Der Freikorpskampf Gegen Den Bolschewismus

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The Real Blaze Die Idee eines Oststaates wird aufgegebenPrimärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

Zum militärischen Oberbefehlshaber des künftigen Oststaates sollteGeneral Otto von Belowernannt werden; man begriff ihn als einen zweiten Yorck von Wartenburg, als eine Wiederver-

körperung jenes preußischen Generals, der 1812 durchsein Abkommen mit den Russen den ersten Schritt unternommen hatte, Preußen wieder mit Rußland und Österreich auf gleichen Kurs gegen Napoleon zu bringen.

General Otto von Below

Die interne Diskussion über die Frage der Unterzeichnung des Friedensvertrages erforderte einegenerelle Klärung der allgemeinen militärischen Lage, zu der sämtliche Kommandeure undStabschefs der Truppen in den Ostgebieten nach Weimar eingeladen wurden. Die OHL war durchGroener und Schleicher vertreten; Seeckt vertrat die deutsche Delegation, die den Friedenaushandeln sollte, was jedoch letztlich nur in eine erpreßte Unterschrift für das Versailler Diktatgipfelte.

Reinhardt hatte gehofft, diese Zusammenkunft würde Gelegenheit bieten, genügend Druck auf Noske auszuüben, um ihn für das Projekt eines Oststaates zu gewinnen. Am 19. Juni, im Verlauf der Tagung, wurden die Grenzen klar gezogen. Noske und Groener standen auf einer Seite.

Groener umriß realistisch und bis ins kleinste Detail die Folgen, die sich ergeben mußten, wennman die Unterschrift unter den diktierten Friedensbedingungen verweigerte.

Reinhardt und Below widersprachen. Bis zum Abend standen sich die beiden Positionenunversöhnlich gegenüber; dann wurden nach einer längeren Sitzungspause zivile Experten gebeten,ihre Meinung über die Auswirkungen einer Wiederaufnahme der Kampfhandlungen im Ostenvorzutragen.

Hörsing, zuvor Befürworter eines Oststaates, äußerte seine Meinung jetzt dahingehend, dieZivilbevölkerung werde im Fall einer Wiederaufnahme der Kampfhandlungen hinter der Armeestehen, doch auch eine Unterzeichnung der Friedensbedingungen akzeptieren. Das hatte zur Folge,daß auch die anderen führenden Köpfe der Zivilverwaltung ihre Haltung änderten und mitAusnahme Winnigs nun Groeners Argumenten beipflichteten. Sogar Oberst Heye, der Stabschef des

AOK Nord, wechselte auf Groeners Seite, so daß Reinhardts Vorhaben, die Mehrheit der Reichswehrkommandeure um sich zu scharen, fehlschlug. So blieb nur die Alternative, entweder das Projekt aufzugebenoder es als Rebell weiterzuverfolgen.Während eine Mißachtung der Befehle für die Freikorps und ihre Vorgesetzten kein Problem darstellte, bedeutete dies für dieimmer noch in der altpreußischen Tradition verwurzelten Generäle einen Schritt, den die meistenvon ihnen nicht zu tun bereit waren.

Doch waren alle Vorbereitungen getroffen worden; Waffen waren in genügender Zahl vorhanden,die Verpflegungsvorräte für drei Monate sichergestellt. DasFreikorps Diebitsch war in Divi-sionsstärke in Litauen stationiert und war für einen Vorstoß nach Warschau ausersehen. DasArmeekommando des VI. Armeekorps in Breslau hatte bereits eigenmächtig Verhandlungen mit den

Tschechen aufgenommen, um deren Neutralität im Fall eines deutschen Angriffs auf Polensicherzustellen.

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Die Verhandlungen wurden erfolgreich abgeschlossen.

Die Truppen waren mit allen weiteren Angriffsplänen vertraut,die Bevölkerung in denentsprechenden Gebieten befand sich in erwartungsvoller Spannung.

Als am 23. Juni 1919 der mit alliierten Kriegsdrohungen konfrontierte Reichstag schließlich für die

Annahme des Versailler Diktates stimmte,waren die Truppen dennoch bereit, zu marschieren. Fast wäre es zu einem Staatsstreich gekommen, »dem sogenannten Below-Putsch ..., der nur mitMühe und aller Heimlichkeit abgebogen werden konnte; die Bewegung gegen die Unterzeichnungdes Diktates ging hauptsächlich von den Truppen aus ...,die die katastrophale Auswirkung der Unterzeichnung auf die Grenzen des Reiches am deutlichsten ahnen konnten«.

Am Tage der Abstimmung im Reichstag hatten Kommandeure der um Bromberg stationiertenTruppen eine Zusammenkunft, auf der sie den Beschluß faßten, einem etwaigen Befehl zumVerlassen ihrer Stellungennicht Folge zu leistenund ebensowenig eine Demobilisierung zuakzeptieren, sondern im Gegenteildie Rückeroberung der Provinz Posen in Angriff zu nehmen,sofern die Truppen in Thorn und Kreuz sie unterstützten.

Während die Truppen in Bereitschaft standen, versuchte General von Below, sich politischeRückendeckung zu verschaffen. Schon am 22. Juni hatte er ein Schreiben an Hindenburg gesandt, indem er ihn bat,die Erhebung in Ostpreußen anzuführen; im Falle einer Ablehnung sei er entschlossen, diese Aufgabe selbst zu übernehmen.

Hindenburg lehnte ab und erklärte, er werde keine willkürlichen Aktionen der Generäle dulden.

Below wurde seines Kommandos enthoben, und damit waren der Below-Putschund der Oststaat erledigt.

Auch die zivilen Autoritäten in Ost- und Westpreußen und in Posen akzeptierten die Entscheidungder Regierung und erklärten, sie seien mit dem Beschluß der Nationalversammlung einverstanden.

Die Truppen in ihren Stellungen waren verärgert: wieder einmal, so wollte es scheinen, bot sichihnen das Schauspiel einer Regierung, die sie durch ihre zunächst trotzige Haltung gegenüber denMächten der Entente ermutigtund dann im entscheidenden Moment die Nerven verloren hatte.Eshatte sich eine verdorrte Hand gefunden, die das Friedensdiktat unterzeichnete,und Generälehatten diese Tat unterstützt, ja ihr Vorschub geleistet, denen es an moralischem Rückgrat fehlte

und die ihre eigene Nützlichkeit überlebt hatten. Die Truppen erhielten nun den Befehl, ganze Provinzen zu räumen und siekampflos den Polen zu überlassen.

Die Stimmung bei den Freiwilligen war auf dem Siedepunkt angelangt, doch um zu verhindern, daßder Kessel überkochte, ergriffen die Sozialdemokratendie Initiativeund riefen die Eisenbahner der gesamten östlichen Gebiete zum Streik auf.Truppenbewegungen und Nachschublieferungenwurden auf diese Weisev e r e i t e l t, aber man konnte nicht verhindern, daß die Truppen dies als einen neuerlichen Aktdes Verrats interpretierten, und als was hätten sie, von ihrem Standpunkt aus, den Streik sonst

werten sollen? Die Dolchstoßlegende hat eine wesentlich kompliziertere Entwicklung, als gemeinhin angenommen

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wird.

Auch die Regierung befand sich in einem Dilemma. Sie hatte die Truppen zu einem speziellenVerwendungszweck angeworben, den sie nun auf Grund äußeren Druckes selbst desavouierenmußte. Sie hatte vertraut auf die Bereitschaft einer jungen Generation, ihr Land zu verteidigen.

Jetzt mußte sie erkennen, daß es für diese Bereitschaft kein Ziel mehr gab, schlimmer noch, daß siesie verurteilen mußte, weil sie Gefahr lief, eine höchst explosive, gegen sie selbst gerichtete Kraftzu werden.

Aber die Frontgeneration hatte gelernt, in militärischen Kategorien zu denken. Zweifelsohne war esihr sehr ernst damit, wenn sie von Soldatenehre sprach und davon,lieber sterben zu wollen als zukapitulieren. Es war eine Generation, die in den langen Kriegsjahren nie gelernt hatte, politisch zudenken, eine Generation, die wie keine zweite imstande war, zu töten und zu sterben...

[ Editiert von Administrator The Real Blazeam 01.04.08 21:04 ]

The Real Blaze

Warum deutsche Freikorps im Baltikum kämpftenPrimärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

Die baltischen Gebiete erlangten für Deutschland 1918/19 erneut strategische Bedeutung, alsinfolge von Aufständen und Konflikten in Galizien und Polen den deutschen TruppendieVerkehrswege abgeschnitten wurden, was sie zu einer Abänderung des Rückzugsweges in Richtung Norden nach Litauen, Kurland und Ostpreußen nötigte, von wo sie die Heimat zu erreichengedachten.

Bei der OHL lagen die genauen Pläne für einen Rückzug der Truppen aus dem Baltikum vor.Ironischerweise sind es nicht die Deutschen gewesen, die sich für einen Verbleib der Truppen

entschieden,sondern die Alliierten selbst , die sich auf den Artikel XII der Waffenstillstandsbestimmungen beriefen, in dem zu lesen stand: »Alle deutschen Truppen, welchesich augenblicklich auf den vor dem Kriege zu Rußland gehörigen Gebieten befinden, müssen . . .hinter die deutsche Grenze zurückgehen,sobald die Alliierten, unter Berücksichtigung der inneren Lage dieser Gebiete, den Augenblick für gekommen erachten.«

Mit anderen Worten, die Alliierten hatten beschlossen, zur Eindämmung der bolschewistischen Bedrohung solange deutsche Truppen einzusetzen, bis sie selbst in der Lage wären, diese Aufgabezu übernehmen.

Doch der Waffenstillstandsvertrag enthielt auch die Bestimmungen der Artikel XIII bis XV, wonachalle Übereinkünfte und Verträge annulliert wurden, die während des Krieges zwischen Deutschlandund anderen Mächten geschlossen worden waren. Das betraf insbesondere den Friedensvertrag vonBrest-Litowsk zwischen Deutschland und Rußland.

Da sich Deutschlands militärische Position im Osten in Auflösung befand, war Sowjetrußland in der Lage, die Kampfhandlungen wieder aufzunehmen und jene Territorien zurückzuerobern, die von der deutschen Armee aufgegeben wurden, und darüber hinaus den bolschewistischen Bewegungen inEstland und Lettland Unterstützung zukommen zu lassen.

Wo, wie in Lettland, die Bolschewisten von nahezu dreißig Prozent der Bevölkerung unterstütztwurden, konnte eine solche zusätzliche Hilfe sehr rasch zum Sturz der unlängst errichteten undimmer noch unsicheren Regierungen führen.

Deutschland hatte wohl die Evakuierung des Baltikums vorbereitet, aber auch über die Schweiz

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Kontakte mit den Amerikanern aufgenommen. Offensichtlich hat das Auswärtige Amt zunächst eineZusammenarbeit mit den Alliierten zur Rettung der baltischen Staaten in Vorschlag gebracht undeinen Verbleib der deutschen Truppen in diesen Gebieten bis zu dem Zeitpunkt angeboten, wo siedurch Truppen der Entente ersetzt werden konnten.

Doch durch den Ausbruch der Revolution in Deutschland überstürzten sich die Ereignisse, so daß

alle vorhandenen Zielsetzungen sich als nicht durchführbar erwiesen. Den Nachrichten,daßdeutsche Matrosen in Libau und Windau die rote Fahne gehißt und Räte gegründet hätten, folgtenin sich überschlagendem Tempo Anfragen der deutschen Zivilverwaltungen in Berlin, mit wem mandenn nun zusammenarbeiten solle, mit den Räten oder mit den verschiedenen nationalenKörperschaften, die jetzt da und dort entstanden.

Der Druck der Bolschewisten wurde jetzt so stark, daß die OHL das Auswärtige Amt ersuchte, dieBitte an die Alliierten zu richten, Truppen zu landen oder wenigstens Flottenverbände in die baltischen Häfen zu entsenden, um die örtliche Bevölkerung zu schützen und den Abzug der deutschen Truppen zu ermöglichen.

Am 18. November 1918 wurde die unabhängige Republik Lettland proklamiert; es wurdeangekündigt, man werde aus Vertretern des lettischen Bürgertums eine provisorische Regierung bilden.

Die lettische Regierung mit Präsident Karl Ulimann, der seinen deutschen Namen in KarlisUlmanis "lettisierte" ...

Zum Ministerpräsidenten wurde der Führer des Lettischen Bauernbundes, Karl Ulimann, ernannt,der ein paar Jahre zuvor seinen Namen zu Karlis Ulmanislettisiert hatte.

Diese provisorische Regierung wurde aus Mitgliedern des lettischen Volksrates zusammengestellt.Dieser Rat war ebensowenig wie die von ihm eingesetzte Regierung eine Institution von gewähltenVolksvertretern, er war eine Versammlung von Vertretern verschiedener politischer undwirtschaftlicher Interessenverbände. Da die Bolschewisten in Lettland über eine beträchtlicheGefolgschaft verfügten und die Baltendeutschen völlig ausgeschlossen wurden, ist die Frage, inwelchem Grad der Volksrat und die Regierung Ulmanis als repräsentativ für ganz Lettland geltenkonnten, nicht leicht zu beantworten. Es handelte sich um eine Mitte-Links-Regierung, derenInteressen sich fast ausschließlich auf die Verfolgung nationaler lettischer Ziele richtete, und das

hieß auf die Verfolgung eines Kurses, der ihr die Unterstützung der Ententemächte sichern konnte.Ulmanis war in diesen Bemühungen nicht immer erfolgreich, denn die Alliierten erschienen nie sozahlreich, daß sie die Deutschen hätten ersetzen können, und so konnte er wegen der Annäherungsversuche der Bolschewisten kaum etwas anderes tun,als sich auf die Deutschen zustützen.

Aufgrund seiner früheren Haltung ihnen gegenüber waren sie jedoch äußerst mißtrauisch geworden,und dieses Mißtrauen wurde noch weiter geschürt durch die Baltendeutschen, die in Ulmanis kaumetwas anderes sahenals einen Wegbereiter des Bolschewismus.Indessen bildeten die Balten selber keine geschlossene Front: ein wenn auch nur kleiner Teil von ihnen hatte begriffen, daß die Zeit der

baltischen Barone vorbei und eine Integration der Baltendeutschen in das neue Staatswesen vonvorrangiger Bedeutung war.

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Der größte Teil liebäugelte mit der Idee einesbaltendeutschen Staates in Kurland, wie ihn tatsächlich Deutschland am 15. März 1918anerkannt hatte , und das brachte natürlich eine direkte Konfrontation mit Ulmanis und denKräften, die ihn unterstützten. Daß sie darüber hinaus im Besitz des einzigen wirksamenMachtmittels, der Baltischen Landeswehr, waren, machte sie auch zu einer unmittelbarenmilitärischen und politischen Gefahr.

das deutsch-baltische Vereinigte Baltische Herzogtum1918. Herzog Adolf Friedrich zuMecklenburg sollte die Krone des neuen „Vereinigten Baltischen Herzogtums“ tragen. Bis zuseiner Ankunft sollte er von einem 10-köpfigen „Regentschaftsrat“ unter Führung deslivländischen Landmarschalls, Baron Adolf Pilar von Pilchau, vertreten werden.

In der Zwischenzeit hatten die Bolschewisten ihren Vormarsch nach Estland und Lettlandfortgesetzt. Das deutsche Armeeoberkommando 8 übermittelte der Entente ein Gesuch desRegentschaftsrates von Estland, in dem um sofortige Entsendung alliierter Flotteneinheiten nachReval gebeten wurde.

Der russische Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten, Tschitscherin, beurteilte diemilitärische Situation seinerseits so optimistisch, daß er an das deutsche Auswärtige Amt einTelegramm sandte,in dem er die Wahl von Soldaten- und Arbeiterräten bei den deutschen Truppenim Baltikum und die Ernennung politischer Kommissarezur Überwachung der Aktivitäten der Offiziere forderte.

Für eine kurze Zeit hatte der sowjetische Vormarsch eine Interessenübereinstimmung bei denverschiedenen Parteien hervorgerufen.Die Alliierten, Deutschland und Lettland warenentschlossen, den russischen Vormarsch zu stoppen- die Frage war freilich, wie man ihnaufhalten wollte.

Das AOK 8 hatte dieses Problem bereits vorausgesehen und am 1. November 1918 demReichskanzler einen Bericht zugeleitet, der ihn darüber informierte, daß man begonnen habe,Freiwillige deutscher, lettischer und estnischer Nationalität sowie Angehörige der deutschenMinderheit aus Südrußland zu rekrutieren, die ihr Zuhause verlassen hatten, um sich den deutschenTruppen auf ihrem Rückmarsch anzuschließen und »die so hier ihre neue Heimat nicht nur kennenlernen, sondern auch verteidigen lernen«.

Es war auch die kaiserlich- deutsche Kriegszielpolitik in diesem Gebiet die darauf hinarbeitete,

insbesondere in Kurlandeine fortschreitende Germanisierung dadurch zu erreichen, daß siedeutsche Siedler ins Land zog.

Letten und Esten waren nun gleichermaßen besorgt, daß die deutschen Truppen nicht abgezogenwurden, bevor sie eine eigene Verteidigung organisiert hatten, und Winnig drängte auf eineverstärkte Rekrutierung von Freiwilligen im Reich, mit denen man die sich zunehmend auflösendenFormationen am Ort ersetzen konnte.

Die Entente versuchte noch immer, Schweden zur Entsendung von Truppenkontingenten nachLettland und Estland zu überreden,doch auf mehr als ein Angebot, Waffen und Munition für den Nachschub zu liefern, ließ es sich nicht ein.

Ungeachtet der Waffenstillstandsbedingungen,deren wahre Bedeutung in bezug auf die Ostseeden Deutschen zu dieser Zeit nicht aufgegangen zu sein scheint , erließ die OHL den Befehl, das

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Gebiet so rasch wie möglich zu räumen Dieser Befehl mag bei den militärischen Dienststellen inden betroffenen Gebieten auf einigen Unwillen gestoßen sein, möglicherweise, weil sie dieSachlage an Ort und Stelleanders beurteilten, vielleicht auch wegen der Stellungnahme Winnigs,der sich mitten in Verhandlungen mit Ulmanis befand. Es wurde ein Übereinkommen mitDeutschland erzielt, wonach die deutsche Regierung Lettland vorbehaltlich einer definitivenFriedensregelung de facto anerkannte.

Doch welche Absichten Winnig und die Armee letztlich gehabt haben mögen - die Soldaten, die auf die Rückkehr in ihre Heimat warteten,wurden unruhig.

Im Gegensatz zu den innerdeutschen Gegebenheiten erwiesen sich in Lettland die Soldatenräte fak-tisch als Verbündete des militärischen Apparats,und auf ihre Initiative hin wurde als Truppe zumSchutz für die Nachhut des deutschen Rückzugs das erste Kontingent von Freiwilligen rekrutiert:die Eiserne Brigade, die späterhin zur Eisernen Division werden sollte.

Zusammen mit der Baltischen Landeswehr war sie zum damaligen Zeitpunktdie einzige zuverlässige deutsche Truppenformation im Baltikum.Dies war um so wichtiger, als die VIII.Armee unter den Augen ihres Kommandeurs sich aufzulösen begann.

Sie war »nicht mehr geeignet, die nötige Sicherheit zu gewähren«, und weder Letten noch Estenhatten bis zu diesem Zeitpunkt ihre eigene Verteidigung organisiert. In dem Abkommen zwischenUlmanis und Winnig hatte letzterer darauf bestanden,daß der Truppenabzug fortgeführt werde,doch sollten, während dies geschah, deutsche Streitkräfteauch weiterhin das Land gegen die Bolschewisten verteidigen.

Nur die Truppen waren noch nicht imstande, diesen Auftrag wirksam auszuführen. Am 20.Dezember 1918 berichtete Ober-Ost an das Auswärtige Amt, daß es derzeit nur 6000 Freiwilligezur Verfügung habe, eine viel zu geringe Zahl, um ein größeres Gebiet halten zu können.

Aus Estland und Livland waren die Truppen bereits abgezogen, und der Abzug aus Riga sollte zuBeginn des Januar folgen: »Ober-Ost-Truppen sind im Lande nicht zu halten.«Wenn man Rigaund Kurland halten wolle, seien sofortige Verstärkungen durch intakte Einheiten unbedingtnotwendig...

[ Editiert von Administrator The Real Blazeam 02.04.08 20:21 ]

The Real Blaze Britische InterventionPrimärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

In diesem Stadium intervenierten die Briten im vom Bolschewismus bedrohten Baltikum. Die publizierten amtlichen britischen Aktenschweigen sich über diese Episode wie auch über die Zeit-spanne bis Mai 1919 aus...Die entsprechenden Akten des Foreign Office sind sogar vernichtetworden!

Winnig berichtete in einer Depesche an das Auswärtige Amt von einer Zusammenkunft zwischenihm, dem Stabschef des Armeeoberkommandos 8 und seinem Stellvertreter Dr. Burchard auf der einen Seite und dem Vertreter der britischen Regierung, dem ehemaligen britischen Generalkonsulin Riga, Bosanquet, sechs englischen Marineoffizieren und einem Oberstleutnant auf der anderen.

der englische Truppentransporter HMS Princess Margaret

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Das Treffen fand an Bord des SchiffesHMS Princess Margaret im Hafen statt. Nach WinnigsBericht erklärte Bosanquet, daß die britischen Flotteneinheiten, die in Riga vor Anker lägen, präsentseien, um die Ausführung der Waffenstillstandsbedingungen zu überwachen, und daß die Mächteder Entente esals die Pflicht Deutschlands ansahen, die baltischen Länder so lange zu schützen,wie es die Entente für wünschenswert erachte.

Die deutschen Truppen hätten die Linie Walk-Wolmar-Wenden-Friedrichstadt-Bausk-Mitauund die Eisenbahnlinie von Riga nach Libau zu halten. Was auch immer von dem Territoriumverloren gehe, müsse von den Deutschen wieder zurückerobert werden, und zu diesem Zweck müßten die dafür notwendigen Truppen im Lande stationiert bleiben; der Rest könne abgezogenwerden. Sollte Deutschland es versäumen, diesen Anordnungen zu folgen, seien ernsthafte Rückwirkungen auf die Friedensbedingungen zu erwarten.

So gesehen war der Kampf deutscher Freikorps sogar eine Zwangsmaßnahme innerhalb der Waffenstillstandsbedingungen.Samit wird auch ersichtlich, warum die Engländer über diese deutsch-englischeInteressensgemeinschaft im Baltikum ihre Aten darüber vernichteten!

Winnig schreibt in seinen Memoiren, er habe gegen „die Arroganz des Siegers«nachdrücklich protestiert; in seinem Bericht steht allerdingsnichtsvon einem solchen Protest.

Auch im Bericht des AOK 8 an das Auswärtige Amt gibt es darauf keinen Hinweis. Er erwähnt nur,daß Winnig entgegnet habe, es sei unüblich, eine Regierung zu zwingen, einen fremden Staat besetzt zu halten; aber er habe den Engländern versichert, Deutschland werde sich bemühen, Freiwilligenverbände aufzustellen, denn im Baltikum bestehe ja auf deutscher wie auf alliierter Seite eine Identität der Interessen.

Der Bericht des AOK 8 bemerkt ferner, daß, falls Deutschland keine Anstrengungen unternehme,England entschlossen sei,den deutschen Truppenabzug zur See zu verhindern, und daß esmomentan nicht darauf vorbereitet sei, eigene Truppenkontigente zu landen.»

Diese zeitweilige Übereinstimmungder deutschen und englischen Interessen wurde eine Wochespäter unter Beweis gestellt. Als die lettischen Teile der Baltischen Landeswehr in Riga meuterten,eröffneten britische Schiffe das Feuer auf ihre Kasernen.

der englische Leichte Kreuzer HMS Cassandra gehörte zu jenen Einheiten, die für englische

Interessen im Dezember 1918 in der Ostsee operierten. HMS Cassandra sank dann auch imFinnischen Meerbusen auf einer Mine.

Deutschland seinerseits war außerstande, die vorgeschriebenen Stellungen zu verteidigen, seineTruppen mußten den Bolschewisten weichen, die aus zwei Richtungen - von Norden entlang der Linie Dorpat-Riga und von Osten entlang der Düna - vorrückten. Obwohl es zunächst gelungenwar, Friedrichstadt zurückzuerobern, mußte die Stadt wieder aufgegeben werden, und am 3. Januar 1919 wurde Riga von bolschewistischen Formationen eingenommen.

Die einzigen Truppen, die zu jener Zeit in Lettland gegen die Bolschewisten eingesetzt werdenkonnten, waren dieEiserne Brigade und die Baltische Landeswehr. In ihrem Rücken, bei den

Truppen der VIII. Armee,herrschte völliges Chaos, die Disziplin war dahin, es fehlte an Soldaten,Unteroffiziere und Offizieren, die »zu Händlern wurden, die alles verkauften, was einen Käufer fand«.

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Die einzige Möglichkeit für die Soldaten der Eisernen Brigade, sich in ausreichendem Maßeauszurüsten, war,»ihre Waffen auf dem freien Markt zu kaufen«.

Baltisches Siedlungsland für reichsdeutsche Freiwillige

Das Vorrücken der Bolschewisten hatte auch eine engere Zusammenarbeit zwischen Winnig undUlmanis zur Folge; nachdem Winnig in der Zwischenzeit zum deutschen Gesandten bei denRegierungen von Estland und Lettland avanciert war, schlossen die beiden am 29. Dezember 1918ein Abkommen, wonach sich die lettische Regierung bereit erklärte, allen ausländischenFreiwilligen, die mindestens vier Wochen in den Freiwilligeneinheiten gedient hatten, die zur Befreiung Lettlands von den Bolschewisten aufgestellt worden waren,die lettische Staatsbürgerschaft zu gewähren.

Die baltendeutschen Bürger des lettischen Staates erhielten das Recht, in deutschen Einheiten zudienen, und reichsdeutsche Offiziere und Unteroffizierewurden als Ausbilder in den baltischenFormationen der Landeswehr zugelassen.Außerdem war es den Baltendeutschen fortan erlaubt,eigene Kompanien innerhalb der Landeswehr zu bilden.

Als wichtigster Teil dieses Abkommens sollte sich der Paragraph 1 erweisen, weil er zu einemMißverständnis führte, das die deutsch-lettischen Beziehungen während des Jahres 1919 nachhaltig beeinflußte. Nach deutscher Lesart besagte dieser Paragraph, daß Deutsche durch den Erwerb der lettischen Staatsbürgerschaft auch das Recht, in Lettland zu siedeln, erhielten und für ihre Dienstekostenlos Land zur Verfügung gestellt bekämen: »aber allen Beteiligten war klar, daß dieseBestimmung nur in Bezug auf die Möglichkeit, Land zu erwerben, sinnvoll war. Das dazu benötigteLand stellte diebaltische Ritterschaft zur Verfügung, indem sieein Drittel ihres Besitzes zurBesiedelung durch reichsdeutsche Freiwillige freigab.«

Der eigentliche Sachverhalt war ein anderer. Ursprünglich hatte der baltische Adel vor, der deutschen Regierung - nicht den Freiwilligen - ein Drittel der Ländereien, die der Stadt Rigagehörten, »zu einem mäßigen, vor dem Kriege üblichen Preise zur Ansiedlung zur Verfügung zustellen«.

Auch wenn es angeblich keinerlei offiziellen lettischen Vertrag darüber gab, so wurden wiehier für Albert Leo Schlageter Anrechtsscheine für Siedlungsland vergeben, die einenmaßgeblichen motivierenden Einfluss für die deutschen Freikorpskämpfer hatten

Dieses Angebot vom 10. Oktober 1917, im Zusammenhang mit dem Ersuchenum EingliederungKurlands in das Deutsche Reich ergangen, konnte ersichtlich keine Gültigkeit mehr haben,nachdem die Republik Lettland, zu der Kurland als integraler Teil gehörte, gegründet worden war.Wohl gab es im BaltikumSchenkungsangebotefür Siedlungsland, aber nicht in Lettland,sondernin Estland.

Daß ein solches Angebot nicht in Lettland gemacht worden war, geht auch aus einemEmpfehlungsschreiben des Majors von Stülpnagel vom 21. 5. 1919, betreffend die Rekrutierungvon Freiwilligen in Deutschland, hervor, in dem er feststellt, den Freiwilligen sei von denmilitärischen Behörden und den Werbeoffizieren, die direkt mit ihnen in Kontakt getreten seien,

versprochen worden, sie würden in Lettland Siedlungsland erhalten. Wenn man dieses Versprechennicht einhalte, werde das bei den Leuten bittere Enttäuschung hervorrufen, und die Freiwilligenträten dann höchstwahrscheinlich, um in den Besitz von Land zu gelangen, in lettische Dienste.

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Stülpnagel verlangte deshalb, es müßten sofort Verhandlungen in die Wege geleitet werden,umsolches Siedlungsland zu beschaffen, denn das werde auch die lettische Verteidigungsfront stärken.

Drei Wochen später schickte der deutsche Gesandte in Libau eine Kopie des Abkommens vom 29.Dezember 1919 an das Auswärtige Amt »und sagte den deutschen Freiwilligen den Erwerb des

lettischen Staatsbürgerrechtesund damit auch Ansiedlung zu«.Daß das AA diese Interpretation nicht unbedingt teilte, ist daran zu erkennen, daß imOriginaldokument diese Feststellung des Gesandten unterstrichen und am Rand mit einemFragezeichen versehen ist.

Der Gesandte fährt mit der Bemerkung fort, die Regierung von Lettland »legt besonderen Wertdarauf,daß mit Rücksicht auf die Alliierten die Angelegenheit nicht vertraglich zwischendeutscher und lettischer Regierung geregelt wird«.

Wenn man berücksichtigt, daß diese Bedingung nicht von Ulmanis aufgestellt wurde, sondern vonder prodeutschen Regierung Needra, wird wohl ziemlich deutlich, daß Ulmanis nie eine solcheKonzession eingeräumt hat.

Auch die OHL schaltete sich in diesen Streitfall ein, indem sie feststellte, das Versprechen, Landund Siedlungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, sei den Freiwilligen durch ein Schreiben desReichskommissars Winnig im Auftrag der Regierung gemacht worden:»Wäre diese Zusage nicht gegeben worden, wäre ein großer Teil der Freiwilligen nicht gekommen.«

Der deutsche Gesandte in Libau verhandelte erneut mit der Regierung Needra, die jedoch erklärte,es sei ihr nicht bekannt, wer in welchem Auftrag solche Versprechungen gemacht oder Zusagengegeben haben könne. Das deutschlettische Abkommen enthalte sie sicher nicht.

Als die Regierung Needra die Angelegenheit in einer Kabinettssitzung diskutierte, wurde der Beschluß gefaßt, die Erteilung der lettischen Staatsbürgerschaft solle das Recht beinhalten,Grundbesitz und Eigentum zu den gleichen Bedingungen und zum selben Preis zu erwerben, wie sie für jeden Letten gälten.Von Landschenkungen sei nie die Rede gewesen...

Der deutsche Gesandte in Libau fuhr dennoch fort, auf Versprechungen Bezug zu nehmen:»Das In-teresse der deutschen Freiwilligen bestand hauptsächlich in der von Ulmanis und Needraversprochenen Landzuweisung.«

Das Auswärtige Amt riet Noske, die Rekrutierung von Freiwilligen für das Baltikum einzustellen,mit der Bemerkung,es existiere kein Siedlungsland: »Verträge mit Ulmanis und Needra sind null und nichtig.«Verträge, die also in Wirklichkeit nie geschlossen worden waren. Seine angemesseneBerücksichtigung fand dieses Faktum in der Schlußphase der baltischen Episode, als der dortigeKommandeur der deutschen Truppen angewiesen wurde, den Soldaten gegenüber zu betonen, dielettische Regierung habe die Staatsbürgerschaft, aber nicht Siedlungsmöglichkeiten versprochen.

Noske stellt die Situation korrekt dar, wenn er schreibt: »Aus dem Versprechen der Einbürgerungwurde sehr bald die Zusicherung der Ansiedlung. Ein großer Siedlungsplan hatte bestanden, alsnoch mit der Möglichkeit gerechnet wurde,daß Deutschland in Kurland maßgebenden Einfluß

ausüben könne. Das war in den Tagen, als zu Wilhelm II. davon geredet wurde, er müsse denkurländischen Herzogshut tragen ...Wer sich für Kurland anwerben ließ, malte sich aus, wie er in Jahr und Tag auf eigener Scholle sitzen würde.Was auf den Werbeplakaten nicht versprochen

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wurde, verhießen die werbenden Offiziere den Mannschaftenmündlich.«

Auch Winnig hat schließlich zugegeben, daß Zusagen für Siedlungsland nicht existierten; er habeaber von einer Bekanntgabe dieser Tatsache abgesehen,weil es die Anwerbung von Freiwilligenhätte negativ beeinflussen können.

Wenn auch die Werbeplakate in Deutschland die Freiwilligen zur Verteidigung der deutschenGrenzen und zum Kampf gegen den Bolschewismus aufriefen - für die meisten Bewerber wäre diesallein wohl kaum ein ausreichend wirkungsvolles Motiv gewesen, hätte es nicht im Hintergrundeine konkretere Ziel Vorstellung gegeben, nämlich eben jene Möglichkeit, sich anzusiedeln.

Winnigs eigene Anwerbungszentren in Deutschland verteilten ein Informationspapier, in dem unter Punkt 6»günstige Ansiedlungsmöglichkeit im Baltenlande«versprochen wurde,die im Fall desTodes eines Freiwilligen auf seine nächsten Verwandten übertragbar sei.

In Anbetracht dieser Aussichten stellten sich in großer Zahl Freiwillige für das Baltikum ein - kaumverwunderlich bei Angehörigen einer Generation, die von dem Aufruhr im Innern Deutschlandsnichts Gutes für die Zukunft erwartete, einen neuen Anfang machen wollte und, beeinflußt von der nahezu religiösen Begeisterung für eine Heimatkultur in den Zeiten vor dem großen Krieg, denGlauben hegte,dies sei allein durch die Rückkehr zur Scholle möglich.The Real Blaze Die Eiserne Brigade - die Ersten am bolschewistischen Feind Primärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

Es versteht sich von selbst, daß in einer solchen massenhaften Rekrutierungskampagne natürlichauch unerwünschte Individuenund manchmal sogar Gruppen auftauchten. Das hatte man schonEnde 1918 bemerkt: »Hier im Osten bestehen die Grenztruppen sowohl wie die Trümmer der 8. und10. Armee von ihnenaus Strauchdieben und Schmugglern, die nur Geschäfte machen und sonst ausreißen. Wenn die Bolschewiken wollen, marschieren sie ebenso glatt in Ostpreußen ein wiedie Polen in Posen.«

Diese Charakterisierung trifft auch auf die Freikorps im Baltikum zu, sowohl für ihre Früh- wie für ihre Spätphase.

Doch im Baltikum trat noch eine andere Besonderheit zutage, in scharfem Kontrast zu denFreikorps im Innern Deutschlands. Die Freikorpsführer, deren persönliche Energie und deren persönlicher soldatischer Schneid die tragenden Elemente ihres Truppenaufbaues bildeten, standenfast alle auf Kriegsfußmit den meist noch vorhandenen höheren und hohen militärischen Stäben,

wie etwa Generalkommandos, Gouvernements usw. Formal bestand ein Unterstellungsverhältnis,das auch in taktischer Beziehung meist ziemlich reibungslos funktionierte.Verwaltungsmäßig ließen sich die Freikorpsführer nur außerordentlich ungern in ihre Verbände hineinreden.

Hier spielte der alte und wahrscheinlich niemals ganz zu überbrückende Gegensatz zwischen Frontund Generalstab eine beträchtliche Rolle. In der Organisation des alten Heeres und in der Feldarmeewaren diese Gegensätze stets in ganz festen, sozusagen vorgeschriebenen Bahnen geblieben. Jetzt,wo in anderer Beziehung viele alte Bande frommer Scheu gefallen waren, trat häufig dieser Gegensatz mit einer erschreckenden Schärfe zutage. Es muß wohl für die jüngeren Frontoffiziere,die, dem Range nach meist Oberleutnants oder jüngere Hauptleute, nun gemischte Formationen vonBataillons- oder gar Regimentsstärke führten, ein besonderes Gefühl der Genugtuung gewesen sein,

einmal einem hohen Herrn mit roten Hosen richtig frontmäßig pampig kommen zu können. Daß damit wiederum gewisse Gegebenheiten und Bindungen der alten Armee zerstört wurden und

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so die Freikorpsführer, ohne sich dessen bewußt zu werden, auch als Offiziere geistig ein neuesLager bezogen, wird den meisten von ihnen entweder gar nicht oder erst sehr viel später klar geworden sein.«

Doch als die Sowjets weiterhin vordrangen, befanden sich diese Formationen erst im Aufbau. DieLandeswehr und die Eiserne Brigadehielten ihre Stellungen entlang einer Linie, die sich nördlich

von Libau über Murawjewo, Telsche und Rossienie bis nach Kowno(Kauen) hinzog, also eine sehr langgestreckte Linie.

Das löste bei Generalmajor von Seeckt, dem Stabschef des neugebildeten Armee-Oberkommandos Nord in Königsberg, dasOber-Ost ersetzte, erhebliche Besorgnisse aus.

Generalmajor Graf Rüdiger von der Goltz

Dem Oberkommando war ein neues Generalkommando des VI. Reservekorps unter Generalmajor Graf Rüdiger von der Goltz unterstellt, das die Operationen im Baltikum überwachen und leitensollte. Aber es gab nicht genügend Truppen zur Erfüllung dieser Aufgabe, und von der Goltz war noch nicht anwesend. Zur Zeit seiner Ernennung befand er sich noch in Finnland,wo unter seinem Befehl deutsche Truppen entscheidend bei der Befreiung des Landesvon den Bolschewistenmitgewirkt hatten.

Die Eiserne Brigade, 400 Mann stark, war über einenachtzig Kilometer langen Abschnitt der Front verteilt, also infolge der Umstände eine Truppe von zweifelhaftem Wert. Sie blieb es, bisMitte Mai ein neu ernannter Kommandeur an ihre Spitze trat.

Major Joseph Bischoff war als Taktiker eine brillante Begabung, aber er gehörte auch zu denOffizieren, denen das Prinzip der Subordination unter höhere Vorgesetzte nicht mehr als sakrosanktgalt. Er erkannte die mißliche Ausgangslage und handelte entsprechend:»Eine neue Kriegsart begann jetzt für uns, insbesondere für mich als den Führer dieses kleinen Trüppleins. Gewohnt, geschult, stets nur in größerem Verbände zu kämpfen, galt es nunmehr, ohne Befehle von oben,sich selbst die Aufgaben zu stellen, die Ziele zu setzen.«

Die Eiserne Brigadeerlangte wieder ihre Beweglichkeit; da sie für Operationen im Stile einer größeren Einheit zu klein war, organisierte man Schlittenpatrouillen, die im gesamten von der Brigade gehaltenen Frontabschnitt Angriffe auf die bolschewistischen Stellungen unternahmenund so den Eindruck beträchtlicher Kampfkraft hinterließen, die die Einheit in Wirklichkeit nicht be-

saß.Angesichts der zahlenmäßigen Unterlegenheit der deutschen Freiwilligenverbände schied zu diesemZeitpunkt der Gedanke an eine Offensive von vornherein aus; das einzige, worauf man hoffenkonnte, war,daß diese Einzelangriffe die Bolschewisten erfolgreich in der Defensive würden haltenkönnen.Es war eine Kriegführung, die ihre eigenen Gesetze schuf.Weder konnten Gefangene gemacht noch die eigenen Verwundeten mitgenommen werden.

Verstöße gegen die Disziplin konnten nicht auf dem üblichen Weg geahndet werden:»Es konntewohl vorkommen, daß einer aus der Schar gegen die eisernen Gesetze des Clans verstieß, dann trat die Kompanie zu kurzem Feldgericht zusammen, und nachdem der Meuterer begraben war, zogen

die Hamburger weiter, das Seeräuberlied singend und in wütender Verachtung jedes Aktenkrams.«Diese Beschreibung kennzeichnet die Freikorps im Baltikum und verdeutlicht den Unterschied

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zwischen den Freikorps, die innerhalb der deutschen Grenzen rekrutiert, organisiert und eingesetztwurden, und jenen außerhalb der Reichsgrenzen. Als größere einheitliche Truppengebilde waren sieetwas Neuartiges in der deutschen Militärgeschichte, doch eine Einheit wie dasFreikorps Maercker betrachtete sich nie als etwas anderes denn als einen Notbehelf , den man in eine neuedeutsche Armee eingliedern würde, wenn sie erst geschaffen war. Hier blieb das Verhältniszwischen Offizieren und Mannschaften, die gesamte Kommandostruktur, die der alten deutschen

Armee.Ganz anders im Baltikum: die Formationen, die hier operierten, bestanden in der Hauptsache auskleinen Einheiten, von ihrem Kommandeur selbst zusammengestellt. Die Loyalität der Leute galthier zuallererst und vorrangigihrem Freikorpsführer und nicht so sehr ihrem Land, demOberkommandierenden oder der Sache, für die sie kämpften. Ihr Vaterland war ihnen zu einemabstrakten Begriff geworden, weil nach all dem, was sich ereignet hatte - Revolution undWaffenstillstand - diejenigen, die dies Land repräsentierten und seine Interessen zu wahren versuch-ten, von ihnen, vorsichtig formuliert,nicht anerkannt wurden.Deutschlandals Idee war für vielevon ihnen aus dem Bereich politischer Realitäten verschwunden und zu einem Mythos geworden,was jedoch selten klar ausgesprochen wurde. Die Sache, um die es ihnen ging, war wesentlichnegativ bestimmt; so war für viele etwa der Kampf im Baltikum nicht ein Kampf für die Regierung,die sie verachteten; auch das Motiv eines Anti-Bolschewismus reichte nicht sehr tief: tatsächlicherschienen ihnen Berührungspunkte und Affinitäten zum Rußland Lenins und Trotzkis häufiger undstärker als jene, die sie mit ihrem eigenen Lande verbanden.

Das Gefühl der Schande wegen der Niederlage war sehr ausgeprägt, und hier im Osten bot sichnoch einmal eine Gelegenheit, zu zeigen,daß der deutsche Soldat nicht besiegt worden war , und außerdem - wer wollte behaupten, daß sich Tauroggen nicht wiederholen ließ?

Eine militärische Basis im Osten konnte die Voraussetzung für ein politisches Wiedererstarken desReiches abgeben.

Warum der Freikorpskämpfer kein Söldner war

In den Augen alliierter Beobachter setzten sich die Freikorps im Baltikum aus folgendenElementen zusammen:

Leute, die irgendwo außerhalb Deutschlands siedeln wollen, bevorzugt in Kurland

Glücksritter, die dem höchsten Angebot folgen

Leute, die nach Deutschland zurückkehren wollen

Leute, die nicht nach Deutschland zurück wollen, wenn man ihnen dort nicht einen Arbeitsplatz zusichern kann

Leute, die keine konkreten Pläne verfolgen, die sich aber in ihrer derzeitigen Situation wohler fühlen, als sie es, ihrer Erwartung entsprechend, nach einer Rückkehr in die Heimat tun würden.

Freikorpssoldaten sahen sich als moderne Landsknechte. Nur der Sold spielte keine primäreRolle mehr.

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Die Quintessenz aus diesen Beobachtungen läuft im Grunde auf einen Katalog von Attributenhinaus, die man gewöhnlich Söldnern attestiert, und Söldner waren viele von ihnen, »une armee de bandits«.

»Solange wir im eigenen Operationsgebiet gewesen waren, hatten wir durch unsere Maßnahmen der Bevölkerung beweisen können, daß wir gewillt waren, alle anständigen Elemente unter allen

Umständen zu schützen. Aber waren schon damals die polizeilichen Erhebungen häufig sehr schwer und oft genug erfolglos geblieben, so waren sie in dem mit Truppen aller Art überfüllten Riga fastaussichtslos geworden, zumal bei den meisten einlaufenden Klagen die Täter einfachals deutscheSoldaten, ohne nähere Anhaltspunkte, bezeichnet waren.Wir waren jedoch nicht einmaldie einzige Truppe, die deutsche Uniform trug ; in der Stadt triebsich zudemzahlloses Gesindelherum,das zwar Uniform trug, aber keinem Truppenteilangehörte.

Der Zustrom solcher Aasgeier, die sich immer einfinden, wo sie Beute wittern, war nicht zuverhindern. Die Kriegsgerichtsräte hatten längst den Achtstundentag verdoppelt, die Gefängnissewaren überfüllt mit Untersuchungsgefangenen, deren Identität nicht festzustellen war und vondenen eigentlich nur feststand, daß sie nicht die waren, für die sie sich auf Grund von gefälschtenPapieren ausgaben. Der ganze Schlamm, den der Umsturz in Deutschland aus der Tiefe an dieOberfläche gebracht hatte, wurde nun, da in Deutschland selbst die Verhältnisse sich konsolidierthatten, zu uns herausgeschwemmt.«

Um sich selbst gegen solche Elemente zu schützen, bildeten in der Eisernen Divisiondie»Kompanien, Schwadronen und Batterien ... Gerichte aus drei Mann unter Vorsitz einesOffiziers . . . Plünderer und Marodeure wurden, wenn sie auf frischer Tat ertappt wurden, nachabgekürztem Feldgerichtsverfahrenan Ort und Stelle erschossen.«

Glücksritter waren sie alle in dem Sinne, daß es, von Goltz angefangen bis hinunter zum letztenMann, keine Sicherheit gab, weder in bezug auf den Verlauf ihrer Aktionen noch im Hinblick auf den Zweck ihres Tuns und auch nicht hinsichtlich der erwünschten Resultate. Sie hofften das Beste- was das auch immer sein mochte - und verließen sich auf ihr Glück.

Daß sie sich dem Meistbietenden anschlossen, stimmt wohl kaum.

Der größte Teil der Mannschaften strebte aufgrund ganz bestimmter Versprechungenins Baltikum.Die Formationen, die in der Endphase der baltischen Episode sich entweder der lettischen Armeeoder, was auch geschah, den russischen Streitkräften vonBermondt-Awaloff anschlossen, tatendies, weil sie sich verraten fühlten und ihnen von dieser Seite versichert wurde, man werde die

Zusagen einhalten, die ihrer Auffassung nach von der lettischen Regierung gemacht worden waren.Die Bezeichnung Landsknecht, die viele Freikorpskämpfer auf sich selber anwandten, könnteglauben machen, daß sie dem jeweils günstigsten Angebot Folge geleistet hätten; ihre Geschichteweist das Gegenteil aus. Die Freikorpskämpfer betrachteten sich als Landsknechte in demfolgenden Sinne:»Der frundsbergische Landsknecht, wie der tapfere Soldat des Dreißigjährigen Krieges, verkauftesich an die Herren, für die er kämpfte. Er verkaufte sich mit Leib und Leben, und das ist immer noch edler, als wenn man nur Gesinnung und Talent verkauft. Der Landsknecht des deutschen Nachkrieges aber verkaufte sich nicht.Er verschenkte sich. Der Landsknecht des Mittelaltersdünkte sich der Herr der Welt, der Herr des Raumes, den er beherrschte. Von seiner Kraft und

Tapferkeit hing das Glück der Herrschaft ab. Der Soldat des Nachkrieges focht nicht für irgendeineForm oder Art der Herrschaft,sondern für die Erfüllung der zeitlichen Notwendigkeiten.

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Immerhin hatten sowohl die Kriege als auch die kriegerischen Gemeinschaften der Freiwilligen des Nachkrieges landsknechtsmäßige Form. Sie wie die Landsknechte hatten keine andere Heimat alsdie Fähnlein, denen sie folgten. Sie wie jene waren gebannt nicht durch die gültigen Parolen desTages und die versiegelten Ordres aus fernen Hauptstädten,sondern durch den Willen ihrer Führer, deren Namenszeichen oft genug die Haufen zusammenhielt.

Einer der Hauptgründe,warum man sie mit Landsknechten verglichen hat , bestand in dem großenKontrast, der zwischen ihnen und der regulären Armee existierte.

»Das alte Heer, ein sinnvoll gefügter Organismus, in den die junge Mannschaft des ganzen Volkeseinströmen konnte, die Macht des Reiches nach außen hin eindrucksvoll repräsentierend, wurdeabgelöst von kleinen, wendigen Haufen, die, durch irgendeine zufällige Besonderheitzusammengehalten, sich noch am wenigsten durch einen vergleichsweise hohen Sold von den altenRegimentern unterschieden. Der Sold, die Löhnung in Höhe eines guten Arbeiterverdienstes, war den Freikorpsmännernniemalsprimäre Angelegenheit. Dies zu betonen ist sonderbarerweisenotwendig; es spricht für die Subalternität der zeitgenössischen Beurteilung, daß gerade dieTatsache eines erhöhten Soldes den Truppen zum Vorwurf gemacht wurde - vielleicht findet hier dieList der Idee ihren Ausdruck: eine Zeit, die den höheren Lohnstandard für den Arbeiter proklamierte, nimmt ihn beim Krieger zum Anlaß, diesen zu deklassieren.«

[ Editiert von Administrator The Real Blazeam 09.04.08 16:35 ]

The Real Blaze Die Idee eines baltendeutschen Staates lebt wieder auf Primärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

Die Baltische Landeswehr hatte sich allmählich zu einer Truppe von etwa3000 Mann entwickelt,die auch ein lettisches Bataillon und die russischen Truppen unter Fürst Lieven einschlossen. ImVerlauf der ersten Januarhälfte 1919 trafen in Kurland die ersten Freiwilligeneinheiten ein.

Der Stab der Baltischen Landwehr

Major Joseph Bischoff, der mittlerweile seine Formation inEiserne Divisionumbenannt hatte,absorbierte sie innerhalb kurzer Zeit. Als im Verlauf des Februar Teile der 45. Reservedivision undder 1. Garde-Reservedivision angekommen waren, hatten die deutschen Truppen im Baltikum sichauf beinahe14 000 Mannvergrößert. Nach dem Fall von Riga stabilisierte sich der Frontverlauf,die Verteidigungsanstrengungen zeitigten ihre ersten Früchte.

Da die Freikorps immer noch starkem Druck ausgesetzt waren, suchten sie ihre Chance nicht ineiner einmaligen übermäßigen Kraftentfaltung, sondern in kleinen, häufig isoliert durchgeführtenAktionen wie zum Beispiel der Einnahme von Golding und Telsche; die Eroberung von Windauwurde als nächstes erwartet.

Die Bolschewisten schienen ihren Schwung verloren zu haben; der Hauptanteil ihrer Streitkräfte bestand aus lettischen Kommunisten, die, als sie erst einmal ihre Heimat erreicht hatten, nicht ebensonderlichen Ehrgeiz entwickelten, den militärischen Druck aufrecht zu erhalten.

Nachdem Goltz am 15. Februar das Kommando in aller Form übernommen hatte, machte er sich andie Planung einer Offensive für den Monat März.

Doch zur selben Zeit verstrickte er sich tief in die Innenpolitik Lettlands, und er wäre besser beratengewesen, sich herauszuhalten.

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Es begann mit dem Besuch des Herzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg in Kurland, der alsehemaliger Aspirant auf die herzogliche Krone von Kurland sofort bei allen Letten Argwohnhervorrief. Da sein Besuch zeitlich mit der Übernahme des Kommandos durch Goltz in Libauzusammenfiel, interpretierten sie dies als Vorbereitung für die Geltendmachung eines deutschenMachtanspruchs.

Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg

In Wirklichkeit wußte Goltz nicht im voraus von der Ankunft des Herzogs.

Höflich, aber bestimmt verstand er es, dem Herzog überzeugend klarzumachen, daß seine Rückkehr nach Deutschland für ihn selbst wie auch für Goltz vorteilhaft wäre. Aber die ehrgeizigenZielsetzungen der Baltendeutschen, die wirklich daran gedacht hatten, den Herzog in dieLandeswehr aufzunehmen, bekam er nicht in den Griff.

Unter Baron von Stryk hatte sich eine kleine baltendeutsche Verschwörergruppe gebildet, deren Zieldie Schaffungeines baltischen Staates unter der Herrschaft des baltendeutschen Adels war,eines Staates, der sich nach seiner Restauration an ein zaristisches Rußland anlehnen sollte.

Aus baltendeutscher Sicht entbehrte dieser Plan in vielerlei Hinsicht nicht einer inneren Logik. Indem Augenblick, da die Möglichkeit eines Anschlusses Kurlands an das Reich dahingeschwundenwar, bestand für die Baltendeutschen die einzige Überlebenschance in einer Rückkehr zum groß-russischen Konzept,das ihnen jahrhundertelang ihre Sicherheit gegeben und ihre Vorrangstellung gewährleistet hatte. Wenn sie den Letten allein gegenüberstanden, mußten sie im schlimmsten Fall damit rechnen,ausgerottet zu werden; im günstigsten Fall durften sie die Rolle einer unterdrücktenMinderheit spielen.

Im Februar 1919 entdeckten die Letten Dokumente von Stryk, die Aufschluß über dieseVerschwörung und ihre Pläne gaben. Stryk konnte fliehen, aber im Zusammenhang mit der Entdeckung der Dokumente verhaftete man einen deutschen Reserveleutnant namens Stock. Später sollte sich herausstellen, daß Stock nichts mit der Verschwörung zu tun hatte;er war nur wegenWaffengeschäften nach Libau gekommen, doch sollte seine Verhaftung für die nächsten Monate die

deutsch-lettischen Beziehungen erheblich beeinträchtigen. Rückeroberung kurländischer Gebiete und die Dauerkrise mit den Letten

Infolge dieser Ereignisse begann Goltz' Aktivität in Kurland unter recht ungünstigen Vorzeichen,was seine Beziehungen zur lettischen Regierung anbetraf. Hinzu kam, daß es ihm widerstrebte, ja,daß er sich geradeheraus weigerte, die Lettenin größerem Ausmaßzu bewaffnen. Ihre Truppenhatten sich bis dahinals höchst unzuverlässig erwiesen, und Goltz war im Hinblick auf seinegeplante Offensive fest entschlossen, alles zu tun, um sich den Rücken bei künftigenKampfhandlungen freizuhalten.

Als die Engländer am 27. Februar für die Letten eine Fracht von5000 Gewehren und 100Maschinengewehren löschten und Goltz davon erfuhr,ließ er die Ladung sofort konfiszieren.

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Dieses Vorgehen vertiefte nur das vorhandene Mißtrauen der Regierung Ulmanis und auch der Engländer, die auf der Reede von Libau vor Anker gegangen waren.

Hinzu kam noch, daß der preußische General von der Goltz recht dezidierte Ansichten hinsichtlichder politischen Ziele seiner Mission hatte. In einem Bericht an die OHL beschreibt er die innereLage in Lettland als eine Operettenszene: Die Mitglieder der Regierung stammen aus Livland und

haben in Kurland keine Wurzeln. Die Regierung als solche wird ignoriert und von den meistenbekämpft; ihre Amtshandlungen sind dennoch recht anmaßend, weil sie weiß, daß sie dieUnterstützung der Entente genießt.

General von der Goltz: »Der englische Admiral verhandelt mit der [lettischen] Regierung hinter unserem Rücken und liefert Waffen, während es unsere Aufgabe ist, zu verhindern, daß dieseden Libauer Mob erreichen.«

Die Ziele von der Goltz' werden aus einem Satz deutlich, in dem er betont, wie wichtig es sei,»daß die deutschen Kolonisten bleiben und die Balten unterstützen. Wir müßten gute nachbarliche Beziehungen mit Kurland erhalten, ganz gleich, ob es eine freie Republik wird oder Teil eines Russischen Bundesstaates ... Wir können uns nicht ausschließlich auf die Balten verlassen, dienur 8 % der Bevölkerung Kurlands ausmachen«.

General von der Goltz glaubte eindeutig nicht an eine Weiterexistenz der Republik Lettland, unddiese Überzeugung prägte den Ton seiner Unterhandlungen mit Ulmanis, obwohl er im selbenBericht schreibt: »Meine Politik geht dahin, scharf gegen alle deutsche Undisziplin vorzugehen, dieAchtung vor dem deutschen Heere wiederherzustellen, die Balten in ihrer öffentlichen Verachtungder Letten zu zügeln und die besseren Letten bei aller gebotenen Wahrung deutscher Rechte nichtunnötig zu reizen und zur Mitarbeit zu bewegen.«

Dieser Anreiz zur Kooperation wurde durch den Vorfall Stryk und die deutsche Haltung bei der Verhaftung Stocks sehr beeinträchtigt.

Als der deutsche Gesandte in Libau in Berlin nachfragte,ob die Letten ein Recht hätten, Stock zuverhaften, erhielt er die Antwort, die provisorische lettische Regierung habe gegenüber denStaatsangehörigen des Deutschen Reicheskeine jurisdiktionellen Befugnisse.

Die Situation verschlimmerte sich, als im Verlauf der Kämpfe mit den Bolschewisteneine deutscheund eine lettische Einheit jeweils die andere irrtümlich für den Feind hielten und das Feuer aufeinander eröffneten, was auf beiden Seiten zu Verlusten führte.

Auf der lettischen Seite wurde Oberst Kolpack, eins der wenigen militärischen Talente, das dielettische Regierung besaß, und ein besonders populärer Führer außerdem, getötet. Bald kamenGerüchte in Umlauf, er sei von den Deutschenabsichtlich getötet worden.

Dies zu einer Zeit, als Ulmanis Goltz zum ersten Male traf und noch die Möglichkeit gegeben war,die bestehenden Mißverständnisse gütlich zu beseitigen. Kolpacks Tod machte alle Hoffnungenhierauf zunichte und intensivierte in Verbindung mit der Affäre Stryk und dem permanentendeutschen Verlangen, Stock wieder freizulassen,die gegenseitige feindliche Einstellung.

Nur der gemeinsame Feind rettete die deutsch-lettischen Beziehungen vor einem völligenZusammenbruch.Die Rückeroberung von Windau hatte eine weitere Verbesserung der

militärischen Situation zur Folge. In den ersten Tagen des März besetzten die deutschen Truppeneine Linie östlich von Windau, die sich von Okmiany nach Pampeln und Needen erstreckte.

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Von dieser Linie aus stieß von der Goltz mit seiner Offensive in drei erfolgreichen Angriffen vor und warf die Bolschewistenüber 130 Kilometer zurück.

Die Eiserne Division, die Baltische Landeswehr und die 1. Garde-Reservedivision nahmen dieStädte Mitau, Bauske und Tuckum ein. Daß man sich auf ein Konzept der Mobilität besonnen hatte,zahlte sich nun in hohem Maße aus:dünne Marschkolonnenmit weit voraussichernden

Infanteriespitzen entwickelten beim ersten feindlichen Schuß seitwärts auseinanderstrebend diekleinen Angriffsgruppen zu ausholenden Bewegungen. Schnelle und überraschende Vorstößeersetzten den Mangel an Zahl und Artillerie. Geschicklichkeit in der Geländeausnützung, blitz-schnelles Erfassen der jeweiligen Lage - das Gepäck blieb immer bei den Schlitten - ermöglichteflankierende Umgehungen um so eher, als die Sowjettruppen sich mit massiven Verbänden starr undschwerfällig verteidigten.

Dies war ein beträchtlicher Erfolg. Die Letten, auf der einen Seite erfreut darüber, daß ein so beträchtliches Stück ihres Territoriums befreit worden war, hatten doch auch gemischte Gefühle,weil dieser Gewinn gleichzeitig eine weitere Konsolidierung der deutschen Position in Lettland bedeutete. In diesem Stadium der Ereignisse traten zu den bereits bestehenden politischen Differen-zen zwischen Letten und Deutschen auch noch die Konflikte zwischen Goltz und seinenmilitärischen Vorgesetzten.

Generaloberst von Seeckt

Seeckt hatte die deutschen militärischen Kräfte in Lettland angewiesen,den bolschewistischenFeind so weit wie möglich von Ostpreußen fernzuhalten, um ihm die Möglichkeit zu nehmen,in irgendeiner Form militärisch oder politisch Einfluß auf diese Provinz auszuüben.

Dieses Ziel war erreicht worden: eins von den Zielen, die man im vorigen Dezember mit dem Chef der englischen Mission, Bosanquet, festgelegt hatte. Seeckt stellte überdies auch die Haltung der OHL in Rechnung. Für ihn war die Einnahme Rigas militärisch bedeutungslos. Auch Groener glaubte, behaupten zu können: »Wir ... wollen aber Riga nicht nehmen.«

Doch Goltz versuchte mit Nachdruck, seinen Standpunkt durchzusetzen, den er schon in seinemersten Bericht vertreten hatte, daß es notwendig sei, Deutschland zusätzlichen Siedlungsraum in Kurland zu sichern.

Die OHL zeigte sich nicht sonderlich beeindruckt von diesem Argument, sie erklärte die

militärischen Operationen für abgeschlossen und ließ sich auch nicht von ihrer Meinung abbringen,als Goltz berichtete, der Kommandeur der britischen Flotteneinheiten in der Ostsee, AdmiralSinclair, habe versprochen,die Blockadeder Ostseehäfen aufzuheben , sollten die Deutschennach Riga vorstoßen und es einnehmen.

Admiral Sinclair bot auch die Unterstützung der britischen Marine bei diesem Unternehmenan.

Der britische Admiral Walter Cowan bot die Aufhebung der Blockade gegen deutscheOstseehäfen an, wenn deutsche Truppen die Bewaffnung der Letten nicht behinderten...

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Goltz kabelte diese Nachricht an die OHL, aber man beschied ihn abschlägig. Zwei Tage später machte Konteradmiral Sir Walter Cowan im Auftrag der britischen Regierung ein ähnlichesAngebot, doch mit anderen Bedingungen: die deutsche Armee sollte der in großem Maßstabdurchgeführten Rekrutierung und Bewaffnung der Letten keine Hindernisse in den Weg legen.

Goltz gab als Grund für seinen Widerstand gegen diesen Plan an,er betrachte den Einfluß der

Bolschewisten als immer noch zu groß, und das bedeute ein beträchtliches Sicherheitsrisiko für die deutschen Truppen.

Er konnte auch den Hinweis auf den außerordentlichen Umstand nicht unterdrücken, daß maninnerhalb von zwei Tagen ein und dasselbe Angebotmit so unterschiedlichen Bedingungenverknüpfe.

Die Blockade war ursprünglich von der Waffenstillstandskommission angeordnet worden, diedamals die Zahl der im Baltikum versammelten Truppen für ausreichend erachtete. Auch jetzt nochwurden die deutschen Truppen auf dem Landweg versorgt, doch war der Nachschub so knapp bemessen, daß man sich genötigt sah, auf die Bestände im Lande selbst zurückzugreifen...

[ Editiert von Administrator The Real Blazeam 05.04.08 12:54 ]

The Real BlazeFreikorps Pfeffer befreit den deutschen Gefangenen Stock aus lettischer Haft Primärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

In der Zeit zwischen März - nach dem Abschluß der deutschen Offensive -und Ende Aprilerreichten die Gegensätze zwischen Deutschen und Letten einen neuen Höhepunkt.

Am 13. März schickte der deutsche Gesandte in Libau ein Telegramm an das Kriegsministerium in

Berlin, in dem er bat, man möge ihn mit allen Kräften bei dem Versuch unterstützen, die Letten zur Freilassung Stocks zu veranlassen: »Deutsches Ansehen besonders in Kurland erfordert alles zur Befreiung Stocks aufzubieten, zumal Stock unschuldig.«

Ulmanis weigerte sich noch immer, der Bitte nachzukommen. Er hatte gute Gründe, anzunehmen,daß sich seine Position in der Bevölkerung festigte; der Fall Stock war zu einem Test geworden, obdie Letten imstande seien, den Deutschen die Stirn zu bieten oder nicht. Es gelang Ulmanis auch,die Partei der Baltendeutschen aufzuspalten. Beim bürgerlichen Teil entwickelte sich allmählich dieBereitschaft zu einer Zusammenarbeit, während der deutsch-baltische Ritteradel in Isolation geriet.

Da auch die Briten Ulmanis unterstützten -die erst kürzlich eingerichteten diplomatischenVertretungen Frankreichs und der USA neigten dazu, sich aus der Sache herauszuhalten-, hatte er gute Gründe, optimistischer in die Zukunft zu blicken.

Die Schwierigkeiten nahmen zu Beginn des Monats April in Libau ihren Anfang, als neueFreiwillige, eben aus Deutschland eingetroffen, ihren eigenen Soldatenrat wählen wollten. Siewurden sofort entlassen und erhielten den Befehl zur Rückkehr in die Heimat. Es kam zu einer Meuterei, die jedochohne Blutvergießenunterdrückt wurde.

Goltz war froh, sofort größtenteils zuverlässige Truppen einsatzbereit zu haben wie das neuangekommeneFreikorps Pfeffer unter dem Kommando des Hauptmanns Pfeffer von Salomon, dassich in Westfalen ausgezeichnet hatte, dann auch den Stoßtrupp der Baltischen Landeswehr unter seinem Kommandeur Baron Hans von Manteuffel, einem Mitglied des alten baltischen Adels.

Am 16. April schickte der deutsche Gesandte ein Fernschreiben an das Auswärtige Amt in Berlin, in

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dem er mitteilte: »Da lettische Regierung Auslieferung des Lt. Stock ablehnt, wird Donnerstagzwangsweise Enthaftung erfolgen.« Mit anderen Worten, die deutsche Regierung wurde von diesemSchritt unterrichtet, und, was noch wichtiger ist, der deutsche Gesandte war von dem Ereignis imVorhinein in Kenntnis gesetzt worden.

Die gewaltsame Befreiung Stocks war mitnichten eine spontane Unternehmung: »Das

Freikorps Pfeffer, zufällig von dem Vorfall unterrichtet, griff unverzüglich zur Selbsthilfe,stürmte das lettische Gefängnis, holte den Verhafteten und zwei weitere festgehaltene Soldatenheraus und entwaffnete bei dieser Gelegenheit 200 lettische Soldaten.«

Manteuffels Stoßtrupp stürzt die lettische Regierung

Baron Hans von Manteuffel stürzte mit der Baltischen Landwehr die baltenfeindliche Regierung Lettlands und Ulmanis

Es war eine geplante Aktion. Ob das auch für die unmittelbar darauf folgende Aktion gilt, ist eineandere Frage. Manteuffel und sein Stoßtrupps stürzten die Regierung Ulmanis.

Ulmanis selbst gelang es noch, zu fliehen und auf einem englischen Schiff Zuflucht zu finden. DieBriten legten sofort offiziellen Protest bei der Waffenstillstandskommission ein.

Als der Coup vonstatten ging, befand sich von der Goltz auf einem Spaziergang. Es gibt keineBeweise für seine Beteiligung an der Planung dieses Putsches noch dafür, daß er irgendwie seineHand mit im Spiele hatte. In jeder normalen Armee wäre es ein Ding der Unmöglichkeit gewesen,daß eine solche Aktion ohne Wissen ihrer Kommandeure stattgefunden hätte, aber die Freikorpswaren zu keiner Zeit eine normale Armee, und selbst in entscheidenden Augenblicken gingen ihre besten Formationen nach dem Willen ihres unmittelbaren Führers vor und nicht nach dem ihresOberkommandierenden.

Die baltischen Barone hatten für den Putsch das stärkste Motiv, denn in der Revue Baltique, dasOrgan der Esten, Letten und Litauer in Paris wird im Januar 1919 von der geplantenVernichtungder Deutsch-Balten gesprochen:»Der unversöhnliche Feind der Letten, der Balte, ist dazuverurteilt, zu verschwinden. Mit der Vernichtung des baltischen Adels wird auch das letzte Hindernis weggeräumt sein, das sich noch einer politischen und wirtschaftlichen Betätigung der lettischen Nation entgegenstellt.«

Die Balten hatten schwere materielle und soziale Verluste erlitten, sie waren nicht in der RegierungUlmanis vertreten, einer Regierung, die im Verlauf der vorhergegangenen Wochen deutlicheZeichen einer wachsenden Stabilisierung hatte erkennen lassen und sichtlich immer breitereUnterstützung in der Bevölkerung erfuhr.

Für Manteuffel war der Fall wohl einer für die Entscheidung des Jetzt oder nie.Daß Manteuffel die Aktion mit seinen Leuten durchgeführt hatte, kam Goltz außerdem sehr zustatten, da sie formallettische Staatsangehörigewaren. Goltz konnte sich mit denreichsdeutschen Formationen von dieser Aktion distanzieren und erklären, es handle sich um eineinnere Angelegenheit Lettlands, die ihn nichts angehe.

Doch wie die Vertreter Deutschlands am Ort die deutschen Interessen interpretierten, erhellt einMemorandum, das der deutsche Gesandte an das Auswärtige Amt schickte, in dem die AbsetzungUlmanis als eine für Deutschland durchaus vorteilhafte Sache beurteilt wurde. Ulmanis Absicht sei

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gewesen, mit Lettland einen Pufferstaat zwischen Deutschland und Rußland zu errichten.»DieAussicht, daß Deutschland die Macht im Lande noch lange in der jetzigen Art und Weiseaufrecht erhalten wird, ist durch den Staatsstreich gebessert.«

Deutschland sei in der Lage, diese Gebiete vor dem Bolschewismus zu schützen, und könne dies zuseinem eigenen Vorteil nützen. Die Gefahr, daß die Ententemächte verlangten, die deutschen

Truppen sollten die baltischen Länder räumen, werde erst auftreten,wenn die Bedrohung durchden Bolschewismus überwunden sei , oder im Falle, daß andere Truppen zu ihrer Bekämpfung zur Verfügung stünden.

Das Ziel der deutschen Politik müsse es sein, so fährt das Memorandum fort, ein um Kurlandvermindertes unabhängiges Lettland zu unterstützen;Kurland solle zu Litauen geschlagenwerden. Litauen gerate dann unter starken deutschen Einfluß und könne gegen Polen ausgespieltwerden, und das werde Lettland in Abhängigkeit zu seinem unmittelbaren westlichen Nachbarn bringen.

In Hinsicht auf die Haltung der Alliierten verweigerte die deutsche Regierung der neuen lettischenRegierung die Anerkennung.

England antwortete prompt auf den Staatsstreich: zwei Zerstörer gingen im Hafen von Libau vor Anker, auf der Reede ankerten zwei Kreuzer, zwei Zerstörer und ein Tanker. Die britischen Vertreter bei der Waffenstillstandskommission verlangten die sofortige Wiederherstellung der Situation vor dem Staatsstreich in Libau, vor dem Schlag gegen die Regierung Lettlands,»der unlängst vondeutschen Truppen ausgeführt wurde«.

Erzberger, der deutsche Vertreter, erteilte nur die Antwort, es hätten dabei keine deutschen Truppenmitgewirkt. Die Amerikaner vertraten keinen so rigorosen Standpunkt, es scheint,als hätten sie für Goltz gewisse Sympathien gefunden; sie versprachen immerhin, sie würden ihren Einfluß geltend zu machen versuchen, um eine Lockerung der Blockade vor den Ostseehäfen zuerreichen.

Die Briten begannen jedoch, auf eine Ablösung von der Goltz' zu drängen; ebenso nachdrücklichverlangten sie die Wiedereinsetzung einer lettischen Regierung: sie reichten einen Vorschlag zuihrer personellen Zusammensetzung ein.

Im Unterschied zur gestürzten Regierung sollten in ihr auchdrei Balten vertreten sein.

Die deutsche Antwort bestand aus drei Maßnahmen: erstens wurde die offizielle Anwerbung von

Soldaten für das Baltikum eingestellt; zum zweiten wurde der Abzug der deutschen Truppen inLettland zum schnellstmöglichen Termin angekündigt; zum dritten schließlich wurde allendeutschen Truppeneinheiten ein Vordringen über die derzeit gehaltenen Grenzlinien hinausuntersagt.

Am Tag, an dem die Deutschen ihre Maßnahmen verkündeten, überreichten die Alliierten dieFriedensbedingungen; eine der ersten deutschen Reaktionen auf militärischem Gebiet war der Befehl zum Abzug der 1. Garde-Reservedivision, die nun im Bereich von Posen stationiert wurde,weil man fürchtete, daß hier ein polnischer Angriff unmittelbar bevorstehe.Goltz störte das allesnicht, er bereitete weiterhin seine Angriffspläne vor.

Bolschewistische Verbrechen

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Von Bolschewisten in Mitau geschändet: die Gräber der Herzöge von Kurland

Während der Märzoffensive waren die Baltische Landeswehr und die Freikorps häufigGreueltatender Bolschewistenbegegnet. Im Dom von Mitau hatte man die Särge der ehemaligen Herzöge von

Kurland aufgebrochen und ihre Skelette gegen die Mauern des Domes gelehnt, die Schädel mitPickelhauben bekrönt. Vor dem Angriff hatten die Bolschewisten eine große Anzahl von Geiselnverhaftet und sie in der Zitadelle der Stadt eingesperrt.Bevor sie sich zurückzogen, trieben sie dieGeiseln, Männer, Frauen und Kinder, im Hof zusammen und liquidierten sie mitMaschinengewehren und Handgranaten.

die von Bolschewisten ermordetetn Geiseln in Mitau

Wer überlebte, wurde entweder an ein Pferd gebunden und auf der Straße nach Riga zu Todegeschleift oder gezwungen, bei siebzehn Grad unter Null eine Strecke von fünfundvierzigKilometern in Strümpfen zu Fuß zu gehen.

Da die Bolschewisten immer noch über Riga Gewalt hatten, schwirrten vielerlei Gerüchte über dieVerbrechen dort durch Kurland, und das kam den Goltz-schen Plänen nur entgegen.

Eben war eine neue Regierung unter dem Vorsitz des Pastors Needra, der erst kürzlich aus Rigahatte fliehen können, gebildet worden -im wesentlichen deutschfreundlich, sogar Balten warenin ihr vertreten. Doch kann dieses Kabinett Needranicht als eine Vereinigung von Marionetten inder Hand des Generalmajors von der Goltz angesehen werden. Die Regierung demonstrierte diesaugenfällig, als es um lebenswichtige nationale Interessen Lettlands ging, so zum Beipsiel in der Frage der Ansiedlung deutscher Freiwilliger in Kurland.

Rückeroberung Rigas durch die Baltische Landwehr

Needras vorrangiges Ziel war die Befreiung Rigas; Goltz hatte schon im März beträchtlicheSchwierigkeiten gehabt, die Freikorps unter seiner Kontrolle zu behalten und sie an einer Verfolgung der Bolschewisten bis nach Riga zu hindern, was für ihn die Gefahr einer zu großenAusweitung seiner Verbindungslinien bedeutet hätte.Doch die Greuel, denen sie bisher begegnetwaren, stachelten seine Mannschaften an, mit Gegenaktionen zu antworten. Zudem führten siezur völligen Abschaffung der Soldatenräte in Lettland. Goltz fuhr nach Berlin, um die Regierung

von der Notwendigkeit einer Einnahme Rigas zu überzeugen; aus diesem Grunde plädierte er auchfür eine Verlangsamung des Abzuges deutscher Truppen. Das sei auch deshalb geboten, damit Needra genügend Zeit gewinne, aus den Kräften des Landes selbst eine zuverlässige Truppeaufzubauen.

Doch die Reichswehr hatte inzwischen Fühlung mit der Roten Armee aufgenommen und wünschtekeine Unterbrechung dieser Kontakte.Sie waren übrigens ohne Wissen des Auswärtigen Amtes,und ohne daß Noske sie sanktioniert hätte, zustandegekommen.Immer noch war genügend Zeitfür eine befriedigende Lösung des Baltikum-Problems, ohne daß es notwendig gewesen wäre, dieEntwicklung günstigerer Beziehungen zwischen Deutschland und Sowjetrußland zu gefährden.

Die deutsche Regierung bestand offiziell weiterhin darauf, daß mit der erreichten Linie Lettlandgesichert sei und damit ein baldiger Abzug der Truppen zu erfolgen habe. Allerdings konnte dieser Befehl nicht auf die Baltische Landeswehr ausgedehnt werden, und so entschied sich Goltz dafür,

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daß sie Riga nehmen sollte »- wozu sie allein viel zu schwach war -, die deutschen Truppen aber nur die Erlaubnis bekamen, ihre durch den Vormarsch der Balten ungeschützten Flanken zu sichern.Eine Sicherung dieser Flanken aber war nur möglich, wenn die deutschen Truppen mit denstürmenden Balten in Fühlung blieben. Die deutschen Freikorps blieben also in Fühlung - und ebendies war die Absicht des ganzen Manövers -und nahmen am Vormarsch teil, ohne daß sie offiziell daran teilnehmen durften«.

Im Auftakt schien der Angriff auf Riga wie das Musterbeispiel einer Schlacht aus dem ErstenWeltkrieg. Am Morgen des 22. Mai eröffnete das Sperrfeuer der Artillerie das Gefecht; doch dieEntscheidung fiel, wo sie niemand erwartet hatte. Die Bolschewisten starteten in Bauske eineOffensive mit dem Ziel, die deutsche Nachschublinie zwischen Schaulen und Mitau abzuschneiden.

Hauptmann von Brandis

Die Freikorps von Brandis und Yorck schlugen eine erbitterte Verteidigungsschlacht, die, wäre Riganicht eingenommen worden, angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit zweifelsohne zugunstender Bolschewisten hätte ausgehen müssen.

Goltz' Plan sah vor, Riga in einem Frontalangriff zu stürmen. Die geringe Anzahl der zur Verfügungstehenden Truppen legte eine solche Aktion nahe, denn für einen Umfassungsangriff nach demVorbild des Ersten Weltkrieges waren nicht annähernd genug Soldaten vorhanden.

Da die Baltische Landeswehr über keine schweren Waffen verfügte, wurde dasFreikorps desHauptmanns von Medem, bestehend aus einigen Batterien Gebirgsartillerie und Kompanien mitschweren Maschinengewehren, für die Landeswehr als Vorhut abgestellt.

In dem sumpfigen Gelände, das beim Vorrücken durchquert werden mußte, stieß Medem auf eineArtilleriestellung der Bolschewisten, die es zunächst zu nehmen galt; der Gegner entkam indessenüber einen Weg, der auf keiner der vorhandenen Karten verzeichnet war.

Medem folgte ihm und erreichte sein Operationsziel, das Dorf Dsilne, einige Stunden vor demursprünglich veranschlagten Zeitpunkt. Dort stellte er fest, daß die Straße nach Riga kaumverteidigt wurde, und zog daraus den Schluß, daß die Bolschewisten in Riga noch keine präzisenVorstellungen von dem Desaster besaßen, in das sie geraten waren.

Eine Batterie der Baltischen Landwehr am Dünaufer, links an der Schuppenwand gefangeneBolschewisten, bewacht von Leuten der Batterie Schlageter

Medem stand mit seinen Leuten in Sichtweite der Düna-Brücke, und nachdem er das Einverständnisseiner Vorgesetzten eingeholt hatte, unternahm er einen Überraschungsangriff, besetzte die Brückeund bildete am jenseitigen Ufer einen Brückenkopf,den Leutnant Albert Leo Schlageter sicherte.

Das Freikorps Medem kämpft sich nach Riga hineinEin Stoßtrupp, bestehend aus Medem und Angehörigen der Baltischen Landeswehr, stieß bis in die

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Stadt vor und befreite die Gefangenen, bevor die Bolschewisten begriffen, was da vor sich ging. Beim Sturm auf das Hauptgefängnis wurde Manteuffel, der wenige Wochen zuvor Ulmanis gestürzt hatte, durch einen Kopfschuß getötet.

Überführung der Leiche des bei der Befreiung von Riga gefallenen Kommandeurs derStroßtruppe der Baltischen Landeswehr, Hans Baron von Manteuffel

Am Abend des gleichen Tages konnte der deutsche Gesandte in Libau nach Berlin telegraphieren:»Riga wurde heute durch die Baltische Landeswehr genommen.«

Riga von bolschewistischen Terror befreit

Eine Woche später, am 29. Mai, stieß das lettische Kontingent der Landeswehr auf das Kontingentlettischer Landsleute, das in der Armee Estlands focht und dort die Bolschewisten aus dem Landegetrieben hatte. Da mit Ausnahme einiger kleinerer Gebiete das Baltikum jetzt von den bolschewistischen Streitkräften befreit war, hätte Goltz nun die Einstellung weiterer Aktionen befehlen können. Er tat es nicht.

Hauptmann Medem am Tag nach der Einnahme von Riga mit seinem AjutantenOberleutnant Thöne

Einige seiner Offiziere wie z. B. Major Bischoff besaßen einen schärferen politischen Weitblick alsihr Chef. Bischoff, der schon den Angriff auf Riga und die Eroberung als ein unkluges Vorgehen beurteilt hatte, lehnte eine Fortführung der Kampfhandlungen erst recht als eine verfehlte Aktion ab.

Aus seiner Sicht war die Permanenz der bolschewistischen Bedrohung geradezu notwendig,wollten die Freikorps weiterhin bestehen und einen Einfluß auf die Regierung in der Heimatund auf die Alliierten ausüben können. War diese Gefahr beseitigt,beraubten sie sich selbst ihrer Existenzberechtigung.

Goltz aber verwarf Bischoffs Bedenken, für ihn war das Baltikum ein Territorium,das man alsTauschobjekt bei den Verhandlungen mit den Alliierten benutzen konnte, und je größer es war,meinte er, um so günstiger sei auch die Verhandlungsposition. Er begriff nicht , daß er diese Positionauch schonvor der Einnahme Rigas gehabt hatte.

Zwei Jahrzehnte später sollte von der Goltz vorgeben, daß er die Gewalt über dieses Gebietangestrebt hatte und sie so lange halten wollte, bis er stark genug war,die Regierung in Berlin zu stürzen.Das war nachträgliches Wunschdenken, als die Ereignisse längst eine andere Wendung ge-nommen hatten. Zu diesem Zeitpunkt - und Goltz konnte das nicht verborgen geblieben sein - war es höchst unwahrscheinlich, daß eine größere Anzahl Truppen ihm in dieses Abenteuer folgenwürde.

Goltz' Entschluß, die Angriffe fortzusetzen,sollte verheerende Folgen haben.Als die Landeswehr von Riga ostwärts bis etwa Wenden, die Eiserne Division auf Jakobstadt und Friedrichstadt

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vorstießen, wurden die letzten bolschewistischen Formationen besiegt und aus dem Landevertrieben.

Major Fletcher

Aber die Landeswehr unter dem Befehl des reichsdeutschen Majors Fletcher traf, als sie sich auf ihrem Vormarsch in Richtung Norden der Grenze von Estland näherte, auf Formationen von Estenund Letten, die die Landeswehr zum Rückzug auf jene Linie aufforderten, die sie im Märzvergangenen Jahres eingenommen hatte.

Estlands lettische Verbände unter Oberst Semitan unterstützten Ulmanis, und da die Esten ebensoentschlossen waren wie die Letten, eine Rückkehr des baltendeutschen Adels zur Macht zuverhindern, fand Semitan in ihnen bereitwillige Verbündete.

Die Landeswehr wies diese Forderung zurück!

Dies führte zu Kämpfen zwischen der Landeswehr und den sie unterstützendenFreikorpsformationen auf der einen Seite und lettischen Truppen, die Ulmanis unterstützten, undder Armee von Estland auf der anderen Seite. Sie entwickelten sich zu einem lettischenBürgerkrieg, in dem die Letten auf der Seite Ulmanis' beträchtliche materielle Unterstützung vonden Briten erfuhren,während die Vereinigten Staaten und Frankreich sich neutral verhielten.

Am 30. Mai 1919 gewährte der Chef der amerikanischen Mission, Warwick Greene, der Libauer Zeitung ein Interview, in dem er äußerte:»Das Abrücken der deutschen Truppen aus Lettlandwürde den sicheren und endgültigen Untergang Lettlands bedeuten.«

[ Editiert von Administrator The Real Blazeam 09.04.08 16:38 ]

The Real BlazeWarum die Briten eine Blockade für den Hafen von Libau verhängtenPrimärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

In der Zwischenzeit hatten die Alliierten in Spa die Befürchtung geäußert, Deutschland könne das baltische Abenteuer nun schleunigst liquidieren und seine Truppen abziehen.

Drei Tage nach der Einnahme von Riga gab man den deutschen Vertretern bei der Waffenstillstandskommission zu verstehen, man erwarte, daß Deutschland auch weiterhinKampfverbände in Lettland und Litauen belasse, und stelle es den örtlichen alliierten Vertreternanheim, den Zeitpunkt des Truppenabzugs zu bestimmen.

der deutschfreundliche Regierungschef Pastor Andreas Needra

Auch Needra bat in einem handschriftlichen Schreiben an die deutsche Regierung, deutscheTruppen in Lettland zu belassen. Doch während man in Spa derartige Beschlüsse faßte, ver-schlechterten sich an Ort und Stelle die Beziehungen - insbesondere zwischen Briten und Deutschen- in zunehmendem Maß.

Im Hafen von Libau versuchtenfünf britische Offiziere, die aus einem deutschen Munitionslager

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fünf Zünder und eine kleine Menge Munition gestohlen hatten, der deutschen Wache, die sie stellte,eine Bestechungssumme in Höhe von zwanzig Mark anzubieten. Die Wache ließ die Offiziereverhaften.

Erst nach einem zweieinhalbstündigen Verhör wurden sie wieder auf freien Fuß gesetzt.

Konteradmiral Sir Walter Cowan,entsetzt über die Arroganz der Besiegten, verlangte von Goltzeine Entschuldigung,aber offenbar vergeblich.

Daß die Deutschen die Eintschuldigung verweigerten, war einer der Gründe,daß die britische Marine eine totale Sperre für den Hafen von Libau verhängte.

Zwischenfälle dieser Art kamen häufig vor und schütteten natürlich Öl in das bereits entfachteFeuer, das nun mit dem Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen Deutschen und Ulmanis-treuenLetten bzw. Esten zu einem vollen Brand empor loderte.

Major Fletcher versuchte erfolglos, mit den Letten und Esten zu verhandeln, und so war esschließlichamerikanischer Vermittlung zu verdanken, daß ein Waffenstillstand zustande kam.Aus lettischer Sicht war die Gefahr des Bolschewismus gebannt,und damit brach die Interessengemeinschaft zwischen Letten und Deutschen zusammen.

Die Russen erkannten, daß die Rote Armee nicht stark genug war, um sich erfolgreich mit demdeutschen Gegner im Baltikum messen zu können. Angesichts der Mißerfolge, die alliierteInterventionstruppen im Einsatz gegen die Bolschewisten zu verzeichnen gehabt hatten,durftendie Deutschen mit vollem Recht auf ihren militärischen Erfolg hinweisen.Doch die für Deutschland günstigen Aspekte wurden auf demdiplomatischen und politischen Sektor wiederneutralisiert.

Die Russen waren nun bereit, die Lage im Baltikum zu akzeptieren, und unterstützten mit Nachdruck die Unabhängigkeit und territoriale Integrität der baltischen Staaten. Damit richtetensich sämtliche diplomatischen Kräfte gegen Deutschland.

Provozierte die deutschen Truppen im Baltikum: der britische Generalleutnant Gough

Der Vorsitzende der Interalliierten Militärmission für die baltischen Staaten, der englische

Generalleutnant Gough, der auf eigene Verantwortung und getrennt von den Botschaften der anderen Ententemächte handelte, verlangte, sämtliche reichsdeutschen Streitkräfte seien auf die Aa-Linie etwa dreißig Kilometer südlich von Riga zurückzunehmen und die Hälfte der Freikorps müssenach Deutschland zurückkehren.

Er verlangte außerdem die Mitarbeit der Deutschen bei der Errichtung einer neuen RegierungUlmanis. Die Note, die diese Forderungen enthielt,in einem äußerst herrischen Tone abgefaßt ,genügte, um Goltz zum Widerstand zu provozieren.

Gough habe kein Recht,ihm Befehle zu erteilen; die nehme er ausschließlich von seiner Regierung

entgegen. Um jeden Versuch einer Verlegung der Freikorps zu vereiteln, unterstellte Goltz sie für eine Dauer von zwei Wochender Regierung Needra.

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Zwischen den Letten, die Needra unterstützten, und den Anhängern Ulmanis' brachen erneutKämpfe aus. Die lettische Abteilung der Landeswehr ebenso wie das russische Kontingent unter dem Fürsten Lieven erklärten ihre Neutralität.

Goltz handelte gegen die eindeutigen Befehle der OHL, die von ihm verlangte, sich mit seinenTruppen hinter die Linie Bauske-Kekkau zurückzuziehen. Er behauptete, es seien Bolschewisten

gegen die Landeswehr und reichsdeutsche Truppen aufgestellt worden, und bestand darauf, seinenursprünglichen Einsatzauftrag, die Kommunisten zu vertreiben, auch weiterhin durchzuführen.The Real Blaze Esten brechen Waffenstillstand - Die Kämpfe um Wenden

Am 22. Juni brachten die weitgehend mit britischen Waffen ausgerüsteten Esten in der Schlacht beiWenden den deutschen Vormarsch zum Stillstand. Die Freikorps, bis zu diesem Zeitpunkt darangewöhnt, in verhältnismäßig locker koordinierten Verbänden zu kämpfen, machten nun dieErfahrung, daß ihre Taktik gegen eine straff geführte und gut ausgerüstete Armee keine Erfolge brachte; es blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich in Stellungen im Norden und Osten von Rigazurückzuziehen.

Die Kämpfe bei Wenden gegen mit alliierten Waffen ausgerüsteten estnischen Einheiten

So erlebte ein Teilnehmer einer baltischen Kavallerie-Schwadron die Kämpfe um Wenden:

" Unser Ziel war Wenden. Der Stab sollte in Klein-Roop Quartier nehmen. Auf dem Wege dorthinerfuhren wir, daß es von Truppen unbekannter Nationalität besetzt sei. Als wir in den Schloßhof ritten, umzingelten uns verwahrlost aussehende, bewaffnete Gestalten. Sie trugen keine Uniform,sondern nur eine Kokarde an der Mütze, an welcher wir sie als "Semitanletten" erkannten.

Als sie merkten, daß wir nicht allein waren verschwanden sie ziemlich plötzlich. Im hause selbstfanden wir den Führer, der erklärte, hierher gesandt worden zu sein, um die Bevölkerung zumobilisieren. Am nächsten Tage zogen wir auf der hügeligen Straße nach Wenden weiter. Es war uns gelungen einige bolschewistische Missetäter dingfest zu machen. Kurz vor Wenden begegnetenwir einer starken Kavlleriepatrouille. Obgleich wir ihr keine hindernisse in den Weg legten und unssehr zuvorkommend benahmen, machte der Führer einen äußerst mißtrauischen und unsicherenEindruck. Die Brücke über die livländische Aa war bei Wenden notdürftig wiederhergestellt.Die Wache ließ uns passieren. Es waren eben eingezogene Leute, die über mangelnde Bekleidungund Nahrung klagten und einen sehr kriegsmüden Eindruck machten. Wir ließen gleichfalls Posten

zurück.Als wir in Wenden einzogen, fühlten wir, daß die lage sich zuspitzte. Aus jeden Fenster schautenSoldaten und maßen uns mit haßerfüllten Blicken. Durch die Straßen marschierten starkeFormationen. Unsere Kavallerie saß auf dem Marktplatz ab. Davor lag die estnischeKommandantur.Der Kommandeur begab sich hinein und bat um Quartiere. Die estnischen und lettischen Offiziereerklärten, die Stadt sei überfüllt, wir sollten woanders welche suchen. Ihre Haltung war ablehnend,geradezu feindselig. Wir hatten das untrügerische Empfinden, als ob etwas gegen uns geplantwürde. Wir bestiegen unsere Pferde, machten kehrt, um die Stadt zu verlassen, jeden Augenblick eines Angriffs gewärtig. In den engen Straßen und bei der vielfachen Übermacht wären wir unfehlbar bis auf den letzten Mann niedergemacht worden.

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Eine baltische Kavallerie-Schwadron vor einem livländischen Gutshof

Was wir in Wenden an Truppen sahen, machte militärisch einen schlechten und moralisch einen bolschewistischen Eindruck. Alles atmete auf, als man die Stadt endlich hinter sich hatte. Ein Schußkrachte, hoch über unseren Köpfen pfiff eine Kugel. Es erfolgte nichts weiter. Die müden Pferdemußten uns noch hohe Berge hinaus und hinab bis zum Gute Karlsruhe schleppen. Wir mekrten,

daß man uns beobachtete und ergriffen alle Vorsichtsmaßnahmen.Gegen Morgen wurde ein Mann verhaftet, der aussagte, einer Abteilung angehört zu haben, die sichin der nacht zu "Übungszwecken" in unserer Nähe aufgehalten hatte. Er wurde freigelassen und beauftragt, seinen Vorgesetzten mitzuteilen, daß derartige Übungen zur Zeit besser zu unterbleibenhätten.

Es erschien ein Gemeiner zu Pferd und überbrachte dem Kommandeur einen mit Bleistiftgeschriebenen, zettelartigen Brief, in dem dieser in unhöflichen und befehlsmäßigen Tonaufgefordert wurde, binnen 24 Stunden hinter der livländischen Aa zurückzugehen, widrigenfallsdie Feindseligkeiten eröffnet werden würden. Später stellte sich heraus, daß die Führer der beidenanderen Kolonnen ebensolche Ultimata erhalten hatten. Alle gaben dieselbe Antwort, indem sie sichals nicht befugt zu Entgegennahme anderer Befehle als von ihrem direkten Vorgesetzten erklärtenund die Schreiben an den Befehlshaber nach Riga sandten.

Wir wußten nicht, wo sich die beiden anderen Kolonnen befanden. Zu unserer Freude stellten wir fest, daß die mittlere an der Bahn nur acht Kilometer von uns entfernt stand. Ich wurde mit demAuftrage nach Riga entsandt und gelangte gegen Abend dort an. Bei der Ankunft traf ich auf denAdjutanten des Befehlshabers. Er fuhr an die Front, um mit den Esten zu verhandeln und sie für eingemeinsames Vorgehen gegen die Bolschewiki zu gewinnen. Er hat keinen Erfolg gehabt. Zu denVerhandlungen fuhren die Esten in Panzerzügen in unsere Linie.

estnischer Panzerzug

Von Riga fuhr ich mit zwei Kameraden von der 1.Schwadron zur Truppe zurück. Wir benutzteneinen Transport, der aus der Maschinengewehrkompanie eines deutschen Freikorps bestand. Der Führer nahm uns freundlicherweise in seinem Wagen.Ich glaube, er hieß Leutnant Fischer. Am nächsten Morgen fiel er. Auch meine beiden Begleiter leben nicht mehr.

Die deutschen Mannschaften, die gekommen waren, die Bolschewiki zu bekämpfen und zumerstenmal in ihrem Leben das Wort Esten hörten, schienen mir mißmutig. Die verwickelte politischeLage konnten sie naturgemäß nicht begreifen. Unser Zug war endlos lang. Am Morgen kamen wir auf der letzten Station vor Wenden an. Es wurde sehr rasch ausgeladen. Man hörte fernes Schießen.Ich ging ins Stadionsgebäude. Dort lagen Verwundete der 5. Stoßtruppshcwadron. Die Esten hattenam vorhergehenden Tage die Feindseligkeiten eröffnet. Die 5.Schwadron hatte ein Gefecht miteinem estnischen Panzerzug gehabt, dessen Führer getötet und ihn zum Rückzug gezwungen, aber selbst sehr schwere Verluste erlitten.

Rittmeister von JenaWir fuhren auf der Chaussee in Richtung Wenden. Das Schießen verstärkte sich. Man hatte den

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Eindruck, daß wir nicht vorwärts kamen. Mitten auf der Chaussee, die an dieser Stelle unter Feuer lag , stand der Rittmeister von Jena, welcher befehligte. Die Maschinengewehrkompanie wurdesofort eingesetzt Ich suchte zu den Stoßtruppschwadronen durchzukommen, was mir nichtgelang.So blieb ich bei der Batterie Barth. Das Feuer wurde immer stärker. Die Granaten der Panzerzüge schlugen bei uns ein. Barth war ein tüchtiger Artillerist. Stunde um Stunde verging. Wir bildeten ungefähr das Zentrum der Stellung. Ich sah unsere Leute mehrmals vor- und zurückgehen.

Endlich ließ das Feuer des Gegners nach. Wir drangen vor und besetzen Wenden. Obgleich der Feind stärker war, hatten wir ihn zum Rückzuge gezwungen. Unsere eigenen verluste warenerheblich. Besonders beim Stoßtrupp und der deutschen Maschinengewehrkompanie, die sich sehr tapfer gehalten hatte. Wir merkten jetzt, daß wir es mit einem sehr gefährlichen Gegener zu tunhatten.

Auf dem Marktplatz lagen einige Tote. Die Stadt hatte wenig gelitten, da wir sie möglichstschonten. Nach ein paar Tagen griffen die Esten wieder an, wurden aber zurückgeworfen. Es wurdeein Waffenstillstand abgeschlossen, auf den näher einzugehen hier nicht der Ort ist. Vertreter der Entente beteiligten sich...Indem die Esten anfingen, uns einzukreisen, brachen sie den Waffenstillstand.

Estnische Gefangene mit französische Helme - gekämpft hatten sie mit englische Waffen

Nun begannen wir mit einer Gegenoffensive. Die Landeswehr unter Fletcher drang unter ständigenKämpfen bis auf wenige Kilometer von Wolmar vor. Sie bildete den rechten Flügel, die EiserneDivision den linken Flügel. Das Terrain war sehr unübersichtlich. Der Gegener zog immer neueVerstärkungen heran. Wir hatten wachsende Verluste. Die Begeisterung, wie sie sich denBolschewiki gegenüber äußerte, fehlte. Der Prozentsatz der kaum ausgebildeten, seelisch undkörperlich in der roten Schreckenszeit mitgenommenen jungen baltischen Soldaten war groß. DieGebirgsbatterie von Medem wurde fast aufgerieben. Wir gingen zurück, erst langsam, dann immer schneller."

Ulmanis wird wieder eingesetzt - der Rückzug der Freikorps wird politisch erzwungen

Daß das Spiel, das Goltz gespielt hatte, letztlich in eine böse Sackgasse führte, wurde deutlich,alsam 3. Juli 1919 in Strasdenhof zwischen Needra, Ulmanis und Gough ein Waffenstillstandgeschlossen wurde.

Ulmanis wurde wieder in sein Amt als Ministerpräsident eingesetzt, die reichsdeutschenFormationen im Dienst der lettischen Streitkräfte wurden entlassen, die Deutschen mußten Rigaräumen und auf die Positionen zurückkehren, die sie noch kürzlich am Vorabend des Angriffs auf Riga innegehabt hatten.

Der Truppenabzug sollte nun eingeleitet werden. Lievens russische Formation wurde nach Estlandverlegt, wo sie sich General Judenitsch anschloß, nachdem dieser erklärt hatte, daß er nicht mit denDeutschen in Verbindung stehe.

Befehligte die Baltische Landwehr im Sommer 1919: Lord Alexander von Tunis - aber ohnereichsdeutsche Offiziere...

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Die deutschen Offiziere in der Landeswehr wurden verabschiedet, ihr neuer Kommandeur wurdeOberst Alexander, der spätere Feldmarschall Lord Alexander von Tunis.

Der deutschfeindliche General Gough war der Meinung, daß seine Politik zu einem abschließendenResultat gelangt sei, denn es wird behauptet, er habe vor Vertretern der Landeswehr erklärt, man

müsse nun den gesamten deutschen Einfluß im Baltikumausmerzenund alle mit Deutschland bestehenden Verträge für ungültig erklären.

Aber noch waren die Deutschen nicht abgezogen.

Auch jetzt noch gab es immer wieder hier und dort gelegentliche Kämpfe zwischen ihnen und denlettischen Verbänden Ulmanis'. Als sie britische Garantien für die Sicherheit ihres Truppenrückzugsverlangten,erhielten sie keine Antwort.

Deshalb verweigerten sie den Abzug über die Häfen von Libau und Windau.Die Angehörigender deutschen Freikorps, die sich jetzt in der Olai-Stellung südlich der Düna befanden, waren über ihre Zukunft unsicher. Jene, die wegen des Versprechens von Land und SiedlungsmöglichkeitSoldat geworden waren, sahen ihre Träume dahinschwinden.

Goltz hoffte noch immer, er könne im Zusammenwirken mit der Regierung Ulmanis,in der nunauch Baltendeutsche vertreten waren, und mit Koltschak und Denikin das bolschewistische Regimein Rußland zu Fall bringen. Er glaubte, die Zeit arbeite für ihn, und so widersetzte er sich weiterhindem Abzug mit aller Energie. Er hat später behauptet, darin von Berlin unterstützt worden zu sein.Beweis für diese Behauptung gibt es nicht.

Groener selbst erklärte, dasbaltische Abenteuer sei militärisch zur Gänze und politisch zu neunzigProzent gescheitert. Goltz akzeptierte zwar offiziell den Befehl zur Räumung, wandte aber weiterhin Verzögerungstaktiken an und erklärte bei einem Treffen mit Gough, er brauche für denAbzug mindestens 74 Tage; die Briten verlangten den Abzug innerhalb von 24 Tagen.

Marschall Foch richtete an die deutsche Regierung die Aufforderung, den Truppenabzug so raschwie möglich durchzuführen, die deutsche Regierung versprach es, Goltz aber verzögerte. EinigeTruppentransporte in Richtung Deutschland gelangten tatsächlich auf den Weg, so dieBrigadeSchaulen und die Truppen von Libau sowie Nachschubeinheiten.

Aber selbst wenn Goltz nachgiebiger gewesen wäre, so ist doch zweifelhaft, ob auch dieFreikorpsmänner gefolgt wären. »Es bestätigt sich in vollem Umfange, was das Generalkommando

aus gelegentlichen Berichten erfahren ... hat, daß es in der Truppe bedenklich gärt. Es sind die altenAnlässe: Enttäuschung in der baltischen Siedlung, bevorstehende Entlassung, Verhinderung desÜbertritts zu den Russen durch die Reichsregierungund nur leere Versprechungen derRegierung, die bisher noch keine Taten im Interesse der Freiwilligen gezeitigt haben.«

Die Truppen fühlten sich von der Regierung verraten,und sie hatten recht, insoweit Winnig imInteresse Berlins verhinderte, daß öffentlich bekannt wurde, es habe keine Siedlungsversprechenvon Seiten der lettischen Regierung gegeben.

Daß es der Regierung nicht gelungen war, die Durchsetzung dieser Ansprüche zugunsten ihrer Freiwilligen zu erzwingen, galt als weiterer Verrat, und so gewann die Überzeugung an Boden, daß

Hilfe nur da zu erwarten sei,wo man sich selber helfe.Wenn man in den Freikorps früher der Regierung gelegentlich zugute gehalten hatte, sie habe gewisse Maßnahmen nur ergriffen, um denSchein zu wahren, man füge sich den Wünschen der Entente, so gab es von August an keinen

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Zweifel mehr, daß die Regierung es mit ihren Befehlen zum Abzug der Truppen ernst meinte. DieAufrufe, in der provisorischen Reichwehr Dienst zu tun, hielten die Freikorpsleutenicht für angemessen, da die Betonung immer noch auf provisorisch lag, und zur Aufstellung vorgeseheneBrigaden bereits wieder aus den Plänen verschwanden. Das Angebot von Arbeitsplätzen instaatlichen Industrien war noch nicht das Papier wert, auf dem es unterbreitet wurde, denn es war allgemein bekannt, daß Freikorpsmitglieder von militanten Gewerkschaftlern aus ihren

Arbeitsplätzen verjagt wurden und daß dies auch weiterhin so sein würde. Außerdem besagtendie Nachrichten aus Deutschland, daß Arbeitslosigkeit herrschte und die Versorgung mitlebensnotwendigen Dingen äußerst knapp war.

Hinzu kam die Enttäuschung über die Annahme des Versailler Raubdiktates durch Regierung und Nationalversammlung. Das hatte der Regierung in Berlin noch den letzten Rest vonGlaubwürdigkeit genommen. Es war der endgültige Beweis, daß diese Regierung nicht die ihre war und es in vielerlei Hinsicht auch niemals würde sein können: »Da kam Leutnant Kay ins Zimmer und sagte hastig in den Tabakrauch hinein: Deutschland hat den "Friedensvertrag" unterzeichnet!Einen Augenblick war alles still, so still, daß der Raum fast dröhnte,als Schlageter aufstand. Er hielt die Klinke in der Hand und murmelte:Soso, Deutschand hat also unterzeichnet , er hielt inne, blickte starr geradeaus und sagte dann, und hatte auf einmal einen bösen Ton in der Stimme: Ichmeine, was geht denn das schließlich uns an?und hieb die Tür ins Schloß, daß der ganze Raum bebte, und war draußen.«

Goltz wurde zur OHL in Kolberg beordert, seit der Annahme des Versailler Diktates in Kommandostelle Kolberg umbenannt. Dort entwickelte er Groener seine Ansichten, wies dieVorstellung, die Freikorps bestünden aus Reaktionären, zurück und betonte, die Mehrheitsympathisiere mit den Sozialdemokraten. Er stellte außerdem mit Nachdruck fest, der Truppenabzug sei tatsächlich im Gange und werde bis Mitte Oktober abgeschlossen sein. Dann hober hervor,wie sehr die Truppen wegen der nicht erfüllten Siedlungsversprechen enttäuschtseien; er deutete auch die Möglichkeit an, einige könnten sehr bald bereit sein, das Gesetz desHandelns an sich zu reißen, und zitierte namentlich Major Bischoff, der auf die Frage, was er zu tungedenke, wenn ihn einmal der Befehl zur Räumung des Landes erreichen werde, geantwortet hatte:»Der Befehl kommt nie bei mir an.«

Wenn die Regierung nicht ausreichend für die Truppen sorge, meinte Goltz, so müsse man mit der Gefahr rechnen, daß sie nach links abmarschieren würden«.Groener, der hartnäckige Realist, im April noch Befürworter deutscher militärischer Präsenz imBaltikum, ging die ganze Breite der Möglichkeiten durch und kam zu dem Schluß, es gebe keine befriedigende Antwort. Er habe aber das Gefühl, man brauche eine Brücke zu Rußland, und deshalbsollten einige Positionen im Baltikum gehalten werden. In welcher Form das geschehen solle,

darüber wurde nicht gesprochen. Doch nach den Angaben des Grafen Goltz unterstützte selbst Noske eine Verzögerung und Besoldung für Freikorps-Soldaten, die freiwillig weiterhin imBaltikum bleiben wollten. Nach außen hin waren ihm freilich wegen der Entente die Händegebunden, » ... aber wenn sich irgendwo in Ostpreußen ein jüdischer Konsumverein auftut, der dieRussen versorgt,so ist gegen dieses Privatunternehmen nichts zu sagen.«

Fürst Awaloff-Bermondt warb bei deutschen Freikorps um Freiwillige für eine neueweißrussische Armee, um mit ihr nach Petersburg vorzustoßen

Das Stichwort war hierbei »die Russen«. Seit Juli hatte der Oberst Bermondt, angeblich ehemaliger Oberst der zaristischen Armee, in Lettland die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Er hatteBeziehungen zu einigen deutschen Freikorpseinheiten aufgenommen mit der Vorgabe, er wolle mit

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Unterstützung Denikins, Koltschaks und Judenitschs eine neue Armee erstellen, um mit ihr vonSüden her auf Petersburg vorzurücken, während Judenitsch von Norden vorstoßen werde. Da er erkannt hatte, daß der ursprüngliche Rekrutierungszweck nicht länger gegeben war und daß dieSoldaten nicht bekommen hatten, was man ihnen ihrer Meinung nach versprochen hatte, dachte er daran, sie für seine eigene Armee anzuwerben. Goltz hatte in einem Tagesbefehl vom 13. Juli auf die Möglichkeit hingewiesen, daß sich einige Formationen den Russen anschließen könnten, sobald

ihre finanzielle Grundlage gesichert sei. Er mißbilligte zwar das Überwechseln ganzer Formationenzum gegebenen Zeitpunkt, hatte aber keine prinzipiellen Bedenken, daß sich einzelneFreikorpsmitglieder schon jetzt und ganze Einheiten zu einem späteren Zeitpunkt für einÜberwechseln zu den Russen entschlossen.

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The Real Blaze Major Bischoff meutert Primärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

Aus Deutschland zurückgekehrt, wurde Goltz unmittelbar mit dem Problem konfrontiert, daß

während seiner Abwesenheit einige Einheiten aus dem Baltikum abgezogen waren, darunter auchEinheiten der Eisernen Division, ohne daß ihr Kommandeur Major Bischoff zuvor davon in Kenntnis gesetzt worden wäre.

Bischoff, sein Stab und andere Freikorpsführer wandten sich gegen den Abzug. Ihm war zu Ohrengekommen, daß seine Division nicht, wie versprochen. in die Heimat verlegt und dort alsgeschlossene Formation kaserniert, sondern auf verschiedene Gebiete Deutschlands verteilt werden sollte.

Als ein Teil des Bataillons Rieckhoff abtransportiert werden sollte, überwand Bischoff seineZweifel und Skrupel und befahl den Trappen schlichtweg, in Schaulen auszuladen und bis auf

weiteren Befehl dort Unterkunft zu beziehen.

das kriegszerstörte Schaulen in Litauen

Es war dies ein eindeutiger Fall von Befehlsverweigerung, die Bischoff in einer Proklamation andie Mannschaften der Eisernen Divisionrechtfertigte:»Versteht mich wohl, es handelt sich nur darum, eure wohlerworbenen Rechte durchzusetzen. Es liegt uns fern, irgendwelcheGegenrevolution nach Deutschland zu tragen. Nur für euch sorgen will ich. Darum stellt euch fest geschlossen hinter mich! Ich trage allein die Verantwortung und nehme sie gern mit vollem Bewußtsein auf mich, denn ich weiß, ihr habt mir euer Vertrauen geschenkt, und ich will und werde es nicht täuschen.«

Die Soldaten feierten ihren Kommandeur an diesem Abend mit einem Fackelzug durch Mitau, ihreBegeisterung veranlaßte einen Beobachter zu dem Kommentar:»Eine solche Begeisterung hat esseit August 1914 nicht mehr gegeben.«

Die Truppen, so schreibt ein Beteiligter dieses Ereignisses,»fanden diesen Schritt ihres Kommandeurs wie eine Erleichterung«.

Den Letten andererseits muß die Befehlsverweigerung als Aufhebung der militärischer Disziplinerschienen sein, die bisher die Mitglieder der Freikorps in Schranken gehalten hatte, und dafür war Bischoff teilweise persönlich verantwortlich.

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Im Verlauf des Fackelzuges,an dem 10 000 Soldaten teilnahmen, wurden auch provokativeReden gehalten. Bischoff rief aus:»Die Würfel sind gefallen - es gibt kein Zurück. Wir marschieren nach Riga.«

Major Bischoff

Deutsche Soldaten attackierten lettische Soldaten, entwaffneten sie und nahmen ihnen ihre persönliche Habe. Militärische Einrichtungen der Letten in Mitau einschließlich des Hauptquartierswurden angegriffen.

In Riga befürchtete man, dies sei nur das Vorspiel zu einer Aktion ähnlich der, die im April zumSturz der Regierung Ulmanis geführt hatte.

Die Freikorps erklärten in einem öffentlichen Protestschreiben an die Berliner Regierung, siewidersetzten sich nur deshalb ihren Befehlen, weil sie wüßten,daß sie unter alliiertem Druck handle.

Dann wurde die Forderung erhoben,den Freikorpsmitgliedern dreißig Prozent aller Posten inder neuen Reichswehr zur Verfügung zu stellen, außerdem Positionen in einer ähnlichenGrößenordnung auch bei Polizei und Landwehr. Schließlich forderten sie von der Regierung, daßsie dieEiserne Divisionin ihrem derzeitigen Zustand bestehen lasse und bis zum 1. Oktober ohneEinschränkungen weiterbesolde.Des weiteren solle sie selber für das Siedlungsversprecheneinstehen, das die Letten gebrochen hätten, und im Innern Deutschlands Grundstücke fürAnsiedlungen zur Verfügung stellen.Auch solle die Regierung den Boykottmaßnahmen der Gewerkschaften gegen Freikorpsangehörige Einhalt gebieten.

In den Reaktionen der alliierten Vertreter im Baltikum kam die Besorgnis der Siegermächte zumAusdruck. Oberst Groves, englisches Mitglied der Interalliierten Militärkommission, suchte Goltznach seiner Rückkehr nach Mitau am 27. August auf. Vielleicht in dem Glauben, er könne mit denFreikorps ein ähnliches Spiel treiben wie andere vor ihm,deutete er die Möglichkeit einer Milderung der Friedensbestimmungen an, falls die Truppen nach Deutschland zurückkehrten. Auch meinte er, man könne dann vielleicht mit besseren Erfolgsausichten noch einmal dieVerhandlungen wegen der Siedlungsfrage auf greifen.

Goltz ließ sich durch ein so zweifelhaftes Angebot nicht düpieren.In der Zwischenzeit strömten trotz eines Verbotes der Reichsregierung auch weiterhin Freiwilligeins Baltikum. Sie kamen alsTouristen. Österreichische Einheiten, wie dasRegiment Sudetenland,trafen ein, wie denn überhaupt bis n den November 1919 hinein auch eine beträchtliche AnzahlÖsterreicher weithin in die baltischen Gebiete strebte.

In Kolberg reagierte man mit Bestürzung auf die Forderungen der Freikorps - ein solcher Vorgangwar in der Geschichte der deutschen Armee ohne Beispiel. Groener hegte die Befürchtung, dieGesamtheit der deutschen Truppen imBaltikum,an die 40 000 Mann, könne der deutschen Regierung unter Umständen gefährlich

werden. Aber er nahm auch Spaltungen innerhalb dieser Truppen wahr.Ein Teil der Leute wollte im Baltikum bleiben, um dort zu siedeln und sich eine sichereLebensgrundlage zu verschaffen.

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Der andere Teil indessen strebteeine weitere militärische Besetzung des Gebietes an, um es alsFaustpfand künftig gegen die Briten und ihre lettischen Schützlinge nutzen zu können, diedurch die neue Entwicklung beträchtlich verschreckt waren.

Groener empfahl, die Forderungen der Truppen zurückzuweisen. Seine Haltung war nicht frei von

Zweideutigkeiten: der Eindruck ist nicht unberechtigt, er habe zusammen mit der Regierungversuchen wollen, die Alliierten und die Freiwilligen gegeneinander auszuspielen. Doch der Riß,den er bei den Freikorps zu sehen wähnte, war nicht so gravierend:seine kompromißlose Haltungschmiedete sie nur fester zusammen.

Sodann war ja auch er der Ansicht gewesen, die Freikorps könnten, wenn sie am Ort blieben, eine Brückenach Rußland bilden. Winnig, zu jener Zeit Oberpräsident in Ostpreußen, unterstützte diesenKurs. Außerdem bot sich die Möglichkeit, den Abzug aus Kurland hinzuzögern,bis die baltischen Häfen zugefroren waren; das mußte eine wirksame Entfaltung der britischen Streitkräfte behindern.Und dann kam noch der Aufbau der weißrussischen Streitmacht in Kurland unter Bermondt mit insSpiel, die von der englischen Botschaft in Helsinki nachdrückliche Unterstützung erfuhr; dort hieltman es für sinnvoller, Bermondt mit Leuten und Material beizustehen, als der StreitmachtJudenitschs in Estland Hilfe zu gewähren.

Herkunft und Aufstieg Bermondts liegen im Dunkel. Niemand wußte zu sagen, wie er Oberstgeworden war, nachgewiesen ist nur, daß er durch öffentliche Akklamation General wurde; auch istsicher, daß er auf eine ähnlich schleierhafte Art und Weiseschließlich zum Fürsten Bermondt-Awaloff avancierte.

Ursprünglich hatte er der Truppe des Fürsten Lieven angehört. Doch als die Briten diesenangewiesen hatten, sich mit Judenitsch zu vereinen, weigerte sich Bermondt, mitzuziehen: er seidarauf nicht vorbereitet und noch nicht voll ausgerüstet. Von russischen Emigranten unterstützt, diesich mit Hilfe von der Goltz' in einemwestrussischen Staatsrat organisiert hatten, stellte er inkürzester Zeit eine Armee auf die Beine, die bis zum September 1919eine Stärke von 15 000Mann erreichte.

Goltz hatte, nach Kurland zurückgekehrt, das Vorgehen Bischoffs verurteilt. dennoch plädierte er bei der Regierung dafür, die schützende Hand von den Truppen nicht zurückzuziehen. Doch das war gerade so, als hätte er sie gebeten, sein Abenteuer mit Bermondt-Awaloff zu unterstützten. Er war darin so weit gediehen, daß er glaubte, nun seine Karten aufdecken zu können.

Am 30. August ließ er an die Bevölkerung von Petersburg eine Proklamation abgehen, in der er sieüber die Bildung einer demokratischen Regierung von Nordwestrußland und über einen unmittelbar bevorstehenden Angriff auf das »Bollwerk des Bolschewismus«, Kronstadt, in Kenntnis setzte.

In die "Russische Westarmee" Awaloffs übergetretene Freikorpskämpfer

Die Freikorps hatten genügend Zeit gehabt, sich mit dem Gedanken an eine Vereinigung mitBermondt-AwalofE vertraut zu machen; sie kamen, als Goltz sie rief. Dafür wurden die Leuteentsprechend belohnt, insbesondere durch Beförderung.

Ein als Sanitäter ausgebildeter Obergefreiter konnte zum Stabsarzt ernannt werden. Diesesattraktive Angebot löste nicht nur in den Freikorps eine neue Welle der Begeisterung aus, sondern

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auch in Kreisen der deutschen Zivilbevölkerung, denn bis dahin hatten die Russen ihreAnwerbungskampagne ausgedehnt.

Die Bahnhöfe Berlins sahen immer neue Scharen von Soldaten, die unterwegs zu Bermondt-Awaloff waren.Die Eiserne Division trat geschlossen in seinen Dienst.

Diese Bewegung warf natürlich neue Probleme auf. Die Briten brachten ihre Besorgnis über diedeutschen Komponente, das heißt genauer,über das wachsende deutsche Übergewicht in Bermondt-Awaloffs Truppe zum Ausdruck.

Die ursprünglichen Pläne hatten eine gemeinsame Offensive der Nordwest-Armee Judenitschs undder Westarmee Bermondts vorgesehen. Judenitsch hatte Bermondt-Awaloff offiziell zumOberkommandierenden der Streitkräfte in Kurland und Litauen ernannt. Doch jetzt befürchtete manin zunehmendem Maße, Bermondt könnte nur noch Goltz' Strohmann sein.

Die Kombination von deutschen und russischen Konservativen bereitete den Briten ein ungutesGefühl. Sie setzten Bermondt zunehmend unter Druck, und dieser war zu allen Zugeständnissen bereit, die man von ihm verlangte, angefangen bei extensiven Garantien für die Regierung Ulmanis bis hin zu dem Versprechen,das deutsche Element in seiner Truppe auszuschalten.Er hatteallerdingsnicht die Absicht, auch nur eins dieser Versprechen einzuhalten, die er den Engländerngegeben hatte.

Eine Ausschaltung der deutschen Komponente hätte geheißen,seine ganze Armee aufzugeben, diewesentlich von ihr abhing; seine großrussische Konzeption indessen schloß von vornherein dieAnerkennung eines selbständigen Lettland oder eines anderen baltischen Staates aus. SeineVersprechungen sollten nur Zeitgewinn verschaffen. Brachte er erst einmal seine Offensive ins Rol-len und errang er die erwarteten Erfolge, so hatten die, die auf seine Versprechen vertrauten, das Nachsehen.

[ Editiert von Administrator The Real Blazeam 09.04.08 16:34 ]

The Real Blaze Letten greifen deutsche Freikorps anPrimärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

Die Engländer verfolgten ein dreifaches Ziel: sie wollten Bermondts Truppen erhalten wissen, dochohne die deutsche Komponente, die sie durch ehemalige Kriegsgefangene auszuwechselntrachteten; sie wollten ferner dieseTruppen gegen die Bolschewisten einsetzen und damit ihr drittes Ziel erreichen, die Präsenz der Russen in Lettland abzubauen.

Als Bermondt seinen eigenen Kurs steuerte, entzogen ihm die Briten ihre Unterstützung; sie waren bereit, zuakzeptieren, daß die bereits in seinen Diensten stehenden Deutschen in seiner Armee verblieben,aber nahmen es nicht hin, daß noch weitere angeworben wurden.

Die baltischen Staaten indessen, die ihre russischen Brüder mindestens so gut kannten wie dieBriten, hatten zu Bermondts Zusagen kein Vertrauen und schon gar nicht in die Absichten, die dieDeutschen in dessen Heeresmacht hegen mochten. Etwa Mitte September beschlossen dieAlliierten, Bermondt fallen zu lassen. Man wollte die Deutschen ausgeschaltet wissen, auch wenndas die Beseitigung Bermondts erforderte.

Die alliierte Angst: Waren Deutsche und Russen zusammen erfolgreich, konnten die Alliiertensicher sein, daß ihnen das mehr Probleme bereitete als ein bolschewistischesRußland.

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Marschall Foch drohte Berlin nun mit ernsthaften Sanktionen, falls die Freikorps nicht abgezogenwürden. Frankreich wies die Behauptung der Regierung zurück, sie sei nicht imstande, dieBefolgung ihrer Befehle zu erzwingen. Noske, der die Befehlsverweigerungen bereits verurteilthatte, verwies auf die Maßnahmen, die schon ergriffen worden waren: die Einstellung sämtlicher Soldzahlungen für alle Truppen, die weiterhin die Ausführung der Befehle verweigerten, die

Schließung der ostpreußischen Grenzen, die Einstellung der Nachschublieferungen, die Absetzungdes Grafen Goltz, der durch Generalleutnant von Eberhardt ersetzt worden war.

Abschiedsparade in Mitau für den Grafen von der Goltz

Doch hatte er gleichzeitig bereitwillig hingenommen, daß die Freikorps Russenwurden, undinsgeheim versprochen,die Regierung werde die Freikorps nicht im Stich lassen.

Er und die Regierung müssen die Hoffnung genährt haben, erfolgreiche Aktionen im Baltikumkönnten eine Wendung der Dinge herbeiführen. Während Noske in einer sozialdemokratischenVersammlung erklärte, man werde jeden, der versuche, die deutsche Grenze in Richtung Baltikumzu überschreiten, verhaften, schrieb ein Verantwortlicher für die Schließung der Grenzen in einemBericht nach Berlin: »Befinde mich seit acht Tagen an der russischen Grenze und kampiere auf einem Strohsack. Ich habe den Auftrag, den hier ohne Erlaubnis über die Grenze gehenden Soldatendie Weiterreise zu verhindern. Bis heute täglich 100 - 150 Offiziere und Soldaten. Es ist mir ferner gesagt, daß die Truppen aus dem Baltikum sich auf dem Rückmarsch befinden ... Ich habe außer alten Eisenbahnschienen und alten Lafetten noch nichts gesehen. Mein Kommando besteht aus 3Kriminalbeamten und 3 Beamten der Berliner Sicherheitspolizei.Ein Einschreiten ist unmöglich,da man uns einfach über den Haufen schießen würde ... Aus den Reden der Offiziere undSoldaten geht zweifellos hervor,daß die Sache mit stillschweigendem Einvernehmen derRegierung geschieht.«

Der erneute Befehl der Reichswehr zur Rückkehr der Truppen des VI. Reservekorps nachDeutschland und Noskes Verbot, in russische Dienste einzutreten,wurden kaum beachtet.

Auch Bermondt erhielt von Judenitsch den Befehl, deutsche Soldaten aus dem Dienst in seinenEinheiten zu entlassen. Doch entschloß er sich nun, auf eigene Faust zu handeln. Er wollte nachAbsicherung seiner Nachhut entlang der Düna auf Moskau vorrücken, die Stadt einnehmen unddanach seine Streitkräfte mit der Sibirischen Armee Admiral Koltschaks vereinigen.

Es war ein waghalsiger Plan, und um ihn mit Erfolg ausführen zu können, hätte Bermondtzumindest die stillschweigende Unterstützung der Letten gebraucht, um seine Nachschublinien zuschützen.Doch zwischen den Letten und seinen Truppen, d. h. dem überwiegend deutschenKontingent, das die Olai-Stellung besetzt hielt, waren erneut Kämpfe aufgeflammt.Die Lettenhielten die Präsenz der Deutschen für einen Widerspruch zu allen mit den Alliierten BetroffenenVereinbarungen und den von ihnen erteilten Befehlen,und so griffen sie immer wieder an. DieDeutschen antworteten mit Vergeltungsschlägen.

Die Position Ulmanis in Riga wurde von den Linken bedroht: man warf ihm vor, er unternehmenichts gegen die illegale Anwesenheit deutscher Truppen im Land.

Dünaburg wurde ergebnislos vom Freikorps Brandis angegriffen

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Das Freikorps von Brandis entschloß sich jetzt nach einer Provokation von seiten der Letten ohneeinen Befehl von höherer Stelle,auf Dünaburg zu marschieren , und nicht einmal die Drohung,man werde ihn verhaften, wenn er seine Aktion fortsetze,konnte den Douaumontstürmer Hauptmann von Brandis davon abhalten. Nur die Verteidigung der Letten verwies ihn in seine

Schranken. Der Außenminister Lettlands erklärte am 23. September, de facto herrsche zwischenDeutschland und Lettland der Kriegszustand.

Der Verfall der Disziplin gilt nicht nur für die Freikorps ingesamt, sondern auch für die einzelnenSoldaten, die sich in dem, was sie für ihren legitimen Anspruch hielten,betrogen fühlten.

In der Meinung, sie schuldeten überhaupt niemandem irgendetwas, ließen sie ihre Enttäuschung ander Bevölkerung des von ihnen besetzten Landes aus. Es mag sein, daß die Letten anfänglich ein-zelne Vorfälle, die ihren Absichten gelegen kamen, übertrieben, aber letztlich waren jetzt plündernde Soldaten das Ergebnis, als die Regierung die Freikorps vom Nachschub abschnitt. Mitzerschlissenen Uniformen, verwandelte sich innerhalb von ein paar Wochen ihr ursprünglichesAnsehen einer disziplinierten Truppe in das einer marodierenden Soldateska.Und doch kamenimmer noch neue Formationen aus Deutschland an.

Bermondts deutsch-russische Westarmee greift an

Wenn Bermondt seinen Plan realisieren wollte, mußte er jetzt handeln. Die Ostsee stand wieder unter Blockade, die vorhandenen Vorräte verringerten sich durch langes Zögern nur noch weiter.Am 6. Oktober schloß er mit der Eisernen Division, der Deutschen Legion und dem Freikorpsvon Plehwe ein formelles Abkommen.Bermondt gab erneut die Versicherung,Siedlungsmöglichkeiten zu schaffen, und als Gegenleistung versprachen die Freikorps, seinenKampf gegen den Bolschewismus zu unterstützen bis zur Bildung einer »neuen russischenRegierung, die die Anerkennung von mindestens drei Großmächten findet.«

Die Freikorps, überzeugt davon, den ersten Kampf für England gewonnen zu haben, wollten nun imzweiten die Briten um den Preis des ersten prellen.

Die deutsch-russische Freiwillige Westarmee bestand aus Bermondts eigener Truppe, demFreiwilligen Korps Graf Keller, dem II. Detachement Oberst Wyrgolitsch, der Eisernen Divisionund einer Anzahl weiterer kleinerer Formationen: insgesamt eine Truppevon 50 000 bis 52000Mann, vier Fünftel davon waren Deutsche.

Am selben Tag, an dem Bermondt seine Vereinbarung mit den deutschen Truppen schloß, erließ er eine Proklamation, wonach er den Schutz des lettischen Territoriums übernehmen werde, sobald dieDeutschen abgezogen seien. Was damit gemeint war, erhellt daraus, daß er gleichzeitig die Wälder von Kurland und Livland als Pfänder, als Deckungsgrundlage für die von ihm geschaffene Währung beschlagnahmte und zwar in ihrer Eigenschaft als Besitztum der neu zu konstituierenden russischenRegierung.

Letten und Litauer, die offensichtlich ihre Aktionen koordiniert hatten, reagierten dementsprechend.

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Sie waren vorbereitet, als am 7. Oktober die Feindseligkeiten mit einem Angriff auf Riga eröffnetwurden. Am Abend des 10. Oktober hatte das reichsdeutsche Badische Sturmbataillon Thorensberg,die westliche Vorstadt Rigas, erreicht.

Bermondt, der vielleicht gewahr geworden war, daß er mit seiner rücksichtslosen Mißachtung der Souveränität Lettlands zu weit gegangen war, befahl Einstellung der Kampfhandlungen. Das gab

seinen Gegnern Zeit, ihre Streitkräfte zu organisieren. Mit Unterstützung der Geschütze auf den britischen Schiffen, die angeblich die lettischen Fahnen gehißt hatten, begannen sie denGegenangriff. Unter englischem Druck stieß Judenitsch nun Bermondt und dessen Truppen aus der Nordwestarmee ausund brandmarkte sie als Verräter.

Bermondt bekam keine Antwort, als er mit der lettischen Regierung wegen der Transitrechte zur bolschewistischen Front für seine Truppen verhandeln wollte. Englische und französische Schiffenahmen aus der Bucht von Riga Bermondts linken Flügel unter Feuer. Der Rest seiner Armeesicherte unterdessen die Düna-Linie von Dünamünde in südwestlicher Linie bis Dünaburg, daseingenommen wurde.

Die Neutralität der Litauer wurde im Vertrag von Radziwiliski sichergestellt. Aber es fehlteBermondt an Nachschub. Als die deutsche Regierung die Soldzahlungen und die Versorgung mit Nachschub völlig einstellte, hatte letztlich vor allem die Bevölkerung darunter zu leiden.

Ein Angehöriger der Eisernen Division hat ein dramatisches Bild ihres Niedergangs gezeichnet:»Die Eiserne Division bestand lediglich aus deutschen Soldaten... aus zwei Dritteln deutschen undeinem Drittel russischen Offizieren. Seitdem wurde die Anwerbung sehr lose gehandhabt undzweifelhaften Elementen der Zugang gewährt. Dies führte zu einem allgemeinen Sinken der Disziplin, Räubereien und Erpressungen wurden von beiden, Offizieren wie Mannschaften, begangen. Oberleutnant Baron von Freytag, der im August Bermondts Stab angehörte, teilte der russischen Kriminalabteilung mit, daß auf Bermondts Befehl zwei deutsche und zwei baltendeutsche Offiziere 19 Juden beraubt hätten, die dann auf Befehl eines russischenOberleutnants ohne gerichtliche Verhandlung erschossen wurden. Auf Grund dieser Mitteilungwurde Oberleutnant von Freytag von einem deutsch-russischen Feldgericht zum Tode verurteilt. Kurz vor der Exekution wurde das Gefängnis von einer Kompanie deutscher Soldaten gestürmt. Einneues Verfahren verurteilte ihn zu 15 Jahren Zuchthaus, und Freytag wurde nach Deutschland zurücktransportiert.Zusammen mit Vizefeldwebel Röhr und vier Mann erhielt ich den Befehl von HauptmannAuerbach, 10 000 Mark in bar sowie Nahrungsmittel von der Zivilbevölkerung zu requirieren. Der Befehl wurde nachts ausgeführt. Ein Jude bezahlte 10 000 Mark, und ein Gutsherr gab uns dreiSchweine und eine Kuh. Dies passierte regelmäßig.

Der Gefreite Dorn, der als Hauptmann drei Monate lang das Bataillon Dorn geführt hatte,verkaufte für 6 000 000 Mark zwei schwere Feldbatterien einschließlich ihrer Pferde und Mannschaften. Für dieses Vergehen wurde er zusammen mit drei Deutschen und einemrussischen Offizier gehenkt.Offiziere und Mannschaften verkauften Maschinengewehre an die Letten zu zwischen 20 000 und 30 000 Mark pro Stück.Diese horrenden Preise erklären sich aus dem Mangel an solchen Waffen bei den Letten.Unter den Offizieren der Eisernen Division ist eine nicht geringe Anzahl,die sich selbst zu diesem Rang ernannten und Kompanien als auch Bataillone führten.Die weniger angenehmen unter ihnenverschwanden bald hinter Schloß und Riegel.. Ein Oberleutnant Falkenhayn von der Abteilung Graf Keller teilte zusammen mit 16 Mann die Bataillonskasse ... Der Befehl, das Baltikum zu verlassen,

ist an uns nie ergangen. Im Gegenteil, uns wurde gesagt, daß wir in Übereinstimmung mit der Regierung hierbleiben würden ..."

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Die letzten deutschen Siege der Freikorps

Freikorpsführer Gerhard Roßbach

Und immer noch kamen aus Deutschland Freiwillige,auch Panzerwagen trafen ein, ein Zeichendafür, daß die Freikorps insgeheim von privater Seite und Teilen der Reichswehr Unterstützungerfuhren. Die letzte geschlossene Einheit, die die deutsche Grenze in Richtung Osten überschritt,war das noch gut ausgerüsteteFreikorps Roßbach , zum damaligen Zeitpunkt bereits eine Brigadeder provisorischen Reichswehr.Auch sie erhielt großzügige Unterstützung duch dieBevölkerung Ostpreußens, die ein Interesse daran hatte, die Russen und die Bolschewistenmöglichst weit von der deutschen Grenze entfernt zu halten.

Am 15. Oktober sandte Konteradmiral Sir Walter Cowan ein Ultimatum an Bermondt in seiner Eigenschaft als Kommandeur der deutschen Streitkräfte in Mitau und Dünamünde und fordertedarin die Räumung von Dünamünde undThorensberg. Bermondt wies das Ultimatum zurück: er sei nicht Kommandeur einer deutschenEinheit,alle unter seinem Befehl vereinigten Truppen seien russische Bürger.

Die Deutschen kämpften nun also unter der Fahne Rußlands, die Briten nahmen erneut dielettischen Farben an. Unter fremden Hoheitsabzeichen begannen beide Seiten erneut den Kampf.Dünamünde wurde von der See her beschossen, englische Schiffe landeten lettische Truppen. DieLetten überschritten die Düna an mehreren Punkten und errichteten dort Brückenköpfe. Am 3. November eröffneten sie ihre Offensive und überschritten die Düna.

In Thorensberg allerdings schlug dieEiserne Division jeden Angriff zurück.Doch es gelang denLetten, die deutschen Truppen von Süden her einzuschließen.

Das Freikorps Roßbach

Das Freikorps Roßbach, eben in Mitau angekommen, erhielt Nachricht von den Vorgängen; ohneeine Ruhepause einzulegen, formierte es sich aus der Marschkolonne heraus zum Angriff.Unterden schmetternden Angriffssignalen der Hörner einer vergangenen Epoche erstürmte dasFreikorps Thorensberg und ermöglichte es der Eisernen Division, sich aus der Umkreisung

zurückzuziehen.Es war der letzte Sieg eines Freikorps im Baltikum, und seine Wirkung war nur von kurzer Dauer.Von ihrem eigenen Land als Gesetzesbrecher angesehen, gänzlich ohne Nachschubversorgung,erlahmten ihre Widerstandskräfte allmählich angesichts der entschlossenen lettischen Angriffe.

Der Rache der enttäuschten Freikorpskämpfer

Gänzlich verzweifelt und voller Rachegelüste nahmen sie Zuflucht zur Taktik der verbrannten Erdeund zu Kampfesweisen, bei denen Pardon weder gegeben noch erwartet werden konnte:

»Wir erschlugen, was uns in die Hände fiel, wir verbrannten, was brennbar war. Wir sahen rot, wir hatten nichts mehr von menschlichen Gefühlen im Herzen. Wo wir gehaust hatten, da stöhnte der Boden unter der Vernichtung. Wo wir gestürmt hatten, da lagen, wo früher Häuser waren, Schutt,

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Asche und glimmende Balken gleich eitrigen Geschwüren im blanken Feld. Eine riesige Rauch-fahne zeichnete unseren Weg. Wir hatten einen Scheiterhaufen angezündet, da brannte mehr alstotes Material,da brannten unsere Hoffnungen, unsere Sehnsüchte, da brannten diebürgerlichen Tafeln, die Gesetze der zivilisierten Welt, da brannte alles, was wir noch vomWortschatz und vom Glauben an die Dinge und Ideen der Zeit, die uns entließ, wie verstaubtesGerumpel mit uns geschleppt.«

Das Drama im Baltikum näherte sich seinem Ende. Goltz' Nachfolger, Generalleutnant vonEberhardt, bot den Letten einen Waffenstillstand an. Es existierte freilich offiziell keinKriegszustand zwischen Deutschland und Lettland. Also erklärte Lettland erst einmal den Krieg,und mit Hilfe der Interalliierten Kommission kam es zu einem Waffenstillstandsabkommen. Der Haß und die Verzweiflung bei den zurückkehrenden Freikorpssoldaten machten es für alliierteOffiziere riskant, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen,und daß man ihre Kasernen mitHandgranaten angriff, waren keine Einzelfälle. Das passierte auch Eberhardt, seit dem 19. November zugleich Kommandeur der Westrussischen Armee, die sich ihm selbst unterstellt hatte.

Das Freikorps, das zuallerletzt ins Baltikum gekommen war, sollte auch als letztes wieder zurück-kehren: das Freikorps Roßbach überschritt am 16. Dezember 1919 wieder die Grenze nachDeutschland, eine explosive Kraft in einem politischen Klima, das sich noch lange nicht beruhigthatte. Der Zorn der Leute konnte nicht dadurch gedämpft werden, daß man frühere Maßnahmen,wie z. B. die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft, wieder rückgängig machte.

Noske wollte die Freikorps auflösen und Einzelformationen über ganz Deutschland verteilen,dennoch verblieb ein großer Bestand in Ostpreußen, wo für das Frühjahr 1920 ein Angriff der Bolschewisten erwartet wurde.

Der Vorschlag, sie als geschlossene Einheiten in die Reichswehr einzugliedern, wurde verworfen:»Aufnahme geschlossener Formationen in die Reichswehr verboten, nur Einzelne könnenübernommen werden. Für Offiziere gelten Sonderbestimmungen.«

Der Einsatz der Freikorps im Baltikum war so zu einem Abschluß gelangt. Für die alliierte Politik der Intervention gegenüber Sowjetrußland waren sie eine willkommene Hilfe gewesen. Sie hattendazu beigetragen, das Gespenst des expansiven Bolschewismus zu bannen, das Lloyd George inseinem Memorandum von Fontainebleau gezeichnet hatte.

Als die Freikorps zum Einsatz kamen, war die Grundlage dieser Politik durch die Niederlagen derArmeen Judenitschs, Denikins und Koltschaks bereits erschüttert. England kamen Zweifel ander Klugheit der eigenen Politik.Die Freikorps hatten sich jedoch nie alseine Hilfsstreitmacht

der Entente begriffen. Sie verstanden sich als deutsche Streitmacht und verfolgten, zumindestin ihrer eigenen Sicht, entschieden deutsche Interessen. Denn waren die baltischen Länder ersteinmal vom russischen Einfluß befreit,konnte dieses Territorium der natürliche Boden für dieAusweitung des deutschen Einflusses in Politik und Wirtschaft sein.

Den Alliierten und insbesondere den Engländern mußte, nachdem sie einen zwar kostspieligen, aber siegreichen Krieg geführt hatten, der Gedanke nicht eben willkommen sein,daß Deutschland ausdieser Auseinandersetzung mit verstärktem Einfluß und gesteigerter Machtposition in der nordöstlichen Ecke Europas würdehervorgehen können.

Infolgedessen war ihre Politik im Baltikum das Gegenstück zu ihrer Politik im Südosten: ähnlichgerichtete Überlegungen haben hier zu der Klausel im Versailler Diktat geführt,die einen AnschlußDeutsch-Österreichs an das Deutsche Reichverbot.

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Daß der Kaukasier Bermondt-Awaloff auftauchte, hat dann das Gespenst einer konservativenrussisch-deutschen Allianz heraufbeschworen zu einer Zeit, als die alliierte Präsenz in Rußland inraschem Verfall begriffen war. Es war nur ein Gespenst, wenn es auch zu der Zeit, alsKonteradmiral Sir Walter Cowan auf eigene Verantwortung beschloß, das Feuer eröffnen zu lassen,recht greifbar erschien. Erst später ist seine Aktion von der britischen Regierung offiziell

sanktioniert worden.Die Männer der Freikorps, die aus dem Baltikum zurückkamen, hatten das Gefühl,Opfer einer Verschwörung geworden zu sein, in der die Alliierten, ihre eigene Regierung und auch dieBevölkerung der Heimatals Schuldige verstrickt waren.Die Haltung der Regierung mußte, bedingt durch die Umstände, fast bis ins Extrem schwankend sein. Sie war an zu vielen Stellenverwundbar und mußte zu viele widerstrebende Interessen zum Ausgleich bringen, und so wurde siefür viele Seiten zum Sündenbock.

Die Alliierten, die Freikorps, die Sozialisten, alle klagten sie des Betrugs und des Verrates an, und jeder dieser Ankläger war teilweise im Recht.Wenige wollten erkennen, daß sich die Regierung ineiner Zwangssituation befand, in der sie ständig irgendjemanden verraten mußte. Wenige waren bereit, angesichts des brutalen alliierten Raubdiktats Lage Nachsicht zu üben, den schließlich hattedie erneut mit alliierten Krieg bedrohte Regierung ihre Unterschrift darunter gesetzt!The Real Blaze Das Ende der Roten Räterepublik in BayernPrimärquelle: National-Zeitung

Sieg der Freiwilligen: Das Bayerwald-Bataillon marschiert nach der Befreiung Bayerns durchBad Aibling. An der Spitze Adalbert Frey (durch Kreuz gekennzeichnet), Vater desHerausgebers der National-Zeitung. Dahinter Leutnant Klein, der als Jude 19 Jahre späteremigrieren musste.

Die freiwillig den Bolschewismus bekämpften

Überall in Deutschland stellten sichFreikorpskämpfer nach Ende des Ersten WeltkriegesAnarchie und roter Revolution entgegen. Warum aber und zu welchem Zweck?Waren sie nichtgerade aus den entbehrungsreichen und schrecklichen Schlachten und Schützengräben desKrieges heimgekehrt?

Wieso griffen sie, die in den letzten vier Jahren Unbeschreibliches geleistet und geduldet hatten,wieder zu den Waffen?Waren sie so sehr Soldat geworden, dass sie sich anders in einer bürgerlichenWelt nicht zurecht gefunden hätten?

Eine Antwort gibt Ernst von Salomon, Schriftsteller und selbst Freiwilliger der Verbände: „ In denWirren des deutschen Nachkrieges, als das Volk um eine Gesellschaftsordnung rang, welche denWohlstand garantieren sollte, aufgebaut auf dem Grunde eines gerechten Ausgleiches, der Diktatur einer Klasse, der weltwirtschaftlichen Erfordernisse, oder wie die mannigfaltigen Parolen sonst lauten mochten, kämpften die Freikorpsmänner als eine Schar, welche keine Art von Wohlstand auch nur zu denken vermochte, als eine, die einzig dazu dienen konnte, die Kräf-

te des Staates zu fördern, keine Ordnung als eine, die das nützliche Gefüge des Staates seinmusste. Sie taten das, was die anderen alle in ihrer Fülle von Ideen zu tun versäumten, siesicherten den Staat nach außen und die Ordnung nach innen."

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Freikorpskämpfer waren es, die im Mai 1919 auch München von kommunistischem Chaos undTerror befreiten. Hier wurde vor 90 Jahren, am 7./8. November 1918, ein „vom Reichunabhängiges" Räteregime ausgerufen, an dessen Spitze Kurt Eisner stand.

Kurt Eisner rief am 7.November 1918 ohne demokratische Legitimierung die Republik aus. Eisner wurde als Sohn des jüdischen Textilfabrikanten Emanuel Eisner geboren...

Er hatte sich selbst zum „Ministerpräsidenten" ernannt. Seine antinationale Gesinnung hatte er schon im Krieg unter Beweis gestellt:Des Hochverrates überführt und verurteilt, gehörte er zu jenen, die der Front von hinten den Dolch in den Rücken gestoßen hatte.Das deutsche Volk galt ihm nichts, hoch aber die Internationale. Eisner legte auch den Grundstein zur antideutschenKriegsschuldlegende,als er gefälschte Aktenherausgab, die die deutsche Alleinschuld beweisensollten.

der rote Mob übernimmt in München die Macht, es wird ein bolschewistischer Freier Volksstaat Bayern ausgerufen...

Eisner log frech: „Die Schuld an diesem Krieg liegt bei Deutschland. Das ist die geschichtlicheWahrheit, und diese Wahrheit müssen wir bekennen."

Das bestätigt auch der Brockhaus: „Da er sich von einem Schuldbekenntnis Deutschlands bessere Friedensbedingungen versprach, veröffentlichte er entstellte bayerische Aktenstücke zur Vorgeschichte des Krieges und geriet damit in Gegensatz zum Rat der Volksbeauftragten."

Als er die Macht an sich gerissen hatte, wehrte sich Bayern zunächst, gelähmt und verstört vomUntergang der monarchistischen Epoche, fast nicht. Vereinzelt aufflackernder Widerstand wurde imKeim erstickt. Eisner wollte „die Ausgestaltung der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte als Ersatzfür den bürgerlichen Parlamentarismus" erreichenund forderte den Abbruch der „diplomati-schen Beziehungen zu Berlin".

Eine demokratische Legitimierung jedoch bekam „Ministerpräsident" Eisner nicht. Im Gegenteil

erlangte seine USPD bei den ersten freien Wahlen seit dem Sturz der Monarchie nur drei Mandate,die allermeisten Wähler stimmten für Mehrheitssozialisten, Bayerische Volkspartei und die Vertreter der Bauern.

Fühlte sich berufen den roten Eisner zu beseitigen: Attentäter Leutnant Graf Arco-ValleySelbst schwer verletzt wurde ein Jahr später gegen ihm prozessiert. In der Urteilsbegründung hieß es, dass die Tat „nicht niederer Gesinnung“ entsprungen sei, sondern „glühender Liebe zumVaterland“. Trotz dieser im Grunde mit den Motiven des Attentäters sympathisierenden Richteraussage wurde gegen Arco vom Gericht am 16. Januar 1920 das Todesurteil ausgesprochen. Die Bayerische Landesregierung begnadigte ihn allerdings bereits amdarauffolgenden Tag aufgrund des Richtervotums bezüglich Arcos Motiven zu lebenslanger Festungshaft in der Festung Landsberg am Lech, von wo er im Zuge einer Amnestierungswelle

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im April 1924 entlassen und im Oktober 1927 endgültig begnadigt wurde.

Durch ein gewiss nicht zu billigendes Attentat, ausgeführt vom jungen bayerischen LeutnantGraf Arco-Valley, kam Kurt Eisner am 21. Februar 1919 ums Leben. Auf dem Weg durch diePromenadestraße wurde Eisner von dem völkisch-nationalen Studenten und zu dieser Zeit beurlaubten Leutnant im Königlich Bayerischen Infanterie-Leib-Regiment Anton Graf von Arco auf

Valley aus unmittelbarer Nähe mit zwei Schüssen in Rücken und Kopf erschossen. Eisner war sofort tot. Graf Arco nannte später unter anderem den Geheimnisverrat Eisners an die Alliierten alsMotiv für sein Attentat. Unmittelbar nach dem Mord wurde der Attentäter durch mehrere Schüssevon den beiden Leibwächtern Eisners lebensgefährlich verletzt und festgenommen. Er überlebtedurch eine Notoperation des berühmten Chirurgen Ferdinand Sauerbruch.

Doch mit diesem Attentat war das Ringen um die Macht in München lange nicht zu Ende...

[...]

[ Editiert von Administrator The Real Blazeam 29.11.08 15:05 ]The Real Blaze Eisners konzeptlose RevolutionstheoriePrimärquelle: Koch, Der deutsche Bürgerkrieg

Es gibt Vermutungen, wonach Eisner, als er sich am 21. Februar nach seiner Wahlniederlage zur Wiedereinberufung des Bayerischen Landtages begab, bereit war, zurückzutreten. Die bereitsunterzeichnete Rücktrittserklärung soll sich in seiner Aktentasche befunden haben. Man hat zwar die Aktentasche, nicht aber das Dokument gefunden, und andere Quellen veranlassen zu der Annahme, daß Eisner mit dem Gedanken gespielt habe, auf seine Ausgangsposition zurückzukehrenund seine Macht mit Gewalt und mit Hilfe der Räte und des revolutionären Ausschusses

aufrechtzuerhalten.

Kurt Eisner mit seiner Frau Anfang 1919 auf dem Weg in den Landtag - dahinter ein Soldat,offenbar als Personenschutz

Was für Absichten Eisner auch immer gehabt haben mag - er hat sie nicht mehr ausführen können,als er an einem Februarmorgen von dem ehemaligen Fliegerleutnant Anton Graf von Arco auf Valley, einem Enkel des Bankiers Eduard Salomon von Oppenheim, auf der Straße erschossenwurde.

Die Nachricht von der Ermordung Eisners erreichte den versammelten Landtag schon wenigeMinuten später. Man unterbrach die Sitzung sofort, und alle Abgeordneten wurden nach Waffenuntersucht. Merkwürdig bleibt, daß man die Zuschauer auf der Publikumstribüne nicht überprüfte.

Punkt elf Uhr eröffnete Auer in seiner Eigenschaft als Vizepräsident des Landtags wieder dieSitzung, würdigte den Idealismus Eisners und bot den Rücktritt des Kabinetts an.

In diesem Augenblick öffnete sich die bewachte Tür zum Sitzungssaal, ein Mann mit einer Pistolestürmte herein und feuerte mehrere Schüsse auf die Ministerbank und in die Reihen der Abgeordneten. Auer wurde schwer verletzt, zwei Männer, die dem Attentäter den Weg abschneidenwollten, wurden niedergeschossen. Zur selben Zeit fielen Schüsse von der Galerie. Der Mann, der in den Sitzungssaal eingedrungen war,Alois Lindner, war ein Mitglied des RevolutionärenArbeiterrates; trotz der Wachen gelang es ihm, den Landtag wieder zu verlassen.

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Links der Mörder Alois Lindner ( bolschewistischer Bahnhofskellner ) mit Erich Mühsam und Guido Kopp im Jahr 1929. Lindner ermordete am 21.2.1919 vormittags den Landtagsabgeordneten Osel und den Major von Jahreis und verletzte den Staatsminister Auer

lebensgefährlich. Linder flieht zu den Rätebolschewisten nach Ungarn, wo er sich deren Revolution anschließt. Bei einer Kurierfahrt nach Deutsch-Österreich wird er festgenommen und an Bayernausgeliefert.Lindner wird wegen dieses Verbrechens nur zur Gesamtstrafe von 14 JahrenZuchthaus verurteilt, weil man nicht endgültig klären konnte, ob sich tatsächlich, die tödlichenSchüsse auf Osel, aus Lindners Revolver stammten...Erhard Auer überlebte den Anschlag und der tödliche Schuss auf den Major hatte sich ja nach einem Handgemenge gelöst... Nach acht Jahren wird Lindner begnadigt. Lindner geht zurück nach München und eröffnet einenLebensmittelladen, doch nach wenigen Wochen ist das Geschäft pleite...

Dieser mörderische Landtagsüberfall hat Noske zu dem Schluß kommen lassen, daß der Zwischenfall von Eisner im Vorhinein geplant gewesen sei, um die Mehrheitssozialdemokraten zustürzenund die Herrschaft der revolutionären Räte zu errichten. Eisner habe, so argumentierte Noske, die republikanische Schutztruppe bestochen, damit sie nichteingriffe, und ihre gänzliche Passivität sowie der Unterschlupf, den Eisner dem bolschewistischenAgenten Tobias Axelrod gewährte, verleiht Noskes Ansicht ein gewisses Gewicht.

Es sind bisher jedoch keine Quellen entdeckt worden, die einen Beweis für eine von Eisner geplanteVerschwörung hätten liefern können.

Zu seinen Lebzeiten war Eisner gescheitert. Ohne ein klar durchdachtes Programm zubesitzen, hatte er gehofft, irgendwieeine neue deutsche Gesellschaftsordnung errichten oderzumindest die parlamentarische Demokratie mit der Räteherrschaft verschmelzen zu können.Seinen Versuch,ein Kerenskij und ein Lenin in einem zu sein, bezahlte er mit seinem Leben,ohne daß er das eine noch das andere erreicht hätte. Wenn Eisner wirklich eine zweite Revolution beabsichtigt hatte, so ist ihm als Totem größerer Erfolg zuteil geworden, denn als Lebendem.

In Bayern wurde sofort das Kriegsrecht verkündet, der Generalstreik ausgerufen und die Schließungder Universität und aller Zeitungsredaktionen angekündigt.Die Räte erließen Befehl,Geiseln zuverhaften; man ergriff in erster Linie Mitglieder des Adels, ehemalige Offiziere und ein-flußreiche Bürger. Für kurze Zeit war das bayerische Proletariat geeint.

Im Verlauf der vorangegangenen Wochen war Eisner zum Ziel öffentlicher Beschimpfungen undzum Objekt des allgemeinen Gespötts geworden. Jetzt, da er tot war, schwand der Mensch Eisner und wurde durch einen Mythos ersetzt.Die Stelle am Promenadeplatz, wo er ermordet worden war,wurde mit zahllosen Kränzen und Blumen geschmückt, und bewaffnete Matrosen zwangen jedenVorübergehenden zu einem Ehrenbeweis. Die Massen, die EisnersStaatsbegräbnisbeiwohnten,schienen seine Popularität ebenso zu bezeugenwie das Geläut sämtlicher MünchenerKirchenglocken. Doch das letztere wurde oft durch vorgehaltene Gewehre erzwungen , und wasdie >Massen< anbelangt, so läßt sich sagen, daß für sie zu Zeiten eines Generalstreiks und beim plötzlichen Einsetzen milden Wetters ein Begräbnis besonders in Bayern ein ebenso interessantesSchauspiel abgab wie jedes andere.Auch vom Begräbnis der beiden anderen Opfer Lindners,

des Majors Ritter von Jareis und des Abgeordneten Heinrich Osel, wurde eineMassenbeteiligung gemeldet.

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Nach dem Tod Eisners schlossen sich Mehrheitssozialdemokraten, Unabhängige und Spartakistenzusammen und bildeten einen Vereinigten Revolutionären Zentralrat der Bayerischen Republik, der sich Regierungsfunktionen beilegte und Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten versprach.

Doch nach den Polizeiberichten der Zeit zu urteilen, nahmen das Plündern von Villen und

Wohnungen und Übergriffe allgemein noch an Häufigkeit zu.Außerdem war die Vereinigungder drei Gruppierungen im Zentralrat nur von kurzer Dauer. Als Erich Mühsam am 28. Februar eineResolution einbrachte, die die Ausrufung einer Räterepublik zum Ziel hatte,wurde sie mit 234gegen 70 Stimmen abgelehnt.

Die Republikanischen Schutztruppen, mittlerweile Auers militärisches Werkzeug, versuchten, die prominentesten Spartakisten, unter ihnen Mühsam, Max Levien und Gustav Landauer, zu verhaften,doch sie mußten sie kurze Zeit später wieder freilassen. Landauer, ein angesehener Gelehrter, war einer der wenigen Einheimischen unter den führenden Revolutionären.

Im Deutschen Reich kursierende Postkarte über gewisse Volksfeinde mit diesbezüglicher Unterschrift

Max Levin, blond und hochgewachsen,war in Rußland geboren , hatte das Land jedoch mit seinenEltern unter dem zunehmenden Druck der dortigen brutalen Pogrome verlassen. In Zürich machte er die Bekanntschaft Lenins, dessen Ideen er während seiner Militärdienstzeit im deutschen Heer propagierte. 1919 gehörte er zu den Mitbegründern der Spartakusbewegung und der Deutschen Roten Armee.

Zwei Ereignisse beeinflußten die weitere politische Entwicklung in Bayern besonders: Einmal dieProklamation einer Räterepublik in Ungarn unter Bela Kun, die im Kontext der revolutionärenSituation, wie sie in Deutsch-Österreichimmer noch gegeben war,das Gespenst eines österreichisch-ungarisch-bayerischen Räteblockswachrief.

Zum anderen konnten sich die Regierungsstreitkräfte in Berlin nach dem Märzaufstand endgültigdurchsetzen und ihre Herrschaft in allen Landesteilenmit Ausnahme Bayernssichern.Diebayerische Frage war zu einem nationalen Problem geworden, und die Regierung hatte nun,wenn es die Lage erforderlich machte, die nötigen Kräfte zur Verfügung, um sich dieser Sache

anzunehmen. Doch sie tat es nur widerstrebend und hoffte insgeheim, daß die Kräfte, die in Bayern dieMehrheitssozialdemokraten unterstützten, der Lage selber Herr werden würden.

Bayern war in der Tat eifrig bemüht, eine Intervention von außen abzuwenden, und auch noch nachEisners Ermordung hatte Ebert am 21. Februar ein Telegramm vom bayerischen Innenminister erhalten, in dem er behauptete, die Armee sei Herr der Lage:»... Im großen und ganzen ist dieRuhe nicht gestört. An einzelnen Stellen wird geschossen, auch Handgranaten werden gewor-fen, plündernde Banden ziehen durch die Straßen. Man hofft ihrer Herr zu werden.« « WennSchießereien in den Straßen, explodierende Handgranaten und Plünderer auch die Gemütsruhe des

bayerischen Innenministers nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen vermochten - der preußischeGesandte in München betrachtete die Lage nicht mit solcher Gelassenheit.Er rüttelte Berlin mit der Nachricht wach, daß die Ausrufung einer Räterepublik Bayern

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beschlossene Sache sei und die SPD ebenso wie die Unabhängigen und die Bauernhöchstwahrscheinlich den revolutionären Rat verlassen würden, was ihn unausweichlichzu einerrein spartakistischen Institution werden lasse."

Nachrichten über Geiselnahmen durch die Spartakisten in München riefen neue Besorgnisse hervor,und von Württemberg aus legte man nun Berlin mit Nachdruck nahe, gegen Bayern

Präventivmaßnahmen zu ergreifen.[...]

[ Editiert von Administrator The Real Blazeam 02.12.08 19:50 ]

The Real Blaze Der rote Terror zieht ein!

Ein paar Wochen lang konnten die gemäßigten Kräftein Bayern sich halten, und im März wurdeeine neue provisorische Regierung ernannt. In der ersten Sitzung des bayerischen Landtages nach

dem Tode Eisners wurde der frühere Unabhängige Sozialdemokrat Johannes Hoffmann zumMinisterpräsidenten gewählt.

der seperatistische Sozialdemokrat Johannes Hoffmann - im Oktober 1923 proklamierte Hoffmann erfolglos eine pfälzische Republik

Doch der Revolutionäre Zentralrat war nicht bereit, der neuen Regierung zu weichen - schon wegender Vorgänge in Berlin nicht, die in bayerischen Berichten so dargestellt wurden, als ob dort einSieg der Spartakisten unmittelbar bevorstünde. Doch Spaltungen innerhalb des Rates ermöglichtender neuen Regierung Hoffmann einen Zeitgewinn. Der Revolutionäre Zentralrat teilte sich nachkurzer Zeit in zwei Richtungen auf; zur radikaleren gehörten Ernst Toller, Ernst Niekisch, einehemaliger Lehrer, Mühsam, Levien und Eugen Levine,auch er ein Flüchtling vor denantijüdischen Pogromen in Rußland .

Die Mitglieder dieser Gruppe waren es leid geworden, immer nur wirkungslose Resolutionen zuverabschieden, und drangen auf Aktion.

Bei diesem Vorhaben fanden sie die Unterstützung des Tobias Axelrods, eines russischenBolschewisten, der an der Oktoberrevolution teilgenommen hatte und im Auftrag dersowjetischen Regierung nach Deutschland gekommen war, um hier und im westlichen Europadie Presseagitation zu organisieren.

Über Berlin und Stuttgart kam er nach München, wo Eisner ihn in einem Sanatorium in Ebenhausen bei München unterbrachte. Nach Eisners Tod beanspruchte er, offenbar erfolgreich, gegenüber der Regierung Hoffmannden Diplomatenstatus.

Die Revolutionäre hatten anscheinend wenig Schwierigkeiten, die Soldatenräte zu überreden, dem bayerischen Landtag und der provisorischen Regierung ihren Schutz zu entziehen.

Die bolschewistischen Rätedelegiertegaben vor, stellvertretend für alle Räte in Bayern zusprechen, und verlangten von Hoffmanndie uneingeschränkte Diktatur des Proletariats , dieAufstellung einer Roten Armee und einBündnis mit der Sowjetunion und dem Ungarn BelaKuns sowie dievöllige AbtrennungBayerns vom Deutschen Reich.

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Der preußische Gesandte in München telegraphierte nach Berlin, es stehe zu befürchten, daßBayern ganz Deutschland anstecke, und empfahl rasche und wirksame Maßnahmen. Auch dieDemobilmachungsstelle der Reichswehr in Nürnberg zeigte sich besorgt und empfahl, Bayernsämtliche Kohlenlieferungen zu sperren.

Hoffmann gelang es noch immer, die Forderungen der Räte zu drosseln; er gedachte Zeit zugewinnen und hoffte,irgendein Wunder werde den ganzen Spuk hinwegfegen.Scheidemann beschloß, sich persönlich nach Süddeutschland zu begeben; am 7. April wollte er sichin Würzburg mit Abgeordneten der bayerischen SPD treffen, um sich ein Bild von der Lage zuverschaffen.Doch da sämtliche Verkehrsverbindungen in Bayern unterbrochen waren,konnten die bayerischen Abgeordneten nicht nach Norden reisen.

Einer von ihnen schrieb jedoch einen Brief an Scheidemann, in dem er versicherte, daß dieRegierung Hoffmann das Rätesystem rundweg ablehne. Der bayerischen Regierung stünden nur zwei Wege offen, hieß es in dem Brief:entweder unter Protest zurückzutreten oder den Kampf fortzuführen. Das letztere war allerdings im Augenblick unmöglich. Auf die Einheiten der bayerischen Armee einschließlich des berühmten Leibregiments war kein Verlaß.

An demselben Tag, für den die Konferenz in Würzburg geplant gewesen war, fand in München dielange erwartetedritte Revolution statt: dieRäterepublik von Bayern wurde proklamiert, an ihrer Spitze stand einProvisorischer Rat der Volksbeauftragtem unter dem gemeinsamen Vorsitz vonToller und Niekisch.

Hoffmann und seine Regierung verließen München sofort und fuhren nach Bamberg, wo sie relativsicher waren.Die erste Amtshandlung des neuen Rates bestand in der Auflösung desbayerischen Landtages und in der Schaffung einer Roten Armee.

Wirkte wie eine Wirtshausrunde - die bayrische Räteregierung, in der wirre Revolutionsdekreteausgebrütet wurden. In der Mitte Erich Mühsam.

Anstatt andere dringend notwendige Maßnahmen zu ergreifen, überschwemmte der neue RatBayern mit einer Flut von Flugblättern revolutionären Inhalts, die zwar den Himmel auf Erdenversprachen, aber nicht dazu beitrugen, die knurrenden Mägen der Städter zu füllen; wenig irdischeBefriedigung verschaffte den Stadtbewohnern die Forderung Mühsams:»Eine Wiese voll Blumenmuß die Welt werden, in der jeder seinen Teil pflücken kann.«

Landauer, dem man das Erziehungswesen anvertraute,dekretierte: »Jeder arbeitet,wie er es für gut hält ; das Unterordnungsverhältniswird aufgehoben , das juristische Denkenhat hiermit aufgehört . Jeder Staatsbürger 18. Lebensjahr an ist zum Besuch der Universität berechtigt. Der bisherige Geschichtsunterricht wird als kulturfeindlich verboten .«

Damit wurde das bolschewistische Chaos manifestiert!

Zum Volksbeauftragten für Auswärtige Angelegenheiten ernannte man jenem zwielichtigenDr.Franz Lipp, der früher einmal in der politischen Abteilung des Generalstabs Dienst getan hatte.86Bei Übernahme seines Amtes sandte er sein Telegramm an Lenin: »Proletariat Oberbayerns

glücklich vereint... Bamberg Sitz des Flüchtlings Hoffmann, welcher aus meinem Ministerium denAbtritt Schlüssel mitgenommen hat!

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Dem Volksbeauftragten für das Verkehrswesen übermittelte der politische Wirrkopf folgende Notiz:»Ich habe an Württemberg und Schweiz den Krieg erklärt, weil diese Hunde nicht die 60 Lokomotiven sofort leihweise überlassen haben. Ich bin sicher, daß wir siegen. Außerdem werdeich den Segen des Papstes , mit dem ich gut bekannt bin, für diesen erflehen.«

Als man Toller von Lipps Eskapaden informierte, löste er ihn unauffällig ab.Man mußte den nicht

mehr Zurechnungsfähigen schließlich in eine Heilanstalt einweisen.Die Unzufriedenheit unter der bayerischen Bevölkerung wuchs ständig, doch die Ursachen wurdenunterschiedlich interpretiert. Die RussenLevine, Levien und Axelrod waren der Meinung, man habedie Räterepublik zu früh ausgerufen aber da sie nun existiere, müsse sie energischere Maßnahmenergreifen. Daß die republikanische Schutztruppe einen weiteren erfolglosen Versuch unternahm dieRäte abzusetzen und die Regierung Hoffmann wieder in den Sattel zu heben, kam ihnen dabeigelegen.

Mit dem Argument, die Sache der Revolution fordere eine festere Hand, begründete man dieAbsetzung des Provisorischen Rates der Volksbeauftragten und proklamierte am 13. April dieZweite Räterepublik unter der Diktatur von Eugen Levine und Max Levien. Rudolf Eglhofer wurde zunächst zum Stadtkommandanten von München und ein paar Tage später zumKommandeur der Roten Armee ernannt , in die man auch reiche russische Kriegsgefangeneaufnahm.

Feierte rauschende Revolutionspartys: Eugen Levine der jüdisch-bolschewistische Import- Revolutionär aus Russland.

Levine, Levien und Axelrod lebtenauf großem Fuß, quartierten sich im Wittelsbacher-Palaisein, und ihre Feste verliefen so geräuschvoll, daß die Passanten auf der Straße stehen blieben,um zuzuhören und zu gaffen.

Bankräuber und Befehlshaber der Roten Armee in einer Person: Rudolf Eglhofer

Idealistische und romantische Revolutionäre wie Toller und Landauer wurden in den Hintergrundgedrängt.Eglhofer persönlich sprengte den Safe der Reichsbank, sicherte sich denLöwenanteil der Beute verteilte Tausendmarkscheine an sein >Personal<.Die Mannschaft

seiner Roten Armee wuchs innerhalb kürzester Zeit auf 20 000 Leute an; der einfache Soldat erhielteinen Monatssold von750 Mark , ein Unteroffizier etwa 1000 Mark. Man hat die Aufwendungenfür die Rote Armee Eglhofers auf ungefähr 500 000 Mark pro Tag geschätzt; als die verfügbarenReserven aufgezehrt waren,wurden die Notenpressen in Gang gesetzt.

[...]The Real Blaze Eine schnelle Freikorpshilfe wird vorerst abgelehnt

Unterdessen begann die Regierung Hoffmann, eine eigene Streitmacht zu organisieren. Man tat es

in der Hoffnung, auch ohne Unterstützung durch Truppenverbände der vorläufigen Reichswehr undder Freikorps auszukommen.

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Als sich dieses Unterfangen als vergeblich erwies, versuchte Hoffmann, wenigstens preußischeTruppen von Bayern fernzuhalten, und bestand in einem Brief an Scheidemann mit Nachdruck darauf, daß sämtliche militärischen Unternehmungennur von bayerischen oder württembergischen Truppen ausgeführt würden; speziell ins Auge gefaßt war dabei jene bayerische Formation, die sich an der Ruhr einen Namen gemacht hatte, dasFreikorps Epp .

Soldaten des Freikorps Epp

Doch der preußische Gesandte in Württemberg hatte schon zuvor nach Berlin berichtet, daß inWürttemberg nicht genug Truppen zur Verfügung stünden. Hoffmann, eingedenk der leichterregbaren partikularistischen Empfindungen der Bayern, war immer noch abgeneigt, Noskeswiederholte Angebote einer militärischen Unterstützung anzunehmen.Er gab vorderhand Geld, Waffen und Munition den Vorzug.

erließ ein Verbot für Freikorps-Werbung in Bayern und verhaftete mehrere Offiziere: Ernst Schneppenhorst

Sein neuer Minister für militärische Angelegenheiten, Ernst Schneppenhorst, von Beruf Zimmermann, stellte ein bayerisches Freikorps auf. Es bestand aus etwa 2000 schlechtausgerüsteten und schlecht geführten Leuten.

Zu allem Überfluß hatte der rote Levine auch noch eine Anzahl Rekruten aus seiner Roten Gardeabgeordnet , die den Auftrag hatten,sich in dieses Freikorps aufnehmen zu lassenund dortUnzufriedenheit zu verbreiten.

Als Hoffmanns Truppen nach Süden vorrückten, entfalteten Levine und Levien eine fieberhafteAktivität, um München gegen den Angriff der weißen Konterrevolutionärezu rüsten.

Man übertrug Toller den Oberbefehl auf dem nördlichen Kriegsschauplatz zwischen Freising undDachau. Am 16. April wurden spartakistische Unterhändler an Schneppenhorst gesandt; sieüberbrachten die Forderung, seineWeiße Armeesolle sich auf eine Linie nördlich der Donauzurückziehen und die Blockade Münchens, die mehrere Tage angedauert hatte, aufheben.Was dannwirklich vor sich ging, ist nicht mehr deutlich zu rekonstruieren.

Unklar ist, ob Schneppenhorst in Erkenntnis der Schwäche seiner eigenen Truppen die überbrachtenBedingungen annahm oder nicht. Auf jeden Fall eröffnete spartakistische Artillerie auf einen Befehlhin, dessen Herkunft im Dunkel liegt,das Feuer auf Dachau, wo sich die TruppenSchneppenhorsts festgesetzt hatten.

der Anarchist Ernst Toller - kämpfte aber als Kriegsfreiwilliger vor Verdun...

Toller und ein Bataillon ausgewählter Freiwilliger ergriffen die Initiative und nahmen Dachau imFrontalangriff. Der größte Teil der Truppen Hoffmanns wechselte entweder die Seite oder wurde

gefangengenommen. Schneppenhorst gelang es gerade noch, auf einer Lokomotive zu fliehen.

Der Sieg der Roten Armee war trügerisch. Innerhalb des Rates waren zwischen Levien, Levine und

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Axelrod auf der einen Seite und Toller auf der anderen Differenzen aufgetreten.Die ersterenwollten denRoten Terror errichten, doch Toller widersetzte sich.

Außerdem machte sich ständig zunehmende Verärgerung in bezug auf das wachsende Übergewichtder Russenbreit;der untentwegte penetrante Hinweis auf das große Vorbild der russischenRevolution, so wurde argumentiert,reize die Öffentlichkeit und insbesondere die Arbeiter, so

daß sie ihre Unterstützung verweigerten. Die Gruppe um Toller konnte auch auf die wachsende Unruhe in und um München hinweisen.Während die Bürger der Stadt das wachsende Chaos mit allen Zweifeln verfolgten, formierte sich inden umliegenden ländlichen Gebieten der Widerstand, und Bauern organisierten sich inSelbstverteidigungs-Gruppen gegen plündernde Rote! Sie waren der Ansicht, sie hätten genugunter dem Krieg gelitten, und in Stadt und Land wuchs täglich die Zahl derjenigen, die sich eineRückkehr zu den Zeiten desMillibauerswünschten - Millibauer war der Spitzname, den die BayernLudwig III. gegeben hatten, weil er selber Viehzucht betrieben hatte. Im Chiemgau organisiertensie, in der Mehrzahl Gediente, eben aus dem Krieg zurückgekehrt, einFreikorps Chiemgau: esvereitelte mit Erfolg einen Versuch, der Revolutionsregierung, einen Gesandten zum ungarischenBolschewisten Bela Kun zu schicken.

Ohne daß die Räterepublik es wahrnahm, verschlechterte sich ihre Lage von Tag zu Tag. Nördlichder Donau schlugen alle Versuche, Fuß zu fassen, fehl: im südlichen Bayern, ihrem eigentlichenMachtzentrum, war ihr Einfluß auf München und einige Industriestädte beschränkt,und dort war sie von einer feindlich gesinnten ländlichen Umgebung eingekreist .

»Der größte Fehler der Kommunistenführer, unter denen sich zweifellos mehrere wertvollePersönlichkeiten befunden haben, war, dem Lande den Kommunismus aufzwingen zu wollen, indem 60 % dem Bauerntum angehören.«

Schon die Französische Revolution habe gezeigt, daß man sich diesen Sektor niemals entfremdendürfe.Der Rote Sieg von Dachaumachte alle Erwartungen der Regierung Hofmann, sie könne der Lageselber Herr werden, zunichte, und so mußte sie, ob sie wollte oder nicht, die militärische Hilfe Noskes in Anspruch nehmen.

Noske hatte bereits den Entschluß gefaßt, an die Spitze der Truppen keinen bayerischenOberkommandierenden zu berufen, falls nicht auch der größte Teil Mannschaften aus Bayernrekrutiert werden konnte. Aus diesem Grund wählte er General von Oven für diesen Posten, und um

den heimischen Empfindlichkeiten ein Zugeständnis zu machen, stellte er ihm den bayerischenGeneralmajor von Möhl zur Seite.

General von Oven

Generalmajor von Möhl

Es wurde aber eindeutig klargestellt, daß Möhl keinerlei Befugnis habe, in die Operationen der

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Truppe einzugreifen, lediglich als Stellvertreter der bayerischen Regierung fungiere. Der Titel eines bayerischen Oberkommandierenden, den man ihm beilegte, war vorderhand eine Geste der Höflichkeit. Die einzige praktische Funktion, die man ihm übeerließ war die Unterzeichnung bzw.Gegenzeichnung von Proklamationen an die Bevölkerung. Doch sobald bayerische Formationenexistierten, wollte man ihm deren Kommando übertragen.

Die Regierung in Berlin erklärte nun für Bayern den Ausnahmezustand und organisierte inThüringen Truppen, deren Zusammensetzung schließlich folgendermaßen aussah: das Reichskontingent , bestehend aus den Freikorps Lützow und von Görlitz, der II. Marinebrigade unter Kapitänleutnant Ehrhardt, Einheiten der Garde-Kavallerie-Schützen-Division, deren eine unter der Führung Major von Mansteins, eine Kavallerieschützen-Brigade, eine Abteilung Württemberger,unter ihnenHauptmann Erwin Rommel , das Freikorps Epp , unter Einschluß des BayerischenSchützenkorps, kommandiert von Oberst von Epp, dann Hoffmanns eigene dürftige Streitkräfte unddas Freikorps Schwaben. Diese Truppen wurden unterstützt von einer Staffel Kampfflugzeugeund zwei Panzerzügen.

die II. Marinebrigade unter Kapitänleutnant Ehrhardt

links Kapitänleutnant Ehrhardt

der Befehlshaber des Freikorps Schwaben: Ritter von Pitrof

Die Befehlshaber waren unmittelbar Noskes Reichswehrministerium unterstellt. Die bayerischeRegierung war kaltgestellt, sämtliche Befehle gingen von Berlin aus, so daß Bayern letztlich dieSonderrechte verlor, deren es sich seit 1871 erfreut hatte.

Als Gegner stand ihnen eineRote Armee gegenüber,deren Kern aus der persönlichenWachmannschaft Levines bestand, »ein kleiner Kern kriegserfahrenen Personals, geführt vonfrüheren Offizieren«. Dieser Kommentar des preußischen Gesandten in München wurde ergänzt

durch den Bericht des Nachrichtenoffiziers des Generals von Oven, wonach die Garnison der Armee in Münchenmilitärisch wertlos sei und die Rote Armee auf eine Stärke von16 000 bis 60000 Mann geschätzt wurde, deren wertvoller Kern jedoch aus Bataillonen bewaffneter Arbeiter bestehe, die »einen sehr guten Eindruck machen«.

Auch die russischen Kriegsgefangenen, die in der Roten Armee mitkämpften, hielt man für potentiell hervorragende Gegner. Wenngleich dieRote Armee auch über eine beträchtliche Anzahlschwerer Maschinengewehre verfügte, befand sie sich doch im Nachteil, weil ihr nicht genügendgeeignete Artillerieunterstützung zu Gebote stand.

Trotz dieser Ausrüstungsmängel feierte die Rote Armee erst einmal ihren Dachauer Sieg.Obwohl seit dem 13. April der Generalstreik ausgerufen war, wurde er am Karfreitag aufgehoben,damit sich die Rote Armee auf Ostern die Haare schneiden lassen konnte.

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Geiselnahmen waren nun an der Tagesordnung, und eine mit Handgranaten und MGs bewaffneteAbteilung von Soldaten erzwang sich den Zugang zur Residenz des Erzbischofs von München-Freising, des späteren Kardinals Faulhaber. Er war zu seinem Glück nicht anwesend. AuchZusammenstöße zwischenrivalisierenden Gruppender Roten Armee, die sich gegenseitig beschuldigten, Republikaner zu sein, kamen vor. Eines dieser Gefechte wurde unter Einsatz von Maschinengewehrenim Münchener Hauptbahnhof

ausgetragen. Erich Mühsam wurde bei dem Versuch, eine andere Gruppe zur Vernunft zu bringen,verprügelt .Am 18. April kosteten einzelne Zwischenfälle dieser Art allein in Münchenvierzehn Menschendas Leben.

München am 22.April 1919, in der Stadt herrschte der rote Terror...

Die Zustände in der Stadt wurden von Tag zu Tag schlimmer. Für die Aufrechterhaltung von Gesetzund Ordnung war ein neuer Polizeipräsident zuständig,Johann Dosch, ein Mann,dessenumfängliches Strafregister von der Kuppelei bis zu Schwarzmarktvergehen und Diebstahlreichte. Sein Stellvertreter Köberl, gleichzeitig Vorsitzender des Revolutionären Arbeiterrates,wareinundzwanzigmal wegen krimineller Vergehenvorbestraft . Es war also nicht eben eine Verbesserung, wenn man, als Doschs Sündenregister bekannt wurde,seinen Stellvertreter zum Polizeipräsidenten ernannte und ihn selber zum Stellvertreter herabstufte.

Levine hatteden richtigen Blick für die Situation. Seit Tagen hatte man für ihn ein Flugzeugstartbereit gehalten; am Ostersonntag ging er an Bord, angeblich um bei Bela Kun um finanzielleHilfe nachzusuchen. Der Pilot stellte jedoch einen Maschinenschaden fest und landete etwa fünfzig Kilometer östlich von München.

Die Spaltung innerhalb der Führung der Räte in München nahm noch extremere Formen an. Toller verurteiltedie kriminellen Aktionender Russenklar und deutlich und befürchtete, sie würdenschlimme Folgen für die Münchener Arbeiterklasse haben.

Die Nachricht, daß der Zentralrat gegen Bestechungsgelder ausländische Pässe ausgebe, war auchkaum dazu angetan, die Gemüter zu beruhigen;Levien wurde öffentlich beschuldigt, er stelleseine persönliche Interessen über die der Partei.

Toller trat von seinem militärischen Kommando zurück. Doch um die Massen noch beieinander zu

halten, spielten Kapellen der Roten Armee den ganzen Ostersonntag auf den größeren PlätzenMünchens zündende Militärmärsche. Aufmunterung tat not - man konnte der Bevölkerung nichtmehr die Nahrungsmittel verschaffen, die ihr aufgrund der Lebensmittelkarten zustanden.An diesem Tag erschien auch das erste Flugzeug der Streitkräfte von Ovens, das über Gotha, Erfurtund Saalfeld nach Bayern eingeflogen war, über München und warf Flugblätter ab, in denen der Münchner Bevölkerung Hilfe versprochen wurde. Im Gegenzug verkündeten die Revolutionäre,daß es am Ostermontag in allen Bierkellern der Stadt Freibier gebe , und am folgenden Tag wurde eine große Parade der Roten Armee in der Ludwigstraße abgehalten...

[...]The Real Blaze

Die Zerschlagung der Spartakisten-TruppeAm 27. April hatten die Truppen von Ovens den Lech vierzig Kilometer nordwestlich von München

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erreicht, und nun begann nach dem wohlerprobten Muster Maerckers die Einkreisung der Stadt.

Bei Annäherung der Regierungsstreitkräfte erhielten die Freikorps einen beträchtlichen Zuwachsaus Bayern selbst: man wollte sicherstellen, daß dem Augenschein nach auch Bayern an der Befreiung ihres Landes von den Spartakisten teilnahmen. Preußische Kontingentewie zum BeispielEhrhardts Marinebrigade hatten schon zu spüren bekommen, daß sie selbst bei denen, die froh

waren, wenn der rote Spuk verschwand, nicht sonderlich willkommen waren.

das volkstümmlich wirkende Freikorps Werdenfels

Mehr als achtundzwanzig bayerische Freikorps schlossen sich von Oven an; viele hoben denUmstand, daß sie sich nicht zu den Regierungstruppen zählten, dadurch hervor, daß sie anstelle der feldgrauen Uniformendie heimische Gebirglertracht trugen.

Außerdem führten sie als Fahne nicht das Schwarz-Weiß-Rot der Regierungstruppen, sondern, wiedas Freikorps Werdenfels , die weißblauen bayerischen Rauten.

Als sich der Ring der Regierungstruppen um München enger zusammenschloß, bemächtigte sichder Stadteine Panikstimmung.

Am 28. April schlugEglhofer vor, man solle sämtliche Mitglieder der Münchner Bourgeoisie auf der Theresienwiese zusammentreiben und exekutieren. Der Vorschlag wurdemit einer StimmeMehrheit abgelehnt.

Daß am gleichen Tag ein Telegramm Lenins eintraf, in dem er die bayerische Räterepublik begrüßte,wurde kaum zur Kenntnis genommen. Bis zum Mittwoch, dem 30. April, hatte sich der konzentrische Ring um München weiter zusammengezogen, die Truppen der Regierung hielten dieRandgebiete bereits besetzt.

Axelrod und Levien machten einen Versuch, nach Deutsch-Österreich zu entkommen, dochnoch bevor sie aufbrachen, erteilten sie Eglhoferden Befehl zur Exekutionvon Geiseln.

ein Rotgardisten-Kommando auf einem LKW

Eine Einheit des ersten Infanterieregiments der Roten Armee,in der die ehemaligen russischenKriegsgefangenen dienten, nahm dieExekution jener Geiseln vor, die im Luitpoldgymnasium inder Müllerstraße nahe dem Verwaltungszentrum der Stadt gefangengehalten worden waren.

Zwei Mitglieder der Regierungstruppen, die die Rote Armee festgenommen hatte, waren bereitshingerichtet worden.Sie hatten angeblich an der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts teilgenommen. Eglhofer, Levine und Levien rechtfertigten die Exekutionenmit dem Gerücht, wonach elf Sanitäter der Roten Armee getötet worden seien,obwohl sie über den Ort der Tat nichts Genaueswußten, und behaupteten, auf den Kopf jedes Mitgliedes der Roten Armee sei von der Regierung ein Preis zwischen dreißig und fünfzig Mark ausgesetzt worden.

Doch die Mehrzahl der in der Schule stationierten Soldaten der Roten Armeeweigerte sich, dieseBefehle auszuführen. Sogar jene, die letztlich freiwillig dienten, unter ihnendrei Russen,

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erklärten mit Nachdruck, sie seien nicht gewillt, unschuldige Leute zu töten.

Man erklärte, die zehn Geiseln - teils Mitglieder einer damals kleinen, aber einflußreichenantisemitischen Vereinigung, der Thule-Gesellschaft - seien Verräter der Arbeiterklasse.Als dieExekutionen stattfanden, tanzten in der Schule die Soldaten mit der Bevölkerung, die sich ihnenvon der Straße beigesellt hatte, zu den Klängen einer Harmonika.Die Geiselnwurden zu Paaren

in den Hof getrieben und nicht nur erschossen, sondern zuvor noch qualvoll verstümmelt. Toller, dem man die Nachricht von dem Exekutionsbefehl überbracht hatte, eilte so rasch er konntezum Luitpoldgymnasium, doch er kam zu spät, um die ersten zehn Opfer noch retten zu können,immerhin rechtzeitig genug, um den Tod der anderen Gefangenen zu verhindern.

Fritz Seidel, der die Erschießungen leitete, ist entgegen anderslautenden Behauptungenkeinehemaliger Offizier gewesen. Er war wegen Unterschlagung mehrmals vorbestraft und alsAgitator zu Spartakus gestoßen; nach der Exekution machte er sich aus dem Staube undnahm 20 000 Mark mit, die übriggeblieben waren, nachdem er seine Leute ausgezahlt hatte.

Die Nachricht von den Morden war niederschmetternd für die Räte, die sich sofort von dieser Tatdistanzierten und sich spontan von ihren Sitzen erhoben, um die Opfer zu ehren.

Die Exekution zeitigte zwei weitere wichtige Folgen.In der Stadt formierten sich Gruppen von ehemaligen Offizieren, Soldaten und Studenten, bildetenentschlosseneine Selbstverteidigungseinheitund besetzten in kurzer Zeit einigeSchlüsselpositionen in der Innenstadt.

Als zweites demonstrierten die Regierungstruppen in den Stadtrandvierteln, daß sie nicht langer Einheiten der preußisch-deutschen Armee seien, sondern in Krisensituationen letztlich selber die Notwendigkeit ihres Handelns bestimmten. Der ursprüngliche Plan von Ovens war es gewesen,langsam gegen den Stadtkern vorzurücken und dabei unnötiges Blutvergießen zu vermeiden; er hatte gehofft, das bis zum 3. oder 4. Mai durchsetzen zu können.«

Doch als die Nachricht von den Morden die Truppen erreichte - wobei sie, wie gewöhnlich Nachrichten dieser Art in solcher Situation, noch extrem übertrieben wurde -.verließen sie,insbesondere die Einheiten aus den nördlichen Gebieten unter ihnen die Brigade Ehrhardt, ihreStellungen und stießen am späten Nachmittag des 1. Mai in die Stadt vor.

Ein gefangener Spartakist? - Meistens wurden sie an Ort und Stelle erschossen, nach denGeiselerschießungen bekannt wurden

Oberst von Epp hatte bereits einen Tag zuvor einen seiner Offiziere in die Stadt geschickt, der Leuteaus den regulären Armee-Einheiten um sich scharen sollte, und es war ihm gelungen, ungefähr 200Mann zusammenzubringen.

Als die Regierungstruppen einmarschierten, entwickelten sich schwere Kampfe. Die nur vereinzeltanzutreffenden Widerstandspositionen der Roten Armee ließen wenig von einer Planung erkennen,doch die vorhandenen wurden zäh verteidigt. Die Rote Armee machte prinzipiell keine Gefangenen,die Freikorps handhabten das ohne Rücksicht auf höheren Befehl so, wie es ihnen gelegen kam.

DemTerror der Spartakisten entsprach nun der der Regierungstruppen, die den Schießerlaß Noskes vom vergangenen März höchst willkürlich auslegte.

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Die Information, daß in der Roten Armee auch ehemalige russische Kriegsgefangene dienten unddrei von ihnen bei der Tötung der Geiseln zugegen gewesen seien, wurde als ausreichender Grundangesehen, zweiunddfünfzig Russen zu exekutieren, die von den Räten aus der Gefangenschaftentlassen worden,und Arbeiter , nicht jedoch Mitglieder der Roten Armee gewesen waren.

Es wurde grausame Vergeltung geübt. Spartakistenführer wie z. B. Eglhofer, die man in den erstenMaitagen gefangennahm, konnten nicht auf Gnade hoffen;man erschoß sie kurzerhand an Ortund Stelle.Andere wurden von Standgerichtenzum Tode verurteilt .

Da besonders in Arbeitervierteln wie Giesing weiterhin aus dem Hinterhalt auf Soldaten geschossenwurde,einzelne Patrouillengänger nachts ermordet wurden, herrschte eine überaus nervöseStimmung, und als am Donnerstag, dem 6. Mai, ein Denunziant den Führer einer Patrouille auseiner Einheit der 2. Gardedivision von einer geheimen Zusammenkunft von Spartakisten in ihrer nächsten Nähe unterrichtete, nahm die Patrouille, die Versammelten sofort fest, schaffte sie in ihr Hauptquartier im Prinz-Georz-Palaisund metzelte einundzwanzig nieder. Ihren Beteuerungen, sieseien Mitglieder des katholischen Gesellenvereins St. Joseph und keine Spartakisten, schenkte mankeinen Glauben.Sie hatten indessen die Wahrheit gesagt.

Einem Offizier des Freikorps Lützow, Leutnant Pölzing, der für Ruhe und Ordnung in Perlach vor München verantwortlich war, wurde eine Liste mit den Namen von zwölf Dorfbewohnernzugespielt, die Spartakisten sein sollten. Ein protestantischer Geistlicher, dessen Frau die Truppenalarmiert hatte, bestätigte die Liste und bekräftigte, daß es sich um Mitglieder einer spartakistischenVereinigung handle. Pölzing wies ihn darauf hin, daß eine Auslieferung der Leute an das Freikorpsihren sicheren Tod bedeute.Obwohl der Pfarrer nur drei der zwölf Leute auf der Listepersönlich kannte, erhob er keine Einwände; die Leute wurden verhaftet und insHofbräuhaus in München transportiert, wo man sie im Garten erschoß.

[...]The Real Blaze Revolutionsführer Toller mit rotgefärbten Haaren aufgegriffen - Das Ende

Racheaktionen ereigneten sich während der ersten beiden Maiwochen in München häufig. Siegeben Zeugnis von den zum Fanatismus hochgeputschten Emotionen einer Truppe, die sich seitJanuar im Bürgerkrieg befand, Soldaten, die den häufig vorgetragenen Appell nicht mehr hörenwollten, daß sie es schließlich doch mit deutschen Landsleuten zu tun hätten, deren einzigesMißgeschick es sei, daß sie sich von Bolschewisten und Utopisten hätten irreführen lassen.

Die Kämpfe in Berlin, an der Ruhr und in München seit dem März 1919 tragen die Züge eineserbitterten Kreuzzuges, bei dem man im Gegner den leibhaftigen Teufel sah, und dessen Ziel es war,die Hölle reinzufegen.

Rotgardisten am Münchner Bahnhof

Obwohl der größte Teil Münchens bald eingenommen werden konnte, entwickelten sich um sowichtige Objekte wie den Justizpalast und den Hauptbahnhof erbitterte Kämpfe, in denen von beiden Seiten Artillerie und Mörser eingesetzt wurden.

Das Mathäserbräu, in dem fünf Monate zuvor Eisner seine bayerische Republik ausgerufen hatte,mußte von einer Kompanie Pioniereunter Einsatz von Flammenwerfern geräumt werden.

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Die Führer der bayerischen Revolution, soweit sie in den ersten Tagen des Mai gefangengenommenwurden, teilten das Schicksal der meisten Gefangenen.

Gustav Landauer am 2.Mai 1919 auf den Weg in das Zuchthaus Stadelheim Nach Eglhofer wurde auch Landauer außerhalb von München ergriffen, ins Gefängnis Stadelheimgeworfenund dort von Leuten der Abteilung Graf von Gagernmit Gewehrkolben erschlagen.

Ludwig Gandorfer, der Führer der Bauern, erlitt dasselbe Schicksal.

Toller wäre ebenfalls getötet worden,hätte man ihn nicht mit rotgefärbten Haarenunter einem Berg von Wäsche hervorgezerrt. Der Anblick, der so garnicht zu einem militanten Revolutionärpaßte, rief bei den Freikorpsleuten, die ihn verhafteten, schallendes Gelächter hervor.Vielleicht hat ihm dies das Leben gerettet.

Etwa Ende Mai, als zumindest oberflächlich in München und Bayern wieder Ruhe einkehrte, nahmder Terror ab, und die ordentliche Rechtsprechung setzte sich wieder durch.

Levine wurde nach einem Untersuchungsverfahren wegen Hochverratszum Tode verurteilt undam 5. Juni hingerichtet.

Levien konnte nach Österreich fliehen und verschwand spurlos.

Axelrod wurde nach einem Gerichtsverfahren zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt, später jedoch im Austausch in die Sowjetunion entlassen, wo er ein Opfer der Stalinschen Säuberungenwurde.

Niekisch wurde zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt, konnte jedoch nach seiner Freilassung in der Weimarer Republik unter den Nationalbolschewisteneine gewichtige Rolle spielen.

Ernst Toller erhielt fünf Jahre.

Der Anarchist Erich Mühsam wurde zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt, 1934 vonNationalsozialisten im KL Oranienburg zu Tode mißhandelt.

Von den Ausschreitungen der Regierungstruppen wurde nur ein Bruchteil verfolgt und vor einGericht gebracht. Konstantin Makowski, der Unteroffizier, angeblich für den Tod der einundzwanzig katholischen Gesellen verantwortlich, erhieltvierzehn Jahre Zuchthaus.

Im Fall der Ermordung der Perlacher Arbeiter führte man die Verantwortlichkeit letztlich auf Noskes Schießerlaß zurück und sah von einem Schuldspruch ab. Eine ganze Reihe anderer Ausschreitungen wurde zwar untersucht,aber eine gerichtliche Verfolgung der Täter unterblieb.

Die Einnahme Münchens allein hat das militärische Problem nicht sofort gelöst. Das war nur durcheine Entwaffnung der Bevölkerung zu erreichen, und dieses Vorhaben bereitete einigesKopfzerbrechen.

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Von Oven ließ sofort überall in der Stadt Plakate anschlagen: »Warnung! Alle Waffen sind sofortabzuliefern. Wer mit der Waffe in der Hand ergriffen wird, wird erschossen!«

Ein Angehöriger eines Freikorps bemerkt hierzu:» Was sollte da ein Bürger mit durchschnittlichem Menschenverstand machen? Abliefern, aber wie?

Nahm er das Gewehr unter den Arm, um zur Waffensammelstelle zu gehen, wurde er von einer zufällig ins Haus dringenden Patrouille schon auf der Treppe erschossen. Kam er bis zur Haustür und öffnete sie, schoß alles auf ihn, weil er bewaffnet war. Wurde er so auf der Straße gefaßt, stellteman ihn an die Mauer. Nahm er das Schießgewehr unter den Rock, war die Sache noch schlimmer.Hob er es hoch, mit dem Kolben nach oben, zum Zeichen seiner friedlichen Absichten, hätte ihmdoch keiner getraut, und sein Leben oder seine Freiheit war noch nicht sicher. Das war eine böseZwickmühle, in der manch einer geschwitzt hat. Es gab tatsächlich Leute, die durchdrehten und sichnicht mehr nach Hause wagten, wo Gewehre lagen die sie nicht loswerden konnten. Welche kamengelaufen und fragten um Rat-Ich schlug vor, sie möchten das Gewehr an eine lange Stange bindenund weit von sich abhalten. Ich hätte mich schiefgelacht, wenn ich mal so einen auf der Straßegesehen hätte.Den meisten war es recht, wenn die Soldaten kamen und die Waffen abholten.«

Es war in der Tat ein echtes Problem. Es gab Fälle, wo Leute, die ihre Waffen abliefern wollten, mitdem Gewehr auf der Straße von Patrouillen angetroffen und tatsächlich ohne Umschweifeerschossen wurden.

Nur kurz nach der Besetzung Münchens hatte das Generalkommando Oven größte Mühe, den gutenRuf der Truppenkontingente aus dem norddeutschen Raum wiederherzustellen.

In seinem Bericht an das Reichswehrministerium bezeichnete von Oven die Überreste der bayerischen Armee als völlig desorganisiert.

Bei den Arbeitern Münchens seien kommunistische und spartakistische Ideen so tief eingewurzelt,daß es »sehr schwierig sein wird, sie davon zu überzeugen, daß die Sozialisierung nur auf einer revolutionären Basis geschaffen werden kann«. Die unmittelbare Reaktion der Bevölkerung auf dieAnkunft der Regierungstruppen sei, so schreibt er,erleichtertes Aufatmen gewesen, dochverzeichnet er »eine wachsende Agitation der Sozialisten gegen die Preußen und ihre Auswüchse.Die Bayerischen Freiwilligenverbände machen keinen guten Eindruck, sie ermangeln der Disziplin.Besonders die Einheiten aus demOberland .«

Das Freikorps Werdenfels nach der Befreiung Münchens aus den roten Terror Der Bericht hebt auch noch dasFreikorps Werdenfels hervor, das in und um Garmisch-Partenkirchen rekrutiert worden war. Der Bericht fährt fort, die Ermordung der katholischenGesellen sei»ein bezeichnender Beweis der schlechten Qualität der bayerischen Soldaten«, die,kaum, daß sie in München einmarschiert waren,»der Kontrolle ihrer Führer entglitten« .

Während aber die abschließende Feststellung zutrifft, ist das zuvor Gesagte eine Unwahrheit: dieGesellen sind von Mitgliedern der 2. Gardedivision getötet worden. Aber daß die bayerischenFreikorps bei ihren Einsätzen eine abweichende Kampfesweise an den Tag legten, wird von denBeteiligten zugegeben.

Von den Kämpfen in Giesing wird berichtet:»Am schwersten hat es das Freikorps des Obersten von Epp. Der Vorort Giesing ist eine Hochburg

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der Roten. Fast jedes Haus muß einzeln mit Handgranaten und Bajonett genommen werden. In der Fabrik von Sedelbauer hat sich eine stärkere rote Abteilung gut verschanzt. Der erste Angriff der Eppschen Formationen wird abgeschlagen. Der Oberst läßt Artillerie einsetzen. Aber auch nacheiner längeren Artillerievorbereitung kommt es noch zu einem erbitterten Nahkampf um dieTrümmer des Gebäudes. Die Bayern des Obersten von Epp werden allmählich warm.Wieder wie inalten Zeiten in der lothringischen Schlacht von 1914 kommen die Messer aus dem Stiefelschaft zum

Vorschein. Wieder wird mit Fäusten und Zähnen gekämpft.Da kann man nicht viel Unterschiedemachen zwischen dem, der wirklich geschossen hat, und dem, den nur ein unglücklicher Zufall inden Kampf verwickelte. Da muß mancher Unschuldige daran glauben. Die Oberbayern desObersten von Epp haben keine Zeit, langwierige Untersuchungen anzustellen. Bei den Preußen istdas vielleicht etwas anderes. Sie führen einen militärischen Auftrag durch. Sie haben nicht so stark die Empfindung, um ihre allerengste Heimat zu kämpfen.Aber in diesen Oberbayern brennt dieScham darüber, daß ihre eigene Hauptstadt der Schauplatz roten Terrors werden konnte.So beißen sie sich durch. So fechten sie, und wo sie fechten, ist es aus, aber radikal aus mit derroten Herrschaft. «

Doch der Terror der Regierungstruppen hinterließ sogar bei den gemäßigten Teilen der Bevölkerungseinen Eindruck. Ein Lagebericht des Generalkommandos von Oven vom 16. Mai stellt fest,München kehre zu normalen Zuständen zurück, die Arbeit sei wieder aufgenommen worden. Nochgab es nächtliche Angriffe auf Militärwachen und Patrouillen.

Während antipreußische Kampagnen abebbten, hob die spartakistische Agitation von neuem an.Daß Levine bis zu seiner Verhaftung bei einem Universitätsprofessor, einem Künstler undArchitekten, Unterschlupf gefunden hatte, wurde als bezeichnend für die politische Haltung der Münchner Intelligenz gegenüber den Regierungsstreitkräften verstanden.

Eine Kampfszene während der Befreiungskämpfe in München

Doch auch die Presse der mittleren Bürgerschichten verhielt sich ihnen gegenüber spürbar zurückhaltend; sie weigerte sich nun, Informationen über spartakistische Persönlichkeiten zuliefern: »Sie fürchten sich alle vor der Rückkehr Spartakus' und schweigen daher.«

Zweifelsohne hat die Furcht vor dieser Rückkehr in vielen Münchener Bürgerköpfen eine Rolle ge-spielt, doch die Angst vor weiteren Ausschreitungen der Truppen Noskes muß mindestens ebensogroß gewesen sein.

Es gab viele Mutmaßungen über die Gesamtzahl der Opfer. Sie wird eher unterschätzt alsübertrieben. Die letzte Untersuchung des Stadtarchivs der Stadt München aus dem Jahr 1968gelangte zu einer Zahl von719 Toten, die allezwischen dem 7. Januar und dem 14. Juni 1919 -dem Tag, an dem das letzte Todesurteil im Zusammenhang mit der bayerischen Revolutionvollstreckt wurde -umkamen.

In dieser Zahl sind enthalten 117 nicht an den Kämpfen Beteiligte, zehn Geiseln, die einundzwanzigkatholischen Gesellen, zwölf Arbeiter. 121 Mitglieder von Regierungstruppen, 380 Mitglieder der Rotgardisten und 58 ehemalige russische Kriegsgefangene.

So endete der Traum Eisners von einer moralischen Auferstehung Deutschlands, in der Bayern alseine Keimzelle der Ordnung für das übrige Deutschland das Beispiel abgeben sollte...

[ Editiert von Administrator The Real Blazeam 05.12.08 18:30 ]

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Saarlänner © JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.www.jungefreiheit.de22/09 22. Mai 2009

Letzter Sieg der letzten ReiterVor neunzig Jahren, am 22. Mai 1919, wurde das bolschewistisch besetzte Riga von deutschenFreikorps befreit

Felix Krautkrämer Vor neunzig Jahren tobte in Deutschland vielerorts ein erbitterter, bürgerkriegsähnlicher Kampf zwischen den Truppen der noch jungen Reichsregierung und zahlreichen, meist spartakistischenAufständischen, die anstelle der Republik lieber eine „Diktatur des Proletariats“ gesehen hätten. Eswar die Zeit der sogenannten Freikorps, jener militärischen Einheiten des Nachkrieges, um die sich bis heute zahlreiche zumeist negative Gerüchte und Legenden ranken. Was dabei jedoch weitgehendin Vergessenheit geraten ist: Nicht nur im Inland und an den Grenzen, auch außerhalb des Reiches,im Baltikum, kämpften deutsche Freiwilligenverbände im Auftrag der Regierung gegen den sichausbreitenden Bolschewismus. Allerdings sollte sich gerade hier zeigen, wie dünn das Bandzwischen der Berliner Regierung und den Freikorps war.

Die Oberste Heeresleitung (OHL) hatte nach dem deutschen Zusammenbruch alle Mühe, die baltischen Länder während der Rückführung des Ostheeres von nachdrängenden Bolschewistenfreizuhalten und dadurch einen Puffer zur ostpreußischen Grenze zu schaffen. Ende November hattesich in Lettland eine provisorische Regierung unter Karlis Ulmanis gegründet, die, nationalistischausgerichtet, vor allem einen Kurs gegen die ehemals baltendeutschen Herren fuhr. Genausowenigwar die neue Regierung aber gewillt, ihr Land den von Osten her drängenden Bolschewisten zuüberlassen, die bereits den Großteil Estlands und ganz Livland besetzt und Anfang Januar 1919auch Riga genommen hatten.

Der rasche Vormarsch der sowjetischen Truppen führte dazu, daß sich Ulmanis gezwungen sah, dienoch im Baltikum verbliebenen deutschen Freiwilligenverbände um Unterstützung zu bitten. EndeDezember schloß er daher einen entsprechenden Vertrag mit dem deutschen Gesandten AugustWinnig. Unterstützung fand Ulmanis auch bei der Entente, die von der Reichsregierung aufgrunddes Waffenstillstandsvertrags forderte, mit ihren Truppen so lange das Baltikum gegen diesowjetischen und lettischen Bolschewisten zu verteidigen, wie es die Alliierten für notwendigerachteten. Allerdings waren die deutschen Freiwilligenverbände im Baltikum, maßgeblich dieEiserne Brigade und das Detachement Randow, hierfür noch zu schwach. Und auch die zweiteexistierende Freiwilligeneinheit, die hauptsächlich aus Deutschbalten bestehende BaltischeLandeswehr, verfügte noch nicht über ausreichende Kräfte.

Dies änderte sich jedoch mit dem zwischen Ulmanis und Winnig geschlossenen Vertrag. Durch ihnsollte jeder deutsche Freiwillige die Möglichkeit erhalten, lettischer Staatsbürger zu werden, um sogünstig Siedlungsland erwerben zu können. Die Aussicht auf ein eigenes Stückchen Land bescherteden Anwerbestellen der Freikorps im Reich einen regelrechten Ansturm. Bereits Mitte Januar konnte der neue Kommandeur der Eisernen Brigade, Major Josef Bischoff, seine bis dahin dochrecht schwache Einheit zu einem schlagkräftigen Verband, der Eisernen Division, ausbauen. Ebensowuchs auch die Stärke der nun unter dem Kommando des deutschen Major Alfred Fletcher stehenden Baltischen Landeswehr von 1.200 auf etwa 3.000 Mann.

Gleichzeitig hatte die OHL Mitte Januar die Kurlandfront, die in etwa dem Verlauf der Windauentlang verlief, unter den Befehl des „Befreiers von Finnland“, Generalmajor Rüdiger Graf von der

Goltz, gestellt. Dieser ging Anfang März zum Angriff über. In einer breit angelegten Offensive begannen die 1. Garde-Reserve-Division am rechten Flügel, die Baltische Landeswehr links und die„Eiserne Division“ als Stoßdivision in der Mitte mit der Befreiung Kurlands. Nach heftigen

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Kämpfen konnte die Landeswehr am 20. März Mitau nehmen.Für den Großteil der dort von denBolschewisten gefangengehaltenen Deutschbalten kam die Befreiung jedoch zu spät. Sie waren bereits brutal ermordet worden.

Ende März war nahezu ganz Kurland wieder unter deutscher Kontrolle. Während dieFreiwilligenverbände dies jedoch nur als eine Etappe bei der Rückeroberung des gesamten

Baltikums ansahen und darauf brannten, Riga zu nehmen, war für die Regierung in Berlin dieAufgabe der deutschen Truppen erfüllt. Und auch die Regierung Ulmanis begann, den deutschenTruppen nach und nach die Unterstützung zu entziehen. Vor allem aber weigerte sie sich, denzahlreichen Deutschbalten eine politische Mitsprache einzuräumen. Die Situation eskalierte, als der Führer des Stoßtrupps der Baltischen Landeswehr, Hans von Manteuffel, am 16. April Ulmanis ineinem Staatsstreich absetzte.

Wie zu erwarten weigerte sich die Entente, die neue, deutschfreundliche Regierung unter demLetten Andreas Needra anzuerkennen, und forderte per Ultimatum die Wiedereinsetzung Ulmanis’.Am 5. Mai erhielt die deutsche Regierung von den Briten die Aufforderung, von der Goltzabzusetzen, was Berlin jedoch verweigerte. Allerdings erließ man ein Werbungsverbot für dieBaltikumtruppen. Von der Goltz hielt das freilich nur für ein Täuschungsmanöver gegenüber denAlliierten und war überzeugt davon, bei der Vorbereitung des Angriffs auf Riga im Sinne der Reichsregierung zu handeln.

Am 22. Mai erfolgte erfolgte mit dem Sturm auf Riga der militärische Höhepunkt desBaltikumunternehmens. Deutsche und baltische Truppen erreichten die Brücke über die Düna, bevor diese wie im September 1917 von den Bolschewisten gesprengt werden konnte. Einer Einheitdes Detachement Medems, zu der auch der 24jährigeLeutnant Albert Leo Schlageter gehörte,gelang es gemeinsam mit den Balten, die Brücke zu sichern. Der Stoßtrupp der BaltischenLandeswehr, deren junger Führer Leutnant von Manteuffel bei den Kämpfen an der Düna fiel,stürmte in die Stadt. Nach kurzen, aber erbitterten Kämpfen war Riga in der Hand der Freiwilligen.Den sich zurückziehenden bolschewistischen Truppen stellten die siegreichen Einheiten bis an dieOstgrenze Livlands nach.

Doch die Freude über den Sieg hielt nur kurz. Zwar war das Baltikum nun weitgehend frei vonBolschewisten, dafür sahen sich Freikorps und Landeswehr den durch die Unterstützung der Entente stärker werdenden Ulmanis-Letten gegenüber, denen sich auch noch estnische Truppenangeschlossen hatten. Zudem forderten die Alliierten gegenüber der Reichsregierung immer deutlicher den Abzug der deutschen Freiwilligenverbände.

Ende Juni erlitten deutsche und baltische Truppen bei Wenden eine herbe Niederlage gegen die

lettisch-estnischen Einheiten. Nach heftigen Rückzugsgefechten sah sich die Regierung Needrasgezwungen, mit Ulmanis einen Waffenstillstand schließen. Die Baltische Landeswehr mußte allereichsdeutschen Formationen entlassen und wurde unter britisches Kommando gestellt. Ulmanisübernahm die Regierung, und am 5. Juli räumten die deutschen Truppen Riga. Doch es sollte für dieFreiwilligen noch härter kommen: Ulmanis erklärte ihre Siedlungsverträge für ungültig, und dieReichsregierung forderte sie zur Heimkehr auf.

In dieser Zeit der Rückschläge tauchte auf einmal der russische Oberst Bermondt auf, der sich FürstAwalow nannte und für die Aufstellung einer „weißen“, antibolschewistischen Armee warb. Mitdieser wollte er bis nach Moskau vorstoßen und bot so noch einmal eine letzte Hoffnung. Währendeinige Freikorps der Aufforderung der Reichsregierung Folge leisteten und sich nach Deutschland

abtransportieren ließen, unterstellten sich die Eiserne Division sowie die Deutsche Legion demKommando Bermondts.

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8/8/2019 Der Freikorpskampf Gegen Den Bolschewismus

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Die Berliner Regierung antwortete auf diesen Schritt mit der Androhung, den Freiwilligen den Soldzu sperren und den Nachschub einzustellen, sollten sie nicht augenblicklich nach Deutschlandzurückkehren. Für viele Baltikumkämpfer kam dies einem zweiten „Dolchstoß“ nach 1918 gleich,zumal ihnen sogar mit dem Entzug der Staatsbürgerschaft gedroht wurde. Nach einem letztenUltimatum Ende September machte die Reichsregierung ihre Drohung wahr. Unter diesenBedingungen war die ab Oktober von Bermondt begonnene Offensive zum Scheitern verurteilt.

Zwar kämpften die deutschen Freiwilligen vor Riga noch einmal siegreich gegen lettischeVerbände, doch ohne Nachschub schmolzen ihre Kräfte mit Beginn des Winters rapide zusammen.Daran konnte auch der Kraftakt des Oberleutnant Gerhard Roßbach nichts mehr ändern, der trotzVerbots der Reichsregierung und trotz der Androhung, beim Überschreiten der Grenze beschossenzu werden, mit seinem Freikorps zur Unterstützung ins Baltikum eilte.

Der Rückzug der Deutschen war nicht mehr aufzuhalten. Kurz vor Weihnachtenüberschritten die letzten Einheiten die ostpreußische Grenze bei Tauroggen. Tief verbittertkehrten sie in ihre Heimat zurück. Einige Freikorps gingen zum Grenzschutz nachWestpreußen gegen die Polen, den meisten jedoch drohte die Auflösung. Eine Übernahme indie Reichswehr wurde ihnen verwehrt. Ihren Haß darüber sollten die „Geächteten“ (Ernstvon Salomon) schon bald zum Ausdruck bringen. Ein Großteil der „Baltikumer“ kam imMärz 1920 wieder zusammen, um während des Kapp-Putsches die aus ihrer Sichtverräterische „Novemberregierung“ zu stürzen.Weitere ThemenKaiser Wilhelm II: "An das deutsche Volk!"Die Mär von der deutschen Kriegsschuld 1914Massaker an Sudetendeutschen ab 4. März 19191939: War das Protektorat die beste Lösung?Wie der Korridor Deutschland teilteCopyright © 1998 - 2010 www.nexusboard.net- EigenesForum kostenlosanmelden