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Der Landschaftspark Hoheward in Herten und Reckling- hausen – ein Beispiel für den Landschaftsumbau im Emscher-Lippe-Raum Geographische Kommission für Westfalen Gebiet und Identität Naturraum Bevölkerung Siedlung Wirtschaft und Verkehr Bildung und Kultur Gesellschaft und Politik Seit Ende 2008 markieren zwei gegen- einander gesetzte, nahezu 50 m hohe Meridianbögen das höchste Plateau der Halde Hoheward. Diese sind zu einem weithin sichtbaren Erkennungszeichen für den Landschaftspark Hoheward (Abb. 1) geworden und damit auch zu einer Landmarke für den Wandel der Landschaft im Ruhrgebiet und im Emscher-Lippe-Raum im Besonderen. Für die Besucher des Landschaftsparks ist der Blick frei über weite Teile des Ruhrgebietes. Auf dem Plateau des Hori- zontobservatoriums (Abb. 2), zu dem die Meridianbögen gehören, eröffnen sich auf 152 m Höhe ü. NN ganz neue Hori- zonte. Der Landschaftspark Hoheward ist ein herausragendes Ergebnis aktueller kulturräumlicher Veränderungen im nördlichen Ruhrgebiet und sicher eines der größten und spektakulärsten Land- schaftsprojekte Europas und somit ein wichtiger Baustein der Landesinitiative „Neues Emschertal“. Mit einer Investiti- onssumme von ca. 25 Mio. € haben der Regionalverband Ruhr (RVR) sowie die Städte Recklinghausen und Herten – gefördert durch die EU und das Land Nordrhein-Westfalen und unterstützt durch die Deutsche Steinkohle/RAG – dem 750 ha großen Raum zwischen der Autobahn A 2 im Norden und der Emscher im Süden ein neues Gesicht gegeben. Raum wurde zurück gewonnen für Mensch und Natur, für Naherholung, Landschafts- und Naturschutz, Flächen wurden erschlossen für entscheidende wirtschaftliche Impulse und zukunftsfä- hige Arbeitsplätze; Einrichtungen der Horizontastronomie machen den Park zu einem Ort für eine neue Volksbildung, zu einem attraktiven „Lernort“. Planung Seit Jahren vollzieht sich parallel zum Rückzug des Steinkohlebergbaus auch im Emscher-Lippe-Raum ein regionaler Strukturwandel großen Ausmaßes, der ehemals vom Bergbau geprägten Stadt- und Landschaftsräumen eine neue Bestimmung gibt. Die Dimensionen, in denen sich dieser Prozess abspielt, las- sen die Verantwortlichen in Planung und Politik zu Recht von einem „Stadt-“ bzw. „Landschaftsumbau“ sprechen. Der Landschaftspark Hoheward – wäh- rend der Planungs- und Umsetzungs- phase noch unter der Bezeichnung „Landschaftspark Emscherbruch“ – war und ist ein Leitprojekt dieses Struktur- wandels. Seit dem Jahr 2000, der Stilllegung des Bergwerkes Ewald, engagieren sich die Städte Herten und Recklinghausen, der RVR und die Deutsche Steinkohle AG/RAG für eine Entwicklung auf der Grundlage eines gemeinschaftlich ver- einbarten Masterplans „Neue Horizonte – Landschaftspark Emscherbruch“, der die unterschiedlichen Teilräume mitein- ander verbindet und die verschiedenen Nutzungsinteressen aufeinander ab- stimmt. Als Kernelemente des Landschafts- umbaus sind die Gestaltung der Berge - halde Hoheward für die Naherholung zu sehen, außerdem Freizeit- und Kultur- Abb 1: Orientierungsplan „Hoheward – der Landschaftspark“ (Quelle: RVR) Emscher 1 000 m Stand: 2010

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Der Landschaftspark Hoheward in Herten und Reckling-hausen – ein Beispiel für den Landschaftsumbau imEmscher-Lippe-Raum

Geographische Kommission für Westfalen

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Seit Ende 2008 markieren zwei gegen-einander gesetzte, nahezu 50 m hoheMeridianbögen das höchste Plateau derHalde Hoheward. Diese sind zu einemweithin sichtbaren Erkennungszeichenfür den Landschaftspark Hoheward(Abb. 1) geworden und damit auch zueiner Landmarke für den Wandel derLandschaft im Ruhrgebiet und imEmscher-Lippe-Raum im Besonderen.Für die Besucher des Landschaftsparksist der Blick frei über weite Teile desRuhrgebietes. Auf dem Plateau des Hori-zontobservatoriums (Abb. 2), zu dem dieMeridianbögen gehören, eröffnen sichauf 152 m Höhe ü. NN ganz neue Hori-zonte.

Der Landschaftspark Hoheward istein herausragendes Ergebnis aktuellerkulturräumlicher Veränderungen imnördlichen Ruhrgebiet und sicher einesder größten und spektakulärsten Land-schaftsprojekte Europas und somit einwichtiger Baustein der Landesinitiative„Neues Emschertal“. Mit einer Investiti-onssumme von ca. 25 Mio. € haben der

Regionalverband Ruhr (RVR) sowie dieStädte Recklinghausen und Herten –gefördert durch die EU und das LandNordrhein-Westfalen und unterstütztdurch die Deutsche Steinkohle/RAG –dem 750 ha großen Raum zwischen derAutobahn A 2 im Norden und derEmscher im Süden ein neues Gesichtgegeben. Raum wurde zurück gewonnenfür Mensch und Natur, für Naherholung,Landschafts- und Naturschutz, Flächenwurden erschlossen für entscheidendewirtschaftliche Impulse und zukunftsfä-hige Arbeitsplätze; Einrichtungen derHorizontastronomie machen den Park zueinem Ort für eine neue Volksbildung,zu einem attraktiven „Lernort“.

Planung

Seit Jahren vollzieht sich parallel zumRückzug des Steinkohlebergbaus auchim Emscher-Lippe-Raum ein regionalerStrukturwandel großen Ausmaßes, derehemals vom Bergbau geprägten Stadt-und Landschaftsräumen eine neueBestimmung gibt. Die Dimensionen, in

denen sich dieser Prozess abspielt, las-sen die Verantwortlichen in Planung undPolitik zu Recht von einem „Stadt-“bzw. „Landschaftsumbau“ sprechen.Der Landschaftspark Hoheward – wäh-rend der Planungs- und Umsetzungs-phase noch unter der Bezeichnung„Landschaftspark Emscherbruch“ – warund ist ein Leitprojekt dieses Struktur-wandels.

Seit dem Jahr 2000, der Stilllegungdes Bergwerkes Ewald, engagieren sichdie Städte Herten und Recklinghausen,der RVR und die Deutsche SteinkohleAG/RAG für eine Entwicklung auf derGrundlage eines gemeinschaftlich ver-einbarten Masterplans „Neue Horizonte– Landschaftspark Emscherbruch“, derdie unterschiedlichen Teilräume mitein-ander verbindet und die verschiedenenNutzungsinteressen aufeinander ab-stimmt.

Als Kernelemente des Landschafts-umbaus sind die Gestaltung der Berge-halde Hoheward für die Naherholung zusehen, außerdem Freizeit- und Kultur-

Abb 1: Orientierungsplan „Hoheward – der Landschaftspark“ (Quelle: RVR)

Emscher1 000 m

Stand: 2010

Landschaftspark Hoheward

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aktivitäten, die Öffnung und Anbindungdes bisher eher unzugänglichen Gebie-tes mit entsprechenden Wegeverbindun-gen, die Sicherung und behutsame Ent-wicklung wertvoller Naturräume unddie landschaftsgestalterische Einbin-dung wichtiger Wirtschaftsflächen wiedes Zukunftsstandorts Ewald und desIndus triegebiets Herten-Süd. Im Südenverbindet sich die Gestaltung des Land-schaftsparks mit dem Umbau desEmschersys tems, einer eigenen planeri-schen Generationenaufgabe.

Realisierung

Ein bestimmendes Element des Land-schaftsparks Hoheward ist die mit rd.220 ha wohl größte europäische Halden-landschaft. Sie wird gebildet aus der 60ha großen Bergehalde Hoppenbruch –seit Anfang der 1990er Jahre durch einepreisgekrönte Rekultivierung als eineder ersten Halden im Ruhrgebiet für dieNaherholung erschlossen – und der Hal-de Hoheward, mit 160 ha Grundfläche.Die landschaftsästhetische Gestaltung,entsprechend dem Masterplan von PROF.HENRI BAVA, ist aus einem „Konzeptsich schichtender Horizonte“ entwik-kelt, das die Elemente Himmel und Erdeauf unterschiedlichen Horizonten erle-

ben lässt. Der obers te Horizontist mit 152 m ü. NN eine derhöchsten Erhebungen im wei-ten Umfeld. Auf ihm sind Ele-mente der Horizontastronomieinstalliert worden, die alsöffentlich zugängliche Bau-werke der Beobachtung derBahnen von Sonne, Mond undSternen sowie der Zeitbestim-mung gewidmet sind und souralte Formen der Himmels-körperbeobachtung auf einem„neuen Horizont“ mitten imdichtesten SiedlungsgebietEuropas wiederbeleben. EinObelisk als Sonnenuhr ist alserstes Element im Jahr 2005errichtet worden; Ende 2008konnte das Horizontobservato-rium mit den 46 m hohenMeridianbögen eingeweihtwerden und zieht seitdem eineFülle von Besuchern in denBann.

Eine ca. 6 km lange Balkonprome-nade erschließt die Halde Hohewardrundum auf halber Höhe und gibt vonden Balkonen Ausblicke auf die umge-bende Stadtlandschaft. Den Fuß derHalde umschließt eine ca. 11 km langeRingpromenade, von der aus Wegever-bindungen zu den benachbarten Sied-lungsgebieten und Landschaftsräumenführen. Serpentinen und Treppen ver-binden die unterschiedlichen Ebenender Halde; im Nordosten, am sog. Hand-weiser, führt eine Treppe mit 531 Stufenvom Ausgangsniveau auf die Höhe von152 m ü. NN (Abb. 3).

Ein Gartenband bildet den grünenPuffer zwischen der Halde Hohewardund dem sich östlich anschließendenOrtsrand von Recklinghausen-Hochlar-mark. Ein wesentliches Element derErschließung des Landschaftsparks istdie nordsüdlich durch den Zukunfts-standort Ewald führende Ewald-Prome-nade als Teil der Ringpromenade.

Der Wirtschafts- und Zukunftsstand-ort Ewald, auf dem noch bis zum Jahr2 000 ca. 4 000 Bergleute beschäftigtwaren, hat mit Fertigstellung derErschließung 2006 einen parkartigenCharakter erhalten; damit wird auchgestalterisch der Anspruch an „neues

Arbeiten“ eingelöst. Die städtische Ziel-setzung, mindestens ca. 1 000 neueArbeitsplätze am Standort Ewald anzu-siedeln, ist bereits eingelöst. ErsteBetriebe konnten schon drei Jahre nachStilllegung des Bergwerkes angesiedeltwerden. Heute ist der Standort ausge-richtet auf das Thema Logistik im Süd-osten des Geländes, auf Handwerk,Freizeit- und Kulturwirtschaft in dencharaktervollen Bestandsgebäuden desehemaligen Bergbaus und vor allem aufneue Technologien.

Das zentrale Thema und Alleinstel-lungsmerkmal des ZukunftsstandortsEwald ist die Wasserstoff- und Brenn-stoffzellen-Technologie, die hier einenihrer bedeutendsten Standorte in NRWund der Bundesrepublik entwickelt hat.Das sog. Anwenderzentrum H2Hertenmit internationalen Firmen der Branchesowie der im Bau befindliche sog. BlaueTurm für die Wasserstoffproduktion ausBiomasse sind die auffälligen Infra-strukturen dieser neuen Technologie,mit der Herten als ehemals größte Berg-baustadt Europas den Wandel von der„alten“ Energie zur nachhaltigen Ener-gie mit gestalten will.

Unmittelbar nördlich der Emscherwerden Flächen der ehemaligen natio-nalen Kohlenreserve zu einem weiterenStandort für Logistik entwickelt. Auf-grund der besonderen Lagegunst bietensie hervorragende Voraussetzung für dieAnsiedlung von Betrieben der Last-Mile-Logistik.

Mit der Unterschutzstellung großerTeile der Hertener Mark im westlichenTeil des Landschaftsparks erhalten dieBelange des Naturschutzes dort ihrenVorrang, wo durch Bergsenkung ent-standene Feuchtgebiete, sog. Sekundär-biotope, einen nachhaltigen Beitrag zumNaturhaushalt leisten.

Der Landschaftspark Hoheward ver-bindet auf nachhaltige Weise Erforder-nisse des Naturhaushalts mit wirtschaft-lichen Zielen und Ansprüchen an Erho-lung, Freizeit und Kultur zu einem neu-en Kulturraum und liefert damit – ausder Tradition der IBA Emscherpark –einen wichtigen Baustein zur Landesini -tiative „Neues Emschertal“.

WOLFGANG SEIDEL

WESTFALEN REGIONAL

Abb. 2: Horizontobservatorium mit Meri-dianbögen (Foto: W. SEIDEL)

Abb. 3: Treppe zum Haldentop(Foto: W. SEIDEL)