Detmold Flüchtlingsymposium 25.11.2015

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Seelische Gesundheit bei Flüchtlingen Dr. Ahmad Bransi Ärztlicher Geschäftsführe rund Direktor gpz Gemeindepsychiatrisches Zentrum GmbH Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Detmold Fachsymposium Medizinische Versorgung von Flchtlingen 25 November 2015

Transcript of Detmold Flüchtlingsymposium 25.11.2015

Seelische Gesundheit bei

Flüchtlingen

Dr. Ahmad Bransi Ärztlicher Geschäftsführe rund Direktor

gpz Gemeindepsychiatrisches Zentrum GmbH

Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik

Detmold

Fachsymposium

Medizinische Versorgung von Fluchtlingen 25 November 2015

Flüchtlinge

Menschen, die sich aus begrundeter Furcht vor

Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalitat,

Zugehorigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer

politischen Uberzeugung außerhalb des Landes befinden,

dessen Staatsangehorigkeit sie besitzen (Vereinte Nationen)

Viele haben traumatische Erfahrungen

gemacht...

...und leiden unter psychischen Erkrankungen

Flucht – Enorme psychische Belastung

Durch

Traumatische Erlebnisse in der Heimat

Fluchtweg

Leben im neuen Land

PTBS und Depression

Flüchtlinge (Weltweite Studien / Deutsche Studien) PTBS: > 20% 40 - 50%

Depression: mind. 20% ca. 50%

Deutsche Allgemeinbevolkerung PTBS 2,3 %

Depression 7,9 %

Flüchtlinge PTBS 8,7 – 20 Mal häufiger

Depression 2,5 – 6 Mal häufiger

Traumatische Erlebnisse

Situationen mit außergewöhnlicher Bedrohung oder

katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem

Menschen eine tiefe Verzweiflung hervorrufen

würden (WHO)

„Akzidentell“ und „Man made“

Man-made disasters“ fuhren haufig zu Folgestorung

40-50% nach Vergewaltigung, Krieg, Vertreibung, Folter

dagegen nur 10% nach Verkehrsunfällen

Traumatische Ereignisse bei Flüchtlingen

BPtK-Standpunkt

Psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen

Seite 4 von 25

2 Viele Flüchtlinge haben Traumatisches erlebt

Viele der Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, haben in ihrem Heimatland und

auf der Flucht traumatische Ereignisse erlebt. Die häufigsten traumatischen Erfahrun-

gen bei erwachsenen Flüchtlingen in Deutschland sind Studienbefunden zufolge, Ge-

walt gegenüber anderen miterlebt zu haben (70 Prozent), Leichen gesehen zu haben

(58 Prozent), Opfer von Gewalt geworden zu sein (55 Prozent) oder gefoltert worden

zu sein (43 Prozent) (Abbildung 1).

Das häufigste traumatische Ereignis bei in Deutschland lebenden Flüchtlingskindern

und -jugendlichen ist, Zeuge von körperlichen Angriffen auf andere geworden zu sein

(41 Prozent). 26 Prozent der Flüchtlingskinder mussten miterleben, wie Gewalt auf

Mitglieder ihrer Familie ausgeübt wurde, vor allem durch militante Gruppierungen. Wei-

tere häufige traumatische Ereignisse sind, einen Unfall gehabt zu haben (39 Prozent)

und einen Krieg miterlebt zu haben (38 Prozent) (Abbildung 1).

Wie viel Prozent der in Deutschland lebenden Flüchtlinge in ihrem Heimatland oder auf der Flucht das

jeweilige traumatische Ereignis erlebt haben. Mehrfachnennungen sind möglich

Zeuge von Gewalt Sehen von Leichen Gewalt gegen

Eigene Person

Folter Naturkatastrophe Krieg Unfall Gefangenschaft Vergewaltigung

Sexueller

Missbrauch

Erwachsene Kinder und Jugendliche

Traumafolgen

PTBS

Angststorungen

Depressionen

Somatisierungsstorungen

Suchterkrankungen

Andauernde Personlichkeitsanderung nach Extrembelastung,

Emotional instabile Personlichkeitsstorung (Borderline)...

Auch häufiger körperliche Krankheiten, z.B.

Lungen- und Herz- Kreislauf-Krankheiten

Krebserkrankungen

PTBS – charakteristisch sind Intrusionen

Plötzlich und unkontrollierbares szenisches Wiedererleben gedanklich, visuell, akustisch, sensibel und sensorische.

Entsprechende affektive und vegetative Begleiterscheinungen

„Flashback“: Verkennungen und Halluzinationen Verhalten,

als waren die traumatischen Ereignisse gegenwartig

Intrusionen

Im Wachzustand und im Schlaf (Albtraumen) oft das schweißnasse Bettlaken

wechseln und sich trauen nicht mehr trauen einzuschlafen aus Furcht vor erneuten

Albtraumen.

Triggerung durch innere oder außere Reize, mit Ähnlichkeit zur traumatischen Situation

vermeidendes und soziales Ruckzugsverhalten, verbunden mit Hoffnungslosigkeit,

Misstrauen und Depression.

Ständig erhöhte Erregungsanspannung, Konzentrationsstorungen, Hypervigilanz,

Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit und Wutausbruche.

PROTECT-Fragebogen – Process of Recognition and Orientation of Torture victims in

European Countries to facilitate Care and Treatment

Fragebogen und Beobachtungen zur Früherkennung von Asylsuchenden mit

traumatischen Erlebnissen

Dieser Fragebogen eignet sich nicht, den rechtlichen Status des Asylsuchenden zu bestimmen oder Ansprüche und Rechte der Person in weiteren Verfahren zu beschränken.

Die Antworten sollen sich auf die vergangenen zwei Wochen beziehen

Ja Nein

1. Haben Sie häufig Schwierigkeiten einzuschlafen?

2. Haben Sie häufig Albträume?

3. Leiden Sie häufig unter Kopfschmerzen?

4.Leiden Sie häufig unter anderen körperlichen Schmerzen?

5. Werden Sie schnell wütend?

6. Haben Sie häufig Erinnerungen an schmerzhafte Ereignisse?

7. Haben Sie häufig Angst?

8. Vergessen Sie häufig Dinge im Alltag?

9.Haben Sie das Interesse an ihrer Umwelt verloren?

10.Haben Sie häufig Probleme sich zu konzentrieren?

Anzahl der mit „ja“ beantworteten Fragen

Einordnung:Bitte markieren Sie die

entsprechende Kategorie, um die

Wahrscheinlichkeit

einer Traumatisierung anzugeben.

PROTECT Process of Recognition and Orientation of Torture victims in

European Countries to facilitate Care and Treatment

Name des Asylsuchenden:

Herkunftsland:

1-3 4-7 8-10

geringe

Wahrschein-

lichkeit

mittlere

Wahrschein-

lichkeit

hohe

Wahrschein-

lichkeit

Bitte überweisen Sie den Asylsuchenden im Falle einer „mittleren“ oder „hohen“ Wahr-scheinlichkeit zur weiteren Untersuchung an eine psychologische oder medizinische Fachstelle!

Bitte geben Sie eine Kopie des ausgefüllten Fragebo-gens an den Asylsuchenden mit dem Hinweis, dieses Dokument bei der Konsultation von Ärzten, Psychologen oder Behördenmitarbeiter/innen vorzulegen.

__________ __________Organisation Unterschrift(Stempel)

Datum:

Weitere Beobachtungen:

Fragebogen und Beobachtungen zur Früherkennung von Asylsuchenden mit

traumatischen Erlebnissen

Dieser Fragebogen eignet sich nicht, den rechtlichen Status des Asylsuchenden zu bestimmen oder Ansprüche und Rechte der Person in weiteren Verfahren zu beschränken.

Die Antworten sollen sich auf die vergangenen zwei Wochen beziehen

Ja Nein

1. Haben Sie häufig Schwierigkeiten einzuschlafen?

2. Haben Sie häufig Albträume?

3. Leiden Sie häufig unter Kopfschmerzen?

4.Leiden Sie häufig unter anderen körperlichen Schmerzen?

5. Werden Sie schnell wütend?

6. Haben Sie häufig Erinnerungen an schmerzhafte Ereignisse?

7. Haben Sie häufig Angst?

8. Vergessen Sie häufig Dinge im Alltag?

9.Haben Sie das Interesse an ihrer Umwelt verloren?

10.Haben Sie häufig Probleme sich zu konzentrieren?

Anzahl der mit „ja“ beantworteten Fragen

Einordnung:Bitte markieren Sie die

entsprechende Kategorie, um die

Wahrscheinlichkeit

einer Traumatisierung anzugeben.

PROTECT Process of Recognition and Orientation of Torture victims in

European Countries to facilitate Care and Treatment

Name des Asylsuchenden:

Herkunftsland:

1-3 4-7 8-10

geringe

Wahrschein-

lichkeit

mittlere

Wahrschein-

lichkeit

hohe

Wahrschein-

lichkeit

Bitte überweisen Sie den Asylsuchenden im Falle einer „mittleren“ oder „hohen“ Wahr-scheinlichkeit zur weiteren Untersuchung an eine psychologische oder medizinische Fachstelle!

Bitte geben Sie eine Kopie des ausgefüllten Fragebo-gens an den Asylsuchenden mit dem Hinweis, dieses Dokument bei der Konsultation von Ärzten, Psychologen oder Behördenmitarbeiter/innen vorzulegen.

__________ __________Organisation Unterschrift(Stempel)

Datum:

Weitere Beobachtungen:

Fragebogen und Beobachtungen zur Früherkennung von Asylsuchenden mit

traumatischen Erlebnissen

Dieser Fragebogen eignet sich nicht, den rechtlichen Status des Asylsuchenden zu bestimmen oder Ansprüche und Rechte der Person in weiteren Verfahren zu beschränken.

Die Antworten sollen sich auf die vergangenen zwei Wochen beziehen

Ja Nein

1. Haben Sie häufig Schwierigkeiten einzuschlafen?

2. Haben Sie häufig Albträume?

3. Leiden Sie häufig unter Kopfschmerzen?

4.Leiden Sie häufig unter anderen körperlichen Schmerzen?

5. Werden Sie schnell wütend?

6. Haben Sie häufig Erinnerungen an schmerzhafte Ereignisse?

7. Haben Sie häufig Angst?

8. Vergessen Sie häufig Dinge im Alltag?

9.Haben Sie das Interesse an ihrer Umwelt verloren?

10.Haben Sie häufig Probleme sich zu konzentrieren?

Anzahl der mit „ja“ beantworteten Fragen

Einordnung:Bitte markieren Sie die

entsprechende Kategorie, um die

Wahrscheinlichkeit

einer Traumatisierung anzugeben.

PROTECT Process of Recognition and Orientation of Torture victims in

European Countries to facilitate Care and Treatment

Name des Asylsuchenden:

Herkunftsland:

1-3 4-7 8-10

geringe

Wahrschein-

lichkeit

mittlere

Wahrschein-

lichkeit

hohe

Wahrschein-

lichkeit

Bitte überweisen Sie den Asylsuchenden im Falle einer „mittleren“ oder „hohen“ Wahr-scheinlichkeit zur weiteren Untersuchung an eine psychologische oder medizinische Fachstelle!

Bitte geben Sie eine Kopie des ausgefüllten Fragebo-gens an den Asylsuchenden mit dem Hinweis, dieses Dokument bei der Konsultation von Ärzten, Psychologen oder Behördenmitarbeiter/innen vorzulegen.

__________ __________Organisation Unterschrift(Stempel)

Datum:

Weitere Beobachtungen:

Eine gute Nachricht

Nicht alle Fluchtlinge, die traumatische Ereignisse erlebt haben,

entwickeln eine PTBS oder eine andere Traumafolgestorung.

Schutzfaktoren

soziale Unterstützung

Anerkennung als Opfer

Risikofaktoren

u.a. belastende Psycho-soziale Faktoren

Psychosoziale Belastungen im Exil

Verzogerungen im Asylverfahren

Angst vor Abschiebung

Fehlende Arbeitserlaubnis

Hürden in der Gesundheits- und Sozialversorgung

Sprachbarrieren

Diskriminierungserfahrungen

Bei Kindern:

Dolmetschen fur die Eltern

Veranderungen der Familienstrukturen

Umkehr traditioneller Rollen

Beispiel – Asylbürokratie

Eine niederländische Untersuchung (2004) :

Flüchtlinge, die seit 2 Jahren auf eine endgültige

Entscheidung warteten, ging es psychisch deutlich

schlechter als Flüchtlinge, die bislang weniger als ½ Jahr

ohne klare Bleibeverhältnisse in den Niederlanden lebten:

Schon lange wartende: 66 % Depression, Angststörung oder

PTBS

Gerade erst Angekommenen 42 %

Bemerkung

1.Ein Dilemma in der Therapie traumatisierter Flüchtlingen ist die Tatsache, dass

eine Genesung oder eine bedeutsame Besserung auch eine Abschiebung nach sich

ziehen kann.

2.Sekundärer Krankheitsgewinn

Behandlung – Psychotherapie ist unersetzbar

Eine Behandlung ist unerlasslich.

Unbehandelt verlaufen die Krankheiten haufig chronisch.

Psychotherapie ist die Behandlungsmethode 1. Wahl.

Techniken: Aufklarung, Information und Stabilisierung, ggf. Exposition

Eine rein medikamentose Behandlung reicht nicht aus

Psychotherapie mit Dolmetschern ist genauso wirksam wie

Psychotherapie, in der kein Dolmetscher benotigt wird

Funktionstuchtige soziale Unterstützung:

Storungen werden durch außere Umweltereignisse getriggert

Laienhelfer

Resilienzforderndes Training durch geschulte Laien

Hilfsorganisation CARE International ein 2004 jordanischen

Halbwuste

Resourcenextensive Narrativen Expositionstherapie (NET)

Uganda

Randomisierte, kontrollierte Studie an Opfern des Saddam-

Regimes (2014): psychiatrisch geschulte Laienhelfer können

einen wesentlichen Beitrag leisten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit