Der Auftrag - Wintersemester 2010

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Christus begegnen: In der Eucharistie, im Wort Gottes der Bibel, im Priester, im Nächsten, im Alltag, in der Liturgie und in der Gemeinschaft. Das sind Eckpunkte, mit denen sich die verschiedenen Autoren in den Beiträgen für diese Ausgabe vom „Auftrag“ befassen. Das Gesicht Christi begegnet uns auf vielfältige Weise und in den unterschiedlichsten Situationen.

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Bischöfliches PriesterseminarInnsbruck-Feldkirch

Heft 1 06

Wintersemester 201 0

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REDAKTION

Nach zwei Monaten in diesem Studienjahr haben wir be-reits die Schwelle zum neuen Kirchenjahr überschritten. Mitder neuen Ausgabe unserer Seminarzeitschrift wollen wirwieder mit Ihnen in Kontakt treten, Sie über Aktuelles ausdem Priesterseminar informieren und einige interessanteBeiträge über die vielfältigen Möglichkeiten der Christusbe-gegnung einfließen lassen.Christus begegnen: In der Eucharistie, im Wort Gottes

der Bibel, im Priester, im Nächsten, im Alltag, in der Liturgieund in der Gemeinschaft. Das sind Eckpunkte, mit denensich die verschiedenen Autoren in den Beiträgen für dieseAusgabe vom „Auftrag“ befassen. Das Gesicht Christi be-gegnet uns auf vielfältige Weise und in den unterschied-lichsten Situationen.Christus begegnet uns auch dort, wo wir ihn zuerst viel-

leicht gar nicht erwarten würden. Wenn wir für die Begeg-nung mit Christus offen sind, dann müssen wir auch bereitsein, uns von IHM überraschen zu lassen. Bei Menschen, dieihr Herz ganz für Gott öffnen und bereit sind, sich auf IHNeinzulassen, verändert sich etwas in ihrem Leben und siewerden zu anderen Menschen.Mit besonderer Freude begrüßen wir Kidane aus Äthio-

pien als Seminaristen in unserer Mitte. Kidane stellt sich indiesem Heft selber vor. Die Priesterweihe von RainerBüchel und Lukas Bonner im Feldkircher Dom sowie dieHeimatprimizen der beiden Neupriester waren für uns undfür viele Menschen freudige Ereignisse. Dazu zählt auch dieDiakonweihe von Bernhard Kopp im Dom St. Jakob inInnsbruck. Berichte darüber finden Sie in dieser Nummer.

Eine gesegnete Zeit der Vorbereitung und Erwartung desWeihnachtsfestes wünscht Ihnen Ihr Redaktionsteam:Alexander Meier, Siegmund Bichler

Liebe Freunde desPriesterseminars!

Ein herzlichesVergelt's Gott fürIhre Unterstützung,in welcher Formauch immer,und Ihre Verbundenheitim Gebet!

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GRÜSS GOTT

Es gibt nur ein Gesicht Jesu Christi. Es strahlt Güte, Erbar-men und Menschenfreundlichkeit aus. Letzteres finden wirim Gesicht des lehrenden und heilenden, im Gesicht desgekreuzigten und des auferstandenen Herrn.In Assisi sah ich ein Kreuz, das Jesus Christus mit beiden

„Gesichtern“ zeigt: dem leidenden und dem verklärten. Jenachdem, aus welchem Blickwinkel wir sein Gesichtanschauen, sieht uns der Gekreuzigte oder der Auferstan-dene an.Im alltäglichen Leben begegnen wir allen „Gesichtern“

Jesu, von denen in der Bibel die Rede ist. Wo jemandem ingroßem Leid Mitgefühl gezeigt wird, kann ihm ChristiNähe verdeutlicht und erlebbar gemacht werden. Er begeg-net Jesu tröstendem Gesicht. Eine Mutter, die ein Babygeboren hat, kann die Erfahrung machen, dass sie in ihremKind gleichsam das Kind in der Krippe liebevoll anschaut.Wer sein Ohr ganz der Verkündigung des Evangeliumsschenkt, kann den engagierten Jesus „sehen“, der zum VolkGottes spricht. Wer beim Empfang des Bußsakramentes dasKreuz des Priesters bei der Absolution mitzeichnet und mit-vollzieht, „weiß“ sich dem gegenüber, dessen Gerechtigkeitund Erbarmen zusammenmünden und uns wie dem rechtenSchächer am Kreuz vergibt (vgl.   Gegenwartsweisen Christi,Zweites Vatikanisches Konzil, Lit.7) u.v.m.Ich freue mich, dass die Seminaristen in dieser Ausgabe

des Auftrags das Thema „Gesichter Christi“ gewählt haben.Sie tun dies aus dem Glauben heraus, dass Jesus Christusuns immer nahe ist, dass er uns in Freude und Leid sein Ge-sicht zuwendet, uns anschaut und uns hilft.

Mit herzlichen GrüßenDr. Peter Ferner, Regens

Das GesichtJesu Christi

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CHRISTUS – GEGENWÄRTIG IM PRIESTER

Christus –gegenwärtig imPriester

Einige Gedanken aus derLiturgiewissenschaft (unddarüber hinaus)

1) Der Priester und die EucharistiefeierWenn die inhaltliche Vorgabe lautet: „Christus – gegenwär-tig im Priester“ , dann richtet sich mein Blick wie von selbstzuerst auf die Eucharistiefeier. Dem ordinierten Amt kommteine zutiefst theologische Bedeutung zu, es ist mehr als einepraktische Einrichtung. Der Amtsträger kann nicht aus derGemeinde selbst hervorgebracht werden; er ist darauf ange-wiesen, dass die bisherigen Amtsträger ihn in ihren Kreisaufnehmen. Nur wer auf diese Weise mit dem Amt des Bi-schofs oder Presbyters betraut wurde, ist beauftragt, in derEucharistiefeier, die das Zentrum allen kirchlichen Tuns bil-det (SC 10), in Orationen und im Hochgebet dem „Wir“ derKirche seine Stimme zu leihen. Im liturgischen „Wir“ ent-steht aus vielen Individuen eine communio, hier offenbartsich die Kirche, hier wird sie als Versammlung (griechischekklesia! ) zur Wirklichkeit.Der Priester ist beauftragt, Vorsteher der Eucharistie zu

sein. Das „Ich“ des Presbyters und das „Wir“ der Gemeindesind also kein Gegensatz. Im Gegenteil: Die Verbindung von

Vielfalt (der Individuen) und Einheit (des Glaubens) drücktsich darin aus, dass einer „Wir“ sagt.Die Liturgie kennt aber auch andere Stellen: „Der Herr

sei mit euch!“ – „Und mit deinem Geiste!“ ; „Es segneeuch  . . .“ - „Amen.“ Hier ist der Presbyter nicht Personi-fikation des Wir, sondern ein Gegenüber zur Gemeinde. Esist eine eigentümliche Doppelrolle, die ihm zukommt: ei-nerseits Sprecher der Gemeinde vor Gott, andererseits Ge-genüber zur Gemeinde in Gottes Auftrag.

2) Der Priester als Repräsentant JesuChristi, des Hauptes der Kirche

Genau diese Doppelrolle nimmt auch Jesus Christus ein: Alswahrer Gott steht er den Menschen gegenüber, wenn erSünden vergibt, ermutigt und heilt. Er bezeugt das extra nosder göttlichen Gnade, über die der Mensch nicht verfügenkann, sondern die ihm geschenkt werden muss. Zugleich ist

Priester bei der Eucharistiefeier

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CHRISTUS - GEGENWÄRTIG IM PRIESTER

Jesus Christus wahrer Mensch unter Menschen, er glaubtmit ihnen, leidet mit ihnen, er nennt sie seine Brüder undSchwestern. Wenn die Heilige Schrift Christus als „Hauptder Kirche“ (Kol 1 ,18) bezeichnet, dann drückt sich diesedoppelte Bedeutung aus: Gegenüber zur Kirche, und zu-gleich in ihrer Mitte.Das II. Vatikanische Konzil sagt im Zusammenhang der

Gegenwartsweisen Christi in der Liturgie: Christus praesensin ministri persona (SC 7). In der eucharistischen Versamm-lung wird Christus sichtbar in der Gestalt dessen, der denVorsteherdienst tut. Verbreiteter ist die Formulierung, derPriester handle in persona Christi capitis ecclesiae; also alsAbbild Christi, des Hauptes der Kirche. In seinem Dienst alsGegenüber zur Gemeinde und zugleich als ihr Sprecher vorGott bildet der Presbyter Christus ab.Natürlich ist dies nicht die einzige Weise, wie Christus

gegenwärtig sein will. „Was ihr einem meiner geringstenBrüder (und Schwestern! ) getan habt, das habt ihr mir ge-tan“ (Mt 25,40). An meinem Verhalten gegenüber den Ar-men und Schwachen werde ich am Ende gemessen werden –und nicht daran, ob ich alle priesterlichen Ehrentitel gelerntund korrekt angewendet habe.. .

3) Priester und LaienWie weit soll, kann, muss, darf die Christusrepräsentanz desPriesters ihm auch im alltäglichen Zusammenleben einenbesonderen Platz zuweisen? Soweit ich sehe, gibt es zweiTendenzen:Einerseits gibt es das Bedürfnis, die Amtsträger möglichst

stark von den Laien abzugrenzen. Besonders deutlich wirddies, wenn – wie es nach dem Konzil von Trient zum Nor-malfall wurde – angehende Priester schon als Kinder aus ih-ren Familien herausgenommen wurden und eine Ausbildungdurchliefen, die ganz auf den Klerus und seine sich von denLaien unterscheidende Existenz konzentriert war – von denKleidungsregeln bis zum Breviergebet. Die, denen der Amts-

träger dienen soll, werden kaum gefragt; sie sind vor allemGnaden- und Befehlsempfänger. Die Würde der Taufe, diedoch jeden Getauften Christus gleich gestaltet, ihn zum Ab-bild Christi in Tod und Auferstehung, zum Träger desHeiligen Geistes und zum Vollglied am Leib Christi macht –ohne dass dem noch irgendetwas hinzu- gefügt werdenmüsste –, musste die Kirche erst mühsam wiederentdecken.Der Priester wird zum wandelnden Zeugnis des extra nos,mit ihm dringt ein sakrales Element in den profanen Alltagder Gläubigen – und für viele, Priester wie Laien, ist das bisheute geradezu der entscheidende Wesenszug der katholi-schen Kirche.Auf der anderen Seite gibt es die Tendenz, den Priester

nur dort sichtbar zu machen, wo es unbedingt nötig ist,also in der Liturgie. Besonders ausgeprägt ist das in derTradition des Mönchtums, wenn etwa die Benediktregeldiejenigen Mönche, die zum Priester geweiht werden, daranerinnert, dass ihnen außerhalb der Sakramentenspendungkeine Sonderrechte zustehen, sie vielmehr Vorbild seinsollen in der Unterordnung unter den Abt (der ein Laie warund noch dazu demokratisch gewählt) . Ein Priester, derseine Stellung benutzt, um beim Arzt als erster an die Reihezu kommen, oder der das Schild „Seelsorger“ ins Autohängt, damit die Verkehrskontrolle ein Auge zudrückt – dentrifft der Zorn des Mönchsvaters ebenso wie den, der auf-grund seiner Weihe besondere Rechte im Kloster und in derKirche beansprucht.

4) Pro vobis und cum vobisEin vielfach zitierter Satz des Augustinus lautet: „Mit euchbin ich Christ, für euch bin ich Bischof.“ Die RepräsentanzJesu Christi durch die Amtsträger kann – so glaube ich –glaubwürdig gelingen, wenn sie beides zum Tragen bringt:Pro vobis in den Sakramenten und einer dem Evangeliumgemäßen Form der Gemeindeleitung. Cum vobis im Glau-ben, in der Hoffnung, in der Liebe, im Gebet, im Zweifeln,

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CHRISTUS – GEGENWÄRTIG IM PRIESTER

Jesus aus der Bibelausstellung

im Nachdenken, im Suchen nach Gott. Der Fundamen-taltheologe Peter Knauer SJ schreibt: „Ich habe einmaleinen französischen Bischof sein Amt mit diesen Wortenkennzeichnen gehört: ‚Faire circuler la Parole‘. Wenn es denAmtsträgern gelingt, dazu beizutragen, dass die Glaubendeneinander das Wort Gottes sagen, dann wird die Kirche blü-hen. Dagegen siecht sie dahin, wo die Amtsträger das WortGottes für sich monopolisieren.“Ein Rezept dafür, wie solche Amtsausübung konkret

aussehen kann, habe ich nicht. Vermutlich braucht es vielLebenserfahrung, ein hohes Vermögen zur Selbstreflexionund eine ganze Menge Wissen und Talent. Ich bin aber si-cher: Wo Priester ihr Amt in der Verbindung aus pro vobisund cum vobis ausüben, da kann es gelingen, dass die Redevon der „Gegenwart Christi im Priester“ nicht nur dogma-tischer Lehrsatz ist, sondern zur erfahrbaren Wirklichkeitwird.

Liborius OlafLummaDr. theol. , Univ. -Ass. am Institut für Bibelwissenschaftenund Historische Theologie

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NEUER SEMINARIST

Kidane

Mein Name ist Kidane Wodajo Korabza. Ich bin am14.02.1980 als zehntes von zwölf Kin-dern in Kokabir, Äthio-pien geboren.Die fünf älteren Brüder sind meineHalbgeschwister. Mein Vater ist be-reits vor 22 Jahren gestorben. Außermeiner jüngeren Schwester, die alsKrankenschwester arbeitet und meinemjüngeren Bruder, der Engineering stu-diert, sind alle meine Geschwister ver-

heiratet und haben Familie.Mit dem Ministrantendienst habe ich schon begonnen,

als ich noch sehr klein war. Jedoch das Ministrieren inÄthiopien ist nicht mit dem Ministrieren in Österreich zuvergleichen. Im äthiopischen Messritus wird die ganzeMesse gesungen. Der Hauptministrant, auch Diakon ge-nannt, singt den Großteil der Messe. Ich habe sowohl beider Messe als auch außerhalb der Messe gerne gesungen,deshalb war ich längere Zeit Leiter des Jugendchors. ImLaufe meines Dienstes als Ministrant wuchs in mir das In-teresse Priester zu werden. Dieser Wunsch wurde immerstärker, daher nahm ich kurz vor meiner Matura Kontaktmit einem Comboni Missionar auf, der zuständig für dieBerufungspastoral war. Im Jahre 1999 legte ich meineMatura ab und im August 2000 trat ich in den Orden derComboni Missionare ein.Nun studierte ich für drei Jahre Philosophie in Addis

Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens. Darauf folgten zwei Jah-re Noviziat in Sambia und im September 2005 wechselte ichins Scholastikat nach Innsbruck. Das erste Jahr diente fastausschließlich dem Erlernen der deutschen Sprache. Seit demWintersemester 2006 studiere ich Fachtheologie und Reli-

gionspädagogik an der theologischen Fakultät der Univer-sität Innsbruck.Zehn Jahre habe ich bei den Comboni Missionaren

meine Ausbildung gemacht. Mit der Zeit verspürte ichjedoch, dass ich mit meinem eingeschlagenen Weg nichtmehr ganz zufrieden war. Nach reiflicher Überlegung undPrüfung meiner Berufung als Ordenspriester, entschloss ichmich, den Orden zu verlassen und Diözesanpriester zuwerden. Dieser Prozess war nicht leicht, denn das Leben ineiner Ordensgemeinschaft birgt auch viele positive Seiten,besonders hier im deutschsprachigen Raum. In Erwägungmehrerer Möglichkeiten, entschied ich mich dann für dieDiözese Innsbruck, da ich seit fünf Jahren hier lebe und ichmit meinen Erfahrungen immer sehr zufrieden war. Vorallem aber denke ich, dass ich mein Missionarsein in Tirolgut leben kann. So bin ich im Oktober dieses Jahres in dasbischöfliche Priesterseminar der Diözese Innsbruck einge-treten.Durch die Begegnungen mit Menschen in den Pfarren

und dem Austausch von religiösen und kulturellen Erfah-rungen hoffe ich, dass meine Präsenz in Tirol zur Bereiche-rung vieler werden kann.

„Ich will dich unterweisen und dichlehren den Weg, den du gehen sollst“ (Ps 32,8)

Mit Vertrauen auf den Herrn, gehe ich nun meinen Weg zumPriestertum.

Kidane Wodajo Korabza

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DAS BROT DES LEBENS

Das Brot desLebens

Als Ministrant habe ich in meiner Heimatden Brauch des „ewigen Gebetes“ ken-nengelernt. An den Pfingst- und Weih-nachtstagen ist die Monstranz zurAnbetung ausgesetzt. Die Bruderschaftund die Bevölkerung ist eingeladen zu be-ten. Jeder Ortsteil bzw. jede Straße hält ei-ne Stunde Anbetung. Frauen und Männer,

Jung und Alt verbringen „ihre“ Stunde in der Kirche. Si-cher mag jetzt mancher denken: das ist doch ein üblicherBrauch in Tirol. Und trotzdem… je älter ich wurde, destomehr wollte ich wissen, wer oder was das ist, was das ganzeDorf auf die Beine bringt.Es ist anders als das „normale“ Beten bei den Mahl-

zeiten, das Morgen- oder Abendgebet, das stille Gebet. Es isteine „kleine weiße Scheibe“ da in der Monstranz. es ist dieHostie, es ist Jesus selbst: – das Brot des Lebens, das ja auchan Fronleichnam, am Herz – Jesu - Sonntag, am Fest derAufnahme Mariens in den Himmel oder am Rosenkranz-sonntag durch die Straßen des Dorfes getragen wird.Es ist das Brot, das wir bei der heiligen Kommunion

empfangen dürfen und das in mir schon immer eine großeFreude, aber auch eine Sehnsucht nach Jesus geweckt hat.

Da begegnet mir Jesus nicht in irgendeinem schönen Bild,das von einem Künstler geschaffen wurde, nicht in einerStatue oder einem Kruzifix, sondern er gibt sich mir ganzund gar, so wie er ist: Immer da, immer dazu bereit michanzuhören, immer mich im Blick habend.Die Anbetung wurde für mich immer mehr zur An-

schauung. Keine großen Worte machen, keine großenErklärungen, keine Reden über diesen Jesus Christus,sondern ein Dasein und Leben in seiner Gegenwart. „ERschaut mich an und ich schaue IHN an.“ Gerade in denvielen Kirchen unserer Heimat gelingt mir das besondersgut. Es gibt viel zu schauen: Altäre und Statuen, dieDeckengemälde und der Hochaltar mit dem Tabernakel undder Monstranz, die alle Blicke sammelt und kon- zen-triert und wie die Sonne alles erleuchtet und hell macht.ER schaut mich an und ich schaue IHN an. Die an-

schauende Anbetung konzentriert mich. Ich richte mich aufden Heiland aus, ich habe Teil an der geistlichen Kommu-nion, weil ich mit IHM kommuniziere, in Verbindung treteund mich IHM öffne und ER ist für mich da, so allmächtigund liebend wie nur ER es kann. ER konzentriert uns umIHN, das echte Zentrum, die Mitte, um die sich alles drehensoll – ein Zentrum, das an sich zieht und von der Mitte herlossendet.Bei der Anbetung kam mir einmal der Liedtext der

Schubert-Messe in den Sinn: „Staunen nur kann ich undstaunend mich freun, Vater der Welten doch stimm ich mitein, Ehre sei Gott in der Höhe!“ . Aber auch bei der Be-trachtung des Liedes „Gottheit tief verborgen“ vom Heili-gen Thomas von Aquin ist mir in der siebten Strophe nocheinmal diese Sehnsucht aufgegangen: „Jesus, den verborgenjetzt mein Auge sieht, stille mein Verlangen, das mich heißdurchglüht. Lass die Schleier fallen einst in deinem Licht,dass ich selig schaue, Herr, dein Angesicht.“Alles Anschauen, alle Konzentration schaltet den

Wunsch nach „mehr“ nicht aus. Ich habe Jesus vor mir. Er

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DAS BROT DES LEBENS

ist es selbst und doch will ich mehr: IHN ganz schauen. Sozeigt mir die Anbetung, dass die Eucharistie nur etwas Vor-übergehendes ist. Die endgültige Gemeinschaft, das Zen-trum, mein Ziel habe ich erst erreicht, wenn ich bei IHMangekommen bin und IHN dann mit anderen Augen sehe –

ein Christusbild das immer klarer wird, wenn er michdurchschaut und ich ihn durchschauen darf. „Er schautmich an und ich schaue ihn an“ heute in diesem Leben, undbis in Ewigkeit.

Andre Johann Hanser

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BILDER VON JESUS

Bilder von Jesus

Eine der markantesten Erinnerungen anden Religionsunterricht im Gymnasiumist für mich folgende Erkenntnis: Jesuszeigt uns nicht nur einen guten Weg unddie Wahrheit, sondern er ist derWeg unddie Wahrheit. Jesus sendet nicht nur vomHimmel her gute Tipps für ein gelungenesLeben, sondern er lebt mit Haut undHaaren mitten unter uns Menschen.

Beim Lesen und Studium der Bibel wird mir immer klarer,dass die Bibel wie mit einem Scheinwerfer aus ganz ver-schiedenen Blickwinkeln auf Jesus leuchtet. Einige dieserBilder, die mir immer wichtiger werden, möchte ich näherbeschreiben.

Jesus der BetendeAuf die Frage, warum wir beten sollen, meint der Kirchen-vater Tertullian sinngemäß: Jesus hat gebetet, das genügt alsBegründung. Wenn Jesus gebetet hat, ist Beten sicher für unsalle richtig und wichtig.Gerade im Lukasevangelium lesen wir, dass Jesus in ganz

verschiedenen Situationen gebetet hat: an den Höhepunktenseines Lebens (Taufe, Verklärung), mitten im anstrengendenAlltag (zwischen zwei Wundern), nach Erfolg (Rückkehr der72 Jünger), vor großen Entscheidungen (Wahl der 12 Apo-stel) , in schweren unsicheren Stunden (Gebet am Ölberg, am

Kreuz), auch in der Todesstunde. Jesus betet allein und inGemeinschaft mit anderen, er bittet und dankt, er betetfür sich (Gebet am Ölberg) und für andere (Fürbitte für Pe-trus und für seine Peiniger am Kreuz). Sein Beten hat zu-tiefst mit dem Heiligen Geist zu tun, er betet „vom GeistGottes erfüllt“ (Lukas 10). Das Vaterunser kann als die Zu-sammenfassung seines Lebens und seiner Lehre angesehenwerden. Man kann den irdischen Jesus ohne seine Gebets-gemeinschaft mit Gott, den er liebevoll und ganz selbstver-ständlich als Vater anspricht, nicht verstehen.Im Blick auf Jesus können wir zudem erkennen: Betende

Menschen haben nicht weniger Probleme, aber mehrLösungsmöglichkeiten. Das Gebet verhindert die Problemenicht, aber es eröffnet neue Möglichkeiten des Miteinanderund Füreinander.

Jesus der ReformerJesu zentrale Botschaft vom Reich Gottes heißt, dass nichtalles bleiben muss wie es ist, sondern ganz im Gegenteil: Esgibt auch in dieser Welt die Chance und den Auftrag, vieleszum Guten zu verbessern und Gottes Reich Wirklichkeitwerden zu lassen. Jesu Ruf zur Umkehr mahnt, dass dieÄnderung im Denken und Handeln nicht nur bei den ande-ren stattfinden soll, sondern bei mir selbst beginnen muss.Seine Gleichnisse von der Saat und vom Wachstum ermu-tigen, neue Körner auszusäen und mit Geduld das Wachsenzu begleiten.Im Blick auf die Bibel fällt auf, dass Jesus bei Selbst-

gerechtigkeit und Heuchelei sehr scharf wird. „Ihr siebtMücken aus und verschluckt Kamele. Ihr seid wie Gräber,die außen weiß angestrichen sind und schön aussehen;innen aber sind sie voll Knochen, Schmutz und Verwesung.Ihr ladet den Menschen Lasten auf, die sie kaum tragenkönnen, selbst aber rührt ihr keinen Finger dafür.“ (Mat-thäus 23; Lukas 11 ). Wir sehen, dass Jesus nicht eine Fassa-de oder eine Zuckerwattereligion will, die uns armen

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BILDER VON JESUS

Menschen schnell eine Belohnung verteilt oder mit Zuckerdas Schwere des Lebens versüßt. Das wäre zu wenig, er willWandlung und Verwandlung. Jesus der Reformer hat denMut, Schwerpunkte zu setzen und den Ballast mancherStrukturen abzubauen. Das gilt nicht nur für die anderen,sondern auch für uns als Kirche.

Jesus der FriedeEs ist für mich kein Zufall, dass die Botschaft vom Friedenan den Schanierstellen von Weihnachten und Ostern erklingtund nicht mehr verstummen will: „Verherrlicht ist Gott inder Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seinerGnade.“ „Friede sei mit euch.“ (Lukas 2, Johannes 20)Jesu Erlösungswerk zeigt sich darin, dass er seinen Weg

der Gewaltlosigkeit konsequent bis zum Tod geht und aufdie Angst, die Aggressionen und die Gewalt seiner Gegner

nicht auf gleicher Ebene reagiert. Er durchbricht damit denTeufelskreis von Gewalt und Gegengewalt. Jesus weiß, dassbeim Motto Aug um Aug nur mehr blinde Menschen übrigbleiben, die unkontrolliert herumschlagen. Paulus bringtdieses große Friedenswerk auf den Punkt: „Denn er istunser Friede. Er vereinigte die beiden Teile (Juden undHeiden) und riss durch sein Sterben die trennende Wand derFeindschaft nieder.“ (Epheser 2,14) Jesus redet nicht nurvom Frieden, nein er lebt ihn, mehr noch, er ist der Friede.

Jesus, kein trauriger AsketIn der christlichen Kunst gibt es kaum Bilder, die Jesus la-chend zeigen. Der griechische Kirchenvater Johannes Chry-sostomus behauptete sogar, Jesus habe nie gelacht. Dies istein tragischer Gedanke, der sich mit gutem Recht bezweifelnlässt. Denn Freude spielt im Leben und in der Verkündigung

Romanische Kreuzigungsgruppe in der Pfarrkirche Kranebitten

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BILDER VON JESUS

Jesu eine zentrale Rolle. Wie ließe sich sonst erklären, dassJesus zur Hochzeit in Kana kommt und dort sicher nichtnur ein langweiliger Zaungast war? Wie wäre sonst derVorwurf „Dieser Fresser und Säufer“ (Lukas 7) entstanden?Wie könnte seine Botschaft als Frohe Botschaft bezeichnetwerden, wenn er selbst ein trauriger Geselle war?Jesus ist alles andere als ein verbissener und pessimisti-

scher Asket. Seine Freude ist kein Zufall. Er versteht sich alsder vom Propheten Jesaja angekündigte Freudenbote, wieseine programmatische Antrittsrede in Nazaret aufzeigt:„Der Herr hat mich gesandt, damit ich den Armen eine fro-he Botschaft bringe, . . . damit ich alle Trauernden tröste, dieTrauernden Zions erfreue, ihnen Schmuck bringe anstellevon Schmutz, Freudenöl statt Trauergewand, Jubel statt derVerzweiflung.“ (Lukas 4) Diese Aufgabe kann Jesus nurübernehmen, weil er selbst von Freude erfüllt ist und sichnicht von der Angst und vom Hass mancher Mitmenschen

fesseln lässt.

Jesus, das Ebenbild des unsichtbaren Got-tes

Die Bibel malt wohl auch deswegen viele Bilder von Jesus,weil sie weiß, dass sich Jesu Größe und Fülle nicht auf eineinziges Bild reduzieren lässt. Er ist immer mehr. „Er ist dasEbenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene derganzen Schöpfung.“ (Kolosser 1 ). Wenn Menschen sagen,wir wissen gar nichts von Gott, dann denke ich mir: Esstimmt, Gott ist immer mehr und größer, aber in Jesus ha-ben wir einen Blick in das Herz Gottes geschenkt bekom-men. Deshalb stelle ich mir das Handeln Gottes so vor, wieJesus gehandelt hat: als Betender, als Reformer und Frie-densbringer, als froher Verkünder einer lebensspendendenBotschaft.

Franz Troyer,Pfarrer im Seelsorgeraum Allerheiligen-Kranebitten,Leiter der Bibelpastoral der Diözese Innsbruck

Auseinandersetzung mit der Botschaft Jesu in der Bibel

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JESUS IN ALLEM FINDEN

Jesus in allem findenAnspruch oder Realität?

„Jesus in allem finden“- ein einfacherSatz mit klarer Bedeutung, der sich aberbei näherer Betrachtung wohl doch alsein Leitmotiv mit sehr hohem Anspruchentpuppt. Er ist auch sehr schnell ge-dacht und gesagt und man nimmt ihnauch gerne für sich selbst in Anspruch,

als Motto für den ganzen Tag, oder manchmal gar für dasgesamte Leben. Angespornt vom Lesen einiger Heiligen-biografien und ausgestattet mit den besten Vorsätzen habeich also auch schon oft selbst versucht mir diesen Satz alsMesslatte für mein christliches Leben zu setzten. Ich binnatürlich auch sehr schnell drauf gekommen, wie hoch dieseMesslatte eigentlich angesetzt ist. Das kann schon hin undwieder funktionieren, wenn man ausgeglichen ist, komplettausgeschlafen und mit sich selbst im Reinen, wenn einenkeine Sorgen plagen und wenn man tagsüber eigentlich nurmit Dingen und Personen zu tun hat, mit denen man es auchsonst so einigermaßen aushält. Aber sobald man in den nor-malen Alltag eintaucht mit seinen Anforderungen und Här-ten und sobald es Widerstände gibt, sei es von Situationenoder Mitmenschen, dann kann man schon froh sein, wennman sich zu Mittag noch daran erinnert, was man sich fürden Tag vorgenommen hat und abends fragt man sich dannmüde: „Und wo war Gott an diesem Tag?“ . Er war auf je-den Fall „nicht in meinem Alltag“ oder zumindest habe

ich ihn nicht bemerkt. Da habe ich dann noch einmal ge-nauer die Lebensge- schichten einiger Heiliger angesehenund dabei bemerkt, dass es ihnen in ihrer Erfahrung undWahrnehmung im Alltag nicht anders ergangen ist. Bei fastallen lesen wir von dauernden Widerständen im täglichenLeben, sei es von außen oder von innen, von Mitbrüdernoder Mitschwestern, von Vorgesetzten, der kirchlichen Lei-tung wie etwa bei Theresa von Avilla, oder auch Wider-stände der eigenen Seele, bis hin zur totalen spirituellenDunkelheit, sowie es Johannes vom Kreuz und die HeiligeMutter Theresa von Kalkutta erfahren mussten. Was ihnenaber allen gemein war, war nicht nur das regelmäßige per-sönliche Gebet, in dem sie um Gottes Gnade baten, um mitder Situation fertig werden zu können, sondern auch dieFähigkeit, sich ihm im täglichen Leben völlig hinzugebenund sich total seiner Führung zu überlassen. So sahen siealle ihre Tätig- keiten des banalen Alltags als GeschenkGottes und als Möglichkeit ihn darin zu finden. Theresavon Avilla antwortete einmal ihren Mitschwestern, die sichbeschwerten, wegen zu viel Küchenarbeit zu wenig Zeitzum Beten zu haben, dass Gott auch in den Kochtöpfen zufinden sei und Mutter Theresa schreibt in einer Situationder tiefsten geistigen Dunkelheit: „Ich bin Gottes Bleistiftund er darf ja schreiben was er will.“So habe auch ich von diesen großen Vorbildern gelernt,

meinen Tag, noch ehe er richtig anfängt, in meinemMorgengebet in Gottes Hände zu legen und ihn um dieGnade zu bitten, mir ein aufmerksames Herz zu schenken,damit er sich auch im banalen Alltag von mir finden lässt,denn da ist er gewiss und meistens auch dort, wo man ihnam wenigsten erwartet.

Markus Weber

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CHRISTUS IN DEN ARMEN UND DIENENDEN

Das Gesicht Christiin den Armen undden Dienenden

Im Sommer durfte ich mit der China-mission der Jesuitenin das Reich der Mitte reisen. Wir be-suchten unter anderem eines der 20 Le-pradörfer. In jedem dieser Dörfer leben400-700 Kranke. Bei einem Teil wurdedie Krankheit gestoppt; ein Teil wirdbehandelt; einen Teil bilden die frischAngesteckten.Ansteckung ist heute dort gegeben, wodie Menschen uninformiert und nicht

aufgeklärt leben. Das ist häufig auf dem Land gegeben, dadort die Kommunikationsmittel noch nicht ausreichendverbreitet sind. Die Lepradörfer befinden sich weit abseitsder pulsierenden Städte.Beim Besuch im Lepradorf in der Nähe der Stadt Xi' -an

fiel mir auf, dass einige Bewohner erblindet waren; vielezeigten Verstümmelungen an den Händen und Füßen; beieiner großen Zahl war das Gesicht verunstaltet. Ein Mannzog sogar eine Wollmütze mit Schlitzen über das Gesicht,weil er sich schämte, uns sein Gesicht zu zeigen.Meine Kolleginnen, Kollegen und ich wurden zu einem

Platz zwischen den Baracken geführt, wo sechs chinesischeSchwestern die Leprakranken reinigten, desinfizierten undverbanden. Da geschah es, dass ich tief angerührt wurdevom Elend der Kranken und vom selbstlosen Dienst dergeistlichen Schwestern. Plötzlich war mir klar: Da geht es

um Jesus Christus, der sich entäußert hat und arm wurde. Inden Ärmsten begegnen wir ihm und er ist mitten unter unsals einer der dient.Wenn ich irgendwo auf Erden dem Gekreuzigten begeg-

net bin, dann sicher hier. Zugleich dachte ich: Wenn ichirgendwo dem dienenden Jesus gegenüber war, dann auchhier. Mir schien, dass diese wenigen Schwestern, mit denen

Ein Leprakranker

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CHRISTUS IN DEN ARMEN UND DIENENDEN

wir dann auch eine Hl. Messe feierten, an einem Tag mehrGutes tun als ich in meinem ganzen Leben.Zurückgekehrt in meine kleine Stadt Innsbruck fragte

ich, ob die Kirche bei uns auch so nahe bei unseren Armenist? Wo sind die Armen bei uns? Ich denke an eine Frau, dieihren Mann pflegt, der auf Grund von Demenz nie einenDank sagt und dafür oft böse reagiert. Ich denke anMenschen, die an zerbrochenen Beziehungen leiden. Esfallen mir die Missbrauchsopfer ein, alle, die eine schwereDiagnose erhalten haben bis hin zu einer jungen Familie, dietrotz Doppelarbeit das Geld für Kinder und Wohnung nichtmehr aufbringen kann und viele andere.Jesus sagt: „Arme habt ihr immer unter euch“

(Mt  26,11 ) und schaut uns in ihnen an.

Dr. Peter Ferner, Regens

Dienst an den Leprakranken

Musik weckt Freude

Einfachste Lebensverhältnisse

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CHRISTUS IN DER GEMEINSCHAFT

Christus begegnenin der Gemeinschaftder Glaubenden

Kann ich als Individuum Christ sein?Kann ich isoliert als Einzelner dementsprechen, was das Christ-Sein aus-macht und die christliche Botschaftbeinhaltet? Ist mein Glaube eine Privat-sache, die niemanden etwas angeht, oderist Glaube nicht vielmehr auf Ge-meinschaft angewiesen? Kann ich fürmich alleine glauben, ohne den Glau-

bensweg mit meinen Mitmenschen gemeinsam zu gehen undzu teilen? Was ist mit jenen Menschen, die Gott in der Ein-samkeit gesucht haben und Heilige geworden sind? Warensie nicht auch mit hinein genommen in die Gemeinschaft derKirche durch die Taufe auf den Namen des dreifaltigenGottes?In unserer Zeit erleben wir immer wieder schmerzlich,

dass sich Menschen von der Gemeinschaft der Kirche loslö-sen. Obwohl die Möglichkeit von Kommunikation durchzahlreiche technische Errungenschaften sehr vielfältig ge-worden ist, können die Menschen immer weniger Gemein-schaft und wahre Begegnung mit ihren Mitmenschenerfahren; Begegnung, die den Menschen als GeschöpfGottes im Blick hat.

Gott selber ist in Jesus Christus Mensch geworden, umganz bei den Menschen zu sein, die er nach seinem Bildegeschaffen hat. Für Jesus Christus standen neben seinerBeziehung zum Vater immer die Menschen im Mittelpunkt,zu deren Heil er auf die Erde herabgestiegen ist. Christuswill sich immer inniger mit den Menschen verbinden. Sosagt er: „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin,werde alle zu mir ziehen.“ (Joh 12,32)In Gott ist Gemeinschaft, die durch das Geheimnis der

Dreifaltigkeit und gleichzeitig der Dreieinigkeit sichtbarwird. Christus hat Apostel berufen und Jünger um sich ge-schart. Am Abend vor seinem Leiden, welches er auf sichnahm, um uns Menschen durch seinen Tod und seine Auf-er- stehung ewiges Leben zu schenken, hat Christus im

Messfeier mit BischofManfred in der Stiftskirche Stams

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CHIRISTUS IN DER GEMEINSCHAFT

Kreise seiner Jünger jenes Geheimnis – die Eucharistie- ge-stiftet, durch die er immer unter uns Menschen gegenwärtigsein will.Wenn wir dieses Gedächtnis in der heiligen Eucharistie

feiern, das Brot brechen und den Herrn empfangen, erhaltenwir Anteil am Leib des Herrn und werden zur Gemeinschaftmit ihm erhoben. Wir werden zu einer Gemeinschaft unter-einander und zu einem Leib und einem Geist in Christus.Gerade auch durch den Friedensgruß in der Hl. Messe wirddiese Gemeinschaft der Glaubenden sichtbar. Wenn auch inder Feier der Eucharistie die Christusbegegnung in derhöchsten und tiefsten Form geschieht, so ist Christus auchdort, wo Menschen in seinem Geiste zusammenkommen, inihnen und unter ihnen präsent und erfahrbar, sagt er doch:

„Wo zwei oder drei in mei-nem Namen versammeltsind, da bin ich mittenunter ihnen.“ (Mt 18,20)Auf diesem Hintergrund

möchte ich einige Erfah-rungen und Erlebnisse imRahmen der Jungschar undMinistrantenwoche (WOKIWOGO: Woche der Kinder,Woche mit Gott) im Juli inStams anführen, bei der vomPriesterseminar FerdinandPittl und ich mitge- holfen

haben. Ich war berührt und beeindruckt, mit wie viel Enga-gement, Einsatzbereitschaft, Idealismus und gutem Willen,zahlreiche junge Menschen dort im Einsatz waren. Viele ha-ben freiwillig eine ganze Ferienwoche dafür investiert undmit allen Kräften für ein gutes Gelingen der WOKI WOGObeigetragen. Unter den über 100 Helfern und Helf-erinnenwar ein christlicher Geist spürbar. Das Zusammenhelfen, dergegenseitige Respekt, die Offenheit und die Herzlichkeit derBegegnungen haben etwas von dem erfahrbar werden las-sen, was Christus mit „Reich Gottes“ bezeichnet hat. DasReich Gottes beginnt nicht erst in der Vollendung, sondernes ist schon unter uns, wo christliche Grundsätze und Re-geln das Miteinander der Menschen bestimmen. Die Fröh-lichkeit, Spontaneität, Freude und Begeisterung der ca.   500Kinder, die nach Stams gekommen waren, wirkten anste-ckend und schenkten eine schöne Erfahrung. Hier war derGeist des Lebens und der Freude und bestimmt auch Chris-tus selber unter uns. Jesus hat sich in seinem irdischen Lebenimmer wieder den Kindern zugewandt, sie in seine Arme ge-nommen und gesegnet. „Lasst die Kinder zu mir kommen;hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen ge-hört das Reich Gottes“ (Lk 18,16), gab er jenen zu verste-

Wolfgang Meixner mit WOKIWOGO-Chor

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CHRISTUS IN DER GEMEINSCHAFT

hen, welche die Kinder von ihm fernhalten wollten.Bei der gemeinsamen Eucharistiefeier mit unserem

Bischof Dr. Manfred Scheuer, dem Abt von Stams P.German Erd, dem Diözesanjugendseelsorger WolfgangMeixner und anderen Priestern in der Stiftskirche in Stamshat Christus selbst in den Herzen der Kinder und in unsereneigenen Wohnung genommen.Ich habe in dieser Woche auch erleben dürfen, wie die

Unkompliziertheit und Spontaneität, Offenheit und Begeis-terung, Übermütigkeit und Ausgelassenheit den sonst oftengen Rahmen des Alltags gesprengt haben und so dieWOKI WOGO für alle zu einem besonderen Erlebnis habenwerden lassen. So manche Aussagen von den Kindern wieetwa: „Schade, dass die Woche schon vorbei ist!“ , oder:„Schade, dass die WOKI WOGO nur alle vier Jahre statt-findet!“ , und: „Das war die tollste Jungschar und Minis-trantenwoche!“ , zeigen, wie wertvoll das gemeinsameSpielen, Feiern, die Auseinandersetzung mit Themen desGlaubens und das Erleben von Gemeinschaft für die Kinderund alle Mithelfenden waren.

Wo Menschen Zuwendung erfahren, können sie leichteran einen Gott glauben, der sich uns Menschen bedingungs-los zuwendet. Menschen die in einer Gemeinschaft aufge-hoben sind, können viel Gutes erfahren. Freundschaft undGemeinschaft sind Geschenke Gottes. Eine Gemeinschaftkann heilen und helfen das Heil zu erlangen, das JesusChristus uns geschenkt hat und schenken will. Jesus Chris-tus hat die Kirche als Heilsgemeinschaft gegründet und willin dieser Gemeinschaft immer mitten unter uns sein. Er hatuns in der Kirche zur „Familie Gottes“ gemacht.

Siegmund Bichler

Gruppe aus Thal-Assling, Osttirol

BischofManfred zu Besuchaufder WOKIWOGO

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PULSIERENDES LEBEN

Pulsierendes Lebenim Seminar

Der Besuch von Familien mit mehreren Kindern hat amSonntag, den 5. Dezember 2010 viel Leben ins Priestersemi-nar gebracht. Am Programm stand das gegenseitige Sich-Kennenlernen, Austausch von Erfahrungen, gemeinsameheilige Messe, Mittagessen, Führung durchs Haus, Vorstel-lung aller anwesenden Seminaristen mit ihren Berufungsge-schichten, weiters Gespräche über die Kirche und die Welt.Für alle war es ein sehr bereichernder Tag.

Gemeinsame Eucharistiefeier

Die Seminaristen erzählen von ihrer BerufungFriedensgruß

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WEIHEN UND PRIMIZEN

Weihen und PrimizenPriesterweihe in FeldkirchAm Freitag, den 25 Juni 2010 empfingen Lukas Bonner undRainer Büchel im Dom zu Feldkirch von DiözesanbischofDr. Elmar Fischer die Priesterweihe. Zu diesem freudigenAnlass kamen die Verwandten, Freunde und Bekannten derWeihekandidaten sowie viele Gläubige, um die Weiheliturgiemitzufeiern und die Kandidaten im Gebet mitzutragen. ImRahmen der Priesterweihe feierte die Diözese Feld- kirchauch das fünfjährige Bischofsjubiläum von Dr. ElmarFischer, der im Mai 2005 zum Bischof von Feldkirchernannt worden war. Der Bischof hob in seiner Predigt dieNotwendigkeit des Priesters für unsere Zeit hervor undbetonte am Ende des Priesterjahres, wie sehr der PriesterGeschenk für die Kirche ist. Am Schluss der Eucharistiefeiererteilten die beiden Neupriester gemeinsam den Segen. Dieanschließende Agape auf dem Domplatz bot Gelegenheit zuBegegnung, Austausch und Gespräch.

Primiz von Lukas Bonner in FrastanzDer Neupriester Lukas Bonner feierte bei strahlendem Wet-ter am Sonntag, den 27 Juni 2010 in der Pfarrkirche St. Sul-pitius in Frastanz seine erste Hl. Messe. Der KirchenchorFrastanz sang die „Messe brève C-Dur“ von Charles Gou-nod. Dekan Herbert Spieler richtete in seiner Predigt sehrpersönliche Worte an den Primizianten. Am Nachmittag die-ses Primizsonntags stand eine Dankandacht in der Pfarr-kirche mit Einzelprimizsegen auf dem Programm, welchevom Jugendchor der Pfarre Frastanz musikalisch gestaltetwurde. Lukas wird für seelsorgliche Aufgaben in der PfarreSt. Kolumban in Bregenz eingesetzt.

Primiz von Rainer Büchel

Konzelebration der neu geweihten Priester

Primiz von Lukas Bonner

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WEIHEN UND PRIMIZEN

in Feldkirch-Altenstadt„Ja, ich komme, um deinen Willen, Gott, zu tun“ (Hebr10,7). Diese Botschaft auf den Primizbildchen erreichte alle,die zur beeindruckenden Primiz von Rainer gekommenwaren. Nach einem feierlichen Empfang am Vorabend fei-erte Rainer Büchel am Sonntag, den 4. Juli 2010 in derPfarrkirche Altenstadt seine erste Hl. Messe. Die Dank-andacht am Nachmittag feierte der Neupriester in der Klos-terkirche der Dominikanerinnen und spendete den Einzel-primizsegen. Rainer ist als Kaplan in den Pfarren Koblachund Mäder tätig.

Diakonatsweihe von Bernhard Kopp

Bernhard Kopp aus der Pfarre St. Martin in Wängle wurdeam 12. September 2010 im Dom zu St. Jakob in Innsbruckzum Diakon geweiht. Bernhard ist als Diakon in der PfarreAbsam im Einsatz.

Rainer Büchel mit Primizbräuten Handauflegung durch BischofManfred

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CHRONIK UND ANKÜNDIGUNGEN

Chronik

Einführungstage 2010Jährlich werden am Semesterbeginn im Herbst drei Tagedafür verwendet, das neue Studienjahr gut durchzuplanen.Heuer wählten wir das Haus der Barmherzigen Schwesternin Elbigenalp aus. Wir erlebten dort eine ausgezeichnet gutGastfreundschaft. Sr. Maria Verena war auch bei denWahlen, die anstanden, als begabte Wahlhelferin tätig. Eswurden Siegmund Bichler zum Seminarprecher und MartinMargreiter zu dessen Stellvertreter bestimmt.

VertretungsaufgabenBegeistert nahm Regens Dr.Peter Ferner beim Treffen desPriester- und Pastoralrates in Dornbirn und in St. Michaelam Brenner teil. In Vorarlberg erreichte der Dialogprozesseinen schönen Höhepunkt. In Tirol wurden aktuelleThemen beleuchtet und gute Geleise für die Zukunft derKirche vor Ort gelegt.

Verschiedene Besuche

Es freut uns, dass Priester, Firmlinge und Familien imHerbst das Priesterseminar besuchen. Solche Kontakte tununs gegenseitig gut. Der Austausch von Erfahrungen, dasgemeinsame Gebet und die gute Jause wollen wir nichtmissen.

Seminaristen auf dem Sprungin die Pastoral

Die Seminargemeinschaft teilt sich auf in Seminaristen, dieim Seminar wohnen und solchen, die auswärts sind.Zu den Auswärtigen zählen Anton Caluzi (zur Zeit inLuzern), Matthias Bitsche (für ein Jahr in Wien), MichaelEnder (in Rom) und diejenigen, die gerade das Pastoraljahrabsolvieren. Dazu gehören Ferdinand Pittl ( in Axams,Birgitz, Götzens, Grinzens), Gabriel Thomalla (in Ober-perfuß und Kematen), Julius Desouza (in Inzing und bei derCaritas) wie auch unser Diakon Bernhard Kopp, der in Ab-sam und Eichat eingesetzt ist. Fabian Jochum verbringt einJahr in Dornbirn.

Weihetermine

Der Diakonenweihetermin im kommenden Jahr (2011 )wurde für den 20.3. und der Priesterweihetermin für den26.6. jeweils um 15 Uhr im Dom zu Innsbruck festgelegt.Sr. Maria Verena als Wahlhelferin

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20 Jahre Pastoraljahr (21.10.2010)Bei der Feier " 20 Jahre Pastoraljahr" wurde bewust, welchgroßen Dienst dieser Universitätslehrgang für die Zukunftder Kirche und Gesellschaft hat. Hier werden junge Theolo-ginnen und Theologen vom Studium in die pastorale Praxishinein begleitet. Sie werden unterstützt, in den Pfarrge-meinden, in der Klinkseelsorge, der Hospiz, der Caritas usw.zum Segen für die Menschen zu wirken.

CHRONIK UND ANKÜNDIGUNGEN

IMPRESSUMMedienhaber: Bischöfl iches Priesterseminar der Diözese Innsbruckund der Diözese Feldkirch, Riedgasse 9, A-6020 InnsbruckTelefon: 051 2/2230-4700, Fax: 051 2/2230-4799E-Mail: [email protected]: www.priesterseminar-innsbruck.atFotos: Franz Troyer, Johannes Panhofer, Archiv Priesterseminar,Private SammlungDruck: Alpina Druck, InnsbruckBankverbindung: Tiroler Sparkasse, BLZ 20503, Konto Nr. 052761

Gespräch bei der anschließenden Agape

Liturgische Danksagung

GemeinschaftIm Priesterseminar wollen wir Gemeinschaft leben. Eck-punkte unserer Gemeinschaft sind das Gebet miteinanderund füreinander sowie die guten Gespräche beim gemeinsa-men Essen und dem wöchentlichen Gemeinschaftsabend.Immer wieder gibt es auch gemeinsame Filmabende undWanderungen.

Bergtour aufden Bettelwurf

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Österreichische Post AGInfo.Mail Entgelt bezahlt

Bei Unzustel lbarkeit zurücksenden6020 Innbruck, Riedgasse 9

Seminaristen bei den Einführungstagen in Elbigenalp. Von links: Rosh Kalluveettil, Andre Hanser, Siegmund Bichler,Regens Peter Ferner, Markus Weber, Alexander Meier, Lojin Kalathipparambil, und Martin Margreiter