Diagnose, Prävention und Förderung bei Rechenstörungen · Diagnose Konsequenzen Infos zu Julian...

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Diagnose, Prävention und Förderung bei Rechenstörungen Sebastian Wartha, Karlsruhe

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Diagnose, Prävention und Förderung bei Rechenstörungen

Sebastian Wartha, Karlsruhe

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Was sind „Rechenstörungen“? Welcher Gestalt sind besonders große

Schwierigkeiten beim Lernen von Mathematik? Wie können diese diagnostiziert werden? Wie können diese aufgearbeitet werden?

Fragestellungen

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Eine Fallstudie

Frau Westphal 34 Jahre Hauptschulabschluss Mehrere Berufsausbildungen abgebrochen Krankgeschrieben wegen Burn-out

Addition & Subtraktion

Fahrkartenkauf

Bureau-Stuhl

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Grundvorstellungen

Grundvorstellung Grundvorstellung

Problem

Problem Lösung

Lösung

Realität

Mathematik

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Grundvorstellungen

Grundvorstellung Grundvorstellung

3 + _ = 7

K: 3 MurmelnE: 7 MurmelnWie viele braucht K?

4 Murmeln

_ = 4

Realität

Mathematik

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Grundvorstellungen

Grundvorstellung Grundvorstellung

3 + _ = 7

K: 3 MurmelnE: 7 MurmelnWie viele braucht K?

4 Murmeln

_ = 4

Realität

Mathematik

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Grundvorstellungen

Grundvorstellung Grundvorstellung

=

Realität

Mathematik

1 24 3 3 8

12 12

1112

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Grundvorstellungen

Grundvorstellung Grundvorstellung

Problem

Problem Lösung

Lösung

Darstellungs-ebene 1

Darstellungs-ebene 2

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Eine Fallstudie

Frau Westphal 34 Jahre Hauptschulabschluss Mehrere Berufsausbildungen abgebrochen Krankgeschrieben wegen Burn-out

Addition & Subtraktion

Fahrkartenkauf

Bureau-Stuhl

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Definition:Rechenstörung

Definition der WHO: dyscalculia

„Diese Störung besteht in einer umschriebenen Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, Trigonometrie, Geometrie oder Differential- und Integralrechnungen benötigt werden.“

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Grundschulprobleme:Rechenstörung

Hilft Ihnen diese Definition?

Probleme der Definition:... Was ist eine „ umschriebene

Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten“?… Braucht sich die Lehrerin um eine

„angemessene Beschulung“ nicht mehr zukümmern?

… oder kann ein nicht angemessen beschultes Kindkeine Dyskalkulie haben?

… Ein Kind mit einem IQ von 86 kann Dyskalkuliehaben, eines mit einem IQ von 84 nicht.

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Grundschulprobleme: Rechenstörung

Es geht hauptsächlich um drei Fragestellungen:1. Können Ursachenfelder benannt (und identifiziert)

werden?2. Welche Symptome sind bei Kindern zu erkennen,

die große Probleme beim Mathematiklernen haben?

3. Wie kann man diesen Kindern dann helfen?

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Risikofaktoren

Das Kind-Fähigkeiten, Begabung-(Vor-) Wissen-Anstrengungsbereitschaft-Teilleistungsstörungen (visuell, auditiv, …)-Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis- Rechts-links-Unterscheidung-Angst, …

Familiäres und soziales Umfeld-familiäre Situation (Überbehütung; Vernachlässigung; Scheidung; Konkurrenz zwischen den Kindern; Freizeitangebote; …)-Möglichkeiten der Nachhilfe (auch finanzielle Situation der Familie); der psychologischen Beratung; der Fähigkeiten der Eltern, die Probleme wahrzunehmen …

Schulisches Umfeld-die Lehrkraft-Unterrichtsmethode-Umgang mit Material-Lehrbuch-Mitschüler-Förderunterricht-Lehrerausbildung, …

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Besondere Kinder: Rechenschwache

Das Kind-Fähigkeiten, Begabung-(Vor-) Wissen-Anstrengungsbereitschaft-Teilleistungsstörungen (visuell, auditiv, …)-Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis- Rechts-links-Unterscheidung-Angst, …

Familiäres und soziales Umfeld-familiäre Situation (Überbehütung; Vernachlässigung; Scheidung; Konkurrenz zwischen den Kindern; Freizeitangebote; …)-Möglichkeiten der Nachhilfe (auch finanzielle Situation der Familie); der psychologischen Beratung; der Fähigkeiten der Eltern, die Probleme wahrzunehmen …

Schulisches Umfeld-die Lehrkraft-Unterrichtsmethode-Umgang mit Material-Lehrbuch-Mitschüler-Förderunterricht-Lehrerausbildung, …

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Rechenstörung:Definition

Was ist nun eine Rechenstörung?

Es gibt Kinder mit besonders großen und lang anhaltenden Problemen beim Mathematiklernen, die einer angemessenen Unterstützung bedürfen.

Folgende Bereiche/Symptome können benannt werden:… Verfestigtes Zählendes Rechnen… Fehlendes Stellenwertverständnis… Grundvorstellungsdefizite

Quelle: Schipper, 2005

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

3 Hauptsymptome

Symptom 1: Zählendes Rechnen (ZR)

Warum zählen?- (Vermeintlich) sichere Strategie- Fehlende Vorkenntnisse für Ablösung (ist Ursache und

Wirkung des ZR)

Warum ist ZR ein Problem? ZR verhindert den Aufbau von GVn zu Zahlen,

Operationen und Strategien

Wann wird ZR ein Problem? 1. Drittel zweite Jahrgangsstufe

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

3 Hauptsymptome

Symptom 1: Zählendes Rechnen (ZR)

Diagnose von ZR Rechenwege und Materialhandlungen beobachten

Diagnose Voraussetzungen Ablösen vom ZR Sicheres Zählen Quasisimultane Zahlauffassung & -darstellung Auswendig gewusste Aufgaben Analogien Material

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

3 Hauptsymptome

Stellenwertverständnis

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

3 Hauptsymptome

Symptom 2: Stellenwertverständnis (SWV)

Diagnose von SWV Zählen (auch rückwärts, auch Zehner): Übergänge Inverse Zahlschreibweise Zahlendreher (bei Zahlauffassung und bei

Zahldarstellung)

Lea: ZahlendiktatLea: „Das Doppelte von fünfundzwanzig ist vierhundert“Horst: Zahlen lesen

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Symptom 3: Grundvorstellungen (GV)Diagnose von GV Materialhandlungen Rechengeschichten Übersetzungen zwischen Symbolen

gesprochen, geschrieben, Bildern, Handlungen, „Realsituationen“

GV zu Zahlen Rechenoperationen Strategien (!)

3 Hauptsymptome

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Rechenstörung:Diagnose

Diagnose von Rechenschwäche ZAREKI

Neuropsychologische Testbatterie für Zahlenverarbeitung und Rechnen bei Kindern

Die Testbatterie „ZAREKI“ ist ein standardisiertes Testverfahren, welches die Diagnose einer „Dyskalkulie“ bei Grundschulkindern ermöglichen soll.Erklärtes Ziel des Testverfahrens ist es, qualitative Einblicke in die arithmetischen Kompetenzen zu liefern und Hilfsangebote für die Förderung rechenschwacher SchülerInnen zu geben (vgl. von Aster 2001, 16).

Quelle: von Aster et al. (2001; 2006)

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Rechenstörung:Diagnose

ZAREKI

Rechnen:

Insgesamt werden acht Additions- und acht Subtraktionsaufgaben gestellt.

Die Zeit, die für die Lösung benötigt wird, wird notiert, hat aber in der abschließenden Auswertung keine Wirkung.

Frau Westphal, die alle Aufgaben zählend löst und dafür viel Zeit benötigt erhält bei dieser Aufgabe volle Punktzahl.

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Rechenstörung:Diagnose

ZAREKI

Perzeptive Mengenauffassung

Es werden zwei Mengen für ungefähr 5 Sekunden präsentiert.Liegt die genannte Anzahl innerhalb eine Toleranzintervalls bekommt das Kind einen Punkt, liegt die Anzahl außerhalb bekommt es keinen Punkt.

Hier die beiden Bilder. Schätzen Sie die Mengen.

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Rechenstörung:Diagnose

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Rechenstörung:Diagnose

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Wie viele Bälle haben Sie gesehen?

Wie viele Becher haben Sie gesehen?

Rechenstörung:Diagnose

Diagnose von Rechenschwäche

ZAREKI

0-20 20-40 40-60 60-80 80-100 100-120 120-140

0-20 20-40 40-60 60-80 80-100 100-120 120-140

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Toleranzintervall für die Bälle: 25 – 80, korrekte Anzahl: 57

Rechenstörung:Diagnose

Diagnose von Rechenschwäche

ZAREKI

0-20 20-40 40-60 60-80 80-100 100-120 120-140

0-20 20-40 40-60 60-80 80-100 100-120 120-140

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Toleranzintervall für die Bälle: 25 – 80, korrekte Anzahl: 57

Toleranzintervall für die Becher: 35 – 125, korrekte Anzahl: 89

Rechenstörung:Diagnose

Diagnose von Rechenschwäche

ZAREKI

0-20 20-40 40-60 60-80 80-100 100-120 120-140

0-20 20-40 40-60 60-80 80-100 100-120 120-140

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Annas Antwort: 46 Ninas Antwort: 100

Annas Antwort: 40 Ninas Antwort: 150

Rechenstörungen:Diagnose

Diagnose von Rechenschwäche

ZAREKI

0-20 20-40 40-60 60-80 80-100 100-120 120-140

0-20 20-40 40-60 60-80 80-100 100-120 120-140

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Rechenstörungen:Diagnose

Mengenauffassung

Anna: 4 PunkteNina: 0 Punkte

Im Subtest „Zahlen lesen“ sollen Kinder diese Zahlen vorlesen:

2 15 57 1900 305 138 6485 687 969

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Rechenstörungen:Diagnose

Möglichkeiten der Diagnostik Produktorientierte Diagnostik (Etikettierungstests) –

ab 3 Auffälligkeitsbereichen „Dyskalkulie“ Problematisch:

Testmethodisch: Trennschärfe Normierungsstichprobe (N ca. 100 pro Jgst 1-4) Validität: Sind diese Bereiche relevant? Durchführbarkeit im normalen Unterricht Handlungsoptionen fehlen Vokabular: „Normale Kinder“ vs „dyskalkulische

Kinder“

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Möglichkeiten der Diagnose

Produkt-orientiert

Prozess-orientiert

Offen

Standardisiert

ZAREKIDEMAT

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Möglichkeiten der Diagnose

Produkt-orientiert

Prozess-orientiert

Offen

Standardisiert

Hinschauen

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Möglichkeiten der Diagnose

Produkt-orientiert

Prozess-orientiert

Offen

Standardisiert

Vorteil: Leicht durchführbar

Nachteil: Konstruktiver Nutzen

Vorteil: Konstruktiver Nutzen

Nachteil: Hohe Kompetenz nötig

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Infos zu Julian

3. Jahrgangsstufe Eltern melden ihn bei der

Beratungsstelle an Verdacht auf Dyskalkulie Ergotherapie: „Postural-okuläre

Dyspraxie“ Schulpsychologe: Dyskalkulie

(ZAREKI)

Ein Beispiel

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Julian (3. Klasse, 9 Jahre):

47 + 25 = 72

28 + 36 = 52

71 – 34 = 37

58 – 26 = 32Grund zur Sorge?Rechenschwäche?

Wie bewerten SieJulians Ergebnisse?

Warum hatJulian so gerechnet?

Wie hatJulian gerechnet?

Diagnose von Rechenstörungen

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Beschreiben Sie den Rechenweg von Julian möglichst genau.

Welche weiteren Beobachtungen sind wertvoll?

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Julian Beispiel 1 Welche Strategie? Erklärung für die Strategie? Was ist falsch, was ist richtig? Verwendet er Hilfen/Material?

Andere Erkenntnisse: Linkshänder Inverse Schreibweise Zählt an den Fingern

Diagnose von Rechenstörungen

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Beschreiben Sie den Rechenweg von Julian möglichst genau.

Welche Strategie liegt seinen Bearbeitungen zu Grunde?

Weitere Erkenntnisse?

Wie kann der Rechenweg der ersten Aufgabe erklärt werden?

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Julian Beispiel 2 Rechenweg Strategie Mischform Rechenweg automatisiert „Das habe ich eben schon erklärt“ Übertragung der „Regel“ auf Aufgaben ohne

ZÜ Übertragung der „Regel“ auf die Addition

Ist das problematisch?

Diagnose von Rechenstörungen

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Beschreiben Sie den Rechenweg möglichst genau.

Beschreiben Sie Unterscheide und Gemeinsamkeiten zu den anderen Bearbeitungen.

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Julian Beispiel 3

Konsistente Strategie Aufgabe richtig?! Falsche Strategie + Zählfehler Teilaufgaben rechnet er zählend

Diagnose von Rechenstörungen

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Wie: Beobachtung der Rechenwege durch „gute“Aufgaben

Wann: Immer (in Rechenkonferenzen, in Stillarbeitsphasen…)

Was: Welche Strategien werden verwendet? (Wie) wird Material genutzt? Welche Aufgaben werden gekonnt, welche nicht?

Warum: Voraussetzungen für den weiteren Lernprozess

Rechenstörungen:prozess- und kompetenzorientierte Diagnose

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Grundvorstellungen

Grundvorstellung Grundvorstellung

Problem

Problem Lösung

Lösung

Darstellungs-ebene 1

Darstellungs-ebene 2

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Vom Zählen zum Rechnen Grundvorstellungen, keine Regeln Auf‘s Übersetzen kommt es an;

Verinnerlichen von Handlungen Diagnose & Förderung

aktueller Stoff genügt nicht 3 zentrale Symptome wissen

Zählendes Rechnen Mangelndes Stellenwertverständnis Grundvorstellungsdefizite

Beides da, wo die Probleme beginnen, nicht, wo sie aufhören

Küchenzurufe

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Was für Diagnose und Förderung nicht benötigt wird: Tests und Aufgabenkolonien mehr Üben ohne Übersetzungen

Was benötigt wird: Kompetenzen für Diagnose

Inhaltlich (3 Symptome) Methodisch (Beobachtung, Lautes Denken)

Kompetenzen für Förderung Auswahl von geeignetem Material Geeignetes Arbeiten mit & ohne Material Unterstützung des Verinnerlichens von

Handlungen

Konsequenzen

Beispiel

Definition

Symptome

Diagnose

Konsequenzen

Schlusswort

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeitund Mitarbeit!

Bis später!