Das Zementieren zirkonoxidkeramischer Versorgungen – Teil 1 · bleme. Von Zirkon, Zirkonium,...

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In der heutigen Zeit befinden sich Zahnarzt sowie Zahntechniker in einem Spannungsfeld immer schnellerer Produktentwicklungen, aggressivem Marketing mit wohl klingenden Versprechungen, vornehmlich fehlender klinischer Langzeitstudien und einem nicht zu unterschätzenden Wettbe- werbsdruck. Besonders deutlich wird dies beim „Dauerbrenner“ Zirkonoxid und dessen Zementie- rung. Dieser zweiteilige Beitrag zeigt Probleme auf und versucht, Lösungen anzubieten. Indizes: Adhäsive Befestigung, Befestigungskom- posit, Glaslot, Präparation, Single-Retainer-Brücke, Vollkeramik, Zementierung, Zirkonoxid Zweifelsohne ist Zirkonoxid ein faszinierendes Material. Mit dem zunehmenden Einsatz in Implantologie und prothetischer Versorgung mehren sich aber nicht nur Indikationen und Kenntnisse, sondern auch die Pro- bleme. Die Einbindung neuer oder die Veränderung be- stehender Konzepte im Praxis- beziehungsweise Labor- alltag erfolgt unter Zeit- und Kostendruck und ist damit riskant und potenziell fehlerbehaftet. Dauerhafte Miss- erfolge können sich aber weder Labor noch Praxis leisten. Die Abbildungen 1 und 2 zeigen eine alio loco angefertigte Versorgung. Hier hat der adhäsive Ver- bund gänzlich versagt. Die Fehlerquellen sind deutlich erkennbar: die Präparation sowie die Zementierung. Der Kronenblock löste sich bereits durch eine Abfor- mung; weder die Verblockung noch die adhäsive Ze- mentierung konnten die Fehler ausgleichen. Das werkstoffkundliche und behandlungstechnische Wissen über Zirkonoxid ist umfangreich vorhanden, je- doch sehr widersprüchlich. Für den zeitlich einge- spannten Praxis- beziehungsweise Laborinhaber sind Das Zementieren zirkonoxidkeramischer Versorgungen – Teil 1 Probleme und Lösungen im Labor- und Praxisalltag unter Berücksichtigung der Glaslottechnik die einzelnen Aspekte nur schwer zusammen zu führen und zu sortieren. Quantität schlägt hier leider Qualität und die Anwender nehmen dies sehr wohl wahr. Jeder, der sich etwas näher mit dem Werkstoff Zirkonoxid beschäftigt und sich der wissenschaftlichen Literatur und Fortbildungen widmet, wird dies bestä- tigen. Nachfolgende Beispiele verdeutlichen das Pro- blem: Auf ein und derselben Veranstaltung [Tagung der DGCZ 2005] sprachen Referenten einer Universität 1 | teamwork J CONT DENT EDUC 1/2011 CONTINUING DENTAL EDUCATION Interaktive Lerneinheit mit zwei Fortbildungs- punkten nach den Richtlinien der BZÄK- DGZMK unter www.dental-online- community.de Ein Beitrag von Dr. Tom O. Blöcker und Ztm. Christian Moss, beide Hamburg Abb. 1 Zustand nach Abformung – es offenbart sich eine misslun- gene adhäsive Zementierung. Der Zement befindet sich größten Teils in den verblockten (!) Kronen. Die Innenflächen scheinen beim Zementieren mit Blut kontaminiert worden zu sein Abb. 2 Die Pfeilerzähne präsentieren sich mit einer lediglich 3 mm Stumpfhöhe und einem großen Konvergenzwinkel. Angetrock- netes Blut ist sichtbar. Die Interdentalräume sind stark entzündet; durch Verblockung ist die Situation schwierig zu reinigen

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In der heutigen Zeit befinden sich Zahnarzt sowieZahntechniker in einem Spannungsfeld immerschnellerer Produktentwicklungen, aggressivemMarketing mit wohl klingenden Versprechungen,vornehmlich fehlender klinischer Langzeitstudienund einem nicht zu unterschätzenden Wettbe-werbsdruck. Besonders deutlich wird dies beim„Dauerbrenner“ Zirkonoxid und dessen Zementie-rung. Dieser zweiteilige Beitrag zeigt Problemeauf und versucht, Lösungen anzubieten.

Indizes: Adhäsive Befestigung, Befestigungskom-posit, Glaslot, Präparation, Single-Retainer-Brücke,Vollkeramik, Zementierung, Zirkonoxid

Zweifelsohne ist Zirkonoxid ein faszinierendes Material.Mit dem zunehmenden Einsatz in Implantologie undprothetischer Versorgung mehren sich aber nicht nurIndikationen und Kenntnisse, sondern auch die Pro-bleme. Die Einbindung neuer oder die Veränderung be-stehender Konzepte im Praxis- beziehungsweise Labor-alltag erfolgt unter Zeit- und Kostendruck und ist damitriskant und potenziell fehlerbehaftet. Dauerhafte Miss-erfolge können sich aber weder Labor noch Praxisleisten. Die Abbildungen 1 und 2 zeigen eine alio locoangefertigte Versorgung. Hier hat der adhäsive Ver-bund gänzlich versagt. Die Fehlerquellen sind deutlicherkennbar: die Präparation sowie die Zementierung.Der Kronenblock löste sich bereits durch eine Abfor-mung; weder die Verblockung noch die adhäsive Ze-mentierung konnten die Fehler ausgleichen.

Das werkstoffkundliche und behandlungstechnischeWissen über Zirkonoxid ist umfangreich vorhanden, je-doch sehr widersprüchlich. Für den zeitlich einge-spannten Praxis- beziehungsweise Laborinhaber sind

Das Zementieren zirkonoxidkeramischerVersorgungen – Teil 1Probleme und Lösungen im Labor- und Praxisalltag unter Berücksichtigung der Glaslottechnik

die einzelnen Aspekte nur schwer zusammen zuführen und zu sortieren. Quantität schlägt hier leiderQualität und die Anwender nehmen dies sehr wohlwahr. Jeder, der sich etwas näher mit dem WerkstoffZirkonoxid beschäftigt und sich der wissenschaftlichenLiteratur und Fortbildungen widmet, wird dies bestä-tigen. Nachfolgende Beispiele verdeutlichen das Pro-blem: Auf ein und derselben Veranstaltung [Tagungder DGCZ 2005] sprachen Referenten einer Universität

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Interaktive Lerneinheitmit zwei Fortbildungs-

punkten nach denRichtlinien der BZÄK-

DGZMK unterwww.dental-online-

community.de

Ein Beitrag von Dr. Tom O. Blöcker und Ztm. Christian Moss, beide Hamburg

Abb. 1 Zustand nach Abformung – es offenbart sich eine misslun-gene adhäsive Zementierung. Der Zement befindet sich größtenTeils in den verblockten (!) Kronen. Die Innenflächen scheinenbeim Zementieren mit Blut kontaminiert worden zu sein

Abb. 2 Die Pfeilerzähne präsentieren sich mit einer lediglich 3 mmStumpfhöhe und einem großen Konvergenzwinkel. Angetrock-netes Blut ist sichtbar. Die Interdentalräume sind stark entzündet;durch Verblockung ist die Situation schwierig zu reinigen

über das Thema „Zementierung oxidkeramischer Res-taurationen“ und kamen zu exakt gegensätzlichenAussagen (Tagung DGCZ 2005). Frankenberger stelltefest, dass die adhäsive Befestigung von Zirkonoxidge-rüsten keinerlei Vorteil habe, während Reich einendeutlichen Vorteil des adhäsiven Zementierens mittelsÄtzen, Sandstrahlen und Silanisieren sah [1].

Für fast jede Fragestellung gibt es zahlreiche Studien,die zu diametral gegensätzlichen Aussagen kommen.Dies geht so weit, dass in einem von uns sehr ge-schätzten Grundlagenwerk zu Oxidkeramiken [2] kon-träre Aussagen zur tribochemischen Silikatisierung ge-troffen werden und zwar unter Zitierung der gleichenStudien! Zitat von Seite 61: „Während die tribochemi-sche Silikatisierung mit anschließender Silanisierungauf der glasinfiltrierten Aluminiumoxidkeramik (...)einen guten und dauerhaften Verbund ergab, warendie Ergebnisse auf dicht gesinterten Zirkoniumoxidke-ramiken nicht so zuverlässig.“ Als Nachweis werdenStudien von Friedrich und Kern [3] sowie Kern undWegner [4] angeführt. Auf Seite 151 liest man: „In denletzten Jahren wurde in verschiedenen Studien nachge-wiesen, dass (…) durch tribochemisches Silikatisierensowie nachfolgender Silanisierung und Verklebung miteinem dual härtenden Bis-GMA/UDMA-Komposit (…)ein zuverlässiger Verbund zu erreichen ist.“ Angeführtwerden unter anderem die beiden oben genannten Stu-dien. Was soll der Praktiker hiervon halten? Etwas pro-vokant, aber treffend hilft Ernst Houschka weiter: „Wasnützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreibengelernt hat, aber das Denken anderen überläßt?“

In diesem Sinne soll das Thema „Befestigung von Zir-konoxid-Restaurationen“ einer intensiveren Betrach-tung unterzogen werden.

Grundlagen ZirkonoxidEine saubere Begrifflichkeit ermöglicht eine erfolgreicheKommunikation. Man sollte meinen, dass dies eineSelbstverständlichkeit ist, aber bereits hier gibt es Pro-bleme. Von Zirkon, Zirkonium, Zirkoniumoxid bis zu Zir-koniumdioxid und Zirkonoxid hört und liest man alles.Welches ist nun aber die korrekte Bezeichnung? Wäh-rend Zirkon ein Mineral und Zirkonium ein ungiftigesSchwermetall sind, ist Zirkoniumoxid nicht existent unddamit ein fehlerhafter Begriff. Richtig wäre eigentlichZirkoniumdioxid, doch keiner sagt „Di-Aluminium-

Trioxid“. Die Konsensuskonferenz der CAD4practice-Ex-pertenrunde empfiehlt deshalb, die Bezeichnung „Zir-konoxid“ zu verwenden.

Zirkonoxid ist eine Oxidkeramik und hat eine herausra-gende mechanische Langzeitfestigkeit, die derjenigenkonventioneller Dentalkeramiken weit überlegen ist [5,6]. Die hochfeste Strukturkeramik unterscheidet sichvon den Silikatkeramiken – neben der Festigkeit – ineinem weiteren bedeutenden Punkt: Sie enthält keineGlasphase! Aufgrund dessen stehen keine Reaktions-partner für einen effektiven Ätzprozess und die An-wendung der Silanisierung zur Verfügung [7 bis10]. Umdiesen für eine erfolgreiche Zementierung von Restau-rationen aus Zirkonoxid eminent wichtigen Punkt zuverstehen, rufen wir uns die Grundlagen der Silanisie-rung in Erinnerung:

Silane sind Zwittermoleküle, die mit ihrem organischenAnteil an die Matrix des Komposits binden und mitihrem anorganischen Teil über Si-O-Bindungen mit denGläsern in der Keramik reagieren [11]. Die tribochemi-sche Silanisierung bezeichnet das Aufbringen einer Si-likatschicht mittels Spezialstrahlmittel unter hohemDruck (knapp 0,3 MPa) und damit hoher kinetischerEnergie mit anschließender Aufbringung eines Haftsi-lans. Hierbei wird bei Silikat- und Aluminiumoxidkera-miken vermutlich die Glasphase entfernt und dadurcheine Verankerung der Silikatschicht in den Mikroporo-sitäten bewirkt [12]. Da Zirkonoxid genau diese Glas-phase fehlt, erstaunt es nicht, dass bereits mehrere Autoren zu dem Ergebnis kommen, dass die Silanisie-rung auf Zirkonoxid nicht zuverlässig funktioniert[13,14,3,4]. Doch auch hier existieren genau gegen-sätzliche Erkenntnisse [15 bis17].

Das Abstrahlen von Zirkonoxid-Gerüsten mittelshohem Druck stellt ein weiteres Problem dar. Hierzu isterneut ein Ausflug in die Werkstoffkunde erforderlich:Zirkonoxid hat die spezielle Eigenschaft, bei unter-schiedlichen Temperaturen in unterschiedlichen Kris-tallphasen vorzuliegen. Man unterscheidet monoklin,tetragonal und kubisch (Abb. 3).

Diese so genannte Phasentransformation findet beireinem Zirkonoxid spontan statt. Bei der Abkühlungvon Sinter- auf Raumtemperatur wandelt sich die Kris-tallstruktur von tetragonal nach monoklin unter einer

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Temperatur: 2380 °C bis 2370 °C bis 1170 °C Raumtemperatur

Kristallstruktur: Schmelzpunkt kubisch tetragonal monoklin

Abb. 3 Die Kristall -struktur von Zirkonoxid in Ab-hängigkeit vonder Temperatur(Quelle: AG Keramik)

Volumenzunahme von 3 bis 5 Prozent. Das führt zuRissbildungen. Reines ZrO2 ist daher für die Gerüsther-stellung in der Zahntechnik nicht geeignet, sondernwird mit Fremdoxiden, wie zum Beispiel Yttrium, ver-stärkt. So wird eine spontane Phasenumwandlung ver-hindert. Dieser Prozess wurde von Garvie et al. 1975 alsPhasentransformationsfestigung beschrieben [18].

Aber auch das verstärkte Zirkonoxid (Y-TZP = Yttria-sta-bilized-Tetragonal-Zirconium-Polycristal) reagiert bei ex-terner Energiezufuhr. So führt das Beschleifen zu einerverstärkten Phasentransformation in die monoklinePhase (Volumenzunahme) und damit zur Bildung vonMikrorissen. Dies beeinflusst die physikalischen Eigen-schaften der Keramik negativ [19 bis 21]. Das Abstrahlenmit hohem Druck stellt ebenfalls eine Zufuhr hoher kine-tischer Energie dar und müsste erwartungsgemäß zueiner Schädigung des Gerüstes führen. Einige Autorenfanden aber eine Festigkeitssteigerung durch Korund-strahlen von ZrO2-Gerüsten [18,22,23].

Wie ist das zu erklären? Anscheinend wurde über-sehen, dass es sich um ein kurzfristiges Phänomen miterheblicher Mikroschädigung der Zirkonoxid-Ober-fläche handelt. Andere Autoren wiesen nach, dass diewichtige Langzeitfestigkeit durch a) Impaktion vonAl2O3-Partikeln in die Oberfläche mit Rissbildungsowie b) die damit auftretende, unerwünschte t/m-Phasenumwandlung reduziert wird. So sind Zhang etal. und Deville et al. der Ansicht, dass das ZrO2-Gerüstnicht mit hohem Druck gestrahlt werden darf; die ein-setzende, unerwünschte Phasenumwandlung lässtden WAK-Wert unzulässig absinken und das Gerüstwird um 20 bis 30 Prozent geschwächt. Dies wiederumkann zu nachträglichen Sprüngen an der Verblendungführen. Glätte und Unversehrtheit der Oberflächen desgesinterten Gerüstes seien daher entscheidend für dieBiegefestigkeit bei Ermüdungsbelastung [24,25].Rothbrust et al. fanden einen klaren Vorteil hinsichtlichChipping und Verbundfestigkeit, wenn nicht gestrahltwurde. Es konnte eine deutliche Schwächung des Ver-

bundsystems nach Sandstrahlen nachgewiesenwerden [26]. Dies sieht auch ein Keramikhersteller so:„… eine Vergrößerung der Retention durch Bestrahlenmit Korundpartikeln (Aluminiumoxid) schädigt die Ke-ramik und ist daher kontraindiziert“ [27].

Wir sind deshalb dazu übergegangen, die Gerüste lediglich im Sinne eines Reinigungsstrahlens mit 0,05 MPa und 50 µm zu bearbeiten. Auch die Nachbe-arbeitung mit Schleifwerkzeugen ist möglichst zu unter-lassen. Lässt es sich nicht vermeiden, werden Nachbear-beitungen nur mit einer Turbine unter ausreichenderWasserkühlung vorgenommen [28,29]. Besonderswichtig erscheint dies bei der Fräsung der Primärkoni beider Vollkeramik-Galvano-Konus-Technik, wie von Blö-cker 2005 beschrieben. Hierbei ist eine invasive Bearbei-tung der Keramikkoni erforderlich [30] (Abb. 4).

Von einigen Seiten wird Zirkonoxid gern mit Begriffenwie das „weiße Gold“, „der weiße Stahl“, „korrosions-resistent“, et cetera betitelt. Der Anwender läuft Gefahr,Zirkonoxid als metallähnlich zu betrachten und Eigen-schaften, Behandlungsabläufe und Präparationstechnikaus der VMK-Technik eins zu eins auf Oxidkeramik über-tragen zu wollen. Zirkonoxid hat mit Gold oder Stahl sogut wie nichts gemein. Und einer der genannten Terminitrifft definitiv nicht zu: Korrosionsresistenz. Ganz im Ge-genteil: Auch Oxidkeramiken unterliegen im korrosivenMilieu einem Ermüdungsprozess; allerdings – anders alsbei Metallen – durch unterkritisches Risswachstum undSpannungs risskorrosion [31 bis 33,5] (Abb. 5). Bei Dau-erbelastung reduziert sich dadurch die Festigkeit einerkeramischen Restauration um etwa die Hälfte [34-36].

Unter dem Aspekt der Langzeitbeständigkeit von Y-TZPin der für Keramik lebensfeindlichen Mundhöhle istdaher eine möglichst unversehrte Gerüstoberflächewichtig. Die Abbildungen 6a und b zeigen ein vonMoss entwickeltes Equipment. Es besteht aus einer Tur-bine mit einer drehzahlunabhängigen Wasserzufuhr,um auch bei niedrigen Drehzahlen eine ausreichende

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Abb. 4 Die Bearbeitung von Keramikkoni mit wassergekühlterTurbine und speziellen Diamantschleifern nach Moss

Abb. 5 Ursache für diesen Mikroriss in der Oxidkeramik ist einFremdkörpereinschluss in der Keramik (mit freundlicher

Genehmigung DCM, Rostock)

Kühlung zu erreichen. Die zugehörigen Spezialdia-manten mit einer Rauhtiefe von 80 bis 4 µm erzielenohne hohen Druck einen extremen Hochglanz (Abb 7).

Aufgrund der Metastabilität der tetragonalen Phasebei Raumtemperatur ist Zirkonoxid unter feuchten Be-dingungen anfällig für eine vorzeitige Alterung [37].Ausmaß und Verlauf des Alterungsprozesses werdenaußerdem durch Oberflächenstruktur und -bearbeitungbestimmt [25]. Die Langzeitstabilität könnte durchFeuchtigkeit gefährdet sein [38,39]. Ein reales Beispielzeigt, dass dies nicht nur Theorie ist: 2001 versagten in-nerhalb kürzester Zeit 400 Hüftköpfe aus Y-TZP alte-rungsbedingt [40], weil der Hersteller eine Veränderung

bei der Produktion dieser Charge vorgenommen hatte.Um den Alterungsprozess unter Feuchtigkeit möglichstzu unterbinden, wird dem Zirkonoxid Al2O3 mit einemAnteil von < 5 % zugesetzt. Die Langzeitstabilität wirdso signifikant erhöht [39]. Die korrekte Bezeichnung fürdas in der Zahnmedizin verwendete Zirkonoxid müsstedaher lauten: 3Y-TZP-A2.

Grundlagen ZementierungVerschiedene Autoren empfehlen aufgrund der be-grenzten mechanischen Belastbarkeit von Glaskera-miken die adhäsive Befestigung [41 bis 43]. Die signifi-kant höhere Belastbarkeit durch adhäsive Befestigungist nachgewiesen [44,45]. Hierbei handelt es sich umdie schmelzadhäsive Befestigung. Komposit-Klebever-bindungen bei der dentinadhäsiven Befestigung vonKronen und Brücken aus Zirkonoxid hingegen bringenbis dato keinen wissenschaftlich nachgewiesenen Vor-teil [46,1]. Die aufgrund des fehlenden Schmelzes zubefürchtende Polymerisationsschrumpfung birgt dieGefahr von Randspalten [47]. Doch trotzdem wird dieadhäsive Zementierung von Zirkonoxid-Restaurationenimmer wieder ins Gespräch gebracht. Es wird vermutet,dass bei limitierter Stumpfretention oder sehr hohen in-traoralen Kräften Vorteile bestehen könnten [12].

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Abb. 6a und b Turbine und Steuergerät mit drehzahlunabhängiger Wasserkühlung sowie Spezialdiamanten nach Moss

Abb. 7 Extremer Hochglanz auf Keramikkoni nach Endfinierung

Abb. 8a Beschädigung derZirkonoxid-Ober-fläche durch unsachgemäßeBearbeitung. DerImplantatkopfwurde nach derInsertion miteinem Diamantenpräpariert (mit freundlicher

Genehmigung der

Ziterion GmbH)

Abb. 8b) Schädigungen an der oberen Kante des Implantatkop-fes. Die Rissbildung (A) reicht über viele Korngrenzen hinwegund führt zur späteren Absprengung des Bereiches. Der Riss (B)ist über 40 µm lang

Betrachten wir die Grundlagen der adhäsiven Befesti-gung. Möglich wurde diese durch die Einführung derSäure-Ätztechnik durch Buonocore im Jahr 1955 [48]und der Bis-GMA-Kunststoffe durch Bowen 1962 [49].Die bekannten Voraussetzungen für die adhäsive Be-festigung sind:

1. die absolute Trockenlegung mit Kofferdam,2. die konditionierte Oberfläche des Zahnes und 3. die konditionierte Oberfläche der Restauration.

KofferdamEines der beliebtesten Streitthemen in der deutschenZahnheilkunde scheint der Kofferdam zu sein. Die Dis-kussion hierüber ist unserer Meinung nach unnütz. Esist unbestritten, dass die Verwendung von Kofferdamgravierende Vorteile bietet:

Schutz des Patienten vor Aspiration oder Verschlu-cken von kleinen FremdkörpernSchutz der WeichgewebeTrockenes und übersichtliches ArbeitsfeldInfektionsprophylaxe für Patient und ZahnarztMöglichkeit, das Arbeitsfeld zu desinfizierenZeitersparnis.

Viele Autoren empfehlen explizit die Anwendungeines Kofferdams [50-52]. Denn Speichel, Blut und Sul-cusflüssigkeit verringern die Haftkraft adhäsiver Res-taurationen und werden durch Kofferdam zuverlässigabgehalten [53].

Bei genauerem Nachdenken stellen sich allerdings fol-gende Fragen: Woher kommen eigentlich Blut undSpeichel auf der Restauration? Wurde vor der Versor-gung keine suffiziente PZR- und/oder PA-Behandlungvorgenommen? Wer verletzt die Gewebe so stark,dass Blut fließt? Und was für eine Rolle spielt die Sul-kusflüssigkeit bei korrekt präparierten Kavitäten fürdie Zementierung einer schmelzadhäsiven Restaura-tion? Warum kann man nicht mit einer suffizienten re-lativen Trockenlegung den Speichel vom Zahn fern-halten? Zementiert der Behandler ohne Assistenzgroße, subgingival präparierte „Keramikstraßen“ nachder Entfernung überdimensionierter Provisorien?

Kofferdam wird auch kritisch betrachtet. Es bedarf einesdeutlich höheren klinischen Aufwands als bei der kon-ventionellen Vorgehensweise. Bei der Verwendung gibtes eine Vielzahl potentieller Fehlerquellen [54], dieTechnik ist kostenintensiv und zeitaufwändig [55], tech-niksensitiv und wird häufig kritisiert [56,57]. SowohlSchäfer [58] als auch Schneemann [59] sind der Ansicht,dass eine absolute Trockenlegung durch Kofferdamnicht erreicht werden kann. Denn: Dentin ist immerfeucht [60]. Pulpadruck (20 bis 30 mm Hg) sowie inter-tubuläre Permeabilität lassen den Dentinliquor ständignach außen strömen. Kunzelmann stellt fest, dass eineabsolute Trockenlegung für moderne Komposite bei derVerwendung hydrophiler Dentinadhäsive nicht not-wendig ist [61]. Eine dogmatische Kofferdampflicht fürdie adhäsive Zementierung erscheint uns nicht sinnvoll.

Bei der Zementierung von Zirkonoxid-Restaurationenspricht ein weiterer Punkt gegen die Kofferdamanwen-dung: In der Regel handelt es sich um Kronen und Brü-cken. Um Kofferdam anwenden zu können, muss su-pragingival präpariert werden. Dies wird immer wiedergern gefordert, widerspricht aber jedweder Alltagsrea-lität. Zitat aus einer Dissertation, in der exakte Arbeits-protokolle zu erwarten sind: „Für beide Befestigungs-arten ist nach Möglichkeit die absolute Trockenlegungmittels Kofferdam vor der Zementierung anzustreben.Dennoch ließ die klinische Situation, unter anderemdurch die oft subgingivale Lage der Präparationsgrenze,dies meist nicht zu, so dass Maßnahmen zur relativenTrockenlegung mittels Watterollen und Retraktions-fäden (…) getroffen wurden “ [62]. Den erfahrenen Be-handler überrascht dies wenig. Aus unserer Sicht sindsupragingivale Präparationen unästhetisch. Einen sichdurch den „Chamäleoneffekt“ an die Wurzelfarbe an-passenden Keramikrand haben wir bisher noch nie ge-sehen (Abb. 9a und b). Außerdem ist die Forderungselten sinnvoll, denn die Präparationsgrenze folgt demDefekt! Unser Behandlungskonzept sieht vor, nur weniggesunde Zahnsubstanz zu präparieren. Nochmals seiaus der oben genannten Dissertation zitiert: „Für denPräparationsrand wird immer wieder eine supra- oder

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Abb. 9a Dieses Beispiel demonstriert, dass eine supragingivalePräparation unästhetisch wirken kann

Abb. 9b Die selbige Krone korrekt platziert

zumindest äquigingivale Lage gefordert. (...) Trotz dieseroffenkundigen Vorzüge war es im klinischen Alltag nurselten möglich, diese Forderung einzuhalten, da dieLage der Präparationsgrenze immer den lokalen Gege-benheiten, also in den meisten Fällen der Defektausdeh-nung, angepasst werden musste.“ In Zahlen ausge-drückt: Von 233 Zähnen konnten für diese Dissertationlediglich 13 Zähne supragingival präpariert werden.Dies entspricht 5,58 Prozent. Ebenfalls interessant:Sechs Kronen dezementierten sich – drei waren adhäsivund drei konventionell befestigt [62]. Grundsätzlichsehen wir den Kofferdam als sinnvoll an, jedoch nichtaus Gründen der absoluten Trockenlegung. Bei der Ze-mentierung von Kronen und Brücken mit äqui- bis sub-gingivaler Präparation ist er nicht notwendig.

Konditionierung der ZahnoberflächeEs erleichtert das Verständnis, wenn wir uns vor Augenführen, mit welchen Geweben wir es zu tun haben. Essind Schmelz und Dentin und sie können gegensätzli-cher nicht sein. Schmelz ist zu 96% anorganisch (Apa-titkristalle = Schmelzprismen) und 4% organisch (Proteinund Wasser). Dentin besteht zu 50% aus anorganischer,zu 30 % aus organischer Substanz (Kollagen) und zu 20% aus Wasser [63]. Hieraus ergeben sich für die Ze-mente unterschiedliche Haftmechanismen.

Die Grundlage der Säure-Ätz-Technik (Haftung anSchmelz), ist die unterschiedliche Löslichkeit der Zen-tren und Peripherien der Schmelzprismen. Die Haftungan Dentin ist ein völlig anderer Prozess. Die Dentinhaf-tung kann durch den Erhalt und die Einbeziehung desbei Präparation entstehenden Smearlayers [64] oderdurch die Entfernung desselben geschehen [65]. DieEntfernung der Kollagenbarriere ist Standard. Bei derEntfernung der Schmierschicht unterscheidet manzwei Möglichkeiten:

a) Die vollständige Schmierschichtentfernung durchKonditionierung mit Säuren (zum Beispiel 30 bis40%ige H3PO4, Maleinsäure) oder Komplexbildner(EDTA). b) Die Wiederausfällung der gelösten Schmier-schichtbestandteile bei Verwendung maleinsäure-haltiger Primer.

Seit 1965 wird an der Entwicklung suffizienter Dentin -adhäsive gearbeitet. Heut sind wir in der siebten Gene-ration. Nach vierzig Jahren jedoch, sind noch immer dieAdhäsive der dritten Generation führend. Das Haupt-problem bei den Dentinadhäsiven ist die Techniksensi-bilität. Zu starkes Trocknen bewirkt ein Schrumpfen derDentinmatrix [66,67] und die kollabierte Faserschichtwirkt als Diffusionsbarriere für das Monomergemisch[68, 58]. Ein zu kurzer Abstand des Luftbläsers ist eben-

falls schlecht für die Haftkraft [67], während zu wenigTrocknen selbiges Resultat mit sich bringt. In der Praxisreproduzierbare klinische Ergebnisse im Sinne einesimmer gleichen Trocknungsgrades mit gleichem Luft-druck, Abstand des Luftbläsers, Luft- und Adhäsiv-menge und Trocknungszeit zu erreichen, ist unrealis-tisch. Und selbst wenn es gelänge, scheitert die Sachean einem weiteren Problem: Der Beschaffenheit desDentins in Abhängigkeit von kariösen Prozessen, demAlter des Patienten und der Nähe zur Pulpa. In Pulpen-nähe findet sich eine erhöhte Anzahl von Dentintubuli(28 %), während es schmelznah nur 4 bis 10 % sind[69]. Damit kommt es in Pulpennähe zu einem ver-mehrten Liquoraustritt [70,58]. Bei älteren Patientenfindet sich eine Zunahme von sklerosiertem Dentin.Damit ergibt sich eine Verringerung der Haftwerte, weildieses Dentin weniger säurelöslich ist [71,58]. DieseUnregelmäßigkeiten beeinflussen in erster Linie die ad-häsiven Einsetzzemente, die einen chemischen Ver-bund zu den Zahnhartsubstanzen eingehen [72,73].

Konditionierung der RestaurationDas Konditionieren einer Keramikoberfläche kanndurch Ätzen, Sandstrahlen und Silanisieren erfolgen.Betrachten wir die bisherigen Ausführungen, wird klar,dass Zirkonoxid weder mit Silikat- noch mit Aluminium-oxid-Keramiken verglichen werden kann. Aufgrund derfehlenden Glasphase ist das Ätzen nicht möglich und Si-lanisieren und tribochemische Silikatisierung funktio-nieren nicht beziehungsweise nicht zuverlässig. Das Ko-rundstrahlen mit hohem Druck ist umstritten und auchdeshalb scheidet die tribochemische Silikatisierung aus.Abgesehen davon ist sie zeitaufwändig und teuer.

Auch Kleber mit aktiven Monomeren wie zum BeispielPanavia erfordern eine Korundstrahlung mit hohemDruck. Während einige in vitro-Studien für diese Art derBefestigung über gute Ergebnisse berichten [4,74,75],zeigen andere Untersuchungen, dass die gefordertenklinischen Haftkräfte nicht erreicht wurden. In der Un-tersuchung von Langrieger erzielten Multilink Sprint(pur oder mit Rocatec) sowie Variolink II mit Rocatecnach 90 Tagen Wasserbad die höchsten Scherfestig-keitsswerte (>35 MPa). Die geringsten Haftwerte (<6 MPa) wurden bei Maxcem, Variolink II (pur) und Pa-navia F2.0 mit ED Primer II festgestellt. Alle anderenGruppen lieferten Werte zwischen 16 und 26 MPa [76].Derand und Derand gaben für ihre Haftfestigkeitsun-tersuchungen auf Zirkonoxid nur die klinisch gesicherteMöglichkeit mit Superbond C&B mit Scherwerten von19,5 ± 2,1 an, während Panavia und Twinlock den Testmit 8,9 ± 1,1 und 8,9 ± 1,0 MPa nicht bestanden [8].In der Untersuchung von Behr [2011] konnte kein ein-ziges Befestigungsprotokoll die geforderten Haftkräfte

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von 10 MPa erreichen [77]. Okutan et al. fanden in vitrokeinen signifikanten Unterschied zwischen Ketac-Cemund Panavia in Bezug auf Bruchlast und Randspaltver-halten [78] und in einer Dissertation fand sich – nichtsignifikant – bei Bruchlastversuchen an Carrara Press-Kronen für Harvardzement eine höhere Haftkraft als fürPanavia 21 [79]. Neuerdings gibt es Hinweise, dass beiVerwendung siliziumorganischer Vorbeschichtungenkein dauerhafter Verbund erreicht wird [10]. Besondersproblematisch scheint dies bei der Verklebung von Ti-tanabutments mit individuellen Zirkonoxid-Aufbautenzu sein, deren Verbund bei einem Hersteller nach dreibis vier Jahren in hoher Zahl versagte [80]. Noch nichtveröffentlichte Ergebnisse einer von Tinschert im Auf-trag der Firma DCM (Rostock) vorgenommenen Ver-bundfestigkeitsuntersuchung unter Mundbedin-gungen deuten in die gleiche Richtung. Die Fügungtitan- und zirkonoxidbasierter Verbundkörper mittelsKeramiklot (Hotbond Plus und Zirconnect) mit 78 MPabeziehungsweise 72 MPa, war dem Kleben mit Panavia2.0 mit 29 MPa überlegen [81].

In vitro-StudienDie zahlreichen in-Vitro-Studien zur Haftkraftmessungan Zementen sind kritisch zu betrachten, da sie kaumuntereinander vergleichbar sind, reale klinische Bedin-gungen nicht abbilden können und im Sinne reprodu-zierbarer Ergebnisse sogar bewusst ausklammern.Dazu ein Zitat aus einer Dissertation zur Bestimmungder Haftkräfte von Zementen: „Bei natürlichen Zähnensind nach Prati [1998] die Haftungswerte der Zementeam Dentin stark abhängig von der Beschaffenheit desDentins. Sklerosiertes Dentin, zu feuchtes oder tro-ckenes Dentin zum Beispiel verringert die Haftung derKunststoffzemente am Dentin. Der Abstand der Den-tinoberfläche zur Pulpa, also die Dentindicke, be-stimmt die Weite der Dentintubuli und damit die Haft-kräfte [Schaller et al. 1994]. Diese zusätzlichen undschwer kontrollierbaren Einflussfaktoren sollten in derVersuchsreihe umgangen werden“ [82]. Die Variablen,die die Haftkraft beeinflussen, sind vielfältig:

der Versuchsaufbau, die Art der Testkörper (natürliche Zähne oder Me-tallstümpfe),die Art der Keramik/Legierung,die Lagerung der Zähne (Austrocknung),die Größe der Retentionsfläche,der Konvergenzwinkel,der Befestigungszement unddas Anmischprozedere [83,84,73,85-88].

Schafhausen kommt zur Ansicht, dass die erreichte Re-tentionskraft der getesteten Zemente nur innerhalbeiner Arbeit oder nur mit einer Arbeit mit exakt iden-

tischem Versuchaufbau verglichen werden kann.Selbst wenn Abzugswerte von ähnlichen Versuchsauf-bauten herangezogen werden, differieren die er-reichten Werte stark. Für Ketac Cem ließen sich in di-versen Arbeiten mit einem ähnlichen VersuchsaufbauAbzugswerte in einem Bereich von 2,6 bis 6,2 MPa, fürDyract Cem Werte zwischen 1,85 bis 17,8 MPa, undfür Rely X Unicem Werte zwischen 2,5 bis 14,5 MPafinden [89-97]. Es können lediglich Tendenzen mitdem Vergleich unterschiedlicher Arbeiten gewertetwerden [98]. Auch Kern und Wegner sind der Ansicht,dass in vitro-Studien vorsichtig zu interpretieren sindund klinische Studien nicht ersetzen können [4].

Klinische StudienWie sieht es mit klinischen Studien in Bezug auf Zirkonoxid aus? Die Recherche über PubMed/Medlinesowie die Handrecherche brachte 175 Arbeiten zuTage, von denen 25 Abstracts die Kriterien erfüllten(klinische Studie über ZrO2-Brücken und/oder -Kronen). Zwei Studien untersuchten nur Kronen, zweiandere Kronen und Brücken und 21 Arbeiten unter-suchten nur Brücken. Zwei Studien waren Nachunter-suchungen der gleichen Arbeiten nach einem längerenZeitraum. Erstaunlicher Weise wurden in 16 Arbeitendie Brücken ausschließlich konventionell, in drei Stu-dien sowohl konventionell als auch adhäsiv und in le-diglich einer Arbeit nur adhäsiv zementiert. In drei Abs-tracts fanden sich keine Angaben zur Zementierung.Auffällig ist die Studie von Sailer, in der 15,2 % Chip-ping und 21,7 % Sekundärkaries auftraten. Hier han-delte es sich um einen Cercon-Prototyp mit einer da-mals noch unpräzisen Passung. Dies konnte durch dieAdhäsivzemente Variolink und Panavia nicht ausgegli-chen werden. Lediglich vier Studien konnten über fünfJahre geführt werden. Studien über Einzelkronen ausZirkonoxid gibt es kaum. Insgesamt kann man fest-stellen, dass die konventionelle Zementierung bevor-zugt wurde und gut funktionierte, auch wenn es ver-einzelt zu Dezementierungen kam. Von echten Lang-zeitstudien kann man allerdings nicht sprechen [99-124]. [Eine Aufstellung der Studien ist bei den Autoren dieses

Beitrags zu erfragen. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.]

Schauen wir uns Studien über die konventionelle Ze-mentierung von Glaskeramiken wie Inceram oder Em-press an. Aufgrund ihrer wesentlich geringeren Bruch-festigkeiten sollten diese eigentlich adhäsiv zementiertwerden. Insgesamt zeigt sich, dass sogar Glaskeramik-kronen und -brücken mit hoher Erfolgsrate konventio-nell zementiert werden können (Tab. 1). Hier zeigen sichaber auch die Probleme der adhäsiven Zementierung.Edelhoff stellt fest, dass es bei adhäsiv befestigtenKronen zu signifikant häufigeren Randverfärbungen ge-

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genüber konventionell zementierten vollkeramischenKronen kommt. Unter klinischen Bedingungen sei diesoft zu beobachten. Also kann angenommen werden,dass ein optimaler Verbund selten erreicht wird. Es seiensomit „microleakages“ entstanden. Adhäsivzementesollten also nur dann verwendet werden, wenn klinischoptimale Verarbeitungsbedingungen möglich sind. Beiadhäsiv befestigten Kronen zeigten sich etwas schlech-tere parodontale Parameter, was auf unvollständigentfernte Überschüsse des adhäsiven Befestigungsma-terials zurückgeführt wurde [126]. Böning ist der An-sicht, dass adhäsive Befestigungen ein aufwändigesklinisches und technisches Procedere darstellen und esSchwierigkeiten bei der Trockenlegung und der rest-losen Entfernung von Überschüssen in den Kronen-randbereichen gibt. Neben dem möglichen Kariesri-siko stellten Verfärbungen im Randbereich den hohenästhetischen Anspruch an die Vollkeramik in Frage[127]. Dem gegenüber stehen die Vorteile einer kon-ventionellen Zementierung:

einfach, kostengünstig, schnell,auch anzuwenden, wenn adhäsives Vorgehenwegen Gefahr der Kontamination mit Blut oderSpeichel nicht mehr machbar ist,gute Langzeitbewährung bis zu 20 Jahre [128,129],keine Allergiegefahr.

Fazit aus der StudienübersichtWeiter zeigt sich, dass sogar Glaskeramikkronen und –brücken mit hoher Erfolgsrate konventionell zemen-tiert werden können (125-127). Aufgrund der Vorteilewie zum Beispiel:

einfach, kostengünstig, schnell, auch anwendbar, wenn die adhäsive Befestigungwegen der Gefahr der Kontamination mit Blut oderSpeichel nicht mehr machbar ist, gute Langzeitbewährung bis zu 20 Jahre (130,131)und keine Allergiegefahr

befürworten viele Autoren die konventionelle Befesti-gung zirkonoxidkeramischer Versorgungen.

Voraussetzungen sind die hohe Festigkeit des Werk-stoffes und eine materialadäquate Präparation[132,133,12]. Die Forderung nach adhäsiver Befesti-gung bei unzureichender Retention ist unserer Mei-nung nach bei dem derzeitigen Kenntnisstand kritischzu betrachten. Die Kombination einer nicht sinnvoll zukonditionierenden Oberfläche mit einer kompliziertenund fehleranfälligen Technik auf unzureichenderStumpfanatomie könnte sich zu einem nicht zu verant-wortenden Risiko potenzieren. Bisher zementieren wirdaher sämtliche Kronen- und Brückenarbeiten mit ZOPoder GIZ und haben damit seit acht Jahren gute Erfah-rungen. Dezementierungen sind eine Ausnahme. Wirachten allerdings auf eine gute Stumpfgeometrie (min-destens 4 mm Länge, möglichst 6 mm, aber maximal12 Grad Konvergenzwinkel, günstiges Verhältnis vonKronenlänge zur Basis) und eine präzise Gerüstpas-sung mit 30 µm Spaltraum. Dies erreichen wir durcheine präzise CNC-Fräsmaschine, die wiederum die ma-nuelle Nachbearbeitung auf ein Minimum reduziert.Sinn machen könnte die Adhäsivtechnik für Vollkronenund -brücken nach Schaffung einer konditionierbarenZrO2-Oberfläche mittels Glaslottechnik, auf die wir inTeil 2 näher eingehen.

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Pospiech et al. 1999: Empress-Brücken adhäsiv gegen konventionell zementiert: Kein Unterschied in der Bruchfestigkeit [124]

Edelhoff et al. 2000: Empress-Kronen adhäsiv gegen konventionell über vier Jahre: 98,1 % zu 97,8 %, kein Unterschied in der Erfolgsrate [125]

Böning et al. 2006:

e.max keine Unterschied in der Erfolgsrate zwischen konventionell zementierter Vollkeramik und VMK über drei Jahre [97% zu 100%]. Die konventionell zementierten Lithiumdisilikat-Glaskeramik-Kronen dieser Studie zeigten im Literaturvergleich auch ähnliche Überlebensra tenwie adhäsiv befestigte Kronen aus Lithiumdisilikat-Glaskeramik [126]

Kinnen 2007: Kein Unterschied zwischen Empress 2 adhäsiv und konventionell über 5 Jahre, nicht randomisiert [62]

Tabelle 1 Konventionelle Zementierung vonGlaskeramiken

Abb. 10 Einfullen des Phosphatzements in die mit Phosphor-säure gereinigte ZrO2-Krone. Der Zement sollte möglichst fein-körnig und von nicht zu fester, sahniger Konsistenz sein.

Vorschau auf Teil 2 dieses Beitrags

Während die Autoren im ersten Teil auf die Grundlagen sowie die Studienlage zuZirkonoxid eingehen, wird Teil 2 dieses Beitrags von praxisbezogenen Lösungskon-zepten geprägt sein. Gerade bei minmal- oder noninvasiven Versorgungen wie Teil-kronen, Inlay- oder einflüglige Klebebrücken aus Zirkonoxid ist eine schmelzadhä-sive Befestigung wünschenswert. Für eine gute mechanische Verzahnung und diechemische Anbindung der Silane ist es jedoch notwendig, dass die Klebeflächeätzbar ist. Mit der Einführung der Glaslottechnik für die Beschichtung und Fügungvon Zirkonoxidrestaurationen scheint nun eine interessante Lösung gefunden zusein [132-134]. Lesen Sie über Indikationen, Anwendung (Patientenfall) und ersteStudien zu den Produkten Hotbond, Hotbond tizio connect und ZirConnect.

Aufnahme mit einem Transmissions-Elektronen-Mikroskop: Übergangszone ZrO2–ZirConnect am Dünnschliff. Silikatbasierte Spezialgläser ermögli-chen eine vollständige Benetzung, spaltfreie Anlagerung und eine Diffusion in die Zir-

konoxidoberfläche (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. M. Hopp, Berlin)

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Literatur beim Verfasser oder im Internet unter www.teamwork-media.de in der linken Navigations leiste unter „Journale Online“.

Zementieren mit Zinkoxid-Phosphatzement (ZOP)1. Flü� ssigkeit

Auf das richtige Verhältnis von Pulver und Flüssigkeit achten. Abweichungen von den Vorgaben beeinflussen Konsistenz, mechanische Festigkeit sowie Löslichkeit und Filmdicke. Die Flü� ssigkeit ist empfindlich gegen Feuchtigkeit. Eine Wasserzunahme beschleunigt die Abbindezeit und reduziert die Verarbeitungszeit. Deshalb sollte die Flüssigkeit erst kurz vor dem Zementieren auf die Glasplatte gegeben und das Fläschchen direkt nach Gebrauch verschlossen werden.

PulverDas Pulver kann aus der Luft CO2 aufnehmen. Dadurch wird der Zement porös und verliert an Festigkeit.Deshalb muss auch die Pulverflasche direkt nach Gebrauch verschlossen werden.

VerarbeitungLagerung von Spatel, Glasplatte, Zementpulver und -flü� ssigkeit im Kü� hlschrank (5-10° C), Entnahme bei GebrauchVerwendung einer großen, dicken, aufgerauten Glasplatte (leitet die Reaktionswärme besser ab als kleine dü� nne Platten)Nur kleine Portion Pulver in die Flüssigkeit einmischen, ausstreichen und zirka 30 bis 60 Sekunden abwarten (verlängert die Abbindezeit).Das Gemisch breit ausstreichen, um Reaktionswärme abzuleiten.Pulver der Flü� ssigkeit beimischen, nie umgekehrt. Keine Flüssigkeit nachträglich zur Verdü� nnung zugefügen.Nie auf die richtige Konsistenz durch „Anziehen lassen“ einer zu dü� nnen Mischung warten!Je kü� hler der Zement, desto langsamer bindet er ab: bei Raumtemperatur Verarbeitungszeit = 1 Minute und 30 Sekunden, bei -4° C zirka 4 Minuten.

KonsistenzSahnig dü� nnflü� ssig, mit Zementspatel zirka 2 cm von der Glasplatte senkrecht nach oben ziehen

Vorbereitung KronenInnenflächen fü� r zehn Sekunden Reinigungsstrahlen (0,05 MPa und 50 Mikrometer) oder eine Minute mit 37 pro-zentiger Phosphorsäure benetzen.

Vorbereitung Stu� mpfePolitur mit Bimssteinpaste und Reinigung mit drei prozentigem H2O2. Relative Trockenlegung mit Watterollen und Assistenz

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Über die AutorenDr. med. dent. Tom O. Blöcker ist Zahnarzt und Fachzahnarzt für Oralchirurgie. In den Jahren 1982 bis 1987 studierteer Zahnheilkunde in Hamburg. Seine zahnärztliche Approbation und Promotion erfolgte 1988. In den folgenden Jahren,von 1989 bis 1992, absolvierte Tom O. Blöcker eine Weiterbildung für Oralchirurgie. Seit 1994 ist Dr. Blöcker in seineroralchirurgischen Überweisungspraxis in Hamburg-Bergedorf niedergelassen. In seiner Tätigkeit als Referent überzeugter seit 1996 von seinem Können. In den Jahren 2000 bis 2003 war er als Schriftführer im Vorstand des NLI und ZE-Gut-achter der KZV Hamburg. Dr. Tom O. Blöcker ist Mitglied der DGZMK, DGEndo, DGFDT, DGI, DGP, BDO und BDIZ EDIsowie der CAD4practice-Expertengruppe. Sein Tätigkeitsfeld umfasst die Implantologie, die Parodontologie, die Mikro-chirurgie und -endodontie, die Funktionsdiagnostik und -therapie, die Gesamtrehabilitationen sowie die Vollkeramik-restauration.

Ztm. Christian Moss ist seit 1993 Meister der Zahntechnik. Bereits seit 1987 beschäftigt er sich intensiv mit dem Bereichder Implantologie und entwickelte verschiedene prothetische Hilfsteile (Titanröhren für Bohr- und CT-Schablonen,Schraubenkanal-Finisher). Im Jahr 1990 begann er seine Öffentlichkeitsarbeit und ist seither im Bereich der Implantat-technologie als Referent bekannt und angesehen. Mit seiner Expertise ist er beratend für einige Implantatanbieter tätig.Von 2000 bis 2004 war er Mitinhaber von Sirius Dental Innovations. Heute hat er ein eigenes Dentallabor und ist unteranderem mit der Entwicklung dentaler Geräte (Markennamen IMAGO) beschäftigt. Ztm. Moss ist Mitglied in der dentalexcellence international laboratory network e.V., der Studygroup Prof. Mick Dragoo, CAD4practice-Expertengruppesowie im Beirat der Fachgesellschaft für Digitale Zahntechnik e.V.. Außerdem ist er Referent zum Thema Zirkonoxid undder Galvano-Keramikteleskoptechnik sowie Berater und Referent zum Thema „Hot Bond“.

ProduktlisteSpezialstrahlmittel Rocatec 3M EspeBefestigungskomposit Panavia KurarayBefestigungskomposit Multilink Sprint Ivoclar Vivadent

Variolink IIKompositzement Maxcem Kerr Dental

Superbond C&B Sun MedicalTwinlock Heraeus Kulzer

Glaslot Hotbond DCMTizio connect DCMZirConnect DCM

Keramikätzung C-Link steco SystemtechnikDiamantschleifer Imago-Set steco SytemtechnikVerblendkeramik Creation Creation Willi GellerZirkonoxidgerüst H.C.StarckFräsmaschine 5-Achsfräsmaschine PrimaconZink-Oxid-Phosphatzement Harvard Cement Harvard Dental

KorrespondenzadresseDr. Tom O. BlöckerZahnarzt, FZA für OralchirurgieChrysanderstraße 3521029 Hamburg-BergedorfFon +49 40 72122 [email protected]