstlerisches Kleinod im Zentrum der Berliner City West. 2003 übernahm die Stage Entertainment das Haus und unterzog es einer Generalre-novierung. Heute werden hier vorwie-gend Musicals aufgeführt.

    www.theater-des-westens.de

    Eines der ältesten Orchester der Welt

    Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor der Staatsoper im Schiller-Theater

    Während des Um baus des Stammhauses dirigiert Daniel Barenboim nicht „Unter den Linden“, sondern im Schiller-Theater. Zusammen mit dem Intendanten Jürgen Flimm präsentiert der weltberühmte General-musikdirektor ein erstklassiges Opern- und Konzert-programm: von der Barockoper über die zentralen Werke der Opernliteratur bis hin zu Uraufführungen. Die Tradition der Staatskapelle reicht bis ins 16. Jahr-hundert zurück. Sie gehört zu den ältesten Orchestern der Welt.

    www.staatsoper-berlin.de

    Das moderne GegenmodellEs war fast eine kleine Kulturrevolution, als vor gut 100 Jahren Berliner Bürger es wagten, im damals noch un-abhängigen Charlottenburg die Deutsche Oper zu grün-den. Ein eigenes Opernhaus, das explizit dem modernen Musiktheater gewidmet sein sollte  – das war ein klares Gegenmodell zur ehrwürdigen Hofoper „Unter den Lin-den“. Bis heute wird von Intendant Dietmar Schwarz und Generalmusikdirektor Donald Runnicles ein international hochkarätiges Opernprogramm neben Projekten des zeit-genössischen Musiktheaters geboten.

    www.deutscheoperberlin.deDonald Runnicles, General-musikdirektor der Deutschen Oper Berlin

    Dr. Matthias Harder, Kurator, Helmut Newton Foundation, Museum für Fotografie

    Helmut Newton in BerlinDer Fotograf Helmut Newton wünschte sich ein „lebendiges Haus, kein totes Museum“: Er entschied sich 2003, die nach ihm benannte Stiftung in sei-ner Heimatstadt zu gründen, in Public-Private-Partnership mit der Stiftung Preußischer Kultur-besitz. Seit der Eröffnung des „Museums für Fotografie“ 2004 finden hier Ausstellungen zu den unterschiedlichen Aspekten des Newton’schen Werkes statt, ins-besondere zu Mode, Porträt und Akt.

    www.helmutnewton.com

    Das schönste Theater der Stadt

    TU-Alumnus Detlev Ninnemann, Vor-sitzender des Vereins der Freunde und Förderer des Renaissance-Theaters

    Gegenüber der TU Berlin in der Hardenbergstraße steht ein Juwel der Theaterbaukunst  – das einzi-ge Art-déco-Theater Europas mit einer spektakulären Glasfassade und dem Namenszug „Renais-sance-Theater“ aus funkelnden Glühbirnen. Der Spielplan füllt eine Marktlücke in der Berliner Theater-landschaft, sein Konzept ist zeitkri-tische Gegenwartsdramatik – geist-reich und elegant verpackt.

    www.renaissance-theater.de

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    Nachbarn aus der

    WIRTSCHAFTBerliner Meisterhandwerk„Bleu Mourant“ war das Lieblingsdekor Fried-richs des Großen. Er war es, der 1763 der traditionsreichen Manufaktur Namen und Zeichen gab  – das kobaltblaue Zepter. Es ist seit 250 Jahren das Qualitätssiegel eines je-den Meisterstücks Berliner Porzellankultur. Bis heute pflegt die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin am historischen Standort in Tiergarten das über Generationen gewach-sene Handwerk. Es steht für handgefertigten Luxus und stilprägendes Design.

    www.kpm-berlin.com

    Jörg Woltmann, Inhaber der König-lichen Porzellan-Manufaktur Berlin

    Kurt Blumenröder, Sprecher der IAV-Geschäftsführung

    Innovationen für FahrzeugeAls Leiter des Instituts für Kraft-fahrzeuge gründete Hermann Appel 1983 die IAV als Spin-off der TU Berlin. Das Unter-nehmen ist mit mehr als 5000 Mitarbeitern weltweit einer der führenden Engineering-partner der Automobilindus-trie und entwickelt innovative Konzepte und Technologien für Fahrzeuge – maßgeblich in den Bereichen der Elektronik-, Antriebsstrang- und Fahrzeug-entwicklung.

    www.iav.com

    Public Viewing am SalzuferDie Mercedes-Welt am Salzufer steht für innovative Produkte, Fünf-Sterne-Service-leistungen und spannende Events. Über 300 Neu- und Gebrauchtfahrzeuge sind im größ-ten Showroom Deutschlands ständig in der Ausstellung zu sehen. Hier finden mehr als 200 Veranstaltungen jährlich statt, von Ga-la-Premieren bis Public Viewing bei großen Sportereignissen. Die Mercedes-Welt beher-bergt auch die bundesweit erste Werkstatt für Elektroautos.

    www.berlin.mercedes-benz.de

    Walter Müller, Direktor der Mercedes-Benz-Niederlassung Berlin

    Für attraktive und sichere MobilitätDie Carmeq GmbH liefert innovative Lösungen für attraktive und sichere Mobilität. Software für die Fahrzeug-elektronik ist das Kerngeschäft des Unternehmens, das zum Volkswagen-Konzern gehört. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Carmeq erschlie-ßen aktuelle Trends und begleiten Kunden durch alle Umsetzungspha-sen für neue Lösungen – von der Er-stellung technischer Konzepte bis zur praktischen Realisierung.

    www.carmeq.com

    Peter Behrendt, Geschäftsführer der Carmeq GmbH

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  • 2013 Der Campus in der Stadt | 31

    Ich kann nicht sagen, wie oft ich am Ernst-Reuter-Platz entlanggelaufen bin. Aus den blau gekachelten U-Bahn-Schächten hinauf, rasch über die Straße des 17. Juni und so schnell

    wie möglich geradeaus ins Haus der Architekturfakultät, ein wunderbar unterschätztes Gebäude der Westberliner Nachkriegsmoderne von Bernhard Hermkes. Für viele Jahre

    war das eine Art zweites Zuhause für mich, denn Architekturstudenten sind oft und lange in den Zeichensälen, was wiederum sicher nichts mit den Qualitäten der Ar-

    chitektur zu tun hat.

    Vielleicht habe ich keinen anderen Platz in Berlin öfter gesehen als diesen. Aber es hat doch einige Jahre gedauert, bis ich ihn zum ersten Mal als Platz gesehen habe – als einen Ort, auf dem sogar kleine Baumgruppen stehen, Sitzbänke und

    Wasserbecken. Ein Ort also, der wirklich für Menschen zum Verweilen gestaltet, dann aber in den fortschrittsgläubigen 1950er-Jahren mit einem breiten Verkehrs-

    kreisel umgeben wurde, auf dem nun Autos und Busse einen Fluss aus Metall und Lärm bilden, hinter dem diese seltsame Mittelinsel liegt, buchstäblich eine Insel, ein ab-

    geschnittenes Eiland mit eigenem Fußgängertunnel, gut versteckt und quasi unbekannt.

    Als Studenten standen wir oben in den breiten, offenen Fluren unserer Fakultät, tranken Kaffee, rauchten und schwatzten, und unter uns drehte sich der Verkehr im Kreise. Von hier oben erfüllte

    der Platz noch am ehesten die Vorstellungen von der Nachkriegsmoderne, wie Hermkes sie damit verband: die elegante Dynamik der neuen, autogerechten Metropole, die Berlin damals werden sollte. Aber

    selbst von oben, wo wenigstens Lärm und Gestank ausgeblendet waren, ist mir der Platz vor allem grau in Erin-nerung geblieben – fast so, als ob es immer geregnet hätte, was vermutlich nicht der Fall war.

    Was einem nicht auffällt, weil man kaum einmal stehen bleibt: Dieser Platz hat einige Qualitäten. Mit 180 Me-ter Durchmesser gilt er als der größte Rundplatz Berlins. Die Wasserbecken mit ihren 41 Fontänen wurden von Werner Düttmann entworfen. Einige der Gebäude ringsum gehören tatsächlich zu den schönsten, klarsten Hoch-häusern der Nachkriegsmoderne: das Telefunken-Hochhaus von Paul Schwebes und Hans Schoszberger, das Os-

    ram-Haus, ebenfalls von Hermkes, oder das IBM-Gebäude von Rolf Gutbrod. Schon die Firmennamen zeugen davon, was der Ernst-Reuter-Platz eigentlich werden sollte: ein wahrhaft moderner Stadtraum, eine Hymne

    an die moderne Großstadt, ein Westberliner Times Square.

    Aber setzen Sie sich einmal in die Mitte. Der Verkehr tost, das eigene Wort ist kaum zu verstehen. Es ist immer windig. Das Positivste ist noch, dass die Bänke fast immer frei sind. Der Platz ist

    so stark an den Bedürfnissen des „Weltstadtverkehrs“ orientiert, dass er für Menschen zum idealtypischen Un-Ort geworden ist. Man fühlt sich unsichtbar und beobachtet, gleichzeitig

    ein Rest-Raum mitten in der lebhaftesten Infrastruktur – ein „Concrete Island“, wie J. G. Ballard es sich nicht besser hätte ausdenken können. Nein, die Mittagspause ver-

    bringt man besser woanders.

    So möchte ich dem Ernst-Reuter-Platz für seine Zukunft vor allem eine hand-feste Ölkrise wünschen, und zwar eine endgültige. Es scheint, als ob er nur so aus den Fesseln des entfesselten Individualverkehrs befreit werden könnte. Nur dann könnte er ganz neu gedacht werden mit all seinen stadträumlichen und architektonischen Qualitäten. Das klingt als Fazit natürlich sehr brav, ökolo-gisch und politisch korrekt – es wäre aber angesichts der augenblicklichen Situ-ation, die diesen Ort so ganz dem Auto opfert, die vielleicht utopischste Utopie, die ich mir hier vorstellen könnte: Begrünt den Ernst-Reuter-Platz! Vollständig!

    Illustration: Laleh Torabi

    30 | Der Campus in der Stadt 2013

    allEs GutE, ErnstErnsthafte Gedanken zum 60. Geburtstag des Ernst-Reuter-Platzes

    Text Florian Heilmeyer

  • 2013 Der Campus in der Stadt | 33

    Wissen weit über die eigene künstlerische Disziplin hinaus zu erweitern.

    Einmal an der UdK aufgenommen, haben Stu-dierende der bildenden Kunst jede Menge Freiraum. Nach zwei Jahren Grundlehre, in de-nen sie die verschiedensten Techniken ken-nenlernen, aber auch wissenschaftliche und kunsthistorische Seminare belegen, schließen sie sich sogenannten „Klassen“ an. „In unserer Klasse sind wir 20 Studierende aus verschie-denen Jahrgängen“, berichtet Elena Zipser. Die Auswahl, wer in welche Klasse will oder passt, trifft der oder die Studierende in einem Gespräch mit dem Professor, wobei Letzterer auch Studierende ablehnen darf. „Nur weil ich in einer Klasse für Malerei bin, bedeutet das aber nicht, dass ich von nun an nur Malerei mache. Was, wann und wie ich arbeite, bleibt völlig mir überlassen. Der Professor kommen-tiert lediglich, genauso wie die Mitstudieren-den“, so Elena Zipser.

    Ein Highlight in dem umfangreichen Veran-staltungskalender der UdK sind immer auch die Absolventen- und Meisterschüleraus-stellungen in der bildenden Kunst. Sämtliche Abschlussarbeiten werden dann im Foyer der Hardenbergstraße 33 ausgestellt – ein Quer-schnitt durch alle künstlerischen Ausdrucks-formen. „Welches Ziel hat die künstlerische Ausbildung an der UdK? Jedenfalls nicht Einheitlichkeit – denn in der Kunst entsteht Erkenntnis durch Vielfalt plus Reibung“, sagt UdK-Präsident Professor Martin Rennert.

    ohne BegrenzungenThematische Vorgaben gibt es nicht – weder für das Studium noch für die Prüfungen. An der Universität der Künste Berlin ist die künstlerische Freiheit das oberste Credo

    Text Katharina Jung

    ma – egal mit welchem – künstlerisch ausei-nandergesetzt hat, eigene Ideen und einen eigenen Ausdruck entwickelt hat. Das kann Malerei sein oder Videoinstallationen oder Ausdruckstanz“, sagt Elena Zipser. Diese Frei-heit der Kunst ist faszinierend – aber manch-mal auch schwer auszuhalten. Das musste die junge Künstlerin schon selbst erfahren. „Im vergangenen Sommer wusste ich plötz-lich einfach nicht mehr, was ich machen soll. Keine Idee, nichts. Ein scheußliches Gefühl!“ Heute glaubt sie, dass die Erfahrung, diese Leere auszuhalten und auch wieder einen neuen Weg zur eigenen Kreativität zu finden, ein wesentlicher Teil der Ausbildung ist. Aber: „Das kann auch sehr einsam machen.“ Wie überwindet ein Künstler solch ein Tief? „Dem einen hilft Spazierengehen, dem anderen die Musik – das ist vollkommen individuell“, er-zählt Elena Zipser.

    In vier Fakultäten (Bildende Kunst, Gestal-tung, Musik und Darstellende Kunst) bie-tet die UdK über 40 künstlerische und mit ihnen verbundene wissenschaftliche Stu-diengänge an. Das reicht von Bildhauerei, Design, Schauspiel, Musical, Gesang über Chordirigieren bis zur Architektur sowie entsprechenden Lehramtsstudiengängen in Kunst und Musik. Trotz oder gerade wegen des hohen Spezialisierungsgrades der Stu-dierenden legt die UdK größten Wert auf Interdisziplinarität. Es wurde ein verpflich-tendes Studium generale eingeführt, das allen Studierenden die Möglichkeit gibt, ihr Elena Zipser und ihr Großmütter-Projekt

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    von Modell und Computerdarstellung als Me-thode entschieden. Andere Kommilitonen zeigen einen Film oder Zeichnungen.“ Forma-le Kriterien gibt es nicht – die Arbeit und das Thema müssen die Prüfer überzeugen. Diese Prüfungsform ist ein deutliches Zeichen da-für, was an der UdK anders ist als an anderen Hochschulen: Die Qualität der künstlerischen Leistung ist das Maß aller Dinge. Das öffent-lich zugängliche Foyer in der Hardenbergstra-ße 33 dient dabei oft als Schaufenster für die Kunst. Hier stellen nicht nur die Architektin-nen und Architekten ihre Abschlussarbeiten aus. In den verschiedenen Nischen findet man ständig wechselnde Objekte – Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Installationen.

    Das Atelier im ersten Stock, in dem die Stu-dentin Elena Zipser arbeitet, gehört zur Klas-se von Mark Lammert, Professor für Malerei, und sieht genau so aus, wie man sich ein Ate-lier vorstellt: In dem hellen Raum mit hohen Fenstern stapeln sich an den Wänden und

    auf Regalen bemalte Leinwände und Papiere. Auf den Tischen stehen verschiedenste Far-ben, Pigmente, Pinsel, Schälchen und ande-re Arbeitsutensilien neben Kaffeetassen und Wasserflaschen. Die Künstlerin hat gerade mit einer neuen Arbeit auf Papier begonnen. „Die Ideen für meine Kunst stammen fast immer aus meinem Privatleben, im Moment arbeite ich an einem Projekt über meine Großmütter – ich bin aber noch unsicher, ob Malerei dazu passt. Das will ich heute ausprobieren.“

    Vorgaben für die Kunst gibt es an der UdK nicht, und das war auch ein Grund, warum Elena Zipser nach Berlin gekommen ist. „In Spanien, wo ich angefangen habe zu studie-ren, mussten wir zum Beispiel alle zeichnen oder alle ein bestimmtes Thema umsetzen.“ Der jungen Malerin ist es gelungen, einen der rund 600 begehrten Studienplätze zu ergat-tern, für die sich jedes Jahr rund 6000 poten-zielle Künstler aus aller Welt bewerben.

    Das Auswahlverfahren ist speziell: Abiturno-ten sind irrelevant – aber „auch eine Mappe mit Arbeiten aus dem Kunstleistungskurs reicht nicht aus“, weiß Claudia Assmann, Presse sprecherin der UdK. „Während an an-deren Hochschulen die Erstsemester in der Regel noch über wenig Fachwissen verfügen, kommen zu uns bereits hoch spezialisierte Künstlerinnen und Künstler.“

    „Ich glaube, die Auswahlkommission will se-hen, dass sich der Kandidat mit einem The-

    Es wird gesägt, geklebt und installiert. Im Fo-yer des Gebäudes der bildenden Kunst der Universität der Künste Berlin (UdK) in der Hardenbergstraße wird gerade ein schwarzes Architektur-Modell des Berliner Alexander-platzes fertiggestellt und dann langsam so hoch an der Decke aufgehängt, dass der Be-trachter von unten durchschauen kann – der Boden fehlt nämlich. Stattdessen gibt das Mo-dell den Blick von unten frei auf unterirdische Fundamente, Tunnel und U-Bahn-Schächte, die sich alle tatsächlich unter dem Alexanderplatz befinden. UdK-Architekturstudent Peter Behr-bohm legt letzte Hand an seine Modelle, Zeich-nungen und Bilder. Zwei Stunden später stehen fünf Professoren der Prüfungskommission und rund 100 Kommilitoninnen und Kommilitonen um ihn herum und lassen sich erklären, war-um und wie die bestehenden Fundamente am Alexanderplatz die neue Bebauung beeinflus-sen. Gut 50 Minuten später ist Peter Behrbohm fertig – und diplomierter Architekt. Pflaumen-kuchen mit Sahne für alle! Und das war jetzt die ganze Diplomprüfung? „Ja“, erklärt Peter Behrbohm: „Das war es!“

    Das Schwierigste an seiner Abschlussprüfung war nach Aussage des jungen Architekten nicht die Aufgabe selbst, sondern dass er sich seine Examensaufgabe selbst suchen musste – an der UdK werden keine Prüfungsthemen vorgegeben. „Fünf Monate hatte ich Zeit, eine Arbeit zu recherchieren und zu erstellen“, er-zählt Behrbohm. „Dann habe ich mich für den Alexanderplatz als Thema und eine Mischung

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    Die Sonne scheint, ein Schiff zieht vorbei, an Deck sitzen Touristen und bis zum Ufer hört man die Ansage des Kapitäns: „Zur rechten Seite sehen Sie ein großes, weißes Gebäude mit einer Glasfront. Es ist das Produktions-technische Zentrum, in dem Roboter entwi-ckelt werden. Ein Institut der TU Berlin und der Fraunhofer-Gesellschaft.“ Das Schiff zieht weiter. Von der Spree aus gesehen strahlt einem die riesige Glasfront des Produkti-onstechnischen Zentrums (PTZ) entgegen. Von oben, mit Google Earth draufgeschaut, erkennt man das PTZ als weiße Scheibe – es sticht aus seiner Umgebung deutlich hervor. 1987 wurde es für seine wegweisende Indus-triearchitektur mit dem Deutschen Architek-turpreis ausgezeichnet.

    Ansonsten präsentiert sich der Campus rund um das PTZ zunächst eher unspektakulär  – zumindest für Touristen. Es gibt Stadtviertel, die offenbaren ihrem Besucher sofort, was sie sind – ein Wohn-, Industrie- oder Kneipen-viertel. Das ist dort zwischen Spree und Helm-holtzstraße, wo der Fluss einen großen Bogen beschreibt, ein wenig anders. Auf dem Cam-pus stimmt die Mischung noch. Jeder Stadt-planer hätte seine Freude daran. Industrieun-ternehmen finden sich neben Wohnhäusern, Forschungsinstitute neben kleinen Läden, Cafés, Restaurants und Bistros. Genau diese Mischung macht diese Gegend so angenehm. Sie ist nicht so schick wie manches Geschäfts-viertel in Berlin-Mitte und auch nicht „hip“ wie manche Ecke in Berlin-Kreuzberg.

    Quirlig ist es trotzdem. Hier arbeiten nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der TU Berlin und dem Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktions-technik, auch die Maschinenbau-Studieren-den, die ihre Veranstaltungen im PTZ besu-chen, beleben die Gegend. Vor allem aber gibt es viele innovative Unternehmen und Start-ups aus den verschiedensten Techno-logiefeldern, die sich angesiedelt haben. Und was die Lage des Campus angeht, könnte sie nicht idealer sein: Die City West ist von dort aus ebenso schnell erreichbar wie der Haupt-bahnhof oder der Potsdamer Platz. Die Men-schen, die dort tagsüber arbeiten, verlassen ihre Büros zur Mittagszeit, um in den unter-schiedlichsten Lokalen, die in den vergange-nen Jahren öffneten, zu essen. Wer einkaufen möchte, kann auch dies in den ansässigen Supermärkten tun. Im Sommer jedoch ist es am schönsten am Spreeufer – ein idealer Platz für eine Pause, einen Kaffee oder anregende Gespräche im Grünen mit Blick aufs Wasser. Und auf die vorbeiziehenden Schiffe …

    Gute MischungRund um das Produktionstechnische Zentrum ist ein Viertel entstanden, das jedem Stadtplaner gefallen würde

    Text Bettina Klotz

    Foto: Bundespolizei

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    Schönes ErwachenDie Pläne der TU Berlin für das Ostgelände brächten der City West einen echten Entwicklungsschub

    Text Stefanie Terp

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    Eigentlich sollten die Pläne in den Himmel wachsen – genau 175 Meter hoch. Geplant war ein