Der Tiroler Bergsommer

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DER TIROLER BERGSOMMER Eine Bedienungsanleitung. TOURISMUSMAGAZIN | AUSGABE 02/12 | FRÜHLING 2012 P.b.b. | VERLAGSORT: 6020 INNSBRUCK | 10Z038387M © KITZBÜHELER ALPEN / JOHANNES FELSCH

description

Vergangenes Jahr von der Tirol Werbung gestartete Kampagne, die Lust macht, in Tirol den Sommerurlaub zu verbringen. Die thematischen Säulen „Sport & Aktiv“, „Natur & Gesundheit“, „Familienerlebnis“ und „Kultur & Kulinarik“ bilden das Fundament dieser breit und längerfristig angelegten Sommerkampagne. Ziel ist es, Tirol als attraktive Ganzjahresdestination zu positionieren – eine Rückkehr zu den touristischen Wurzeln, kamen die ersten Touristen doch im Sommer nach Tirol.

Transcript of Der Tiroler Bergsommer

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DER TIROLERBERGSOMMEREine Bedienungsanleitung.

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6112 Wattens, Austria Tel: +43 (0) 5224 51080

RIESEN SPIELPLAN 2012

KUNST IM RIESEN Aktuelle Sonderausstellung: «FAMOS» von den Blue Noses

KINDER IM RIESEN Workshops für Kreative von 4 bis 12 Jahren

KULINARIUM IM RIESEN Kulinarisches Angebot im CAFÉ-terraSOMMERTIPP: Picknicks im Park mit vielen Leckereien

FAMILIEN IM RIESEN RIESENTOUR: ein funkelnder Streifzug durch die Wunderkammern für die ganze Familie

CLUBBING IM RIESEN Glamour mit internationalen Djs

MUSIK IM RIESEN Alljährliches Kammermusikfestival

WERKSTÄTTE IM RIESEN Für Kristallkünstler von 7 bis 99 Jahren

Alle Informationen und Termine unter:www.kristallwelten.com/riesenspielplan

Page 3: Der Tiroler Bergsommer

3 SAISON

STICHWORT

Zitiert

Bergsommer, der

Der Adlerweg1.480 Kilometer Länge und 87.000 Höhenmeter: Tirols bekanntester Weitwanderweg

führt durch das ganze Land. Die Hauptroute mit 23 Etappen verläuft von St. Johann im

Tiroler Unterland nach St. Anton am Arlberg. Seinen Namen bekam der Adlerweg, weil

die Hauptroute auf der Landkarte wie ein Adler aussieht, der seine Schwingen ausbreitet.

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Zertifi zierteSommerbahnen

44 Bahnen in Öster-reich, davon 17 in Tirol, sind inzwischen mit dem Gütesiegel „Zerti-fi zierte Sommerbahn“ ausgezeichnet. Alle drei Jahre werden die Bah-nen nach dem Einhalt der Kriterien geprüft. Sechs verschiedene Themengebiete stehen zur Auswahl: Family-Berg, Abenteuer-Berg, Genuss-Berg, Panorama-Berg, Fit & Gesund-Berg und Kunst & Kultur-Berg. Sie erzie-len laut einer aktuellen Studie der Wirtschafts-kammer in den Som-mermonaten bis zu 60 Prozent mehr Umsatz als andere Bahnen.

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Vergangenes Jahr von der Tirol Werbung ge-

startete Kampagne, die Lust macht, in Tirol den

Sommerurlaub zu verbringen. Die thematischen

Säulen „Sport & Aktiv“, „Natur & Gesundheit“, „Fa-

milienerlebnis“ und „Kultur & Kulinarik“ bilden das

Fundament dieser breit und längerfristig angeleg-

ten Sommerkampagne. Ziel ist es, Tirol als attrak-

tive Ganzjahresdestination zu positionieren – eine

Rückkehr zu den touristischen Wurzeln, kamen

die ersten Touristen doch im Sommer nach Tirol.

„In den Bergen lassen wir die Zivilisation für einige Zeit hinter uns und kehren in unsere Hei-mat zurück – die Natur.“

Jochen Becker, Geschäftsführer

Deutsches Wanderinstitut

„Vom Weitwandern kommt man zurück mit einer Freiheit im Geist. Das Gleichmäßige, dieses ,der Weg ist das Ziel’, das habe ich erst durchs Weitwandern verstanden.“

Markus Linder, Kabarettist und Musiker

„Die Sehnsucht nach der Natur wird umso stärker, je kommerzieller unsere Arbeitswelt wird.“

Michael Larcher, Österreichischer

Alpenverein

ZAHLEN BITTE

Der Karwendelmarsch führt über 52

Kilometer auf 1.903 Meter Seehöhe.

Dabei sind insgesamt 2.300 Höhen-

meter zu überwinden. Die Bestzeit

beim Berglauf liegt bei 4 Stunden 23

Minuten und 50 Sekunden (2011). Heuer

fi ndet der Klassiker am 25. 08. statt.

Page 4: Der Tiroler Bergsommer

4 SAISON

EDITORIAL

Die Frage drängt sich auf: Wie bleiben wir erfolgreich, wenn ange-sichts des permanenten Wandels und immer ra-scher aufeinanderfolgen-der Innovationsschübe tatsächlich kein Stein  auf dem anderen bleibt?

Das Überraschende zu erwarten, das Positive daran zu sehen und aktiv zu prüfen, ob sich aus neuen Szenarien ebenso neue Chancen entwi-ckeln lassen – wer diese Einstellung kultiviert, dem mag es auch besser gelingen, den eigenen Erfolg zu kultivieren.

Im Wissen, dass Tirols einzigartiger Naturraum im Trend liegt, entfaltet sich nicht ein eindimen-sionales „Entweder-Oder-Denken“ sondern eine kreative, einfallsrei-che „Sowohl-als-auch-Mentalität“.

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5SAISON

EDITORIAL

Tirol im Trend

Wer nicht innoviert, verliert. Der

permanente Wille zum Wan-

del ist längst zu einem zen-

tralen Leitmotiv erfolgreicher

Unternehmer geworden. Zu schnell verändert sich in

unserer Zeit die Welt, lösen neue Technologien alte

ab und sehnen sich Menschen nach Dingen, deren

Existenz noch vor Kurzem unbekannt war. Die Frage

drängt sich auf: Wie bleiben wir erfolgreich, wenn

angesichts des permanenten Wandels und immer ra-

scher aufeinanderfolgender Innovationsschübe tat-

sächlich kein Stein auf dem anderen bleibt? Für den

Zukunftsforscher Eckhart Minx sind es drei zentrale

Elemente, die für die Zukunftsfähigkeit eines Unter-

nehmens entscheidend sind: Zum einen das „Denken

auf Vorrat“, zum anderen die richtige Wahrnehmung

der Veränderung der Umwelt und der Gesellschaft so-

wie drittens das Wissen – auch und gerade jenes über

die eigenen Stärken.

Der Fall Kodak. Die Wirtschaftsgeschichte ist

reich an Berichten über einstige Erfolgsunternehmen,

die nicht mit der Zeit gingen und eben deshalb ge-

hen mussten. Ein besonders eindrückliches Beispiel

ist Kodak, bis vor kurzem Weltmarktführer im Bereich

Fotografi e. Unlängst analysierte Jim Rakete, einer der

bekanntesten deutschen Fotografen, in der „Süd-

deutschen Zeitung“ die Gründe für den Niedergang:

„Schon in den 1970er-Jahren war zu erkennen, dass

die Idee der Fotografi e sich in ihr seltsames Gegenteil

verkehren würde. Waren die Pioniere der Fotografi e

noch darauf aus, das eine gültige Bild eines Moments

zu machen, ging die Entwicklung in Richtung Serie.

Die Ungeduld dem Ergebnis gegenüber nahm zu.

Über Nacht hatten die Kameras Motoren oder Win-

der. An jeder Ecke gab es Fotolabors. Warten war un-

modern.“ Selbst als die ersten Digitalkameras auf den

Markt kamen, wollte Kodak nicht an seiner Überlegen-

heit zweifeln, denn immer noch boomte das eigene

Geschäft. Erst als es japanische Kameras mit einem

EDITORIAL

J O S EF M A R G R EI T ER , D I R EK TO R T I R O L W ER B U N G

vergleichbaren Aufl ösungsvermögen gab, erwog man

den Einstieg in die Technik. Da war es bereits zu spät.

Überraschendes erwarten. Der Fall Kodak mag

als Lehre dienen. Wenn die Welt jeden Tag an Komple-

xität gewinnt, dann müssen wir lernen, immer stärker in

Alternativen zu denken. Das Überraschende zu erwarten,

das Positive daran zu sehen und aktiv zu prüfen, ob sich

aus neuen Szenarien ebenso neue Chancen entwickeln

lassen – wer diese Einstellung kultiviert, dem mag es

auch besser gelingen, den eigenen Erfolg zu kultivieren.

Die erfreuliche Entwicklung der Tiroler Touris-

muswirtschaft ist in erster Linie dieser beschriebenen

Einstellung geschuldet. Auch wenn der touristische

Wettbewerb in der ganzen Welt explodiert ist – die

Erfolgszahlen sowohl im Winter- wie im Tiroler Som-

mertourismus reißen nicht ab. Die Frage nach dem

Warum kann ganz im Sinne der Eingangsthesen von

Minx beantwortet werden. Tirols Touristiker kennen die

Stärken ihres Kerngeschäfts, wissen aber auch um die

Kraft der Innovation. Im Wissen, dass Tirols einzigarti-

ger Naturraum im Trend liegt, entfaltet sich nicht ein

eindimensionales „Entweder-oder-Denken“ sondern

eine kreative, einfallsreiche „Sowohl-als-auch-Menta-

lität“. So können rund um die Kernstärken Tirols immer

neue, zeitgemäße Angebote entstehen, die ganz un-

terschiedliche Interessen und Vorlieben von Reisenden

auf ihrer ganz persönlichen Suche nach dem Glück

bedienen. Ganz in diesem Sinne können wir in dieser

Ausgabe der SAISON ab Seite 18 lesen, dass auch „Ver-

rückte“ mittlerweile  willkommene Gäste in Tirol sind

– denn innovative Touristiker haben das Potenzial des

Downhill-Mountainbikens längst erkannt.

Tirol bleibt also im Trend. Die Sehnsucht nach Natur,

aber auch nach gelebter Kultur sowie gesundem Aktiv-

urlaub steigt. Wenn also unsere positive Neugierde auf

Veränderung sowie die unverzichtbare Investitions- und

Innovationsfähigkeit Schritt halten, wird auch der Tiroler

Bergsommer rosigen Zeiten entgegensehen. Ich wünsche

allen viel Freude damit und verdiente Erfolge! ×

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7 SAISON

INHALT

IMPRESSUMSAISON – Tourismusmagazin, Nr. 2/2012 (64. Jahrgang) SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20

HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: target group publishing GmbH – Zielgruppen Verlag, Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Mag. Sylvia Ainetter, Steff en Arora, Mag. Nina Heizer, Mag. Sonja Kainz, Mag. Jane Kathrein, Esther Pirchner, Ernst Spreng • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Michael Rathmayr • PRODUKTION: NERO WerbeGmbH, www.nerografi k.net • LAYOUT: Philipp Frenzel • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, [email protected] • ANSCHRIFT VERLAG/PRODUKTION: Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 60 20, Fax DW -20, [email protected] • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten

8Sehnsucht nach NaturDer Bergsommer könnte rosigen Zeiten entgegensehen, denn Outdoorsportarten boomen.

12„Etwas Präventives für die Gesundheit“Sportmediziner Dr. Wolfgang Schobersberger über die gesund-heitlichen Aspekte des Wanderns

14Die Anziehungskraft der BergeDie Welt der Berge fasziniert die Menschen im Tal seit jeher.

18„Verrückte“ als willkommene GästeInnovative Touristiker haben das Potenzial des Downhill-Mountainbikens erkannt.

20Alpen statt AdriaErfolgreich: die „Ausgezeichneten Österreichischen Sommerbahnen“

22Kulinarischer Almen-StreifzugTirols Hüttenwirte und Sennerinnen warten während der Sommermonate mit ungeahnten Köstlichkeiten auf.

24Berge rücken Gedanken zurechtÜber die Faszination Berg, der nicht nur Profi kletterer erliegen.

26„Gehen befreit den Geist“Der begeisterte Weitwanderer Markus Linder im Interview

MAGAZIN

32Naturnaher GroßeventHeuer fi ndet der Karwendelmarsch bereits zum vierten Mal seit seiner Neuaufl age statt.

34Der Missionar für Tiroler SpeckVergangenes Jahr hat Karl Handl die Unternehmensleitung an seine Söhne übergeben. Ein Gespräch

38Die Deutsche auf der AlmÜber die Entstehung des Bildbandes „Echt Tirol – echt oimerisch“

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41Tourismuswissen auf einen KlickDie Informationsplattform TTR wurde relauncht.

42Das Leben ist schön in TirolDas neue Sparpaket in Italien könnte dem Nordtiroler Tou-rismus zu Gute kommen.

44Museen für die OhrenZwei neue Ausstellungen in den Tiroler Landesmuseen: Man höre und staune!

46Von Fahrrädern, Mördern & PolizistenKomponist Florian Bramböck über seine neue Oper

49 Kommentare

50 Nachgefragt

DIE „VERRÜCKTEN“ALS WILLKOMMENE GÄSTE DIE DEUTSCHE AUF DER ALM

SEHNSUCHTNACH NATUR

THEMA: BERGSOMMER TIROL

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ALPEN STATT ADRIA

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KULINARISCHERALMENSTREIFZUG

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BERGSOMMER

Der Bergsommer könnte rosigen Zeiten entgegensehen. Der Freizeit- und Tourismusforscher Peter Zellmann sieht im Zusammenhang mit der Umorientierung unserer Gesellschaft zu mehr Natur, Wellness und ökologischem Bewusstsein große Chancen für den heimischen Tourismus. Der aktuelle Wander- und Outdoor-Trend scheint ihm Recht zu geben.

Von Sonja K ainz

Sehnsucht nach Natur

H

ape Kerkeling

tut es. Paulo

Coelho tut es.

Hansi Hinter­

seer tat es

schon immer.

Deutschlands Paradekomiker, der brasi­

lianische Bestsellerautor und das Tiroler

original haben eines gemeinsam: alle drei

lieben Wandern. auch wenn Kerkeling und

Coelho es in ihren Bestsellern „ich bin dann

mal weg“ und „auf dem Jakobsweg“ Pilgern

nennen – letztendlich geht es ums Gehen,

das Wiederentdecken der Langsamkeit und

darum, in unserer von stress, Reizüberflu­

tung und Hektik geprägten Welt wieder zu

sich zu finden.

Wandern steht bei den Freizeitakti­

vitäten wieder hoch im Kurs und hat sein

angestaubtes image als Beschäftigung, die

vorwiegend für schon etwas ältere Damen

und Herren interessant ist, abgestreift. Das

Kuratorium für alpine sicherheit ermittelte

beispielsweise in einer Untersuchung im

Jahr 1996 4,4 Millionen Wanderer allein

in Österreich. Das entsprach 68 Prozent

der Bevölkerung. schon fünf Jahre spä­

ter war dieser Prozentsatz auf 74 Prozent

angewachsen – mit stark steigender Ten­

denz. nach schwimmen und Radfahren

ist Wandern damit laut Kuratorium die

dritthäufigste sportliche Freizeitbetätigung

der Österreicher. Und auch in Deutschland,

Tirols wichtigstem Reisemarkt, steigt die

Begeisterung fürs Wandern. Rund 55 Pro­

zent der Deutschen geben laut einer von

Rainer Brämer, einem deutschen Physiker

und Wanderwissenschafter, veröffentlich­

ten studie aus dem Jahr 2010 an, zu wan­

dern. in absoluten Zahlen wären das rund

35 Millionen Menschen.

Wiederentdeckung. aber nicht nur

Wandern erlebt eine Renaissance. alles,

was im Freien und in der natur stattfindet,

hat Konjunktur. Mountainbiken und Klettern

gehören ebenso dazu wie Bergsteigen und

ausgedehnte Radtouren. Beim Österreichi­

schen alpenverein schlägt sich der Trend zu

outdooraktivitäten nicht nur in einer kons­

tant wachsenden Mitgliederzahl nieder, die

2011 in einem Mitgliederrekord (415.000)

gipfelte, sondern auch im starken Zulauf

zu den unterschiedlichen Kursprogram­

men, erklärt Michael Larcher vom ÖaV.

„immer mehr Menschen lassen sich für

den Bergsport ausbilden“, weiß der Leiter

der abteilung Bergsport. allein hundert

Personen absolvierten pro Jahr die ausbil­

dung zum Bergwanderführer, einfach weil

der Bedarf und die nachfrage da seien. Der

outdoor­Trend sei in Tirol zwar besonders

stark ausgeprägt, beschränke sich aber

nicht auf Österreich, sondern umfasse den

gesamten mitteleuropäischen Raum.

Larcher sieht diese Entwicklung im

Zusammenhang mit dem Wellnesstrend

und der stärker werdenden Freizeitorien­

tierung der Bevölkerung. Die aufwärts­

tendenz sei beim ÖaV bereits seit etwa 15

Jahren zu spüren. „Die sehnsucht nach der

natur wird umso stärker, je kommerzieller

unsere arbeitswelt wird“, meint Larcher.

Selbstverwirklichung. auch Peter

Zellmann sieht die verstärkte Hinwendung

zur natur in einem größeren Zusammen­

hang. sie sei eine Konsequenz der Freizeit­,

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„Die Sehnsucht nach der Natur wird umso stärker, je kommerzieller unsere Arbeitswelt wird.“MiCHaEL LaRCHER, ÖsTERREiCHisCHER aLPEnVEREin

Panoramablick. Nordic-Walkerin am

Kitzbüheler Horn

Page 10: Der Tiroler Bergsommer

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Margreiter sieht im sommertourismus

für Tirol großes Wachstumspotenzial. im

sommer 2011 kletterten die nächtigungen

erstmals seit 1998 wieder über die 18­Mil­

lionen­Grenze. „Die Trendumkehr fand

bereits 2007 statt“, sagt Margreiter. seit­

dem geht es mit den nächtigungszahlen

im sommer stetig bergauf. Der TW­Chef

hält es für realistisch, die sommernächti­

gungen an die im Winter heranzuführen

und auf ein ähnliches Volumen zu kom­

men. Das wären rund 25 Millionen näch­

tigungen. „Das Potenzial ist auf jeden Fall

da“, meint Margreiter. Die Bedingung sei

allerdings entsprechendes Engagement,

um am Ball zu bleiben. Dass die nachfra­

ge in den vergangenen Jahren angezogen

habe, sei nicht nur auf den allgemeinen

Trend zu mehr natur zurückzuführen,

sondern auch auf „kräftige investitionen“

und die Motivation, das sommerangebot

wieder innovativ zu gestalten. investitio­

nen und Engagement werde es laut Mar­

greiter auch weiterhin benötigen. Denn

im sommer sei die Konkurrenz natürlich

viel stärker als im Winter. schnee gebe es

nun einmal nicht überall, schöne natur­

landschaften fi nde man allerdings auch in

vielen anderen Ländern.

Margreiter empfi ehlt den Destina­

tionen, sich klar zu positionieren. Viele

Regionen hätten das bereits getan und

Erlebnis­ und naturorientierung, die insge­

samt auf einen ganzheitlicheren Lebensstil

abziele, erklärt der Freizeit­ und Touris­

musforscher. Die Lebensbereiche arbeit,

Familie und Freizeit werden zunehmend

gleich wichtig. selbstverwirklichung werde

allerdings tendenziell in der Freizeit gesucht.

„Wandern ist sicherlich in, outdoor ist in“,

bestätigt Zellmann, aber die heimische

natur sei kein selbstläufer. Das sei nur das

Meer, da es für uns Mitteleuropäer so etwas

Besonderes sei, dass es keine inszenierung

brauche. Die heimische naturlandschaft

müsse dagegen „inszeniert“ werden.

Sommer mit Potenzial. Ein gelun­

genes Beispiel dafür, wie etwas, das schon

immer da gewesen ist, zu etwas neuem und

Einzigartigem werden kann, ist wohl der Ti­

roler adlerweg. Dieser Weitwanderweg, der

durch das ganze Land führt und sowohl Ge­

nusswanderer als auch alpinisten anspricht,

erfreut sich großer Beliebtheit. Vor kurzem

habe er mit einem Hüttenwirt gesprochen,

der in der nähe dieses Weges schon lange

seine Hütte habe, erzählt Josef Margreiter,

Geschäftsführer der Tirol Werbung. auf die

Frage, ob der adlerweg beim Gästeaufkom­

men spürbar sei, habe der Gastwirt ganz klar

gesagt: „Und wie wir das spüren.“

Alpines Erlebnis.Wanderer am

Knappenweg in den Ötztaler Alpen

„Das Potenzial ist auf jeden Fall da.“

JosEF MaRGREiTER, GEsCHÄFTsFüHRER DER TiRoL WERBUnG, üBER DiE CHanCEn, DiE nÄCHTiGUnGsZaHLEn iM soMMER DEUTLiCH ZU HEBEn

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seien erfolgreich damit. Die einen setzen

auf actionreiche Erlebnisse in der natur

und lassen Urlauber die Berge, Flüsse und

schluchten erobern, andere haben sich den

Familien verschrieben und bilden in die Ti­

roler Bergwelt integrierte Erlebniswelten wie

das Hexenwasser oder das Murmliwasser.

Urlaub in der Nähe. investitionen

können sich auch deshalb auszahlen, weil

selbst in Krisenzeiten bei Freizeitaktivitäten

und sport eher nicht gespart werde, meint

ÖaV­Experte Larcher. Die Bergsportindus­

trie habe beispielsweise die Wirtschaftskri­

se in wesentlich milderer Form zu spüren

bekommen als andere Wirtschafszweige.

in unsicheren Zeiten werde ausschau nach

aktivitäten gehalten, die sich in der nähe

befi nden und relativ wenig kosten, glaubt

der Bergsportexperte.

Den Trend zum Urlaub in der nähe

bestätigt auch Margreiter. Der inlands­

markt wurde in den vergangenen Jahren

immer wichtiger und konnte sich konstant

über nächtigungszuwächse freuen. Diese

Tendenz dürfte auch 2012 anhalten. Das

institut für Freizeit­ und Tourismusfor­

schung (FTi) fand heraus, dass 2011 31

Prozent der verreisenden Österreicher im

inland urlaubten (2010: 29 Prozent). Be­

rücksichtigt man, dass 2011 58 Prozent der

Österreicher verreist sind, lasse sich schlie­

ßen, dass 18 Prozent ihren Haupturlaub im

inland verbrachten. aufschlussreich auch:

26 Prozent der Befragten, die eine Urlaubs­

reise planen, wissen schon jetzt, dass sie

heuer im inland urlauben möchten.

Nachhaltige Entwicklung. Zell­

mann geht davon aus, dass es sich bei

der orientierung zu der ökologischeren,

nachhaltigeren Freizeitgestaltung um eine

länger anhaltende Entwicklung handelt.

Die Gesellschaft wandle sich etwa seit

den 70er Jahren vom „industriepatriar­

chat“ zum „Freitzeitmatriarchat“, erklärt der

Freizeitforscher. Derzeit befi nden wir uns

demnach in der sogenannten übergangs­

phase, die laut Zellmann etwa um 2030

abgeschlossen sein wird. Man stehe am

Beginn des Zeitalters der Emotionalisie­

rung, die neue Wertschöpfung werde sich

dementsprechend aus „soften“ Kompo­

nenten und emotionalen Werten lukrieren

lassen, meint Zellmann. seine Prognose

stimmt optimistisch: „Österreich hat eine

riesen Zukunft als Gastgeberland.“ ×

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BERGSOMMER

„Etwas Präventives für die Gesundheit“Wandern hat zahlreiche positive E� ekte auf die Gesundheit und die Psyche des Menschen. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger hat die Auswirkungen eines Wanderurlaubes wissenschaftlich untersucht und erzählt im Interview, wie man schon in einer Woche viel erreichen kann und warum man sich trotzdem vor zu viel Ehrgeiz hüten sollte.

DA S INTERVIEW FÜHRTE SONJA K AINZ .

S AISON: Herr Dr. Schobers-berger, Sie sind Sport- und Alpinmediziner. Zählt Wan-

dern denn überhaupt als Sport?WOLFGANG SCHOBERSBERGER: Auf

alle Fälle. Die Sportabgrenzung ist nicht

immer so eindeutig. Viele verbinden mit

Sport nur das, was mit Wettkampf zu tun

hat. An unserem Institut assoziieren wir

Sport mit Bewegung. Und alles, was mit

Bewegung zu tun hat, ist für uns auch

Sport.

Kommt es darauf an, wie man Wandern betreibt? Wo fängt Wandern an, wo hört Spazierengehen auf? Die Frage muss der

Gast für sich selbst beantworten. Geht es

darum, ein bisschen in der Natur zu sein

und die persönliche Wellness zu steigern,

dann ist es sicher mit einem Spaziergang

im Gebirge auch getan. Ich persönlich

assoziiere mit Wandern etwas, womit ich

auch etwas Präventives für meine Ge-

sundheit mache.

Wann beginnt Wandern sich vorbeugend auf Erkrankungen auszuwirken? Einmal

Wandern ist noch keine Präventionsmaß-

nahme. Wenn es in einem Wanderurlaub

stattfi ndet, der eine gewisse Dauer hat,

zählt es als Prävention. Prävention ist

jede Bewegung, die in einem sinnvollen

Pulsbereich stattfi ndet, etwa zwischen

120 und 130, wobei die optimale Pulsfre-

quenz individuell ist. Entscheidend für die

Vorbeugung von Erkrankungen ist, dass

man jede Art von Bewegung mindestens

dreimal die Woche jeweils etwa eine Stun-

de ausübt.

Also kann ein Wanderurlaub schon aus-reichen, um die Gesundheit zu verbes-sern? Es ist der Start dazu. Wenn ich davor

nichts mache und danach nichts mache,

ist der E� ekt minimal. Ich sage immer, der

Wanderurlaub oder der Alpinurlaub kann

der Aufhänger dazu sein, dass ich etwas

lerne, was ich dann im Alltag umsetze,

eine Art Initialimpuls.

Wie wirkt sich regelmäßiges Wandern auf die körperliche Verfassung aus? Ei-

gentlich genau so, wie jede andere Art der

Bewegung. Die zusätzliche Komponente

des Wanderns ist allerdings, dass es in

einem schönen, angenehmen Ambiente

stattfi ndet, dadurch kommt noch eine

spezielle psychische und psychologische

Komponente dazu. Diesen mental rege-

nerativen E� ekt kann man sich in einem

Fitnessstudio nicht erwarten.

Welche psychologischen Veränderun-gen konnten Sie in Ihren Studien fest-stellen? Die Schlafqualität hat sich ver-

bessert, die generelle Lebenseinstellung

ebenfalls. Wenn man krank ist, befi nden

sich die meisten Menschen in der Nähe

der Depression. Wir konnten eindeutig

feststellen, dass die Studienteilnehmer

bereits nach einer Woche wieder eine

positivere Lebenssicht hatten.

In Ihren Studien wurden auch die physi-schen E� ekte überprüft. Nach drei Wo-

chen haben wir gesehen, dass die Leute

Gewicht verloren haben und nicht nur

Wasser, sondern auch Fettmasse. Es war

keine Diätstudie, wir haben also keine Er-

nährungsorder gegeben, trotzdem haben

die Studienteilnehmer abgenommen. Die

Blutfettwerte und die Blutzuckertoleranz

hatten sich verbessert ebenso wie das

Blutdruckverhalten.

Im Forschungsprojekt AMAS 3 werden aktuell gestresste Manager untersucht. Dauerstress ist aber in unserer hekti-schen Welt nicht nur für Manager ein Thema, sondern ein großer Teil der Bevölkerung leidet darunter. Wie wirkt sich Dauerstress auf unseren Organis-mus aus? Es gibt kein Organsystem, das

durch Dauerstress nicht in Mitleidenschaft

gezogen wird. Er wirkt sich negativ auf das

Herzkreislaufsystem aus, führt zu Blut-

hochdruck auch bei Normalgewichtigen,

er beeinfl usst das Ernährungsverhalten –

es gibt beispielsweise Stressfresser oder

Stresshungerer. Außerdem führt er zu

psychischen Beeinträchtigungen bis hin

zu Depressionen, dem Verlust von sozia-

ZUR PERSONUniv.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger wurde in Salzburg geboren und studier-te Medizin in Innsbruck. Er war wissen-schaftlicher Koordinator der AMAS 2000 (Austrian Moderate Altitude Study), die Gesundheitse� ekte von Bergurlauben unter die Lupe nahm, weitere Studien folgten. Derzeit ist AMAS 3 angelau-fen, die sich vor allem mit den Folgen von Stress und deren Bekämpfung be-schäftigt. Schobersberger ist außerdem Gründungs- und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Al-pin- und Höhenmedizin und ist seit 2002 Vizepräsident dieser Gesellschaft. Seit 2003 leitet er als Vorstand das Institut für Urlaubs-, Reise- und Höhenmedizin, das im Landeskrankenhaus in Natters ange-siedelt ist.

„Ich sage immer, der Wanderurlaub kann ein Initial-impuls sein.“

Page 13: Der Tiroler Bergsommer

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len Kontakten, der sich wiederum negativ

auf die Gesundheit auswirkt.

Gibt es auch Menschen, denen man trotz aller positiven Begleiterscheinungen des Wanderns lieber raten sollte im Flachen zu bleiben? Absolut. Ich bin der Letzte, der

sagt, alle müssen auf den Berg, da ist es nur

gesund. Mein Wunsch wäre, dass jemand,

der einen Bergurlaub macht, um für sich

ein gezieltes Höhentraining zu absolvieren,

sich davor checken lässt. Das Problem ist,

dass viele im Urlaub übermotiviert sind. In

Innsbruck gab es eine Studie zum Thema

Skiurlaub. Das Ergebnis war, dass die In-

farkthäufi gkeit bei vorbelasteten Personen

in den ersten 48 Stunden am höchsten ist.

Das entspricht auch unseren Erfahrungen

den Wanderurlaub betre� end.

Woran liegt das? Das ist der Anreisestress

plus Übermotivation. Man möchte es sich

und der Umgebung zeigen und sucht sich

dann ein Ziel aus, das eigentlich unrealis-

tisch ist. Diese Kombination ist oft fatal.

Wie lautet Ihre Empfehlung? Man sollte

den Wanderurlaub gezielt, gesta� elt und

dosiert beginnen. Eigentlich sollte man

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einfach das tun, was man gerne tut. Man

darf den Anfahrtsstress nicht unterschät-

zen. Wir sehen oft, dass die Leute kom-

men und einfach ausgebrannt sind. Das

nächste Problem ist, dass sie sich zu viel

vornehmen. Der Urlaub wird zum Stress.

Hinzu kommt, dass viele Hotels den Well-

nessurlaub als Stressnessurlaub anbieten,

wo in einem verlängerten Wochenende

zehn Angebote verpackt werden.

Der Trend geht verstärkt zu Kurzurlau-ben, wie beurteilen Sie den Erholungs-wert dieser Form des Verreisens? Früher

war der Urlaub eine gesetzlich vorge-

gebene Maßname mit einer gewissen

Mindestdauer und die betrug drei Wo-

chen. Jetzt hat man das umgekrempelt,

hin zu lieber öfter, aber kürzer kommen.

Allerdings hat sich noch nie jemand an-

geschaut, ob das wirklich etwas bringt.

Das machen wir mit AMAS 3. Ich kann mir

jedenfalls vorstellen, dass diese Form des

Urlaubs die Gäste im mentalen Bereich

nicht abschalten lässt. Persönlich glaube

ich nicht, dass der Kurzurlaub wirklich

sichtbare positive E� ekte zulässt.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

Page 14: Der Tiroler Bergsommer

14 SAISON

BERGSOMMER

Die Anziehungskraft der BergeDie Welt der Berge faszinierte die Menschen im Tal seit jeher. Die ersten Bergsteiger wurden noch als verrückt verrufen. Doch das sollte sich rasch ändern.

VON JANE K ATHREIN

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Alpine Pioniere. Bergsteigerszenen wie „Klettern am Elfer“ (1891) hielt der englische Alpinist und Maler Edward Theodore Compton (1849–1921) zu hunderten fest.

Page 15: Der Tiroler Bergsommer

15

hatten: In nur sieben Jahren kam es zu

70 Erstbesteigungen. Edward Whymper

war schließlich einer italienischen Seil-

schaft zuvor gekommen. Die ersten Gip-

felbesteigungen wurden zum Wettkampf

zwischen Freunden und Nationen.

Erlebniswelt Berg. Fasziniert saugte

man in den Städten die abenteuerlichen

Berichte von den Bergerlebnissen auf. Erst

diese Vorstöße rückten die hochalpinen

Regionen als Tummelplatz und Erlebnis-

welt in das Bewusstsein. Kaum waren die

höchsten Gipfel erobert, sahen sich die

Kletterer nach neuen Herausforderungen

um. Nordwände, ausgesetzte Grate, ris-

kante Alleingänge – nicht mehr die Höhe

des Gipfels, sondern die Schwierigkeit

der Route zählte. Ideales Gelände dafür

waren die Ostalpen, die Dolomiten, der

Dachstein und die Brentagruppe.

Die ersten Bergsteiger wurden als

verrückt abgekanzelt. Zugleich ging eine

Faszination von ihnen aus, die dem Hel-

denmythos recht nahe kommt und den

Bergführer bis heute umweht. Die ersten

Tiroler Bergführer hatten allerdings keinen

besonders guten Ruf: Sie seien starrköp-

fi g, ohne jegliche Kultur und jenseits des

Heimattals wüssten sie schon nicht mehr

weiter. Die Engländer brachten in der

Frühzeit des Alpinismus ihre Führer aus der

Schweiz mit. Dort war das Bergführerwe-

sen bereits organisiert. Mit der Begehung

schwieriger Routen stieg schließlich auch

das Ansehen der Tiroler.

Lange Anfahrtswege. Die Adeligen

waren die ersten, die sich in den Bergen

erholten. Sie kamen mit der Kutsche und

nahmen lange Anfahrtswege in Kauf, nur

um einen Blick auf die Berge zu werfen,

von denen Reisende in ihren Berichten

erzählten und schrieben. Der Name Karl

Baedeker wurde schon in der ersten Hälfte

des 19. Jahrhunderts schnell zu einem

Synonym für den Reiseführer, der ein

rasch anwachsendes bürgerliches Pub-

likum mit den bekanntesten Reisezielen

vertraut machte. Notizen über die Qualität

von Unterkünften, Empfehlungen für die

Wege, die sich zunächst an zu Fuß ge-

hende oder mit der Postkutsche Reisende

richteten, oder über die Routen, die dem

Bahnreisenden durch den Ausbau des

Streckennetzes zur Verfügung standen,

gepaart mit landeskundlichen und his-

torischen Kurzinformationen, schürten

die Erwartungshaltung. Die gebildeten

und gut informierten Leser, zu der nach

Beginn des Eisenbahnzeitalters immer

mehr Frauen gehörten, wussten schon

vor Reiseantritt, welche Orte in den Tälern

schick waren.

Bislang verschlafene alpine Gegen-

den entwickelten sich innerhalb weniger

Jahrzehnte zum Anziehungspunkt der

Oberschicht. Neben der naturräumlichen

Ausstattung waren es Initiativen von Ein-

zelpersönlichkeiten und Zufälle, die ein

Gebirgsdorf zu einem weltbekannten

Kurort aufsteigen ließen.

Der Reiz des Hochgebirges wurde

weit über die Landesgrenzen hinaus ge-

tragen. In alpennahen Ländern schlossen

sich Bergsteiger zu Vereinen zusammen.

Für die Briten zählte noch die elitäre Leis-

tung von Einzelnen, die neuen Alpenver-

eine steckten sich höhere Ziele. Der Berg-

sport wurde als Mittel betrachtet, um das

einst schreckliche Gebirge als Freiraum für

den Städter zu erschließen.

D er Wind, der um die Hütte

pfeift, pfeift um die Hütte.

Der Wind, der durch die

Stadt weht, zwängt sich durch ihre Gas-

sen. Die Stadt ist eine künstliche Welt. Sie

nimmt Energie. Ich leihe mir die Energie

von der Natur“, sagt Veronika Felderer

in einem Interview, das im Rahmen der

Ausstellung „Berge – eine unverständliche

Leidenschaft“ über einen der Bildschirme

läuft. Die Wirtin der Kellerjochhütte ver-

bringt mehrere Monate im Jahr in und auf

den Bergen, umrundet sie, besteigt sie – je

nachdem welches Thema gerade ansteht.

Gedanken sortieren, Wut abbau-

en, schwitzen. Das Verlangen nach den

Bergen sieht im 21. Jahrhundert so aus.

„Genährt wird es von unterschiedlichen

Reizen“, versucht Martin Schwiersch,

Psychologe und Bergsteiger, eine wissen-

schaftliche Erklärung zu fi nden. Reize, die

zu einem blitzhaften Wiedererinnern einer

Situation führen, die fast leibhaftig erlebt

wird. Ein Gefühl von Lebendigkeit und des

Herausgehobenseins ist das, was bleibt.

Ehrfurcht. Die Berge ziehen an. Ihrer

Aura konnten sich schon die ersten Tou-

risten, die auf der Terrasse des Grand-

hotels standen und hinaufstarrten, nicht

entziehen. Ihr Gesichtsausdruck, der auf

den ersten Fotos erkennbar ist, spiegelt

Staunen wider und Ehrfurcht. Einzelne

mutige Männer und Frauen gaben sich

nicht mit dem Schauen zufrieden, sie

wollten den Fels zwischen ihren Fingern

spüren und machten sich auf den Weg

zu den steilen Wänden und ausgesetzten

Graten. Mit einfacher Ausrüstung und

selbst angeeigneten Kletterkenntnissen.

Nicht immer gelang ihnen die Be-

zwingung im ersten Anlauf. Der Kampf um

das Matterhorn dauerte etwa fünf Jahre,

obwohl seine Begehung der Schwierig-

keitsstufe drei entsprach. Es scheiterte

nicht an den Kletterkenntnissen der bri-

tischen Pioniere, sondern vielmehr an

ihrem Ehrgefühl, das ihnen verbot mit

Händen und Füßen zu klettern. Edward

Whymper überwand schließlich 1865

seine Grenzen und stand als Erster am

Gipfel des heute weltberühmten Berges.

Es war der letzte große Alpenberg

aus einer langen Liste von Gipfelsiegen,

die sich die Engländer vorgenommen

Die ersten Bergsteiger wur-den als verrückt abgekanzelt. Zugleich ging eine Faszina-tion von ihnen aus.

Page 16: Der Tiroler Bergsommer

16

„Bergtourismus federführend entwickelt“ÖAV-Präsident Christian Wadsack im Interview

S AISON: Herr Wadsack, an welchen Personen würden Sie die frühe Entwicklung des Alpenvereins festmachen? CHRIS-

TIAN WADSACK: Am Venter Kurat Franz Senn, der zur Gruppe

jener Unzufriedenen gehörte, die mehr praktische Arbeit im Gebirge

verlangten. Er regte 1863 den ersten Wegebau übers Hochjoch vom

Ötztal ins Schnalstal an und war Teil der „Opposition“ im Alpenverein, die

schließlich 1869 in München den Deutschen Alpenverein gegründet hat.

Senn hat rastlos für den beginnenden Fremdenverkehr in Tirol gewirkt

und sich dabei fi nanziell ruiniert. Dann fällt mir noch Johann Stüdl ein.

Der Prager Kaufmann Stüdl war der „Hüttenbauer“ im Alpenverein, vor

allem im Zillertal.

Die Rolle des Alpenvereins damals und heute? Der Alpenverein hat in

den ersten 50 Jahren seines Bestehens den Bergtourismus federführend

entwickelt und dazu auch die notwendige alpine Infrastruktur aufgebaut.

Heute tragen wir die Verantwortung für diese Infrastruktur. Rund zwei

Millionen bergsportbegeisterte Österreicher nutzen kostenlos das 238

Hütten und 40.000 Kilometer Wege umfassende bundesweite alpine

Netz. Gleichzeitig versuchen wir die intakte Naturlandschaft für zukünf-

tige Generationen zu erhalten.

Der Alpenverein erschließt Millionen von Menschen die Berge. Wie vereinbart sich das mit dem Naturschutz? Unser Lösungsansatz lautet:

Lokale Nutzungskonfl ikte möglichst auch lokal durch Gebote und nicht

durch Verbote zu lösen. Wir beobachten außerdem, dass verordnete

Naturschutzzonen – auch der Nationalpark ist davon betro� en – durch

neue Erschließungspläne bedroht und aufgehoben werden, und fordern

eine Raumplanung im Interesse der Natur, die auch vor kurzfristigen

wirtschaftlichen Überlegungen Stand hält.

Wo könnten Sie sich eine stärkere Zusammenarbeit mit den Touris-musbetreibern vorstellen? Nachdem gerade in Tirol mit den Bergen

und einer intakten Natur im Sommertourismus massiv geworben wird,

möchte ich die Tourismusverantwortlichen einladen, stärker mit uns zu

kooperieren. Denkbar wären die Nutzung von Synergien im Vermarkten

unserer Infrastruktur oder aber auch eine höhere Beteiligung bei der

Erhaltung derselben. Letztendlich stellt der Alpenverein Hütten und Wege

kostenfrei zur Verfügung.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

„Rund zwei Millionen bergsport-begeisterte Österreicher nutzen kostenlos das 238 Hütten und 40.000 Kilometer Wege umfas-sende Netz.“

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Historie. Eine Seilschaft erklimmt die Watzespitze in den Ötztaler Alpen (1). Die Braunschweiger Hütte

am Ende des Pitztals wurde bereits 1892 errichtet (2). Werbesujet aus den 50er-Jahren (3).

MALERISCHES TIROLIm Auftrag eines Wiener Verlegers unternahm 1801 der Land-schaftsmaler Ferdinand Runk eine ausgedehnte Reise durch die Tiroler Alpen, um Motive für eine geplante „Sammlung der vor-züglichsten malerischen Gegenden von Tyrol“ zu suchen. Die Ausbeute: 250 Zeichnungen. Auf die Bilder von Runk folgte eine Flut an Ansichten aus den Bergen und Tirol wurde für zahlreiche Künstler zum Arbeitsgebiet.

FRAUEN AM BERGBis 1887 hatten bereits 69 Frauen den Montblanc bestiegen, die Hälfte davon waren Engländerinnen. In den frühen Neunzigerjah-ren standen Frauen auf der Großen und der Kleinen Zinne, 1901 durchstieg die Engländerin Beatrice Tomasson als erste Frau die Marmolata-Südwand. Der von Männern dominierte British Alpine Club nahm aber erst 1974 weibliche Mitglieder auf. Nicht die berg-steigerischen Aktivitäten, sondern vielmehr ihr Ansehen als Wirtin verhalf der Tirolerin Emma Hellenstainer bereits 1869 zu einer Mit-gliedschaft im Deutschen Alpenverein.

GESUNDHEIT UND LUFTIm Sommer 1877 bestieg der Italiener Angelo Massa den Monvi-so und trug dabei eine Pulsuhr, um seinen Kreislauf zu erforschen. Puls und Atmung wurden in Kurven aufgezeichnet. Erstmals be-gann man sich Gedanken über die Wirkung der Luft und der Höhe auf den menschlichen Körper zu machen.

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Page 17: Der Tiroler Bergsommer

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jedes Getränk zähltHOGATRON GmbH, 6020 Innsbruck, Josef-Wilberger-Str. 48, Tel.: +43 512 / 204 100, Fax: DW - 204, [email protected], www.hogatron.com

GENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSHANDLE-CREATIV.AT

GENUSS

Breite Bewegung. Der 1862 gegrün-

dete Österreichische Alpenverein schei-

terte noch an sich selbst. Seine Mitglieder,

vor allem Wiener Akademiker, sahen ihre

Aufgabe hauptsächlich darin, Texte über

Geographie, Botanik und Kartographie zu

verö� entlichten. Gletscher und Aussichts-

berge kommen darin am häufi gsten vor.

Der ÖAV wurde sehr zentralistisch von

Wien aus geleitet, autonome Sektionen

waren nicht erwünscht. In Tirol fasste

der Österreichische Alpenverein daher

nie Fuß, das bestätigen auch die Zahlen:

nach zehn Jahren brachte man es erst auf

80 Mitglieder.

In München ging man einen ande-

ren Weg, der sich als erfolgreicher heraus-

stellte. Der Deutsche Alpenverein wurde

1869 gegründet, um „die Kenntnisse der

Alpen zu erweitern und zu verbreiten,

die Liebe zu ihnen zu fördern sowie ihre

Bereisung zu erleichtern“. Ein Ansatz, der

auch jene überzeugte, die sich von der

neuen Alpenliebe einen Aufschwung für

den Tourismus erho� ten. Die ersten Sek-

tionen wurden in Innsbruck, Bozen und

Niederdorf gegründet. Auf den Schienen

der Eisenbahn wuchs die Begeisterung für

die Bergwelt zu einer breiten Bewegung.

Berge wurden vermessen und benannt.

Karten gezeichnet, Wege markiert.

Mit der Entwicklung der Fotografi e

hin zum Massenmedium kam die hoch-

alpine Welt in spektakulären Bildern,

tausendfach reproduziert, ins Tal. Für die

Sektionen wurde es zunehmend wichtig in

den Alpen mit einem eigenen Schutzhaus

ein Stück Bergheimat zu scha� en und eine

alpine Zone zu markieren. 500 Schutzhüt-

ten standen zur Jahrhundertwende im Al-

penbogen, 300 davon gehörten dem DAV,

viele davon in Tirol. Dazu betreute der

Deutsche Alpenverein 30.000 Kilometer

markierte Wege. Zu Tausenden strömten

Wanderer und Bergsteiger nun in die Ber-

ge. Viele der Hütten entwickelten sich von

einfachen Unterkünften zu Gasthäusern,

um 1910 waren bereits über 80 Prozent

bewirtschaftet. Und die Alpinisten began-

nen sich allmählich über die Überfüllung

ihrer Berge zu beklagen.

Der Berg im Kino. Der deutsche Re-

gisseur Arnold Fanck drehte 1923 in den

Dolomiten den Film „Berg des Schicksals“.

Den ortskundigen Führer Luis Trenker

buchte er als Assistenten. Als sich einer

der Schauspieler nicht über eine Felskante

zu klettern traute, sprang Luis Trenker ein.

Das Publikum war hingerissen von diesem

neuen Leinwandgesicht. Im nächsten Film

„Der Heilige Berg“ spielte Trenker neben

Leni Riefenstahl bereits die Hauptrolle.

Und in „Berge in Flammen“ führte Luis

Trenker bereits Regie. Nun konnte jeder

die Berge vom Kinosessel aus erleben.

Gedreht unter schwierigen Bedin-

gungen führten die Filme mit surrealen

Bildern in eine Welt, die das Massenpu-

blikum so unmittelbar noch nicht erlebt

hatte. Über Tiefen, durch Schwindel

erregende Eisrinnen, mitten hinein in

donnernde Lawinen und gleißendes Licht

über verschneiten Hängen. Mochten die

auf die Leinwände geworfenen Berge

für die meisten unerreichbar bleiben, so

erfüllten die Filme doch eine wachsende

Sehnsucht: nach dem Ausrücken in unbe-

kannte Territorien und der Kameradschaft.

Im deutschen und österreichischen Al-

penverein stiegen die Mitgliederzahlen bis

1925 auf über 200.000. Hochtouren und

Wanderungen zu einer Hütte wurden zum

Inbegri� für Freizeit. Sie kompensierten

die Tristesse eines Alltags, in dem Wirt-

schaftskrisen und hohe Arbeitslosigkeit

herrschten. ×

Page 18: Der Tiroler Bergsommer

1818

I n ihren bunten Plastik-Ritter-

rüstungen rasen sie auf irrwitzig

überdimensionierten Fahrrädern

den Berg hinunter. Kein Weg ist ihnen zu

steil, kein Felsabbruch zu hoch. Dank per-

manenter Verbesserungen des Materials

und der Schutzausrüstungen sind selbst

meterhohe Klippen für Downhill-Fahrer

kein unüberwindbares Hindernis mehr. Im

Gegenteil: Das Olympische Motto Citius,

Altius, Fortius – also schneller, höher, stär-

ker – ist in dieser Szene Programm.

Doch mit ihrem unkonventionellen

Hobby stoßen Downhill-Fahrer meist auf

ungläubiges Kopfschütteln und vielerorts

noch immer auf unverhohlene Ablehnung.

Denn dieser junge Sport braucht vor al-

lem eines – Platz. Und zwar in Form von

speziellen Singletrails und eigens dafür

angelegten Downhill-Strecken, auf denen

sich die Wilden auf ihren Drahteseln so

richtig austoben können. Die Krux dabei

ist, dass Downhill-Strecken allein diesem

Sport vorbehalten sein müssen und nicht

mit anderen, wie etwa Wanderern geteilt

werden können. Die Gefahr von Unfällen

ist einfach zu groß, wenn sich Biker und

Fußgänger in der Vertikalen tre� en. Doch

selbst im Herz der Alpen, in Tirol, sind

ausgewiesene Downhill-Strecken Man-

gelware. Die Konsequenz dieser fehlenden

Infrastruktur sind Nutzungskonfl ikte am

Berg, die sowohl für Biker wie Wanderer

auf Dauer frustrierend sind.

Eigene Industrie. International ge-

sehen sind Downhill und Freeriden, zwei

artverwandte Disziplinen, längst zum

massentauglichen Trendsport avanciert.

Eine eigene Industrie hat sich rund um die

komplett gefederten, mit speziellen tech-

nischen Finessen gespickten Bikes sowie

die futuristisch anmutenden Schutzausrüs-

tungen – vom Vollvisierhelm über den Ge-

nickbruchschutz bis hin zum Brustpanzer

– entwickelt. Die Hersteller machen gutes

Geld, sind qualitativ gute Downhill-Räder

doch im obersten Preissegment, ab 3.000

Euro aufwärts, angesiedelt. Die Ausrüstung

schlägt ebenfalls mit hunderten Euros zu

Buche. Allein in Sachen Streckenangebot

hinkt das Angebot der Nachfrage vielerorts

heillos hinterher.

Dabei wären die Downhill-Fahrer

eine lohnende Zielgruppe für den Touris-

mus, wie Andreas Heinz von der Berliner

Charité in seiner empirischen Studie zum

Thema Mountainbike-Tourismus festge-

stellt hat. Denn Downhill- und Freeride-

Fahrer sind gern dazu bereit, für ihren Sport

Geld auszugeben. Vor allem gaben die

befragten Downhill-Fahrer in Heinz‘ Studie

an, für ihren Sport auch kurze sowie länge-

Die „Verrückten“ als willkommene GästeDer halsbrecherische Trendsport Downhill-Mountainbiking entwickelt sich immer mehr zum Massen-phänomen. Innovative Touristiker haben das Potenzial, das in dieser Szene steckt, bereits erkannt.

VON S TEFFEN AROR A

Page 19: Der Tiroler Bergsommer

19

re Urlaube einzuplanen – durchschnittlich

machen Downhill-Fahrer demnach pro

Jahr 49 Tagesausfl üge mit dem Rad, 3,4

Rad-Kurzurlaube und 1,3 längere Urlaube,

bei denen das Rad nicht fehlen darf. In ers-

ter Linie deshalb, weil zur Ausübung dieses

Sports eben die beschriebenen, speziellen

Strecken nötig sind.

Diese Studien-Ergebnisse kann

Doris Grogger von Trailsolutions bestäti-

gen. Die junge Firma ist in Tirol führend

in Sachen Bau und Design von Bikeparks

und Downhill-Strecken, wie sie mit dem

„Nordkette Singletrail“ und dem „Bike-

park Tirol“ im Wipptal bewiesen hat. „Die

Downhiller und Freestyler sind längst er-

wachsen geworden und geben gerne und

oft auch viel Geld für ihren Sport aus. Sie

nächtigen nicht mehr auf Parkplätzen im

Auto, sondern bevorzugen Hotels. Und sie

suchen qualitativ hochwertige Strecken“,

so Grogger. Es fehle in Tirol an legalen und

o� ziellen Strecken für die Szene, die längst

unüberschaubar groß geworden ist. Zwar

wachse mittlerweile auch das Interesse

seitens der großen Tourismusregionen,

aber oftmals herrschen bei den Verant-

wortlichen völlig falsche Vorstellungen

von den Bedürfnissen der Downhill- und

Freeride-Szene.

Umdenken erforderlich. „Einfach

nur eine steile Strecke in einen Graben

hinunter abzustecken reicht nicht aus. Es

ist vergleichbar mit den Anforderungen

des Wintersports, wo auch künstliche

Pisten angelegt und permanent gepfl egt

werden müssen“, erklärt Grogger. Das ist

wiederum mit Investitionen und laufen-

den Kosten verbunden, was die meisten

Tourismusverbände letztlich abschreckt,

obwohl die Skiregionen im Winter kein

Problem damit haben, täglich die Pisten

instand zu setzen. Hier ist ein Umdenken

erforderlich, um diese Szene als künfti-

ge Gäste anzusprechen. Lässt man sich

darauf ein, rechnen sich die Kosten aber,

wie Grogger erklärt, weil Downhill- sowie

Freeride-Fahrer ebenso zahlungskräf-

tig wie reiselustig sind: „In dieser Szene

fährt man Räder im Wert von mehreren

tausend Euros und tingelt auf der Suche

nach hochwertigen Strecken quer durch

Europa.“

In Steinach am Brenner ist hierzu-

lande mit dem „Bikepark Tirol“ ein erstes

solches Angebot gelungen: verkehrs-

technisch ideal an der Brennerautobahn

gelegen und mittels Seilbahn perfekt

erschlossen. Vor allem letzteres ist für die

sogenannten „abfahrtsorientierten Moun-

tainbiker“ von Bedeutung, denn sie sind

auf Aufstiegshilfen angewiesen, weil sich

Downhill-Bikes nicht zum bergauf Radeln

eignen. Das spielt wiederum den Seilbah-

nern in die Hände, die sich im Sommer

über jede Auslastungssteigerung freuen.

Vorreiter Saalbach Hinterglemm. Österreichs Vorreiter in Sachen Bikesport

ist das Land Salzburg, im speziellen die

Region Saalbach Hinterglemm. Hier haben

die Verantwortlichen das Potenzial, das

in der Szene der Bergradler steckt, schon

sehr früh erkannt und nutzen es seitdem

gewinnbringend. Schon seit den frühen

90er-Jahren befördern die Bergbahnen

Saalbach Hinterglemm anstandslos Fahr-

räder. Heute lockt die Region neben dem

klassischen Mountainbike- und Cross

Country-Angebot mit einem in Österreich

einzigartigen Netz an Downhill-Strecken.

EUROPÄISCHE SAISONKARTE

Insgesamt elf Bikeparks in Deutschland, Öster-reich, Slowenien und Tschechien können mit der „Gravity Card“ eine Saison lang befahren werden. Während Salzburg mit drei Stationen im Gravity-Verbund vertreten ist (Saalbach, Le-ogang und Wagrain), ist aus Tirol nur der Wipp-taler „Bikepark Tirol“ mit dabei. Zwischen 180 Euro (Kindertarif) und 360 Euro (Erwachsenen-tarif) bewegen sich die Preise für diese von April bis Ende Oktober 2012 gültige Saisonkarte.

www.gravity-card.com

Das spricht sich in der jungen, interna-

tionalen Szene schnell herum und trägt

lohnende Früchte. Denn die Szene ist sehr

mobil, wie auch das Angebot der „Gravity

Card“ zeigt. Sie ist eine Art europäische

Saisonkarte für mittlerweile insgesamt

elf Bikeparks in Deutschland, Österreich,

Slowenien und Tschechien. Wer die Reise

in einen Bikepark auf sich nimmt, bleibt

dort meist nicht nur für einen Tag. Somit

profi tieren auch die örtlichen Tourismus-

betriebe. Denn auch das hat Andreas

Heinz in seiner Studie erhoben: 60 Pro-

zent der Downhiller geben an, dass ihnen

im Freizeitverhalten neben ihrem Sport die

Bedeutung von „Nachtleben und Disko-

theken“ wichtig oder sehr wichtig sind. Bei

den herkömmlichen Mountainbikern wa-

ren dies nur 29 Prozent. Somit entpuppen

sich Downhill-Fahrer als urlaubsfreudige

potentielle Gäste, die bei entsprechen-

dem Angebot gerne bereit sind, Geld

dafür auszugeben.

„In Sachen Downhill-Sport sind wir in

Tirol heute auf dem Stand, auf dem Kanada

vor 20 Jahren war“, sagt Doris Grogger von

Trailsolutions und ho� t auf ein Umdenken.

Wahrscheinlich bedarf es einer Bewusst-

seinsbildung innerhalb des Tourismus, um

sich diesem Sport zu ö� nen. Immerhin

waren bis in die 1990er-Jahre auch Snow-

boarder auf Tirols Skipisten unerwünscht.

Die Zeit wird weisen, ob der Downhillsport

hier auf Dauer eine Heimat fi nden kann. Zu

lange sollten die Touristiker aber nicht zu-

warten, denn ringsum, in Bayern, Salzburg

und Südtirol, sind die „Verrückten“ auf ihren

Bikes längst gern gesehen Gäste. ×

Steilkurve. Für Downhiller und Freerider kann das Gelände gar nicht selektiv genug sein. Zuweilen helfen Bikepark-Designer wie das Tiroler Unternehmen Trailsolutions mit speziellen Konstruk-tionen nach.

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„In dieser Szene fährt man Räder im Wert von mehreren tausend Euros.“ DORIS GROGGER, TRAILSOLUTIONS

SAISON

BERGSOMMER

Page 20: Der Tiroler Bergsommer

SAISON

BERGSOMMER20

Es muss nicht immer das Garda-

land sein. Das Hexenwasser

begeistert die kleinen Gäste

ebenfalls. Die Inszenierung der Bergbahnen

Söll lockt im Sommer viele in- und auslän-

dische Besucher in die Gondeln. „Was wir

den Familien am Berg bieten, ist für viele ein

Entscheidungsgrund, ob sie Urlaub am Meer

oder am Tiroler Berg machen wollen“, sagt

der Geschäftsführer der Bergbahnen Söll und

Sprecher der Tiroler Sommerbahnen, Walter

Eisenmann. „Das Hexenwasser zieht viele

Wiederholungsgäste an. Sie verbringen ihre

freien Sommertage bei uns statt an der Adria.“

Immer mehr Touristen entdecken

Tirol als Sommerurlaubsland, fern ab von

Après-Ski und Glühwein. Mit Rucksack und

kurzen Hosen, statt mit Skiern und Anorak

steigen sie in die Gondeln von mehr als 80

Bergbahnen, die auch im Sommer geö� -

net haben. „Früher hatten kaum Bahnen

im Sommer o� en. Noch vor 12 Jahren war

der Grundtenor: Wenn wir im Sommer

fahren, muss uns der Tourismusverband

etwas zahlen“, sagt Arnold Oberacher,

Geschäftsführer der Tourismusberatung

con.os. Damals begann er gemeinsam mit

dem Fachverband der Wirtschaftskammer

Österreich ein Konzept für zertifi zierte Som-

merbahnen zu entwickeln. Dazu gehören

inzwischen österreichweit 44 Bergbahnen,

die Tiroler sind mit 17 Bahnen die größte

Bundesländergruppe.

Strenge Prüfung. Wer dazu gehören

will, muss sich prüfen lassen. „Zur zertifi -

zierten Sommerbahn gehört mehr, als dass

sie im Sommer o� en hat“, sagt Oberacher.

So entstand die Idee der Kriterien. Diese

beginnen mit Basiskriterien, die „man als

selbstverständlich erachten würde, die es

aber dann bei genauerem Hinschauen nicht

sind“. So sollte zum Beispiel ein Sommerpa-

norama und keine winterliche Pistenansicht

den Gästen den Weg weisen, die Ölfässer

für die Revisionsarbeiten an den Pistenge-

räten dürfen nicht im Kassenbereich stehen

und aus der Werbung müssen die Skifahrer

verschwinden. Die Mitarbeiter brauchen

Sommerkleidung und Namensschilder.

„Deswegen kommt zwar noch kein Besu-

cher, aber die Leute setzen es voraus“, sagt

Oberacher. Sechs Themenmotive sollten

Motiv für den Besuch am Berg sein.

Die Bahnen können entweder einen

Panorama-/Naturerlebnisberg, einen Ge-

nuss-Berg, einen Abenteuerberg, einen Fit

„Was wir den Familien am Berg bieten, ist für viele ein Entscheidungsgrund, ob sie Urlaub am Meer oder am Tiroler Berg machen wollen.“WALTER EISENMANN, SPRECHER DER TIROLER SOMMERBAHNEN

Alpen statt AdriaEs muss nicht immer Pulverschnee sein, es reicht auch Gipfelwind. Das beweisen die zertifi zierten Sommerbahnen seit zehn Jahren. Insgesamt 17 Tiroler Bergbahnen zählen zu den „Ausgezeichneten Österreichischen Sommerbahnen“. Viele Kriterien müssen für das Gütesiegel erfüllt werden. Doch es lohnt sich.

VON NINA HEIZER

Page 21: Der Tiroler Bergsommer

21

& Gesund-Berg, einen Kunst & Kultur-Berg

oder einen Family-Berg befahren. Dabei hat

zum Beispiel der Panorama-Berg sehr klare

Kriterien. Es muss sich dabei um einen ganz

besonders bekannten Berg handeln, der

auch für Schlecht-Wetter-Situationen auf-

bereitet ist und von dem aus die Besucher

selbsterklärend die umliegenden Massive

sehen. „Wenige erfüllen diese Kriterien. Die

Zugspitze oder die Nordkette gehören dazu,

aber nicht mal der Pfänder in Bregenz hat

es in diese Gruppe gescha� t. Es reicht eben

nicht, dass man schön runter sieht“, sagt der

Tourismusberater. Auch als Genuss-Berg

zu gelten ist schwierig. Auch da seien die

Kriterien sehr anspruchsvoll.

Haben die Bahnen die Prüfung erfolg-

reich bestanden, gehören sie zu den zertifi -

zierten Sommerbahnen. Vorerst. Denn alle

drei Jahre wird kontrolliert, ob der Standard

gehalten wurde.

Es rentiert sich. Das klingt fordernd

und anstrengend, doch es rentiert sich. Eine

aktuelle Studie der Wirtschaftskammer Ös-

terreich untersuchte, was die Kooperation

ERFOLGREICHES GÜTESIEGELAuf Initiative des Fachverbands der Wirtschafts-kammer Österreichs wurden vor zehn Jahren die Zertifi zierten Sommerbahnen gegründet. 44 Bahnen in Österreich, davon 17 in Tirol, sind inzwischen mit dem Gütesiegel ausgezeichnet. Alle drei Jahre werden die Bahnen nach dem Einhalt der Kriterien geprüft. Scha� en sie die Prüfung nicht, können sie sich karrenzieren las-sen. Sechs verschiedene Themengebiete ste-hen zur Auswahl: Family-Berg, Abenteuer-Berg, Genuss-Berg, Panorama-Berg, Fit & Gesund-Berg und Kunst & Kultur-Berg. Sie erzielen laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftskammer bis zu 60 Prozent mehr Umsatz als andere Bah-nen in den Sommermonaten. Die Tirol Wer-bung unterstützt die Sommerbahnen im Rah-men einer intensiven Marketingkooperation.

www.sommerbahnen.tirol.at

ihren Mitgliedern an Zuwächsen gebracht

hat. Die ersten Hochrechnungen bestäti-

gen die Theorien der Experten. Bis zu 40

Prozent mehr Ersteintritte verzeichnen Zer-

tifi zierte gegenüber den Nicht-Mitgliedern.

Die Tickets sind meist nicht teurer als bei

anderen Bahnen, aber der Gast gibt mehr

aus. Vielleicht noch ein Kapperl mit Logo

oder doch die Schatzkarte für die Kinder.

Die Sommerbahnen haben einen deutlich

höheren Umsatz als andere. „Die Zahlen, die

wir grob ausgewertet haben, zeigen, dass

die Sommerbahnen 20 Prozent mehr Wert-

schöpfung pro Gast verzeichnen. Wenn wir

also Menge und Preis multiplizieren, errei-

chen sie bis zu 60 Prozent mehr Umsatz als

andere Bahnen“, sagt Oberacher.

Walter Eisenmann von den Bergbah-

nen Söll bestätigt die Erfolgsmeldungen.

Im Sommer 2001 verzeichnete man rund

40.000 Gäste. „Diese Zahl konnten wir jetzt

auf knapp 200.000 Besucher steigern“, sagt

Eisenmann. „Auch andere Bahnen, die in

den vergangenen Jahren solche Innovati-

onsprojekte machten und auf das Gütesie-

gel setzten, haben großen Erfolg damit. Wir

beleben den Alpenraum.“

Oberacher versteht die Einstiegsbar-

rieren für die Verantwortlichen: Die stren-

gen Kriterien und die Kosten für ein Som-

merkonzept schrecken viele ab. „Mit dem

Geld, das sie im Winter in eine Pistenraupe

investieren, kann man allerdings schon

etwas Schönes zusammenstellen“, sagt

er. Rund 250.000 Euro veranschlagt er für

ein stimmiges und erfolgsversprechendes

Konzept. „Das ist nicht die Welt in Relation

zum Winterinvestment.“ Er würde sich wün-

schen, dass sich besonders in Tirol auch die

großen Bergbahnen, die „big names“, inten-

siver mit dem Thema beschäftigen würden.

„Da gibt es noch Luft.“

Innovation statt Investition. Wenn

auch die besonders prominenten Winter-

Bahnen im Sommer-Folder noch fehlen,

dafür liegen einige der innovativsten und

erfolgreichsten Sommerbahnen in Tirol.

Oft führen Kleinigkeiten zum Erfolg. Oder

eine besondere Spezifi zierung, wie zum

Beispiel die Nordkettenbahn, mit der Roll-

stuhlfahrer barrierefrei aufs Hafelekar auf

2.256 Meter Höhe gelangen. Für Eisen-

mann ist es wichtig, ein Vorzeigeprojekt

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zu sein, für den Gast und die Branche. Die

Chance, auch im Sommer mehr Gäste auf

den Berg zu bringen, sollte niemand un-

genutzt verstreichen lassen. „Wir haben in

zehn Jahren schon einiges erreicht“, sagt

er. Wenn die Bergbahnen an einem durch-

gängigen Themenstrang ziehen, geht das

Konzept auf. „Die Erfolgreichen haben es

gescha� t, dass der Gast nicht mehr zur

Bergbahn sondern zum Thema am Berg

fährt“, sagt Tourismusberater Oberacher.

Das bestätigt auch Josef Margreiter

von der Tirol Werbung: „Die Themen am

Berg sind ein Highlight für die Gäste, das

steht ganz klar im Vordergrund. Sie über-

legen nicht, mit welcher Bahn sie fahren

wollen, sondern was sie am Berg erleben

wollen.“ Die Kooperation ist eine der äl-

testen im Tirol Haus. Und sie hat seiner

Meinung nach noch großes Potenzial.

Verschiedenste Themen wie Bustourismus

oder Incentives am Berg sind für ihn eben-

falls noch spannend. „Die Sommerbahnen

bieten eine beeindruckende Vielfalt auf

Grund ihrer professionellen Spezialisie-

rung“, sagt er. Margreiter sieht auch den

großen Mehrwert, den die Kampagnen der

Bahnen im Sommer für die Orte, Regionen

und Tourismusbetriebe bieten. „Es gibt in

Tirol sicher noch viele Bahnen, die für das

Gütesiegel geeignet wären.“ ×

Page 22: Der Tiroler Bergsommer

2222

I n Tirols Bergen werden seit jeher

unzählige Almen bewirtschaftet,

die eine wichtige Aufgabe erfül-

len: Sie bewahren und pfl egen die einzig-

artige Hochgebirgs-Kulturlandschaft im

Herzen der Alpen, auf der letztlich auch

der Tourismus fußt, der diese urtümliche,

landschaftliche Schönheit vermarktet.

Ohne die Arbeit der Sennerinnen und

Bergbauern, der Hirten und Hüttenwirte

wären Tirols Berge nicht der Publikums-

magnet, der jährlich tausende Urlauber

anzieht. Neben der Landschaft pfl egen die

Bewohner der höchstgelegenen Besied-

lungen Tirols aber auch jahrhundertaltes

Brauchtum. Im Tiroler Bergsommer spielt

diese Tradition eine ganz besondere Rolle.

„Erobern“, „Fühlen“, „Entdecken“ und „Ge-

nießen“ heißen die vier Säulen der neuen

Sommer-Kampagne zur Etablierung Tirols

als Ganzjahresdestination. Die vierte Säule,

der Genuss, steht auf den bewirtschafteten

Almen Tirols im Vordergrund, wie ein klei-

ner Streifzug durch Almen vom Kaunertal

über das Außerfern bis hinunter zum Wil-

den Kaiser zeigt.

Bergsteigerfrühstück. Gemeinhin

zählt die Almeinkehr zu den hart verdien-

ten Genüssen nach einer ausgedehnten

Wanderung oder Bergtour. Dem muss aber

nicht so sein, wie das Kaunertal zeigt. Hier

werden diesen Sommer das Berg- und

Almfrühstück angeboten, welche als ideale

Stärkung für anschließende Touren dient.

Auf der Nassereinalm kredenzt Hüttenwirt

Gerhard Eiterer für seine Gäste jeden Mon-

tagmorgen ein reichhaltiges Bergfrühstück

mit frischem Käse und frischer Milch sowie

hausgemachter Marmelade und anderen

Almköstlichkeiten. Derart gestärkt kön-

nen von der Nassereinalm wunderbare

Wanderungen Richtung Gepatschhaus

oder zum idyllischen Schwarzsee in An-

gri� genommen werden. Wahre Genießer

können auch einfach bleiben und auf der

Terrasse Bergsonne tanken – bei weiteren

Köstlichkeiten aus der Almküche. Auf der

Falkaunsalm im Kaunteral wird ebenfalls

Frühstück angeboten und zwar jeden

Donnerstag.

Reichhaltige und deftige Almfrüh-

stücke werden auch im Tiroler Unterland,

in der Region Wilder Kaiser angeboten.

Unter dem Motto „Frühstück am Berg“

bieten insgesamt 20 Hütten der Region

biologische und selbstgemachte Speziali-

täten an. Dabei wird vom reschen Bauern-

brot über selbst kredenzte Aufstriche mit

frischen Bergkräutern bis hin zur handein-

gekochten Marmelade allerlei Köstliches

angeboten. Selbst der Schinken auf der

Frühstücksplatte kommt dabei oft direkt

von der Almweide nebenan, wie etwa auf

Kulinarischer Almen-StreifzugDaumnidei und Broadakrapfen, ausgezogene Nudeln, frisches Hausbrot mit Bergkräuteraufstrich und dazu Schinken vom Almschwein: Tirols Hüttenwirte und Sennerinnen warten während der Sommermonate mit ungeahnten Köstlichkeiten auf.

VON S TEFFEN AROR A

der Hinterschießlingalm, wo Familie Steiner

sogar die Möbel zum Teil selbst herstellt.

Selbstgemachtes. Sabine Müller ist

skeptisch, ob der Betrieb auf ihrer Usseral-

pe heuer schon, wie geplant, Anfang Mai

starten kann: „So wie es ausschaut, wird es

wohl eher Ende Mai. Nach dem Winter…“

Dennoch freut sie sich schon jetzt wieder

auf die Bewirtschaftung der idyllischen Us-

seralpe in Tannheim. „Wir sind zu viert oder

zu fünft den ganzen Sommer über auf der

Alm.“ Die Aufgaben sind dabei klar verteilt.

Neben der Hüttenbewirtschaftung und Ver-

sorgung der Tagesgäste – Betten stehen auf

der Usseralpe nicht zur Verfügung – gilt es

das Vieh zu hüten und jede Menge köstlicher

Spezialitäten aus hütteneigener Produktion

herzustellen. Dafür ist die Usseralpe bekannt.

Besonderes Augenmerk wird auf den

verantwortungsbewussten Umgang mit den

Ressourcen gelegt. Nichts wird verschwen-

det, wie anno dazumal. So wird die Molke,

Geschmacks-erlebnis. Wer traditionelle Gerichte nicht nur genießen, sondern auch zubereiten will, kann das auf der Simonalm in Söll tun.

Herzhaft. Eine an-ständige „Brettljausn“ am Berg – auf der Alm schmeckt‘s am besten.

„Wir sind zu viert oder zu fünft den ganzen Sommer über auf der Alm.“ SABINE MÜLLER, USSERALPE

Page 23: Der Tiroler Bergsommer

23

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die als „Abfallprodukt“ bei der Herstellung

des würzigen Bergkäses übrigbleibt an die

Almschweine verfüttert. Deren Fleisch wie-

derum wird durch die ausschließliche Ver-

wendung hauseigener Molke zur Fütterung

besonders zart, was den Speck der Usseralpe

auszeichnet. Die Magermilch, die von der

Almbutterproduktion bleibt, wird in Form

von bekömmlichen Jogurts verarbeitet. Die

Usseralpe liegt auf 1.665 Meter Seehöhe und

ist in gut anderthalb Stunden zu Fuß erreich-

bar. Sie ist den ganzen Sommer über ohne

Ruhetag geö� net und auch Mountainbiker

sind herzlich willkommen. Wer es ganz ge-

mütlich will, nimmt die Neunerköpfl e-Bahn

direkt von Tannheim aus und ist nach 20

Minuten Fußweg auf der Usseralpe.

Almleben von damals. Einblicke in

das Leben, wie es damals war – das bie-

tet die Simonalm in Söll ihren Gästen. Im

mehrfach ausgezeichneten Kinderparadies

Hexenwasser wurde das über 400 Jahre

alte Bauernhaus „Prandl“ aus Brixen, einer

Nachbargemeinde Sölls, Balken für Balken

abgetragen und hier oben wieder aufge-

baut. Das bäuerliche Leben Tirols vergan-

gener Tage wird dadurch wieder lebendig

und fast schon Vergessenes erwacht

erneut zum Leben. Auf anschauliche und

kurzweilige Weise wird kleinen wie großen

Gästen die anstrengende und hungrig ma-

chende Arbeit der Senner nähergebracht.

Doch dank Bäuerin Marias Kochkunst

knurrt auf der Simonalm niemandem lange

der Magen. Legendär sind ihre Daumnidei

und Broadakrapfen. Da auf der Simonalm

nur auf Anmeldung eine Einkehr möglich

ist, können Besucher, wenn sie das vorab

so bestellen, gemeinsam mit Maria die

alten Speisen nach traditionellem Rezept

auf dem Holzherd zubereiten. Und natür-

lich auch im Anschluss daran gemeinsam

verspeisen, am besten bei einem selbst

gemachten Hollersaft oder einem Glas

frischer Almmilch.

Idylle pur. Almtradition wird am Fuße des

Wilden Kaisers hochgehalten. Vor allem auf

der wunderschön gelegenen, hunderte

Jahre alten, auf rund 1.200 Meter Seehöhe

gelegenen Brentenjochalm. Hier, direkt

unterhalb des Jahnhügels, auf dem sich

die Bergstation des derzeit stillgelegten

Kaiserliftes befi ndet, beginnt das Reich von

Leni Kaindl, der Hüttenwirtin von der Bren-

tenjochalm. Kaindl ist mit Leib und Seele

Sennerin, die sich immer über Gäste freut

und sie mit ihren hausgemachten Almspe-

zialitäten bewirtet.

Ihre ausgezogenen Nudeln, die mit

selbstgemachtem Apfelmus oder hausge-

machter Preiselbeermarmelade auf den

Tisch kommen, sind über Tirol hinaus be-

kannt. „Das Geheimnis der süßen Nudeln

ist der Germteig. Sind alle Zutaten schön

warm und kann der Teig bei Zimmertem-

peratur rasten, dann steht dem Gaumen-

schmaus nichts im Weg“, verrät die urige

Bergbäuerin. Jeden Samstag ist auf der

Brentenjochalm Nudeltag. Dann steht Leni

von früh morgens bis spät abends am Herd

und backt für die zahlreichen hungrigen

Wanderer. Die Brentenjochalm liegt direkt

am Adlerweg, dem legendären Weitwan-

derweg Tirols, und ist an schönen Tagen

dementsprechend gut besucht. ×

DIE ALMEN IM ÜBERBLICK

Kaunertal: Nassereinalm (montags) & Falkauns-alm (donnerstags) bieten gegen Voranmeldung spezielle Berg- und Almfrühstücke zum Preis von 6,80 pro Person. Zufahrt mit dem PKW oder Wanderbus möglich. Telefonische Anmeldung erforderlich. Nassereinalm (Gerhard Eiterer): 0664/9337205. Falkaunsalm (Maria & Philipp): 0664/3860234.

Tannheimer Tal: Die Usseralpe bietet zahlreiche hausgemachte Köstlichkeiten. Sandro & Sabi-ne Müller sind unter 0676/5427820 oder 0676/ 5129190 erreichbar oder im Web unter www.tannheimertal.at/usseralpe.

Wilder Kaiser: Details zu den 20 Hütten der Re-gion, die am Programm „Frühstück am Berg“ teil-nehmen, gibt es auf www.wilderkaiser.info.

Ferienland Kufstein: Leni Kaindl, die Sennerin von der Brentenjochalm, ist auf ihrem „Almhandy“ un-ter der Nummer 0664/4731634 erreichbar.

Söll: Nähere Informationen zum Sommerpro-gramm auf der Simonalm sowie zu Bäuerin Ma-rias Kurs- und Gruppenangeboten sind unter www.hexenwasser.at zu fi nden.

„Das Geheimnis der süßen Nudeln ist der Germteig. Sind alle Zutaten schön warm und kann der Teig bei Zimmertem-peratur rasten, dann steht dem Gaumenschmaus nichts im Weg.“LENI KAINDL, HÜTTENWIRTINDER BRENTENJOCHALM

Page 24: Der Tiroler Bergsommer

24 SAISON

BERGSOMMER

Berge rücken die Gedanken zurechtBerge ziehen den Menschen magisch an. Die Emotionen liegen dabei zwischen sehnsuchtsvoller Bewunderung und großem Respekt vor den ungebändigten Naturelementen.

VON ERNS T SPRENG

F ragt man den Tiroler Berg-

sportler David Lama, ob Berge

etwas Spirituelles haben, fällt

seine Antwort knapp, aber eindeutig aus.

„O� ensichtlich schon. Ich glaube, eine

besondere Wirkung kann man den Bergen

nicht absprechen. Wie, wo und wann je-

mand diese besondere Atmosphäre spürt,

das ist eine Momentaufnahme.“

Das Erlebnis Berg ist heute eine

Reise zwischen der Überholspur des

Extremen und dem Erleben von Natur

in Zeitlupe. Man begeistert sich für jene,

die in kürzester Zeit extreme Leistungen

bringen und erfreut sich selbst darüber, an

einem Bergsee einfach einmal eine halbe

Stunde die Füße ins Wasser zu stecken und

nichts zu tun.

Seit Anfang der 1990er-Jahre be-

schäftigt sich das deutsche Wanderinsti-

tut intensiv mit dem Thema Wandern und

Bergerlebnis. Jährlich werden von der For-

schungseinrichtung über 1.000 Wanderer

zu ihren Motiven befragt. „In einer Gesell-

schaft, die sehr von der Natur entfremdet

ist, braucht es einen Schuss Abenteuer“,

erklärt Jochen Becker, Geschäftsführer des

deutschen Wanderinstituts. „Berge haben

mit Bewunderung und Respekt zu tun. Un-

seren Untersuchungen nach sind es aber

doch bei den meisten Menschen liebliche

Landschaften, in denen sich Wanderer

wohlfühlen. Abenteuer ist gut, aber viele

Menschen brauchen die Gewissheit, sagen

zu können: Das kann ich mir zutrauen.“

Naturschauspiele. Eine wichtige Rolle

beim spirituellen Erleben von Bergmomen-

ten spielen besondere Naturschauspiele.

Wer durch die Berge wandert, der sucht

jene Orte, die ihm einzigartige Erlebnisse

bieten. Jochen Becker nennt hier als Bei-

spiel zwei Wanderwege im Ötztal, die vor

kurzem vom deutschen Wanderinstitut

mit dem Qualitätssiegel „Premiumweg“

ausgezeichnet wurden. „Bei diesen Wegen

zum Thema Wasser wurde versucht, viele

spezielle Naturerlebnisse hintereinander

zu setzen, die das Thema Wasser und Berg

kombinieren. Diese Wege bieten Abenteu-

erliches, sind aber gut markiert und geben

damit Sicherheit“, erklärt Becker.

Was suchen die Menschen beim Wan-

dern? Die Langzeitstudien des deutschen

Wanderinstituts mit rund 18.000 befragten

Wanderern sprechen eine klare Sprache:

Hauptmotiv für jedes Wandererlebnis ist der

Landschafts- und Naturgenuss. Ein weiteres

wichtiges Argument für die Sehnsucht nach

dem Wandern ist die Stille. Zwei Drittel aller

Befragten geben an, sie möchten dem Zivi-

lisationslärm entfl iehen.

„In den Bergen lassen wir die Zivilisation für einige Zeit hinter uns und kehren in unsere Heimat zurück – die Natur.“JOCHEN BECKER,GESCHÄFTSFÜHRER DEUTSCHES WANDERINSTITUT

Zeitlupe. Besondere Momente in Tirols Berglandschaft erleben vor allem Gäste in Mittelgebirgslagen und an Plätzen, die Abenteuerlust und den Wunsch nach Sicherheit verbinden.

Page 25: Der Tiroler Bergsommer

25

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Gipfel oder Alm? Für Jochen Becker

sind diese Wünsche verständlich. „Wir ver-

bringen einen Großteil unserer Zeit hinter

Glas. Daher sehnen wir uns nach unserer

eigentlichen Heimat – der Natur. Das ist

entwicklungspsychologisch nachvollzieh-

bar“, erklärt Becker. Für ihn persönlich hat

die gewaltige Natur der Alpen die Funktion,

die Gedanken zu ordnen. Ob man aber den

Gipfelsieg anstrebt oder lieber über Almen

wandert, da sind die Menschen sehr un-

terschiedlich.

Eine Studie im Allgäu hat ergeben,

dass Menschen, die in den Bergen leben,

den Gipfelsieg als besten Moment anfüh-

ren. Wer aus fl achen Gegenden kommt,

der hält sich gerne in Mittelgebirgsland-

schaften auf und holt sich seine Energie aus

der Betrachtung des Gipfels. Der mentale

Zugang zum Berg scheint also doch auch

davon abzuhängen, wo man groß gewor-

den ist. Eines haben aber alle, die sich auf

Berge einlassen, gemeinsam: Sie erleben

besondere Momente – aus sicherer Dis-

tanz oder ganz oben am Felsgrat. ×

„Unwiederbringliche Augenblicke“

David Lama ist einer der erfolgreichsten Sportkletterer Österreichs und weltweit unterwegs, um Berge zu erleben.

SAISON: David, welche Bedeutung hat es für Sie, einen Berg oder eine besondere Route zu erobern? DAVID LAMA: Wichtig

ist mir, dass ich den Berg nie besiegen will.

Die Berge sind nicht meine Gegner. Aber

ich freue mich riesig über jedes erfolgreich

abgeschlossene Projekt.

Gibt es für Sie Orte, an denen Sie besonders viel Kraft spüren? Ich glaube, was besonders

ist in den Bergen, das muss jeder für sich sehr

individuell erleben. Bei mir sind es keine spe-

ziellen Orte, sondern viel mehr Stimmungen,

Momente und Augenblicke, die ich spontan

erlebe. Diese Momente sind meist unwieder-

bringlich.

Wie erleben Sie als Bergsportler die neue Lust auf Berg und Wandern? Für mich ist es

absolut nachvollziehbar, dass vor allem Stadt-

menschen immer öfter das Bedürfnis haben,

die Natur der Berge zu erleben. Ich persönlich

wünsche mir, dass unsere Berge nicht vollkom-

men vom Menschen vereinnahmt werden.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

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Page 26: Der Tiroler Bergsommer

26 saison

BERGSOMMER

„Gehen befreit den Geist“Markus Linder ist Kabarettist, Musiker und passionierter Weitwanderer. Im Interview spricht er über den Reiz der Freiheit, die Mühen der Ebene und die neu entdeckte Langsamkeit.

Da s IntervIew führte sylvIa a Ine t ter .

S

AISON: Herr Linder, seit vie-len Jahren unternehmen Sie regelmäßig Weitwanderun-

gen. Wie kam es dazu?Markus Linder: schon als kind war ich

gern und oft wandern. Mein Großvater ist

mit mir in die Berge gegangen und hat mir

alles erklärt. das hat mich sehr geprägt.

Weitwandern hab ich begonnen, als ich

eine Gruppe von Weitwanderern kennen

lernte. das war vor etwa zehn Jahren und

inzwischen sind wir sehr gute Freunde. Mit

ihnen habe ich viele Wanderungen unter-

nommen und die Weite kennen gelernt.

Was ist denn an der Weite so reizvoll?die

Freiheit. der Weg, das unterwegssein ist

das Ziel und das ist wunderbar. schneller

als die schritte einen tragen, ist man nicht.

ich nehme mir auch die Freiheit und plane

keine etappen oder Zwischenziele – so

weiß ich nie, wo ich am abend schlafen

werde. anfangs war das eine ganz neue

erfahrung für mich. Bei einer Bergtour ist

das ganz anders, da ist das Ziel der Gipfel.

Wandern Sie lieber alleine oder in Ge-sellschaft? Weite Wanderungen habe ich

bisher nur in der Gruppe gemacht. Wir er-

wanderten etwa gemeinsam drei Wochen

lang einen Teil des Jakobswegs. alleine

habe ich nur Bergtouren unternommen.

aber ich könnte mir gut vorstellen, alleine

zu wandern. ich kann gut allein sein.

Was ist das Schöne am Gehen in der Gruppe? Man fühlt sich nicht einsam. die

Gruppe, mit der ich wandere, besteht aus

engen Freunden. Wir haben viel spaß und

kennen uns sehr gut. in dieser umgebung

kann jeder über sich selbst lachen. das ist

auch eine psychologische reinigung. die-

se Wanderungen haben die Freundschaft

sehr intensiviert, denn solche erlebnisse

verbinden natürlich. aber wir lassen uns

gegenseitig auch viel Freiheit: Wir gehen

nie im Pulk, jeder hat sein eigenes Tempo –

und irgendwo treffen wir uns dann wieder.

Ist Weitwandern auch Therapie? Beim

Weitwandern wird man aus dem alltag

herausgehoben und kommt ins sinnieren

und ins denken. Man ist viel mit sich allein,

geht oft ein, zwei stunden komplett allei-

ne durch die Wälder. das tut unglaublich

gut. aber ich bin es gewohnt, mich mir

selbst zu stellen, das bedeutet für mich

keine anstrengung. ich kann mir aber vor-

stellen, dass diese erfahrung für manch

anderen schmerzhaft ist.

Viele Menschen gehen den Jakobs-

weg um ein persönliches Problem zu klären

oder eine sinnfrage zu lösen. das war bei

mir nie der Fall. doch die Fragen kommen

von selbst. aber auch die klarheiten. Man

geht und die Gedanken fließen.

Inwieweit ist das Weitwandern eine spi-rituelle Angelegenheit?in einem sehr hohen Maße! Jede Weit-

wanderung hat für mich etwas spirituelles,

das muss nicht der Jakobsweg sein. Vom

Weitwandern kommt man zurück mit ei-

ner Freiheit im Geist. das Gleichmäßige,

dieses „der Weg ist das Ziel“, das habe

ich erst durchs Weitwandern verstanden.

dieses Gefühl der Freiheit hält oft mona-

telang an. eine Weitwanderung ist sehr

eindrücklich.

Ist Ihnen das Loslassen vom Alltag nie schwergefallen? nein, gar nicht. ich

empfand das immer als große Berei-

cherung. da habe ich eine glückliche

ader. in meinem Beruf gibt es aber auch

keinen alltag, wie ihn andere kennen,

mein ganzes Leben ist abwechslung.

Vielleicht ist das der Grund, warum es

mir so leicht fällt, mich auf diese situa-

tion einzustellen.

Haben Sie sich durch das Wandern ver-ändert? das wäre zu stark ausgedrückt.

aber das Weitwandern bereichert mein

Leben sehr. das Gehen hilft, klar zu sehen.

im alltag merke ich, dass ich gelassener

bin, mich nicht mehr über jede kleinigkeit

aufrege, seit ich regelmäßig solche Wan-

derungen unternehme.

Macht denn das Gehen auch kreativ?auf jeden Fall! Bewegung ist für mich ge-

nerell sehr wichtig. auch beim Textlernen

muss ich immer gehen. Vor jedem auftritt

in der Garderobe konzentriere ich mich

noch einmal: aber nicht, indem ich mich

ruhig hinsetze und meditiere. ich gehe

wie ein Tiger im käfig hin und her. denn

Gehen ist auch ein Zustand des Wachseins

im kopf.

Ist die Ebene für jemanden, der in den Bergen aufgewachsen ist, schwieriger zu bezwingen? die ebene ist ungewohnt. es

gibt wenig abwechslung, das kennen wir

alpinmenschen kaum. Was beim Weit-

wandern aber oft unterschätzt wird, ist

die körperliche Belastung durch das Wet-

ter. Bei unserer Jakobsweg-Wanderung

waren wir extremen Bedingungen aus-

gesetzt: glühende Hitze, fünf Tage dau-

erregen, schneesturm, minus fünf Grad.

Wollten Sie nie eine Wanderung ab-brechen? doch, natürlich. am zweiten

Tag der Jakobsweg-Wanderung kam ich

an meine Grenzen. Wir sind 35 kilometer

gegangen und ich bin weit zurückgefallen.

ich hab mich nur noch weitergeschleppt.

auf dieser reise habe ich auch verstanden,

was „die Mühen der ebene“ heißt. Wenn es

eben dahingeht, kann man die entfernun-

„Der Weg, das Unterwegs-sein ist das Ziel und das ist wunderbar.“

Page 27: Der Tiroler Bergsommer

27

gen nicht mehr einschätzen. Man sieht in

der Ferne ein dorf, weiß aber nicht: sind

das jetzt drei kilometer oder fünfzehn?

Gehe ich noch eine stunde oder vielleicht

vier? Man muss sich immer wieder aufs

neue überwinden. die Qual gehört dazu.

Was hat Sie bewogen, am nächsten Tag weiterzugehen? keine Frage: das war die

Gruppe! Wer in einer Gruppe geht, kann

nicht einfach schlappmachen. und die an-

deren muntern einen soweit auf, dass man

weitergeht und das auch wirklich schaff t.

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TIROL ERWANDERN

DER ADLERWEG1.480 kilometer Länge und 87.000 Höhen-meter: Tirols bekanntester Weitwanderweg führt durch das ganze Land. die Hauptroute mit 23 etappen verläuft von st. Johann im Tiroler unterland nach st. anton am arlberg. seinen namen bekam der adlerweg, weil die Hauptroute auf der Landkarte wie ein adler aussieht, der seine schwingen ausbreitet.

DER LECHWEGder 125 kilometer lange Lechweg führt vom arlberggebiet über die Tiroler natur-parkregion Lechtal-reutte bis ins südliche allgäu – von der Quelle des Lechs bis zum Lechfall. die europäische Wandervereini-gung hat den länderübergreifenden Lech-weg einer Qualitätsprüfung unterzogen und ihn als ersten Leading Quality Trail zer-tifi ziert. der Lechweg ist somit Modell für Weitwanderwege in ganz europa.

Wie bereitet man sich auf so eine Wan-derung vor? als alpiner Mensch ist man

begünstigt, weil man im normalfall schon

die Grundausrüstung besitzt. es gibt auch

viele, die auf solche Wanderungen gezielt

trainieren. ich habe das nie gemacht. ich

bin nicht trainiert, aber zäh.

Zu gehen ist die langsamste Fortbewe-gungsform. Was ist an dieser Langsamkeit so reizvoll? Man lernt Landschaften anders

kennen, wenn man sie erwandert. aber man

lernt auch die Menschen im jeweiligen

Land kennen – das würde kaum passieren,

wäre man mit dem auto unterwegs. das

Gehtempo lässt solche Begegnungen zu.

Wohin geht die nächste Wanderung? nächstes Jahr möchte ich gerne gemein-

sam mit meiner Frau von meinem Ge-

burtsort rankweil zu unserem Wohnort

axams wandern. ein Freund hat das erst

kürzlich gemacht und wir fi nden die idee

sehr spannend.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

Über Stock und Stein. Seit etwa zehn Jahren ist Markus Linder immer wieder als Weitwanderer unterwegs.

Page 28: Der Tiroler Bergsommer

Die betriebliche Nachfolge gehört mit zu den spannendsten und richtungs-weisendsten Ereignissen im Lebens-zyklus eines Unternehmens. Stellt sie doch einen Neustart dar, der ebenso komplex und herausfordernd ist, wie die Gründung eines neuen Unterneh-mens. Genaue Regeln für die betrieb-liche Nachfolge aufzustellen macht we-nig Sinn, da jede Nachfolge individuell gestaltet werden muss. Jedoch sollte der Zeitpunkt der Nachfolge gut geplant werden, am besten mit der Erstellung eines Ablaufplans. Weiters kommt der Analyse des Vermögensbestands und der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der offenen Kommunikation zwi-schen Übergeber und Nachfolger große Bedeutung zu.

Frühe PlanungDer Schlüssel einer erfolgreichen be-trieblichen Nachfolge für alle Betei-ligten liegt in einer frühzeitigen und sorgfältigen Planung, bei der alle Part-ner und Experten – insbesondere die finanzierende Bank – miteinbezogen

werden. Der überwiegende Teil der po-tenziellen Unternehmensnachfolgen kann als langfristig erfolgreich angese-hen werden. Die Gründe für ein Schei-tern von Unternehmensnachfolgen sind Spannungen in der privaten Sphäre zwi-schen Übergeber und Übernehmer, die fehlende Einbeziehung der potenziellen Übernehmer in die Nachfolgeplanung und die mangelnde Bereitschaft, Berater wie Rechtsanwalt, Steuerberater, Notar und Bank in die Planung zu integrieren.

LeistungspaketDie Hypo Tirol Bank ist seit über 100 Jah-ren ein starker, verlässlicher und erfah-rener Partner der Tiroler Wirtschaft und hat in dieser Zeit zahlreiche Unterneh-mensnachfolgen erfolgreich begleitet. In dieser, für das Unternehmen und den Unternehmer bzw. die Unternehmerin höchst spannenden Phase ergeben sich zahlreiche Chancen – in betrieblicher, aber auch in privater Hinsicht. Damit diese optimal genützt werden können, steht die Hypo Tirol Bank als Finanz-dienstleister mit einem umfangreichen

Leistungspaket im Rahmen des Investi-tions-, Liquiditäts-, Risiko- und Veran-lagungsmanagements zur Seite. Auch Kooperationspartner und Netzwerke zu rechtsberatenden Berufen helfen bei der optimalen Gestaltung der betrieblichen Nachfolge.

Gemeinsam erfolgreichUnternehmer sind es gewohnt, jeden Tag wichtige Entscheidungen – oft al-leine – zu treffen. Die Praxis zeigt, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit des Über-gangs des Unternehmens in die nächste Generation durch die Einbindung der Familie, der Bankexperten und Experten wie Steuerberater und Rechtsanwälte steigt. Nehmen Sie die Hilfe und die Un-terstützung Ihrer Experten in Anspruch und führen damit Ihr Unternehmen er-folgreich in die nächste Generation. Die Kundenbetreuer der Hypo Tirol Bank stehen mit ihrem Know-how und mit dem Netzwerk der Landesbank zur Ver-fügung!

Betriebliche Nachfolge:Herausforderung und Chance

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InformatIonsbrosCHüre„betrIeblICHe naCHfolge“

Page 29: Der Tiroler Bergsommer

„Gerade in Tirol stellen Familienbetriebe dank ihrer regionalen Stärken und Traditionen so-wie der gewachsenen Strukturen und Werte einen stabilen und unverzichtbaren Baustein unserer Wirtschaft dar. Als Landesbank sehen wir daher unsere Verpflichtung darin, diese Unternehmen bestmöglich und vertrauens-voll durch die unterschiedlichen Phasen – von der Gründung bis zur Nachfolgeregelung und dem erfolgreichen Fortbestand – zu begleiten. Nutzen Sie unsere Kompetenzen, Kontakte und Netzwerke – wir unterstützen Sie tat-kräftig bei der Umsetzung Ihrer Visionen.“

mag. Johann KollreiderVorstand der Hypo tirol bank

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Page 30: Der Tiroler Bergsommer

30MAGAZIN

Happy Birthday

S trenge Aufnahmekriterien und höchstes

Niveau“ garantiert die Hotelkooperati-

on „Best Wellness Hotels“ für alle ihre Mit-

gliedsbetriebe. Die Mühen scheinen sich zu

lohnen: Heuer feiern Best Wellness Hotels

ihren 20. Geburtstag, 27 Hotels gehören

der Kooperation inzwischen bereits an.

Zum Jubiläum gibt es 20 Wellness-Urlaube

zu gewinnen, außerdem bieten die teilneh-

menden Betriebe Jubiläumsaktionen an. ×

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Neuer MTB-Führer zum Bike Trail Tirol

Der Bike Trail Tirol ist für seine abwechslungs-

reichen und attraktiven Strecken bekannt.

Mit seinen rund 1.000 Kilometern bildet er den

längsten zusammenhängenden Mountainbike-

Rundkurs der Alpen und führt den Mountainbiker

auf 32 Etappen durchs ganze Land. Ausführliche

Informationen zu allen Etappen fi nden sich in

dem eben erschienenen Mountainbike-Guide

„Bike Trail Tirol“. ×

Synergielounge Tirol

Netzwerken, Informationen austau-

schen und Kooperationsmöglichkei-

ten fi nden: Bisher diente die Synergiebörse

Tirol als virtueller Marktplatz, wo sich In-

teressenten über Angebot und Nachfrage

der Standortfelder Tourismus, Forschung

& Bildung und Wirtschaft informieren kön-

nen. Mit der Synergielounge Tirol wurde

diese Idee nun ins reale Leben transferiert:

Die reale Lounge dient als Tre� punkt, um

mögliche Partner näher kennen zu ler-

nen, Gespräche zu führen und eventuell

gemeinsame Synergien zu entdecken.

Diese Lounge wird vor allem bei B2B-

Veranstaltungen und Messen eingesetzt

und wurde erstmals im Rahmen der ISPO

2012 präsentiert. Die Tirol Werbung hat

sich hier auf die Suche nach potenziellen

Kooperationspartnern im Bereich der

Sportartikelindustrie begeben und diese

in die Synergielounge Tirol eingeladen.

Die Lounge besteht zu 100 Prozent aus

Tiroler Materialien wie Tiroler Loden und

einer Tiroler Steinplatte. ×

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Eines von 27 Best Well-ness Hotels: das Sportho-

tel Stock im Zillertal.

Mountainbike Guide „Bike Trail Tirol“,

Verlag Esterbauer

Tre� punkt. Die Lounge wird vor allem bei B2B-Veranstaltungen

und Messen eingesetzt.

Page 31: Der Tiroler Bergsommer

31

Tirol im Film

Joseph Vilsmaier, seit über 20 Jahren

einer der erfolgreichsten Filmema-

cher im deutschsprachigen Raum, wurde

für seine besonderen Verdienste um das

Filmland Tirol mit dem Cine Tirol Award

ausgezeichnet. Johannes Köck, Leiter

von Cine Tirol, würdigte den Preisträger

im Rahmen der Premiere von „Der Mein-

eidbauer“ in Virgen.

Der Regisseur und Kameramann Joseph

Vilsmaier bereicherte das Filmland Tirol

bisher mit fünf Produktionen: „Bergkristall“

(2004), „Das Weihnachtsekel“ (2006), „Die

Geschichte vom Brandner Kaspar“ (2007),

„Nanga Parbat“ (2010) und „Der Meineid-

bauer“ (2011) und zählt somit zu den treu-

esten Weggefährten und Partnern von Cine

Tirol in den vergangenen Jahren.  ×

Eine App für den NotfallAuf dem Smartphone den Notfall-Knopf drücken und schon weiß die Leitstelle Tirol, wo sich

der verunglückte Bergsportler aufhält: Die „Notfall App Bergrettung Tirol“ ermöglicht eine

schnelle und genaue Ortung, soll so die Rettung beschleunigen – und damit Leben retten.

In Kooperation von Bergrettung, Leitstelle und der Abteilung Zivil- und Katastrophenschutz

des Landes Tirol wurde eine bestehende Software auf Tiroler Verhältnisse angepasst. Die neue

„Notfall App Bergrettung Tirol“ kann man sich kostenlos auf Android-Handys oder das iPhone

laden. In der App füllt man dann seinen Namen, Telefonnummer und E-Mail-Adresse aus. Gerät

man in Bergnot, drückt man einfach den Notfallknopf und schon scheinen die Daten samt der

genauen Position am Bildschirm eines Mitarbeiters der Leitstelle Tirol auf. ×

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DIE WELT AUF VIER SAITENDas Kammermusikfestival Musik im Riesen steht diesmal im Zeichen von Johann Sebastian Bach und dem Violoncello. Als Interpreten sind u. a. die Cellisten Alban Gerhardt und Matthew Barley (Bild) und die Geigerin Viktoria Mullova zu Gast. 11. bis 18. Mai, Swarovski Kristallwelten, Wattens

DIE WELT AUF DEN BRETTERNDas Theaterfestival Steudltenn im Zillertal richtet sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Mit dabei sind das Theater des Kindes Linz, das die Geschichte von Nelson, dem Pinguin, (Bild) erzählt, sowie Elfriede Ott und Gregor Seberg. bis 26. Mai 2012, Steudltenn, Uderns

DIE WELT IM BAUBei den Architekturtagen erlebt man in ganz Österreich die Baukunst aus nächster Nähe: mit geführten Touren, Workshops und Ausstellungen. Parallel dazu läuft in der stattStube (Bild) in Inns-bruck das Electronic-Festival „Heart of Noise“. 1. und 2. Juni 2012, diverse Orte in Innsbruck

WEITERE VERANSTALTUNGENDas Jazzorchester Tirol spielt Werner Pirchner – Ein halbes Doppelalbum25. 5. 2012, Alte Gerberei, St. Johann,www.muku.atKreuzgang-Konzerte, 14-tägige Reihe31. 5. bis 26. 7. 2012, Augustinermuseum Ratten-berg, www.augustinermuseum.atSilbersommer Schwaz Mai 2012, diverse Orte in Schwaz, www.schwaz.atSplash! Das Bad der Philippine Welser, Ausstellungbis 20. 6. 2012, Schloss Ambras, Innsbruck,www.khm.at/ambras

KULTURTIPPSVON ES THER PIRCHNER

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Cine-Tirol-Leiter Johannes Köck überreichte Joseph Vils-maier den Cine Tirol Award.

Page 32: Der Tiroler Bergsommer

SAISON

MAGAZIN32

N ach 19 Jahren Pause

startete der Karwendel-

marsch in eine neue Ära.

Was in den 1980er-Jahren tausende Wan-

derer jährlich begeisterte, wurde von den

beiden Tourismusverbänden Seefeld und

Achensee in jahrelanger Vorarbeit 2009

revitalisiert und mit einem neuen Konzept

versehen. Die große Frage hinter dem

neuen Karwendelmarsch war: Gelingt es,

eine Großveranstaltung mit tausenden

Teilnehmern im Naturschutzgebiet Kar-

wendel durchzuführen?

Kein Iso-Getränk. Nach drei Aufl a-

gen des Karwendelmarsches zieht Martin

Tschoner, Geschäftsführer des Tourismus-

verbandes Achensee, eine positive Bilanz.

„Wir haben von Anfang an das Spannungs-

feld von Naturschutz und Tourismus the-

matisiert. Mit sehr viel Engagement ist es

uns gelungen, durch den Karwendelmarsch

auch eine Bewusstseinsbildung für den

Alpenpark Karwendel herbeizuführen. Das

Konzept dahinter ist, keine reine Sportver-

anstaltung ins Leben zu rufen, sondern den

Wanderer intensiv an die Schönheit des Al-

penparks heranzuführen“, erklärt Tschoner.

Tatsächlich ist der Karwendelmarsch

mehr als die sportliche Herausforderung,

52 Kilometer zu laufen oder zu wandern.

Entlang der gesamten Strecke fi ndet

man zahlreiche Stationen, welche die

Besonderheiten dieses Naturschutzge-

bietes erklären. Selbst die Verpfl egung ist

anders. Es gibt keine Iso-Getränke oder

Müsliriegel, sondern Moosbeersuppe oder

Holundersaft. Die Verpfl egung wurde nach

ernährungswissenschaftlichen Konzepten

für den Karwendelmarsch kreiert und wird

mit Bio-Produkten aus Tirol eigens für die

Wanderer gekocht. Und es werden Zei-

chen gesetzt. So bekommt jeder Sieger

des Marsches seinen eigenen Ahornbaum

gepfl anzt, wodurch die Aktion der Bun-

desforste unterstützt wird, den bekannten

Ahornboden im Engtal weiter aufzuforsten.

Eigeninitiative. Diese Bewusstseins-

bildung trägt auch unter den Wander- und

Lau� ans Früchte. „Wir bekommen von vie-

len Teilnehmern immer wieder Tipps, was

wir noch besser machen können“, erzählt

Martin Tschoner. „Ein Beispiel dafür sind

die Läufer, die uns sagten, wo wir Müll-

plätze einrichten müssen, damit sie nach

der Verpfl egestation ihren Becher richtig

entsorgen können.“ Tschoner kann nach

drei Jahren selbstbewusst feststellen: Der

Großevent im Naturschutzgebiet bereitet

keine Probleme. Im Gegenteil: Inzwischen

ist wie in den 1980er-Jahren eine Com-

munity am Werk, welche die Faszination

dieses Marsches aktiv lebt. „Touristisch

gesehen schicken heute jene, die damals

mitgewandert sind, ihre Kinder zu uns und

sagen ihnen: Das musst du einmal erleben.“

Erfahrungen sammeln. Das Thema Nachhaltigkeit wird den Teilnehmern des Karwendelmarsches an Informati-onsstationen näher gebracht.

„Die Teilnehmer am Karwendelmarsch gehen sehr sensibel mit der Natur um.“MARTIN TSCHONER, GESCHÄFTSFÜHRER TVB ACHENSEE

Naturnaher GroßeventHeuer fi ndet der Karwendelmarsch bereits zum vierten Mal seit seiner Neuaufl age statt – mit einem ökologischen Konzept, das auf den sensiblen Raum des Naturschutzgebiets Rücksicht nimmt.

VON ERNS T SPRENG

Page 33: Der Tiroler Bergsommer

33

Kompetenz im Sommer. Hinter

dem Karwendelmarsch steht nicht nur ein

ökologisches Konzept, sondern auch eine

touristische Strategie. Gerade die Touris-

musregionen Seefeld und Achensee gehö-

ren zu jenen in Tirol, die seit vielen Jahren

nicht nur auf Wintertourismus setzen, son-

dern starke Sommersaisonen aufweisen.

„Wir zeigen mit dem Karwendelmarsch

international unsere Sommerkompetenz

auf“, ist Markus Tschoner, Geschäftsführer

der Olympiaregion Seefeld überzeugt.

„Dieser Event und das nachhaltige Konzept

passen haargenau zu beiden Regionen.“

Und das ist mit ein Grund, warum der

Karwendelmarsch den „Tirol Touristica“

für herausragende Leistungen im Tiroler

Tourismus gewonnen hat.

Heuer fi ndet der Karwendelmarsch

am 25. August statt. Und der Wunsch an

die kommende Veranstaltung ist mehr als

verständlich: „Nachdem die ersten drei

Märsche nicht gerade mit Wetterglück

gesegnet waren, hätten wir uns 2012

schönes Wetter verdient. Damit der

Alpenpark Karwendel noch mehr zum

Erlebnis für unsere Gäste wird“, so Martin

Tschoner. ×

Enge Zusam-menarbeit. Martin Tschoner, Geschäftsführer des Achensee Tourismus (links), und Mar-kus Tschoner, Geschäftsführer der Olympia-region Seefeld, arbeiten seit vielen Jahren am nachhaltigen Konzept des neuen Karwen-delmarsches.

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Michael Hörtnagl GmbH Flurstraße 1, A-6063 Rum bei InnsbruckTel.: +43/(0) 512/26 44 88 Fax: +43/(0) 512/26 44 88-50 [email protected], www.fuco.at

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Page 34: Der Tiroler Bergsommer

34 SAISON

MAGAZIN

Der Missionar für Tiroler SpeckDie erste Frage stellt er: „Und wer bisch iatz du?“ Danach erzählt Karl Handl, was ihm auf dem Weg von der Fleischhauerei in Pians zu einem Unternehmen mit 115 Millionen Euro Jahresumsatz wichtig war, ist und bleibt. Warum ihn der „Karl-Handl-Steig“ auf den Ri� er freut. Und wie sich seine Söhne Markus und Christian seit der Übergabe bewähren.

DA S INTERVIEW FÜHRTE NINA HEIZER .

S AISON: Herr Handl, Sie haben im vergangenen Jahr das Unternehmen an Ihre Söhne

Markus und Christian zum großen Teil übergeben. Sind Sie so entspannt, wie Sie wirken? KARL HANDL: Ich bin natürlich

jetzt viel entspannter. Operativ habe ich in

der Firma nichts mehr zu tun, allerdings bin

ich noch Aufsichtsratsvorsitzender. Über 45

Jahre bin ich sehr unter Strom gestanden, da

habe ich die ganze Verantwortung getragen.

Die vergangenen fünf Jahre bin ich schon

etwas kürzer getreten.

Der Strom ist also auf Sie als einer seiner beiden Nachfolger übergegangen? CHRIS-

TIAN HANDL: Seit 21 Jahren bin ich in der

Firma, seit 1999 als Geschäftsführer, und

ich habe alle Bereiche durchlaufen. Es gab

immer schon viel zu tun. 2011 haben wir die

Aufgaben neu verteilt und nun ist noch mehr

dazu gekommen. Ich bin verantwortlich für

Produktion, Bescha� ung, Qualitätssiche-

rung und Technik. Mein Bruder ist für den

administrativen Bereich, Mitarbeiterwesen

und den Eigenvertrieb, das heißt unsere

Speckstuben und die Gastronomie, zustän-

dig. Wir leiten das Unternehmen gemeinsam

mit Geschäftsführer Josef Wechner, der den

Vertrieb und Marketing verantwortet.

Lässt Sie Ihr Vater alle Entscheidungen alleine tre� en oder steht er noch mit Rat und Tat zur Seite? CHRISTIAN HANDL: Er

ist ein aktiver Aufsichtsrat und berät uns in

dieser Funktion. Wir als Familie Handl wissen

am besten, was wir für den Betrieb wollen.

Unsere Ideen sind wie Früchte, die wachsen,

gedeihen, gedüngt und gepfl egt werden

müssen. Manchmal vielleicht auch ein we-

nig gestutzt. Er hilft uns mit seiner Erfahrung

dabei, schwierige Situationen in der Rolle als

Weisenrat abzuwiegen.

Steckt in so einer Konstellation nicht auch immer Konfl iktpotenzial? CHRISTI-

AN HANDL: Nein, er hilft uns die größeren

Zusammenhänge richtig zu interpretieren

und wir greifen gerne auf sein Know-how

zurück. Wir sind stolz auf das, was wir tun.

Nur, das muss man auch sagen, niemand hat

auf den Tiroler Speck gewartet und wir sind

oft mit den Herausforderungen des Marktes

konfrontiert. Da gibt es Themen, bei denen

der Vater mit mehr Emotionen reagiert, bei

anderen mein Bruder Markus oder ich.

KARL HANDL: Ich vertraue den beiden. Sie

Page 35: Der Tiroler Bergsommer

35

haben das Unternehmen von allen Seiten

her kennen gelernt und wissen, was wich-

tig ist und worauf es ankommt. Da habe

ich mich leicht getan, jetzt noch relativ

jung zu übergeben.

Worauf kommt es an? CHRISTIAN HANDL:

Wir werden zum Beispiel nie Tiroler Speck

mit Ingwer produzieren. Das ist nicht au-

thentisch. Wir versuchen das Tirolerische,

das Traditionelle, die Emotion unserer Tiroler

Esskultur zu vermitteln und zu vermarkten.

Das ist unsere Kernaufgabe.

Ist in Tiroler Speck denn auch Tiroler Fleisch drin? CHRISTIAN HANDL: Wir verarbeiten

360 Tonnen Fleisch pro Woche, dafür be-

nötigen wir circa 8.000 Schweine. Die erhal-

ten wir von einigen hundert nationalen und

internationalen Landwirten, die die Rohware

liefern. Vor 20 Jahren ist der Versuch, Tiroler

Schweine zu verarbeiten, mit dem EU-Beitritt

gescheitert. Seither bemühen wir uns, beste

Qualität aus anderen Regionen zu kaufen.

Denn wenn der Rohsto� keine gute Qua-

„Speck ist der Inbegri� von Tiroler Tradition und Lebensart.“KARL HANDL

lität hat, wird kein guter Speck draus. Daher

haben wir jeden Lieferanten, jede Region

angeschaut und die besten ausgewählt.

Und aus welchen Regionen? CHRISTIAN

HANDL: Auf dem in Österreich verkauften

Tiroler Speck steht das AMA-Gütesiegel.

Damit verpfl ichten wir uns, dass das in

Österreich verkaufte Produkt auch zu 100

Prozent aus Österreichischen Rohsto� en

hergestellt wurde.

Der in Deutschland verkaufte Tiroler

Speck g.g.A. wird aus deutschen Schwei-

nen hergestellt. Grundsätzlich müssen alle

Rohsto� e von den besten Lieferanten in

ausgesuchter Qualität im Bundesland Tirol

verarbeitet werden. Würden wir uns auf nur

ein Lieferland reduzieren, wären wir einem

sehr großen Risiko ausgesetzt.

Was macht das in Deutschland verkaufte Produkt dann zu einem „Tiroler Speck“?

KARL HANDL: In Brüssel wurde der Tirol

Speck 1996 mit dem g.g.A.-Qualitätssiegel

geschützt. Das zeichnet Agrarerzeugnisse

und Lebensmittel aus, die eine direkte geo-

grafi sche Zuordnung ermöglichen oder

die fest einer Region zuzuordnen sind. Für

derartige Produkte ist nicht die Herkunft des

Rohsto� es maßgebend, sondern dass die

Verarbeitung und Veredelung in der Region

zu erfolgen hat. Das Wesentliche scheint mir,

dass die überlieferten traditionellen Rezep-

turen sowie die Verarbeitungsmethode

und vor allem das Know-how und die liebe

unserer Mitarbeiter zum Tiroler Speck den

Unterschied ausmachen.

Speck ist der Inbegri� von Tiroler

Tradition und Lebensart. In seiner per-

fekten Vereinigung aller Vorzüge unseres

Heimatlandes braucht es viel Wissen und

die Liebe zur traditionellen handwerklichen

Herstellung, bis unser Tiroler Speck g.g.A.

genussvoll auf den Tisch kommt. Höchste

Qualität, Tradition, viel Zeit und die Tiroler

Natur sind das Geheimnis.

Und wie groß ist der Anteil von Maschinen bei der Produktion von Tiroler Speck? KARL

HANDL: Die Produktion läuft immer noch

sehr herkömmlich traditionell ab. Wir salzen

nach wie vor mit der Hand ein, verwenden

keine Geschmacksverstärker oder Aromen

und geben dem Fleisch die Zeit, die es

vom Salzen und Selchen bis zum Reifen in

unserer Tiroler Bergluft braucht. Natürlich

simulieren wir die Winterzeit zum Beispiel

auch im Sommer mit den herkömmlichen

Kälte- und Klimaanlagen.

NAMENSGEBEND.Zum 65. Geburtstag über-

raschte der Alpenverein Karl Handl mit dem Karl-Handl-

Steig auf den Hohen Ri� -ler. Der ist der Hausberg der Handls und befi ndet sich als

Motiv auf den Produktverpa-ckungen des Oberländer

Unternehmens.

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Page 36: Der Tiroler Bergsommer

36

CHRISTIAN HANDL: Wir geben der Pro-

duktion ausreichend Zeit. Der Pökelprozess

dauert seine drei Wochen. Früher lag das

Fleisch in einem Holzfass, heute ist dieses

Fass eben aus Kunststo� . Geräuchert wird

kalt über Hartholz, reinem Buchenholz.

Insgesamt dauert es bis zu sechs Monate,

bis unser Tiroler Speck fertig ist. Genügend

Zeit ist einer der Gründe für den besonderen

Geschmack und das spezielle Aroma unse-

res Tiroler Specks.

Sie haben eine einfache Landmetzgerei übernommen und ein großes Unterneh-men daraus gemacht. Wie sehr hat sich die Branche in der Zwischenzeit verändert?KARL HANDL: Sehr! Der Beruf Metzger, den

ich von Grund auf in jedem Detail gelernt

habe, ist nicht mehr wiederzuerkennen. Wir

beschäftigen zum Beispiel mehr Mechat-

roniker als Metzger. Es hat sich schon sehr

gewandelt. Anfangs hatte ich 14 Mitarbeiter,

nun arbeiten 520 in der Handl Gruppe. Speck

wurde früher nur in Tirol gegessen. Nicht

einmal die Vorarlberger kannten den Speck

in dieser Form. Vor dir sitzt also der Missionar

für Tiroler Speck im Ländle. Danach sind wir

mit der Firma Metro nach Wien und haben

den Wienern den Speck schmackhaft ge-

macht. Die Bestellungen aus Wien lauteten

immer so: Schick mir drei Nordtiroler. Und

wir wussten natürlich was gemeint war.

Wie viel Prozent beträgt der Export? CHRISTIAN HANDL: Unser Exportanteil liegt

bei 60 Prozent. Vor allem nach Deutschland.

Danach ist Italien das Hauptabnehmerland.

Weiterhin wichtige Länder sind Benelux und

die Länder in Mittel- und Osteuropa.

Wenn das Unternehmen mit Ihren Söhnen so gut weiter läuft, wie verbringen Sie Ihre Freizeit? KARL HANDL: Ich schaue mir gern

die Welt an und lerne gerne fremde Kulturen,

Land und Leute kennen. Natürlich fühle ich

mich auch in der Sonne wohl, vor allem

in der kalten Jahreszeit. Früher habe ich

auch gerne meine Zeit beim Bergwandern

und Schifahren verbracht. Im Vergleich mit

meiner Frau Christine bin ich eher ein bewe-

gungsärmerer Mensch geworden. Aber den

Karl-Handl-Steig am Hohen Ri� er würde

ich schon noch gerne gehen.

Hat Sie die Überraschung, als der Alpen-verein zu Ihrem 65. Geburtstag den Steig auf den Hohen Ri� er nach Ihnen benannt hat, gefreut? KARL HANDL: Ich habe mich

über dieses Geschenk sehr gefreut. Das

war wirklich eine Überraschung, da der

Ri� er ja unser Hausberg ist und wir das

Ri� ermotiv auf über 50 Millionen Produkt-

packungen in alle Welt transportieren. Es ist

für uns daher eine Herzensangelegenheit

den Alpenverein insbesondere beim Erhalt

und der Pfl ege von Wegen und Hütten zu

unterstützen. Gepfl egte Wege und Hütten

sind eine Grundvoraussetzung für den un-

beschwerten Genuss der Bergwelt. Handl

Tyrol engagiert sich hier besonders gerne.

Denn im übertragenen Sinne soll so allen

Bergsportbegeisterten auch der Weg zum

kulinarischen Ziel jeder Wanderung geeb-

net werden – der Marend, der traditionel-

len Speckjause mit Handl Tyrol.

Neben ihrem Engagement für die Tiroler Berge engagieren Sie sich auch in Nepal. Warum? KARL HANDL: Wir haben vor über

zehn Jahren einen namhaften Betrag für den

Bau des achten SOS-Kinderdorfes in Bharat-

pur gespendet. Seither haben wir bei vielen

Anlässen, etwa bei runden Geburtstagen,

anstelle von Geschenken um Spenden für

dieses Dorf gebeten. So stehen dort mittler-

weile neben einem Karl-Handl-Haus auch

eine Schule und ein Sozialzentrum, das erst

2009 in unserem Beisein erö� net wurde.

Die Verbindung zu den SOS-Kinderdörfern

begann allerdings schon viele Jahrzehnte

davor mit einer Hauspatenschaft in Imst.

Unsere Familie ist freundschaftlich mit dem

noch amtierenden Präsidenten Helmut Ku-

tin verbunden.

Ihr Vater scheint sich ein soziales Gewis-sen behalten zu haben. Was hat er Ihrer Meinung nach sonst noch gut gemacht?

CHRISTIAN HANDL: Dass er immer auf die

Qualität gesetzt hat. Schon sein Vater war

in der Fleischerei-Schule in Leipzig. Damals

sicher ein unüblicher Schritt. Auch hat mein

Vater nie die Wünsche und Erwartungen vor

allem seiner Mitarbeiter und seiner Kunden

aus den Augen verloren. Er hat uns den

Leitspruch: „Zuerst bin ich ein Pianner, dann

ein Tiroler, dann ein Österreicher und dann

erst ein Europäer“ mitgegeben. Nach dieser

Reihenfolge war und ist all sein Handeln aus-

gerichtet. Wir sind der Spezialist für Tiroler

Speck, Braten und Schinken sowie Rohwurst

und tragen diese regionalen Spezialitäten

von Pians/Tirol hinaus in die ganze Welt.

Was sind die Herausforderungen dabei? CHRISTIAN HANDL: Wir sagen immer: Wir

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„Speck wurde früher nur in Tirol gegessen. Nicht einmal die

Vorarlberger kannten den Speck in dieser Form.“

KARL HANDL

Paradeprodukt. Mit Tiroler Speck in allen Variationen ist das Unternehmen groß geworden.

Page 37: Der Tiroler Bergsommer

37

Kompetente Beratung rund um Aus- und Weiterbildung

im Tourismus – einfach – schnell – kostenlos:

Telefon: 05 90 90 5 - 1215

E-Mail: [email protected]

Internet: WKO.at/tirol/tourismus

Zum Touristiker geboren?

kommen beide nach Rom. Ich fahre über

den Brenner, weil es schneller geht. Er fährt

über den Reschenpass, weil er mehr Zeit

hat. Aber wichtig ist nur, dass wir in Rom

ankommen. Wichtig scheint mir, wenn ein

Ziel angestrebt wird, wie beim Bergsteigen,

dass der Berg mit Bedacht gewählt wird und

alle einverstanden sind, dieses Ziel erreichen

zu wollen.

KARL HANDL: Und wenn man am Seil

geht, muss man sich vorher absprechen.

CHRISTIAN HANDL: Genau! Wir Tiroler

dürfen die Tradition nicht vergessen, das

versuchen wir auch unseren Mitarbeitern

zu vermitteln. Es ist nicht immer einfach,

alle auf einen Weg einzustimmen. Aber

wir dürfen unsere Wurzeln nicht verges-

sen. Aber in Nostalgie untergehen, nützt

auch nichts.

Welche Charakterzüge haben Sie Ihren Söhnen mitgegeben? KARL HANDL: Be-

scheidenheit und Dankbarkeit. Das The-

ma Qualität liegt bei uns in den Genen,

wie mein Vater schon bewiesen hat. Die

Neugier auf Neues und die Aufgeschlos-

senheit dafür hat Christian von mir. Dafür

ist Markus mit Zahlen und Zi� ern gut

aufgestellt und kann mit Menschen sehr

gut umgehen. Das hat er von meiner Frau

Christl geerbt. Meine Frau war immer für

die Zahlen und die Mitarbeiter zuständig.

Deshalb wurden wir 1995 auch als erster

familien- und frauenfreundlicher Betrieb

in Tirol ausgezeichnet. Das soziale Gewis-

sen haben unsere Söhne mitbekommen

und das Verständnis für wirtschaftliche

Zusammenhänge.

CHRISTIAN HANDL: Wir haben auch einen

Sozial- und Hilfsfonds, mit dem die Firma

unbürokratisch und schnell lokal in der Re-

gion Hilfe leistet. Auch bei der Bruderschaft

St. Christoph sind wir sehr engagiert.

Sie haben aus einer kleinen Dorfmetz-gerei ein erfolgreiches Unternehmen gemacht, eine Familie, Söhne, die die Firma weiterführen, soziale Projekte und sind ein angesehener Geschäftsmann. Worauf sind Sie stolz? KARL HANDL: Das

ist alles relativ. Ich bin froh und dankbar,

dass ich so viel Glück hatte und so viel

scha� en konnte. Es ist einiges passiert

in den vergangenen Jahrzehnten. Die

Schicksalsjahre unserer Familie begannen

1948 mit dem frühen Tod meines Vaters

vor meinem Großvater. Meine Mutter hat

den Deszendentenbetrieb mit Hilfe eines

Geschäftsführers für mich erhalten. Da ist

schon ein großes Verantwortungsgefühl

bei mir gewachsen, das alles weiterzufüh-

ren. Es freut mich, dass wir heute zu den

führenden Betrieben des Landes zählen

– aus so einem kleinen Dorf wie Pians.

Was ist Luxus für Sie? KARL HANDL: Das

hat jedenfalls für mich nichts mit Materi-

alismus zu tun.

CHRISTIAN HANDL: Zeit zu haben für sich,

die Familie und eigene Interessen. Der

Speck dreht sich relativ langsam. In ande-

ren Bereichen dreht sich das Hamsterrad

allerdings schneller. Ich würde gern öfter

im entschleunigten Rad sein.

Haben Sie eigentlich ein Lieblingsprodukt? KARL HANDL: Der Karree-Speck! Schopfsei-

tig! Aber so ein gutes Hauswürstl mag ich

schon auch sehr gern.

CHRISTIAN HANDL: Ich mag eigentlich al-

les. Beim Speck besonders den hüftseitigen

Schinken- und Karree-Speck.

Was würden Sie sich für die Zukunft wün-schen? KARL HANDL: Gesundheit, Zufrie-

denheit mit dem, was ich bin, was ich hab’.

Was will ich noch mehr? Der Betrieb läuft

gut, die Söhne mit ihren Familien wohnen

neben uns, wir sind gesund. Dankbarkeit

brauch ich mir nicht zu wünschen, dank-

bar bin ich schon. Der dritte ist ein großer

Wunsch: Dass die verantwortlichen Ent-

scheidungsträger Tirols und Österreichs

ihre Entscheidungen so tre� en, dass sie

zum Wohle aller dienen. Nicht nur ihren

Interessensgemeinschaften. Dann ma-

chen ihre Entscheidungen Sinn. Und man

will doch, dass das Leben Sinn macht.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

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Familienporträt. Christl und Karl Handl mit den Söhnen Christian und Markus (links)

Page 38: Der Tiroler Bergsommer

38 SAISON

MAGAZIN

Es war eine Flucht, damals.

Daraus macht Maren Krings

kein Geheimnis. Die 32-jähri-

ge Fotografi n steckte in einer berufl ichen

Krise. Eine Kreative, die nicht mehr kreativ

sein konnte. Vor vier Jahren hatte sie sich

selbstständig gemacht und ihre Karriere

nahm gerade richtig Fahrt auf. „Ich hatte

riesengroße Projekte am Laufen, und wie

das so ist bei solchen Projekten, läuft nicht

immer alles rund. Je mehr mich die Bü-

rokratie aufgefressen hat, desto weniger

konnte ich mich auf meine Jobs kreativ

vorbereiten.“

Die junge Frau fl üchtet in die Ber-

ge, genauer gesagt auf eine abgelegene

Melk alm in den Kitzbüheler Alpen auf 1.700

Metern Höhe, die sie für einen Almsommer

allein bewirtschaftet. 19 Kühe und 24 Jung-

tiere müssen täglich versorgt, gemolken,

auf die Weide gebracht werden. Der Stall

muss ausgemistet werden, die Zäune ge-

wartet und umgesteckt und die Milch ins

Tal gebracht. Ein Fulltimejob statt Heidi-

Romantik.

„Im Butterbrot gelandet“. Der Tag

begann meist um drei Uhr morgens und

endete gegen elf Uhr abends. „Das ist mir

mein ganzes Leben lang noch nie passiert,

aber auf der Alm ein, zwei Mal, dass ich mit

dem Gesicht im Butterbrot gelandet bin,

weil ich einfach eingeschlafen bin“, lacht

die junge Frau aus Deutschland. Ihr erster

Almsommer ist mittlerweile drei Jahre

her, es folgte ein zweiter. Aus den Erfah-

rungen dieser beiden Sommer entstand

ein 120-seitiger Fotoband mit dem Titel

„Echt Tirol – echt oimerisch“. Er spiegelt

humorvoll Krings Eindrücke und Einblicke

in das alltägliche, oft harte Leben der „Al-

mer“, ihr Zusammenleben mit den Tieren,

ihre tiefe Verbundenheit mit der Natur und

ihren Lebewesen wider. Das Besondere an

Krings Arbeiten ist, dass sie nicht aus der

Perspektive der Besucherin, sondern aus

der der Eingeweihten entstanden.

Zwischen Tradition und Moderne. Im Bildband kommen bekannte Klischees

wie der Strauß bunter Almblumen oder das

idyllische Bild der weidenden Kühe vor den

schro� en Felsmassiven genauso vor wie

weniger abgegri� ene Impressionen. Die

auf Fotodokumentationen spezialisierte

Künstlerin zeigt das Leben auf der Alm,

wie es heute ist, und verschweigt nicht,

dass auf über 1.500 Metern das 21. Jahr-

hundert inzwischen Einzug gehalten hat.

Eine Satellitenschüssel hängt über einem

Die Deutsche auf der AlmDie Fotografi n Maren Krings hat sich für zwei Sommer auf eine Melkalm in den Kitz-büheler Alpen zurückgezogen, die sie zum Teil allein bewirtschaftete. Der in dieser Zeit entstandene Bildband „Echt Tirol – echt oi-merisch“ gibt intime Einblicke in das Leben der Menschen auf den Almen, wie es heute ist – festgehalten von einer Eingeweihten.

VON SONJA K AINZ

Page 39: Der Tiroler Bergsommer

39

hunderte Jahre alten Almgebäude, ein

Almer mit traditionellem Hut spricht in

sein knallrotes Handy und mitten im un-

bewohnt anmutenden Schönwiestal wird

eine Slackline gespannt.

„Warum sollten die Almer nicht

genauso die Annehmlichkeiten des 21.

Jahrhunderts genießen, wie jemand, der

im Tal lebt?“, fragt die Ex-Sennerin. Das

Ergebnis sind intime Einblicke in eine Welt

zwischen Tradition und Moderne, wie sie

sich nur jemandem erschließen, der die

Zeit hat, mehr als nur einen fl üchtigen Blick

auf diesen Sehnsuchtsort zu werfen.

Ein Almsommer verändert. Vom

21. Jahrhundert bekam Krings während ih-

res ersten Sommers auf der Unterschnapp-

alm jedenfalls nicht viel zu spüren. Die

200 Jahre alte Hütte, in der die 32-Jährige

„Je mehr mich die Bürokratie aufgefressen hat, desto weniger konnte ich mich auf meine Jobs kreativ vorbereiten.“MAREN KRINGS, FOTOGRAFIN

von Juni bis Ende September lebte, war

spartanisch. Kein Strom, eine Türe ohne

Schloss und wenn sie es warm haben

oder sich etwas zu essen kochen wollte,

musste erst einmal eingeheizt werden.

Ein Unterfangen mit gewissen Tücken,

wie sich herausstellte. Wenn man es nicht

richtig anging, blieb der Herd kalt und die

Stube füllte sich stattdessen mit dichtem

Qualm. Mehr als einmal hieß es dann ein-

fach hungrig schlafen gehen.

Die harte Arbeit auf der Alm brachte

Krings außer Schwielen, Blasen, Schnitten,

Beulen und Quetschungen aber noch et-

was anderes. „Ich hatte seit langem wieder

einmal das Gefühl, ich habe etwas produ-

Aufbruchstimmung. Ein besonderes Foto gelang Maren Krings beim Almabtrieb, für den alles sehr

früh auf den Beinen sein musste.

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Page 40: Der Tiroler Bergsommer

40

ziert. Du hast nicht drei Kunden akquiriert,

bei denen du nicht weißt, ob du tatsächlich

auch mal einen Job von ihnen bekommen

wirst, sondern du hast drei mal 25 Liter

Milch gemolken – und die sind abgeliefert

worden.“ Kleine Dinge wie ein heißer Ka� ee

wurden plötzlich zu etwas Besonderem.

Maren Krings glaubt, dass sie die Zeit

in den Bergen für immer verändert hat. „Man

geht nicht auf die Alm, kommt zurück und

wird wieder der Gleiche oder die Gleiche“.

Was sie unter anderem aus dieser Zeit mit-

genommen hat, ist eine tiefe Wertschätzung

für die Arbeit der Almer. Sie werde oft sehr

abgewertet, aber jeder, der sie einmal selbst

gemacht habe, wisse, dass außer Kraft auch

eine Menge Technik und Erfahrung nötig

seien, um sie zu verrichten, sagt Krings.

Der Geist auf der Kuntlalm. Die

Menschen, die auf der Alm leben, ha-

ben auch viel dazu beigetragen, dass der

Bildband zu dem geworden ist, was er ist.

„Dieses Buch hätte ohne ihre Unterstützung

nie in dieser Form entstehen können.“ Sei es

dadurch, dass sie der Fotografi n den Weg zu

entlegen Plätzen zeigten, sie mit dem Auto

hinbrachten, wenn der Weg innerhalb eines

Tages nicht zu bewältigen war, oder indem

sie ihr einfach uralte Geschichten vom Alm-

leben erzählten wie beispielsweise die vom

Geist auf der Kuntlalm.

Richtig mit den Einheimischen gefühlt

hat sie, als eine Gruppe Touristen plötzlich

mitten in ihrer Stube stand und sich neugierig

umschaute, während Krings ihren „heiligen“

Mittagsschlaf hielt. „Entschuldigung, aber

wenn ich in Frankfurt durch die Stadt geh,

renn ich auch nicht in jeden Haushalt und

stell mich mal eben in die Küche“, bekamen

die ungebetenen Gäste von ihr in reinstem

Hochdeutsch zu hören, was für verdatterte

Blicke und ein kleinlautes „Nein, würden

wir nicht“ sorgte. Krings will mit ihrem Buch

auch für mehr Achtsamkeit und Sensibilität

für die Almen und ihre Bewohner plädieren,

die sie von vielen Seiten bedrängt sieht. ×

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ZUR PERSONMaren Krings wurde 1980 in Erbach in Deutschland geboren. Nach einem internationalen Frei-willigendienst in Mittelamerika und Europa begann sie am Savannah College of Art and Design in den USA Fotografi e zu studieren. 2005 kehrte sie nach Deutschland zurück und machte sich in Thüringen als freischa� ende Fotografi n selbstständig. Seither begleitet sie fotografi sch hu-manitäre Hilfsprojekte in Mittelamerika und hat das zwischen Kunst und Sozialem vermitteln-de Projekt „WE AR´T“ ins Leben gerufen. Krings fotografi ert unter anderen Reportagen für das Magazin „Servus in Stadt und Land“ und ist außerdem Dozentin in Frankfurt, Weimar und Suhl. Sie lebt in Deutschland und in Westendorf in Tirol. Für ihr Engagement im humanitären Bereich wurde sie mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.

DAS BUCH„Echt Tirol – echt oimerisch“, 120 Seiten, erschienen im Eigenverlag.

Es ist ab 10. Mai erhältlich und kann direkt über Maren Krings bestellt werden. Der Ö� entlichkeit wird es am 23. Mai im Art Depot in Innsbruck vorgestellt.

[email protected]

Almleben. Die Fotografi n stellte sich der Herausforderung, eine urige Alm zu bewirtschaften. Ein Fulltime-Job ohne Heidi-Romantik.

„Ich hatte seitlangem wieder einmal das Gefühl,ich habe etwas produziert.“

Page 41: Der Tiroler Bergsommer

41

D ie Tirol Werbung verfügt über

einen umfangreichen Wissens-

schatz in den Bereichen Tou-

rismusmarketing und touristische Märkte“,

erklärt Dr. Michael Brandl, Prokurist der Tirol

Werbung. „Dieses Wissen möchten wir zu-

gänglich machen.“ Aus diesem Grund ent-

stand bereits 2009 in Kooperation mit dem

MCI Tourismus eine Internetplattform, auf

der Statistiken, wissenschaftliche Aufsätze

und zahlreiche tourismusrelevante Daten zu

fi nden sind. Das Feedback war positiv: Bis

Anfang 2011 registrierten sich über 1.500

Benutzer, hauptsächlich Studenten (24 %),

Personen aus der Hotellerie (19 %), den

Tourismusverbänden (16 %) und aus dem

Bereich Marketing und Consulting (10 %).

„In erster Linie möchten wir den Tiro-

ler Tourismus servicieren und qualifi zieren“,

so Brandl, „das Wissen über Zielgruppen,

Märkte, Online-Marketing, aber auch über

die touristischen Strategien Tirols ist wichtig

für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im

Tourismussystem Tirol.“

Der Inhalt der Plattform kommt von

Tirol Werbung und MCI gleichermaßen,

ein eigenes Redaktionsteam, bestehend

aus Mitarbeitern der beiden Institutionen,

ist verantwortlich für den Inhalt. „Das MCI

ist zuständig für die Bereiche Online-Mar-

keting, Innovation und Forschung. Wir stel-

len die Statistik und die Daten zu Märkten,

Themen und Zielgruppen zur Verfügung“,

erklärt Kathrin Rauch aus dem Team Tou-

rismusforschung in der Tirol Werbung und

Redaktionsmitglied von TTR.

Interaktiv und übersichtlich. Im Jahr 2011 begann das Team mit einer

umfassenden Weiterentwicklung. „Wir

haben eine aufwändige Nutzerbefragung

und eine Usability-Studie durchgeführt“,

erklärt Klaus Schwarzenberger vom MCI

Tourismus, der als Projektmitarbeiter für

die technische Umsetzung verantwortlich

ist. Die Seite zeigt sich nun übersichtlicher,

mit weniger Menüpunkten und einer ver-

lässlichen Suchfunktion. „Wir haben uns

entschieden, die Seite komplett neu zu

entwickeln“, erzählt Schwarzenberger.

Seit 1. März ist der überarbeitete

TTR online – mit erweiterten Inhalten und

neuem Design. „Aus den Zugri� sdaten

wissen wir, dass sich die Nutzer vor allem

für die Zahlen interessieren“, erläutert

Klaus Schwarzenberger.

Das TTR-Team von Tirol Werbung und

MCI Tourismus ist besonders stolz auf die

interaktiven Statistiken. „Diese ermögli-

chen es, Entwicklungen im Zeitverlauf

anschaulich darzustellen und zu verglei-

chen, zum Beispiel die verschiedenen

Herkunftsmärkte“, erklärt Kathrin Rauch.

Die Menüführung wurde vereinfacht,

auch die Suche mittels Tags (Schlagwor-

ten) ist nun möglich. Ein Begri� sglossar

erleichtert den Nutzern das Verständnis

komplexer Inhalte. ×

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„In erster Linie möchten wir den Tiroler Tourismus servicieren und qualifi zieren.“ DR. MICHAEL BRANDL, PROKURIST DER TIROL WERBUNG

Tourismuswissen auf einen Klick Rund 1.500 registrierte Benutzer recherchierten touristisches Basiswissen auf der Wissensplattform TTR Tirol Tourism Research. Nun wurde diese umfassend weiterentwickelt.

VON S YLVIA A INE T TER

Die Registrierung ist kostenlos auf www.ttr.tirol.at möglich.

Page 42: Der Tiroler Bergsommer

italienische Gast ist anspruchsvoll, aber

nicht kleinlich“, sagt Gebhard Schöpf. Ein

missverständlich verwendetes Vokabel

löse eher ein Schmunzeln aus als Bestür-

zung. Gebhard Schöpf muss es wissen,

schließlich bewegt er sich seit fünfzehn

Jahren am italienischen Markt.

Wichtige Mundpropaganda. Der

Tourismusverband Stubaital schloss

sich 1995 mit anderen Tiroler Verbän-

den zur „Gruppo Italia“ zusammen, um

gemeinsam auf dem stark organisierten

Reisemarkt aufzutreten. Der Alpenverein

und viele Sportvereine sind gewachsene

Netzwerke, die bis heute stark genutzt

die Genuesen nach einem Regelverstoß

zum Abstieg in die zweite Liga gezwungen

waren, wurden sie in Tirol umso freudiger

empfangen.

Inzwischen ist Pasta ein fi xer Gang

in der Menüabfolge, mit der die Fuß-

baller ihre Kohlehydratspeicher beim

Trainingslager im Stubaital au� üllen. Der

Koch spricht längst italienisch, zwar nicht

grammatikalisch perfekt und auch nicht

ohne Akzent, aber das sehen ihm die

Gäste nach, die von den Einheimischen

als „die Unsrigen“ bezeichnet werden. Und

die Italiener haben sich daran gewöhnt,

dass nördlich des Brenners alles ein

bisschen anders läuft als zu Hause. „Der

42 SAISON

MAGAZIN

Das Leben ist schön in TirolReisemarkt Italien. Das neue Sparpaket in Italien könnte dem Nordtiroler Tourismus zu Gute kommen.

VON JANE K ATHREIN

W ir wollen pasta, pas-

ta cruda. Nudeln

ohne Sauce“, sollen

die Vertreter des FC Genua nach einem

harten Besichtigungstag im Stubaital

beinahe gefl eht haben. Die Nudeln, die

wenig später auf ihren Tellern landeten,

waren weder zu hart noch zu weich. Al

dente. Gerade richtig. Die Pasta soll dem

Ort Neustift letztlich auch den Zuschlag

für das Trainingslager gebracht haben.

Gebhard Schöpf vom Tourismusverband

Stubai Tirol erinnert sich schmunzelnd an

den Beginn dieser Freundschaft vor acht

Jahren. Gemeinsam habe man Höhen

und Tiefen durchlebt. Nachdem etwa

Stimmungsmache. Im Rahmen von Pressereisen bringt die Tirol Werbung italienischen Journalisten die Vorzüge Tirols näher.

ITALIEN

Page 43: Der Tiroler Bergsommer

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werden. Mundpropaganda ist auch im

Web-2.0-Zeitalter einer der wirksamsten

Werbekanäle. „Verwandte und Freunde,

die daheim geblieben sind, werden schon

während des Urlaubs über die Eindrücke

am Laufenden gehalten“, so Schöpf. Über-

zeugt das Angebot kommen die Gäste im

nächsten Jahr mitsamt den Freunden und

der Familie wieder.

Tirol steht in Italien für angeneh-

mes Klima, schöne Natur, Wohlbefi nden.

Standortvorteile, die Reisende hauptsäch-

lich aus dem wirtschaftlich starken, italie-

nischen Norden schätzen. Die Italiener

ziehen sich vor der Sommerhitze in die

Alpenregion zurück, besonders im Monat

August kann Tirol mit einem guten Preis-

Leistungs-Verhältnis punkten. Zugleich

ist Urlaub daheim bei den Italienern nach

wie vor beliebt. Viele Italiener haben einen

Zweitwohnsitz, entweder am Meer oder in

den Bergen. Ein Blick in die Statistik zeigt:

Im Sommer 2011 hatte Tirol ein leichtes

Minus an Buchungen aus Italien hinzu-

nehmen. Müssen die Tiroler in Zukunft

mit weiteren Rückgängen rechnen?

„Jetzt erst recht“. „Der Urlaub an

sich wird nicht in Frage gestellt, er wird

wohl etwas kürzer ausfallen und das

Preisbewusstsein wird steigen“, ist Esther

Wilhelm, verantwortliche Marktleiterin für

Süd- und Westeuropa, überzeugt. Das

italienische Unternehmertum sei Krisen

gewohnt und wisse damit umzugehen.

Italien ist eines der europäischen Länder

mit der niedrigsten Privatverschuldung.

Große Zuwächse sind in einem gesättig-

ten Markt wie Italien, dessen Bevölkerung

zurzeit große Steuerlasten auferlegt wer-

den, kaum zu erwarten. „Aber ich denke,

dass man die Zahlen auch aufgrund der

aktuellen Entwicklungen halten wird kön-

nen. In Italien gibt es bei vielen auch die

‚Jetzt erst recht‘-Mentalität.“

Italiens Regierungschef Mario

Monti hat der Steuerhinterziehung und

dem Schwarzgeld den Kampf angesagt.

Im Rahmen des Sparpakets wurden zu-

letzt Barzahlungen von mehr als 1.000

Euro verboten. Rechnungen über 1.000

Euro dürfen nur noch mit Kreditkarte

oder Banküberweisung bezahlt werden.

Wirten, die trotzdem mehr als 1.000 Euro

in bar kassieren, drohen saftige Strafen.

Razzien der Steuerfahnder wie zu Jahres-

beginn im Nobelskiort Cortina d’Ampezzo

schrecken die Gäste ab. Der Tourismus in

Nordtirol könnte von diesen Maßnahmen

profi tieren. Tatsächlich berichten Tiroler

Hoteliers von einem Zulauf italienischer

Gäste, die bar bezahlen. ×

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„Der Sommerurlaub ist dem Italiener heilig. Wenn er spart, dann bei der Aufenthaltsdauer und den Zusatzausgaben.“ ESTHER WILHELM, HEAD OF MARKETINGSÜD- UND WESTEUROPA

KONTAKTEsther WilhelmHead of Marketing – Süd- und WesteuropaTel. 0512/[email protected]

REISEMARKT ITALIEN IN ZAHLEN:

DER TYPISCHE ITALIENISCHE GAST: ist mit

durchschnittlich 44 Jahren ein junger Tirol-

Gast und reist vorwiegend mit der Familie.

HERKUNFTSREGION: italienischer Norden.

AUFENTHALTSDAUER: 3,8 Tage im Sommer,

2,6 im Winter.

BEVORZUGTE URLAUBSUNTERKUNFT: 44 %

buchen in der 4- und 5-Sternkategorie

(Tirol gesamt 34 %).

WINTERAKTIVITÄTEN: 2/3 der Gäste fahren

Ski. Platz 12 im Quellmarktranking. 56 % be-

suchen die Weihnachtsmärkte.

SOMMERAKTIVITÄTEN: 83 % wandern, danach

folgen Radfahren und Mountainbiken. Tirol ist für

Italien eine klare Sommerdestination. Hoher An-

teil an Familien mit Kindern unter 14 Jahren. Itali-

en rangiert auf Platz 5 im Quellmarktranking.

ANREISE: 90 % reisen mit dem eigenen Pkw

nach Tirol. Keine direkte Flugverbindung. DB

und ÖBB haben Zugverbindungen in Italien

als Konkurrenz zur Trenitalia aufgebaut.

BUCHUNGSGEWOHNHEITEN: ein bis zwei

Monate vor Reiseantritt. 70 % buchen direkt

beim Vermieter.

INFORMATIONSQUELLE: hoher Infobedarf.

Internet als die wichtigste Informationsquelle

(48 %), persönliche Empfehlungen. Jeder drit-

te Italiener ist mit dem Socialnetwork Face-

book verbunden.

TAGESAUSGABEN: im Winter € 147,-, im Som-

mer € 104,-.

HAUPTREISEZEIT: 45 % der Nächtigungen ent-

fallen auf den Monat August, mit 11,5 % liegt

der Juli an zweiter Stelle. Mit Fixpreisen, die im

August garantiert werden, könnte man punk-

ten. Stärkster Wintermonat: Dezember, 11 %.

MARKTANTEIL: Trentino (35 %), Südtirol (17 %),

Schweiz (8 %), Tirol (4 %)

REISESTRÖME: 38 % der Italiener, die im

Sommer Österreich besuchen, fahren

nach Tirol. Kärnten (19 %), Wien (18 %).

NÄCHTIGUNGSZAHLEN 2010/2011: 1,05 Mil-

lionen (-4 %): 729.428 im Sommer (- 3,9 %),

324.850 im Winter (-4,1 %) – das Minus er-

gibt sich aus der sinkenden Aufenthalts-

dauer. Vorläufi ge Statistik für den Winter

2011/2012: + 1,8 %. Der Trend geht wei-

ter nach oben. Generelle Steigerung der

Nächtigungen in den letzten fünf Jahren

im Sommer: + 4,9%. Tirol liegt eindeutig

vor den Mitbewerbern Kärnten und Salz-

burger Land.

REISEVOLUMEN: Urlaub im eigenen Land –

23 Millionen Nächtigungen im Trentino.

Page 44: Der Tiroler Bergsommer

44 SAISON

MAGAZIN

Museen für die OhrenMit zwei Ausstellungen zum Thema Hören holen die Tiroler Landesmuseen Musik und Ton in die sonst meist stillen Hallen von Tiroler Volkskunstmuseum und Museum im Zeughaus. Die einen beschäftigen sich ab Mai 2012 mit der Geschichte der Signaltöne, die ande-ren mit „Musik aus der Dose“. Man höre und staune!

VON ES THER PIRCHNER

Zeugnis früher Signaltöne: geschnitzte Groteskfi gur aus

dem 18. Jahrhundert

Claudia Sporer-Heis hält im Zeughaus Musikautomaten

aus zwei Jahrhunderten bereit.

Herlinde Menardi begibt sich im Volks-kunstmuseum auf die Spur von Signaltönen.

In der Sammlung Louis Holzer fi nden sich eine automatische Ziehhar-

monika sowie Grammo-phone im Erwachsenen-

und Kinderformat.

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Page 45: Der Tiroler Bergsommer

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MUSIK AUS DER DOSE – DIE SAMMLUNG LOUIS HOLZERMuseum im Zeughausbis 27. Jänner 2013Di–So 9–17 Uhr

TON UM TONTiroler Volkskunstmuseum25. Mai bis 7. Oktober 2012Mo–So 9–17 Uhr

www.tiroler-landesmuseen.at

MITMACHEN UND GEWINNEN

Beantworten Sie die Gewinnfrage:

Wie heißt der Künstlerische Leiter der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik?

und nehmen Sie an der Verlosung teil:

• 1 Übernachtung für 2 Personen im 4-Sterne-Hotel Hilton Innsbruck (DZ)

• 2 Eintrittskarten für die Oper „La Stellidaura Vendicante“ von Francesco Provenzale am 10. 8. 2012 im Tiroler Landestheater

Um am Gewinnspiel teilzunehmen, füllen Sie bitte auf kultur.tirol.at unter „Gewinn-spiele“ das entsprechende Formular aus.

Einsendeschluss: 31. Mai 2012

H istorische Aufarbei-

tungen zum Thema

Hören stehen sowohl

im Tiroler Volkskunstmuseum als auch

im Zeughaus derzeit im Mittelpunkt des

Interesses, wenngleich die beiden Inns-

brucker Ausstellungshäuser dabei ganz

unterschiedliche Aspekte herausgegriff en

haben. Ähnlichkeiten fi nden sich in den

beiden Ausstellungen dennoch, denn

beide beschäftigen sich nicht nur mit der

Entwicklung der jeweiligen Schallquellen,

sondern auch damit, wie sich die Wahr-

nehmung der Töne und technischen Ge-

räte zur Klangerzeugung verändert. Nicht

zuletzt erlauben beide einen Blick in die

Geschichte.

Aufziehen und abspielen. Mit dem

Ankauf der Musikautomaten und -wie-

dergabegeräte, die der Osttiroler Louis

Holzer über viele Jahre zusammengetra-

gen hat, konnte der Verein Tiroler Lan-

desmuseum seine eigene Sammlung um

eine ganze Reihe solcher mechanischer,

elektrischer und elektronischer Apparate

erweitern. In den vergangenen Jahren

wurden sie einer umfangreichen Res-

taurierung unterzogen, wie die Kustodin

der historischen Sammlungen, Claudia

Sporer-Heis, berichtet. Jetzt erzählen die

Grammophone, Wurlitzer und Spieluhren

eine rund 200-jährige Geschichte der

„Musik aus der Dose“.

Das älteste Exponat, eine Schwarz-

wälder Spieluhr, stammt aus der Zeit um

1800 und ist ein Selbstspieler, erzeugt also

selbst die gehörte Musik. Seit der Erfi n-

dung von Edisons Phonographen wird

vor allem Aufgenommenes abgespielt.

Zudem bieten Schallplatten, Tonbänder,

Kassettenrecorder, CDs und schließlich

MP3-Player reichlich Stoff für nostalgische

Gefühle und historische Aha-Erlebnisse.

Kling, Glöcklein, … Im Tiroler Volks-

kunstmuseum zielt die kulturhistorische

Ausstellung zur Entwicklung der Signal-

töne, „Ton um Ton“, auf einen ähnlichen

Eff ekt ab. Schließlich spannt sie den

Bogen vom Waldtuter, einem einfachen

Blasinstrument, mit dem die Holzarbeiter

zum Essen gerufen wurden, bis hin zu

unterschiedlichen Handyklingeltönen.

Signaltöne jeder Art – von Kirchenglocken

über Handglocken der Wanderhänd-

ler oder Signalglocken bei Mühlen und

Waalen (Bewässerungskanälen) bis zu All-

tagstönen wie den Pieptönen von Eieruhr

und Mikrowelle ist hier alles vertreten, was

Gefahr anzeigt oder aus anderen Gründen

unsere Aufmerksamkeit erregen soll.

Dabei kommt es weniger auf die Art

der Signaltöne an, sondern vielmehr auf

eine emotionale Dimension des Hörens,

wie die Leiterin des Tiroler Volkskunstmu-

seums, Herlinde Menardi, erläutert. Sire-

nen werden von Menschen der Kriegsge-

neration mit Fliegerangriff en verbunden,

die Trillerpfeife hat auf dem Weg vom

Bahnwesen zu Demonstrationen einen

Bedeutungswandel erfahren, „unnötige“

Töne wie ein altmodisches Klicken bei

Handykameras werden eigens designt. In

allen Fällen zeigt sich jedoch die sozio-

kulturelle Konnotation von Signaltönen

und es wird spannend zu beobachten

sein, welche Töne der Ausstellung welche

Assoziationen wecken. ×

Barocke ReiselustDie Innsbrucker Festwochen der Alten Musik erleben heuer unter dem Motto „Schöne Fremde“ ihre 36. Aufl age.

GEWINNSPIEL

D ie Innsbrucker Festwochen der Alten

Musik packt von 8. bis 26. August die

Reiselust. Der Blick in die „schöne Fremde“ be-

schert den Besuchern zahlreiche Konzerte und

Veranstaltungen, die Barockmusik aus der gan-

zen Welt in den Mittelpunkt rücken. Zu hören

gibt es populäre und traditionelle Klangwelten

von Argentinien bis China. Auf dem Festwo-

chen-Programm stehen unter anderem vier

Opern, zwei davon werden vom Künstlerischen

Leiter Alessandro De Marchi vom Cembalo aus

geleitet. Nach der erfolgreichen Premiere der

„Barockoper:Jung“ im Vorjahr haben heuer aus-

gewählte Teilnehmer des internationalen Ge-

sangswettbewerbs für Barockoper die Chance,

ihre stimmlichen und stilistischen Fähigkeiten in

Claudio Monteverdis „L’incoronazione di Pop-

pea“ unter Beweis zu stellen.

Die US-amerika-nische Mezzoso-

pranistin Jennifer Rivera übernimmt

in „La Stellidaura Vendicante“ die

Titelpartie. © J

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Page 46: Der Tiroler Bergsommer

46 saison

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AISON: Herr Bramböck, wie haben Sie sich auf die Ver-tonung von Flann O’Briens

„Dritten Polizisten“ vorbereitet? Haben Sie den Roman gelesen? FLoRian BRaM-

BÖCK: ich habe drei anläufe gebraucht!

Da wirst ja narrisch! sprachlich hat es mir

extrem gut gefallen, aber diese Hinhalte-

taktik hat mich verrückt gemacht.

Warum haben Sie dann überhaupt dieses Buch ausgewählt? ich wollte nach „Hofers

nacht“ [die erste oper von Florian Bram-

böck, nach einem Libretto von alois schöpf,

anm.] gleich wieder eine oper schreiben

und habe Doris Happl, die am Landes-

theater als Regisseurin arbeitet und eine

erfahrene Dramaturgin ist, gefragt, ob sie

das Libretto schreibt. Unseren ursprüng-

lichen Plan, „Die drei saligen“ als stoff zu

verwenden, haben wir aufgegeben, weil

es ihr zu kitschig war. stattdessen hat sie

ihr Lieblingsbuch, „Der dritte Polizist“ von

Flann o’Brien, vorgeschlagen. Dass man

daraus ein Libretto machen kann, konnte

ich mir zwar anfangs nicht vorstellen, aber

sie hat das sehr gut hinbekommen. in der

oper geht es jetzt ziemlich flugs dahin. Es

ist alles aufs Wesentliche konzentriert, auf

einen durchgehenden Handlungsfaden.

Flann O’Brien ist immer noch ein Geheim-tipp. Können Sie uns erzählen, worum es im „Dritten Polizisten“ geht? Es geht um

einen Mord und seine aufklärung – wobei

das gegen Ende ja eigentlich nicht mehr

stimmt –, das Ganze vermixt mit skurrilen

ideen. Die oper ist sehr verdichtet und

unterhaltsam.

Bei „Hofers Nacht“ haben Sie historische Texte – Briefe, Protokolle und Ähnliches – vertont. Diesmal handelt es sich um einen Prosatext. Worauf kommt es bei einer musikalischen Umsetzung solcher Texte an? Man muss die sprachmelodie

herausfinden, was aber nicht schwierig

ist. Die schwierigkeit ist eher, der Melodie

Zeit zu geben, weil sonst die Hörer schnell

müde werden, und eine Fasslichkeit zu fin-

den, damit die sänger es sich auch merken

können.

Bei der arbeit am „Dritten Polizisten“ ha-

ben wir bemerkt, dass es im Libretto zwei

Von Fahrrädern, Mördern und PolizistenAm 6. Mai wurde in den Innsbrucker Kammerspielen die Oper „Der dritte Polizist“ von Florian Bramböck (Musik) und Doris Happl (Libretto) nach dem gleichnamigen Roman von Flann O’Brien uraufgeführt. Der Komponist sprach mit der SAISON über das so seltsame wie komische Werk.

Da s IntervIew führte es ther PIrchner .

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Komponist Florian Bramböck mit Fahrrad – oder umgekehrt.

Page 47: Der Tiroler Bergsommer

47

szenen zu wenig gab und haben sie noch

ergänzt. Eine davon ist eine arie, die ser-

geant Fox im Gefängnis singt, da haben wir

ihn de selbys Theorie von den Fahrrädern

singen lassen.

Man braucht zwischendurch arien,

etwas, in dem die Musik im Vordergrund

steht, sonst wird es langweilig. in der Mord-

nacht gibt es zum Beispiel eine gemeinsame

szene, die sich sehr gut dafür geeignet hat.

Die Romanvorlage zieht viele ihrer Qua-litäten aus dem schrägen Humor Flann O’Briens. Muss man dazu eine lustige Musik schreiben? Mich hat vor allem in-

teressiert, die Doppelbödigkeit des stoff s

umzusetzen – etwas, was zum Beispiel

Benjamin Britten in „Turn of the screw“

perfekt gemacht hat. ich war auch bei

„Jenúfa“, der Janáček-oper, die derzeit

am Tiroler Landestheater läuft, überrascht,

dass viele tragische szenen in Dur gesetzt

sind. Durch diesen Gegensatz wird das

Tragische oft sogar noch verstärkt.

Können Sie uns dazu Beispiele aus dem „Dritten Polizisten“ nennen? Ja, wenn die

Hauptfi gur, Joe Mulrooney, in das Haus

geht, das später explodiert – eine bedroh-

liche situation –, oder wenn er gegen Ende

den Tischler nach dem Galgen fragt, den

dieser gerade zimmert, und feststellt, dass

der Galgen für ihn selbst bestimmt ist.

Nicht nur in diesen Szenen haben Sie die Musik verständlich angelegt. Gibt es auch Gassenhauer? ich glaube schon, zwei oder

drei, (singt:) „Und in dieser nacht/da schlug

unser Joe zu …“ Dieses Lied wird nach dem

Mord gesungen. Die Lieder, in denen die

Theorien von de selby erklärt werden, sind

recht fasslich. Dann gibt es ein Fahrradlied

mit Glocken (pfeift), das ist nett. Es kommt

jedes Mal vor, wenn ein Fahrrad auf die

Bühne kommt. Und dann gibt es ein Duett,

ein Tandemlied zwischen Joe Mulrooney

und sergeant Pluck, das ist fast wie das

Holzfäller-Lied von Monty Python.

Wie haben Sie das Orchester eingesetzt? Es wird hinter den akteuren auf der Bühne

sitzen, dadurch hört man von der instrumen-

talmusik mehr. Die Besetzung ist klein, alles

ist einfach besetzt: Holzbläser, drei Blech-

bläser, streicher, Klavier, schlagzeug. Für die

Gruselszenen haben wir ein Cembalo. Mehr

geht sich in den Kammerspielen nicht aus.

Hätten Sie lieber für ein größeres Orches-ter komponiert? ich hätte gerne mehr

streicher gehabt. in der einfachen Beset-

zung hört man, wenn die Bläser spielen,

die streicher nur mehr kraftvoll genug,

wenn man sie unisono spielen lässt. aber

ich möchte auf jeden Fall auch einmal

eine große oper schreiben. ich habe noch

nichts Bestimmtes geplant, aber das wird

sich sicher einmal ergeben.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie es in der Saison 2012/2013

„Wenn man etwas schreiben will, muss man

es einfach tun. Dann kann man immer noch ho� en, dass es jemand au� ührt.“

HUMORVOLLER „JOYCE“Der irische schriftsteller Flann o’Brien (1911–66) ist sozusagen die weniger ernst-hafte ausgabe von James Joyce. seine Romane, darunter „in schwimmen-zwei-Vögel“ und „Der dritte Polizist“, sind kom-plexe, verrückte Gebilde voller Witz und skurriler Einfälle. Berühmt sind auch seine satirischen Kolumnen für die „irish Times“.

DIE ATOMTHEORIE DE SELBYSim Roman „Der dritte Polizist“ beschäftigt sich die Hauptfi gur Joe mit den Theori-en des erfundenen Philosophen de selby. Dessen atomtheorie besagt, dass Gegen-stände, die fest aufeinanderschlagen, an den Kontaktfl ächen ihre atome tauschen, sodass nicht nur Hammer und amboss, sondern auch Mensch und Fahrrad (vor allem bei häufi gem Fahren auf holprigen Wegen) sich nach und nach zum jeweils anderen verwandeln: Der Mensch wird zum Fahrrad, das Fahrrad zum Menschen.

Erkennbar ist dies u. a. daran, dass sich Fahrräder gerne in der warmen stube auf-halten oder Menschen sich am Randstein anlehnen müssen, um nicht umzufallen. Um dem vorzubeugen, klauen die Polizis-ten im Roman vorzugsweise den eifrigsten Radfahrern regelmäßig die Fahrräder.

DER DRITTE POLIZISTEINE FAHRRADOPER VON FLORIAN BRAMBÖCKLibretto von Doris Happl nach Flann o’BrienMusikalische Leitung: Hansjörg sofkaRegie: Bettina MunzerVorstellungen: 10. und 18. Mai, 1., 10. und 22. Juni, 6. Juli 2012Tiroler Landestheater, Kammerspiele

www.landestheater.at

mit der neuen Leitung des Tiroler Lan-destheaters weitergehen wird. Mir wäre

wichtig, dass der neue intendant Johannes

Reitmeier jedes Jahr einen opernauftrag

an einen heimischen Komponisten vergibt.

Wobei ich gerne zugebe, dass ich mit zwei

Urauff ührungen bisher großzügig bedacht

worden bin. an der jetzigen oper hatten

wir allerdings ursprünglich ohne auftrag zu

arbeiten begonnen, sie wurde erst später

vom Landestheater übernommen.

Das zeigt, dass man, wenn man et-

was schreiben will, es einfach tun muss.

Dann kann man immer noch hoff en, dass

es jemand auff ührt.

Vielen Dank für das Gespräch. ×

Page 48: Der Tiroler Bergsommer
Page 49: Der Tiroler Bergsommer

49 SAISON

KOMMENTARE

Was verschenken Tourismusweltmeister?VON ALOIS SCHÖPF

Dörfer, wo es nichts gibt VON ERNS T MOLDEN

Alois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans.

Ernst Molden, 44, lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Für seine Alben und Bücher wurde er mehrfach ausgezeichnet. Demnächst erscheint seine neue Platte A SO A SCHEENA DOG (monkeymusic).

Der Nationalismus kann einem ganz schön das Hirn

verkleben, selbst wenn die Nation so klein und

harmlos ist wie die Tirolerische. Trotzdem reichte

das älplerische Überlegenheitsgefühl aus, dass ich

die einzige Sprache, die ich wirklich gebraucht

hätte, die italienische, niemals gelernt habe und im Übrigen

der Ansicht war, dass wir, die Deutschsprachigen, die größeren

Dichter und Denker haben als die „Walschen“, eine Arroganz, die

sich natürlich aus profunder und gottlob irgendwann behobener

Unbildung speiste.

Später dann, als wir auf Einladung eines Landeshaupt-

manns um einen Tisch herum saßen, um über die Tiroler Identität

nachzusinnen, und ein paar Häuser weiter die hohen Herren der

Landesbank davon zu träumen begannen, den Süden aufzurollen,

gerann das tirolerische Überlegenheitsgefühl zum Schlagwort,

nach dem EU-Beitritt mit den wunderbaren agrarischen Produk-

ten unseres Landes „der Feinkostladen Europas“ zu werden.

Inzwischen sind wieder Jahre ins Land gezogen und ich

darf als Leiter der Innsbrucker Promenadenkonzerte stolz ver-

melden, dass zum ersten Mal eine französische Militärmusik im

Innenhof der kaiserlichen Hofburg aufspielen wird und zwar die

Musique des Forces Aériennes de Bordeaux. Und genau darin

M ein letzter Artikel ist am Dorf, wie ich es liebe,

nicht ganz ungelesen vorübergegangen. Ein

Lokalpolitiker hat mir einen Brief geschrieben,

dass er den Text, in dem ich die Verbindung

unseres Dorfes mit dem Nachbarort via Skilift in Frage gestellt

habe, voll und ganz bejaht. Andere Bewohner, auch Freunde von

uns, haben indes den Kopf gewiegt. Einer von ihnen, den ich für

klug und sensibel halte, hat gesagt, er glaube auch, dass der Ski-

lift nicht wirklich etwas bringe, aber andererseits müsse man ja

„irgendwas“ machen. Das hab’ ich symptomatisch gefunden. Die

Angst vor dem Stillhalten, vor dem Rasten, weil einen ja irgendje-

mand oder irgendetwas überholen könnte, während man rastet,

und sei es die Zeit an sich. Etwas muss gemacht, gebaut, geplant,

irgendwohin muss fortgeschritten werden.

Das fi nde ich nicht. Bewegen muss der Mensch sich dann,

wenn er der Liebe folgt oder wenn er dem Schmerz weicht. An-

dernfalls ist das Verharren auch einmal eine super Option. Gerade

war ich im Burgenland, für Plattenaufnahmen. Das Dorf, in dem

sich in einer uralten Mühle das Studio befand, war ganz  still.

Aber nicht fad. „In Dörfern, wo es nichts gibt, da bin ich gern

zuhaus“, singt der Nino aus Wien. Wenn die Arbeit vorbei war,

liegt das Problem. Es ist nämlich eine Gepfl o-

genheit, dass wir dem Dirigenten und dem Ma-

nager eines Orchesters nach dem Konzert ein

kleines Erinnerungsgeschenk überreichen. Das

kann ein Buch sein, was bei Franzosen aufgrund

der Sprache keinen Sinn ergibt. Oder eine CD?

Aber von welchem berühmten Tiroler Orchester? Es könnte aber

auch Wein sein. Einen solchen allerdings Leuten zu überreichen,

die aus dem Mekka der weltbesten Weine kommen, grenzt an

Verblendung.

Seit Monaten belästige ich meine Landsleute

daher mit der Frage: Was kann man Bordelai-

sen schenken? Na klar! Ein Schnapsl, das hört

man gleich einmal. Oder einen Speck! Auch

gut! Oder eine Kramsacher Prügeltorte! Oder

Edelsirups von Darbo! Oder Käse aus dem Zillertal, hergestellt aus

Heumilch! Denn so unerschöpfl ich die Köstlichkeiten sind, die

in Bordeaux erfunden wurden, der Käse wird seit Jahrhunderten

importiert. Sollen sie einmal den aus Tirol probieren!

Dennoch bleibt es als zwischensaisonale Meditation

höchst empfehlenswert: Wenn Sie sich einen Premier Cru de

Chateau Latour um 1.000 € nicht leisten wollen, trinken Sie ei-

nen Chateau Lynch Bages um 100 € und denken angesichts des

köstlichen Saftes an unser herrliches Landl. Bescheidenheit hat

nämlich noch selten geschadet. ×

gingen der Produzent und ich in unser Quartier

im Haus eines Weinbauern. Dort war es kalt, aber

die Bäuerin brachte uns unglaubliche  Würste

und wies mit einer vagen Handbewegung auf

ein Dutzend Flaschen, aus denen wir trinken

durften, solange wir „a Kreizerl fi a jeds Ochtal“

machten. Ohne Alkoholiker zu sein, kann ich

diesem Leben etwas abgewinnen.

Wenn grad nicht gearbeitet wurde, blieb uns nichts außer

spazieren zu gehen. Durch eine struppige Vorfrühlingslandschaft

aus Ocker, Gelb und Braun mit winzigen hellgrünen Spitzen. Wenn

wo ein Hund bellte, war das ein Ereignis. Unser Winzer sagte uns,

dies sei eine vom Herrgott geliebte Gegend. „Mia hom ollas, olle

Baam und olle Viecha. Aussa Hirsch‘. Oba wer braucht an Hirsch?“

Wer eine solche gelassene Zuneigung zu

seiner ureigenen Landschaft bewahrt hat,

scheint stillzustehen, und er bewegt sich

doch. Die Arbeit des Landes färbte auf unsere

Arbeit im Studio ab. Die Lieder wurden ruhig,

karg und trotzdem auf eine Weise groß.

Einmal, am Sonntag, kriegte ich abends Gusto

auf Kekse. Ich stieg ins Auto und fuhr durch die hereinbrechende

Nacht auf der Suche nach einer Tankstelle, wo ich shoppen wollte.

Aber ich fand keine, wenigstens keine zum Konsumieren. Daheim

beim Winzer bissen der Produzent und ich jeder nachdenklich in

ein Stück Wurst. ×

„Seit Monaten belästige ich meine Landsleute daher mit der Frage: Was kann man Bordelaisen schenken?“

„Bewegen muss der Mensch sich dann, wenn er der Liebe folgt oder wenn er dem Schmerz weicht. Andernfalls ist das Verharren auch einmal eine super Option.“

© B

ÖH

ME

Page 50: Der Tiroler Bergsommer

50 SAISON

NACHGEFRAGT

DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Vancouver, Insel Rügen, Wachau

DER SCHÖNSTE WANDERWEG TIROLS: Adlerweg

DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: Pioniergeist (der leider nachlässt), Gastfreundschaft, das Tirolerische

DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: Mangelnde Kundengesinnung, Verbauung der Natur

DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Winterkompetenz, Berge, Almen und Hütten

DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Servicequalität, wenig Innovationen

DIE BESTE WANDERBEGLEITUNG IST: Tiroler Berg(wander)führer

DIE BESTE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE: Wieder Barfußgehen und den Boden stärker fühlen mit Fivefi ngers

LETZTER URLAUB (WANN UND WO?): Gardasee – Mai 2011

ICH LERNE VON ... Anderen Menschen

ICH ENTSPANNE MICH BEIM ... Wandern, Laufen, Kajakfahren

DAS BESONDERE AN TIROL IST ... seine Vielfalt, Natur- und Kulturlandschaft

DEM SOMMERTOURISMUS FEHLT ... Die gleiche Willens- und Investitionskraft wie im Winter, eine gute

Vernetzung zwischen Berg und Tal/Ort, stärkeres Image für die Berg(wander)führer

DAS SOLLTE KEIN TIROL-BESUCHER VERPASSEN ... Gipfelerlebnis, am besten mit Sonnenaufgang und Bergfrühstück

FÜR DIE ZUKUNFT TIROLS WÜNSCHE ICH MIR: Mehr nachhaltig entwickeln vs. neidisch verhindern

1 5 FR AG EN A N . . .

Petra Wol� hardt

Petra Wol� hardt ist Geschäftsführerin von WanderHotels*Tirol.

Page 51: Der Tiroler Bergsommer

Leopoldstraße 28, 6020 Innsbruck, T: + 43 512 578691, F: 573738, www.heuundstroh.comÖffnungszeiten: Mo - Fr: 9:00 - 18:00 Uhr, Sa: 9:00 - 13:00 Uhr

Erster Samstag im Monat: 09:00 - 17:00 Uhr

DER TRACHTENEXPERTE FÜR HEIMATVERLIEBTE

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Page 52: Der Tiroler Bergsommer

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