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EXTRA Ab in die Wildnis! Das Abenteuer Berg 16 Seiten: Gratwanderung im Piemont, Sextner Gipfel & viele Tipps Einsame Bergtouren Das BergMagazin Trekking im Piemont Wilde Dolomiten Know-how: Alles dabei

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EXTRA Ab in die Wildnis! Das Abenteuer Berg16 Seiten: Gratwanderung im Piemont, Sextner Gipfel & viele Tipps

Einsame Bergtouren

Das BergMagazin

Trekking im PiemontWilde DolomitenKnow-how: Alles dabei

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Einsame Touren Val Grande

Willkommen zu ganz außergewöhnlichen Touren! Hier im Bild der „Gratseilakt“ am Passo della Crocette im Val- Grande-Nationalpark.

Die große FreiheitEinfach losziehen, in einsame Berge, auf der Suche

nach dem Abenteuer: Das ist das Motto dieses EXTRAs.

Viel Spaß beim Träumen und Planen!

Einsame Touren in den Alpen

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Einsame Touren Val Grande

A ls wir die Hand aufs Gipfelkreuz des Monte Zeda legen, atmen wir erst einmal tief durch. Heute Morgen hat nicht nur der Wind dunkle Wolken über die Gipfel gejagt,

sondern auch wir sind hinaufgejagt. Zeit ist im Gebirge bekannt-lich nicht Geld, sondern Sicherheit. Vor uns liegt noch ein zäher Abstieg, der im nassen Gelände trotz Kettensicherungen knifflig werden wird. Jetzt aber halten wir erst einmal inne hier oben hoch über dem Val Grande im Piemont. Vom Gipfel reicht der Blick weit zurück in vergangene Tage und ein bisschen auch in die Zukunft.

Wir schauen über ein weites Rund tief zerklüfteter Berge, die das Val Pogallo, eines der beiden Haupttäler des piemonteser

Nationalparks Val Grande, umschließen. 1500 Meter tiefer glänzen feucht die schwarzen Dächer des Weilers Pogallo. In diesem verlas-senen Weiler starteten wir vor drei Tagen unsere Gratwanderung durch das größte Wildreservat der Alpen.

Durchs Fernglas klar zu sehen, grüßt auf einer kleinen Senke zwischen zwei Spitzen unser erstes Nachtquartier herüber – das Bivacco Bocchetta di Campo. Auf knapp 2000 Meter hatten wir nach unserer ersten Bergnacht ein spektakuläres Frühstücksthe-ater mit der wunderschönen Hauptdarstellerin Monte Rosa, die weit hinten schneebedeckt aus den Walliser Alpen ragt. Allein das Panorama kürt die Hütte zur heimlichen Königin unter den spar- Aufstieg de luxe: mit Treppe und Kette zum Monte Zeda.

Der Nationalpark Val Grande oberhalb des Lago Maggiore lässt

sich am schönsten auf dem Sentiero-Bove-Höhenweg erkunden:

eine abenteuerliche Zeitreise in die Vergangenheit. Text Tom Riens Fotos Dirk von Nayhauss

Val Grandioso

Seine Lage auf schmalem Sattel macht das Bivacco Bocchetta di Campo zum Star unter den Hütten im Nationalpark.

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Einsame Touren Val Grande

Das Val Grande in Nord italien ist als größtes geschütztes Wildnisgebiet der Alpen ein einmaliges Fenster in die Geschichte und Zukunft einer Berg region. Man wandert zwischen den verblassenden Spuren jahrhundertealter Bergwirtschaft durch eine gewaltige Urnatur.

INFO Das Verkehrsamt für die Region ist in Verbania verbania-turismo.itCicogna bietet ein kleines Info-Zentrum mit einge-schränkten Öffnungszeiten (Mai bis Okt. 9 – 13 Uhr und 15 – 18.30 Uhr).

ANREISE Das Val Grande erreicht man per Flugzeug und Bus via Mailand. Vom Airport geht es über Verbania am Lago Maggiore mit nur einem Buswechsel weiter nach Cicogna. Per Auto bietet sich die Anreise über die Schweiz und den St.-Bernadino-Pass an.

HÜTTEN Rifugi Pian Cavallone, 1528 m, Cooperativa La Coccinella, bewirtschaftet im August, von Ende Mai bis Oktober am Wochenende, Tel. +39 349 2127830, lacoccinellavb.itRifugi Alpe Pra (Casa del Alpino), 1250 m, Associazio-ne Nazionale Alpini, geöffnet von Mai bis September am Wochen ende, Tel. +39 339 2669347, in-valgrande.itEin Verzeichnis der elf nicht bewirtschafteten Biwaks im Nationalpark Val Grande bietet: parcovalgrande.it

EINKEHR Cicogna Ca’ del Pitur,B&B und Restaurant von Sara und Federico, Via Pozzolo 1, Tel. +39 347 0834837, cadelpitur.it Das Restaurant bietet eine einfache Küche, aber glänzende Aussicht und eine

romantische Lage neben der Dorfkirche.

TAXI Bahnhof Verbania, Tel. +39 323 496 444 (Kosten Verbania – Cicogna etwa 50 Euro).

LITERATUR Bernhard H. Thelesklaf: Nationalpark Val Grande, Rotpunktverlag, 2012.Hans Schmid, Urs A. Jaeggi: Wanderführer Ossola-Täler. Bergverlag Rother, 2012.

KARTEN Swisstopo, 1: 50 000, Blatt 285T, Domodossola, Parco Nazionale Val Grande (I), derzeit die mit Abstand detaillierteste Karte!Kompass, 1: 50 000, Blatt 97, Varallo, Verbania, Lago d’Orta, Parco Nazionale Val Grande.

AUSRÜSTUNG Die Selbstversorgerhütten erfordern eine komplette Ausrüstung mit Matte, Schlaf-sack, Kochzeug und Lebensmitteln für drei bis vier Tage. Eine zweite Wasserfla-sche ist sehr zu empfehlen.

ALPIN-TIPP Im Val Grande leben überall Schlangen. Bisse sind zwar selten, aber beim Biwakieren sollte man morgens erst die Stiefel ausschütteln. Im Falle eines Bisses Bergrettung unter Tel. 118 anrufen.

Urlandschaft im Nationalpark

INFO tanischen Nachtquartieren des Nationalparks. Im Blick durchs Glas liegt die gekrönte Hütte da wie ein verlassener Horst. Der Weg hinauf zum Bivacco di Campo über satte 1200 Höhenmeter sieht durchs Fernglas genauso beschwerlich aus, wie er mit vollem Ruck-sack zu laufen war. Denn die Hänge und Wege im Val Grande zie-hen sich schamlos steil in die Höhe.

Aber das Val Grande glänzt nicht nur mit Natur pur. Auf Schritt und Tritt begegnet uns Geschichte, die man kennen muss, um die-se Region zu würdigen. In den bewaldeten Tälern passieren wir etliche verfallene Häuser und Weiler. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs rangen Älpler den extremen Almen Halm für Halm ab, um ihr Vieh mühsam zu versorgen. In der Gegend um Pogallo und dem tiefer gelegenen Cicogna pflanzten die Bewohner ab dem 15. Jahrhundert Edelkastanien, unter deren Kronendach es sich heute so romantisch läuft. Der „Brotbaum des Val Grande“ bot als Mus und Brot eine karge Grundlage für die Siedler in ihren Hütten aus grobem Stein. Ein Zubrot lieferten den Hängen abgepresste Ge-treideterrassen, die heute kaum mehr zu erkennen sind.

Eine schöne Landschaft als extremer Lebensraum. Zuletzt ka-men die Gräuel des Zweiten Weltkriegs. Viele Tafeln an Wegen und Hütten erinnern an den erbitterten Kampf der Partisanen ge-gen deutsche und italienische Faschisten, die 1944 bei sogenannten Strafexpeditionen wahllos mordeten und Dörfer zerstörten. Nach

Einsam: zerfallene Siedlungen und offene Kochstellen. Knifflige Anstiege.

Spannend: verzwickte Anstiege und weite Ausblicke auf dem Weg zum Monte Torrione.

Kriegsende trieb bittere Not die letzten vom Berg in die Fabriken der Po-Ebene. Zurück blieb eine Alpenlandschaft, die „vergandet“, wenn wie sich selbst überlassen wird. Was bedeutet, dass die ehe-malige Kulturlandschaft verbuscht, also einfach zuwächst. Aber wie so oft: Das Elend wurde zur Chance. Seit 1967 ist das Val Grande geschützt. Wer heute durch die (be)rauschenden Kastanien- und Buchenwälder wan-dert, ist auf dem Weg zu einer neuen Wildnis. Damals wie heute gilt das Selbstversorgerprinzip. Sämt liche Hütten in den Hochlagen sind unbewirtschaftet. Jeder kommt so weit, wie er Essen und Wasser tragen kann. Und Wasser ist rar auf unserer Gipfelrunde. An der Bocchetta-Hütte streifen wir die Kernzone des Parks. Der Abstieg ins Tabu-Gebiet ist nur erlaubt, um 70 Meter tiefer Wasser im Bach zu schöpfen. Im steilen Gelän-de füllt Regen die trockenen Betten genauso rasant wie das Wasser abläuft. Wir werden noch lernen, Flaschen stets gut zu füllen.

Nach der ersten Nacht im Bivacco Bocchetta di Campo erleben wir und eine Handvoll Mitwanderer einen märchenhaften Blick. Soweit das Auge reicht, wabert direkt unter unseren Füßen ein riesi-ges Wolkenmeer. Nur unser schmaler Kamm bleibt gerade solange klar, bis die steigende Sonne den Nebel erst in zartes Rosa taucht und dann in die Höhe zieht. Solche Morgen enden hier in diesigen

Tagen. Bunt und Grau sind hier oben eng verschwistert. Aber diese frühe Stunde ist ein Geschenk, das selbst dauerplappernde Italiener andächtig schweigen lässt. Dann klappern die Töpfe, zischt Gas und der erste Hauch von Instantkaffee durchzieht das kleine Bivacco.

Die zweite Etappe führt in weitem Halbkreis über den Rücken der Cima della Laurasca an den Monte Torrione und öffnet uns selbst im Nebel die Augen. Als Wasser und Puste knapp werden, drehen wir bei und steigen missmutig Richtung Alpe Terza ab. Gestern gewonnene Höhenmeter gehen verlo-ren. Aber auch weit unterm Grat ist kein Wasser zu finden. So stolpern wir auf einem mit mannshohem Gras überwachsenen Pfad, der auf keiner Karte mehr verzeichnet ist, hinab. An der Alpe erleben wir

die Folgen des Exodus hautnah. Die Gebäude sind skelettiert. Der alte Garten verkrautet. Der Brunnen trocken. Wir müssen weitere 400 Meter „vernichten“, bis ersehntes Nass aus einem Bach unse-re Flaschen füllt. Müde biwakieren wir in Ruinen: „Mann, war das Leben hart hier“, sagt Dirk. Wohl wahr!

Der technisch anspruchsvollste Abschnitt am dritten Tag sieht von unserem Gipfelrastplatz am Monte Zeda recht harmlos aus. Und doch ist die Überschreitung des Grates jenseits des Monte Torrione bis unter den Bergstock des Monte Zeda ein herausfor-

Die Seele schwappt im

Takt halbvoller Wasserflaschen.

Herrlich!

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Einsame Touren Val Grande

Italienische Wildnis

dernder Balanceakt. An mehreren Stellen kettengesichert, verlangt die Strecke absolute Schwindelfreiheit. Oft ist der Trail so steil, dass wir Mutter Erde küssen könnten ohne uns zu bücken. Und doch spendiert eben diese ausgesetzte Lage die tiefsten Einsichten in den Charakter des Val Grande. Wir balancieren auf dem nörd lichen Rand des Schutzgebietes: Drüben bewirtschaftete Flächen, auf denen Ziegen akurat ihre Arbeit geleis-tet haben. Bei uns dagegen üppige Vegetation – bei gleicher Hangausrichtung. Der Berg zieht sich das Cape des Waldes jedes Jahr ein Stück weiter über seine Schultern.

Das nächste Nachtlager im Bivacco all’Alpe For-ma am Fuß des Monte Zeda teilen wir mit quirligen Sieben- oder wahlweise Gartenschläfern. Egal. Die einen wie die andern poltern nachts fleißig und aus-dauernd durch die Hütte. Deswegen schauen wir recht müde vom Monte Zeda hinab in die Landschaft und durchs Fernglas.

Der Blick in die Zukunft Richtung Bivacco Alpe Curgei, das jenseits des Buchenwaldes im Tal eher zu ahnen als zu sehen ist, muntert uns zwar nicht auf, aber dafür treibt uns das Wetter an. Es zieht allmählich immer weiter zu, wir müssen uns sputen. Das Teilstück fordert im abschüssigen Gelände bei Regen volle Konzen-tration. Unterhalb der rutschigen Felspartien spenden der Nadel-

Nach vier Tagen Wanderwerk lockt ein eiskaltes Vergnügen nahe Cicogna.

und der tiefer liegende Buchenwald dafür echten Augentrost. Aus Konzen trations- wird Kontemplationswandern. Weißer Dunst umspielt die Stämme. Letzte Tropfen fallen. Der Duft von Pilzen und Harz füllt die Nase. Die Seele schwappt im Takt halbvoller Wasserflaschen. Einfach nur herrlich. An der Hütte dann die Ent-

täuschung. Nicht nur uns hat der Indian Summer angelockt. Ein Wandertrupp aus Schwaben belegt die kleine Unterkunft. Als ein Zettel am tropfenden Hahn auch noch Wassermangel verkündet, ziehen wir waldwärts Richtung Cicogna weiter.

Die Strecke ist vor Einbruch der Nacht noch zu schaffen. Dann wäre die Val-Grande-Tour beendet. Doch wir bleiben im Wald. Allein auf diesem Zwei-stundenstück passieren wir sechs aufgegebene Sied-lungen. Aus Ruinen wachsen Bäume. Wo in finste-

ren Speichern Kastanienmehl lagerte, legen Eichhörnchen Nüsse ab. In Mauernischen decken Spinnweben rostende Spitzhacken und Brechstangen zu. Stumme Zeugen der Fron, um dem Berg ein Dasein abzutrotzen. Jeder Nagel, an dem Mäntel und Geräte hän-gen, erzählt seine Geschichte.

Über das Stöbern im Gestern verpassen wir den jüngsten Wetterwechsel. Während wir unter einem lecken Dach das Ende wütender Schauer abwarten, fängt uns die Nacht ein. Jetzt weiter

auf glitschigen Pfaden? Wir rollen die Schlafsäcke aus und biwakie-ren vor Ort. Nachts hören wir Käuze, deren Rufe sich mit Stimmen aus tiefer Vergangenheit zu mischen scheinen.

Sehr früh am Morgen stapfen wir klamm und steif in Richtung Cicogna, dessen Kirchenglocke durch den Wald hallt. Früher war das der Sonntagsgang der Wäldler. Sie gingen barfuß, zogen die Schuhe erst am Kirchportal an. „Das würde ich in diesem Gelände keine 100 Meter schaffen.“ Dirk nickt.

Im Dörfchen Cicogna endet die Tour da, wo sie begann: Mit einem Cappuccino im kleinen Restaurant von Sara und Federico. Sie zogen 2003 als Aussteiger ins Val Grande. Ihre beiden Söhne stellen die jüngste Generation eines Dorfes, das um 1900 gut 700 Seelen zählte und in dem jetzt nur mehr ein gutes Dutzend Men-schen ganzjährig lebt. Dank der um 1930 ausgebauten Straße ist Cicogna der einzige noch belebte Flecken im Tal: „Wir wollen blei-ben!“, sagt Sara, während sie Regen von den Stühlen wischt, „aber der Schulweg für die Kinder ist schon weit.“ Eineinhalb Stunden runter und wieder rauf.

Auch uns hat das Tal gepackt. Wir schwingen die Rucksäcke auf und verlieren uns auf einem langen Abstieg für zwei weitere Tage in den Tiefen des Parks: stromern durch Ruinen, riskieren heikle Shortcuts in abgelegene Ecken, knabbern Bucheckern, Haselnüsse und Beeren, hören dem Rauschen des Windes in den Blättern zu – und verstehen, warum ins Val Grande wieder ein paar Menschen gekommen sind, um zu bleiben.

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Biv. Bocchetta di Campo, 1996 mDas Bivacco Bocchetta di Campo liegt wie ein Horst auf dem schmalen Rücken, der das Val Pogallo vom Val Grande trennt. Hier geht der Blick in die Kernzone des Parks und darüber hinaus auf die Walliser Alpen mit ihren Viertausendern. Über dem „Salon“ mit Ofen, Tisch und Bankkiste im Erdgeschoss ist Platz für 12 Schlafplätze. Holz wird eingeflogen.

ALPIN-FAZIT Spartanisch ausgestattet bietet das ganzjährig offene Bivacco wahren Luxus: Licht, Luft und Stille in Fülle.

HÜTTENCHECK

Der „Salon“ der Hütte: mit Ofen, Bank und Truhe.

Sentiero Bove

Vier-Tages-Trekking, schwer

4 Tage; 25 ½ Std. gesamt

2440 Hm gesamt

Tag 1: 7 ½ Std. 1270 Hm

Tag 2: 9 ½ Std. 660 950 Hm

Tag 3: 6 Std. 510 840 Hm

Tag 4: 2 ½ Std. 650 Hm

Anspruchsvolle viertägige Grattour durch das Val Grande im Piemont.BESTE ZEIT Mitte Mai – Anfang Oktober (Indian Summer).AUSGANGSPUNKT Cicogna, 732 m.

1 Cicogna – Bivacco Bocchetta di Campo

Schwere Tour mit ungesicherten Schlüsselstellen über Alpe Cavrua.ROUTE Von Cicogna (732 m) bis Pogallo auf Naturlehrpfad. Hinter Pogallo (777 m) schwingt sich der Weg westlich steil auf durch

Buchenwald zur Alpe Cavrua (1410 m). Oberhalb sind Markierungen rar. Bei Nässe ist der Untergrund (moosige Fels - partien) extrem rutschig. Bei Regen meiden! Erreicht man den Kamm, der das Val Pogallo vom Val Grande trennt, der markierten steilen Schneide der Strette del Case in Serpentinen folgen. Auf und Ab durch Rinnen zum Bivacco Bocchetta di Campo (1996 m). Tapfere nehmen nach der Hütte westlich den Aufstieg (Steinmännchen) zur Cima Pedum (2111 m) mit (1 ¼ Std. Aufstieg, 1 Std. Abstieg).

2 Bocchetta di Campo – Biv. Alpe Forna

Schwere Tour mit Sicherungen an Cima Marsicce / Monte Torrione. ROUTE Auf der ganzen Etappe gibt es kein Wasser! An der Boccetta di Scaredi südlich auf dem Pfad auf die Cima Marsicce (2135 m) zu. Schwierige Stellen sind gesichert, fordern aber bei den steilen Couloirs am Monte Torrione Trittsicherheit (Sicherun-gen teils locker!). Ab dem Monte Piota folgt ein ausgesetzter

TOUR

Gratwege durch das größte

Wildreservat der Alpen.

Balanceakt bis unter den Stock des Monte Zeda. Hier gilt es, den östlich abzweigenden Weg zum Bivacco Alpe Forna (1710 m) nicht zu verpassen. Der Trail folgt im Wesentlichen dem Gratverlauf.

3 Bivacco Alpe Forna – Bivacco Alpe Curgei

Mittelschwere Tour, Kettensiche-rungen hinter dem Pizzo Marona.ROUTE Hinter dem Biv. Alpe Forna geht es in südöstlicher Richtung mäßig ansteigend bis zur Weggabelung, die rechter Hand hinaus zum Monte Zeda (2156 m) führt. Auf- und Abstieg über einen Buckel zum Gipfel in einer Stunde. Dann weiter über den Hauptweg südöstlich des Gipfels zum Pizzo Marona. Die Variante führt über die Spitze des Monte Zeda gratwärts direkt zum P. Marona (2051 m). Danach steiler Abstieg (versichert) hinab auf 1518 m (Colle della Forcola). Das anschließende Flachstück zur Kapelle am Pian Cavallone erfordert Orientierungssinn. Der Abstieg zum Bivacco Alpe Curgei (1350 m) folgt dem markierten Weg entlang durch den Wald.

4 Bivacco Alpe Curgei – Cicogna

Zum Abschluss führt diese leichte Wanderetappe zurück zum Ausgangspunkt.ROUTE Der Pfad verläuft unter-halb der Hütte rechts und steil abwärts durch Laubmischwald. Auf 921 m erreicht man die Alpe Varola. Der Weg ist gesäumt von Ruinen aufgelassener Weiler und quert kurz unterhalb Cicognas den Rio Pogallo auf einer pittoresken Brücke. Gute Badestelle unterhalb der Brücke im flachen Wasser.

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Einsame Touren Sextner Dolomiten

Wild & versteckt

Im Dunstkreis der Drei Zinnen:

Die Sextner Dolomiten bieten

ursprüngliche Wege für echte

Bergsteiger und anspruchsvolle

Wanderer. Text & Fotos Maurizio Marchel

Sextner Raritäten1 Innichriedlknoten,

2891 m

Bergtour, schwer

7 – 7 ½ Std.

1400 Hm

Abenteuerliche und einsame Berg-tour, bei der ein stiller Gipfel bestiegen wird. Der Aufstieg, der den viel begangenen Routen dieser Gegend vorzuziehen ist, weist nur im letzten Teil anspruchsvollere Passagen auf. Die wilde Gipfelum-gebung ist übersät mit Relikten aus dem Ersten Weltkrieg. Das sensa-tionelle Panorama bietet tolle Aus-blicke auf die Sextner Dolomiten.BESTE ZEIT Juli bis Oktober.TALORT Innichen, 1173 m. AUSGANGSPUNKT Von Innichen im Pustertal ins Sextner und ins Inner-feldtal, Parkplatz auf 1500 m.ROUTE Man geht über die Straße oder einen Weg zur Dreischuster-

hütte, 1626 m, und in den Tal-schluss zur Kreuzung mit dem Weg Nr. 105, 1693 m. Diesem folgt man nach links. So gelangt man ins ausgetrocknete Bachbett des Innichbaches. Nach einer Wasser-fassung hält man sich rechts und wandert auf der Seite des Morgen-kofels bis auf ca. 2000 m. Dort zweigt links ein nicht markierter Weg ab. Man steigt auf der oro-graphisch linken Seite des Innich-

baches einer Steigspur folgend durch eine extrem wilde Gegend auf. Weiter oben wandert man im Grund der Schlucht zwischen klei-nen Wasserfällen und Wasser-becken weiter. Der Graben leitet hinauf in einen Schotterkessel zu Füßen der Altensteiner Scharte. Man verlässt hier den Weg, der zur Schusterplatte führt, und geht rechts, den Steigspuren im Schot-ter folgend, hinauf zur Forcella del

In diesem Führer werden ungewöhnliche Routen abseits des Massentourimus im wilden Osten Südtirols zwischen Pfitschtal und Pustertal vorgestellt. Tappeiner VerlagPreis: 19,90 Euro athesiabuch.it

Weitere 60 einsame Gipfel …

Foto:

Crodon, 2775 m. Entlang einer mit Steinmännchen markierten Spur geht man gegen Süden hin über einfache Felsstufen zum Fuße eines Kamins. Dieser wird rechts umgangen, um auf der Westseite des Gipfels die einzige anspruchs-volle Passage in Angriff zu neh-men. Man erklettert eine kurze Wand mit kleinen Griffen (I) und geht dann über einfaches und zum Teil brüchiges Gelände weiter.

Leichtes Felsgelände leitet schließlich zum Innichriedlknoten. Am einsamen Gipfel finden sich Reste aus dem Ersten Weltkrieg. Man kann einen verfallenen Unter-stand und Laufgräben besichtigen und ein großartiges Panorama bewundern. Man sieht die Alten-steinplatte und die Dreischuster-spitze sowie Elferkofel, Hochbrun-nerschneide, Zwölferkofel und Drei Zinnen. Abstieg am Aufstiegsweg.

Lienzer Dolomiten

Innerfeldtal

Dreischusterspitze, 3145 m

Schusterplatte, 2957 m

Morgenkofel, 2260 m

Innichriedlknoten, 2891 m

Sextner Rotwand, 2965 m

Exklusiv! Touren im

Luftbild Großglockner, 3798 m

Dreischusterhütte

Foto:

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INFO Tourismusverein Sexten,Dolomitenstraße 45,I-39030 Sexten,Tel. +39 0474 710310,sexten.it

ANREISE Mit dem Auto über die Brenner-Autobahn (A 12 /A 22) bis zur Ausfahrt Brixen – Pustertal, weiter auf der SS 49 durch das Pustertal bis Innichen. Von Innichen ins Sextner Tal und zu den Parkplätzen im Innerfeld- und Fischleintal. Mit der Bahn günstige Verbindungen über München mit Umsteigen in Franzens feste nach Innichen.

HÜTTE Dreischusterhütte, 1626 m, AVS Drei Zinnen, bewirt-schaftet Mitte Juni bis Mitte Oktober, Tel. +39 0474 966610, mobil +39 340 7698342, drei-schuster-huette.com

BERGFÜHRER Alpinschule Südtirol,Rienzstraße 24,I-39039 Niederdorf,Tel. +39 0474 740119,mobil +39 349 0730320,alpinschulesuedtirol.com

KARTEN Tabacco, 1: 25 000, Blatt 010, Sextener Dolomiten; Tappeiner, 1: 25 000, Blatt 105, Drei Zinnen.

AUSRÜSTUNG Bergausrüstung mit Helm, für weniger Geübte auch ein kurzes Seil, Gurt und Sicherungs-Equipment.

INFO

2 Schusterplatte, 2957 m

Bergtour, schwer

7 – 7 ½ Std.

1550 Hm

Wilder Berg, den ein flaches Gipfel-plateau kennzeichnet. Dieser Aus-sichtspunkt wird vor allem wegen seines großartigen Panoramas bestiegen, wobei der Blick auf die nahe gelegene Dreischusterspitze einzigartig ist. Da der Gipfel in der Sommersaison sehr oft besucht wird, unternimmt man diese Tour eher am Herbstbeginn, um Frieden und Stille genießen zu können.BESTE ZEIT Juli bis Oktober.TALORT Innichen, 1173 m. AUSGANGSPUNKT Von Innichen im Pustertal ins Sextner und ins Fischleintal, Parkplatz auf 1454 m.ROUTE Vom Parkplatz folgt man der Straße nach Süden durch das Fischleintal bis zur Talschlusshütte, 1548 m, und geht rechts zu einer Weggabelung weiter. Dort steigt man über den Weg Nr. 102 nach rechts durch das enge Altensteiner Tal mit den darüberliegenden Nord-wänden des Einserkofels und der Oberbachernspitzen bis auf ca. 2000 m auf. Dort öffnet sich das Tal; man geht auf der rechten Seite weiter und wandert nach einem zwischen den Latschenkiefern ge legenen Steilaufschwung bis zum Beginn der weiten Bödenalpe, 2314 m. Mit Blick auf den Patern-kofel, den Sextnerstein, den Toblin-ger Knoten und den Innichriedl-knoten verlässt man den Weg nach rechts und folgt einer Steigspur. Nach einer grasigen, felsdurchsetz-ten Senke gelangt man zum Über-gang Innichriedl, 2381 m. Man wendet sich nach rechts und umgeht auf der Südseite einen Grasrücken; so erreicht man das Niederjoch, 2465 m. Der Weg führt nach Norden abwärts zum Innich-bachgraben, durch den man steil nach rechts (nordöstlich) im Zick-zack und über einen Fels auf-schwung ansteigen muss. Nachdem man die Felsarena unterhalb der Altensteiner Scharte erreicht hat, geht man links weiter, traversiert kurz ein Band und gelangt zu einer brüchigen Rinne. Mühsam steigt man durch die Rinne aufwärts bis zu einer Scharte mit grandiosem Blick auf die Dreischusterspitze. Man folgt den einfach zu begehen-den, aber etwas ausgesetzten Fels-bändern nach links zum Schotter-hang unterhalb des Gipfels. Steinmännchen weisen den Weiter-

weg zur Schusterplatte, von der man einen großartigen Blick auf Dreischusterspitze, Haunoldgruppe, Schwalbenkofel und Drei Zinnen hat. Abstieg am Aufstiegsweg.

Alte

nste

iner

Tal

Altensteinspitzen, 2909 m

Langlahnspitze, 2770 m

Villgratener Berge

Karnische Berge

Innichriedl

Talschlusshütte

Dreischusterspitze, 3145 m

Schusterplatte, 2957 m

Großglockner, 3798 m

Foto:

Einsame Touren Sextner Dolomiten

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Einsame Touren Val Grande

Allein seinViele haben großen Respekt davor, doch wer es einmal gemacht hat,

wird sicher zum Wiederholungstäter: allein unterwegs sein.

Ein großes Vergnügen mit der richtigen Ausrüstung! Text Olaf Perwitzschky

G eteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude. Ein Sprichwort, an dem ganz sicher viel Wahres dran ist. Dennoch kann es in unserer hektischen Medien-

welt nicht schaden, mal abzuschalten. Weg von Computer, Handy, Tablet, Telefon, TV, Zeitung, Radio, Auto und Klimaanlage.

All die Dinge, die einem im täglichen Leben als normal er-scheinen, einfach mal hinter sich lassen. Bewusst! Das muss ja nicht gleich in einem Eremitenleben enden, aber nicht umsonst schwär-men viele „Aussteiger“ davon, wenn sie beispielsweise mal einen Sommer auf einer Alm verbracht haben.

Über den Wolken: bei Sonnenaufgang unterhalb der Südwand des Dent du Géant im Montblanc-Gebiet.

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Wir Alpinisten und Bergwanderer können ja ganz leicht ausstei-gen und ein Wochenende allein losziehen. Das muss gar nicht weit weg sein, in den Bergen gibt es noch so manche „weiße Flecken“. Keine anderen Menschen, keine Hektik, keine Konversation.

Dazu braucht es nicht viel. Man will ja auch mobil sein. Sein Zelt – sofern es erlaubt ist – an einem schönen See aufstellen oder an einem exponierten Fleck, sich etwas Gutes und Einfaches kochen, seinen Schlafplatz organisieren, die Natur wirken lassen.

Ein 40-Liter-Rucksack sollte für ein Wochenende reichen, es soll ja bewusst auch vieles zu Hause bleiben. Ein kleines Zelt,

Das muss nicht mitHandy und jede andere Form der Kommunikation dürfen auch mal zu Hause bleiben. Wer keine schwierigen Touren macht, sollte auch nicht in Notsituationen kommen und noch vor 20 Jahren war es normal, ohne Handy am Berg zu sein.

RucksackBergans Birkebeiner Gewicht: 1200 g Preis: 79,90 Euro

SchlafsackMountain Equipment Titan 425 WR Gewicht: 1070 g 625 Cuin wasserabweisende Daune Preis: 229,90 Euro Kocher

MSR Reactor Stove 1.0L Gewicht: 471 g Preis: 179,95 EuroKleine Kartusche: Gewicht ca. 180 g (100 g Füllung)Preis: 4,50 Euro

Zelt Nordisk Telemark Ultra Light I Gewicht: 770 g Preis: 350 Euro

Fernglas Eschenbach Arena D+ 8 x 42 B Gewicht: 690 g Preis: 159 Euro

SchlafmatteExped Aircell Mat UL 5 LXW Gewicht: 570 g Preis: 129,95 Euro

Das muss mit: ausgewählte Begleiter

IMPRESSUM Beilage zu ALPIN 3/2016

Olympia-Verlag GmbH, Badstr. 4 – 6, 90402 Nürnberg, Tel. +49 911 216-0; Vermarktung Print und Digitale Medien: Martin Schumacher, Tel. +49 911 216 22 12, Otto Hofbeck (Stv. Leiter Vermarktung Print und verantwortlich für Anzeigen), Tel. +49 911 216 22 15, Marco Lutz (Stv. Leiter Vermarktung Digitale Medien), Tel. +49 911 216 21 40, [email protected]; Redaktion: Planegger Str. 15, 82131 Gauting, Tel. +49 89 893 16 00, [email protected]; Chefredaktion: Dr. Bene Benedikt (verantwortl.); Titelbild: Wolfgang Ehn; Grafik und Druckvorstufe: Ulrike Lang; Druck: Oberndorfer Druckerei, A-5110 Oberndorf.

Alle Angaben in diesem Heft sind mit Sorgfalt erarbeitet und er-folgen nach bestem Wissen. Eine Garantie für die Richtigkeit und jede Haftung sind jedoch ausgeschlossen. Das gilt insbesondere für Dauer und Verlauf von Touren und die in diesem Zusammen-hang veröffentlichten Schwierigkeitseinstufungen. Copyright für Inhalt und Gestaltung by Olympia-Verlag GmbH 2016.

möglichst leicht und mit geringem Packmaß, nimmt nicht viel Platz weg. Wer mag, kann sogar darauf verzichten, wenn das Wetter sta-bil angesagt ist. Ein-Personen-Zelte wiegen heute knapp unter oder knapp über einem Kilo. Ein einfacher Kocher, nicht zu groß und auch nur mit einer kleinen Kartusche (100 g), sollte für eine Per-son für ein Wochenende reichen. Ein halber Liter Wasser kocht in weniger als zwei Minuten. Damit die Nacht nicht zur Tortur wird, darf ein gewisser Schlafkomfort schon sein. Eine ordentliche Matte hält warm, man liegt weich und Unebenheiten werden ausgegli-chen. Beim Schlafsack ist im Zweifelsfalle immer der etwas wärmere der bessere. Das Mehrgewicht ist gering. Ist es zu warm, kann ich den Schlafsack immer noch öffnen. Und zum (Warm-)Kuscheln ist schließlich niemand da.

Ein schönes Tool, um sich zu beschäftigen und um die Natur besser beobachten zu können, ist ein Fernglas. Das wiegt natürlich ein bisschen was, dafür hilft es bei der Entschleunigung.

Einsame Touren Know-how