Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen · Möglichkeit seltener Ursachen (z.B....

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AWMF-Registernummer: 030/117 Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen Entwicklungsstufe: S1 Federführend: Prof. Dr. Michael G. Hennerici und Prof. Dr. Rolf Kern Herausgegeben von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie [

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AWMF-Registernummer: 030/117

Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie

Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

Entwicklungsstufe: S1 Federführend: Prof. Dr. Michael G. Hennerici und Prof. Dr. Rolf Kern Herausgegeben von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie

[

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 2

Version

Vollständig überarbeitet: 31. Dezember 2016

Online auf www.dgn.org seit: 24. Juli 2017

Gültig bis: 30. Dezember 2021

Kapitel: Vaskuläre Erkrankungen

lt. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, Aufl. 5, 2012

Zitierhinweis

Hennerici M. G., Kern R. et al. S1-Leitlinie Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen.

2017. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Hrsg. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in

der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am TT.MM.JJJJ)

Korrespondenz

[email protected]

Im Internet

www.dgn.org

www.awmf.de

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

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Was gibt es Neues? [ Bei akutem Hirninfarkt und klinischem Verdacht auf einen proximalen intrakraniellen

Gefäßprozess (z.B. NIHSS Score ≥ 6) sollte zusätzlich zur nativen CT eine Gefäßdarstellung

erfolgen (bevorzugt CTA), um die Indikationsstellung für eine endovaskuläre Therapie zu

ermöglichen. In besonderen Entscheidungssituationen ist die Abschätzung des irreversibel

geschädigten Infarktkerns z.B. mittels ASPECTS im Nativ-CT, die Analyse der Quelldaten der

CTA oder eine ergänzende CT-Perfusion zur Patientenselektion der endovaskulären

Therapie hilfreich.

[ Im Rahmen der Ätiologiediagnostik zerebraler Ischämien ist als Basisdiagnostik zur

Erfassung eines klinisch asymptomatischen paroxysmalen Vorhofflimmerns ein 12-Kanal-

EKG und ein mindestens 24-stündiges EKG-Monitoring erforderlich. Eine erweiterte

Rhythmusdetektion in der stationären oder poststationären Phase nach einem

ischämischen Schlaganfall sollte in Betracht gezogen werden, wenn in der zerebralen

Bildgebung mittels cCT oder MRT ein mutmaßlich embolisch bedingter Hirninfarkt

nachgewiesen wurde und die zuvor erfolgte gründliche Ätiologiediagnostik keinen

Nachweis eine kardialen oder arterio-arteriellen Emboliequelle erbracht hat.

Die wichtigsten Empfehlungen auf einen Blick [ Eine gezielte Anamnese und die rasche körperliche Untersuchung sind Grundlagen der

Behandlung akuter Schlaganfälle. Schon während der Prähospitalphase dient die Erfassung

der klinischen Basisinformation durch das Rettungsdienstpersonal und die unmittelbare

Weitergabe dieser Befunde nach Eintreffen im Krankenhaus an einen in der

Schlaganfallbehandlung erfahrenen Arzt der Sicherstellung einer reibungslosen

Notfallversorgung. In der Klinik werden diese Basisinformationen durch Labordiagnostik

und zerebrovaskuläre bildgebende Diagnostik ergänzt, um eine frühestmögliche Therapie

einzuleiten.

[ Bei eindeutigen Symptomen eines akuten Schlaganfalls, deren Beginn nicht länger als

4,5 Stunden zurückliegt soll mit dem Ziel einer systemischen Thrombolyse mittels nativer

CCT eine Hirnblutung ausgeschlossen werden. Bei klinischem Verdacht auf einen

proximalen intrakraniellen Gefäßprozess (z.B. NIHSS Score ≥6) sollte zudem eine

Gefäßdarstellung erfolgen (bevorzugt CTA), um die Indikationsstellung für eine

endovaskuläre Therapie zu ermöglichen. Die Abschätzung des irreversibel geschädigten

Infarktkerns z.B. mittels ASPECTS im Nativ-CT, die Analyse der Quelldaten der CTA oder

eine ergänzende CT-Perfusion kann in Zweifelsfällen zur Patientenselektion der

endovaskulären Therapie hilfreich sein.

[ Liegt der Symptombeginn mehr als 4,5 Stunden zurück, ist der genaue Zeitpunkt des

Symptombeginns unbekannt oder liegen differenzialdiagnostisch anderen Ursachen nahe,

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die einen ischämischen Schlaganfall vortäuschen können (sogenannte „stroke mimics“),

sollten als weitere Grundlage einer individuellen Therapieentscheidung schon primär

erweiterte Bildgebungsparameter (z.B. CTA, Mismatch-Bildgebung, multiparametrische

MRT) herangezogen werden.

[ Die diffusionsgewichtete MRT (DWI) stellt ischämische Läsionen bereits in den ersten

Stunden dar. Die multiparametrische Schlaganfall-MRT (einschließlich MRA, T2*-

gewichteten Aufnahmen, FLAIR und MR-Perfusion) kann zudem ischämische

Risikokonstellationen abbilden („mismatch") und zeigt akute intrakranielle Blutungen mit

der gleichen Sensitivität, chronische intrakranielle Blutungen und Mikroblutungen mit

einer höheren Sensitivität an als die CCT. Sofern abteilungsinterne Standards eine sofortige

Schlaganfall-MRT als primäre Notfalldiagnostik ohne Zeitverzug vorsehen, kann diese

anstelle der CCT mit der gleichen Sensitivität bei höherer Spezifität zur Beantwortung der

therapierelevanten Fragen eingesetzt werden.

[ Bei klinischen Zeichen einer Basilaristhrombose oder -embolie sollte zusätzlich zur

Schnittbildgebung eine CTA oder MRA durchgeführt werden, um die klinische Diagnose

bestätigen oder ausschließen und an die Situation angepasst die Indikation zu einer

systemischen Thrombolyse und/oder endovaskulären Therapie stellen zu können.

[ Bei Patienten mit vorübergehenden neurologischen Defiziten einschließlich transitorischer

ischämischen Attacken (TIA), nur gering ausgeprägten oder fluktuierenden neurologischen

Symptomen (NIHSS < 4) ist gleichermaßen eine sofortige und vollständige diagnostische

Abklärung notwendig.

[ Bei der Anamneseerhebung in der Akutphase des Schlaganfalls ist neben der Exploration

des exakten Symptombeginns auch die Medikamentenanamnese bezüglich Einnahme

antithrombotisch wirksamer Substanzen erforderlich. Gerade die Einführung der Nicht-

Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien (NOAC) machen eine noch sorgfältigere

Anamnese und Fremdanamnese erforderlich, da ihr Aktivitätsnachweis im Routine-Labor

nicht zuverlässig möglich ist. Erweiterte Gerinnungstests (aPTT, Thrombinzeit, Ecarin-

Clotting-Zeit, kalibrierte Faktor Xa-Aktivität) zur Erfassung der antikoagulatorischen

Wirkung von NOAC stehen zwar grundsätzlich zur Verfügung, meist jedoch nicht in der für

Notfallentscheidung erforderlichen Schnelligkeit (Ausnahme Thrombinzeit bei Einnahme

von Dabigatran).

[ Bei intrakraniellen Blutungen sind eine Anamnese bzw. Fremdanamnese zu vom Patienten

eingenommenen Antikoagulanzien und die laborchemische Untersuchung des

Gerinnungsstatus erforderlich. Machen Anamnese und Lokalisation der Blutung in der

zerebralen bildgebenden Diagnostik eine typische hypertensive Blutung wahrscheinlich, ist

in aller Regel keine weitere zerebrovaskuläre Diagnostik zur ätiologischen Einordnung

notwendig. Bei atypischer Lokalisation und bei jüngeren Patienten ohne arteriellen

Hypertonus ist eine zugrundeliegende Blutungsquelle wie ein Hirnbasisaneurysma oder

eine arteriovenöse Gefäßmalformation mit CTA, MRA oder DSA auszuschließen.

[ Bei klinischem Verdacht auf eine subarachnoidale Blutung (SAB) und unauffälliger

zerebraler Bildgebung muss zum endgültigen Ausschluss einer SAB eine Lumbalpunktion

durchgeführt werden.

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[ Eine Thrombose zerebraler venöser Leiter kann mittels CT oder MRT, jeweils mit

angiografischer Darstellung des venösen Systems, dargestellt werden. Die CT-Angiografie

lässt sich mit nur geringem zeitlichem Mehraufwand im Anschluss an eine native CCT

durchführen. Die MRT liefert zusätzlich eine sensitivere Parenchymdarstellung und kann

die Akuität der Erkrankung näher beschreiben. Eine DSA ist bei bestimmten

Fragestellungen und unklaren nicht invasiven Befundergebnissen empfohlen.

[ Zur Erstbehandlung, Vermeidung von frühen Sekundärkomplikationen (Frührezidive,

progredientes Hirnödem, Fieber, Infektionen, Blutdruck- und Blutzuckerentgleisungen,

kardiale Ereignisse, venöse Thrombosen) und zur Prognoseeinschätzung ist ein rasches

diagnostisches Management des Patienten erforderlich, am besten auf einer Stroke Unit

mit Monitoring des klinisch-neurologischen Status, der Kreislaufparameter, der

Körpertemperatur, des Blutzuckers und der Schluckfunktion.

[ Bei der weiteren ätiologischen Klärung einer zerebrovaskulären Erkrankung muss

insbesondere arteriosklerotischen und kardialen Ursache nachgegangen, aber auch die

Möglichkeit seltener Ursachen (z.B. Dissektion, Koagulopathie, Vaskulitis, M. Fabry) als

Ursache eines Schlaganfalls gerade bei einem jüngeren Patienten in Betracht gezogen

werden. Alternativ zur bislang üblichen Subgruppendefinition einer zerebrovaskulären

Erkrankung ist die ASCOD-Klassifikation empfehlenswert, die koexistierende Ursachen

nach dem Evidenzgrad des ursächlichen Zusammenhangs beschreibt.

[ Die extra- und transkranielle Doppler- und Duplexsonografie sind schnelle, am

Patientenbett wiederholt durchführbare und daher zum Monitoring geeignete nicht

invasive Methoden, die auch bei bereits durchgeführter CTA oder MRA weitere

ätiologische und prognostische Zusatzinformationen über den zugrundeliegenden

Gefäßprozess erbringen können (z.B. bei früh rekanalisierenden Verschlüssen). Die

Durchführung der Neurosonologie wird bei allen Patienten mit akuten zerebralen

Ischämien (Hirninfarkt und TIA) empfohlen, möglichst innerhalb der ersten 24 Stunden

nach stationärer Aufnahme.

[ Bei Patienten mit Hirninfarkt und TIA ist die Durchführung einer Echokardiografie zur

Klärung der Infarktätiologie und zur Abschätzung der Herzfunktion empfohlen. Bei

Patienten mit unklarer Schlaganfallursache, Verdacht auf eine kardiale Emboliequelle oder

zur Planung etwaiger interventioneller Therapieverfahren (z.B. Vorhofohrverschluss) bei

Einschränkungen zur systemischen Antikoagulation ist die Durchführung einer TEE in

Ergänzung zur oder alternativ zur TTE sinnvoll. Bei klinischem Verdacht auf eine

Endokarditis sollte unverzüglich eine Echokardiographie erfolgen.

[ Als Basisdiagnostik zur Erfassung eines klinisch asymptomatischen paroxysmalen

Vorhofflimmerns ist ein 12-Kanal-EKG und ein mindestens 24-stündiges EKG-Monitoring

erforderlich. Eine erweiterte Rhythmusdetektion in der stationären oder poststationären

Phase nach einem ischämischen Schlaganfall sollte in Betracht gezogen werden, wenn in

der zerebralen Bildgebung mittels cCT oder MRT ein mutmaßlich embolisch bedingter

Hirninfarkt nachgewiesen wurde und die zuvor erfolgte gründliche Ätiologiediagnostik

keinen Nachweis eine kardialen oder arterio-arteriellen Emboliequelle erbracht hat.

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Einführung Evidenzbasierte Empfehlungen für die Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen sind

nicht sicher zu erstellen. Dies kommt einerseits daher, dass sich Diagnoseverfahren – anders

als Therapiemaßnahmen, für die die klassischen Evidenzkriterien entwickelt wurden, – einer

randomisierten Überprüfung aus ethischen Gründen weitgehend entziehen, insbesondere

wenn nicht invasive Verfahren etablierte Methoden, die mit einem Risiko für den Patienten

verbunden waren, in ihrer Entwicklungshistorie ablösten. Es existieren nur wenige Studien, die

prospektiv aussagekräftige Informationen für neue Diagnoseverfahren gegenüber älteren (sog.

Goldstandards) liefern. In dieser Leitlinie zur Diagnostik akuter zerebrovaskulärer

Erkrankungen werden daher weder Kriterien der klassischen Evidenzbasierung noch eine

Empfehlungsstärke angeführt.

Die Akutbehandlung des Schlaganfalls ist in den ersten Stunden nach Symptombeginn je nach

Ursache (Ischämie vs. Hämorrhagie) unterschiedlich und folgt einer evidenzbasierten

Therapieempfehlung. Grundlegende Voraussetzung ist eine zuverlässige Diagnose und

Abgrenzung gegenüber anderen, nicht durchblutungsbedingten, einem Schlaganfall ähnlichen

Krankheitsphänomenen („stroke mimics"). Zudem sind zur optimalen Prävention früher

Komplikationen und zur langfristigen Sekundärprophylaxe spezielle diagnostische Maßnahmen

erforderlich.

Die Diagnostik zerebrovaskulärer Erkrankungen lässt sich in 2 Bereiche unterteilen: die

Erstdiagnostik in der Akutphase und die Diagnostik in der Sekundärprävention. Ziel der

Erstdiagnostik ist vor allem, eine rasche Akuttherapie, insbesondere eine Thrombolyse bzw.

endovaskuläre Therapie bei ischämischen Ursachen eines Schlaganfalls zu ermöglichen, die

elektive Folgediagnostik soll darüber hinaus Aspekte des individuellen Risikoprofils des

Patienten, der ursächlichen Zuordnung und der Vermeidung erneuter Schlaganfallrezidive

leisten.

Definition und Klassifikation

Begriffsdefinition

Zerebrovaskuläre Erkrankungen manifestieren sich typischerweise als akutes fokal-

neurologisches Defizit in wechselnder Ausprägung nach einer umschriebenen zerebralen

Durchblutungsstörung oder einer intrakraniellen Blutung. Somit wird unterschieden zwischen

zerebraler Ischämie (ischämischer Hirninfarkt, „ischemic stroke") als Folge einer

Durchblutungsstörung des Gehirns und Blutungen ins Gehirn (Hämorrhagie, hämorrhagischer

Schlaganfall, „brain haemorrhage", „intracerebral haemorrhage") bzw. in andere intrakranielle

Kompartimente (z.B. Subarachnoidalblutung). Epidurale und subdurale Blutungen sind

praktisch immer Traumafolgen und werden daher in dieser Leitlinie nicht berücksichtigt.

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Klassifikation Einem Schlaganfall können sowohl Durchblutungsstörungen als auch Blutungen in das Gehirn

zugrunde liegen. Eine klinische Differenzierung zwischen beiden Zuständen, die

unterschiedliche therapeutische Konsequenzen haben, ist ohne apparative Diagnostik nicht

möglich. Auch die prognostische Einschätzung unmittelbar nach Beginn der Erstmanifestation

neurologischer Ausfallserscheinungen bedarf der frühzeitigen Diagnostik durch

zerebrovaskuläre bildgebende Verfahren.

Bei den zerebralen Ischämien, die ca. 80–85% aller Schlaganfälle ausmachen gibt es je nach

betroffenem Hirnareal eine Vielzahl klinischer Erscheinungsformen, wobei arterio-arterielle

Embolien der großen extra- und intrakraniellen Gefäße, Stenosen oder Verschlüsse der

hirnversorgenden Arterien, kardiale Embolien, mikroangiopathische Gefäßverschlüsse der

penetrierenden Arterien, arteriosklerotische und andere Mechanismen einer

Durchblutungsstörung vorkommen. Auch das Zusammenspiel mehrerer Mechanismen der

Infarktentstehung, z.B. gemischt hämodynamisch-embolische Vorgänge bei zugrundeliegenden

stenosierenden Prozessen ist möglich (Caplan u. Hennerici, 1998). Bei rezidivierenden

zerebralen Ischämien sind nicht selten – in etwa 30–50% der Fälle über 3–5 Jahre – neu

entstehende Ursachen nachweisbar und daher zu explorieren (Wolf et al., 2013;

Chatzikonstantinou et al., 2013).

Kardiale und arterio-arterielle proximale Embolien sind die häufigsten Ursachen von

zerebralen Ischämien, und prognostisch meist gravierender als kleine subkortikale

Gefäßverschlüsse. Die TOAST-Klassifikation dient der ätiologischen Differenzierung zerebraler

Ischämien und unterscheidet die Kriterien „makroangiopathisch“, „mikroangiopathisch“,

„kardioembolisch“, „andere“ und „kryptogen“ (Adams et al., 1993). Koexistierende

Mechanismen machen allerdings etwa 20% aus. Wegen der therapeutischen und

prognostischen Implikationen ist es wichtig, alle relevanten Faktoren differenziert zu

beschreiben. Hier bietet die ASCOD-Klassifikation (A – atherosclerosis/large vessel disease,

S – small vessel disease, C – cardic source, O – other cause, D – dissection) im Gegensatz zu

oben beschriebenen TOAST-Klassifikation den Vorteil, dass koexistierende Ursachen nach dem

Evidenzgrad des ursächlichen Zusammenhangs erfasst werden können (Amarenco et al., 2013).

Der zeitliche Verlauf zerebrovaskulärer Erkrankungen ist sehr unterschiedlich. So kann die

neurologische Symptomatik nur wenige Minuten anhalten, über mehrere Wochen, Monate

und dauerhaft persistieren, aber in den ersten Stunden und Tagen auch fluktuieren oder

progredient sein. Die ältere Definition einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) mit

vollständiger klinischer Rückbildung der neurologischen Symptomatik innerhalb von

24 Stunden ist heute wegen der frühen Therapieoptionen und den detaillierteren

Informationen aus der bildgebenden Diagnostik obsolet. So konnte gezeigt werden, dass

Patienten mit einer Symptomdauer von über einer Stunde häufig bereits zerebrale ischämische

Läsionen trotz klinischer Remission und ein hohes Risiko für nachfolgende Rezidivereignisse,

gerade bei fluktuierenden Symptomen aufweisen. Mit dem ABCD2 Score kann das Risiko für

Frührezidive innerhalb der ersten Tage nach einer TIA abgeschätzt werden (Johnston et al.,

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2007). Ein ABCD2-Score ≥4, fluktuierende Symptome und der Nachweis einer akuten

ischämischen Läsion definieren ein hohes Risiko für solche Frührezidive. Individuell bedürfen

aber Patienten mit einer entsprechenden klinischen Symptomatik einer raschen, vollständigen

und therapieorientierten Versorgung in einer qualifizierten Einrichtung.

Intrazerebrale Blutungen (ICB) machen 10–15% aller Schlaganfälle aus. Überwiegende Ursache

spontaner ICB ist die Ruptur kleiner Arterien im Gehirnparenchym als Folge einer zerebralen

Mikroangiopathie bei langjähriger arterieller Hypertonie. Andere Ursachen sind eine zerebrale

Amyloidangiopathie, Aneurysmaruptur sowie Gefäßmissbildungen, seltener sind Thrombosen

der zentralen venösen Blutleiter, Hirntumoren, Vaskulitiden, Enzephalitiden,

Gerinnungsstörungen, die Einnahme gerinnungswirksamer Medikamente, Drogen (z.B. Kokain)

oder hämatologische Erkrankungen. ICBs tendieren zur Größenzunahme innerhalb der ersten

Stunden, dabei kann es infolge eines Anstiegs des intrakraniellen Drucks unabhängig von der

Lokalisation der Blutung zu weiteren Symptomen wie Kopfschmerzen, Erbrechen und einer

progredienten Bewusstseinstrübung (Hirndruckzeichen) kommen. Besonders gefährdet sind

Patienten mit einem sogenannten Spot-Sign (Demchuk et al., 2012).

Subarachnoidalblutungen (SAB) machen ca. 5% aller Schlaganfälle aus. Die klassischen

klinischen Symptome einer SAB sind ein schlagartig einsetzender Kopfschmerz

(„Vernichtungskopfschmerz"), Bewusstseinsstörungen mit oder ohne fokale neurologische

Defizite. Infolge einer Liquorabflussstörung kann es in der Frühphase nach einer SAB verzögert

zu einem Anstieg des intrakraniellen Drucks mit Hirndrucksymptomen oder zu Vasospasmen

mit nachfolgenden Infarkten kommen.

Nicht eitrige Thrombosen zerebraler venöser Blutleiter (0,5–1% aller Schlaganfälle) haben

unterschiedliche Ursachen und manifestieren sich sehr variabel. Die klassische Symptomtrias

mit Kopfschmerzen, Bewusstseinsstörungen und epileptischen Anfällen tritt nur bei einem Teil

der Patienten auf, häufiger sind unspezifische, oft schleichende, subakute oder fluktuierende

Beschwerden.

Erstdiagnostik in der Akutphase

Primärdiagnostik bei Verdacht auf Schlaganfall

Empfehlungen

[ Bei klinischem Verdacht auf einen Schlaganfall soll eine unverzügliche diagnostische

Klärung angestrebt werden, um über das weitere therapeutische Vorgehen entscheiden zu

können. Das klinische Erscheinungsbild gibt keinen zuverlässigen Aufschluss über die Art

einer zerebrovaskulären Erkrankung, insbesondere keine sicheren klinischen

Unterscheidungsmerkmale zwischen einem ischämischen oder hämorrhagischen

Schlaganfall.

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[ In der Prähospitalphase und der Notaufnahme stehen die Feststellung und Sicherung der

Vitalfunktionen sowie eine symptomzentrierte Anamnese und Befunderhebung im

Vordergrund.

[ Unverzüglich zu ergreifende apparative Maßnahmen sind eine zerebrale Bildgebung, ein

12-Kanal-EKG und Basis-Labordiagnostik.

[ Eine sorgfältige Medikamentenanamnese bezüglich der Einnahme von Antikoagulanzien ist

essenziell. Aufgrund der Verfügbarkeit der Nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen

Antikoagulanzien, deren Aktivitätsnachweis im Routine-Labor nicht zuverlässig möglich ist,

sind ggf. erweiterte Gerinnungstests (z.B. Thrombinzeit, Ecarin Clotting Zeit, kalibrierte

Faktor Xa-Aktivität) hilfreich. Bei Gebrauch Nicht-Vitamin-K-abhängiger Antikoagulanzien

(NOAC) ist der genaue Zeitpunkt der letzten Tabletteneinnahme zu erfragen.

Vor einer Akuttherapie zerebrovaskulärer Erkrankungen ist eine rasche und

differenzialdiagnostisch einfache, aber sichere Diagnostik notwendig, da nur ein kleines

Zeitfenster für spezifische Behandlungen zur Verfügung steht. In der Prähospitalphase ist die

Feststellung und Sicherung der Vitalparameter vordringlich; ein unverzüglicher Transport in

das nächstgelegene Krankenhaus mit Schlaganfalleinheit sollte die nächste Maßnahme sein.

Ein allgemein akzeptierter Score zur klinischen Schlaganfalldiagnose in der Prähospitalphase

existiert bislang nicht. Ein sensitiver und schnell bereits telefonisch auszuführender Test ist der

Face-Arm-Speech-Test (FAST) (Harbison et al., 2003). Eine Vorankündigung im Krankenhaus

kann helfen, Verzögerungen zwischen Symptombeginn und Therapie zu reduzieren.

In der Notaufnahme soll die allgemeine klinische und eine üblicherweise vereinfachte

neurologische Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung therapierelevanter Aspekte

stattfinden. Hierbei ist der regelmäßige Einsatz einer formalen Schlaganfall-Skala sinnvoll

(z.B. National Institutes of Health Stroke Scale, NIHSS). Auch Barthel-Index oder Ranking Scale

sind funktionelle Scores, die aber vor allem für Verlaufskontrollen Bedeutung haben.

Folgende Untersuchungen sollten unmittelbar erfolgen:

[ Basis-Laboruntersuchungen (▶ Tab. 1)

[ Sauerstoffsättigung

[ 12-Kanal-EKG zerebrale Bildgebung

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Tabelle 1 Laboruntersuchungen.

Parameter Situation

bei allen Patienten

[ Blutzucker

[ Elektrolyte

[ Nierenwerte

[ Blutbild (inkl. Thrombozytenzahl)

[ INR

[ Lipidstatus: Gesamtcholesterin, LDL, HDL, Triglyceride, ggf. Lp(a)

vor bzw. bei der Aufnahme in die Klinik

bei ausgewählten Patienten

[ Herzenzyme (hs-Troponin)

[ aPTT

[ Trombinzeit

[ Ecarinzeit

[ Leberwerte

[ Toxikologisches Screening

[ Blutalkohol

[ Schwangerschaftstest

[ Blutgasanalyse

[ TSH

bei Aufnahme in die Klinik

Bei ausgewählten Patienten

Kontrollparameter:

[ Herzenzyme (hs-Troponin)

[ Blutzucker, HbA1c

[ Lipide

[ Gerinnungsparameter Ätiologie-relevante Parameter:

[ Koagulopathien: AT-, III, Protein-C-, Protein-S-Defekte, F-V-Leiden und Prothrombin-Gen-Mutationen, APC-Resistenz

[ Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom: Lupus-Antikoagulans-Antikardiolipin-, Anti-β2-Glykoprotein-Antikörper

[ Vaskulitiden

[ Sekundäre Form: Erregernachweis (z.B. Borrelien, Lues, Mykoplasmen, Chlamydien, Herpesgruppe (VZV, CMV, Hepatitis B/C), HIV, Toxoplasmose, Zystizerkose) oder bei Verdacht auf SLE, Morbus Wegener, Churg-Strauss-Syndrom: ANA, anti-ds-DNA, ENA, Komplement, ANCA, Kryoglobuline

[ Primäre Form: Biopsie (z.B. Meningen, A. temporalis), Liquor

[ Sichelzellenanämie: Hämoglobin-E-Phorese, Gentest

[ Toxikologie: Drogen-Screening

auf der Stroke Unit

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Bei ausgewählten Patienten können bereits in der Akutphase weitere Untersuchungen

notwendig sein:

[ vaskuläre Bildgebung (Ultraschall, CTA, MRA)

[ weiterführende Laboruntersuchungen (▶ Tab. 1)

[ Röntgen des Thorax

[ Lumbalpunktion (bei Verdacht auf SAB und negativer Bildgebung)

[ EEG (bei für epileptische Anfälle suspektem klinischem Bild)

Der Einsatz von „Point of Care"-Testverfahren zur Bestimmung der INR bei Antikoagulation,

Lebererkrankungen oder unklarem Gerinnungsstatus kann zur Verkürzung der Zeit zum Beginn

einer Akuttherapie beitragen (Walter et al., 2011). Nach Einführung der Nicht-Vitamin-K-

abhängigen oralen Antikoagulanzien ist eine sorgfältige Anamnese zum Nachweis einer

Antikoagulation essenziell, da ihr Aktivitätsnachweis im Routine-Labor nicht zuverlässig

möglich ist. Die neuen oralen Antikoagulanzien gehen mit einem vermutlich erhöhten Risiko

einer sekundären Hämorrhagie nach Thrombolyse einher; im Zweifel ist eine systemische

Thrombolyse nicht möglich, wenn die letzte Einnahme nicht länger als 24–48 Stunden zurück

liegt. Unter Therapie mit dem direkten Thrombininhibitor Dabigatran kann mittels

Bestimmung von aPTT, Thrombinzeit oder Ecarinzeit bzw. unter Verwendung spezifischer Tests

(HEMOCLOT) eine Abschätzung der antikoagulatorischen Wirkung erfolgen. Unter Therapie mit

Faktor Xa-Inhibitoren (z.B. Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban) ist die Prothrombinzeit (INR) oft

verlängert, eine normale INR schließt aber eine antikoagulatorische Wirkung von Faktor Xa-

Inhibitoren nicht sicher aus. Mittels Bestimmung der kalibrierten Faktor Xa-Aktivität kann die

antikoagulatorische Wirkung zuverlässig abgeschätzt werden, allerding steht dieses

Laborverfahren ist der Notfallsituation meist nicht mit der erforderlichen Schnelligkeit zur

Verfügung.

Erstdiagnostik in der Akutphase des ischämischen Schlaganfalls

Empfehlungen

[ In der Erstdiagnostik des ischämischen Schlaganfalls erfüllt die unverzüglich

durchzuführende zerebrale Bildgebung einerseits die Funktion des Ausschlusses einer

bei einzelnen Patienten

genetische Biomarker:

[ Morbus Fabry: GLA Aktivität, Gentest

[ CADASIL: Hautbiopsie, Gentest

[ CARASIL: Hautbiopsie, HTRA1

[ MELAS: Urinanalyse, Muskelbiopsie

[ HANAC Syndrom: COL4A1-Mutation

[ RCVL: TREX1-Gen

bei klinischem Verdacht auf spezielle Syndrome

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intrakraniellen Blutung, andererseits kann je nach Auswahl des entsprechenden

Verfahrens eine Lokalisation von infarziertem Gewebe, ischämischen Risikozonen und dem

zugrunde liegenden Gefäßprozess erfolgen. Zur Beurteilung der Ausdehnung von

Frühinfarktzeichen im Nativ- bzw. Perfusions-CT kann der Alberta Stroke Program Early

Computed Tomographic Score (ASPECTS) herangezogen werden.

[ Eine unverzügliche Gefäßdiagnostik mittels CTA (alternativ MRA, wenn ohne Zeitverzug

möglich) sollte bei klinischem Verdacht auf einen proximalen intrakraniellen

Gefäßverschluss insbesondere im Bereich der intrakraniellen A. carotis, der A. cerebri

media im M1- oder M2-Segment und der A. basilaris bei potentiell für eine endovaskuläre

Thrombektomie geeigneten Patienten durchgeführt werden, ohne dass hieraus ein

verzögerter Beginn der systemischen Thrombolyse resultiert. Idealerweise wird die

systemische Thrombolyse nach erfolgter Nativbildgebung im Tomographen gestartet und

die Gefässdarstellung erfolgt erst bei laufender iv-Thrombolyse. Als klinisches Kriterium zur

unmittelbaren Durchführung einer CTA kann bei Infarkten im vorderen Kreislauf der

neurologische Schweregrad gemessen auf der NIHSS-Skala (NIHSS Score ≥6) herangezogen

werden.

[ Während zur Indikationsstellung zur systemischen Thrombolyse innerhalb von 4,5 Stunden

nach Symptombeginn cCT und MRT in ihrer Aussagekraft gleichwertig sind, ist die MRT

vorzuziehen nach 4,5 Stunden bzw. bei unklarem Symptombeginn, nicht eindeutigen

klinischen Symptomen und Verdacht auf eine zerebrale Ischämie im vertebrobasilären

Stromgebiet.

Bei einer akuten zerebralen Ischämie ist eine möglichst zeit- und informationseffektive

Diagnostik notwendig (Szabo et al., 2005; Latchaw et al., 2009). Hierbei zeigt die am weitesten

verbreitete und in den großen klinischen Thrombolysestudien eingesetzte kraniale

Computertomografie (cCT) typischerweise erst etwa 2 Stunden nach Symptombeginn eines

ischämischen Schlaganfalls typische Infarktfrühzeichen: Hypodensität im Parenchym,

verminderte Abgrenzbarkeit der Basalganglien und des kortikalen Bandes oder verstrichene

Sulci und das hyperdense Mediazeichen. Ergänzend kann in bestimmten Situationen unter

Gabe von Kontrastmitteln eine CT-Angiografie (CTA) bzw. eine CT-Perfusion (CTP) zur

Lokalisation eines extra- oder intrakraniellen Gefäßprozesses und/oder der Identifikation

kritisch minderperfundierter Hirnareale durchgeführt werden (Muir et al. 2006). Zur

Beurteilung der Ausdehnung von Frühinfarktzeichen im Nativ- bzw. Perfusions-CT kann der

Alberta Stroke Program Early Computed Tomographic Score (ASPECTS) herangezogen werden.

Vorrangig dient ein niedriger ASPECTS-Score als Marker für ein hohes Risiko für die

Entwicklung eines großen Infarkts und zeigt eine ungünstige Prognose an, bedeutet aber nicht

zwangsläufig den Ausschluss von einer rekanalisierenden Therapie (Psychogios et al., 2013).

Eine unverzügliche Gefäßdiagnostik mittels CTA (alternativ MRA oder transkranielle

Duplexsonografie, wenn ohne Zeitverzug möglich) sollte bei klinischem Verdacht auf einen

proximalen intrakraniellen Gefäßverschluss (insbesondere im Bereich der intrakraniellen A.

carotis, der A. cerebri media im M1- oder M2-Segment und der A. basilaris) bei potentiell für

eine endovaskuläre Thrombektomie geeigneten Patienten durchgeführt werden, ohne dass

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Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 13

hieraus ein verzögerter Beginn der systemischen Thrombolyse resultiert. Als klinisches

Kriterium zur unmittelbaren Durchführung einer CTA (entweder in derselben Sitzung wie die

Nativ-CT oder in einer zweiten Sitzung nach Beginn der systemischen Thrombolyse) kann bei

Infarkten im vorderen Kreislauf der neurologische Schweregrad gemessen auf der NIHSS-Skala

(NIHSS Score ≥6) herangezogen werden. Die Indikationsstellung zur CTA bei Verdacht auf

Verschluss der A. basilaris bzw. Infarkten im vertebrobasilären Kreislauf erfolgt unabhängig

vom NIHSS, weil diese Skala nicht zur Erfassung von Kleinhirn- und Hirnstammsyndromen

ausgelegt ist und weil fluktuierende neurologische Symptome bei Basilarisverschluss häufig

vorkommen.

Die multiparametrische Magnetresonanztomografie (MRT) bietet durch die Verwendung

verschiedener Sequenzen (üblicherweise DWI, SE-T1, T2*, SE-T2 oder FLAIR, MRA und optional

PWI) in einer Untersuchung schnelle und umfassende Informationen über den Gewebezustand

und die Gefäßsituation bei der akuten zerebralen Ischämie. Die diffusionsgewichtete

Bildgebung („diffusion weighted imaging", DWI) erlaubt innerhalb von Minuten den Nachweis

des ischämisch geschädigten Gewebes. In diesem hoch sensitiven Nachweis auch kleiner und

infratentoriell gelegener ischämischer Läsionen besteht die eine wesentliche Überlegenheit

der MRT gegenüber der cCT in der Diagnostik des akuten Schlaganfalls (Muir et al. 2006;

Chalela et al. 2007; Thomalla et al. 2009). Ergänzend lassen sich mittels MR-Angiografie

Verschlüsse und Stenosen der extra- und intrakraniellen hirnversorgenden Arterien

nachweisen; die MR-Perfusion („perfusion weighted imaging", PWI) erlaubt die Darstellung

minderperfundierter Hirnanteile. Über das Missverhältnis zwischen einer großen

Perfusionsstörung und einer kleinen Diffusionsstörung („PWI-DWI-Mismatch") lässt sich vom

Untergang bedrohtes Risikogewebe („tissue at risk of infarction") als Korrelat der Penumbra

abbilden (Schellinger et al., 2010). Ein Nachteil der MRT ist die Einschränkung durch

Kontraindikationen für bestimmte Patienten (z.B. Herzschrittmacher).

Bei Patienten, die innerhalb des 4,5-Stunden-Fensters nach dem Beginn einer eindeutigen

neurologischen Symptomatik diagnostiziert werden, erfolgt die Bildgebung in erster Linie zum

Ausschluss einer ICB. Dies kann mit vergleichbarer Sensitivität sowohl mittels cCT als auch

mittels MRT erfolgen. Im klinischen Alltag ist eine cCT in dieser Situation meist ausreichend

und hat Vorteile der nahezu ubiquitären Verfügbarkeit in der Notfalldiagnostik und der

besseren Möglichkeit zur Überwachung instabiler Patienten. Unter Abwägung aller

individuellen Umstände ist die Methode zu bevorzugen, die am raschesten, zu jeder Zeit, dem

Zustand des Patienten angemessen und kosteneffektiv durchgeführt werden kann und die

notwendigen diagnostischen Hinweise liefert.

Bei Patienten, bei denen der Symptombeginn länger als 4,5 Stunden zurückliegt oder in Fällen,

in denen keine eindeutigen klinischen Symptome vorliegen, oder wenn Ursachen, die einen

ischämischen Schlaganfall vortäuschen können, differenzialdiagnostisch infrage kommen (sog.

„stroke mimics" wie z.B. epileptische Anfälle mit nachfolgender Todd'scher Parese,

psychogene Lähmungen oder Migräne), ist ebenfalls eine rasche zerebrale Bildgebung

notwendig (Förster et al., 2012). In diesen Fällen bietet die MRT Vorteile, da sich hier eine

vermutete Ischämie mittels DWI mit höherer Sensitivität nachweisen lässt. Bei Nachweis von

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Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 14

Risikogewebe über das PWI-DWI- Mismatch kann die Indikation zur Thrombolyse im Rahmen

eines individuellen Heilversuchs gestellt werden. Es gibt jedoch bisher keine eindeutige

Evidenz, dass die Thrombolyse nach dem Mismatch-Konzept zu einem besseren funktionellen

Langzeitergebnis nach ischämischem Schlaganfall führt (Mishra et al., 2010). Grundsätzlich ist

die Indikationsstellung für eine Thrombolyse im Rahmen eines individuellen Heilversuchs auch

über den Nachweis von Risikogewebe mittels CT-Perfusion möglich.

Bei Patienten mit unklarem Symptombeginn (z.B. aus dem Erwachen) kann das Fehlen oder

Vorliegen einer Hyperintensität in den FLAIR-Aufnahmen verwendet werden, um den

Zeitpunkt des Symptombeginns näher einzugrenzen. Die Anwendung dieses Konzepts zur

Auswahl von Patienten mit unbekanntem Symptombeginn (z.B. Bemerken der

Schlaganfallsymptome beim Erwachen) für eine Thrombolyse wird derzeit in einer

randomisierten kontrollierten Studie untersucht (WAKE-UP, Thomalla et al., 2013). Ein anderer

Ansatz ist die Auswahl von Patienten basierend auf der Identifikation von Risikogewebe mittels

„penumbral imaging“ mit MRT oder Perfusions-CT. Dieser Ansatz wird gerade in der EXTEND

sowie in ECASS 4-EXTEND untersucht.

Bei Patienten, bei denen eine zerebrale Ischämie im vertebrobasilären Stromgebiet nach den

klinischen Symptomen vermutet wird, ist die MRT- der CT-Diagnostik vorzuziehen, da die

Ausdehnung der akuten Ischämie besser gelingt und auf ggf. sich entwickelnde Komplikationen

(z.B. raumfordernder Kleinhirninfarkt mit der Gefahr einer Hirnstammkompression) reagiert

werden kann. Wird nach klinischen Kriterien eine Basilaristhrombose oder -embolie vermutet,

sollte in der bildgebenden Diagnostik neben dem Blutungsausschluss eine Darstellung der

intrakraniellen Gefäße, speziell der A. basilaris durch eine CTA oder MRA erfolgen. Die

transkranielle Doppler-/Duplexsonografie reicht bei dieser Fragestellung nicht aus (Brandt et

al., 1999). Eine unverzügliche Diagnosestellung ist auch nach Ablauf des 4,5- Stunden-

Zeitfensters erforderlich, da bei einem Verschluss der A. basilaris eine intravenöse und/oder

intraarterielle Thrombolyse bzw. eine endovaskuläre Therapie im Rahmen eines individuellen

Heilversuchs in Abhängigkeit von zu erwartendem Nutzen und Risiko auch später erwogen

werden kann.

Bei Patienten mit fluktuierenden oder nur gering ausgeprägten neurologischen Symptomen

(z.B. NIHSS <4, „minor stroke") ist gleichermaßen eine sofortige und vollständige diagnostische

Klärung mit dem möglichen Ziel einer systemischen Thrombolyse notwendig

(Chatzikonstantinou et al., 2013; Köhrmann et al., 2009). Eine Behandlung auf einer Stroke

Unit ist insbesondere bei Risikoindikatoren (z.B. ABCD2 Score ≥4) oder Vorliegen einer

Emboliequelle (z.B. Vorhofflimmern, hochgradige Karotisstenose) geboten.

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Erstdiagnostik intrakranieller Blutungen / Subarachnoidalblutungen

Empfehlungen

[ Der Nachweis einer intrazerebralen Blutung gelingt gleichermaßen mittels cCT oder

MRT; hierbei kann die Lokalisation der Blutung Hinweise auf die mögliche Ätiologie

geben.

[ Während bei einer typischen hypertensiven Blutung meist keine diagnostischen

Maßnahmen zur ätiologischen Einordnung erforderlich sind, sollte bei atypischer

Lokalisation, jüngeren Patienten ohne Hypertonie und Verdacht auf ein Aneurysma

oder eine Gefäßmalformation eine weiterführende Gefäßdiagnostik (DSA, alternativ CTA

oder MRA) durchgeführt werden.

[ Bei einer Subarachnoidalblutung sollte innerhalb der ersten 24 Stunden eine DSA mit

der Frage nach einem Aneurysma als Blutungsquelle durchgeführt werden, um eine

unverzügliche Ausschaltung der Blutungsquelle zu ermöglichen.

[ Bei klinischem Verdacht auf eine subarachnoidale Blutung und unauffälliger zerebraler

Bildgebung muss zum endgültigen Ausschluss einer SAB eine Lumbalpunktion

durchgeführt werden.

Der Nachweis einer ICB lässt sich mit cCT und MRT gleichermaßen sicher führen. Historisch

stellt die cCT den Goldstandard für den Nachweis einer ICB dar mit einer Sensitivität von

nahezu 100% (Kidwell u. Wintermark, 2008). Vorteile der cCT sind die nahezu ubiquitäre

Verbreitung in Krankenhäusern mit Notfallversorgung, die rasche Verfügbarkeit und die

Möglichkeit, relativ unproblematisch auch schwer betroffene und überwachungspflichtige

Patienten zu untersuchen. Mittels multiparametrischer MRT-Bildgebung insbesondere unter

Verwendung von Gradientenecho- bzw. T2*-gewichteten Sequenzen kann eine ICB mit

mindestens vergleichbarer Sensitivität wie in der cCT nachgewiesen werden (Fiebach et al.,

2004). Beide Methoden sind ebenfalls geeignet zur Dokumentation einer Blutungsprogredienz

einschließlich früher Komplikationen (progredientes Hirnödem, Mittellinienverlagerung,

Liquorzirkulationsstörung). Bei etwa 25% der ICB kommt es zu zusätzlichen Ischämien. Diese

sind mit der MRT besser nachweisbar als mit der cCT (Gregoire et al., 2011). Mittels

transkraniellem Ultraschall lassen sich bei Vorhandensein eines temporalen Schallfensters

intrazerebrale Blutungen ebenfalls nachweisen (Kern et al., 2008; Meyer-Wiethe et al., 2009).

Aufgrund der methodischen Grenzen (inkomplette Beschallbarkeit des Gehirns,

Untersucherabhängigkeit, ungenügendes Schallfenster bei bis zu 20% aller Patienten) eignet

sich die Ultraschalldiagnostik jedoch nicht zum Nachweis bzw. Ausschluss einer ICB in der

Notfallsituation. Sie kann jedoch als nicht invasive Verlaufsuntersuchung die Progredienz einer

Blutung dokumentieren und im Verlauf nach Subarachnoidalblutung das Auftreten von

arteriellen Gefäßspasmen darstellen.

Machen Anamnese und Lokalisation der Blutung eine typische hypertensive Blutung

wahrscheinlich, ist in aller Regel keine weitere Diagnostik zur ätiologischen Einordnung

notwendig. Hypertensive ICB treten bevorzugt in den tieferen Hirnstrukturen wie den

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Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 16

Basalganglien und im Thalamus auf. Weitere typisch hypertensive Blutungen liegen im

Kleinhirn und im Hirnstamm. Die meisten der nicht hypertensiven Ursachen intrazerebraler

Blutungen führen dagegen zu lobären Einblutungen. Bei fehlenden Hinweisen auf eine

arterielle Hypertonie, jungen Patienten oder einer atypischen Lage der Blutung muss daher

eine ergänzende Diagnostik zum Ausschluss einer Blutungsquelle erfolgen. Wichtig sind zudem

die Anamnese bezüglich vom Patienten eingenommener Antikoagulanzien und die Analyse des

Gerinnungsstatus zur Planung der erforderlichen Therapie (z.B. Gabe von

Prothrombinkomplex, Frischplasma, Operation). Bei Verdacht auf eine Einblutung in einen

Tumor, eine hämorrhagische Enzephalitis, ein Hämangiom oder eine Kavernomblutung sollte

eine MRT durchgeführt werden, wenn die primäre Diagnostik eine cCT war. Da die ICB durch

lokale Raumforderung eine eventuelle Blutungsquelle in der Akutphase maskieren kann, ist bei

Verdacht auf eine sekundäre Blutung ohne Nachweis einer Ätiologie eine Wiederholung der

Bildgebung nach Resorption der Blutung (in der Regel nach ca. 4–6 Wochen) indiziert. Eine DSA

ist nur in Einzelfällen erforderlich.

Bei Verdacht auf ein Aneurysma, eine Durafistel oder eine arteriovenöse Malformation als

Ursache der Blutung sollte eine digitale Subtraktionsangiografie (DSA) durchgeführt werden.

Alternativ kann primär auch eine nicht invasive Diagnostik mittels CTA oder MRA erfolgen. Sind

diese Befunde nicht schlüssig, muss eine DSA aller Hirnarterien angeschlossen werden. Wird

eine Sinus- oder Hirnvenenthrombose vermutet, sollte eine Darstellung der venösen Blutleiter

mittels CTA oder MRA erfolgen.

Bei älteren Patienten mit lobärer Blutungslokalisation und typischen Befunden in der

Bildgebung (chronische Lobärblutungen, multiple kortiko-subkortikale Mikroblutungen,

kortikaler superfizieller Siderose und „White Matter Lesions") ist die Diagnose einer zerebralen

Amyloidangiopathie sehr wahrscheinlich (Viswanathan u. Greenberg, 2001; Charidimou, 2016).

Diese Befunde lassen sich in der mittels T2*-gewichteter bzw. suszeptibilitätsgewichteter

Bildgebung (SWI) zuverlässig nachweisen.

Eine SAB kann mit der cCT innerhalb der ersten 12–24 Stunden nach Symptombeginn mit einer

Sensitivität von über 90 % diagnostiziert werden, dann nimmt die Sensitivität jedoch deutlich

ab (50% nach einer Woche, 30% nach 2 Wochen, annähernd 0% innerhalb von 3 Wochen

(Bederson et al., 2009). Die MRT ist im Nachweis einer SAB der cCT mindestens gleichwertig.

Bei unauffälliger Bildgebung kann die Lumbalpunktion mit dem Nachweis von Xanthochromie

oder Hämosiderophagen, die nach ca. 12 Stunden nach Blutungsereignis nachweisbar sind,

diagnostisch die einzig verbleibende richtungweisende Information ergeben und ist deshalb

bei wegweisender Klinik und fehlendem Blutungsnachweis in der Bildgebung zwingend

erforderlich. Bei weniger als 6 Stunden zurückliegendem Ereignis und unauffälligem

neurologischen Befund ist ein technisch gut durchgeführtes und von einem erfahrenen

Neuroradiologen befundetes Nativ-CT in der Regel diagnostisch ausreichend sicher (Dubosh et

al., 2016). Bei Nachweis einer SAB sollte innerhalb der ersten 24 Stunden eine DSA aller

hirnversorgenden Arterien erfolgen, um ein Aneurysma als Blutungsquelle nachzuweisen und

ggf. weitere Aneurysmen zu erkennen, die die Langzeitprognose beeinflussen. Aufgrund der

verbesserten Technik von CTA und MRA und dem deutlich geringeren Aufwand werden diese

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nicht invasiven Verfahren im weiteren Verlauf eingesetzt. Die Sensitivität der MRA für den

Aneurysmanachweis liegt zwischen 55 und 93%, wobei dieser Wert stark von der

Aneurysmagröße sowie der MR-Technik und deren Qualität abhängt. Die Sensitivität der CT-

Angiografie liegt bei 77–100% und hängt ab von der Größe und Lokalisation des Aneurysmas

sowie von der CT-Technik und Expertise des Radiologen. Bei Aneurysmen >5 mm steigt die

Sensitivität bei beiden Verfahren auf 85–100%. Ist die primäre Gefäßdiagnostik negativ, ist

eine erneute angiografische Diagnostik im Intervall, z.B. nach 1 Woche, zu diskutieren.

Bei der Sonderform einer perimesenzephalen Blutung lässt sich typischerweise kein

Aneurysma finden. Bei dieser Art der Blutung wird ätiologisch eine Blutung aus der kapillären,

venösen Mikrozirkulation diskutiert. Diese Blutungen haben eine wesentlich günstigere

Prognose und nahezu nie Rezidivblutungen. Hier kann bei typischer Lokalisation der Blutung

und komplikationslosem klinischem Verlauf auf eine Re-Angiografie verzichtet werden.

Nicht invasive bildgebende Verfahren (cCT, MRT) und Verlaufskontrollen erleichtern bei

epiduralen und subduralen Blutungen die Erkennung möglicher Komplikationen und eine

zeitgerechte Entscheidung zur operativen Intervention.

Diagnostik von Thrombosen zerebraler venöser Blutleiter

Empfehlungen

[ Eine Thrombose zerebraler Venen und Sinus kann mittels cCT und CT-Venografie oder MR

und MR-Venografie dargestellt werden. Erstere lässt sich mit nur geringem zeitlichem

Mehraufwand im Anschluss an eine native cCT durchführen, letztere liefert auch eine

detailliertere Parenchymdarstellung und kann die Akuität der Erkrankung näher

beschreiben.

[ Eine DSA ist nur bei bestimmten Fragestellungen und unklaren nicht invasiven

Befundergebnisse angezeigt. In der Anamnese und ggf. in einer entsprechenden

Labordiagnostik sollte nach der Ursache der Thrombose einschließlich möglicher

Gerinnungsstörungen gesucht werden.

In der Primärdiagnostik von Thrombosen der zerebralen venösen Blutleiter spielen

bildgebende Verfahren (cCT, MRT) eine zentrale Rolle (Bousser u. Ferro 2009). Neben der

Lokalisation der Stauungsblutungen in der nativen cCT sind nach Kontrastmittelgabe

gelegentlich indirekte Zeichen („cord sign", „empty triangle sign") zu finden. Eine CT-

Venografie lässt sich mit nur geringem zeitlichem Mehraufwand im Anschluss an eine native

cCT durchführen und kann eine Thrombose mit hoher diagnostischer Sicherheit darstellen. Die

kraniale MRT mit MR-Venografie ist die Methode der Wahl: Neben der Darstellung der

venösen Blutleiter dienen native und kontrastmittelunterstützte Aufnahmen der

Thrombuslokalisation und der näheren Beschreibung der Akuität der Erkrankung. Auch eine

isolierte Brückenvenenthrombose kann mit der MRT besser dargestellt werden. Eine DSA ist

nur noch selten und bei bestimmten Fragestellungen (z.B. Nachweis einer kortikalen

Thrombose) und unklaren nicht invasiven Befundergebnisse angezeigt (Saposnik et al. 2011).

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EEG-Veränderungen (z.B. Allgemeinveränderung, Herdbefund, epilepsietypische Zeichen) und

Liquorbefunde (z.B. erhöhter Liquordruck, milde Pleozytose in ca. 50%) unterstützen die

Diagnosestellung. D-Dimere sind in der Akutsituation bei der Mehrzahl von Patienten mit einer

Thrombose zerebraler venöser Blutleiter erhöht, insbesondere bei fokalen neurologischen

Symptomen. Bei Patienten mit Kopfschmerzen als alleinigem Symptom können sie aber auch

normal sein. Die Bestimmung von D-Dimeren reicht daher zum alleinigen Ausschluss einer

Thrombose der zerebralen venösen Blutleiter nicht aus.

Zur ätiologischen Diagnostik bei einer Thrombose der venösen Leiter des Gehirns sollten

Untersuchungen des Gerinnungssystems stattfinden, um etwaige genetische Konstellationen

einer erhöhten Thromboseneigung zu detektieren (s. ▶ Tab. 1). Außerdem sollte das Vorliegen

anderer disponierender Faktoren (Einnahme von oralen Kontrazeptiva) und Erkrankungen

(Malignome, hämatologische Erkrankungen, Kollagenosen, Vaskulitiden) bedacht und ggf.

ausgeschlossen werden.

Diagnostik in der Sekundärprävention

Diagnostische Maßnahmen in der Frühphase nach Schlaganfall

Empfehlungen

[ Unmittelbar nach stationärer Aufnahme sollte auf der Stroke Unit ein kontinuierliches

Monitoring der Vitalparameter (EKG, Herzfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffsättigung,

Atemfrequenz, Temperatur) und des neurologischen Befunds erfolgen, um frühe

Komplikationen unmittelbar detektieren und behandeln zu können sowie schnellstmöglich

Hinweise auf die Ätiologie des Schlaganfalls zu gewinnen.

[ Im Falle einer klinischen Verschlechterung sind spezifische diagnostische Maßnahmen zu

ergreifen (z.B. Kontroll-Bildgebung bei Zunahme des NIHSS, Labordiagnostik und Suche

eines Infektfokus bei Verdacht auf Infektion)

[ Eine Darstellung der Gefäße (Aorta, extrakranielle und intrakranielle Hirnarterien) und des

Herzens dient der frühzeitigen Erkennung von behandlungsbedürftigen

Risikokonstellationen.

Nach einer akuten zerebrovaskulären Erkrankung führen frühe Re-Ischämien oder erneute

Blutungen und subakute Sekundärkomplikationen zu einer Zunahme der Letalität. Daher ist ein

intensives Monitoring des klinisch- neurologischen Status, der Parameter wie Blutdruck, Puls,

Herzrhythmus, Sauerstoffsättigung, Blutzucker sowie der infektionsrelevanten Laborparameter

nach den Empfehlungen der DSG (www.dsg-info.org) auf einer speziellen Stroke Unit nötig. Ein

kontinuierliches Blutdruck-Monitoring ist erforderlich, um intraindividuelle Schwankungen zu

erfassen. Während in der allgemeinen Prävention nach den Empfehlungen der European

Society of Hypertension (ESH) Blutdruckwerte in einen niedrigst tolerierbaren Bereich

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(<140/90 mmHg) eingestellt werden (bei schweren kardiovaskulären Ereignissen nicht unter

110/80 mmHg), sollten in der Phase eines akuten ischämischen Ereignisses keine

durchgreifenden Blutdrucksenkungen vorgenommen werden, sofern nicht 220/120 mmHg

überschritten werden oder eine Thrombolysetherapie erfolgt. Auch starke

Blutdruckschwankungen – insbesondere bei zeitweise vorliegenden systolischen und

diastolischen Werten im Normbereich – sind als eigener Risikofaktor besonders in der

Akutbehandlung diskutiert worden. Bei Patienten mit ICB sind bereits ab Werten über

140/90 mmHg Maßnahmen zur Blutdrucksenkung zu ergreifen.

Bei allen Patienten sollte frühzeitig nach stationärer Aufnahme ein Lipidprofil erstellt werden

(s. ▶ Tab. 1), um in der weiteren Sekundärprophylaxe unabhängig vom Ausgangswert für

Cholesterin und auch bei nicht manifester koronarer Herzerkrankung möglichst eine Reduktion

des LDL-Cholesterins von unter 50% des Ausgangswerts einstellen zu können. Kontrollen des

Eingangswerts und im stationären Verlauf unter definierten Ernährungsbedingungen sind

sinnvoll. Blutzuckerwerte sollten regelmäßig bestimmt und anfangs moderat und später

strenger korrigiert werden, um gefährliche Hypoglykämien zu vermeiden. Obwohl der Nutzen

der konservativen medikamentösen Korrektur erhöhter Körpertemperaturen nicht belegt ist,

sollten regelmäßige Temperaturmessungen erfolgen und die Temperatur bei Fieber (>37,5 °C)

gesenkt werden. Möglichst früh nach Aufnahme auf die Stroke Unit, zumindest vor Gabe oraler

Kost, sollte bei allen Schlaganfallpatienten ein qualifizierter diagnostischer Schluckversuch

unternommen werden, um etwaige Schluckstörungen aufzudecken und die Ernährung

entsprechend anpassen zu können. Weitere Maßnahmen der Infektprophylaxe sind frühzeitige

Mobilisation und die Kontrolle infektionsrelevanter Laborparameter. Bei Patienten mit

Verdacht auf Vorhofflimmern als Ursache des durchgemachten ersten Schlaganfallereignisses

oder zwischenzeitlich erworbener Zusatzerkrankungen können kontinuierliches EKG-

Monitoring, mehrtägiges Holter-Monitoring oder auch andere Verfahren (z.B. Event-Recorder)

zum Einsatz kommen.

Subakut können sich bei zerebrovaskulären Erkrankungen Veränderungen ergeben, die

therapeutische Konsequenzen nach sich ziehen. So treten durch Re-Ischämien, beim malignen

Mediainfarkt oder bei sekundären parenchymatösen Blutungen durch ein progredientes

Hirnödem Verschlechterungen des klinisch-neurologischen Befundes (NIHSS) auf, die ggf. eine

medikamentöse oder operative Behandlung erfordern. Darüber hinaus ergeben die

Lokalisation und die Form einer zerebrovaskulären Läsion Hinweise auf die Ätiologie, was für

die Wahl sekundärpräventiver Maßnahmen wesentlich ist. Wird z.B. in der Frühsituation bei

einem ischämischen Schlaganfall eine cCT durchgeführt, ist der Befund oft noch unauffällig,

sodass die Läsion erst in einer Verlaufsbildgebung visualisiert werden kann. Eine Darstellung

der Gefäße (Aorta, extrakranielle und intrakranielle Hirnarterien) und des Herzens dient

zusätzlich der frühzeitigen Erkennung von behandlungsbedürftigen Risikokonstellationen. Von

vorrangiger Bedeutung innerhalb der ersten 24 Stunden nach stationärer Aufnahme ist der

Doppler-/duplexsonografische Nachweis einer extrakraniellen symptomatischen hochgradigen

Karotisstenose mit entsprechender Notwendigkeit einer frühzeitigen therapeutischen

Intervention.

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Aus dem Verteilungsmuster der vaskulären Risikofaktoren sowie der ätiologischen Faktoren

eventueller früherer Schlaganfallereignisse lässt sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis der

geplanten sekundärpräventiven Maßnahmen erarbeiten. Ausgeprägte Risikoscores (z.B.

CHA2DS2-VASc-Score [Lip et al., 2010], Essen-Risiko-Score [Weimar et al., 2009]) machen ggf.

eine Intensivierung der medikamentösen konservativen Therapie erforderlich. Auch nach

Abschluss der stationären Behandlung sind Hinweise auf Verhaltensmaßnahmen bei erneuten

Schlaganfallereignissen und die Erläuterung möglicher Symptome Inhalt der hausärztlichen

und ambulanten Patientenbetreuung. Wiederholte Langzeitmessungen von Blutdruck und

Herzaktionen sollten ins Repertoire dieser Kontrolluntersuchungen ebenso wie Besprechungen

der Medikamentencompliance und Lifestyle-Modifikation (besonders bei Patienten mit

Diabetes mellitus neben der regelmäßigen Bestimmung des HbA1c-Wertes) stattfinden.

Spezielle Verfahren zur ätiologischen Abklärung einer akuten zerebrovaskulären Erkrankung

Empfehlungen

[ Die extra- und transkranielle Doppler- und Duplexsonografie sind schnelle, am

Patientenbett durchführbare und zum Monitoring geeignete nicht invasive Methoden, die

ätiologische und prognostische Zusatzinformationen über den individuell aktiven

Gefäßprozess erbringen. In Kombination mit den Befunden aus der zerebralen

Schnittbildgebung ergeben sich damit eine bessere ätiologische Klärung und prognostische

Einschätzung.

[ Bei der weiteren ätiologischen Klärung einer zerebrovaskulären Erkrankung muss eine

kardiale Abklärung (EKG, EKG-Monitoring, Echokardiografie, Herz-MRT, Langzeit-EKG,

erweiterte Rhythmusdetektion) mit der Frage nach einer kardialen Emboliequelle erfolgen.

[ Bei Fehlen anderer Erklärungen oder klinischen Hinweisen sollten Untersuchungen auf

mögliche seltenere Ursachen von Schlaganfällen wie Dissektion, Vaskulitis oder

Gerinnungsstörungen erfolgen.

Die Ultraschalluntersuchung der extra- und intrakraniellen Arterien erfüllt verschiedene

Funktionen in der Schlaganfalldiagnostik. Einerseits stellt sie eine schnelle und vor allem am

Patientenbett durchführbare Gefäßuntersuchung dar, andererseits lassen sich verschiedene

funktionelle Situationen sehr gut im Verlauf beobachten. In Kombination mit den Daten aus

der zerebralen Schnittbildgebung ist damit eine Befundaktualisierung und genauere

ätiologische Klärung und somit auch eine verbesserte frühe Sekundärprophylaxe möglich. Sehr

wichtig ist der Doppler/-duplexsonografische Nachweis einer hochgradigen Karotisstenose, um

eine frühe therapeutische Intervention (Operation bzw. Intervention) in den ersten Tagen zu

ermöglichen. Andererseits erbringt die detaillierte extra- und transkranielle Doppler-

/Duplexsonografie weitere Hinweise zur Ätiologie des Schlaganfalls bei Gefäßprozessen

atherosklerotischer oder entzündlicher Ursache bzw. bei Dissektionen, letztere mit

charakteristischen Befundkonstellationen im Ultraschall (z.B. Nachweis eines Wandhämatoms

mit langstreckig, nach distal sich verjüngender Stenosierung) und MRT (z.B. halbmondförmige

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Darstellung des Wandhämatoms in fettsupprimierten T1- und T2-gewichteten Aufnahmen).

Die Analyse der Plaquemorphologie im B-Bild dient neben der Doppler-sonografischen

Messung der Flussbeschleunigung im Stenosemaximum der Risikoeinschätzung

atherosklerotischer Läsionen. Bei der Riesenzellarteriitis, Takayasu-Arteriitis und Vaskulitis

finden sich typische Veränderungen an den hirn- und muskelversorgenden Gefäßen (z.B. Halo-

Effekt der A. temporalis superficialis). In den intrakraniellen Gefäßen können anhand der

Strömungsgeschwindigkeiten, der Flussrichtung und der Morphologie in der

Duplexuntersuchung Verschlüsse, Stenosen und Kollateralisationen dargestellt werden. Bei

einer akuten zerebralen Ischämie kann die TCD die Rekanalisation eines akuten

Gefäßverschlusses z.B. während der Thrombolyse rasch und nicht invasiv am Krankenbett

nachweisen. Zusätzlich ist unter Verwendung von Ultraschall-Kontrastmitteln die

semiquantitative Untersuchung der Hirnperfusion möglich.

Spezielle funktionelle Ultr aschalluntersuchungen können Hinweise auf Mikroembolien („high

intensity transient signals", HITS), paradoxe Embolien oder die intrakranielle Reservekapazität

geben und somit dazu beitragen, eine in ihrer hämodynamisch/embolischen Kapazität

progrediente Karotisstenose besser einzuschätzen. Zum Nachweis und zur Beurteilung der

Relevanz eines Rechts-links-Shunts ist die funktionelle TCD vor und während intravenöser

Kontrastmittelapplikation (üblicherweise mit agitierter Kochsalzlösung oder HAES) der TEE

gleichwertig.

Herzrhythmusstörungen sind häufige Ursachen zerebrovaskulärer Erkrankungen, bisweilen

sind sie unmittelbar während des Schlaganfallereignisses schon zu erkennen, nicht selten aber

auch trotz wiederholter und intensiver Suche lange Zeit nicht nachweisbar. Auch ein

gleichzeitig auftretendes akutes koronares Syndrom – nicht selten ohne typische klinische

Beschwerden – ist nicht so selten wie lange angenommen. Es lässt sich aber bei frühzeitiger

Bestimmung der hs-Troponinwerte, wenn diese oberhalb des Normbereichs und insbesondere

bei einer Kontrolluntersuchung ansteigende Werte ergeben, vermuten. Dies erfordert eine

unmittelbare kardiologische Zusatzdiagnostik (ggf. Koronarangiografie, Herz-MRT),

insbesondere wenn eine koronare Herzerkrankung bekannt ist (Anders et al., 2013). Neben

dem kontinuierlichen EKG-Monitoring auf der Stroke Unit sollten auch bei initial fehlendem

Nachweis einer Herzrhythmusstörung aber fortbestehendem dringendem Verdacht auf ein

asymptomatisches, paroxysmales Vorhofflimmern weitere diagnostische Maßnahmen

ergriffen werden (z.B. wiederholte Holter-EKGs oder Einsatz von Event-Recordern).

Kardiale Embolien sind die zweithäufigste Ursache ischämischer Schlaganfälle nach

Atherosklerose der großen Arterien und verantwortlich für etwa 25–30% aller Hirninfarkte

(Grau et al., 2010). Vorhofflimmern stellt dabei mit steigendem Lebensalter die häufigste

Ursache kardialer Embolien vor allem aus Thromben des linken Herzohrs dar, jedoch gibt es

darüber hinaus andere mögliche kardiale Emboliequellen wie z.B. eine schwere

Herzinsuffizienz, systolische Funktionsstörung oder Wandbewegungsstörungen bei

Kardiomyopathie oder nach Myokardinfarkten, Thromben in linkem Vorhof oder Ventrikel,

Klappenveränderungen, aber auch seltenere Befunde wie ein Myxom des Vorhofs (Hart, 1992).

Es besteht daher ein grundsätzlicher Konsens, dass die Echokardiographie mit transthorakaler

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und transösophagealer Echokardiographie (TTE und TEE) ein wichtiger Bestandteil zu Nachweis

und Lokalisation kardialer Emboliequellen in der Schlaganfalldiagnostik darstellt. Allerdings

gibt es weder in der Neurologie noch der Kardiologie eine konsentierte Richtlinie, die festlegt,

bei welcher vermutlichen Ursache eines Schlaganfalls eine TTE oder TEE bzw. überhaupt eine

Echokardiografie durchgeführt werden muss.

TTE und TEE weisen spezifische Vor- und Nachteile auf. Dabei ist die TTE als nicht-invasive

Untersuchung einfacher in der Durchführung und kann im Prinzip jederzeit und ohne

besondere Vorbereitung am Krankenbett durchgeführt werden. Die diagnostische

Aussagekraft kann in Abhängigkeit von den Schallbedingungen (z.B. bei Adipositas) stark

eingeschränkt sein. Die TEE erfordert demgegenüber in aller Regel eine Sedierung des

Patienten mit den entsprechenden Anforderungen an Vorbereitung und Überwachung des

Patienten während und nach der Untersuchung.

Die Ergebnisse von Studien, welche versucht haben, den diagnostischen Nutzen der TTE wie

der TEE bei Schlaganfallpatienten einzuschätzen, sind widersprüchlich. In allen Studien aber

war der Anteil der Patienten, bei denen sich allein aus der TEE ein Befund mit eindeutiger

Therapiekonsequenz (also z.B. die leitliniengerechte Indikation zur oralen Antikoagulation oder

eine Indikation zur Operation bei Vorhofmyxom oder Endokarditis) ergab, gering, so z.B. in

keinem von 211 Patienten mit Sinusrhythmus und normalem TTE (Leung et al., 1995), in

weniger als 1% von 1.833 Schlaganfallpatienten mit Sinusrhythmus (Cho et al., 2010), oder in

einem von 212 Fällen (Harloff et al., 2006). In der Abwägung von möglichem Nutzen, Aufwand

und des invasiven Charakters der TEE können daher folgende Empfehlungen gegeben werden:

[ Bei Patienten mit Hirninfarkt oder TIA ist die Durchführung einer Echokardiografie

(TTE/TEE) sinnvoll, insbesondere wenn keine eindeutige Schlaganfallursache vorliegt.

[ Bei Patienten mit kardiovaskulärem Risikoprofil kann eine Echokardiographie auch dann

sinnvoll sein, wenn eine kardiale Embolie nicht vermutet wird oder bereits ein

Vorhofflimmern bekannt ist (Abschätzung der Herzfunktion, Nachweis von Thromben,

Vorbereitung etwaiger interventioneller Therapien, z.B. eines Vorhofohr- oder PFO-

Verschlusses). Ist eine TTE aufgrund der Schallbedingungen nicht aussagekräftig, ist

alternativ eine TEE zu erwägen.

[ Bei klinischem Verdacht auf eine Endokarditis (z.B. Abgeschlagenheit, Inappetenz,

subfebrile Temperaturen, Herzgeräusch, Hautembolien, Hinweise auf eine septische

Herdenzephalitis in der Bildgebung) sollte unverzüglich eine Echokardiographie (TTE/TEE)

erfolgen.

In der letzten Zeit haben Methoden der erweiterten Rhythmusdetektion zunehmend

Verbreitung gefunden. Eine wichtige Rolle hierbei spielt die Entwicklung implantierbarer

Ereignisrekorder („event recorder“), die nach einer subkutanen Anlage eine kontinuierliche

EKG-Erfassung einschließlich einer automatisierten Detektion von Episoden paroxysmalen

Vorhofflimmerns erlauben. Die multizentrische CRYSTAL-AF-Studie, in der Patienten mit

kryptogenen ischämischen Schlaganfällen randomisiert entweder einen implantierbaren

Ereignisrekorder erhielten oder konventionell verlaufsuntersucht wurde, ergab eine

Detektionsrate von 12,4% von paroxysmalem Vorhofflimmern nach 12 Monaten mit einem

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Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 23

implantierten Ereignisrekorder verglichen mit 2,0% in der Kontrollgruppe (Sanna et al., 2014).

Auch in der EMBRACE-Studie, in der ein nicht-invasives System zur kontinuierlichen EKG-

Ableitung über 4 Wochen verwendet wurde, zeigte sich eine deutlich höhere Detektionsrate

paroxysmalen Vorhofflimmerns verglichen mit Patienten, die nur ein 24-Stunden-LZ-EKG

erhielten (Gladstone et al., 2014). Analog zeigt eine Metaanalyse verschiedener Studien zur

erweiterten Rhythmusdetektion einen kontinuierlichen Anstieg der Detektionsrate von

paroxysmalem Vorhofflimmern in Abhängigkeit von der Intensität der gewählten Methode

während oder nach einem stationären Aufenthalt nach ischämischem Schlaganfall an. Dabei

erreichen kontinuierliche Analyseverfahren (Ereignisrekorder) die höchsten Detektionsraten

verglichen mit diskontinuierlichen Verfahren wie z.B. wiederholten Holter-EKGs (Sposato et al.,

2015).

Belege, dass eine erweiterte Rhythmusdetektion tatsächlich über eine höhere Detektionsrate

von paroxysmalem Vorhofflimmern von klinischer Relevanz mit einer daraus resultierenden

Initiierung einer Antikoagulation zur Reduktion der Schlaganfall-assoziierten Morbidität und

Mortalität führt, liegen bislang aber nicht vor. Dies liegt u.a. an speziellen Algorithmen dieser

Verfahren und den Definitionen, die zur klinischen Diagnose eines Vorhofflimmens führen.

Dennoch ist wahrscheinlich, dass bestimmte Patienten von einer erweiterten

Rhythmusdetektion profitieren. Zur deren Identifikation wurde das ESUS-Konzept („embolic

stroke of unknown source“) vorgeschlagen (Hart et al., 2014). Die ESUS-Kriterien fordern den

bildmorphologischen Nachweis eines nicht-lakunären Hirninfarkts mittels CT oder MRT nach

Ausschluss einer den Infarkt erklärenden anderen Ätiologie (z.B. einer signifikanten

Carotisstenose >50%). Als diagnostische Mindestkriterien für ESUS werden eine transthorakale

Echokardiografie, eine extra- und intrakranielle Gefäßdarstellung und ein Langzeit-EKG über

24 Stunden gefordert. Auch anhand weiterer kardial-struktureller und anamnestischer

Kriterien lassen sich Wahrscheinlichkeiten für das Vorliegen eines bislang unentdeckten

paroxysmalen Vorhofflimmerns ableiten (z.B. dilatierter linker Vorhof, verlängertes PR-

Intervall, Vorliegen eines OSAS) (Thijs et al., 2016).

Folgende Empfehlungen für den Einsatz von diagnostischen Verfahren zur erweiterten

Rhythmusdetektion lassen sich ableiten:

[ Eine erweiterte Rhythmusdetektion in der stationären oder poststationären Phase nach

einem ischämischen Schlaganfall sollte in Betracht gezogen werden, wenn in der

zerebralen Bildgebung mittels CT oder MRT ein mutmaßlich embolischer Hirninfarkt

nachgewiesen wurde und die zuvor erfolgte gründliche Ätiologiediagnostik keinen

Nachweis eine kardialen oder arteriellen Emboliequelle erbracht hat. Als minimal

durchzuführende Ätiologiediagnostik ist eine Langzeit-EKG-Überwachung über mindestens

24 Stunden, eine Untersuchung der extra- und intrakraniellen Arterien mittels Ultraschall

(obligat), ggf. zusätzlich CT-A oder MR-A, und eine transthorakale Echografie jeweils ohne

wegweisende Befunde zu fordern (ASCOD-Kriterien C = 0–1).

[ Kontinuierliche Detektionsverfahren (implantierbare Ereignisrekorder) sind wegen der

höheren Detektionsrate von paroxysmalem Vorhofflimmen diskontinuierlichen Verfahren

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Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 24

vorzuziehen, allerdings können diesen Befunden noch keine gültigen therapeutischen

Konsequenzen gegenübergestellt werden.

Ergeben die routinemäßig erhobenen diagnostischen Untersuchungen keine

richtungweisenden ätiologischen Befunde, sollten weitere Spezialuntersuchungen stattfinden,

um außer atherosklerotischen (A), „small-vessel-disease“ (S), kardialen Pathologien (C),

Dissektionen (D) auch andere seltenere Erkrankungen (O), die in der ASCOD Klassifikation nach

Phänomenologie und Evidenzlevel gelistet sind, zu detektieren (Amarenco et al., 2013).

Beispielsweise sollte bei einer klinischen Konstellation mit Fieber, Nachtschweiß,

Gewichtsverlust, Adynamie, bei Symptomen aus dem rheumatischen Beschwerdekomplex

sowie bei Laborbefunden mit einer Erhöhung von Akutphasenproteinen (BSG, CRP),

Fibrinogen, Immunkomplexen, C3/C4, Leukozytopenie, Blutbildveränderungen (z. B.

Thrombozytopenie oder Anämie) eine Diagnostik bezüglich einer systemischen Vaskulitis

erfolgen. Dazu zählen sowohl die Erhebung allgemeiner Entzündungsparameter als auch

spezifische Antikörpernachweise oder der Nachweis anderer Immunparameter

(Autoantikörper gegen das Zytoplasma neutrophiler Leukozyten mit der

Antigendifferenzierung in pANCA und cANCA, Eosinophile, IgE, Kryoglobuline). Wird klinisch

eine Kollagenose vermutet, sollten laborchemisch ein systemischer Lupus erythematodes

(Doppelstrang-DNA-Antikörper), Sjögren-Syndrom (SSA- und SSB- Autoantikörper) und eine

rheumatoide Arthritis (Rheumaserologie) differenziert werden. Bei der isolierten zerebralen

Vaskulitis handelt es sich in der Regel um ein schweres klinisches Krankheitsbild mit Blutungen,

Infarkten und Liquorveränderungen, die manchmal nur mittels leptomeningealer und

kortikaler Biopsie ätiologisch gesichert werden kann. Zum detaillierten Vorgehen bei Verdacht

auf zerebrale Vaskulitis wird auf die Leitlinie „Zerebrale Vaskulitis" verwiesen.

Zur Klärung von Koagulopathien sollten bei Hinweisen auf eine mögliche paradoxe Embolie

diagnostisch die bekannten Ursachen für eine venöse Thrombose einbezogen werden – nach

den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Angiologie sind die klinischen und

ultraschalldiagnostischen Parameter in ihrer Aussagekraft vor den Laborwerten, sowohl

prozedural als auch nach der Wertigkeit, einzureihen. Bei positivem Befund einer APC-

Resistenz steht eine Testung auf eine heterozygote oder homozygote Faktor-V-Leiden- und

Prothrombin-G20210A-Mutation sowie auf einen Antithrombin-, Protein-C- und/oder Protein-

S-Mangel zur Verfügung. Ein gesicherter Zusammenhang zwischen primären Thrombophilien

und der arteriellen Genese eines Schlaganfalls ist bisher nicht nachgewiesen. Eine Indikation

zur Antikoagulation aus diesen Laborbefunden bedarf einer strengen Nutzen-Risiko-Abwägung

(Morris et al., 2010).

Schlaganfälle können auch im Zusammenhang mit einer malignen Erkrankung auftreten.

Besonders häufig ist dies bei Bronchial- und Pankreas-Karzinomen der Fall (Schwarzbach et al.,

2012). Koinzidente venöse Thrombosen, Lungenembolien und erhöhte D-Dimere sind

verdächtig für das Vorliegen Tumor-assoziierter Schlaganfälle. Falls eine Neoplasie nicht

bekannt ist, sollte daher bei zerebralen Ischämien und erhöhtem D-Dimer und/oder venösen

Thrombosen eine Tumorsuche eingeleitet werden.

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Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 25

Bei Schlaganfallpatienten mit rezidivierenden thrombotischen Ereignissen in der

Vorgeschichte, Frauen mit Fehlgeburten, Thrombozytopenie und Hautnekrosen muss

differenzialdiagnostisch ein Antiphospholipid-Antikörper- Syndrom erwogen werden. Hierzu

sollten die maßgeblich relevanten Untergruppen der Antiphospholipid-Antikörper getestet

werden (Lupus-Antikoagulans-, Anticardiolipin- und Anti-β2-Glykoprotein-Antikörper).

Selten können auch erregerbedingte Vaskulitiden ischämische Schlaganfälle verursachen.

Daher ist bei Schlaganfällen unklarer Ätiologie und Zeichen einer systemischen Infektion eine

erweiterte Labordiagnostik aus Serum und Liquor notwendig. Dabei sollten Erregernachweise

bzw. Titerbestimmungen für Lues, Borrelien, Mykoplasmen, Chlamydien, die Herpesgruppe,

speziell VZV, CMV, Hepatitis B und C, HIV, Toxoplasmose und Zystizerkose erfolgen.

Gegebenenfalls kann eine Biopsie die einzige Methode sein, um eine seltene Ätiologie zu

klären. Abhängig von der vermuteten Erkrankung wird ein Biopsat aus Haut, Muskulatur,

Temporalarterie, Leptomeningen oder Gehirngewebe entnommen.

Biomarker des Schlaganfalls sind zahlreich untersucht worden. Die meisten zeichnen sich zwar

durch eine signifikante Assoziation aus, in jüngster Zeit beobachtete genetische Marker eignen

sich sogar zur ätiologischen Zuordnung von Subtypen eines Schlaganfalls (Foerch et al., 2009),

allerdings sind diese Daten eher von theoretischem Interesse, weil die einzelnen Marker bei

Berücksichtigung der traditionellen Risikofaktoren keine signifikante oder zusätzliche

Information erlauben. Biomarker zur Differenzierung der Diagnose Schlaganfall versus „stroke

mimic" oder ischämisches versus hämorrhagisches Schlaganfallereignis erreichen in neueren

Studien zwar eine vielversprechende Sensitivität und Spezifität, sind aber für individuelle

Therapieentscheidungen (z.B. Thrombolyse) noch nicht aussagekräftig genug.

Vorgenannte ätiologische Untersuchungsparameter sollten insbesondere bei jungen Patienten

(<55 Jahre) mit ischämischem Schlaganfall oder ICB diskutiert werden, wenn keine sicheren

anderen atherosklerotischen Assoziationen bestehen. Umgekehrt sollten aber auch bei

jüngeren Patienten die wachsende Bedeutung modifizierbarer Risikofaktoren nicht länger

unterschätzt werden.

Genetische Dispositionen zu Schlaganfallereignissen sind wiederholt beschrieben worden und

haben Vermutungen zunächst bestätigt, dass bei entsprechenden Ereignissen von Patienten

<55 Jahre eine Häufung zu erwarten wäre. Beim Morbus Fabry hat eine große europäische

Studie aber gezeigt, dass nur 0,6% von über 5000 Patienten dieser Altersgruppe tatsächlich an

einem Galaktosamid-Defizit leiden (Rolfs et al., 2011). Auch CADASIL (multiple Mutationen des

NOTCH3-Gens) ist eine sehr seltene Erkrankung, und in dieser Serie identifizierte Patienten

zeigten keine charakteristischen Veränderungen in der zerebralen Bildgebung, wie sie zu

erwarten gewesen wären. Neben der molekulargenetischen Diagnostik ist die Hautbiopsie mit

elektronenmikroskopischer Beurteilung der subkutanen Gefäße diagnostisch hilfreich.

Veränderungen der weißen Substanz („white matter lesions") in erheblichem Ausmaß sind

auch bei zahlreichen genetischen Erkrankungen im höheren Lebensalter bei entsprechender

familiärer Disposition neuen Mutationen zugeordnet worden. Es handelt sich um ein buntes

Bild mit in vielen Fällen durch kognitive Funktionsstörungen und vereinzelte

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Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 26

Schlaganfallereignisse meist der kleinen Hirnarterien zuzuordnenden Krankheitsbildern mit

systemischen Manifestationen, die über das ZNS hinausgehen (z.B. CARASIL [Maeda-Krankheit]

bei Mutation des HTRA1-Gens). Differenzialdiagnostisch gelegentlich wichtig ist eine

molekulargenetische und morphologische (Muskelbiopsie) Analyse beim MELAS-Syndrom

(häufig 3243A>G-Mutation), wobei das klinische und MRT-Bild zahlreiche Variationen des

Phänotyps (Minderwuchs, Innenohrschwerhörigkeit, Diabetes mellitus, kognitive Defizite,

Gefäßterritorien überschreitende ischämische Schlaganfälle) umfassen kann.

Versorgungskoordination Bei Auftreten eines Schlaganfalls ist unverzüglich der medizinische Notfalldienst zu

verständigen und eine Einweisung in ein qualifiziertes Zentrum zu veranlassen. Regionale

Zertifizierungen entsprechender Zentren bieten ein nahezu flächendeckendes Netzwerk der

Schlaganfallakutversorgung im deutschsprachigen Raum einschließlich telemedizinisch

verbundener Krankenhäuser. Dies gilt noch nicht für die erst seit kurzem für einen Teil der

Patienten (ca. 10%) möglichen interventionellen Maßnahmen in der Akutphase, solange keine

verbindlichen Empfehlungen über das Management konsentiert und umgesetzt sind.

Expertengruppe Prof. Dr. Franz Fazekas, Neurologische Universitätsklinik, LKH-Uniklinikum Graz Prof. Dr. Michael G. Hennerici, Neurologische Universitätsklinik, Universitätsmedizin Mannheim, Universität Heidelberg Prof. Dr. Rolf Kern, Klinik für Neurologie, Klinikum Kempten Prof. Dr. Heinrich Mattle, Universitätsklinik für Neurologie, Inselspital Bern PD Dr. Götz Thomalla, Neurologische Klinik, Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg

Als Vertreter der österreichischen und Schweizer Neurologie waren beteiligt:

Prof. Dr. Franz Fazekas, Neurologische Universitätsklinik, LKH-Uniklinikum Graz (A) Prof. Dr. Heinrich Mattle, Universitätsklinik für Neurologie, Inselspital Bern (CH)

Federführend Prof. Dr. Michael G. Hennerici, Neurologische Universitätsklinik, Universitätsmedizin Mannheim, Universität Heidelberg, Theodor-Kutzer-Ufer 1–3, 68135 Mannheim E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Rolf Kern, Klinik für Neurologie, Klinikum Kempten, Klinikverbund-Kempten-Oberallgäu gGmbH, Robert-Weixler-Str. 50, 87439 Kempten E-Mail: [email protected] Entwicklungsstufe der Leitlinie: S1

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 27

Erklärung und Prüfung von Interessen Alle Mitwirkenden der Leitlinie haben ihre Interessenerklärungen (AWMF-Formular zur

Erklärung von Interessen im Rahmen von Leitlinienvorhaben Betaversion für Praxistest, Stand

29.06.2016) rechtzeitig und vollständig ausgefüllt beim Koordinator eingereicht.

Alle Interessenerklärungen wurden durch einen anonymen, unabhängigen und sachkundigen

Interessenkonfliktbeauftragten der DGN auf potenzielle thematisch relevante

Interessenkonflikte geprüft. Danach liegen bei den beteiligten Autoren keine die Objektivität

der Beiträge einschränkenden Interessenkonflikte vor.

Daher wurde auch die 50%-Regel der DGN (d.h., mindestens die Hälfte der Mitwirkenden

dürfen keine themenbezogenen Interessenkonflikte besitzen) eingehalten.

Zusammengefasst ergeben sich für das Autorengremium keine relevanten Einschränkungen

seitens problematischer Interessen. Die dargelegten Interessen der Beteiligten sowie deren

Bewertung sind aus Gründen der Transparenz in der tabellarischen Zusammenfassung (siehe

Anhang) aufgeführt.

Finanzierung der Leitlinie Diese Leitlinie entstand ohne Unterstützung oder Einflussnahme durch die Industrie.

Methodik der Leitlinienentwicklung

Zusammensetzung

Bei dieser Leitlinie handelt es sich um eine gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft

für Neurologie (DGN) und der Deutschen Schlaganfallgesellschaft (DSG). Es wurden keine

Interessensgruppen beteiligt.

Verfahren zur Konsensfindung Die Konsensbildung erfolgte mithilfe eines modifizierten Delphiverfahrens mit 2 Umläufen und

Kommentierung durch die Mitglieder der Expertengruppe.

Diese Leitlinie ist von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie

(DGN) sowie der beteiligten Fachgesellschaften verabschiedet worden.

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

Anhang

Clinical Pathway – Diagnostik bei Schlaganfall

Akuttherapie-orientierte Erstdiagnostik

Feststellung und Sicherung der Vitalfunktionen

Symptomzentrierte Anamnese und Befunderhebung

Zerebrale Bildgebung (CCT oder MRT) 12-Kanal-EKG Basis-Labordiagnostik Medikamentenanamnese bei Einnahme von NOAK: Zeitpunkt

der letzten Einnahme? Bei Einnahme von Dabigatran:

Thrombinzeit ggf. erweiterte Gerinnungstests (aPTT,

Thrombinzeit, Ecarin-Clotting-Zeit, kalibrierte Faktor Xa-Aktivität

Ischämischer Schlaganfall

Symptombeginn < 4,5 Stunden

und

eindeutige klinische Symptomatik

CCT oder MRT zum Blutungsausschluss

V.a. proximalen Gefäßverschluss (ACI, M1, M2, A. basilaris), z.B. NIHSS >= 6

CTA Bestimmung ASPECTS-Score ggf. CT-Perfusion

Symptombeginn < 4,5 Stunden

oder

unklarer Beginn oder

Nicht eindeutige klinische Symptomatik (V.a. Stroke mimic)

MRT: PWI/DWI-Mismatch-, MRA, FLAIR bei fehlender Verfügbarkeit CCT, CTA, CTP

V.a. Basilaristhrombose MRA oder CTA

Intrakranielle Blutung

CCT oder MRT zum Blutungsnachweis

typische hypertensive Blutung keine weitere Diagnostik

atypische Blutung oder

jüngerer Patient ohne Hypertonie

oder

V.a. Aneurysmablutung oder

V.a. AV-Malformation

Ausschluss einer Blutungsquelle: CTA, MRA und/oder DSA

bei Nachweis einer SAB DAS aller 4 Gefäße

bei V.a. SAB ohne Nachweis im CCT oder MRT

LP

Thrombose zerebraler venöser Blutleiter

CCT oder MRT als Notfalldiagnostik Multiparametrische MRT mit MR-Venographie zur Diagnosesicherung LP EEG Analyse des Gerinnungssystems

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 33

Diagnostik zur Vermeidung früher Komplikationen und zur Sekundärprophylaxe

Diagnostische Maßnahmen in der Frühphase nach Schlaganfall

Kontinuierliches Monitoring der Vitalparameter

Kontinuierliches Monitoring des neurologischen Befunds

Schluckdiagnostik Darstellung der Gefäße, insbesondere

Nachweis einer symptomatischen Karotisstenose

Analyse des Verteilungsmusters der vaskulären Risikofaktoren

klinische Verschlechterung Verlaufsbildgebung Abklärung anderer Ursachen (z.B. Infekt)

Weitere Diagnostik zur Sekundärprävention

Untersuchung der extra- und intrakraniellen Gefäße:

primär Ultraschall bei speziellen Fragestellungen MRA, CTA

Kardiale Abklärung EKG, EKG-Monitoring, Echokardiografie, Langzeit-EKG (ggf. wdh.)

Ätiologie weiterhin unklar

erweiterte Rhythmusdetektion (Event-Recorder) ggf. Herz-MRT,

Funktionelle Ultraschalluntersuchungen:

Emboliedetektion PFO-Test Reservekapazität

Ausschluss seltenerer Ursachen: MRT: fettsupprimierte T1/T2 (Dissektion?) Gerinnungsdiagnostik Vaskulitis- bzw. Erregerdiagnostik Genetische Diagnostik, z.B. M. Fabry, CADASIL, MELAS, Biopsie (z.B. Hirn, Leptomeningen, Temporalarterie, Haut, Muskel)

Kontrolle der vaskulären Risikofaktoren

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

Erklärungen von Interessen: Tabellarische Zusammenfassung

Die Originale der vollständig ausgefüllten Interessenerklärungen sind beim Leitlinienkoordinator / Editorial Office Leitlinien (EO) hinterlegt. Aus

Transparenzgründen müssen alle Interessen angegeben werden, auch wenn sie keinen Bezug zur Leitlinie aufweisen.

Ber

ater

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zw.

Gu

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Mit

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Du

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mer

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en

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Inte

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pu

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wis

sen

sch

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der

klin

isch

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blik

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nen

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erfü

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Bet

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itu

ten

Per

sön

lich

e

Bez

ieh

un

gen

*

Arbeitgeber

Bewertung, ggf.

Regulierungsmaßnahme

Michael

Hennerici

(Koordin

ator)

nein ESC ESC Publizierte

PupMed-

Arbeiten

Nur auslaufende

Projekte nein nein Schlaganfallforschung, alle

neurologischen

Erkrankungen

Im Rahmen d.

Dienstaufgaben nein Em. Ordinarius

Medizinische

Fakultät

Mannheim der

Universität

Heidelberg

Es sind keine thematisch

relevanten Interessen mit

Bezug zur LL erkennbar, die

einen Konflikt zur LL darstellen

und einer Funktion als

Koordinator entgegenstehen

würden. Enthaltungen bei der

Abstimmung von Empfehlungen

waren somit nicht notwendig.

Rolf Kern nein Novartis Boehringer,

Bayer,

Pfitzer/BMS,

Daiichi-

Sankyo

nein Novartis nein DGN, DSG, DGKN,

ESO Klinische. Neurologie,

Schlaganfallmedizin,

Neurologische Notfall-

und Intensivmedizin,

Versorgungsforschung

Organisator

Fortbildungscurriculu

m, Veranstalter Bayr.

Nervenärztetag 2015

nein Klinik für

Neurologie,

Klinikum

Kempten

Es sind keine thematisch

relevanten Interessen mit

Bezug zur LL erkennbar.

Enthaltungen bei der

Abstimmung von Empfehlungen

waren somit nicht notwendig.

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2017 | Seite 35

* zu einem Vertretungsberechtigten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft als Partner oder Verwandter 1. Grades

Götz

Thomalla

Acandis,

GSK nein Bayer,

Boehringer

Ingelheim,

Daiichi

Sankyo,

BMS/Pfitzer

nein DFG:

Hirnveränderung

en nach

Schlaganfall;

BMBF:

Ergebnisqualität

von Schlaganfall;

Corona-

Stiftung:: Herz-

Echo bei

Schlaganfall;

WAKE-UP-Studie

(EU, 100%

öffentliche

Förderung):

Behandlung von

Schlaganfall mit

unbekanntem

Zeitfenster;

Bayer:

Information zu

Antikoagulation

nein DGN, DEGUM,

ESO Schlaganfall Bildgebung,

Behandlung, klinische

Studien, Intensivmedizin

nein nein Neurologische

Klinik,

Universitätsklin

ikum

Eppendorf,

Hamburg

WAKE-UP-Studie: Die

Trägerschaft durch die EU stellt

eine weitgehend

interessenferne Bewertung der

Ergebnisse sicher.

Corona-Stiftung: Die Ergebnisse

der Studie, die durch die

gemeinnützige Corona-Stiftung

finanziert und deren Gelder

vom deutschen

Stiftungszentrum verwaltet

werden, liegen noch nicht vor.

So ergeben sich keine

Konsequenzen für

Empfehlungen in der Leitlinie

und daher auch keine

Enthaltungen zu spezifischen

Fragestellungen.

Franz

Fazekas

(A)

Actelion,

Perspective

Informatics

Biogen

Idec,

Genzyme,

Merck,

Novartis,

Teva,

Ratiopharm

, Roche

Merck, Roche,

Teva,

Ratiopharm

nein nein nein Executive Board

Member der

EAN, der ECF,

Vorstandsmitglie

d Österr.

Schlaganfallgesell

schaft

Schlaganfall, MS,

Neuroimaging; Leitung

eines neurolog.

Universitätsspitals

Leitung eines

neurolog.

Universitätsspitals mit

stud. Unterricht u.

postpromotiioneller

Ausbildung

nein Neurologische

Universitätsklin

ik, LKH-

Uniklinikum

Graz

Es sind keine thematisch

relevanten Interessen mit

Bezug zur LL erkennbar.

Enthaltungen bei der

Abstimmung von Empfehlungen

waren somit nicht notwendig.

Heinrich

Mattle

(CH)

nein nein nein nein nein nein ESO; Swiss Stroke

Society, Schweiz.

Neurolog.

Gesellschaft

Hirnschlag; Klinische

Neurologie nein nein Universitätsklin

ik für

Neurologie,

Inselspital Bern

Es sind keine thematisch

relevanten Interessen mit

Bezug zur LL erkennbar.

Enthaltungen bei der

Abstimmung von Empfehlungen

waren somit nicht notwendig.

Gesamtbewertung der Leitlinien-Gruppe in Bezug auf die 50%-Regel der DGN:

Die 50%-Regel der DGN (d.h., mindestens die Hälfte der Mitwirkenden darf keine oder geringe themenbezogene, für die Leitlinie relevante Interessenkonflikte besitzen) wurde eingehalten.

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Diagnostik akuter zerebrovaskulärer Erkrankungen

[

Impressum © 2017 Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Reinhardstr. 27 C, 10117 Berlin

Kommission Leitlinien der DGN Vorsitzende Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener Prof. Dr. med. Christian Gerloff (stellv.)

Redaktionsleitung Prof. Dr. med. Christian Weimar

Mitglieder (alphabetisch)

Prof. Dr. med. Peter Berlit (Vertreter der Chefärzte), Prof. Dr. med. Claudio L.A. Bassetti (Vertreter der SNG), Dr. med. Uwe Meier (Vertreter der Niedergelassenen), Prof. Dr. med. Jörg R. Weber (Vertreter der ÖGN), Prof. Dr. med. Claudia Sommer (Vertreterin für Schmerzen und PNP), Prof. Dr. med. Dr. h.c. Günther Deuschl, PD Dr. med. Karla Eggert, Prof. Dr. med. Christian Elger, Prof. Dr. med. Gereon R. Fink, Prof. Dr. med. Peter U. Heuschmann, Prof. Dr. med. Andreas Hufschmidt, Prof. Dr. med. Thomas Lempert, Prof. Dr. med. Dr. h.c. Wolfgang H. Oertel, Prof. Dr. med. Hans Walter Pfister, Prof. Dr. med. Heinz Reichmann, PD Dr. Christiane Schneider-Gold, Prof. Dr. med. Bernhard J. Steinhoff, Prof. Dr. med. Lars Timmermann, Prof. Dr. med. Claus W. Wallesch, Prof. Dr. med. Christian Weimar, Prof. Dr. med. Michael Weller, Prof. Dr. med. Wolfgang Wick, Heidelberg

Editorial Office der DGN Leitlinienbeauftragter der DGN: Christian Weimar, Essen; Redaktion: Frank Miltner, Katja Ziegler, Sonja van Eys, albertZWEI media GmbH, Oettingenstr. 25, 80538 München; Clinical Pathways: Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Hufschmidt

Kontakt: [email protected]