Das Schönste und Beste für mich aber war, unsere ...€¦ · Prächtige alte Bäume, Palmen...

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Pakistan – ein faszinierendes Land! Am 2. März sind wir am schönen, neuen Flughafen in Islamabad gelandet. Schon auf der einstündigen Fahrt bis zum Schwesternhaus im Leprosy-Hospital-Gelände in Rawalpindi gab es viel zu sehen. Das Hospital liegt nicht an einer breiten Straße, wie ich meinte, sondern an einer langen, engen Basarstraße, voller Geschäfte, Händler, Moscheen, Menschenmengen, chaotischer Verkehr. Laut, bunt, duftend nach allem Möglichen, faszinierend. Und dann biegt man ein durch das Tor und findet sich in einer schönen, grünen Oase wieder. Prächtige alte Bäume, Palmen verschiedenster Art. Ich staunte über Sr. Annettes schöne Blumengärten, über die Gemüsefelder, über die ganze Anlage. Alte Gebäude der Engländer und die verschiedensten Häuser des Hospitalbetriebes (97 Betten) haben Platz auf dem großflächigen Gelände. Es regnete oft in diesen 14 Tagen und war kühl, aber wenn die Sonne schien, lockte sie sofort viele der aufgenommenen Patienten ins Freie. Sie lassen sich, teilweise mit ihren Besuchern, auf den Grünflächen nieder, wie zum Picknick. Vor allem den Tb- Patienten tut der Sonnenschein natürlich gut. Und fast immer gibt es bunte Drachen am Himmel zu sehen. Sie verfangen sich in den Bäumen und „zieren“ das Gelände. Besonders faszinierten mich die Menschen, ihre Gesichter, ihre so andere Lebensweise und Lebenseinstellung. Ich bin beeindruckt über die Ernsthaftigkeit vieler Muslime, wie sie ihren Glauben leben und bezeugen. Und ich bin erschüttert über die so furchtbaren Ungerechtigkeiten im Land, viele Geschichten und Erlebnisse bezeugen dies. Das Schönste und Beste für mich aber war, unsere Schwestern in ihrem Lebens- und Dienstumfeld zu erleben. Das hat mich am allermeisten beeindruckt. Sr. Sonja kümmerte sich besonders um die Mädchen der 9. und 10. Klasse von Haus Immanuel, die Abschlussprüfungen hatten. Zwischendurch erledigte sie ihre Büroarbeit und empfing Witwen, die ihren monatlichen Zuschuss erhielten. An einem prüfungsfreien Tag, bevor die kleineren Mädchen aus den Ferien zurück kamen, unternahm Sr. Sonja einen Ausflug mit den Großen ins 2,5 h entfernte Rohtas – Fort. Dazu kamen außer uns auch die beiden Hausmütter mit. Die riesige Festung aus dem 16. Jhd. zählt zum UNESCO Weltkulturerbe. Es war ein schöner, interessanter und fröhlicher Tag, die Mädchen genossen ihre Freiheit.

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Pakistan – ein faszinierendes Land!

Am 2. März sind wir am schönen, neuen Flughafen in Islamabad gelandet. Schon auf der einstündigen

Fahrt bis zum Schwesternhaus im Leprosy-Hospital-Gelände in Rawalpindi gab es viel zu sehen. Das

Hospital liegt nicht an einer breiten Straße, wie ich meinte, sondern an einer langen, engen

Basarstraße, voller Geschäfte, Händler, Moscheen, Menschenmengen, chaotischer Verkehr. Laut,

bunt, duftend nach allem Möglichen, faszinierend. Und dann biegt man ein durch das Tor und findet

sich in einer schönen, grünen Oase wieder. Prächtige alte Bäume, Palmen verschiedenster Art. Ich

staunte über Sr. Annettes schöne Blumengärten, über die Gemüsefelder, über die ganze Anlage. Alte

Gebäude der Engländer und die verschiedensten Häuser

des Hospitalbetriebes (97 Betten) haben Platz auf dem

großflächigen Gelände. Es regnete oft in diesen 14 Tagen

und war kühl, aber wenn die Sonne schien, lockte sie

sofort viele der aufgenommenen Patienten ins Freie. Sie

lassen sich, teilweise mit ihren Besuchern, auf den

Grünflächen nieder, wie zum Picknick. Vor allem den Tb-

Patienten tut der Sonnenschein natürlich gut. Und fast

immer gibt es bunte Drachen am Himmel zu sehen. Sie

verfangen sich in den Bäumen und „zieren“ das Gelände.

Besonders faszinierten mich die Menschen, ihre Gesichter, ihre so andere Lebensweise und

Lebenseinstellung. Ich bin beeindruckt über die Ernsthaftigkeit vieler Muslime, wie sie ihren Glauben

leben und bezeugen. Und ich bin erschüttert über die so furchtbaren Ungerechtigkeiten im Land, viele

Geschichten und Erlebnisse bezeugen dies.

Das Schönste und Beste für mich aber war, unsere Schwestern in ihrem Lebens- und

Dienstumfeld zu erleben. Das hat mich am allermeisten beeindruckt.

Sr. Sonja kümmerte sich besonders um die Mädchen der 9. und 10. Klasse von Haus Immanuel, die

Abschlussprüfungen hatten. Zwischendurch erledigte sie ihre Büroarbeit und empfing Witwen, die

ihren monatlichen Zuschuss erhielten. An einem prüfungsfreien Tag, bevor die kleineren Mädchen aus

den Ferien zurück kamen, unternahm Sr. Sonja einen Ausflug mit den Großen ins 2,5 h entfernte Rohtas

– Fort. Dazu kamen außer uns auch die beiden Hausmütter mit. Die riesige Festung aus dem 16. Jhd.

zählt zum UNESCO Weltkulturerbe. Es war ein schöner, interessanter und fröhlicher Tag, die Mädchen

genossen ihre Freiheit.

Im Haus Immanuel Sr. Sonja Ausflug zum Rothas-Fort

Sr. Annette begleiteten wir immer wieder auf ihren Runden im Hospitalgelände, oft mit Hund Sally, um

die Arbeiten ihrer Mitarbeiter zu beaufsichtigen. An einem Nachmittag besuchten wir mit ihr die

berühmte Faisal-Moschee. An den beiden Sonntagen früh um 6.00 Uhr zeigte sie uns ihren

wunderschönen wöchentlichen Rundgang am Rawalsee mit dem Hund. Ich bat um Gummistiefel, da

ich auf einen matschigen Weg am See entlang eingestellt war. Doch statt Matschweg ging es über eine

riesige, abwechslungsreiche und wunderschöne Parkanlage für Familien, unglaublich.

Sr. Christine und Sr. Annette an der Faisal-Moschee Morgens um 6 Uhr im Park am Rawalsee

Bewegend waren die Zeiten, in denen ich Sr. Chris begleiten durfte. Sei es bei Visiten, in der Patienten-

Aufnahme oder im OP. Oft hinter einer Gesichtsmaske versteckt, konnte ich die Menschen beobachten

und für sie beten. Viele von ihnen haben ein schweres

Leben zu meistern. Ich habe gestaunt über die

Behandlungen, Therapiemöglichkeiten, über die gute

Einrichtung der Krankengymnastik, über die vielen guten

MitarbeiterInnen. Bei einer Fortbildung konnte ich dabei

sein, die Sr. Chris für eine Gruppe von Fieldworkern hielt,

sehr interessant.

Sr. Chris bei einem früheren Ärztekurs

Für Sa. 14.03. war sie eingeladen, im Militärhospital in Lahore über Lepra zu lehren. Mit einem Reisebus

fuhren wir zu zweit am Nachmittag zuvor die fünf Stunden dorthin. Es war herrlich, auf der Fahrt den

derzeit so grünen, fruchtbaren Punjab zu sehen. All die vielen Felder mit Getreide, Reis, Zuckerrohr und

riesigen Orangenplantagen, das Landleben der Menschen mit ihrem Vieh. Überrascht hat mich die

Sicherheitsmaßnahme, dass der Bus vor der kurvenreichen Abfahrt durch die Salzberge anhalten

musste, um sich registrieren zu lassen. Ein Polizist mit Kamera stieg ein und filmte beim Durchgehen

alle Passagiere. Im Tal angekommen, wieder anhalten und die vorgeschriebene Ankunftszeit melden.

Vom Busbahnhof ging es mit einer Motorrikscha in der Abenddämmerung durch die lärmende,

vollgestopfte Stadt Lahore. Das war ein Spaß. Wir übernachteten im sicheren Gästehauskomplex der

anglikanischen Kirche. Morgens erfuhren wir, dass der Kurs wegen dem Corona-Virus abgesagt war.

Erst am Nachmittag konnten wir wieder zurück nach Rawalpindi.

Vor der Klinik in Manshera Erdbebensicheres Haus

Jetzt muss ich aber nochmals zeitlich zurück „springen“, denn in den ersten Tagen erlebten wir die CT-

geschichtlich besonderen Orte Balakot und Manshera. Sr. Chris war bereits zwei Tage zuvor dort, um

Patienten zu behandeln. Mitarbeiter Sh. fuhr uns in die Berge. Sr. Annette und er wiesen uns unterwegs

auf alles landschaftlich Interessante hin. Besonders gern hörten wir die erschreckenden, mutigen und

abenteuerlichen Erzählungen von Rettungsaktionen aus der Zeit des großen Erdbebens und der

Flutkatastrophe. Sie zeigten uns ein paar der damals Erdbeben sicher gebauten Häuser aus Beton mit

Stahl Verstrebungen. Wir konnten den Menschen nur aus der Ferne zuwinken, da der vom Regen

aufgeweichte Weg eine Rutschpartie war. In Balakot besuchten wir zwei Familien von alten,

ehemaligen Leprapatienten. Dankbar und sehr erfreut erinnerten sie sich an die Namen aller unserer

Schwestern, die sich in den Jahren um sie gekümmert hatten.

Behelfsklinik auf dem vom Erdbeben zerstörten Gelände „Sagt Grüße an Sr. Katrin, Sr. Adelheid, Sr. Ursula…“

Auf dem Rückweg holten wir Sr. Chris wieder in Manshera ab, nachdem ihre Sprechstunde beendet

war. Fahrer Sh. besorgte uns in Qalanderabad zielstrebig ein sehr gutes Essen, das wir aus Rücksicht

auf die Kultur im Auto einnahmen. Dann kehrten wir zügig zurück, zum einen, da die Autobahn gut

ausgebaut ist, und zum anderen, da er mit dem Geländewagen alles andere, was sich in der Stadt

bewegte, von der Straße hupte. Ohne eine Miene zu verziehen, unglaublich. Auch da habe ich

gestaunt…

Balakot Islamabad

An einem Sonntag freuten wir uns mit den Schwestern am schönen Gottesdienst in ihrer

internationalen Gemeinde. Am darauffolgenden Sonntag mussten wir wegen der Corona-Virus-

Einschränkungen schon zuhause bleiben. Zweimal nahmen wir mit Sr. Sonja und Sr. Annette an der

„Bible Study“ der Gemeinde teil. Sie treffen sich wöchentlich in verschiedenen Häusern. Sr. Sonja

übernahm an einem Abend die Leitung und hat es sehr gut gemacht.

Am 16.03. verabschiedeten wir uns sehr

dankbar und voller Eindrücke von unseren

lieben Schwestern. Gott sei Dank konnten

wir planmäßig fliegen und kamen abends

über Dubai gut in Frankfurt an. Zwei

Hergershofer Schwestern holten uns ab

und brachten uns ins kleine Gästehaus,

wo wir als Vorsichtsmaßnahme für 2

Wochen in „Luxusquarantäne“ ausharren

dürfen. Gesundheitlich geht es uns

bestens.

Inzwischen hat die pakistanische Regierung wegen der Corona-Virus-Pandemie strenge

Schutzmaßnahmen beschlossen. Die Schulen sind geschlossen und alle Kontakte eingeschränkt. Die

Mädchen können vorerst im Haus Immanuel bleiben, und im Hospital ist die Anzahl der

aufgenommenen Patienten höher als sonst, weil der öffentliche Verkehr lahmgelegt ist und eine

ambulante Behandlung schwierig ist. Zur Sicherheit wurden verschiedene zusätzliche Maßnahmen zur

Infektionskontrolle eingeführt, die streng überwacht werden. Schwierig ist die Besorgung von

ausreichend Desinfektionsmitteln und Gesichtsmasken.

Täglich denken wir im Gebet an unsere Schwestern.

Sr. Ulrike