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Renate Daimler Insa Sparrer Matthias Varga von Kibéd Das unsichtbare Netz

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  • Renate Daimler ● Insa SparrerMatthias Varga von Kibéd

    DasunsichtbareNetz

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  • Renate Daimler ● Insa SparrerMatthias Varga von Kibéd

    DasunsichtbareNetz

    Erfolg im Berufdurch systemisches W issen

    Aufstellungsgeschichten

    Kösel

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  • Danksagung

    Wir danken allen Menschen, die mit uns an dem Netz dieses Bu-ches gewoben haben. Allen voran den Teilnehmerinnen und Teil-nehmern der Seminare, die uns voll Vertrauen erlaubten, ihre Ge-schichten zu erzählen. Auch all jenen sei Dank, die uns ihre Notizenund Eindrücke aus den verschiedenen Rollen zur Verfügung stell-ten. Ob in Berlin, am Balaton in Ungarn, in Piran in Slowenien oderin Wien, die vielen Gespräche und Protokolle haben unser Buch rei-cher und bunter gemacht.

    Max Graf Berghe von Trips hat nicht nur eine interessante Aufstel-lung beigesteuert, er hat auch mit großer Gelassenheit und Freund-lichkeit unsere Termine und den Austausch der Texte koordiniert.

    Den Leitern der Institute, an denen ein Teil der Aufstellungen do-kumentiert werden durfte, sei Dank für ihre unkomplizierte Großzü-gigkeit: Bernd Isert vom Forum für Meta-Kommunikation in Berlin,Wolfgang Lenk vom Milton Erickson Institut in Berlin, Sonja Radatzvom Institut für Systemisches Coaching und Training in Wien undFranziska Tillmanns von System~Gestalten in Wien.

    Unseren ersten Testleserinnen und -lesern, allen voran ElkeOberortner, verdanken wir durch ihre konstruktive Kritik die »Alltags-tauglichkeit« der Texte. Jede ihrer Fragen hat zu neuen, kreativenMöglichkeiten geführt, die Aufstellungen noch einfacher zu erklären.

    Ulrike Buergel-Goodwin hat als Lektorin mit großem Interesseund Feingefühl unsere systemischen Gedanken sprachlich so »ge-glättet«, dass sie auch zum Frühstück verträglich sind.

    Und nicht zuletzt danken wir unserem Verleger Dr. ChristophWild und der Programmleiterin Psychologie Dagmar Olzog, dasssie spontan von unserer Idee begeistert waren und unser Projekt soengagiert unterstützt haben.

    Die Autoren, im Sommer 2003

    2. Auflage 2007Copyright © 2003 Kösel-Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlaggestaltung: KOSCH Werbeagentur, MünchenUmschlagmotiv: Brigitte Smith, MünchenDruck und Bindung: Kösel, KrugzellPrinted in GermanyISBN 978-3-466-30624-4

    Gedruckt auf umweltfreundlich hergestelltem Werkdruckpapier(säurefrei und chlorfrei gebleicht)

  • Inhalt

    Mein Schreibtisch, der Kleber und ich

    Anstelle eines Vorworts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

    Anleitung für Einsteiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

    Zuerst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen . . . . . . . . 21

    Innenleben eines Projekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

    Die versteckte Trauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

    Lähmung im Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

    Das Dorf, der Berater und der Bürgermeister . . . . . . . . . 57

    Der blaue Autobus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

    Das Kammerorchester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

    Deutschland gegen Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

    Der Großvater, das Ritual und die Zigarette . . . . . . . . . . 104

    Schule in Not . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

    Die neue Büroorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

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  • Die Verstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

    Die alten und die neuen Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

    Die Firmenmarke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

    Das Geheimnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

    Die Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

    Wichtige systemische Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

    Einladung zum Wunder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

    Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

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  • Mein Schreibtisch,der Kleber und ich

    Anstelle eines Vorworts

    Die Geschichte, die ich hier erzähle, ist die Geschichte einer Be-gegnung, die mein Leben verändert hat.

    Es war in einer Zeit, als ich mich an meinem Schreibtischimmer einsamer fühlte. Die Zwiesprache mit meinem Compu-ter, der meine Gedanken aufnahm und sie so lange in sich trug,bis sie reif waren, als Buch gedruckt zu werden, war mir nichtmehr genug. Ich wollte hinaus, wollte mit Menschen arbeiten,dort sein, wo das bunte Leben war.

    Aber ich schaffte es nicht. Jede meiner Ideen wurde im Keimerstickt. Jede Neuorientierung, die ich anstrebte, um meinenSchreibtisch zu verlassen, wurde von einer unerbittlichen In-stanz in mir vernichtet oder zumindest abgetan.

    Dann erzählte mir mein Mann, Carl Edelbauer, von »zweiaußergewöhnlichen Menschen«, die auf dem Kongress, zu demer als Referent eingeladen war, »aufgestellt« hätten. Die Bilder,die er mit seinen Worten malte, waren so bunt und viel verspre-chend, dass ich Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibédunbedingt kennen lernen wollte.

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  • Es war kurze Zeit später, im Oktober 1997, da kamen sienach Wien. Sie eröffneten ein grandioses Feuerwerk und stell-ten wie Zauberer – so erschien es mir damals – ein Thema nachdem anderen in den Raum. Sie verblüfften, verwirrten, beweg-ten und amüsierten mich. Am dritten Tag des Seminars saß ichdann endlich neben ihnen und schilderte mein Problem.

    »Ich schränke meine Kreativität ein und klebe an meinemSchreibtisch«, sagte ich.

    Ein paar Fragen später war geklärt, was für mich aufgestelltwerden soll.

    Diese Geschichte ist schon lange her, aber mir blieb sie in je-dem Detail in Erinnerung.

    D ie Aufstellung für Renate

    ● Der Kleber● Der Schreibtisch● Die Kreativität● Das, worum es geht

    Ich sehe mich im Raum um und wähle zu meinem Erstauneneine Repräsentantin für mich, die mindestens einen Kopf klei-ner ist. Mein Schreibtisch wird dafür von einem Zweimeter-mann mit Schultern, die ausführliches Bodytraining vermutenlassen, dargestellt. Auch der Kleber hat es in sich: Mein Augefällt auf einen »gewichtigen«, wohlbeleibten Mann, nicht sehrgroß, dafür aber ziemlich breit.

    Nur meine Kreativität sieht so aus, wie ich sie mir vorge-stellt hatte: eine schöne Frau in weiche, bunte Farben gekleidet,stark und zart zugleich.

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  • B i lder in den Raum gestellt

    Ich bin verwirrt. »Mein Gott, die Arme«, denke ich von meinerRepräsentantin, ohne sofort zu realisieren, dass ich damit michmeine. Eingesperrt, vereinnahmt, chancenlos. Das sind dieWorte, die mir zu ihr, und damit zu mir, einfallen.

    Vor ihr, so nah, dass es ihr den Atem nehmen muss, steht derriesige Schreibtisch und verstellt ihr vollkommen den Blick.Aber Blick wohin? Es gibt keinen, denn der Schreibtisch befin-det sich fast vor der Wand. Hinter ihr, tatsächlich wie angeklebt,»der Kleber«, sodass die Frau, die mich darstellt, wie das Innereeines Sandwichs zwischen die beiden hineingequetscht steht.

    Die Kreativität wendet dem Trio den Rücken zu und siehtam anderen Ende des Raumes zum Fenster hinaus. Sie scheintsich nicht zuständig zu fühlen.

    Jetzt spricht meine Repräsentantin: »Ich fühle mich wohl«,sagt sie ohne das geringste Anzeichen von Atemnot.

    Und als die dreißig Teilnehmer des Seminars geräuschvollihr Erstaunen kundtun, vor Überraschung lachen, die Luft lauteinziehen oder ausatmen, setzt sie, fast entschuldigend, eine Er-klärung nach.

    »Ich bin das so gewöhnt, so muss es sein.«Der Schreibtisch ist mit dieser Wortmeldung sehr einverstan-

    den: »Ich bin hier der Wichtigste. Es ist gut, wenn sie so nah beimir steht, ich schütze sie«, meint er und lächelt selbstsicher.

    Auch der Kleber gibt sich sehr bestimmt: »Ich sorge dafür,dass sie dort bleibt, wo sie ist. Das ist ihr Platz.«

    Ich bin verblüfft. Hier scheint alles in Ordnung zu sein.Ist mein Wunsch nach mehr Kreativität Vermessenheit?

    Meine Renate hier im Bild wirkt ruhig und zufrieden.Nun spricht die Kreativität: »Ich fühle mich gut, aber mit

    denen da hinter mir habe ich nichts zu tun. Ich schaue zumFenster hinaus auf diese wunderschönen blühenden Bäumeund warte, was passiert.«

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  • Dann wird sie umgedreht. Sie sieht die kleine Frau, einge-quetscht zwischen den beiden mächtigen Männern, dieSchreibtisch und Kleber darstellen, und wird sofort traurig.

    »Es tut mir weh, sie so zu sehen. Ich möchte, dass sie sichmir zuwendet.«

    Aber meine Repräsentantin kann nicht: »Ich habe Angst, einSog zieht mich nach hinten«, sagt sie und ihre Stimme zittert.

    Jetzt wird »Das, worum es geht« aufgestellt, und mit dieserFigur, von einer Frau dargestellt, verändert sich das Bild wie-der. Mein Double sieht sie an und wird plötzlich tieftraurig.Schreibtisch und Kleber rücken ein Stück zur Seite.

    »Gibt es jemanden in deiner Familie, der keine Chance hat-te, seine Kreativität zu leben?«, fragt Insa Sparrer.

    Mir fallen sofort meine Mutter und meine Großmutter ein,und ich nicke mit dem Kopf. Sie mussten sich beide in ihrerEntfaltung einschränken. Die eine, weil die Zeiten so waren,dass Frauen sich ihren Männern untergeordnet haben, und sie-ben Kinder und der Krieg ihr wenig Zeit ließen für ihre vielfäl-tigen Begabungen. Die andere, weil es in der kinderreichen Fa-milie kein Geld für »weibliche« Bildung gab und ein Mann, einGeschäft und sechs Kinder ihr Schicksal wurden.

    Und wie war das mit meinem Vater? Er war erfolgreich.Aber war sein Leben als Kaufmann das, was er wollte? Ichweiß es nicht und entscheide mich innerlich dafür, dass es wohlmeine Mutter oder meine Großmutter sein muss, die da steht.

    »Wer immer du bist, dir zu Ehren habe ich bisher meineKreativität eingeschränkt«, sage ich, inzwischen an die Stellemeiner Repräsentantin getreten, angeleitet von Matthias Var-ga. »Doch von nun an ehre ich dich anders.«

    Mir kommen die Tränen aus Mitgefühl. Für diese Frau undfür mich selbst. Sie sieht mich liebevoll an und nickt.

    »Das ist gut für uns«, sagt sie. »Wir wünschen dir allesGute.«

    Sie hat »wir« gesagt.

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  • »Wer ist ›wir‹?«, frage ich Insa Sparrer und Matthias Varga.»Wer immer ›wir‹ ist, wenn es bedeutsam ist, wirst du es

    zur rechten Zeit wissen. Dann wird die Nachricht zu dir kom-men. Aber vielleicht darf das Ritual wirken, ohne dass du esweißt«, antworten die beiden und schaffen es, sich selbst in ei-ner so kurzen Rede beim Sprechen harmonisch abzuwechseln.

    Ich nicke und spüre, dass die Zeit mir alles zeigen wird.Schreibtisch und Kleber sind jetzt meine Verbündeten und

    geben mir Sicherheit. In ihrem Schutz und mit all dem, was dieSchriftstellerin ausmacht, kann ich mich nun der Kreativitätzuwenden.

    Sie empfängt mich in ihren bunten Kleidern, strahlend, mitoffenen Armen: »Ich habe schon lange auf dich gewartet.«

    Und ich merke, wie mein Herz leicht wird.

    Seit damals sind Jahre vergangen. In dieser Zeit haben sich ne-ben der Schriftstellerin die Radiomoderatorin und die systemi-sche Beraterin entwickelt. Zunächst eifersüchtig aufeinander,wer mehr Raum bekommt. Später im Einklang, jede von deranderen profitierend.

    Aus meinen beiden Lehrern, die mich durch die vierjährigeAusbildung an ihrem Institut begleitet haben, sind Freundeund Mitautoren geworden. Und manchmal, wenn ich wiedereinen neuen Schritt in ein noch kreativeres Leben tun möchte,dann hole ich mir die Aufstellung von damals in meine Erinne-rung zurück und verbeuge mich vor denen, die es schwerer hat-ten als ich.

    Meine Großmutter ist schon lange tot. Mein Vater starb vornoch nicht langer Zeit. Unter seinen Papieren fanden wir einedicke Mappe mit wunderschönen Gedichten, die er uns nie ge-zeigt hat. Papa, auch du warst einer, der seine volle Kreativitätnicht leben durfte. Auch dir zu Ehren mache ich jetzt vieles an-ders und gleichzeitig auch immer wieder einiges so wie du ...

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  • Anleitung für Einsteiger

    Alle Geschichten, die Sie in diesem Buch lesen werden, sindwahr. Erzählt werden so genannte »Strukturaufstellungen«,genauer gesagt, »Organisationsstruktur-Aufstellungen«, in de-nen Themen aus der Arbeitswelt behandelt werden. Einige derverwendeten Begriffe werden Ihnen vielleicht fremd sein, oderSie kennen sie aus der Alltagssprache in ganz anderen Zusam-menhängen.

    Diese Anleitung für Einsteiger erläutert die wichtigsten Be-griffe und soll Ihnen eine Hilfe sein, mit der Sie sich währendder Lektüre bei Bedarf informieren können. Wenn Sie danachmehr über das methodische Vorgehen erfahren möchten,schlagen wir Ihnen vor, sich auch mit den im Anhang genann-ten Büchern zu befassen und nach Möglichkeit selbst in einemgeeigneten Seminar an einer Strukturaufstellung teilzuneh-men.

    Systemische Strukturaufstellungen sind ein Verfahren, bei demwir mithilfe einer Gruppe von Menschen, aber auch in der Ein-zelarbeit mit Symbolen, einen Blick in ein System werfen kön-nen, zu dem wir eine Frage haben. Die Bilder, die mit den Teil-nehmern aufgestellt werden, kommen durch wenige Vorinfor-mationen zustande, egal, ob sie eine Firma, ein Team oder eineFamilie betreffen. Es werden die Personen, die dazu gehören,

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  • aber auch abstrakte Teile wie Ziele, Entscheidungsalternati-ven, Projekte, Aufträge und so weiter in den Raum gestellt.

    Aufstellen bedeutet, dass die Klientin oder der Klient, nachdemsie oder er das Anliegen geschildert hat und die Teile der Auf-stellung feststehen, die so genannten »RepräsentantInnen«auswählt, Menschen, die das fremde System darstellen werden.Dabei benennen die Klienten auch eine Person, die sie reprä-sentiert, in der Fachsprache auch »Fokus« genannt. Die Dar-steller werden von der Klientin oder dem Klienten an denSchulterblättern berührt und der Reihe nach intuitiv an einenstimmigen Platz im Raum geführt.

    So entsteht ein äußeres Bild, das dem inneren Bild des Klien-ten entspricht. In den Bildern kommt es auf größeren und klei-neren Abstand im Raum, auf die Winkel und Blickrichtungenzueinander an.

    Die RepräsentantInnen entwickeln, in der Regel schon wäh-rend sie gestellt werden, spätestens kurz danach, deutlich ver-änderte Körperempfindungen, Wahrnehmungen und Stim-mungsveränderungen (siehe unten: »repräsentierende Wahr-nehmung«).

    Typisch für Strukturaufstellungen ist, dass vor allem die Un-terschiede der Körperempfindungen und Wahrnehmungen dieGrundlage des Vorgehens bilden. Die Klientin oder der Klienterlebt die Äußerungen der Repräsentanten meistens schon imersten Bild als sehr stimmige Darstellung der realen Beziehun-gen im abgebildeten System – wobei häufig zugleich überra-schende Ergänzungen zur bisherigen Sicht und kreative, neueMöglichkeiten auftauchen.

    Durch verschiedene Interventionen, wie Änderungen derAnordnung durch Umstellung, rituellen Sprachgebrauch undgeeignete Rückmeldungen der Klientin oder des Klienten, wirdnun nach einem ressourcenreicheren neuen Bild gesucht. DieInterventionen sind dabei als Fragen zu verstehen, die davon

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  • ausgelösten Körperreaktionen der Repräsentanten, die diesemöglichst genau mitteilen, als Antworten.

    Dabei ist bei Strukturaufstellungen sogar eine verdeckte Ar-beit möglich. Das heißt, dass nur der Klient selbst nähere Infor-mationen zum Thema hat.

    Die Methode der »Systemischen Strukturaufstellungen«, auf diesich die Erzählungen in diesem Buch stützen, wurde von der Di-plompsychologin Insa Sparrer und Professor Matthias Vargavon Kibéd seit 1989 entwickelt und immer weiter ausgebaut.Einflüsse aus der Systemischen Therapie, der Familientherapie,insbesondere der Rekonstruktions- und Aufstellungsarbeit, derlösungsfokussierten Kurztherapie und der Hypnotherapie präg-ten Stil, Vorgehensweise und Haltung. Etwa gleichzeitig mit denOrganisationsstruktur-Aufstellungen entwickelte vor allemGunthart Weber, ausgehend vom Familienstellen, das Verfah-ren der Organisationsaufstellungen.

    Organisationsstruktur-Aufstellungen sind eine effiziente Me-thode für Beratungen im Arbeitsfeld, sei es für Unternehmen,Organisationen oder für Einzelpersonen.

    Leiterinnen und Leiter von Strukturaufstellungen arbeiten all-parteilich, das heißt, mit dem Ziel, eine Verbesserung für alleRepräsentantInnen zu erlangen. (In der Strukturaufstellungs-arbeit wäre eigentlich die Bezeichnung »GastgeberInnen« an-gemessener als die der LeiterInnen, da ein Leiter einfach oben,ein Gastgeber aber zugleich Diener jeden Gastes ist.)

    Bilder in den Raum gestellt bedeutet, dass das System derKlientin oder des Klienten durch so genannte »RepräsentantIn-nen« dargestellt wird. Die Aufstellung ist eine Externalisierungeines inneren Bildes und kann durch geeignete Interventionenzu einem »Lösungsbild« verändert werden.

    Das Lösungsbild ist eine aus dem Anfangsbild durch geeigneteInterventionen gewonnene veränderte Anordnung der Reprä-

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  • sentanten, sodass alle sich in einem ressourcenreicheren Zu-stand befinden. Aus der Perspektive des Klienten soll sich dabeieine neue Lösungsmöglichkeit des Problems ergeben.

    Zu den für die Gewinnung von Lösungsbildern wichtigstenInterventionen gehören geeignete Trennungen von unklar ver-mischten Kontexten, die Einbeziehung ausgeschlossener undvergessener Systemmitglieder und geeignete rituelle Sätze derWürdigung, Anerkennung und Richtigstellung.

    Die RepräsentantInnen werden auch manchmal als »Rollen-spielerInnen« bezeichnet, was jedoch ein irreführender Begriffist, denn bei Strukturaufstellungen wird nicht »gespielt«. DieBetonung von Unterschieden bei Körperempfindungen (anstellevon inneren Bildern) und die verdeckte Arbeit fördern die Wahr-nehmungsprozesse bei Aufstellungen und schützen vor stärke-ren Verfälschungen des Bildes durch persönliche Meinungen.

    Die RepräsentantInnen stellen sich mit ihrer Körperwahr-nehmung zur Verfügung, um Teile eines Systems darzustellen.In der Systemischen Strukturaufstellung können das Personen,aber auch Gegenstände, Gefühle, Eigenschaften, Überzeugun-gen, Hindernisse, Ressourcen und anderes sein. Die Repräsen-tantInnen teilen ihre veränderten Körperempfindungen undWahrnehmungen im Aufstellungsbild und während des Auf-stellungsprozesses mit (repräsentierende Wahrnehmung) undermöglichen so die Entwicklung eines Lösungsbildes.

    Die repräsentierende Wahrnehmung wird erfasst, indem dieDarsteller nach Unterschieden in ihrem Befinden, ihren Empfin-dungen, Wahrnehmungen, Haltungen und Emotionen gefragtwerden, die sie im Vergleich zu ihrem vorigen Zustand bemer-ken. Es sind spontane Veränderungen der Körperempfindungenwie auch die Außenwahrnehmungen der RepräsentantInnen.Dabei werden Interpretationen oder Meinungen zum Wahrge-nommenen weitgehend vernachlässigt. Diese Empfindungen,insbesondere ihre Unterschiede und Veränderungstendenzen,

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  • zeigen regelmäßig ein erstaunlich verlässliches Bild von Bezie-hungen und deren Veränderungen im abgebildeten System.

    Entrollen nennt man das Wiederherausgehen aus einer Rolle,die man als RepräsentantIn eingenommen hatte. Dadurch ver-schwinden die während der Aufstellung durch repräsentierendeWahrnehmung veränderten Empfindungen. Meistens genügt esdafür, Hände und Gesicht zu reiben, kräftig aufzutreten odersich auszuschütteln, ein paar rasche Schritte zu gehen, und, »imZweifelsfall«, den eigenen Namen auszusprechen. Wenn all diesund selbst späteres Duschen noch nicht ausreichen, ist davonauszugehen, dass bei der RepräsentantIn ein eigenes Thema imfremden Anliegen aufgetaucht ist.

    Umstellen ist eine Intervention der AufstellungsleiterInnen, dieder Verbesserung der Befindlichkeit der RepräsentantInnendient. Dabei beachten die LeiterInnen die Reaktionen undRückmeldungen der Klientin oder des Klienten und die Emp-findungen und Wahrnehmungen der RepräsentantInnen alsGrundlage ihres Vorgehens. Eine Veränderung des Platzeskann aber auch zunächst als »Test« eingesetzt werden undmöglicherweise kurzfristig eine Verschlechterung bedeuten,dabei aber indirekte Hinweise auf mögliche das Befinden ver-bessernde Interventionen geben.

    Rituale und rituelle Sätze werden zwischen den Umstellungenverwendet und sollen schließlich zu einer Verbesserung derRessourcen führen, auch wenn während des Rituals vorüber-gehend erhebliche Verschlechterungen vorkommen können. Inder Regel können Rituale als das symbolische Nachholen vonHandlungen und Abläufen gesehen werden, die in einem Sys-tem fehlten. Auch eine prophylaktische Verwendung rituellerInterventionen kann wichtig sein. Oft handelt es sich um stär-kende Sätze, eine Verbesserung des Blickkontakts oder die sym-bolische Rückgabe von Lasten, die jemand anderem gehören.

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  • Orte, Repräsentanten und freie Elemente sind die drei Grund-kategorien von Symbolen bei Strukturaufstellungen, wobeiSymbole die Personen und Gegenstände sind, die in der Auf-stellung mit einer Bedeutung versehen werden. Als Orte wer-den Symbole bezeichnet, die während der Umstellungen denPlatz im Wesentlichen nicht verändern, Repräsentanten im en-geren Sinne werden von Bild zu Bild von den Aufstellungslei-tern umgestellt, während sich »freie Elemente« auch im Bildnach eigenen Impulsen schnell oder langsam bewegen können.Manchmal können Orte und Repräsentanten auch kurzfristigzu »partiell freien Elementen« ernannt werden.

    Glaubenssätze sind Annahmen, die wir oft unbewusst innerlichtreffen, weil wir in diesem »Glauben« aufgewachsen sind oderErfahrungen gemacht haben, die uns subjektiv als allgemeingültige Wahrheit erscheinen. Wie zum Beispiel »Zuerst kommtdie Arbeit, dann das Vergnügen«.

    Die Glaubenspolaritäten-Aufstellung ist eine von Insa Sparrerund Matthias Varga von Kibéd entwickelte Form, die sichauch als schützender Rahmen für andere Aufstellungen eig-net. Die drei Pole dieser Aufstellung werden im Dreieck als»Orte« angeordnet mit dem Ziel, dass die RepräsentantInnenund damit auch die KlientInnen von diesen Kraftquellen un-behindert nehmen können.

    Liebe, Ordnung und Erkenntnis sind dabei besonders häufigverwendete Begriffe. Tatsächlich handelt es sich aber umWortfelder, die je nach Thema flexibel verwendet werden kön-nen. »Liebe« ist auch Vertrauen, Mitgefühl und so weiter.»Ordnung« ist auch Struktur, Handlung, Verantwortung undso weiter. »Erkenntnis« ist auch Einsicht, Klarheit, Vision,Wissen und so weiter. In Unternehmen, die einen Wertewandelerleben, ist der Zugang zu diesen »Polen« ein wichtiger Grad-messer für den Erfolg der Neuordnung.

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  • Die Weisheit ist ein freies Element innerhalb der Glaubenspo-laritäten-Aufstellung. Sie steht über allem und ist so etwas wieeine stärkende Instanz, etwas Größeres, auf das wir zurückgrei-fen können, es sei denn, sie ist historisch oder biografisch be-lastet. Während die so genannten »Pole« wie Orte behandeltwerden, bewegt sich die Weisheit nach eigenen Impulsen.

    Die Tetralemma-Aufstellung beruht auf einem Argumenta-tionsschema der klassischen indischen Logik sowie dessen Er-weiterung um einen fünften Aspekt aus dem Madhyamika-Buddhismus. Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd lie-ferten eine moderne Analyse dieser klassischen Struktur undentwickelten auf dieser Grundlage eine Aufstellungsform.

    »Das Eine« und »das Andere«, die beiden ersten Positionendes Tetralemmas, stellen zwei Pole oder Alternativen dar, dieeinen Gegensatz oder ein Dilemma bilden.

    »Beides«, die dritte Position, ist eine Form der übersehenenVerbindung zwischen den beiden ersten Positionen.

    »Keines von Beidem«, die vierte Position, stellt den überse-henen Kontext dar, der bei der bisherigen Betrachtung des Di-lemmas außer Sicht oder in Vergessenheit geraten war.

    Die fünfte Position ist streng genommen eine »Nicht-Positi-on« und wird als »freies Element« gestellt. Es bringt den Hu-mor, den Schwung und das Vermögen, durch diese Phasen hin-durchzugehen, sowie Reflexionsvermögen und Mitgefühl. Sieist das Prinzip der Musterunterbrechung und am ehesten mitder Position der »Weisheit« in der Glaubenspolaritäten-Auf-stellung zu vergleichen. Das freie Element folgt während derAufstellung seinen eigenen Impulsen und verändert Platz undHaltung nach Gutdünken.

    Musterrepräsentation bedeutet, dass eine Klientin oder einKlient ein Schicksals- oder Verhaltensmuster einer anderenPerson übernimmt, indem sie oder er unbewusst fremde Lastenträgt und sich für Aufgaben, die ihr/ihm nicht zukommen, ver-

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  • antwortlich fühlt. Die andere Person kann dabei durchaus un-bekannt sein. Häufig handelt es sich um im Familien- oder Or-ganisationssystem ausgeschlossene Personen. Der Ausschlussbesteht dabei etwa darin, dass jemand nicht mehr erwähnt,abgewertet, ausgestoßen oder als nicht mehr dazugehörig be-trachtet wird.

    Die Unterbrechung einer Musterrepräsentation geschiehtdurch ein Ritual, bei dem die zuvor unbewusste Verbindungdurch eine bewusste Trennung sowie durch eine neue undselbstständigere Form von Einbeziehung und Würdigung er-setzt wird. Die vorherige Vermischung des eigenen Kontextsmit dem einer anderen Person wird dadurch aufgelöst.

    Das Wunder ist ein Begriff aus der lösungsfokussierten Arbeitvon Steve de Shazer und Insoo Kim Berg. Es spielt in der Schulevon Milwaukee eine zentrale Rolle und wird in der so genann-ten »Wunderfrage« verwendet. In der Aufstellungsarbeit kanndas Wunder als Ressource, aber auch als Gradmesser, wie nahedas Thema bei einer Lösung angelangt ist, verwendet werden.Aufstellungsarbeit und lösungsfokussierte Methoden werdenbei den Strukturaufstellungen verknüpft.

    Das Stellen der Wunderfrage ist eine Gesprächsmethode,durch die inhaltlich geklärt wird, worin das Wunder des jewei-ligen Klienten bestünde. Diese Vorgehensweise ermöglichtdem Klienten durch die Einbettung des Wunders in den Alltagin eine lösungsorientierte Haltung zu gelangen, in der bereitserfahren und körperlich erlebt werden kann, wie es ist, wenndas Problem plötzlich schon gelöst ist. Die Klientin oder derKlient kommt so in einen »Als-ob-Zustand« der Lösung, derwertvolle Hinweise zur Entdeckung und Nutzung von Res-sourcen gibt. (Siehe auch am Ende des Buchs das Kapitel »Ein-ladung zum Wunder«.)

    Das Ziel ist ein Element vieler Strukturaufstellungsarten. Wäh-rend es für das Wunder wesentlich ist, dass wir es als einen ge-

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  • genwärtigen Zustand erfahren können, ist das Ziel eher eineklare, aber zukünftige Grenze. Es wird daher auch meist mit ei-nem konkreten, inhaltlichen Namen versehen, also zum Bei-spiel »klare Kommunikation in der Firma«, »zufriedene Kun-den«, »Gelingen des Projekts« und so weiter.

    Das, worum es auch noch geht, ist bei den Systemischen Struk-turaufstellungen ein häufig verwendetes Element. Oft beinhal-tet es das ausgeblendete Thema, etwas, was eventuell fehlt ineinem System oder unbewusst verdrängt wird. Es ist häufig derrelevante Hintergrund zum präsentierten Anliegen.

    Das Lösungsgeometrische Interview ist eine Technik, die vonInsa Sparrer entwickelt wurde. Hier werden über die körperli-chen Wahrnehmungen hinaus die Repräsentanten um sprachli-che Reaktionen und Interaktionen gebeten. Während einerAufstellung stellt diese Methode eine überraschende Möglich-keit dar, durch das Stellen der Wunderfrage an die Repräsen-tantInnen und die anschließende Befragung nach Lösungen dieSituation zu entspannen und gleichzeitig wertvolle Hinweiseauf sinnvolle Veränderungen im System zu erhalten. Durch die»Gesprächsrunde« entsteht meistens Verständnis füreinander;zum Beispiel finden Teams, die vorher zerstritten waren, häu-fig gemeinsame Strategien.

    Die weibliche und die männliche Form der Personenbezeich-nungen werden in diesem Buch unsystematisch und abwech-selnd verwendet. Wir hoffen, dass sich alle LeserInnen glei-chermaßen als gemeint und einbezogen erleben.

    Matthias Varga von Kibéd wird im laufenden Text zur Verein-fachung der Lesbarkeit als »Matthias Varga« bezeichnet.»Von den vielfachen Möglichkeiten, meinen Namen falsch zuschreiben, ist mir diese noch eine der angenehmsten« (derselbeauf die Frage, ob er sich diese Verkürzung vorstellen könne).

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    20O:\Herstellung\Daimler\Daimler.vpMittwoch, 6. August 2003 15:23:27

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  • Zuerst kommt die Arbeit,dann das Vergnügen

    »Ich bin Ärztin, und es ist keineswegs so, dass ich den fal-schen Beruf gewählt habe. Damals zum Beispiel, als ich nochstudierte und anschließend wissenschaftlich arbeiten konnte,hatte ich Spaß an meinem Beruf. Aber in den letzten Jahrenhat sich das Gefühl, dass meine Arbeit mich krank macht, im-mer mehr verstärkt.«

    Da sitzt sie, erschöpft und blass. Im Gesicht die Spuren vonzu vielen Nachtdiensten, denke ich mir. Als Ruth A. weiterer-zählt, packe ich meine Nachtdiensttheorie wieder ein und neh-me wahr, dass sie ihre Schultern hochzieht, während siespricht, und mit ihren Händen die Knie umklammert. So, alssuchte sie Halt bei ihrem verkrampften Körper.

    »Meine Arbeit ist eine Last. Ich stehe manchmal in der Frühauf und weine schon beim Zähneputzen. An anderen Tagen be-komme ich plötzlich Durchfall oder muss mich übergeben,wenn ich das Haus verlassen will. Am Wochenende geht es mirdann besser. Mein Mann sagt immer: ›Jetzt stehst du wieder imAufzug und fährst nach unten‹, wenn sich mein Zustand soplötzlich verschlechtert.«

    Matthias Varga bittet Ruth A., ihre augenblickliche Befind-lichkeit auf einer Skala von null bis zehn einzuordnen, wobeizehn großes Wohlbefinden bedeutet.

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    21O:\Herstellung\Daimler\Daimler.vpMittwoch, 6. August 2003 15:23:27

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  • »Kann ich auch unter null gehen?«, fragt sie vorsichtig, undals er mit dem Kopf nickt, schweigt die Klientin eine lange Wei-le und antwortet dann: »Wenn ich mich als jemanden sehe, dermit dem Aufzug immer wieder in die Tiefe rasselt, dann knalleich hart auf dem Boden auf, wenn ich bei null ankomme. Wennich tiefer gehen kann, dann ist es etwas leichter. Ich bin näm-lich bei mindestens minus fünfzehn.«

    Als Matthias Varga sie fragt, ob es in der Vergangenheit po-sitive Ausnahmen gegeben hat, von denen sie berichten kann,bekommt ihr Gesicht langsam wieder Farbe, und ihre leiseStimme gewinnt an Klang.

    »Ja, im Urlaub. Im letzten Jahr war ich so erschöpft, dass ichmir dachte, dass ich unbedingt eine Kur brauche. Aber weil mirkörperlich nichts fehlte, habe ich beschlossen, mir durch einenAufenthalt am Meer Abstand zu verschaffen. Ich arbeite alsÄrztin an einer Universitätsklinik und komme nicht dazu, ei-nen klaren Gedanken zu fassen, solange ich im Hamsterradmeiner Arbeit gefangen bin. Vier Wochen Urlaub! Zum erstenMal in meinem Leben. Alleine das Wissen, dass ich bald nichtmehr in die Klinik gehen muss, hat mein Befinden schon vordem Urlaub von minus fünfzehn auf null verbessert.«

    Ruth A. löst ihre Hände von den Knien, lächelt, breitet bei-de Arme aus und zeigt, wie lange die Spanne von minus fünf-zehn bis null für sie ist.

    »Wir waren auf Kreta, mein Mann und ich. Essen, schwim-men, lesen ... Vor allem lesen und denken. Das war für michdas Wichtigste. Schon als Kind, wenn ich im Sandkasten saß,habe ich den anderen beim Spielen zugeschaut und mir Gedan-ken gemacht, wie das eine Kind reagieren wird, wenn ihm dasandere mit der Schaufel auf den Kopf drischt. Auf Kreta lag ichim Liegestuhl und habe den ganzen Tag nur eines gedacht:›Mein Gott, kann es mir gut gehen!‹ Nach drei Tagen war ichauf der Skala meines Wohlbefindens schon auf plus neun! Dienächsten vierzehn Tage meines Urlaubs habe ich zu Hause ver-

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    22O:\Herstellung\Daimler\Daimler.vpMittwoch, 6. August 2003 15:23:27

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  • UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

    Renate Daimler, Insa Sparrer, Matthias Varga vonKibéd

    Das unsichtbare NetzErfolg im Beruf durch systemisches Wissen.Aufstellungsgeschichten

    Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 220 Seiten, 14,0 x 21,5 cmISBN: 978-3-466-30624-4

    Kösel

    Erscheinungstermin: September 2003

    Der neue trend: Organisationsaufstellungen Jedes Unternehmen besteht aus einem Geflecht komplexer Systeme. Und jeder Mensch inseiner Arbeitssituation ist Teil dieses Geflechts, unabhängig davon, welche Position er bekleidet.Das Netz unbewusster Verbindungen ist immer da. Für viele Probleme können wir individuelle, wirksame Lösungen finden, wenn uns das Wissenum die unsichtbaren Informationsfelder zur Verfügung steht und wir die systemischen Gesetzekennen. Reale Fälle aus der Arbeitswelt werden als spannende Geschichten erzählt. Dadurch bekommtder Leser eine Vorstellung davon, worauf es sich lohnt im eigenen Berufsfeld zu achten, und fürwelche Fragestellungen sich Organisationsaufstellungen eignen. Lebendige Geschichten statttrockene Theorie.