Der japanische Garten des Prof. Radeloff (Entwurf)
-
Upload
riegel-franz -
Category
Documents
-
view
226 -
download
2
description
Transcript of Der japanische Garten des Prof. Radeloff (Entwurf)
Der Japanische Hain des KunstprofessorsHeinrich Johann RadeloffSchloss Mitsuko Todendorf
Der Japanische Hain des Kunstprofessors Heinrich Johann Radeloff
Schloss Mitsuko Todendorf
Text Prof. Heinrich Radeloff
unter Mitarbeit von Thomas Richter
Fotos Thomas Richter, Franz Riegel
Gestaltet und herausgegeben von Franz Riegel
Werbeagentur power-riegel.de
Zuerst die herzlichsten Grüße aus dem tief verschneitenSchloß Mitsuko. Ein schrecklicher Winter ist über uns allen herein gebrochen. Wir sind diesen enormen Kältegraden einfachnicht mehr gewachsen und eben nicht vorbereitet. Immer lebteich in einem warmen temperiten Klima. Wünsche Ihnen in die-sen kalten Wintertagen die Gute Gesundheit und stets frischeSchaffensfreude!
Selber habe ich schon 1959 Europa verlassen. Lebte und ar-beitete in Sydney fünf Jahre. In Seattle und Kalifornien etwasmehr als ein Jahr. In Kyoto seit 1964. In der Gnade des Allmäch-tigen erarbeitete ich 92 internationale Ausstellungen. Mit Prei-sen und Ehrungen, viel TV, und sonst noch etwas.
Als meine Jahre den 69sten erreichten, begab ich mich auf denWeg des I N T O N ! Es bedeutet nach den buddhistischen Wei-sungen - wenn man altgeworden ist, dazu mit einer Position inder Welt - dieser Welt zu entsagen und in ein geistiges spirituel-les Leben zu wandeln und dort zu arbeiten. Dieses ist Brauchin China und Japan schon seit 3000 Jahren. In dieser Hinsichtfindet man nichts über meine Arbeit und Leben. (Möchte stillund in Ruhe leben?)
Hierher bin ich zurückgekehrt um einmal in meiner Heimat-erde, bei meinen Vorfahren in Cammin bei Laage zu ruhen! Al-leluia. Dazu will ich am Ende meines Lebens einen JapanischenHain und ein Kultur Zentrum aufbauen (Bin nun 80 Jahre alt)
Alles Gute und Schöne.Gute Gesundheit und Schaffensfreude.Verbleiben wir in Dankbarkeit.
Die Radeloffen in Kyoto und Todendorf .
Ein FEnstEr nach Japan 7
JapanischE GartEnbaukunst 11
JapanischE GartEntypEn 11
ElEmEntE JapanischEr GartEnGEstaltunG 19
DEr JapanischE hain 23
9
Ein Fenster nach Japan
schloss mitsukoIm Jahr 2001 entstand im ehemaligen Gutshaus in Todendorf nahe
Teterow in Mecklenburg das Deutsch-Japanische Kulturzentrum
Schloss Mitsuko. Das Herrenhaus wurde nach der Ehefrau des Initia-
tors, Prof. Heinrich Johann Radeloff, in Schloss Mitsuko umbenannt und
bedeutet »die Lichtbringende«. Seit Bestehen wurden zahlreiche Kon-
takte zu Firmen, Institutionen und Künstlern geknüpft. Dank Schen-
kungen und Leihgaben vieler Förderer und Freunde sind im Schloss,
dem Domizil des Fördervereins deutsch-japanischer Freundeskreis zu
Todendorf, zahlreiche großartige Exponate zu bewundern.
Das 1860 erbaute Gutshaus avancierte zu einem bedeutenden Veran-
staltungs- und Ausstellungsort für traditionelle und zeitgenössische ja-
panische Kunst und Kultur. Der angrenzende Garten wurde in den
vergangenen Jahren mit viel Liebe zum Detail zu einem Deutsch-Japa-
nischen Hain umgestaltet. Im Hain ausgestellte Skulpturen von japani-
schen und deutschen Künstlern machen den ehemaligen Gutspark zu
jeder Jahreszeit zu einem besuchswerten Kleinod. In den warmen Mo-
naten wird der Hain auch für Veranstaltungen wie Gastauftritte japa-
nischer Ensembles genutzt.
Über seine Funktion als deutsch-japanische Begnungsstätte für
Künstler und Kulturinteressierte hinaus werden im Schloss Mitsuko
eine dauerhafte und wechselnde Ausstellungen gezeigt. Informationen
zu früheren, laufenden sowie geplanten Sonderausstellungen mit Be-
teiligung internationaler Künstler zu unterschiedlichen Themen finden
Sie unter Veranstaltungen.
Nicht nur zu den jährlichen landesweiten Veranstaltungen wie
»Kunst:Offen« zu Pfingsten oder dem Tag des offenen Denkmals im
Herbst lohnt sich ein Besuch im Schloss Mitsuko. Zahlreiche eigene
Veranstaltungen geben Einblicke in die traditionelle japanische Lebens-
art. Wer Ikebana, die traditionelle japanische Kunst des Arrangierens
von Blumen, Kalligrafievorführungen oder Teezeremonien erleben
möchte, hat hier die Möglichkeit. Aktuelle Termine finden Sie unter
www.schloss-mitsuko.de
DEutsch-JapanischEr hainDurch ein großes japanisches Sonnentor hindurch eröffnet sich dem
Besucher der Blick auf den entstehenden Deutsch-Japanischen Hain,
in dessen Gestaltung der vorhandene Baumbestand elegant miteinbe-
zogen wurde. Viele gestalterische Elemente japanischer Gartenkunst
11
wie Trockenteiche oder stille Orte des Verweilens sind Bot-
schafter der fernöstlichen Ästhetik in der Gestaltung künst-
lich geschaffener Landschaften.
Die Entstehung eines Hains nach japanischem Vorbild dau-
ert naturgegeben mehrere Jahrzehnte. Freuen Sie sich daher
auf immer neue Entdeckungen im Hain. Mit traditionellen
Methoden und vielfältigen in Mecklenburg nicht heimischen
botanischen Raritäten wird aus dem früher verwaisten Gar-
ten ein Kleinod geformt, das in Deutschland einzigartig ist.
Die Harmonie des traditionellen japanischen Hains trifft auf
eine durch die Eiszeit brachial geformte Landschaft. Hier fin-
den Sie zeitgenössische Kunst von japanischen und deut-
schen Künstlern in Form von Skulpturen und Arrangements.
Vor allem in den Sommermonaten ist der Hain Kulisse für
viele Veranstaltungen wie zum Beispiel Gastauftritte japani-
scher Ensembles, die traditionelles Nô-Theater zwischen Bis-
marck-Eiche und japanischem Rotahorn aufführen.
13
Japanische Gartenbaukunst
Die japanische Gartengestaltung unterscheidet sich grund-
sätzlich von der Eu ropäischen. Um sie zu verstehen, muss man
sich gedanklich von den abendlän dischen Prinzipien trennen, bei
denen der Mensch im Mittelpunkt der Schöp fung steht. Als ihr
Beherrscher gestaltet er die Natur nach seinen Vorstellungen
radikal um. In einem japanischen Garten hingegen fügt sich der
Mensch den schintoistischen, taoistischen und buddhistischen
Traditionen folgend, der Na tur. Menschen, Tiere, Pflanzen und
Steine werden als gleichwertig betrachtet und sind eng mit ihrer
Umwelt verbunden. Einfachheit, Natürlichkeit und Har monie
sind omnipräsent.
Ein japanischer Garten ist nicht erdacht zum schnellen Durch-
laufen und darf keinesfalls nur optisch betrachtet werden. Der
Besucher wird aufgefordert, sein geistiges Auge zu öffnen und
mit ihm zu empfinden. Der Garten ist ein idealer Ort zur stillen
Einkehr und zur Meditation. Viele religiöse und spirituelle An-
regungen finden sich entlang seiner Wege. Die stille Atmo-
sphäre, die Ein samkeit und die Melancholie bewirken zudem ein
positives Denken an den Tod. Ein welkendes Blatt oder ein al-
ternder Mensch symbolisieren die Rückkehr zur ewigen Wieder-
geburt. Sie stehen in punkto Schönheit dem Jungen und
Fri schen in keiner Weise nach. Allen Dingen ist eine unsterbliche
Schönheit gege ben.
Zwei Prinzipien bilden das kosmische Fundament der japani-
schen Gartenkunst. Für beide gibt es keine rationale, der west-
lichen Logik entsprechende Definiti on. Doch was dem Verstand
nicht zugänglich ist, kann sich dem Europäer durchaus unbe-
wusst und mit dem Herzen erschließen.
Die Basis eines jeden japanischen Gartens bildet MA, das rein
geistige japanische Flächenmaß und das Symbol des absoluten
Nichts. Diese tiefe, feste Formvorstellung hat ihre Wurzeln im
Schintoismus, Taoismus und im Buddhis mus. Für den Hain exis-
tiert kein zu Papier gebrachtes Konzept, da ein solches unwei-
gerlich das MA zerreißen bzw. erstarren lassen würde. Das
zweite grundlegende Prinzip wird Wabi-Sabi genannt und ist ein
Kernbegriff der japanischen Kultur. Es ist eine einfache, aber
sehr tiefe Ästhe tik, die der Philosophie der “Zeit des Tao Zen
Buddhismus entstammt. Wabi-Sabi drückt die Schönheit der Un-
vollkommenheit und Vergänglichkeit im menschlichen Leben
und aller irdischen Dinge aus. Schlichtheit, Unkonventio nalität
sowie das Herbe (Shibu-i) werden herausgestellt. Diese geisti-
gen Werte und Anschauungen werden auch von den einfachen
Menschen in Japan täglich gelebt und ausgeführt. Es gibt außer-
halb der japanischen Sprache keine Über setzung für Wabi-Sabi.
Deshalb kann es für einen Nicht-Japaner recht schwer werden,
die gesamte Wortbedeutung mit ihren Empfindungen, Nuancen
und Stimmungen zu erfassen.
Japanische Gartentypen
tEEGartEn roJiDer Teegarten ist gedacht für die Einstimmung und Sensibili-
sierung der Besu cher auf die Teezeremonie. Er soll ihnen das
Gefühl vermitteln, sich an einem Ort der Abgeschiedenheit zu
befinden, fernab von der Alltagsrealität.
Um alles weltliche hinter sich lassen zu können, müssen die
Teegäste zu nächst ein Tor durchschreiten. Über einen Trittstein-
pfad gelangen sie vorbei an Bambus und dichten Sträuchern,
welche den Eindruck von Wildheit und Ur sprünglichkeit erwe-
cken sollen, zum Teehaus. Vor dem Haus befindet sich eine War-
tebank. Auf ihr haben die Besucher die Möglichkeit, sich
während ihrer Su che nach Stille und innerer Ruhe endgültig auf
die Teezeremonie einzustim men. Zur symbolischen Reinigung
von Mund und Händen, stehen ihnen dort ein Wasserstein oder
auch ein Wasserbecken (tsukubai) zur Verfügung.
Ein traditionelles Teehaus, oft bedeckt mit Stroh oder Rinde,
zum Abhal ten von Teezeremonien, ist ein fester Bestandteil des
Teegartens. Der erste Teemeister, Murata Shuko (1423 – 1502),
war ein Zen-Mönch und wandelte das Tee trinken vom elitären
Zeitvertreib zu einem Weg der Selbstfindung um (Shado = der
Teeweg). Betont einfach gestaltete Teeutensilien und genau fest -
gelegte Abläufe, die wiederum nie unnatürlich wirken dürfen,
kennzeichnen die Teezeremonie. In einem Teehaus verliert die
gesellschaftliche Klasse ihre Be deutung. In Frieden und Harmo-
nie zelebrieren alle Anwesenden diese Momente der Besinnung.
15
tEichGartEn chitEiIn der japanischen Gartenkunst hat der Teichgarten eine zen-
trale Bedeutung. Die gesamte Gartenanlage zentriert sich um
einen Teich. Seine Ufer sind Kur venreich und oft ragt eine kleine
Halbinsel ins Gewässer, welche die Anlage ausdrucksvoller er-
scheinen lässt. Das umgebende Gelände ist teils eben und teils
hügelig. Die Darstellung einer wilden Felsküste kann Bestandteil
eines Tei ches sein. Hierzu werden Steine verschiedener Größen
bewusst so platziert, als seien sie verstreut worden. Ziel ist eine
abwechslungsreiche, malerische Stein komposition.
untErFormEn DEs tEichGartEns
palastGartEn shinDEn zukurikEi-tEiEnDer Palastgarten stammt aus der Heian-Zeit (um 1000 u.Z.).
Die Hofadligen legten ihn an und pflanzten dabei stets vor dem
Palastpavillon eine Ume (Prunus ume) und eine Tachibana-Man-
darine.
paraDiEsGartEn JoDishiki-tEiEnEr ist eine kleinere, buddhistische Variante des Palastgartens
und entstammt derselben Periode. Grundsätzlich werden die
gleichen Steinformen verwendet. Der Unterschied besteht in
dem Ziel, durch die Mandara ein Weltdiagramm bzw. das Para-
dies zu symbolisieren. Mandara bedeutet das reine Ursprungs-
land und entspricht den Vorstellungen einer buddhistischen
Gruppe (Yodo-kyo). Mit der Abbildung des Paradieses auf Erden
soll die Möglichkeit geschaffen werden, an den Ursprung der
Schöpfung zurückkehren zu können.
Im Zentrum eines Paradiesgartens befindet sich ein Lotosteich
mit genau bestimmten Mandara-Konfigurationen. Häufig steht
er in Verbindung mit einem Naturbach. Eine einfache, lange, aus
Fels gehauene Brücke führt über den Bachlauf und markiert den
Weg ins Paradies.
obEn-untEn-GartEn JoGEniDanshiki-tEiEnAus der Kamakura-Zeit (um 1200 u.Z.) stammt diese beschei-
dene Form des Teichgartens. Meist ist er nur von einer Veranda
aus zu betrachten. Wege sind kaum vorhanden und einfach. Cha-
rakteristisch ist ein lang gestreckter Teich, der sich hinter einen
Hügel zieht und von herausragenden Steinsetzungen um geben
ist. Dieser Hügel ist mit reichlich Moos bewachsen und besteht
im vor deren Bereich aus größeren Steingruppen, die ihn hoch
und steil gestalten. An einem Ende des Teiches steht eine beson-
dere Steinlaterne. Der Bewuchs ist stark zurück geschnitten. Die
vielen Hügel sind mit Moos, Rasen oder Sasagras bewachsen.
In dieser Gartenform wird weder das Anmutige noch das
Muster gültige geschätzt. Hier steht das Unförmige und Unbän-
dige im Zentrum. Im Zusammenspiel der einzelnen Gestaltungs-
elemente ergibt sich dennoch ein harmonisches Ganzes.
trockEntEichGartEn karEsansui-tEiEnDer Trockenteichgarten ist die dominierende Form in der ja-
panischen Garten kunst. Trockenteiche bestehen z.B. aus ge-
harktem Sand, Kies oder runden Kie seln. Das Wasser wird durch
ein geistig erdachtes Medium ersetzt. Die Garten form zieht ihre
Inspiration aus der Philosophie des Tao und der Weltanschau -
ung des Zen. Über einem solchen Garten liegt ein Hauch von
Raum und Zeit. Das Innere der schaffenden Natur wird hier ge-
sucht, um uns eine Vorstellung des Unendlichen, schöpferischen
Urgrundes unserer Welt zu vermitteln. Das wandernde Licht
eines jeden Tages und einer jeden Jahreszeit schafft eine ei gene,
mystische Atmosphäre und einen einzigartigen Klang.
ElEmEntE JapanischEr GartEnGEstaltunG
hüGEl okaEine Variante ist der Rasenhügel (Shibayama). Wenn ein ebe-
nes Gelände vor liegt, sorgt das Anlegen von künstlichen Hügeln
für individuelle Strukturen und setzt besondere Blickpunkte. Die
entstehende Spannung gleicht unserer Le benskraft.
insEln shimaDie Schildkröteninsel (Kame-jima) symbolisiert ein sehr langes
Leben und Wohl-ergehen. Während die Kranichinsel (Tsuru-jima)
für ein sehr langes Leben, Glück und Freude steht.
Inseln wurden ursprünglich in Teichen angelegt. Im 17./18.
Jahrhundert ging man dazu über, sie auch als kleine, aufgeschüt-
tete Hügel darzustellen. Bei den Tieren wird eine bewusst rea-
listische Darstellung vermieden. Meist werden sie abstrakt
17
durch einzelne Steine angedeutet. In der Natur einen Stein zu
fin den, der die starke, gepanzerte Schildkröte bzw. die grazile,
fröhliche Leichtig keit des Kranichs widerspiegelt, ist kein leich-
tes Unterfangen.
brückEn hashiEine Brücke in einem japanischen Garten ist eine schwierige
Konstruktion. Ei nerseits solide gebaut, soll sie andererseits den
Eindruck erwecken, dass sie le diglich durch unsichtbare Fäden
zusammengehalten wird. Eine asymmetrisch angepflanzte
Baumgruppe, bricht optisch das monotone Gleichgewicht der
Brücke. Es gibt verschiedene Varianten:
rot lackierte chinesische Bogenbrücken Kurehashi
einfache japanische Steinplattenbrücken Ishibashi
aus Stein gemauerte Brücken Kiri-ishibashi
tEich-trittstEinE sawawatari ishiAls Trittsteine im Teich werden häufig bearbeitete Steine ein-
gesetzt. Besonders beliebt sind ausgediente Mühlsteine, die in
den Teichgrund eingelassen werden. Man setzt sie so, dass sie
eine leichte Kurve beschreiben.
Damit eine Frau im Kimono problemlos darüber hinwegschrei-
ten kann, darf der Abstand zwischen ihnen nicht größer als eine
durchschnittliche Schrittlänge sein.
Unweit des Teiches sollte ein dichter, überhängender Buchen-
wald oder eine Gruppe aus wildem Bambus wachsen, damit die
Trittsteine stets beschat tet liegen und der Laufweg geheimnis-
voll und träumerisch wirkt. Da die Steine zum langsamen gehen
zwingen, enthüllt sich dem Besucher die Schönheit der Umge-
bung bewusst behutsam.
19
Der Japanische hain DEs hEinrich Johann raDEloFF
EntstEhunG
In langen Kyotoer Winternächten reifte zwischen 2001 und
2003 die Idee eines japanischen Hains und erste Pläne wur-
den erdacht. Die alte Kaiserstadt Kyoto ist berühmt für ihre
unzähligen traditionellen Gärten. Die renommierten Nach -
fahren jener alten Gartenmeister (bis zur 17. Generation), die
einst diese Kunstwerke schufen, standen uns in der Planungs-
phase des Todendorfer Hains beratend zur Seite. Es entstan-
den enge Kontakte, die tiefe Einblicke in die ja panische
Gartenkunst gewährten und vertrauensvolle Erfahrungen
ermöglich ten. Die Hilfe dieser Gartenmeister trug wesentlich
zu der mutigen Entschei dung bei, mit der Umsetzung unseres
einzigartigen Projektes zu beginnen.
Ein japanischer Garten bedarf einer Entstehungszeit von
mindestens 20 bis 30 Jahren und so befindet sich der deutsch-
japanische Hain in Todendorf auch heute noch in ständiger
Erweiterung. Das Grundmuster des Haines kann als Sym-
biose zwischen Japan und Mecklenburg beschrieben werden.
Ein kreativer Prozess, der den Hain zu kei ner bloßen Kopie
eines japanischen Gartens erstarren lässt. Mit viel persönli -
chem Einsatz entsteht in Todendorf ein Unikat unter den Gär-
ten der Welt! Die Strenge des Abendlandes verbindet sich mit
dem fließenden Rhyth mus des ostasiatischen Denkens. Japa-
nische Gartenelemente betten sich in eine mecklenburgische
Land schaft. Es ist ein heiliger Hain, der zahlreiche Aspekte
h1
21
regionaler und überregio naler Geschichte aufgreift und
künstlerisch verarbeitet. Werke einheimischer und japani-
scher Künstler finden sich neben traditionell japanischen
Steinset zungen aus mecklenburgischen Feldsteinen. Eine
harmonische Synthese zweier gegensätzlicher Kulturen. Ein
Ort um zur Ruhe zu kommen und um Kraft zu schöpfen.
Der Ausgangspunkt der Gestaltung des Haines ist eine alte,
knorrige Eiche, die einem sofort ins Auge fällt, wenn man
durch das große Sonnentor tritt. Sie ist ein kraftvoller Baum,
der in alle Himmelsrichtungen strahlt. Von ihr ausgehend
wurde das Grundmuster und das kosmische Fundament des
Gartens erdacht. Der Gutspark war seinerzeit verwildert und
undurchdringlich. Viele Fragen und Unsicherheiten begleite-
ten die Anfangsphase.
besonderheiten im hain
1 EinGanG FlEchtwErk nirEGakiDas japanische Flechtwerk ist eine kreative Arbeit aus Ha-
selnussrinde. Als Vor bild dienen die Werke der Ainu, der Ur-
einwohner Japans, die hauptsächlich auf der Insel Hokkaido
leben. Man setzt Niregaki größtenteils im Ikebana ein oder
konzipiert es als Umrandung von Teekultplätzen. Auch als
moderne Skulptur findet es Verwendung. Die Haltbarkeit
einer solchen Konstruktion beträgt etwa 10 Jahre und kann
anschließend mit frischer Rinde oder stützendem Garten -
draht erneuert werden.
Bepflanzt wurde der Eingang mit verschiedenen Clematis-
Sorten, die aus China und Japan stammen. In Japan werden
sie seit 1200 Jahren (Heian-Zeit) kulti viert und sind ein wich-
tiger Bestandteil der japanischen Kultur.
23
2 „coDEx rEGius“Eine altnordische Pergament-Handschrift aus dem späten
13. Jahrhundert, die die zentrale Version der Lieder-Edda ent-
hielt, gelangte 1662 in die Königliche Bibliothek des däni-
schen Königs Frederik III. zu Kopenhagen (daher auch der
Name des Codex als „Königliche Handschrift“). Verschiedene
Forscher sind der Ansicht, dass der Codex Regius 1271 von
einem einzelnen, uns nicht bekann ten Schreiber angefertigt
wurde. Die Lieder selbst aber sind wesentlich älter und dürf-
ten in ihrer vorliegenden Form zwischen 800 und 1000 ent-
standen sein.
Die Steine beziehen ihre Namen aus Stabreimgedichten
dieser Zeit.
3 platz DEr VishGöt Während der Völkerwanderung zogen die Goten mit ver-
schiedenen Siedlungs stops wie etwa am Weichselbogen oder
in der Ukraine von Südschweden über Jütland, die pom-
mersch-westpreußische Küste, Richtung Schwarzes Meer. In
der heutigen Ukraine teilten sie sich auf in Westgoten ( Visi-
gothi = edle Goten/Westgoten) und Ostgoten.
Diese Installation weist darauf hin, das das Tor noch ver-
schlossen ist. Zwei Scheiben sind als Raunen und Geflüster
gedacht. Verfallen und vermodert stehen sie dort. Über sie
streicht der ewige Wind. Alles ist vergänglich.
4 ForsEttEr stEin Ein wichtiger Stein mit zwei umschlungenen Schleifen. Ein
Stein der Semno nen, welche vor der Völkerwanderung in der
Mittelmark ansässig waren. Zumindest ist er ein heiliges
Symbol der Eintracht und Treue. Er dient als Leitmotiv für
den Hain.
h6
25
5 stEin DEr sEhErin
Von den Träumen in grauer Vorzeit
(wohl um 1000 u.Z.):
In uralten Zeiten,
da hauste der Ymir.
Keinen Sand, keine Seen gab es.
Noch kalte Brandung.
Die Erde – nirgends.
Kein Himmel darüber
Nur gähnender Abgrund
und gar kein Gras.
6 untEr DEr linDE Auf dem Plakat steht in japanischer Kalligrafie:
deutsch-japanischer Hain.
7 bambus aus china – pFlanzunGDieser Bambus wurde direkt aus China importiert und ge-
deiht in Höhenlagen bis 1500 m. Dort ist er begehrtes Futter
der Pandas. Seine Pflege ist auf wändig, da er für optimales
Wachstum unvorstellbar viel Wasser braucht. Weiterhin wur-
den zwei Bambusarten mit 150 cm und 40 cm Wuchshöhe aus
Japan importiert. Alle in Deutschland gekauften Arten sind
leider eingegangen, so dass auch in Zukunft weitere Pflanzen
aus dem Ausland eingeführt werden müssen.
h8
27
8 wa - DEr hEiliGE stEin DEr
unEnDlichEn harmoniE
Dieser große, scheinbar unvergängliche Stein wurde er-
stellt in Hinblick auf eine Verbindung mit dem St. Marien Pil-
gerweg. Jedoch soll hier kein alleiniges christliches
Vermächtnis dargestellt werden, denn dies ist ein Ort der
Urnaturgewal ten, mit ihren Energie spendenden Kräften. Es
gilt dieses Potential für das geistige und gesundheitliche
Wohlbefinden aller Menschen wieder neu zu ent decken.
Nach intensiven Untersuchungen liegt dieser Findling ge-
rade auf einer Kreu zung von zwei positiven unterirdischen
Wasseradern - einer Globallinie und ei ner Diagonallinie, die
sich durch ihr außergewöhnliches immaterielles Fluidium
auszeichnen. Dieser Platz wurde auf Grund seines Zusam-
mentreffens mit die sen Urströmungen und durch deren Aus-
richtung, zu einem Ort der Naturkräfte.
An der Rückseite des Steines, für den Betrachter nicht so-
fort sichtbar, befinden sich ein archaisches Rundkreuz, eine
ägyptische Hieroglyphe und ein buddhisti sches Zeichen. Zwei
Säulen symbolisieren einen engen Eingang, um dann den Be-
sucher die ganze Wucht und Größe des Steines erfahren zu
lassen.
Es scheint uns angebracht freundlichst und mit Höflichkeit
darauf hinzuweisen, dort in Ruhe und Besinnung zu verhar-
ren. Empfindsame Mitmenschen, die das Geistige und das
Mystische im Leben suchen, können zu einer stillen Berüh -
rung beide Hände fest auf den Stein legen und damit ihre
Form der Dankbar keit gegenüber der Natur ausdrücken - für
das Wa, den Frieden in der Welt, für Harmonie und gegen-
seitiges Wohlwollen unter allen Mitmenschen, natürlich auch
für die gute Gesundheit und Lebensfreude in der Familie.
29
9 tor DEs FliEGEnDEn kranichs
shokaku-mon
Allgemein heißt es im japanischen Torii (Vogelplatz oder
Sonnentor). Über diesem Tor wohnt unsichtbar der Paradies-
vogel Hoh-o. Der spezielle Name des Tores entstand, als am
Tag nach seiner Fertigstellung ein Kranich darüber hinweg
flog.
Das Tor ist ein Symbol des Schintoismus (Naturverehrung)
und der Sonnengöt tin Amaterasuno Omikami geweiht. Es
steht für die Reinheit, den Schutz vor Bösem und für das
menschliche Leben und Wohlergehen. Seine Funktion ist die
Trennung des alltäglichen vom geistigen. An diesem Punkt
beginnt zum erden ken und zur Schinto-Verehrung der gehei-
ligte deutsch -japanische Hain, in dem auch die Seele der
Natur wohnt und verweilt. Ein Torii darf nur mit einer Ver -
beugung in Andacht und Würde zu Fuß durchschritten wer-
den
Der Entwurf stammt von Prof. em. Heinrich Johann Rade-
loff in Anlehnung an den Shimmei-Stil. Die hervorragende
künstlerische Umsetzung übernahm der Meister des Tempel-
baus Herr Masaki Tatenaka aus Kyoto. Seine Arbeit ist eine
unwahrscheinliche menschliche Leistung, die tiefer Dankbar-
keit bedarf. Dabei wurde kein einziger Nagel verwendet und
die Maße nahm er nur einmal. Beim Zusammensetzten passte
alles bis ins allerletzte Detail. Wir werden uns seiner Leistung
stets mit großer Freude erinnern.
h11
31
10 stEinwEGEDie Unterschiedlichen Steine hat man in besonderer Rück-
sicht auf das Wabi-Sabi gesetzt. Sie wurden absichtlich un-
eben gepflastert. Es sollten keine ein heitlichen, monotonen
Gehwege entstehen. Selbst in einem einfachen Stein weg liegt
im Sinne des japanischen Gefühls eine tiefe Hingabe zur
Natur, bei der mit Sehnsucht verbundenen objektiven Natur-
nachahmung.
11 zwiEsprachE – taiwa, stEinskulpturDie südkoreanische Künstlerin Bae Sang Sun lässt hier die
bittere Teilung Koreas erkennen. Doch nur auf den ersten
Blick! In dem zweigeteilten Stein liegt der unbefangene Mut,
zwei in tiefem Dunst verschleierte Berge zu erkennen, zwei
einschneidende Gegensätze. Dazwischen liegt die Spannung
der Einsamkeit. Trotzdem finden wir hier zwei Welten, die
Zwiesprache miteinander halten. Aus dem geistigen Klang
des Buddhismus weht das leise Rauschen des Windes hin-
durch, der uns zurückführt in zwei verschiedene Welten und
zu jenem unbegrenzten, unendlichen Urgrund, der für immer
in der Schönheit und Verschiedenheit liegt. Dies ist ein vor-
treffliches empfinden der Künstlerin.
h14
33
12 hohE himmElshalDE – takananoharaHier werden zukünftig der Natur Opfergaben dargebracht.
Ähnlich dem deut schen Erntedankfest verwendet man dazu
Früchte, Blumen oder besonders schöne Keramik. Ein
Brauch, der in den verschiedensten Kulturen der Welt zu fin-
den ist und den religiösen und geistigen Empfindungen aller
entspricht. Ob wohl die Kulturen in ihrer Gemütsart ganz un-
terschiedlich sind, in ihren Herzen teilen sie die tiefe Dank-
barkeit für die Gaben unserer Natur. Gedenken wir still mit
den alten chinesisch-japanischen Worten:
Wes Gedanke ist so erhaben wie die Schöpfung.
Sie murmeln in ihren Wassern.
Sie wehen in ihren Winden.
Sie kommen und vergehen in ihren Erden.
13 DEr VöGEl baDEquEllEDer Vogelbadbrunnen stammt vom Künstler Tom Kalle aus
den Niederlanden. Zuerst sticht die Plastizität der Skulptur
ins Auge. In ihrer Zerrissenheit liegt eine ungewöhnliche Ah-
nung, wie aus dem Alten Testament der Bibel. Man ist betrof-
fen wie von einer stark zerklüfteten Landschaft. Wir stehen
vor einem hervorragenden Beispiel seines künstlerischen
Schaffens. Mit nur einem einzi gen Stein gestaltet er eine
sinnreiche Berghalde, in der das Wasser schäumt und wallt.
Es ist eine fast unscheinbare Vision, von seltsamer Einsam-
keit. Hier tummeln sich in der warmen Jahreszeit - auch uns
zur Freude – eine Vielzahl von Vögeln und Insekten.
14 DialoG mit DEr altEn wEltDer Güstrower Bildhauer Peter Lewandowski schafft hier
eine Verbindung zur Welt der Antike - eine mystische Ver-
schmelzung von uraltem und Moderne. Ein Hauch des alten
Ägypten weht zu uns herüber.
h15
35
15 säulE DEs masahiGE kusunoki (1294 – 1336)
Lorenz Stefan Radeloff erstellte diese Eichensäule zu Ehren
des größten ja panischen Volkshelden, dem Urideal des japa-
nischen Samurai. Unzerbrechliche Treue und Opferbereit-
schaft zeichneten ihn aus. Auf der Säule sind das Wap pen
(Mon) Kusunokis und die Chrysantheme des Kaisers (Tenno)
abgebildet.
In dem großen 40-Bändigen japanischen Geschichtswerk
Taiheiki, wird detail liert auf Kusonokis großes Epos „Die
Schwingungen des Wassers“ eingegangen.
16 DosoJin - DEr bEschützEr DEr
wEGE,strassEn unD GrEnzEnDiese steinernen Darstellungen befinden sich oft an den
Grenzen alter Dorf schaften, Gebirgspässe, Kreuzwege oder
Brücken. Außerdem gelten sie als Fruchtbarkeitsgottheiten.
Sie werden als Mann und Frau dargestellt. Erwäh nung finden
sie auch in den mystischen Schriften Japans und selbst heut-
zutage gebraucht man sie noch, um Schutzriten für ausländi-
sche Botschafter abzuhal ten.
17 platz Vom wEissEn monD
in der Planungsphase. Eine Arbeit aus Kies und Stein wird
hier entstehen.
18 untEr DEm apFElbaumHier finden jedes Jahr japanische Teezeremonien statt. Ein
großer, schwerer Findling, während der Eiszeit von den Ur-
kräften der Natur glatt geschliffen, dient als Tisch. Die Stein-
bank an seiner Seite, im Schatten des Apfelbaumes, lädt zum
verweilen ein.
h19
37
19 JapanischE bErGE ohnE wassEr
karEsansui
Dieser Gartentyp hat eine besonders dominierende Stel-
lung in der japanischen Gartenwelt. Ein japanischer Trocken-
teichgarten besteht aus Kies, Sand und Felsbrocken. Als
Bepflanzung verwendet man meist nur Moose und wenige Ge -
hölze. Die niedrig gehaltenen Bäume sind oft in bizarren, ma-
lerisch asymmetri schen Formen gepflanzt. In diese
Gartenkomposition wird meist das Shakkei (Geborgte Land-
schaft) mit einbezogen. Es bedeutet das der Garten beson-
ders sparsam gestaltet wird. Die Abstraktion und
Reduzierung werden hier bis zum Äußersten betrieben. Diese
absolute Beschränkung auf lediglich Kies, Sand und Felsbro-
cken, vermitteln einen philosophischen Gehalt im Aufzeigen
kosmologi scher Bezüge im Sinne der Zen-Lehre.
Obwohl dem Wasser in japanischen Gärten eine außeror-
dentliche Bedeu tung beigemessen wird, deutet man es im Ka-
resansui nur an, indem man es durch ein geistig erdachtes
Medium ersetzt. Dadurch wird die Landschaft ganz anders
dargestellt und interpretiert. Das Wasser wird symbolisiert
durch ge harkten Kies, Sand oder runde Kieselsteine. Die Was-
serlinien werden mit einer weiten Harke in den Kies gezogen,
um natürliche Strukturen, wie Bäche oder Gewässer zu sym-
bolisieren oder Wellen darzustellen. Wichtig hierbei ist, dass
man möglichst keinen Anfang oder Ende der Wasserlinien er-
kennt. Sowohl das Harken der Gärten als auch das Betrach-
ten des Gartens wird als Meditation verstanden.
Dabei entsteht gleichzeitig eine Vorstellung vom unendlich
schöpferi schen Urgrund unserer Welt, den wir im Inneren der
schaffenden Natur su chen! Damit ergibt sich der Karesansui,
der Philosophie des Tao und der Welt anschauung des Zen. Ein
Hauch von Raum und Zeit liegt über diesem Gar -
tenphänomen. Das wandernde Licht eines jeden Tages und
jeder Jahreszeit durchflutet den Karesansui mit seiner eige-
nen mystischen Atmosphäre und deren stillem Klang.
Dieser Gartentyp stellt sich am besten für den Betrachter
von einem fes ten Standpunkt aus dar. In unserem Fall wäre
dies die große Eiche am Rande des Karasensui. Von hier aus
ist seine Darstellung am eindrücklichsten nach vollziehbar.
39
Was wir von dort aus sehen, ist ein in Kreuzform angelegter
Gar ten, der die vier vom Meer umgebenen Hauptinseln Ja-
pans symbolisiert. Manch einer vermag dort auch eine zer-
streute Schafherde am Ufer eines Sees zu er kennen oder eine
Schar Kraniche, die sich gerade niedergelassen hat. Eine an -
dere Interpretation wären vier Bergspitzen, die aus dem
Nebel ragen. Jede in dividuelle Deutung ist willkommen und
wird mit Wohlwollen aufgenommen.
20 untEr DEr EichEVon diesem Ort aus wurde im Jahre 2002 die gesamte Aus-
arbeitung des Hai nes begonnen. Hier wurde das Grundmus-
ter und das kosmische Fundament im Sinne des japanischen
Flächenmaßes MA und des Wabi-Sabi erdacht. Außer dem be-
finden sich dort die Sitzsteine für die Betrachtung des Kara-
sansui.
21 klEinE brückE ko-maru bashi
in Arbeit
22 schilDkrötEnstEinEin solcher Stein befindet sich in ganz verschiedenen Vari-
anten in jedem Zen-Garten. Die Schildkröte verheißt Glück,
Wohlergehen, Gesundheit und ein lan ges, erfülltes Leben.
h24
41
23 aussichtspaVillion
in Arbeit
24 GEsanG DEr sirEnESkulptur von Lorenz Stefan Radeloff.
Der Gesang der Sirenen soll betörend gewesen sein, aber auch verderb-
lich: Sobald die Seeleute in deren Hörweite kamen, steuerten sie ihre
Schiffe selbstvergessen und nur dem Gesang lauschend, in die Klippen.
Odysseus war neugierig. Um keinen Schiffbruch zu erleiden, dennoch
aber den Gesang hören zu können, ließ er sich an einen Mastbaum fesseln.
Seiner Mannschaft befahl er, sich Bienenwachs in die Ohren zu stopfen
und ihn, je dringender er von seinen Fesseln erlöst werden wollte, um so
fester zu bin den. Damit gelang es ihm, zu den Wenigen zu zählen, die den
Gesang zwar hörten, aber ihre Reise trotzdem schadlos fortsetzen konn-
ten. Was hören Sie? Schweigen Sie für einen Moment und lauschen!
25 bau EinEs shintoschrEins
vorgesehen - Name des Schreins ist noch nicht festgelegt.
h26
43
26 wartElaubE machiaiDiese Laube vereint vielerlei Formen und Gestaltung. Sie
ist einer alten meck lenburgischen Dorflaube nachempfunden,
die es in grauer Vorzeit in fast jedem Dorf gab. Es ist ein Platz
zum warten und ausruhen, zB. für Gäste, die sich auf die Tee-
zeremonie vorbereiten. Man kann von hier aus die Stille des
Haines auf nehmen und sich dann zur Teezeremonie begeben.
Ein gegabelter Stamm, die Stimmgabel, sorgt für positive
Empfindungen. Wilde Lilien aus Japan umrahmen die Laube.
Prächtiger Blauregen und wilder Wein ranken empor. In
ihrem Schatten können auf Wunsch Erfrischungen und Ku-
chen gereicht werden.
Herr Sensai Kuwahara, in der 14. Generation Großmeister
der Kuwa-hara Senkeiryu Schule (renommierte Ikebana-
Schule in Kyoto), gab bei einem seiner Besuche der Laube
den Namen Boutōkyo. Dies bedeutet lang und weit in östliche
Gefilde zu sehen, aber auch behutsam zum Tee gehen. Dieser
östli che spirituelle Symbolismus steht in keinem Widerspruch
zu abendländischen und christlichen Gedanken.
27 kakurE ishi-stEinDieser Stein wurde gesetzt zur Erinnerung an die Kakure
Kirishitan, jene Ja paner, die Anfang des 17. Jarhunderts, trotz
des Verbotes durch das Shogunat, das katholische Christen-
tum als Religion angenommen hatten und ohne äußere Ein-
flüsse zu einer eigenen Glaubensform weiterentwickelten.
Über 250 Jahre blieb diese Kirche im Untergrund (Kakure),
bis sie unter dem diplomatischen Druck des Auslandes 1873
wieder offiziell zugelassen wurde.
45
28 stEin DEs auFFliEGEnDEn kranichs
mit kükEn
Dieser Stein ähnelt in seiner Bedeutung dem Schildkröten-
stein. Die fliegende Schönheit des Kranichs macht ihn zu
etwas besonderem, einem schwebenden Zeichen für Glücks-
seligkeit und für ein langes Leben voller Schaffensfreude.
29 DiE klEinE brückE zum hEimwEh nach
kyoto - kyo-ko-bashi
Die kleine geschwungene Holzbrücke lädt ein zum stillste-
hen, verweilen und sich umschauen. Daneben sind bewusst
verkrüppelte Buchen gepflanzt wor den, die so dicht stehen
das sie die Möglichkeit haben, diese Brücke völlig überwu-
chern zu können. Der Weg über die Brücke führt zum künfti-
gen Teehaus, in dem die Tee-Zeremonien abgehalten werden
sollen.
h30
47
30 DiE lEbEns- oDEr wEltEschE yGGDrasil
Yggdrasil oder der Weltenbaum diente in der Mythologie
vieler Völker als Sym bol für eine kosmischen Ordnung. Bei
den Germanen wurde sie von der Irmin sul (d. h. „große bzw.
gewaltige Säule“) symbolisch verkörpert. In den unter -
schiedlichsten Kulturen, verband man unterschiedlichste
Baumarten mit dem Weltenbaum, zum Beispiel die Birke,
Eiche, Eibe oder Esche. Er steht im Zen trum der Welt, sozu-
sagen als Weltachse (axis mundi). Seine Wipfel berühren oder
tragen den Himmel und seine Wurzeln reichen tief in die
Erde. Auf diese Weise verbindet er die drei Ebenen Himmel,
Erde und Unterwelt (bei den Germanen sogar neun Ebenen).
Unsere Esche wurde von Mitarbeitern zu Beginn des Pro-
jektes ausge sucht. Jetzt darf dieser besondere Baum nie mehr
beschnitten werden.
Neben dem Baum liegt wieder ein sehr eigenartiger Altar-
stein. In vorchristli-cher Zeit wurden diese roten Steine als
Opfersteine benutzt. Geopfert wurden Menschen, Tiere und
wertvolle Utensilien. Diese Opferrituale wurden bei fast allen
germanischen Stämmen alle neun Jahre abgehalten.
Bei den wendischen Stämmen dagegen hatte man eine an-
dere Zeitfolge. Sie verehrten die Vier als heilige Zahl. Des-
halb fanden ihre Opferzeremonien auch alle vier Jahre statt.
Dabei zerschlugen sie Beuteschätze und warfen sie anschlie-
ßend in die Moore, Sümpfe oder Seen.
Dieser rote Altarstein zeigt auf der einen Seite ein zerstör-
tes Relief aus vorchristlicher Zeit und an anderen Stellen
Spuren von Einritzungen. Diese Altarsteine wurden zur Zeit
der Christianisierung in tiefgelegenen Mooren oder Seen ver-
senkt. Durch die erfolgten Grundwasserabsenkungen, ge-
langten sie langsam wieder an die Erdoberfläche.
In heutiger, moderner Zeit werden auf diesem Altarstein
christlich religi öse Zeremonien abgehalten, wie zB. katholi-
sche Messen oder evangelische An dachten.
h45
31 pax munDi – stEinsEtzunG
Mineo Kuroda, Bildhauer aus Kyoto, schuf im
Jahre 2005 diese interessante Anlage. Starke
Gegensätze wurden harmonisch zusammenge-
fügt. Es ist mehr als eine Illustration des Tao und
der Zen-Meditiation, es ist eine Wirklichkeit aus
dem östlichen Bildergeist. Damit hat der Künst-
ler seine ganz spezifische Bildsprache hervorge-
bracht. Man sollte dieses Werk für den
Weltfrieden (Pax mundi) mit Muße und Verinner-
lichung betrachten.
49
32 Ein oFFEnEs FEnstEr nach Japan
Die Öffnungen wurden von Shohei Kamada in langwieriger
Arbeit aus dem Stein herausgearbeitet. Wir finden hier ein
Fenster, dass uns korrespondieren de Blicke zwischen
Deutschland und Japan gestattet. Damit wird sinngemäß die
Verbindung unserer beiden Länder zum Ausdruck gebracht.
Die Skulptur ist eine Angleichung an die beiden berühmten
kleinen Klip pen Meoto Jima, welche vor der japanischen Insel
Honshu liegen und dort aus dem Meer herausragen. Sie ver-
körpern Mann und Frau. Als Verbindung zwi schen den Ge-
schlechtern, spannt man jedes Neujahr zwischen ihnen ein
dickes Strohseil.
33 stEin DEr suchE nach unEnDlichEr tiEFE
Auf dem über 10 Tonnen schweren Findling wurde das Zei-
chen Mu bis ins Letz te sublimiert. Mit dieser Arbeit des be-
kannten Bildhauers Günter Kaden, be geben wir uns auf die
Suche nach dem unendlichen Geist hinter den endlichen Din-
gen, nach dem Nichts im Nichts, einem der Hauptgedanken
des Zen-Bud dhismus für die nicht messbare Weite des gesam-
ten Kosmos. Hier hat der Bildhauer zwei wichtige Komponen-
ten der japanischen Tee-Kultur mit einer knappen
Kom po sition dargestellt. Zum einen das Gingkoblatt. Es sym-
bolisiert den Teeweg (Shado) und ist auch gleichzeitig das
Hauswappen der berühmten Urasenke Teeschule.
Zum anderen das Mu. Es steht für das Nichts im Nichts und
ist ein weite res Leitmotiv der japanischen Teezeremonie.
34 platz DEs tEEhausEs
Die Fundamente für das Teehaus sind bereits fertig gestellt
worden. Das Bau holz lagert zum trocknen in luftigen Räu-
men. Die Vollendung des Teehauses wird unseren Verein noch
vor eine große und schwere Aufgabe stellen. Gerade heute,
denn die schwierige finanzielle Lage der Weltwirtschaft wirkt
sich natürlich auch auf uns aus.
h35
51
35 DEr östlichE GartEn im winDE
kochi no En GartEn
Hier wurde der ehemals überwucherte Gutspark völlig umge-
staltet und neu entworfen. Dieser Garten ist dem Shintō gewid-
met, der uralten japanischen Naturreligion. Sein kalkhaltiger
Untergrund wurde durch humusreiche Moor erde ausgetauscht,
um den ph-Wert des Bodens zu senken. Anschließend setz te man
Steinmauern. Es ist ein Garten mit ostasiatischer Bepflanzung.
Wir fin den dort Kamelien, Rhododendren, Azaleen, Bambus,
Hortensien, Chrysanthe men, Päonien und Schwertlilien. In ihm
residieren die Kami-Sama. Diese Shintōgottheiten sind wie ein
Hauch im Morgennebel. In ihm verweben sie sich mit Wald und
Wiesen. Ihre bevorzugten Plätze sind umgeben von schönen, he-
rausragenden Steinen. Sie murmeln in den Wassern. Sie wehen
in den Win den, sie durchziehen Kiefern und besonders alte
Bäume. Dabei bleiben sie den Menschen aber stets verbunden.
Diese älteren Shintōgottheiten haben keine Ähnlichkeit mit den
Buddhas. Sie werden hier in zwei Toren symbolisiert, dem rötli-
chen Nigimi-tama (das Weiche und die zarte Hingebung) und
dem dunklen Arami-tama (das Raue und die harte Unerbittlich-
keit). Die Betonplatten wurden vorerst als Windschutz aufge-
stellt, sind jedoch auch als Mahnmal für die unselige Teilung
unserer deutschen Heimat gedacht. Die Platten werden mit wil-
dem Wein und verschiedenen Efeusorten bepflanzt und ver-
schönt.
36 DiE umarmunG DEr schöpFunG
Rainer Fest gestaltete diesen Ort. Ein Aussichtsplatz gibt den
Blick frei auf die knorrige Bismarck-Eiche und die weite meck-
lenburgische Landschaft.
53
37 Das tor zum abEnDlänDischEn
tEil DEs hainEs in der Planungsphase
38 aus DEr DEutschEn GEschichtEEine wieder hergestellte Verteidigungsstellung
aus dem 2. Weltkrieg, mit der Botschaft: Nie wieder
Krieg und Gewalt!
39 Jakobs- oDEr GEsunDunGslEitErEin kunstvolles Geländer säumt die Treppe den
Hügel hinab. Verschiedenste Symbole anderer Kul-
turen zieren die Pfähle und sollen ein schnelles und
unvor sichtiges hinabeilen der Besucher verhin-
dern. Genießen Sie die langsamen, ge sunden Be-
wegungen!
40 DrEi EiEr in DEn nEstErn Das goldene Ei.
Das japanische Ei.
Das Teterower Ei.
Verweilen Sie einen klei nen Augenblick an die-
sem Ort! Den Hintergrund bilden zwei Stelen, die
den Gottheiten der Ainu, den Ureinwohnern Ja-
pans, nachempfunden wurden.
41 st. Franziskus stEinEin ganz besonders schöner Stein ist der herrli-
chen Schönheit Gottes gewid met. Der Stein lädt
dazu ein, ihn mit den Händen zu berühren, so das
man von einer eigenartigen Kraft durchströmt
wird, die uns die Schönheit und die Unvollkommen-
heit darbringt. Dabei erstrahlt die Anspruchslosig-
keit und Demut des St. Franziskus in uns selbst.
55
42 kaisEr lothar stEinE
Eine Steinsetzung für den mittelalterlichen
Kaiser Lothar I (795-855),
dem äl testen Sohn Ludwig des Frommen.
43 DiE DrEi lEicht lEbEnDEn schwEstErn
Eine Erinnerung und Sehnsucht an längst vergangene Ju-
gendzeiten. Die fast schon empörten Blicke vereinzelter Be-
sucher, deren persönliche Interpretatio nen der an den
Eschen recht eindeutig vorhandenen erotischen Naturformen
wir nicht kennen, stören uns dabei nicht. Dieser Platz soll
eine herzerquickende Kulisse darstellen, damit man in heite-
rer Freude und mit einem erfrischenden Lachen durch das
Leben gehen kann. Der Besucher findet hier eine Installation
für Frohsinn und Humor. Die drei Eschen ergeben bei ge-
nauerem hinsehen ein vielfältiges Wechselspiel zwischen
Mensch und Natur.
44 platz DEr sEhnsucht nach Japan
Auf der Bank sitzend, fällt halb links der Blick auf einen
leichten Hügel. Er ist mit alten, zerzausten Kiefern bewach-
sen. In ihnen rauschen die Winde (Matzu kaze). Für uns ist er
fast ein Abbild Japans. Hier sitzen wir oft zusammen und träu-
men im lauschigen Schatten der Abendsonne.
h46
57
45 st. anDrEas stEinBesonders im Frühling, inmitten von Maiglöckchen, aber
natürlich auch zu je der anderen Jahreszeit, kann man hier
seinen Gedanken nachgehen - vielleicht auch darüber, ein
Leben in beständiger Dankbarkeit zu führen? Die im Wechsel
der Jahreszeiten grünenden oder entlaubten Bäume begleiten
uns dabei. In je der Stunde können wir unser Dasein als Ge-
schenk und Freude empfinden.
46 st. kilian märtyrEr stEinEDiese Steine sind dem St. Kilian (um 640-689) und seinen
beiden Gefährten Kolonat und Totnan gewidmet. Sie werden
jährlich am 08. Juli, dem Todestag des St. Kilian, zum Ort des
Gedächtnisses. Jedoch wurden die Steine auch in Dankbar-
keit an die Siedler aus Westfalen und dem Rheinland errich-
tet, die diesen Heiligen mit nach Mecklenburg brachten. Viele
ihrer Nachfahren haben den Aufbau des Haines mitgetragen
und tätig unterstützt. Gratia filio Deo
47 platz DEr stEinbrEchEr noch in Arbeit
Bei den Menschen der Jungsteinzeit, welche u.a. mit der
Herstellung von Feuersteinklingen und Werkzeugen beschäf-
tigt waren, bedeutete das Hängen von Steinen auf diese Art
eine kultische Handlung. Es ist nicht bekannt, ob sie damit
ihren Göttern oder Ahnen huldigten.
48 wolkEntalklausE – mEDitationsklausE unvollendet
Sie ist der Klause (Unkoku-an) des berühmten japanischen
Tuschmalers Sess hū-Tōyō (1420-1506) nachempfunden und
wird ein Ort der Ruhe und Zuflucht für den Künstler Radeloff,
der in diesem Atelier, ähnlich wie sein Vorbild Sesshū-Tōyō,
arbeiten möchte.
49 platz DEr stillEn träumE
tEnkai-zuGa-rō nach sEsshū-tōyōDie Übersetzung lautet: „Natur als himmlisches Gemälde
zu betrachten“. Dies ist einer der schönsten Orte unseres Hai-
nes. Ein Platz für alt und jung, zum träumen in der Natur. Ihm
gegenüber befindet sich eine Steinsetzung, die zwei Liebende
symbolisiert.
h??
59
50 stEin DEs prophEtEn mosEs
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war
wüst und leer und es war finster auf der Tiefe und der Geist
Gottes schwebte auf dem Wasser. Es werde Licht und es ward
Licht.Diese Steinplatten versinnbildlichen die zehn Gebote
51 stEinbank DEr bußE
Diese Bank lädt gleichermaßen Christen und Gläubige an-
derer Religionen dazu ein, sich niederzusetzten. Sie können
hier in stiller Einkehr das Wechselspiel der Schatten zwi-
schen Sonne und Blattwerk beobachten, in welches das Licht
der universellen Schöpfung mit einfließt und bei Reflexionen
über sich selbst, einen Weg zur Buße finden.
52 marina unD ihr pruzzE
Die Pruzzen waren ein baltischer Volksstamm. Eine alte Le-
gende erzählt von zwei Liebenden, die in einen Stein und
einen Vogel verwandelt wurden. Die Liebe und Gnade Gottes
erlöste sie von ihrem Schicksal. Mit der reichen Kinderschar,
welche ihnen geboren wurde, wurden sie die Stammeltern
vieler Dynastien.
53 stEin DEr VElEDa
Veleda war eine germanische Seherin vom Stamm der
Brukterer und die Behü terin eines heiligen Haines. Nach
alten Überlieferungen wohnte sie in einem hohen Turm an
der Lippe, im jetzigen Westfalen.Durch ihre Voraussagen,
welche tatsächlich auch eintrafen, förderte sie einen Auf-
stand der Bataver gegen die Römer (69 u.Z.). Dieser Aufstand
konnte von den Batavern siegreich beendet werden.Später
(77 u.Z.) wurde sie von den Römern als Sklavin nach Rom ver-
schleppt. Sie verstarb höchstwahrscheinlich in römischer Ge-
fangenschaft.
54 platz DEr VErsunkEnEn GErEchtiGkEit
Dieser Platz ist zweigeteilt. Zum einen finden wir dort ein Mahnmal für
die Wer te des christlichen Abendlandes, die heute in Konfrontation mit
dem Mangel an sozialer Verantwortung und der Abstumpfung des Gewis-
sens, offenbar ebenso verblassen, wie die im Schwinden begriffene
menschliche Opferbereitschaft. Das Mahnmal ist gedacht als ein Ge-
genstück zur Gedankenlosigkeit unse-rer Gesellschaft gegenüber einer
fast schrankenlos währenden Gier nach Geld und Erfolg und den medialen
Albernheiten einer modernen Welt, deren nichts sagende Plattheiten in-
zwischen von den Kritiklosen als Richtlinien akzeptiert und zu Maßstäben
hochstilisiert wurden.Unsere oft fehlgeleitete geistige Fortentwicklung
verhöhnt unbewusst das christliche Vorbild für das menschliche Miteinan-
der wie wir es bei Jesus finden (Ecce homo – Seht, welch ein Mensch!).
Mit dieser Gestaltung soll eine früh mittelalterliche Tradition wieder ins
Gedächtnis zurückgerufen werden: Ora et labora – bete und arbeite.
Zum anderen finden wir dort eine mit Feldsteinen gefüllte Wanne: „Viel
Steine gab es und wenig Brot.“ Diese Steinsetzung fordert, dass wir Men-
schen uns immer wieder bewusst werden sollten, unsere allgewaltige
Natur zu schützen und zu bewahren, denn wir sind gekettet an die Schöp-
fung. Es ist ein Aufruf unsere tägliche Nahrung in stiller Dankbarkeit zu
würdigen – auch wenn in un serem Leben und dem heutigen Gesamtbe-
wusstsein diese Form der Spirituali tät schlichtweg verloren gegangen zu
sein scheint.
61
55 stEin DEr DruiDEn
Unter einem gewählten Oberhaupt waren die Druiden innerhalb der kel-
tischen Gesellschaft Mitglieder einer Priesterkaste. Als eine Art geistiger
und kultischer Elite waren sie zuständig für die Durchführung von Staats-
und Privatopfern. Auch mit der Rechtssprechung befassten sie sich und
mit der Ausbildung der vornehmen Jugend. Sie waren Priester, Philoso-
phen, Wahrsager, Ärzte, Richter, Astronomen, Barden, Seher und auch
Propheten.
Wer genau hinschaut, entdeckt an unserem Stein das keltische Bogen-
zeichen. Die Kelten umgaben ihre Heiligtümer, in denen auch heilige
Frauen walteten, mit roten Stoffen. Jedes Jahr wurde von ihnen im Dezem-
ber zur Sonnenwende mit einer goldenen Sichel die heilige Mistel von den
Bäumen geschnitten.. Für gute Ernten und reichlich Vieh hängten sie die
Nachgeburten haupt sächlich von Pferden in heilige Haine. Ein weiterer
Brauch war die Darbringung von Menschenopfern. Teilweise waren es die
Druiden selbst, welche sich opfer ten. Zusammen mit Haustieren und
Gaben der Ernte wurden sie an einen Baum gehängt, mit Stroh umwickelt
und angezündet.
h56
63
56 swantEwit
auch Svantovit, Sveti Vid, Svantevit, Svetovit
Swantewit war ein Hauptgott der Rügenslawen (Ranen),
der aber auch von vie len anderen slawischen Stämmen ver-
ehrt wurde. Vorrangig wurde er von ihnen als Kriegsgott an-
gesehen. Sein Hauptheiligtum befand sich in der
Jaromars burg am Kap Arkona und wurde am 15. Juni 1168
durch die Krieger des Dä nenkönigs Waldemar zerstört.
Das Wort svet, swant, svent bedeutet heilig, mächtig, kraft-
voll. Die End silbe vit kommt von vitez – Herrscher oder Sie-
ger. „Er hat“, berichtet Helmold I. „unter allen Götzen der
Slawen den Vorrang erlangt, so dass er durch Siege am be-
rühmtesten, durch Orakelsprüche am wirksamsten ist. Daher
schickten (..) alle Länder der Slawen dorthin ihre Tribute.“
Das von Saxo Britannicus beschriebene Standbild Swante-
wits hatte vier Köpfe und eben so viele Hälse. Jeder von ihnen
blickte in eine der Himmels richtungen. Die Vier galt den Sla-
wen als heilige Zahl. Wir finden sie wieder in dieser Installa-
tion und oft auch als die vier Apostel an Taufbecken
verschiede ner Kirchen, was u.a. für die missionierten Slawen
eine weitere Zugangsmög lichkeit zum Christentum bot.
57 oDin stEin
Odin, auch Wodan, Óðinn, Woden, Uuoden, Wuotan oder
Wôðanaz genannt, war der Hauptgott der germanischen Völ-
ker im Norden Europas und damit einer der ältesten Götter
der germanisch-skandinavischen Mythologie. Er gilt als
Stammvater der Asen und als Gott des Krieges und des Sie-
ges. Die Germanen verehrten ihre Götter ebenfalls in heiligen
Hainen. In ihren göttlichen Vorstellungen durfte keiner ihrer
Götter in engen Gebäuden oder dergleichen anwesend sein,
sondern nur in weiträumigen Eichen- und Buchen hainen
(siehe Bonifatius). Alle 9 Jahre versammelten sie sich in
ihnen, um von allen Dingen und Wesen des täglichen Lebens
ein Stück (Vieh, Waffen, Werk zeuge, Ernte, Menschen....) zu
opfern.
h45
65
58 platz DEr FünF EchtEnin Treue verbundenen Freunde und einer Fremden.. Inspi-
riert durch den japanischen Tusch-Maler Sesshū-Tōyō,
unvollendet
59 stEinE DEr samurai – stEinsEtzunGEEine Steinsetzung um den Opfergeist und die Tugenden der
japanischen Samu rai zu symbolisieren, die für die Treue, die
Ehrlichkeit und die Schlichtheit leb ten sowie stets für das
Wohlergehen der Menschen kämpften. Auf ihrem Weg, um
diese Ziele zu erreichen, orientierten sie sich am Bushidō,
einem mündlich überlieferten Verhaltenskodex und einer Phi-
losopie für Samurai des späten ja panischen Mittelalters.
Danach hatten sie sich an sieben Tugenden und fünf Haupt-
forderungen zu hal ten:
Die sieben Tugenden
1. Gi Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit
2. Yu Mut
3. Jin Güte
4. Rei Höflichkeit
5. Makoto oder Shin Wahrheit und Wahrhaftigkeit
6. Meiyo Ehre
7. Chūgi Treue oder auch Chū Pflicht und Loyalität
Die fünf Hauptforderungen
Die fünf Hauptforderungen des Bushidō, die auch unter
dem Begriff Dōjōkun zusammengefasst werden, waren:
Treue gegenüber deinem Herrscher und Heimatliebe, Ach-
tung vor den Eltern, zu dir selbst, Fleiß.
Höflichkeit, Liebe, Bescheidenheit, Etikette
Tapferkeit, Härte und Kaltblütigkeit, Geduld und Ausdauer,
Schlagfertigkeit
Offenheit und Ehrgefühl, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit
Einfachheit, Reinheit
h45
67
60 stEin DEr würDE oder
stEin DEr ErinnErunG
Gewidmet dem Initiator, Förderer und Mitstreiter der ge-
samten Anlage des deutsch-japanischen Haines in Todendorf,
Herrn Doktor Reinhard Dettmann, Bürgermeister der Stadt
Teterow.
Im Herbst 2000 besuchte die Familie Radeloff das Rathaus
in Teterow, um den ihr völlig unbekannten Bürgermeister ihr
Anliegen vorzutragen. Es ging darum, den künstlerischen
Werken von Prof. em. Heinrich Johann Radeloff und der von
vielen Interessierten zusammengetragenen japanischen
Sammlung, einen sicheren und angemessenen Platz zu
geben. Aus der Urquelle dieser Gedankengänge entsprang
das heutige „Schloss Mitsuko“ mit dem deutsch-japanischen
Kulturzentrum und dem Hain in Todendorf bei Teterow.
Unvergesslich ist uns die unvergängliche Mitarbeit der Ge-
meinde Todendorf-Thürkow, besonders die ihres Bürgermeis-
ters Herrn Dieter Mittelstädt. Er und die Mitglieder des
Fördervereins leisteten, mit der Übernahme außerordentli -
cher und schwerer Arbeiten, einen großen Beitrag zum Auf-
bau des deutsch-ja panischen Haines. Nicht zu vergessen ist
auch Franz Prinz von Sachsen-Alten burg, der sich mit hohem
persönlichen und körperlichen Einsatz für die Errich tung und
Erhaltung unseres Haines einsetzt.
Allen Freunden, Mithelfern und Stiftern, danken wir auf
diesem Wege.
h66
h61
69
61 ruFstEin
In den Dörfern Japans sind solche Anschrei- oder Rufsteine
seit Jahrhunderten vorhanden. Nach der Reisernte im Herbst
finden Wettbewerbe statt. Eine Jury entscheidet wer am lau-
testen schreien kann. Bitte schreien auch Sie aus voller
Kehle! Es ist eine gute Übung, um eigenen Frustrationen und
Stress begegnen zu können. Es tut gut und erleichtert.
Alleluja!
62 DEr brunnEn Für mizuhaWir widmen diesen Brunnen in Dankbarkeit der
Wassergöttin Mizuha.
63 DEr tEich – uqui su ikE Der Nachtigallenteich ist als Biotop und als Vogeltränke
gedacht.
64 stEin DEr DEmut noch in Arbeit
Erinnerung an ein Wort, welches in heutiger Zeit stark
in Vergessenheit geraten ist. Wer die Demut besitzt ist unan-
greifbar.
65 FrEilichtbühnE in Arbeit
Hier werden in der warmen Jahreszeit japanische Theater-
und Musikaufführungen statt finden.
66 zEn-mEDitatonsGartEn in Arbeit
71
67 Grab DEr Fürstin holDE raunE
Diese Grabanlage die einem 2003 in Thürkow entdeckten
bronzezeitlichen Bodenfund nachempfunden wurde (Dame von
Thürkow, etwa 1200 v.u.Z. bestattet) ist eine Steinsetztung,
deren Steine nach genauer Vermessung und Nummerierung von
der originalen Fundstelle hierher transportiert und in genauer
Abfolge erneut gesetzt wurden. Durch langwierige Nachfor-
schungen in der entsprechenden Fachliteratur, ergaben sich
Nachweise für die ursprüngliche Gestaltung einer solchen Grab-
anlage. Die hier verwendeten Kiefernstelen aus der Rostocker
Heide, entsprechen den bronzezeitlichen Anordnungen, genauso
wie ihre Bemalung, die damals auch in ocker, schwarz und weiß
ausgeführt wurde.
Unsere Stelen, die ursprünglich für die Harzgewinnung ge-
nutzt wurden, korrespondieren durch ihre Kerbreihung mit den
Mustern, auf den im ursprüng lichen Grab gefundenen Beinber-
gen.
Bronzene Beinbergen und Armbergen sind in Deutschland und
Nordwest polen eine typische Schmuckform reich ausgestatteter
Frauengräber der Bron zezeit. Sie wurden in der mecklenburgi-
schen Frühzeit als Ringschmuck an den Unterschenkeln b.z.w.
an den Armen getragen. Die in Thürkow gefundenen bronzenen
Stücke, befinden sich im Landesamt für Kultur- und Denkmal-
pflege in Schwerin.
73
wir brauchEn ihrE hilFEWir sind ein gemeinnütziger Verein
und bitten Sie um ihre Hilfe. Ihre
Spende wird steuerlich berücksichtigt.
Werden Sie Mitglied in unserem Ver-
ein und unterstützen Sie unsere Ar-
beit, in dem Sie unsere Ausstellungen
und Veranstaltungen besuchen. Mehr
Informationen finden Sie im Internet
unter www.schloss-mitsuko.de