Didaktik beruflicher Bildung (BWP III) - Vorlesung · Curriculumplanung Wie soll der Lehrplan bzgl....

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Prof. Dr. R. Nickolaus Institut für Erziehungswissenschaft und Psychologie Didaktik beruflicher Bildung (BWP III) - Vorlesung 1. Einführung 2. Begriffliche Orientierung (Didaktik, Methodik, Allgemeine Didaktik, Fachdidaktik, Didaktik beruflicher Bildung) (Nickolaus 2007, Bonz, Kron) 3. Unterricht und Unterweisung (Übersicht) (Prinzipielle Merkmale, Elemente, Strukturen, Ebenen didaktischen Handelns) (Nickolaus 2007, Petersen, Schelten) 1

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Didaktik beruflicher Bildung (BWP III) - Vorlesung

1. Einführung

2. Begriffliche Orientierung

(Didaktik, Methodik, Allgemeine Didaktik, Fachdidaktik, Didaktik

beruflicher Bildung)

(Nickolaus 2007, Bonz, Kron)

3. Unterricht und Unterweisung (Übersicht)

(Prinzipielle Merkmale, Elemente, Strukturen, Ebenen didaktischen

Handelns)

(Nickolaus 2007, Petersen, Schelten)

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4. Ziele von Unterricht und Unterweisung in der beruflichen Bildung

(Nickolaus 1998, Teichler)

4.1 Zugewiesene Funktionen/Ziele des beruflichen Bildungssystems

4.2 Begründungskontexte von Lehrzielen

4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung

4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen

4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

4.6 Beispiele von Lehrzielen aus Lehrplänen und Ausbildungs-

ordnungen und Hinweisen zu Analysemöglichkeiten

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5. Didaktische Modelle und Konzepte (Nickolaus 2007)

5.1 Zur Funktion didaktischer Modelle und Konzepte

5.2 Ausgewählte allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

(Bildungstheoretisches Modell, Lerntheoretisches Modell,

Curriculare Bewegung, Heinrich Roths pädagogische

Psychologie des Lernens)

(Straka/Macke)

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5.3 Ausgewählte Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher

Bildung

((fach)wissenschaftsorientierter Ansatz und die didaktische

Reduktion, Schlüsselqualifikationen, Handlungsorientierung,

Lernfelddebatte, gestaltungsorientierte Didaktik)

(Reetz, Bader, Sloane, Braun)

5.4 Exkurs: Ausgewählte Empirische Befunde zu Bedingungs- und

Entscheidungsfeldern beruflicher Bildung

(Nickolaus 2000, Nickolaus 2007, Nickolaus/Riedl/Schelten 2005)

6. Kriterien guten Unterrichts bzw. „guter“ Unterweisung – eine erste

Annäherung

(Ditton 2002)

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Ziele der Veranstaltung

Einführung in didaktische Theorien

• Bereitstellen von Strukturwissen

• Reflexion der Orientierungsleistung didaktischer Theorien für die

Praxis

• Anbahnung der Fähigkeit das Theoriewissen zu nutzen

Orientierungswissen zur Gestaltung von Lehr-Lernprozessen

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Zur Notwendigkeit didaktischer Theorie

• Handeln als zielorientiertes Tun ist immer auf mehr oder weniger

haltbare Annahmen gestützt

• Subjektive Theorien; intersubjektiv überprüfte Theorien; dem Diskurs

ausgesetzte Theorien

• Legitimation pädagogischen Handelns

Ebenen didaktischer Theorien

• Curricula/ Lehrgangsgestaltung

• Gestaltung von Lehr-Lernsequenzen

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2. Begriffliche Orientierung

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2. Begriffliche Orientierung

Ausgewählte Varianten des Didaktikverständnisses

Didaktik als Wissenschaft vom Lehren und Lernen

Didaktik als Theorie oder Wissenschaft vom Unterricht

Didaktik als Theorie der Bildungsinhalte

Didaktik als Theorie der Steuerung von Lernprozessen

Didaktik als Anwendung psychologischer Lehr-

und Lerntheorien

Didaktik als Kunst des Lehrens

(In Anlehnung an Kron 2000, S.43)8

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2. Begriffliche Orientierung

Didaktik und Methodik

Ziele

Inhalte

Methoden

Medien

Didaktik im

engeren

Sinn

Didaktik im

weiteren

Sinn

Methodik

Die Abgrenzung von Didaktik und Methodik

Quelle: Bonz, Bernhard: Methoden der Berufsbildung – ein Lehrbuch. Stuttgart: Hirzel

1999, S.12 9

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2. Begriffliche Orientierung

Handlungs- und Forschungszonen der Berufsfelddidaktik

Berufsfeld-

didaktik

Fach-

didaktiken

Fach-

wissen-

schaften

Erzieh-

ungswissen-

schaft/Päda-

gogik

Realität

von Schule

u. Betrieb

Berufsquali-

fikationen

Rechtl.

Grundlagen

d. Ausbild-

ung

Quelle: Fegebank, Barbara: Berufsfelddidaktik „Ernährung und Hauswirtschaft“, In: Bonz, Bernhard/ Ott,

Bernd (Hrsg.): Fachdidaktik des beruflichen Lernens, Stuttgart: Steiner, 1998. S. 151ff10

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2. Begriffliche Orientierung

Konkrete Aufgabenstellungen der Didaktik (am Bsp. der FD)

• Herausarbeitung der grundlegenden Inhalte und Begriffe des zu

vermittelnden Faches

• Ermittlung der Lernziele bzw. Lehrziele

• wissenschaftliche Überprüfung derselben

• historische und vergleichende wissenschaftliche Arbeiten auf den

vorgenannten Gebieten

• Diskussion und Begründung der Bildungsrelevanz der betreffenden

kulturellen Inhalte

• begründete Auswahl derselben

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2. Begriffliche Orientierung

Konkrete Aufgabenstellungen der Didaktik (am Bsp. der FD)

• Entwurf von Curricula, Teilcurricula, Unterrichtssequenzen,

Erforschung und Darstellung fach- und kulturgutangemessener

Vermittlungsverfahren, inklusive Medien

• Erarbeitung von Evaluationsverfahren

• kooperative Forschung mit anderen didaktischen Teildisziplinen, mit der Didaktik und Pädagogik sowie deren Nachbardisziplinen

(vgl.: Kron 2000, S. 36)

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Typische Merkmale didaktischen Denkens

Doppelseitiger Erschließungsprozess

a) Erschließung von Gegenstandsfeldern durch Lernende mit

Unterstützung durch Lehrende

b) Erschließung/Entfaltung des Individuums in Auseinandersetzung mit

seiner Umwelt

Grundfragen: wie können wir als Pädagogen diese Prozesse

unterstützen, welche Entscheidungen von Lehrenden werden dafür

relevant, an was orientieren sich Lehrende?

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3. Unterricht und Unterweisung (Übersicht)

3.1 Ebenen didaktische Handelns

3.2 Ziele didaktischen Handelns

3.3 Strukurelemente didaktischen Handelns

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3. Unterricht und Unterweisung

3.1 Ebenen von Lehrplan und Unterricht (nach Dubs/

Sloane)

Makroebene

Leitideen Curriculumentwicklung

Mesoebene

Lehrplanvorgaben Schulorganisation

curriculare Vorgaben und - entwicklung

Mikroebene

Unterrichtsgestaltung1 Lehr- Lerngestaltung2

Methoden

1 Dubs, R.: Curriculare Vorgaben und Lehr- Lernprozesse in beruflichen Schulen. In: Bonz, B. (Hrsg.):

Didaktik der beruflichen Bildung. Baltmannsweiler: Schneider, 2001, S. 53

2 Sloane, P. F. E.: Lernfelder als curriculare Vorgabe. In: Bonz, B. (Hrsg.): Didaktik der beruflichen

Bildung. Baltmannsweiler: Schneider, 2001, S. 19815

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3. Unterricht und Unterweisung

Die drei Ebenen von Lehrplan und Unterricht

Ebene Fragestellung Arbeitsbereich

Makroebene (normativ)

Bildungsphilosophie

Bildungspolitik

Welche Ziele sollen mit Schule

und Unterricht erreicht werden?

Leitideen,

Rahmung

Mesoebene

(curricular)

Curriculumplanung

Wie soll der Lehrplan bzgl. der

Leitideen organisatorisch,

institutionell und lerntheoret.

gestaltet werden?

Lehrplan-

vorgaben

(Richtziele,

Lernziele)

Mikroebene

(instruktional)

Unterrichtsgestalt.

Wie sollen die Unterrichtsein-

heiten konkret gestaltet

werden?

Unterrichtsge-

staltung

(Methode)Ins

tru

kti

on

sd

es

ign

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3. Unterricht und Unterweisung

Stufung der Entscheidungen für Unterricht

Übergeordnete Normen (Verfassung, Schulgesetz,

Verordnungen, Richtlinien für die

Lehrplanarbeit, betriebl. Leitlinien)

Curriculare Entscheidungen (Rahmung, Lehrprogramme)

Entscheidungsraum der Lehrkräfte(Unterrichtsplanung, Vorstrukturierung des Unterrichts

Lehrverfahren, Unterrichtsform…)

Entscheidungsraum der Lerner Festlegung durch

Lernplanung der Lernenden Lehrerentscheidung

Freiraum des Festlegung durch

Lerners Lernende

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3.Unterricht und Unterweisung

3.2 Übergreifende Ziele didaktischen Handelns

Ziel allen didaktischen Handelns ist die Initiierung, Analyse und Planung

von Lehr- Lernprozessen

Definition von Lernen? (Begriffsvarianten; Lernmodell Strakas)

Definition von Lehren? (Unterrichten, Unterweisen)

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3. Unterricht und Unterweisung

Definition von Lernen

Unter Lernen verstehen wir alle nicht direkt zu beobachtenden

Vorgänge in einem Organismus, vor allem in seinem zentralen

Nervensystem (Gehirn), die durch Erfahrung (aber nicht durch

Reifung, Ermüdung, Drogen oder Ähnliches) bedingt sind und

eine relativ dauerhafte Veränderung bzw. Erweiterung des

Verhaltensrepertoires zur Folge haben.

Quelle: Treml, A. K.: Lernen. In: Krüger, H.; Helsper, W. (Hrsg.): Einführung in

Grundbegriffe und Grundfragen der Erziehungswissenschaft. Opladen: Leske

+ Budrich 1995, S. 93-102 19

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Allgemeines Lernmodell nach Straka

Quelle: Straka, Gerald A.: Lern- Lehr- theoretische Grundlagen der beruflichen Bildung, 2002, S.

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3. Unterricht und Unterweisung

Individuelle Determinanten des Lernens

exemplarische

Dimensionen

Meta-Kognitionen

Interessen/Motivation

(Fach-) Wissen

Intelligenz

Volitionale Aspekte

Selbstbild

Ängste

Einstellungen

- Aspekte der Persönlichkeit - - Lernpsychologische Bearbeitung -

Geschlecht

Alter

denken

fühlen

bewegen

Kognitionen

Emotionen/

Affekte

Motorik

………..

Lernen

(Prozess/

Produkt)

Problemlösefähigkeit

Prozedurales Wissen.

Selbstbestimmung

Inhaltliche Bezug

Deklaratives Wissen

z.B. Fachwissen Mathematik

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3. Unterricht und Unterweisung

Definition von Unterricht

Unterricht ist die gezielte Planung, Organisation und

Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen.

Quelle: Helsper, Werner; Keuffer, Josef: Unterricht. In: Krüger, Heinz-Hermann; Helsper, Werner (Hrsg.):

Einführung in Grundbegriffe und Grundfragen der Erziehungswissenschaft. Opladen: Leske+Budrich

1995, S. 81-91, hier S.81. 22

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Von anderen Kommunikations-, Lern- und Sozialisationsformen

unterscheidet sich Unterricht (idealtypisch) durch

• Pädagogische Intentionalität

• Planmäßigkeit

• Institutionalisierung

• Professionalisierung

3. Unterricht und Unterweisung

Merkmale von Unterricht

Quelle: vgl. Schulz, Wolfgang: Unterricht. In Wulf, Christoph: Wörterbuch der Erziehung. 3. Auflage,

München: Piper, 1974, S. 591-598, hier S. 592. 23

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3. Unterricht und Unterweisung

Unterweisung

Bezeichnung für die planvolle Organisation von Lernprozessen zum

Erwerb manueller Fähigkeiten und der dazu notwendigen Kenntnisse,

Haltungen etc.

Traditionelle Sequenzierung von Unterweisungen:

Funktion:

1. einführende Unterweisung Anleitung zur Ausführung

einer Tätigkeit

2. begleitende Unterweisung Korrektur, Unterstützung

während der Übungsphase

3. abschließende Unterweisung Kontrolle und Bewertung

der Übungsarbeit

(Schelten 1995, S. 93f.)24

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3. Unterricht und Unterweisung

Definitionen zu Lehrplan und Curriculum (1)

1. Lehrplan

„Der Lehrplan ist die geordnete Zusammenfassung von Lehrinhalten, die

während eines vom Plan angegebenen Zeitraumes über Unterricht,

Schulung oder Ausbildung vom Lernenden angeeignet und verarbeitet

werden sollen.“

Quelle: Blankertz, H.: Theorien und Modelle der Didaktik. 3. Aufl., München: Juventa,

1970, S. 11125

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3. Unterricht und Unterweisung

Definitionen zu Lehrplan und Curriculum (2)

2. Geschlossenes Curriculum

„Unter Curriculum wird ein System für den Vollzug von Lernvorgängen im

Unterricht in Bezug auf definierte und operationalisierte Lernziele

verstanden. Das Curriculum umfasst:

• Lernziele

• Inhalte

• Methoden

• Situationen

• Strategien

• Evaluation.“

(Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (Hrsg.): Bildungsgesamtplan. Bd. I.

Stuttgart: Klett, 1973, S. 72)26

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3. Unterricht und Unterweisung

Definitionen zu Lehrplan und Curriculum (3)

3. Offenes Curriculum

„Praxisnahe Curriculumentwicklung“:

• Verbindung von Festlegung und Offenheit

• Konkretisierung von Rahmenbedingungen

• Mehr bewusst ausgelegter Handlungsspielraum für die Lernenden und

Lehrenden

(Deutscher Bildungsrat: Empfehlungen der Bildungskommission: Zur Förderung

praxisnaher Curriculum-Entwicklung. Verabschiedet auf der 35. Sitzung der

Bildungskommission am 15./16. November 1973 in Saarbrücken. Bonn, 1974, S.21)

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3.3 Strukturelemente systematischer Lehr- Lernprozesse (1)

• Bedingungsrahmen

• Gegenstandsfelder/Entscheidungsfelder

• Lernverhalten bzw. Lernhandeln der Lernenden

• Folgen von Lehr- Lernprozessen

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3. Unterricht und Unterweisung

Strukturelemente systematischer Lehr-Lern-Prozesse (2)

Bedingungen von Lehr- Lern- Prozessen

• Klassenspezifika/Lerngruppenspezifika

• materielle Bedingungen

• zeitlicher Rahmen

• Kompetenzen/Orientierungen der Lehrenden

• Schulkultur (Kultur der Lehrorganisation)

• Speziell Duale Ausbildung: Spannungsfeld von betrieblichen und

gesellschaftlichen Anforderungen und Anspruch auf individuelle

Entwicklung

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und Psychologie

3. Unterricht und Unterweisung

Strukturelemente systematischer Lehr-Lernprozesse (3)

Gestaltungsfelder/Entscheidungsfelder von Lehr-Lern-Prozessen

• Ziele, Inhalte, Methoden/Interaktion, Medien, Erfolgssicherung

• Speziell Duale Ausbildung: Abstimmung, Kooperation, schulische und

betriebliche Bildungsangebote

Folgen von Lehr-Lern-Prozessen

• Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten, Orientierungen, Kompetenzen

• Emotionen / Motivationen

• Selbstkonzept

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3. Unterricht und Unterweisung

Strukturmodell systematischer Lehr-Lernprozesse in der

dualen Berufsbildung (1)

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3. Unterricht und Unterweisung

Strukturmodell systematischer Lehr-Lernprozesse in der

dualen Berufsbildung (2)

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3. Unterricht und Unterweisung

Strukturmodell systematischer Lehr-Lernprozesse in der

dualen Berufsbildung (3)

Quelle: Nickolaus, R.: Didaktik – Modelle und Konzepte beruflicher Bildung:

Orientierungsleistungen für die Praxis. Baltmannsweiler: Schneider Verlag

Hohengehren, 2006, S.10 33

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4. Ziele von Unterricht und Unterweisung in der

beruflichen Bildung

Aufbau des Abschnitts:

4.1 Zugewiesene Funktionen/Ziele des beruflichen Bildungssystems

4.2 Begründungskontexte von Lehrzielen

4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung

4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen

4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

4.6 Beispiele von Lehrzielen aus Lehrplänen und Ausbildungsordnungen

und Hinweisen zu Analysemöglichkeiten

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4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems

Erziehungsziel

„Unter einem Erziehungsziel wird eine Norm verstanden, die eine für

Educanden als Ideal gesetzte psychische Disposition (oder ein

Dispositionsgefüge) beschreibt und vom Erzieher fordert, er solle so

handeln, dass der Educand befähigt wird, dieses Ideal so weit wie

möglich zu verwirklichen.“

Quelle: Brezinka, W.: Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft. München: Reinhardt,

1974, S. 15535

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(2) Die Schule hat den in der Landesverfassung verankerten Erziehungs-

und Bildungsauftrag zu verwirklichen.

• Über die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten hinaus

ist die Schule insbesondere gehalten zu

erziehen:

• in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe

• in der Liebe zu Volk und Heimat

• zur Achtung der Würde und Überzeugung anderer

• zu Leistungswillen, Eigenverantwortung und sozialer Bewährung

• zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellung der freiheitlich-

demokratischen Grundordnung

4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems

§ 1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule (1)

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4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems

§ 1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule (2)

• Förderung der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Begabung

• Vorbereitung auf die Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen

staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten

• Vermittlung der dafür notwendigen Urteils- und

Entscheidungsfähigkeit

• Vorbereitung auf die Mannigfaltigkeit der Lebensaufgaben und auf die

Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt mit ihren unterschiedlichen

Aufgaben und Entwicklungen

Quelle: Holfelder/ Bosse: Schulgesetz für Baden- Württemberg. Handkommentar mit

Nebenbestimmungen. Stuttgart u.a.: Boorgberg Verlag 1993, S. 15 37

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4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems

Berufliche Tüchtigkeit und Berufliche Mündigkeit (1)

Berufliche Tüchtigkeit

Fähigkeit, gegebenenfalls wechselnde von außen vorgegebene berufliche

Anforderungen zu bewältigen.

Berufliche Mündigkeit

i.e.S.:

Summe der Qualifikationen, die erforderlich sind, um sich im

Erwerbsleben nach vorgegebenen Leistungsnormen zu bewähren und

gleichzeitig diese Normen in Frage stellen zu können.

(Lempert, W.: Leistungsprinzip und Emanzipation. Frankfurt am Main 1971, S. 139)

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4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems

Berufliche Tüchtigkeit und Berufliche Mündigkeit (2)

Berufliche Mündigkeit

i.w.S.:

darüber hinaus: Selbstreflexion und Reflexion gesellschaftlicher

Strukturen und Prozesse mit den Zielen verinnerlichte Zwänge auflösbar

zu machen, den Verhaltensspielraum des Einzelnen zu erweitern,

Gegebenheiten, die einer solchen Entfaltung entgegenstehen als

veränderbar begreifbar zu machen und den Menschen zu befähigen,

rational zu denken und zu handeln.

(Voigt, W.: Einführung in die Berufs- und Wirtschaftspädagogik, München 1975, S. 34)39

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und Psychologie

4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems

Ziele der Berufsbildung

Fertigkeiten

Fähigkeiten

Wissen

Kenntnisse

Verhaltensweisen

Einstellungen

Zielebenen

Lernziel-

bereiche

berufl.

Tüchtigkeit

berufl.

Mündigkeit

Quelle: Lipsmeier, A.: Ziele der Berufsbildung. In: Schanz, H. (Hrsg.):

Berufspädagogische Grundprobleme. (bzp, Bd. 10). Stuttgart: H&J, 1982 40

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4.2 Begründungskontexte von Lehrzielen

Klassifikation von Lehrzielbegründungen

a) Primär auf das Individuum bezogene Begründungen, z.B. Recht auf

Bildung, Persönlichkeitsförderung

b) Primär auf die Gesellschaft bzw. Teilbereiche der Gesellschaft

bezogene Begründungen

Befähigung, vorgegebene Anforderungen zu

bewältigen

Anpassung an bzw. Mitgestaltung und Weiterentwicklung der

Gesellschaft bzw. gesellschaftlicher Teilbereiche

41

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4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung

Die leitende Norm beruflicher Bildung

Es sind

a) jene Fähigkeiten zu vermitteln, die zur Ausübung komplexer,

abwechslungsreicher Tätigkeiten, zur Nutzung von

Experimentierchancen und zur Teilhabe an demokratischen

Entscheidungsverfahren notwendig sind und

b) jene Fähigkeiten anzustreben, die zur Herstellung und Sicherung

eines persönlichkeitsförderlichen Arbeitsmilieus hilfreich sind oder

sein könnten.

42

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4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung

Zentrale Befunde der Sozialisationsforschung zu

persönlichkeitsförderlichen Arbeitsbedingungen (1)

Als förderlich erweisen sich

• komplexe und abwechslungsreiche Tätigkeiten

• Experimentierchancen in der Arbeit

• kollegiale Kommunikations- und Interaktionsformen

• demokratische Entscheidungsverfahren und realistische

Erwartungen individuellen Weiterkommens und gesellschaftlichen

Fortschritts

43

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4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung

Zentrale Befunde der Sozialisationsforschung zu

persönlichkeitsförderlichen Arbeitsbedingungen (2)

Als behindernd erweisen sich

• einfache und eintönige Tätigkeiten

• standardisierte Operationen

• autoritäre und bürokratische Entscheidungsverfahren

• Perspektivlosigkeit des individuellen Werdegangs und

gesellschaftlicher Entwicklung

44

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4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen

Übersicht zur chronologischen Entwicklung von Lehr-

Lernzielen in der Beruflichen Bildung (1)

• Ausgangspunkt (vor 1970) ist der Bildungsbegriff, der als Leitnorm

etwa ab 1970 in die Kritik gerät und wegen seiner Unbestimmtheit

als ungeeignet eingeschätzt wird, konkretes pädagogisches Handeln

zu orientieren (B: innere Entfaltung, äußere Formung, Zustand).

• In Anlehnung an den amerikanischen Behaviorismus wird ab 1970

von Lernzielen gesprochen, wobei die Operationalisierbarkeit von

Lernleistungen betont wird. In diesem Kontext wurden auch

umfangreiche Lernzieltaxonomien entwickelt (z.B. Bloom).

• Etwa zeitgleich wird der Qualifikationsbegriff zunehmend zur

Kennzeichnung von Lehr-Lernzielen genutzt. Im Vordergrund stehen

hier die Anforderungen des Beschäftigungssystems.

45

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4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen

Übersicht zur chronologischen Entwicklung von Lehr-

Lernzielen in der Beruflichen Bildung (2)

• Schlüsselqualifikationen werden etwa ab 1974, verstärkt zu Beginn

der 80er Jahre als zentrale Zielkategorien genutzt.

• Kompetenzen sind gegenwärtig die primär genutzten Zielkategorien.

Betont wird hier das selbstverantwortliche und selbstbestimmte

Handeln. Unterschieden werden z.B. Fach-, Methoden-, Sozial-,

Human-, Planungs- oder Selbstkompetenz. Für den beruflichen

Bereich werden diese Kompetenzen von Bader als Berufliche

Handlungskompetenz zusammengefasst.

• Außerdem wird z. T. auch wieder verstärkt auf den Bildungsbegriff

zurückgegriffen und dabei die Ganzheitlichkeit, die Einheit von Theorie

und Praxis betont.46

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4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen

Berufliche Handlungskompetenz als Richtziel der

beruflichen Bildung

Definition (nach Bader):

„Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen Situationen

sach- und fachgerecht zu handeln, d.h. anstehende Probleme

zielorientiert zu lösen, die gefundenen Lösungen zu bewerten und das

Repertoire seiner Handlungsschemata weiterzuentwickeln.“

Quelle: Bader, R.: Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz in der Berufsschule.

Dortmund 1990, 11 (Hg.: Landesinstitut für Schulen und Weiterbildung NRW)47

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4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen

Dimensionen der Handlungskompetenz (1)

• FACHKOMPETENZ bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit auf der

Grundlage fachlichen Wissens und Könnens, Aufgaben und Probleme

zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen und

das Ergebnis zu beurteilen.

• PERSONALKOMPETENZ bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit, als

individuelle Persönlichkeit die Entwicklungschancen, Anforderungen und

Einschränkungen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben zu klären, zu

durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten sowie

Lebenspläne zu fassen und fortzuentwickeln.

Sie umfasst personale Eigenschaften wie Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit,

Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Pflicht-

bewusstsein. Zu ihr gehören insbesondere auch die Entwicklung durch-

dachter Wertvorstellungen und die selbst bestimmte Bindung an Werte.48

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4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen

Dimensionen der Handlungskompetenz (2)

• SOZIALKOMPETENZ bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit,

soziale Bindungen zu leben und zu gestalten, Zuwendungen und

Spannungen zu erfassen, zu verstehen sowie sich mit Anderen

rational und verantwortungsbewusst auseinander zu setzen und zu

verständigen.

Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung sozialer

Verantwortung und Solidarität.

Quelle: KMK 2000, S. 949

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Offene Fragen zur Kompetenzstruktur und den erreichten

Niveaus

1. Lassen sich die Subdimensionen beruflicher Handlungskompetenz

auch empirisch als eigene Kompetenzen bestätigen?

2. Sind die Subdimensionen weiter ausdifferenzierbar?

3. Sind Fähigkeiten und Bereitschaften jeweils unabhängige

Kompetenzfacetten?

4. Wie kann man die Ausprägung der verschiedenen Kompetenzen

messen?

5. Welche Kompetenzniveaus lassen sich unterscheiden und welche

werden erreicht?

50

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Strukturmodelle berufsfachlicher Kompetenz im

gewerblich technischen Bereich

Grundlegende Fragen: Welche Kompetenzstruktur kann begründet

unterstellt werden?

(1) I Wissen/ Verständnis

II Anwendung des Wissens in problemhaltigen

Situationen

III manuelle Fertigkeiten

(2) Welche Subdimensionen von I, II, III sind empirisch

erhärtbar?

51

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Ausgewählte Ergebnisse zur Struktur des Fachwissens

• Es lassen sich domänenübergreifend das Fachwissen

und die Fähigkeit dieses Fachwissen anzuwenden als

eigene Subdimensionen der Fachkompetenz bestätigen.

• Methodenkompetenz ist bisher nicht als eigenständige

Kompetenzdimension empirisch ausweisbar

• Manuelle Fähigkeiten wurden bisher in die Kompetenz-

modellierungen nicht einbezogen.

• Es lassen sich z.T. Subdimensionen des Fachwissens und

seiner Anwendung bestätigen.

52

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Beispiele empirisch bestätigter Kompetenzstrukturmodelle

53

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1

2

3

Mess-

einheit

Personen-

fähigkeit

Item-

schwierigkeit

4

1

0

-1

-2

hoch

Kompetenz-

niveau

niedrig

2

3

n1 = 212

n2 = 208

n3 = 84

n0 = 100

1

Beispiel zu den erreichten Niveaus:

Niveaumodell

fachspezifisches Problemlösen

(KFZ- Ende der Ausbildung)

54

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Niveau 1: Routiniertes und computergestütztes Lösen einfacher Kfz-

Probleme

Personen dieser Niveaustufe können die Informationen des Arbeitsauftrags

erfassen und für die Diagnosearbeit nutzen. Zudem sind sie in der Lage,

vertraute Fehlzustände zu diagnostizieren (Routinediagnose) und bei Aufgaben

geringer Komplexität eine computergestützte Diagnose erfolgreich

durchzuführen. Es wird also der standardmäßige Umgang mit dem

Expertensystem (lineares Vorgehen, typischerweise bestehend aus:

Fehlerspeicher auslesen, Eigendiagnose, computergestütztes Aufsuchen von

Fahrzeugkomponenten, regelbasierte Diagnose) und mit dem Multimeter (für

Spannungs- und Widerstandsmessungen) beherrscht. Die von den Personen

vorgeschlagenen Reparaturmaßnahmen beziehen sich in der Regel auf den

Tausch einfacher Fahrzeugkomponenten.

Kompetenzniveaumodelle

55

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Kompetenzniveaumodelle

Niveau 2: Computergestütztes und nicht geführtes Lösen mittelkomplexer

Kfz-Probleme

Personen dieser Niveaustufe weisen zusätzlich zu den Fähigkeiten von

Niveaustufe 1 die Fähigkeit auf, Fehlzustände mittlerer Komplexität entweder

anhand einer computergestützten Diagnose oder einer nicht geführten Diagnose

zu identifizieren. Außerdem sind sie in der Lage, Stromlaufpläne und auf

Niveaustufe 1 nicht benötigte Funktionen des Expertensystems (z. B. Aufrufen

von Stromlaufplänen) für die Diagnosearbeiten zu nutzen. Personen des

Kompetenzniveaus 2 können eigenständig einfachere Diagnosestrategien

entwickeln und einfachere technische Systeme mental modellieren. Die von den

Personen vorgeschlagenen Reparaturmaßnahmen beziehen sich auch auf die

Beseitigung von Kontakt- und Verbindungsprobleme (z.B. Ersetzen defekter

Kabel).

56

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Kompetenzniveaumodelle

Niveau 3: Eigenständiges Lösen komplexer Kfz-Probleme

Im Gegensatz zur Niveaustufe 1 und 2 können Personen des Niveaus 3 Aufgaben

hoher Komplexität anhand einer nicht geführten Diagnose erfolgreich bearbeiten.

Gegenüber Niveau 2 beherrschen sie außerdem den Umgang mit weniger häufig

verwendeten elektronischen Messgeräten (Oszilloskop und Stromesszange).

Zudem sind sie in der Lage, komplexere technische Systeme eigenständig

kognitiv zu modellieren. Auf dieser Niveaustufe beziehen sich die

vorgeschlagenen Reparaturmaßnahmen sowohl auf das Ersetzen defekter Kabel

als auch auf den Tausch komplexer Fahrzeugkomponenten.

57

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Sozialkompetenz

Zahlreiche Strukturierungsvorschläge

Typische Subdimensionen, die von Seiten der Firmen betont werden:

Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit,

Koordinationsfähigkeit, Empathie

Unterscheidbare Facetten: Wissen, Einstellungen, Fähigkeiten,

Fertigkeiten

Def. (Euler (1989): (situationsspezifische) „Fähigkeit eine

verantwortbare Balance zwischen Eigen- und Fremdansprüchen

herzustellen“

Basen: Selbstkontrolle; Perspektivenübernahme

58

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und Psychologie

4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Klassifikation von Lehr-Lernzielen nach Bloom (1)

• auf den kognitiven Bereich bezogene Lehr-Lernziele

• auf den affektiven Bereich bezogene Lehr-Lernziele

• auf den psychomotorischen Bereich bezogene Lehr-Lernziele

59

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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Klassifikation von Lehr-Lernzielen nach Bloom (2)

zu a) Lehr-Lernziele im kognitiven Bereich

- Erinnern, Reproduzieren von Wissen

- Denken (log.), Problemlösen, kreatives Denken

zu b) Lehr-Lernziele im Bereich von

- Orientierungen (Interessen, Einschätzungen,

Wertschätzungen)

- Emotionen

zu c) Lehr-Lernziele im Bereich

- manipulativer oder motorischer Fertigkeiten

Relation der Bereiche: Enge Verknüpfung bzw. gegenseitige Kopplung

60

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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Klassifikation kognitiver Lehr-Lernziele nach Bloom (1)

Kognitive Lehr-Lernziele

Wissen

Verstehen Die vorausgehende Stufe ist jeweils

Anwenden Voraussetzung für die folgende Stufe

Analyse

Synthese

Bewertung

61

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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Klassifikation kognitiver Lehr-Lernziele nach Bloom (2)

Ausdifferenzierung „Wissen“

Wissen

• von konkreten Einzelheiten (terminologisches Wissen, Wissen

einzelner Fakten)

• der Wege und Mittel mit konkreten Einzelheiten zu arbeiten (Wissen

von Konventionen, von Trends und zeitlichen Abfolgen, von

Klassifikationen und Kategorien, von Kriterien, von Methoden)

• von Verallgemeinerungen und Abstraktionen eines Fachgebietes

(Wissen von Prinzipien und Verallgemeinerungen, von Theorien und

Strukturen)

62

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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Klassifikation affektiver Lehr-Lernziele nach Krathwohl et al.

Beachtung

Reagieren

Werten

Wertordnung

Bestimmtsein durch Werte

•Kenntnisnahme eines Wertes

•Aufnahmebereitschaft

•Gerichtete, selektive Aufmerksamkeit

•Einwilligung zum Reagieren

•Bereitschaft zum Reagieren

•Befriedigung beim Reagieren

•Annahme eines Wertes

•Bevorzugung eines Wertes

•Bindung an einen Wert

•Konzeptbildung für einen Wert

•Errichtung eines Wertsystems

•Verallgemeinerung des Wertsystems

•Bildung einer Weltanschauung63

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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Zweidimensionale Lehr-Lernziel-Taxonomie von Anderson

und Krathwohl (2001)

Wissens-

dimension

Dimension der kognitiven Prozesse

erinnern ver-

stehen

an-

wenden

analy-

sieren

eva-

luieren

erschaf-

fen

deklaratives

Wissen

konzeptuelles

Wissen

prozedurales

Wissen

metakog.

Wissen 64

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und Psychologie

4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Übersicht über Möglichkeiten der Lernzielbeschreibung (1)

Ziel-

klassen

WISSEN

Informationen

KÖNNEN

Operationen

ERKENNEN

Probleme

WERTEN

Einstellungen

Einblick: (in

Ausschnitte eines

Wissensgebietes)

beschreiben, erste

Begegnung mit

einem

Wissensgebiet

Überblick (über

den Zusammen-

hang wichtiger

Teile)

Fähigkeit:

Können, das

zum Vollzug von

Operationen

notwendig ist.

Bewusstsein:

Die

Problemlage

wird in ihren

wichtigen

Aspekten

erfasst.

Offenheit

Neigung

Interesse

Vgl. Westphalen, Klaus: Praxisnahe Curriculumentwicklung, Donauwörth, 6. Auflage 1978)65

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und Psychologie

4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Übersicht über Möglichkeiten der Lernzielbeschreibung (2)

Ziel-

klassen

WISSEN KÖNNEN ERKENNEN WERTEN

Kenntnis: verlangt

stärkere Differen-

zierung der Inhalte

und Betonung der

Zusammenhänge

Vertrautheit: Be-

deutet souveränes

Verfügen über

möglichst viele

Teilinformationen

+Zusammenhänge

Fertigkeit: ver-

langt eingeschlif-

fenes, fast

müheloses

Können

Beherrschung:

Bedeutet sou-

veränes Verfügen

über eingeübte

Ver-

fahrensmuster.

Einsicht: Eine

Lösung des

Problems wird

erfasst.

Verständnis:

Eine Lösung

des Problems

wird überprüft

und ggf.

anerkannt.

Achtung

Bereitschaft

Freude

Entschlos-

senheit

Vgl. Westphalen, Klaus: Praxisnahe Curriculumentwicklung, Donauwörth, 6. Auflage 1978)66

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und Psychologie

4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Lernzielfeld – Beispiel „Kleben“ (1)

Lernziel-

arten

inhaltlich-fachlich

methodisch-problem-lösend

sozial-kommuni-kativ

affektiv-ethisch

Richtziele Kenntnis einfacher Fügever-fahren

Einsicht in Verfahren des Experi-mentierens

Diskussion, Präsenta-tionstech-niken

Verständnis für Vitalwerte

Grobziele Einsicht in das Kleben von Werk-stoffen

Fähigkeit, den Versuch als Mittel zur Aussage-gewinnung zu nutzen

Fähigkeit, Konflikt-gespräche zu führen

Fähigkeit, gesund zu leben

Abstr

aktionsgra

d

Allgemeinheitsgrad 67

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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation

Lernzielfeld – Beispiel „Kleben“ (2)

Lernziel-

arten

inhaltlich-fachlich

methodisch-problem-lösend

sozial-kommuni-kativ

affektiv-ethisch

Feinziele Die Schüler sollen- Den Begriff Kleben er-läutern- Eine Klebe-verbindung fachgerecht herstellen

Die Schüler sollen die Klebefestig-keit bei Zug-beanspruch-ung experi-mentell ermitteln und auswerten

Die Schüler sollen in Gruppen unter-schiedliche Verbindungs-formen be-werten und das Ergebnis präsentieren

Die Schüler sollen selb-ständig Infos über Klebstoff-eigenschaften einholen und gesundheit-liche Auswirkungen nennen

Allgemeinheitsgrad

Abstr

aktionsgra

d

Aus Ott, Bernd: Grundlagen des beruflichen Lernens und Lehrens: Berlin 1997, S.162) 68

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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen

Arten der Lernzielformulierung nach Klauer (1)

• Beschreibung eines anzustrebenden Persönlichkeitstypus, z.B.

„Demokratischer Staatsbürger“

• Angabe einzelner Persönlichkeitseigenschaften, z.B. „freiheitlich-

demokratische Gesinnung“ oder „Bereitschaft zu verantwortlichem

Handeln in der Gesellschaft“

• Angabe der Inhalte in fachwissenschaftlicher Terminologie, ggf. mit

einem Hinweis auf anzustrebende Persönlichkeitseigenschaften, z.B.

„Kenntnis grundlegender Veränderungen in den

Produktionsmethoden“ oder „Einsicht in die grundsätzlichen

Möglichkeiten der Machtkontrolle“

69

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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen

Arten der Lernzielformulierung nach Klauer (2)

• Beschreibung in geistigen Operationen, die zu Tätigkeiten bestimmter

Art qualifizieren, z.B. „Fähigkeiten in vielschichtigen und prozesshaften

Zusammenhängen zu denken“

• Beschreibung in Erlebnisbegriffen, z.B. „Freude und Interesse an der

Auseinandersetzung mit politischen Fragen“

• Beschreibung des Zielverhaltens (Angabe in Inhalt und Aktivität bzw.

deren Produkt) bzw. des Verhaltensmusters (Konstrukt einer

Persönlichkeitseigenschaft, die mit dem Verhalten zusammenhängen

soll), z.B. „politisch-aktiv“

• Angabe von Lehrertätigkeiten als Mittel zur Zielerreichung, z.B.

„Diskussion aktueller politischer Ereignisse“

Vgl.: Klauer, K.J.: Methodik der Lehrzieldefinition und Lehrstoffanalyse, Düsseldorf,1974, S. 1170

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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen

Umschreibung psychologischer Begriffe (1)

Kognitionen

Bezeichnet die Gesamtheit der nichtemotionalen und nicht den Willen

betreffenden psychischen Prozesse, also diejenigen Vorgänge, die etwas

mit der Entstehung von Erkenntnis und Wissen zu tun haben

(Wahrnehmung, Vorstellen, Denken, Verstehen, Urteilen).

Metakognitionen

Oberbegriff für Kognitionen, die der Regulation von Kognitionen dienen,

die also andere kognitive Prozesse als Objekt haben; man spricht

deshalb auch von Wissen 2. Ordnung, Metawissen oder Kontrollwissen.

71

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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen

Umschreibung psychologischer Begriffe (2)

Emotionen (auch Gefühl, Affekt)

Bezeichnet den irrationalen, wilden, nicht durch Verstand und Vernunft

dominierten Teil der Psyche.

Trotz dieser zunächst klaren Trennung von Kognitionen und Emotionen

wird von einer Verbindung beider ausgegangen, z.B. emotionale

Vernunft oder Intelligenz der Gefühle.

Selbstkonzept

Gesamtheit der kognitiven Repräsentationen der eigenen

Persönlichkeit bzw. das Selbst.

Selbstwertgefühl (auch Selbstwert, Selbstachtung)

Bezeichnet selbstbezogene Kognitionen mit stark wertender

Komponente.

Quelle: Städtler, Thomas: Lexikon der Psychologie. Stuttgart: Kröner 199872

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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten

Fragenkatalog zur Lehrzielanalyse (1)

• Ist der Sinn der einzelnen Zielangaben dem Text eindeutig zu

entnehmen?

• In welchem Verhältnis stehen die verschiedenen Zielangaben?

Gibt es allgemeinere und speziellere, voneinander abhängige oder

relativ selbstständige Teilziele?

• Sind die Zielkomplexe logisch stimmig?

• Ist dem Lehrplan im Ganzen zu entnehmen, wie sich die Grobziele zu

den in den Vorbemerkungen postulierten Richtzielen verhalten?

• Welche Arten der Lehrzielformulierung werden benutzt?

73

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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen

Fragenkatalog zur Lehrzielanalyse (2)

• Welche (impliziten oder expliziten) Angaben über die Wirklichkeit

enthalten die Zielformulierungen?

• Welche historischen Hintergründe lassen sich in den Zielen wieder

finden?

• Drücken sich in den pädagogischen Normen (unreflektierte) Interessen

gesellschaftlicher, politischer, kultureller Gruppen oder Schichten aus?

• Lassen sich in den Zielformulierungen bestimmte Ideologien wieder

finden?

• Sind die Ziele realisierbar?

74

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(2) Die Schule hat den in der Landesverfassung verankerten Erziehungs-

und Bildungsauftrag zu verwirklichen.

• Über die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten hinaus

ist die Schule insbesondere gehalten zu

erziehen:

• in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe

• in der Liebe zu Volk und Heimat

• zur Achtung der Würde und Überzeugung anderer

• zu Leistungswillen, Eigenverantwortung und sozialer Bewährung

• zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellung der freiheitlich-

demokratischen Grundordnung

4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems

§ 1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule (1)

75

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5. Didaktische Modelle und Konzepte

Aufbau des Abschnitts:

5.1 Funktion didaktischer Modelle und Konzepte

5.2 Ausgewählte allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

5.3 Ausgewählte Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher

Bildung

5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde zu Bedingungs- und

Entscheidungsfeldern

76

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Der Zusammenhang von didaktischem Modell und Konzept

und deren Funktion

Erziehungswissenschaftentwickelt

Didaktische Modelle als

erziehungswissenschaftliche Theorie

- zur Analyse (Strukturmodell) und

- zur Gestaltung/ Verlaufsmodell daraus wird eine begründete

Handlungsanweisung entwickelt

(ein Konzept, ein

Handlungsentwurf,

Umsetzungsstrategie)

Funktionen

Aufklärung von Voraussetzungen, Möglichkei-

ten, Grenzen des Lehrens und Lernens

Reduktion von Komplexität

Akzentuierung bestimmter Aspekte

Transparenz eines komplexen Gebildes

Sichtbarmachung unterschiedlicher

Perspektiven

Produktivität

führt zu Entscheidungen,

Handlungen (Lehrpraxis)77

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5.1 Funktion didaktischer Modelle und Konzepte

Faktoren des Unterrichts (Strukturierungsmodelle)

Didaktisches Dreieck

Lehrer

Schüler Stoff

78

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5.1 Funktion didaktischer Modelle und Konzepte

Faktoren des Unterrichts (Strukturierungsmodelle)

Schüler Stoff

LehrerAusbilder

Eltern

Unterrichts-

milieu

Mitschüler

Erweiterungen nach Barbara Hopf: Didaktische T-Form

79

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5.1 Funktion didaktischer Modelle und Konzepte

Faktoren des Unterrichts (Strukturierungsmodelle)

Erweiterungen nach Barbara Hopf: Didaktisches Vieleck

Lehrer

Mitschüler

Eltern

(Geschwister,

Verwandte)

Nachbarn

Rund-

funk-

sprecher

Fernseh-

lehrer

Ausbilder

Verkäufer+

weitere

Inform.-

träger

Schüler

Stoff

80

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Berliner Strukturmodell (Heimann, Otto, Schulz 1979)

soziokulturelleVoraussetzungen

Themen

Methoden Medien

Ziele

soziokulturelleFolgen

anthropologisch-psychologischeVoraussetzungen

anthropologisch-psychologischeFolgen

81

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Bildungstheoretische Didaktik

Übersicht zur zentralen Argumentationsstruktur bei Peterßen

1. Bedeutung des Ansatzes:

Längste Tradition, große Wirksamkeit in der Bildungspraxis und Lehrerbildung, positive

Prognose; flexible Anpassung an sich wandelnde Bedürfnisse

2. Wurzeln:

In der geisteswissenschaftlichen Pädagogik zu Beginn des 20. Jh.

Zustandekommen: auf Basis rein hermeneutischen, historisch-systematischen Vorgehens

3. Ursprünge und Ausgangsbasis:

Bildung als zentrale Kategorie; Bildung wird als Vorgang der Begegnung des Schülers mit der

kulturellen Umwelt verstanden, in die er eingeführt wird und die er zu seinem geistigen Besitz

machen soll“ (S. 83)

Bildung kann nur in der Begegnung mit Objekten der kulturellen Umwelt erfolgen

Hohe Bedeutung der Frage, mit welchen Objekten der Schüler konfrontiert werden

soll

Peterßen, W. (Hrsg.)(1992): Lehrbuch allgemeine Didaktik. München: Ehrenwirth.82

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Bildungstheoretische Didaktik

Übersicht zur zentralen Argumentationsstruktur bei Peterßen (Fortsetzung)

Historische Varianten didaktischen bildungstheoretischen Denkens und deren Vertreter:

Diltey Nohl Weniger Klafki

Nohl: Verweis auf Notwendigkeit Didaktik so auszurichten, dass verschiedene pädagogische

Prinzipien gleichermaßen berücksichtigt werden

Gemeinsamkeiten:

Ausgangspunkt ist die pädagogische Wirklichkeit, die einem permanenten Wandlungsprozess

unterliegt / durch gesellschaftliche Mächte beeinflusst wird.

Notwendigkeit Theorie pädagogischen Handeln immer neu auszuformen

• These vom Primat der Inhalte gegenüber allen anderen Momenten didaktischer

Entscheidungen

• Anspruch mit didaktischer Theorie den Gesamtzusammenhang des Bildungsgeschehens

zu erfassen.

83

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Bildungstheoretisches Modell (Klafki)

Ausgangsbasis:

Bildungsvorstellungen (Bildung =Vorgang der Begegnung des Schülers mit der kulturellen Umwelt)

► Bildung nur in Begegnung mit Objekten der kulturellen Umwelt möglich.

Zentrale Frage: mit welchen Inhalten soll der Schüler konfrontiert werden (Primat der Inhalte)

a) Theoretische Annahmen zur Bildung:

Unterscheidung der Bildungstheorien:

Materiale BT: Aneignung der Kulturgüter steht im Vordergrund

Formale BT: Ausformung individueller Kräfte steht im Vordergrund

►Klafki führt beides unter dem Begriff der kategorialen Bildung zusammen

(doppelseitiger Erschließungsprozess)

84

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Bildungstheoretisches Modell (Klafki)

b) Inhaltliche Füllung der Bildungsvorstellung:

Zentral ist die Verantwortung gegenüber dem Heranwachsenden, eng damit

verbunden ist der Anspruch:

1. Bei allen Bildungsaktivitäten Wahrung des Anspruchs des Adressaten auf eine

erfüllte Gegenwart

2. Vorbereitung auf die Zukunft (Vorannahmen nötig)

3. Es soll keiner Spezialbildung vorgegriffen werden

Annahme, die Leitnorm sei nur einlösbar, wenn es zu einer doppelseitigen

Erschließung kommt und die doppelseitige Erschließung werde möglich, wenn die

Inhalte folgenden Kriterien genügen:

1. Exemplarität (vgl. separate Folie)

2. Zugänglichkeit

3. Gegenwartsbedeutung und Zukunftsbedeutung sind gewahrt

4. Geeignete Strukturierung85

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Bildungstheoretisches Model (Klafki)

c) Zentrale Frage: Wodurch wird doppelseitige Erschließung ausgelöst?

Antwort: Nur möglich durch geeignete Inhalte

Frage: Wie müssen die Inhalte beschaffen sein?

Antwort 1: Inhalte müssen als Besonderes etwas Allgemeines enthalten

(Besonderes stellvertretend für viele Kulturinhalte)

Klafki nennt diese Inhalte „Elementaria“ wobei er

7 Grundformen unterscheidet:

86

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7 Grundformen des Elementaren

Fundamentales Nur als Erlebnis existent und

erfahrbar

z.B. in einer Grenzsituation sich

selbst erfahren (S-Bahn)

Exemplarisches Allgemeines wird am

Besonderen erfahren

An einem fallenden Stein das

Fallgesetz; Motivation K-Erleben

Typisches Allgemeines wird im

Besonderen erfahren

Im Ulmer Münster (beim

Betrachten) der gotischen

Baustile; Verwertung i.d.WB

Klassisches Allgemeines wird als Wert

erfahren

An der Geschichte vom

barmherzigen Samariter die

Nächstenliebe; Fürsorge f.d.E

Repräsentatives Allgemeines wird als

Vergegenwärtigung erfahrbar

An der Stadtmauer wird

Vergangenheit lebendig; Noten-

Selektion

Einfache Zweckform Allgemeines (Form) und

Besonderes (Zweck) fallen

zusammen

Durch Lesen das Lesen lernen

(Lesefertigkeit)

Einfache ästhetische Form Allgemeines und Besonderes

fallen zusammen

Am Bild der „Goldene Schnitt“ ;

päd. u. Öko. Vernunfti (Peterßen 1994, S. 92)

87

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Bildungstheoretisches Model (Klafki)

Antwort 2: Neben der Bedingung des Exemplarischen müssen Inhalte geeignet sein,

die Wirklichkeit für Lernende zu erschließen, d.h. sie müssen für diese

zugänglich sein.

Antwort 3: Andererseits von spezifischer geschichtlicher Situation abhängig, ob Inhalte zu

Bildungsinhalten werden (nur bezogen auf die konkrete Situation bestimmbar)

88

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Didaktische Analyse nach Klafki

Fünf Grundfragen:

1. Exemplarität

Welches Argument lässt sich an diesem Besonderen erschließen?

2. Gegenwartsbedeutung

Welche Bedeutung hat dieser Inhalt bereits im Leben der Schüler bzw.

sollte er haben?

3. Zukunftsbedeutung

Worin liegt die Bedeutung für die Zukunft der Schüler?

4. Struktur

Welches ist die Struktur des Inhalts? (Momente, Beziehungen, Schichtung,

übergreifender Zusammenhang, Zugänglichkeit)

5. Adäquate Fälle/Zugänglichkeit

Welche konkreten Fälle machen die Struktur des Inhalts interessant,

begreiflich, anschaulich?89

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Ausdifferenzierung der didaktischen Analyse d. Klafki (1)

I. Welchen größeren bzw. welchen allgemeinen Sinn- oder

Sachzusammenhang vertritt und erschließt dieser Inhalt? Welches

Urphänomen, Grundprinzip, Gesetz, Kriterium, Problem, welche Methode,

Technik oder Haltung lässt sich in der Auseinandersetzung mit ihm

„exemplarisch“ erfassen?

1. Wofür soll das geplante Thema exemplarisch, repräsentativ, typisch sein?

2. Wo lässt sich das an diesem Thema zu Gewinnende als Ganzes oder in

einzelnen Elementen – Einsichten, Vorstellungen, Wertbegriffen,

Arbeitsmethoden, Techniken – später als Moment fruchtbar machen?

II. Welche Bedeutung hat der betreffende Inhalt bzw. die an diesem Thema zu

gewinnende Erfahrung, Erkenntnis, Fähigkeit oder Fertigkeit bereits im

geistigen Leben der Kinder meiner Klasse, welche Bedeutung sollte er –

vom pädagogischen Gesichtspunkt aus gesehen – darin haben?

90

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Ausdifferenzierung der didaktischen Analyse d. Klafki (2)

III. Worin liegt die Bedeutung des Themas für die Zukunft der Kinder?

IV. Welches ist die Struktur des (durch die Fragen I,II,III in die spezifisch

pädagogische Sicht gerückten) Inhalts?

1. Welches sind die einzelnen Momente des Inhalts als eines

Sinnzusammenhanges?

2. In welchem Zusammenhang stehen diese einzelnen Momente?

3. Ist der betreffende Inhalt geschichtet? Hat er verschiedene Sinn- und

Bedeutungsschichten?

4. In welchem größeren sachlichen Zusammenhang steht dieser Inhalt? Was

muss sachlich vorausgegangen sein?

5. Welche Eigentümlichkeiten des Inhaltes werden den Kindern den Zugang

zur Sache vermutlich schwer machen?

6. Was hat als notwendiger, festzuhaltender Wissensbesitz („Mindestwissen“)

zu gelten, wenn der im Vorangegangenen bestimmte Bildungsinhalt als

angeeignet, als „lebendiger“, „arbeitender“, geistiger Besitz gelten soll?

91

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Ausdifferenzierung der didaktischen Analyse d. Klafki (3)

V. Welches sind die besonderen Fälle, Phänomene, Situationen, Versuche,

(Personen, Ereignisse, Formelemente), in oder an denen die Struktur des

jeweiligen Inhaltes den Kindern dieser Bildungsstufe, dieser Klasse

interessant, fragwürdig, begreiflich, „anschaulich“ werden kann?

1. Welche Sachverhalte, Phänomene, Situationen usw., m.a.W. „Anschau-ungen“ sind geeignet, die auf das Wesen des jeweiligen Inhaltes, auf seine Struktur gerichtete Fragestellung in den Kindern zu erwecken, jene Frage-stellung, die gleichsam den Motor des Unterrichtsverlaufes darstellen soll?

2. Welche Anschauungen, Hinweise, Situationen, Beobachtungen, Erzählungen, Versuche, Modelle usw. sind geeignet, den Kindern dazu zu verhelfen, möglichst selbständig die auf das Wesentliche der Sache, des Problems gerichtete Fragestellung zu beantworten?

3. Welche Situationen und Aufgaben sind geeignet, das am exemplarischen Beispiel, am elementaren „Fall“ erfasst Prinzip einer Sache, die Struktur eines Inhaltes fruchtbar werden, in der Anwendung sich bewähren und damit üben (immanent wiederholen) zu lassen?

(Peterßen 1994, S.97f)92

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Ausdifferenzierung der didaktischen Analyse d. Klafki (4)

Abschließende Anmerkungen:

• Theorie ist ausschließlich hermeneutisch zustande gekommen

• Verdienste unbestritten

• Pragmatisch hohe Bedeutsamkeit, aber der Ausgangspunkt, doppelseitige

Erschließung bzw. das Bildungsideal wird der Realität beruflicher Bildung

sicherlich nur begrenzt gerecht. D.h. der implizite /explizite normative

Anspruch findet nur bedingt Berücksichtigung

• Unsicherheiten bei der Bestimmung des Exemplarischen, der Gegenwarts-

und Zukunftsbedeutung

• In der Regel pragmatische Nutzung der Entscheidungskriterien in jeweiliger

Situation

(Peterßen 1994, S.97f)93

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Kritische Reflexion:

Offen bleibt, was nicht allein über systematisierende, logische Überlegungen und subjektive

Erfahrungen erschlossen werden kann - Notwendigkeit empirischer Analysen

• Exemplarität ► Transferproblem (siehe nächste Folie)

• Gegenwartsbedeutung II: Soll-Ist Bedeutungszuschreibungen ► Motivationsprobleme

• Zukunftsbedeutung III: Erfassung von relevanten zukünftigen Qualifikationsanforderungen

schwer möglich ► SQ nach Mertens ► Bezugsnormproblematik

• Inhaltliche Struktur: Bezugspunkte: Wissensbestände + Wissensstruktur Lernende

Situationsprinzip: Wie kann das notwendige strukturierte Wissen über

arbeitsprozessbezogene Aufgaben erarbeitet werden?

• Zugänglichkeit: (siehe Ausubel/Bruner) - Heterogenitätsproblematik

94

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Transferfähigkeit – Bedingungsfaktoren

Abhängig von:

• Niveau des Wissens bzw. Wissenstiefe (Verständnis) und der Art des Lernens, wobei zum

Teil angenommen wird, dass sich problemorientiertes Lernen für den Transfer als

vorteilhafter erweist als faktenorientiertes Lernen.

• Authentische Anwendungsaufgaben, wobei zu beachten bleibt, dass rein kontextualisierte

Informationen den Transfer behindern kann.

• Multiplen Kontexte zur Flexibilisierung des Wissens.

• Abstrakten Problempräsentationen, die vom Konkreten zum Abstrakten erworben werden.

• Dem Ausmaß gemeinsamer Elemente von Lern- und Transferaufgaben

• Metakognitionen, die den Lernenden die Möglichkeit geben, ihre Lern- und

Lösungsstrategien zu überwachen, zu reflektieren und zu verbessern, wobei sich diese in

hohem Maße als domänenabhängig erweisen.

• Der Motivation, die aufzubringen ist, um sich mit der Lösung auseinander zu setzen, und

• Den (relevanten) Vorerfahrungen der Lernenden, die aktiviert werden müssen

(Bendorf 2002, S. 161ff)

95

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Lerntheoretische Didaktik (Berliner Modell); empirische Pädagogik

Vorbemerkung:

Gegenwärtig primär Identifikation des Berliner (Heimann 1901 – 1968) und Hamburger

Modells (Schulz) mit dem Begriff der lerntheoretischen Didaktik

Aber: nicht alleiniger Anspruch

Ausgangspunkt:

Wie sind selbstständig und verantwortlich handelnde Lehrer auszubilden, damit sie Lehr-

Lernprozesse gut gestalten können? Und wie können moderne Medien für Lernprozesse

effektiv genutzt werden?

These:

Künftiger Lehrer müsse den Prozess der Theoriebildung selbstständig vollziehen können.

Der Lehrer selbst solle die pädagogische Wirklichkeit erforschen.

Implikation:

Dem Lehrer soll keine Unterrichtslehre vorgegeben werden, Lehrer soll erkennen:

a) dass Unterricht und Denken über Unterricht untrennbar miteinander verbunden sind

b) welche Momente des Unterrichts dauerhaft sind und welche wandelbar

(Peterßen 1992, S. 120)96

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Didaktische Konzeption

1. Annahme:

Für eine Orientierung gebende Theorie, die der Lehrkraft zugleich hinreichend Freiraum

lässt, sei als Leitkonstrukt der Lernbegriff geeigneter als der Bildungsbegriff.

Begründung:

• Mit dem Bildungsbegriff würden Vorgänge bezeichnet, die im Schulalltag keine Rolle

spielten. (Haltbarkeit?)

• Bildungstheoretische Didaktik habe sich zu weit von der Praxis entfernt und gäbe nicht

genug Orientierung (Für und Wider!)

• Bildungsbegriff als Leitbegriff führe zu einer Verengung der Perspektive, wesentliche

Aspekte, wie z.B. die Bedingungen didaktischen Handelns würden nicht hinreichend

berücksichtigt.

Lernen wird dabei als dauerhafte Veränderung interner Bedingungen beschrieben, die

nicht auf Reifungsprozesse etc. zurückzuführen sind.

97

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Ansatzpunkt:

Zur Entwicklung einer Theorie, die geeignet ist, die Initiierung von Lernprozessen im Kontext

zu gestaltender Lernbedingungen zu erhellen, greift Heimann auf die Analyse vorfindlicher

Unterrichtswirklichkeit zurück.

2. Annahme:

Um die komplexe und sich ständig wandelnde Unterrichtspraxis analytische fassen zu

können, unterstellt Heimann:

a) formal konstant bleibende und

b) inhaltlich variable Elementarstrukturen des Lehr-Lerngeschehens

Elementarstrukturen von Heimann:

• Intentionen

• Inhalte

• Methoden

• Medien

• Anthropologisch-psychologische und

• Sozio- kulturelle Voraussetzungen

Gerüst des Unterrichts

► Differenzierung der Momente in:

Entscheidungsfelder

Bedingungsfelder98

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Aussagen zu Intentionen ► Bloom

Vorgelegt wird eine eigene Matrix, wobei die von Bloom bzw. Anderson tragfähiger ist.

Inhalte ► zu gewinnen aus der Analyse der konkreten Praxis

Zur inhaltlichen Bestimmung hält sich Heimann weitgehend zurück. Das Verfahren der

bildungstheoretischen Didaktik kritisiert er als spekulativ, da die Inhalte nicht aus der

empirischen Analyse konkreter Praxis gewonnen würden. Zudem kritisiert er, in der

bildungstheoretischen Didaktik führe die Leitorientierung der Bildung dazu, dass

gesellschaftliche Interessen an der inhaltlichen Bestimmung nicht hinreichend berücksichtigt

würden. (Peterßen 1992, S. 127)

Methoden ► 5 Hauptstrukturen nach Heimann:

a) Artikulation: bezeichnet die Phasenfolge des Unterrichts

b) Gruppen- und Raumorganisation (Sozialform): soziale und räumliche Ordnung der am Unterricht beteiligten Personen (GU; Einzelunterricht)

c) Lehr-Lernweisen: Aktivitäten von Lehrern und Schülern

d) Meth. Modelle: z.B. meth. Gesamtentwurf z.B. Projektunterricht, fragend-entwickelnder U

e) Prinzipien Kanon: Offenheit; HO; Selbststeuerung

►Meth. Entscheidung nicht nur unter 1 Gesichtspunkt zu treffen: beziehen sich auf untersch. Ebenen!

99

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Medien:

• Heimann: bietet dazu keine Strukturierung - nur eine Aufzählung

• Medienentscheidungen hängen nicht nur von Zielen, Inhalten und Methoden ab. Sie

erlangen unter Umständen ein solches Gewicht, dass die anderen Entscheidungsfelder

daran auszurichten sind.

• Entscheidender Gedanke Heimanns:

– alle Momente stehen in Interdependenzverhältnis

– keine prinzipielle Aussage, welches der Entscheidungsfelder höhere Priorität

– Interdependenz nicht nur für Entscheidungsfelder, sondern auch zwischen

Bedingungs- und Entscheidungsfeldern.

• Organisierte Lehr- Lernprozesse haben Rückwirkungen auf individueller und sozialer

Ebene

100

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Berliner Strukturmodell (Heimann, Otto, Schulz 1979)

anthropologisch-psychologischeFolgen

soziokulturelleVoraussetzungen

soziokulturelleFolgen

Themen

Methoden Medien

Ziele

anthropologisch-psychologischeVoraussetzungen

(Peterßen 1992, S. 130)101

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Beispiel für einen interdependenten Zusammenhang:

Erkenntnisse aus der Lehr-Lernforschung zum

Zusammenhang zwischen Unterrichtsformen und

Kompetenzentwicklung (2)

• Variable Formen der direkten Instruktion werden in der Lehr-

Lernforschung als besonders geeignet für den Erwerb von Sachwissen

(deklaratives W.) ausgewiesen.

• Formen des situierten Lernens und didaktische Strategien der

Pojektarbeit, des Gruppenunterrichts und des kreativen Übens werden

als besonders wirksam erachtet um den Erweb lebenspraktischen

Anwendungswissens (prozedurales W.) zu fördern.

Quelle: Weinert 2000, S. 46

102

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Erkenntnisse aus der Lehr-Lernforschung zum

Zusammenhang zwischen Unterrichtsformen und

Kompetenzentwicklung (2)

• Unterrichtliche Methoden des selbstständigen Lernens, die gezielte

Ermöglichung subjektiver Lernerfahrungen und der angeleitete Aufbau

metakognitiver Einsichten werden als vorteilhaft eingeschätzt, um den

Erweb metakognitiver Kompetenzen und Lernstrategien zu fördern.

• Ein variables Instrumentarium erkenntnis- und erlebnisintensiver

Methoden wird für die Förderung des Erwerbs von kognitiv-

motivationalen Handlungs- und Wertorientierungen als notwendig

eingeschätzt.

Quelle: Weinert 2000, S. 46

103

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Unterrichtsanalyse (Analyse best. Unterricht)

1. Stufe

Analyse der Strukturelemente und ihrer Zusammenhänge

2. Stufe

Bedingungsprüfung: Welche Bedingungen haben zur Unterrichtsstruktur geführt, die in

Stufe 1 ermittelt wurden?

- Normenkritik (kritische Auseinandersetzung mit den anthropogenen und

sozialkulturellen Voraussetzungen, die als handlungsleitend unterstellt wurden)

- Faktenbeurteilung (bezieht sich auf empirisch überprüfbare Sachverhalte

- Fachliche Korrektheit

- Methodenwahl

- Formenanalyse (historische Wurzeln und praktische Bewährung der

Gestaltungsform des Unterrichts) (Straka/Macke 2002, S. 28f.)

104

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Unterrichtsanalyse (Analyse best. Unterricht)

Beispiel zur Analyse:

1. Zielanalyse: Zentrales Ziel: Sachwissen vermitteln

Grobziele: Fähigkeit dieses Sachwissen in der Praxis anzuwenden

Unterziele: Kenntnisse von Elementen und deren Zusammenhänge

(Anwendung fehlt!)

2. Inhalte: Struktureller Aufbau

3. Methode (Bezug zu Zielen / Inhalten)

räumliche, personelle Bedingungen - beeinflussen Methodenwahl

105

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Unterrichtsplanung:

Drei allgemeine Planungsprinzipien sowie eine Strukturplanung und eine Verlaufsplanung

werden unterschieden:

Planungsprinzipien:

1. Prinzip der Interdependenz

Systematische Berücksichtigung der Zusammenhänge zwischen Entscheidungs- und

Bedingungsfeldern.

z.B. Selbstständiges Planen, Durchführen, Kontrollieren, - Bezug zum praktischen

Handlungsfeld des Lernenden, Bezug zu soziokulturellen Faktoren? Bezug zu

individuellen Aspekten? Bezug zu Inhalten? Bezug zu Methoden? Bezug zu Medien?

2. Prinzip der Variabilität

Absichtsvolle Bereitstellung von Alternativen, Zulassung von Variation; Schüler

steuert mit bei Unterrichtsplan

3. Prinzip der Kontrollierbarkeit/Überprüfbarkeit

Erfolgskontrolle: Zielsetzung, Erreichtes, Passung

106

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Strukturplanung

• Planung der Strukturelemente

(Entscheidungsfelder)

Verlaufsplanung

Erwartetes Schülerverhalten Geplantes Lehrerverhalten Didaktischer Kommentar

z.B. Schüler erarbeiten

selbstständig in Orientierung

an Leittexten

Unterstützung soweit

notwendig, möglichst Hilfe zur

Selbsthilfe

Unterstützung erweist sich

nach Befunden der Lehr-

Lernforschung und eigenen

Erfahrungen als vorteilhaft;

mit mangelnder Fähigkeit zur

Selbststeuerung des

Lernprozesses ist zu rechnen

107

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und Psychologie

Weiterentwicklungen der bildungstheoretischen und der

lerntheoretischen Didaktik in den 70er und 80er Jahren

Impulse von der Kommunikationstheoretischen Didaktik

Hintergrund: emanzipatorische Pädagogik, kritische Wende

der Erziehungswissenschaft in den 60er und 70er Jahren,

Mündigkeit und Emanzipation stehen im Mittelpunkt,

symmetrische Kommunikation in Lehr-Lernkontexten als

Mittel der Anbahnung von Mündigkeit

Impulse von der curricularen Bewegung (USA)

Stark empirisch und auf Erfolgssicherung ausgerichtetes

Denken; Operationalisierte Ziele werden als notwendig

erachtet um Erfolgskontrollen zu ermöglichen 108

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Kritisch-Konstruktive Didaktik (Klafki 1985)

Weiterentwicklung der Bildungstheoretischen Didaktik

Ausgangspunkte: Kritik am Bildungstheoretischen Modell

(Vernachlässigung zentraler Aspekte; fehlender emanzipatorischer

Anspruch)

Konsequenz: Aufnahme zusätzlicher Aspekte und Neuakzentuierung der

Zielperspektive

Aufgabe des Primats der Inhalte zugunsten der Annahme einer

wechselseitigen Interdependenz mit anderen Aspekten

Berücksichtigung der Bedingungsanalyse, der Prozessstruktur und der

Erweisbarkeit

109

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Vorläufiges Perspektivschema nach Klafki (1)

3 exemplarische

Bedeutung

5 Erweisbarkeit/

Überprüfbarkeit

Bedingungsanalyse

1 Gegenwarts-

bedeutung

2 Zukunfts-

bedeutung

4 thematische

Struktur/soziale

Lernziele

6 Zugänglichkeit

bzw. Darstell-

barkeit

7 Lehr-Lern-

Prozess-

struktur

Begründungszu-

sammenhangthematische

Strukturierung

Bestimmung von

Zugangs-/Darstellungs-

möglichkeiten

methodische

Strukturierung

110

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Vorläufiges Perspektivschema nach Klafki (2)

• Bedingungsanalyse: Analyse der konkreten, sozio-kulturell vermittelten

Ausgangsbedingungen einer Lerngruppe (Klasse), des/der Lehrenden

sowie der unterrichtsrelevanten (kurzfristig änderbaren oder nicht

änderbaren) institutionellen Bedingungen, einschließlich möglicher oder

wahrscheinlicher Schwierigkeiten bzw. „Störungen“

• Erweisbarkeit/Überprüfbarkeit: a) Erfassung des Outputs, b) Diagnostik

zur Erfassung des Förderbedarfs

• Lehr-Lern-Prozessstruktur: verstanden als variables Konzept

notwendiger oder möglicher Organisations- und Vollzugsformen des

Lernens (einschließlich sukzessiver Abfolgen) und entsprechender

Lernhilfen, zugleich als Interaktionsstruktur und Medium sozialer

Prozesse

111

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und Psychologie

Hamburger Modell, Weiterentwicklung des Berliner

Modells (Schulz)

• Schulz entwickelt das Berliner Modell vor dem Hintergrund der

emanzipatorischen Bildungsbestrebungen weiter

• Die empirische Orientierung wird aufgegeben, das neue Modell ist

dem Gedanken der Emanzipation und Mündigkeit verpflichtet

• Der Gedanke der Erfolgskontrolle, der aus der curricularen Bewegung

resultiert, wird systematisch aufgegriffen (Prinzip der Kontrollierbarkeit)

• Entwickelt wird ein Modell der Perspektivenplanung, der

Umrissplanung und der Prozessplanung

• Prinzip der Variabilität und der Interdependenz

• Schüler soll in Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse einbezogen

werden (Handlungs- statt Entscheidungsmodell)

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Hamburger Modell (Schulz 1980) - Umrissplanung

Produktions-/ Herrschaftsverhältnisse

Selbst-/ Weltverständnis

didaktisch Handelnder

L

L

S

S

UZ AL

EK VV

institutionelle Bedingungen

Quelle: Straka, G.A./Macke, G.: Lern-Lehr-Theoretische Didaktik. Münster u.a.: Waxmann 2002, S.37113

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Hamburger Modell - Heuristische Matrix Perspektivenplanung (1)

Intentionen

Themen

Kompetenz Autonomie Solidarität

Sacherfahrung

notwendige Kennt-

nisse etc. für Arbeit

und gesellschaftliche

Teilhabe

Voraussetzungen

schaffen zu sachbe-

zogener Autonomie-

erfahrung

Sachkompetenz

teilen

Gefühlserfah-

rung

Mit eigenen Gefühlen

umgehen

Selbstreflexion

Gefühlserfahrung

bejahen

Positives im

Kontext von

Solidarität

erlebbar

machen

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Hamburger Modell - Heuristische Matrix (2)

Intentionen

Themen

Kompetenz Autonomie Solidarität

Sozialerfah-

rung

Soziale

Kompetenz

entwickeln

Verzicht auf

unmittelbares

Ausleben, wenn

Ansprüche

anderer

gefährdet

Erkenntnis, dass Autonomie

gegenüber

gesellschaftlichen

Anpassungszwängen auf

Dauer nur gemeinsam

entwickelt und immer wieder

zurückgenommen werden

kann

Vgl. Straka, G.A./Macke, G.: Lern-Lehr-Theoretische Didaktik. Münster u.a.: Waxmann 2002, S.35115

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Hamburger Modell – Prozessplanung und Planungskorrektur

a) Prozessplanung (Interdependenzen berücksichtigen, zeitliche

Gliederung, inhaltliche Strukturierung etc.)

Überführung der Möglichkeiten in den tatsächlich zu reduzierenden

Plan (Widerspruchsfrei und unter der Einbeziehung der Schüler)

b) Planungskorrektur

Revision des Plans bei gravierenden Problemen unter

Einbeziehung der Schüler

116

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Hauptlinien ggs. Beeinflussung didaktischer Positionen

60er Jahre

bild.theore-

tische Didaktik

lerntheoret.

Didaktik

informations-

theoret. Didaktik

kommunikat.

Didaktik

kritisch-

konstruktive

Didaktik

lern-

theoretische

Didaktik

informations-

theoretisch-

kybernetische

Didaktik

kritisch-

kommunikat.

Didaktik

curriculare

Bewegung

curriculare

Bewegung

80er

Jahre

Quelle: Peterßen, Wilhelm H.: Lehrbuch Allgemeine Didaktik. 3. Auflage, München: Ehrenwirth 1992, S.77117

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens

(1)

1. Einordnung:

• 50er Jahre: Auswertung von Befunden der Lehr-Lernforschung

• Weiterführung in den 60er/70er Jahren

• Nach wie vor hilfreich

• Entwicklung einer pädagogisch orientierten Lerntheorie

• Im Unterschied zu den bisher vorgestellten Theorien auf die

Mikroebene bzw. die individuelle Verarbeitung bezogen

118

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (2)

2. Ausgangspunkt:

• Lernen bedeutet nicht nur eine Verhaltensänderung, sondern auch

Verbesserung oder Neuerwerb von Verhaltens- oder Leistungsformen

und ihren Inhalten bzw. eine Verbesserung der diesen Formen

vorausgehenden und sie bestimmenden Funktionen des

Wahrnehmens, Denkens, Fühlens, Wertens, Strebens, Wollens.

• Verbesserung bzw. Neuerwerb auf Grund von Erfahrung, Probieren,

Einsicht, Übung oder Lehre soll dem Lernenden den künftigen

Umgang mit sich und der Welt erleichtern, erweitern oder vertiefen

119

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens

(3)

3. Elemente schulischen Lernens (Lernen in institutionalisierten

Kontexten)

Sichtung der lerntheoretischen Befunde unter folgenden Aspekten:

• Wie ist die Ausgangslage beschaffen, die den Lernprozess einleitet?

• Welche Schritte führen zur Endlage?

• Wie muss die Endlage beschaffen sein, damit der Lernprozess

pädagogisch als abgeschlossen gelten kann?

Unterscheidung der Lernarten nach der Endlage, den Lernschritten

und nach der Ausgangslage

120

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens

(4)

3.1 Klassifikation von Lernarten nach der Endlage

Einsatz von unterschiedlichen Lernarten auf Grund unterschiedlicher

Ziele (Endlagen):

• motorische und geistige Fertigkeiten

• Probleme lösen und Arbeitsverfahren

• Wissen und Verhalten

• Interessen, Gesinnungen, Gewohnheiten

121

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (5)

3.2 Klassifikation von Lernarten nach den Lernschritten

Orientierung an dem Kriterium „Grad der Einsicht“ bzw. der Art und

Weise der Erreichung der Endlage:

• Lernendes in Endform vorgegeben: Lernen vollzieht sich über

Anpassen, Angewöhnen, Übernehmen, Eintrainieren, Einprägen

• Lernendes unbekannt: Lösung durch Versuch und Irrtum in

Verbindung mit Sachwissen

• Lernendes nur über Einsicht , Verstehen, Durchschauen zugänglich

122

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens

(6)

3.3 Klassifikation von Lernarten nach der Ausgangslage

• indirektes Lernen (Lernen als Rückwirkung von Handlungen)

• direktes Lernen (Lernprozess wird absichtlich angestrebt)

• von Dritten angestoßenes Lernen (typisch für schulische

Bedingungen): Lernprozess oder Handlung wird von Dritten

angestoßen und stößt auf mehr oder weniger Resonanz

123

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (7)

4. Lernphasen

Für alle Lernarten gelten folgende Phasen:

• Stufe der Motivation: Antrieb

• Stufe der Schwierigkeit: widerstehendes Objekt als Aufgabe in einer

Lernsituation

• Stufe der Lösung: Einsicht in einen geeigneten Arbeits- und

Lösungsweg: - Stufe des Tuns und Ausführens

- Stufe des Behaltens und Einübens

- Stufe des Bereitstellens und Übertragens

124

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Sequenzierung nach Roth (7a)

Lernarten

Phasen

Indirektes Lernen Direktes Lernen Von Dritten

angestoßenes

Lernen

1. Motivation Handlung kommt

zustande

Lernwunsch erwacht Lernprozess wird

angestoßen,

Aufgabenstellung

2.

Schwierigkeit

Handlung gelingt

nicht, vorhandene

Verhaltens- u.

Leistungsformen

reichen nicht aus;

Ringen mit den

Schwierigkeiten

Übernahme oder

Neuerwerb einer

gewünschten

Leistungsform

macht

Schwierigkeiten

Lehrer entdeckt

Schwierigkeiten der

Aufgabe für Schüler

bzw. leichtfertige

Lösung d.Schülers

125

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und Psychologie

5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Sequenzierung nach Roth (7b)

Lernarten

Phasen

Indirektes Lernen Direktes Lernen Von Dritten

angestoßenes

Lernen

3. Lösung Entdeckung eines

neuen Lösungs-

weges durch An-

passen, Probieren

oder Einsicht

Übernahme der

gewünschten

Leistungsform

erscheint möglich

und gelingt mehr

und mehr

Lehrer zeigt den

Lösungsweg oder

lässt ihn finden

4. Tun und

Ausführen

neuer Lösungsweg

wird aus- und

durchgeführt

aktiver Vollzug der

neuen Leistungs-

form; Entwicklung

der besten Form

Lehrer lässt die

neue Leistungs-

form durchführen

und ausgestalten

126

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Sequenzierung nach Roth (7c)

Lernarten

Phasen

Indirektes Lernen Direktes Lernen Von Dritten

angestoßenes

Lernen

5. Behalten

und Einüben

neue Leistungsform

wird durch Gebrauch

im Leben verfestigt

oder vergessen u.

muss wieder neu

erworben werden

Neue Leistungsform

wird bewusst

eingeübt: Variationen

der Anwendungs-

beispiele, Erprobung

durch praktischen

Gebrauch,

Verfestigung des

Gelernten

Lehrer sucht die

neue Verhaltens-

oder Leistungsform

durch Variation der

Anwendungs-

beispiele

einzuprägen;

Automatisierung des

Gelernten

127

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Sequenzierung nach Roth (7d)

Lernarten

Phasen

Indirektes Lernen Direktes Lernen Von Dritten

angestoßenes

Lernen

6.

Bereitstellen,

Übertragung

und

Integration

des Gelernten

verfestigte

Leistungsform steht

für künftige

Lebenssituationen

bereit oder wird in

bewussten

Lernakten

bereitgestellt (s.

dann 5./6. beim

direkten Lernen)

eingeübte

Verhaltens- oder

Leistungsform

bewährt sich in der

Übertragung auf das

Leben oder nicht

Lehrer ist erst

zufrieden, wenn das

Gelernte als neue

Einsicht,

Verhaltens- oder

Leistungsform mit

der Person

verwachsen ist;

Übertragung des

Gelernten auf

Lebenssituation

wird direkt gelehrt

Quelle: Straka, G.A./Macke, G.: Lern-Lehr-Theoretische Didaktik. Münster u.a.: Waxmann 2002, S.45128

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (8)

5. Der Zusammenhang von Lehren und Lernen

5.1 Hilfen zu Motivation

(1) Hinweise zur Weckung der Lernbereitschaft:

• an Interessen der Lernenden anknüpfen

• neue Interessen wecken (Erwartungen/ Wert)

• nicht lernbereite Kinder/Personen zum Handeln bringen

• das zu Lernende in die altersspezifische/adressatengerechte

Sichtweise und Sprache übersetzen, prägnant bzw. in der Ursituation

darstellen und in seine elementaren Bezüge auflösen

129

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (9)

(2) Hinweise zur Aufrechterhaltung der Lernbereitschaft

Entscheidenden Einfluss üben aus:

• sachlicher Erfolg

• soziale Motivierung (Wettbewerb und Zusammenarbeit)

• Tadel/ Lob

Hinweis: Die Befundlage zur Motivationsleistung ist inzwischen

reichhaltiger (vgl. Befunde von Prenzel).

130

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (10)

5.2 Hilfen zum Überwinden der Schwierigkeiten

• Meisterung der Schwierigkeiten hängt von den Eingangsbedingungen

der Lernenden und der Lernsituation ab

• Aufgabe des Lehrers bei der Gestaltung der Lernsituation: Lernende

sollen am Problem gehalten werden (kognitive Aktivierung)

131

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (11)

5.3 Hilfen beim Finden der Lösung

Problem: Dem Lernenden helfen ohne die Lösung selbst zu geben!

• Lehrender muss abwarten können

• Schüler muss probieren dürfen

• Mut zu eigenen Einfällen stärken

• Anhalten, die Lösungsidee sprachlich auszudrücken

• Erwartungen provozieren

• Konsequenzen von Lösungswegen aufzeigen

• Praktische Beispiele i.d.b.Bildung: BEST, FLAM

132

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (12)

5.4 Hilfen beim Tun und Ausführen

Der Lehrende hat sicherzustellen, dass dem Lernenden nicht nur eine

gefundene Idee aufgeleuchtet, sondern dass diese auch umgesetzt

wird und die Konsequenzen sichtbar werden.

5.5 Hilfen für das Behalten und Einüben

Relevanz der Phase vom Lernziel abhängig, z.B.:

• Automatisierung von Fertigkeiten: Üben

• kognitive Fertigkeiten: Üben unter neuen Aspekten (Lernen in

multiplen Komplexen)133

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (13)

5.6 Hilfen für das Bereitstellen und Übertragung des Gelernten

Übertragen gelingt am besten, wenn das Lernen und das Denken

selbst gelehrt werden. Dazu empfiehlt sich:

• aktives Lernen

• Vorstoßen zu allgemeinen Prinzipien des Fachs, Vermitteln von

Arbeits- und Denkmethoden

• Aufweisen der Anwendungsbreite: Gelerntes bereitzustellen heißt, es

durch wiederholtes Erproben, durch Variieren (multiple Kontexte), in

Frage stellen, Erweitern und Einschränken lebendig zu erhalten

134

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Erkenntnisse aus der pädagogischen Psychologie zum

Zusammenhang zwischen Unterrichtsformen und

Kompetenzentwicklung (1)

• Variable Formen der direkten Instruktion werden als besonders

geeignet für den Erwerb von Sachwissen ausgewiesen.

• Formen des situierten Lernens und didaktische Strategien der

Projektarbeit, des Gruppenunterrichts und des kreativen Übens

werden als besonders wirksam erachtet, um den Erweb

lebenspraktischen Anwendungswissens zu fördern.

135

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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik

Erkenntnisse aus der pädagogischen Psychologie zum

Zusammenhang zwischen Unterrichtsformen und

Kompetenzentwicklung (2)

• Unterrichtliche Methoden des selbstständigen Lernens, die gezielte

Ermöglichung subjektiver Lernerfahrungen und der angeleitete Aufbau

metakognitiver Einsichten werden als vorteilhaft eingeschätzt, um den

Erweb metakognitiver Kompetenzen und Lernstrategien zu fördern.

• Ein variables Instrumentarium erkenntnis- und erlebnisintensiver

Methoden wird für die Förderung des Erwerbs von kognitiv-

motivationalen Handlungs- und Wertorientierungen als notwendig

eingeschätzt.

Quelle: Weinert 2000, S. 46

136

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5.3 Didaktische Konzeption beruflicher Bildung

1. Fachwissenschaftsorientierte Ansätze: Das Konzept der

didaktischen Reduktion

2. Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners

3. Das Konzept der Schlüsselqualifikation in der beruflichen Bildung

4. Das Konzept der Handlungsorientierung bzw.

Arbeitsprozessorientierung in der beruflichen Bildung

5. Das Lernfeldkonzept

137

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik berufl. Bildung

Zentrale Prinzipien der Gestaltung didaktischer Konzepte

für die berufliche Bildung

- Fachwissenschaftsprinzip

- Situationsprinzip

- Persönlichkeitsprinzip

138

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Fachwissenschaftsorientierte Konzepte – Didaktische

Reduktion

Begründungen

Ausgangsüberlegungen

Formen der Didaktischen Reduktion

Kritik

139

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Hering

- Schrittweise Vereinfachung

von differenzierten zu

weniger differenzierten

Aussagen

- Beibehaltung des

Gültigkeitsumfangs

Quelle: Braun, Peter: Ansätze und Konzepte

zur Fachdidaktik Elektrotechnik im

Bereich der beruflichen Bildung des

Berufsfeldes Elektrotechnik.

Diplomarbeit an der Universität

Stuttgart 1997, S.39. 140

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (1)

zwei Reduktionsbewegungen

werden unterschieden:

- Horizontale Reduktion:

Gültigkeitsumfang der

wissenschaftlichen Aussage

bleibt erhalten

- Vertikale Reduktion:

Gültigkeitsumfang wird

durch Ausschnittbildung

eingeschränkt

Quelle: Braun 1997, S. 40141

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (2)

Vert

ikale

did

aktische R

eduktion

Oberste Aussage

Gleichgewichtsbedingung am Hebel:

An einem Körper herrscht

Gleichgewicht, wenn sowohl die

Resultierende der sämtlichen auf ihn

einwirkenden Kräfte, als auch das

resultierende Moment in Bezug auf

einen beliebigen Punkt Null werden.

Ausgangslage

An einem Körper herrscht Gleichge-

wicht, wenn die (algebraische) Sum-

me aller Drehmomente gleich Null ist

∑M = 0

Es wird nicht mehr von

einem allgemeinen

Körper ausgegangen,

sondern von einem in

der Ebene

schwingenden Hebel.

Gültig

keits-

um

fang

Gültigkeits-

umfang

Horizontale didaktische Reduktion

Horizontale Reduktion der Ausgangslage

Durch die Aufspal-

tung der Summe wird

die Aussage

fasslicher. Die Kon-

kretisierung dient der

Veranschaulichung.

An einem Hebel herrscht

Gleichgewicht, wenn die

Summe aller links-drehenden

Momente gleich der Summe

der rechts-drehenden

Momente ist.

∑Mlinks = ∑Mrechts

Erste horizontale Reduktion

An einem Hebel herrscht

Gleichgewicht, wenn die

Summe der Produkte aus

Kraft und Kraftarm auf der

linken gleich der auf der

rechten Seite des Hebels ist.

F1*a1+F2*a2=

F3*a3+F4*a4+F5*a5

Zweite horizontale Reduktion

Der Begriff des Dreh-

moments wird ausge-

klammert und ersetzt.

Der Gültigkeitsumfang

wird dadurch nicht

eingeengt.

142

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und Psychologie

An einem Hebel herrscht

Gleichgewicht, wenn das links-

drehende Moment gleich dem

rechtsdrehenden Moment ist.

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (3)

Vert

ikale

did

aktische R

eduktion

Erste vertikale Reduktion

An einem Hebel herrscht

Gleichgewicht, wenn die

(algebraische) Summe aller

Drehmomente gleich Null ist.

Zweite vert. Reduktion

Es wird nur noch mit Kräften

gerechnet, die senk-recht auf

den Hebel wirken. Die

horizontalen Stufen

entsprechen den obigen mit

nur senkrechten Kräften.

Gültig

keits-

um

fang

Gültigkeits-

umfangHorizontale didaktische Reduktion

Horizontale Reduktion der Ausgangslage

Es wirken nur

noch zwei

Kräfte, wobei

die eine zur

Last erklärt

wird.

Kraftmoment gleich

Lastmoment

Erste hor. Red.

Der

Moment-

begriff wird

weggelas-

sen.

Mlinks=Mrechts

Kraft mal Hebelarm

(linksdrehend) gleich

Kraft mal Hebelarm

(rechtsdrehend)

Zweite hor. Red.

F1*a1=F2*a2

Kraft mal Kraftarm

gleich Last mal

Lastarm

Dritte hor. Red.

Fk*ak=F1*a1

Unterscheidung

Kraft und Last

und weglassen

des

Momentbegriffs.

143

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und Psychologie

Gewaltig ist des Schlossers

Kraft, wenn er mit Verlängerung

schafft.

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (4)

Dritte vertikale Reduktion

Je länger der Kraftarm, je kleiner

der Lastarm und je größer die

Kraft, um so größere Lasten

kann man heben.

Vierte vert. Reduktion

Es wird auf jede Quantifizierung verzichtet.

Die Gleichgewichtsbeziehung wird nur in

einer Je-um-so-Beziehung ausgedrückt.

Gültig

keits-

um

fangGültigkeits-

umfang Horizontale didaktische Reduktion

Es wird auf die Quantifizierung und auf die

Je-um-so-Beziehung verzichtet. Es

verbleibt eine alltägliche Merkregel.

144

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und Psychologie

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (5)

Vertikale didaktische Reduktion:

fortschreitende Spezialisierung =

zunehmende Fasslichkeit

(Ausgangsaussage – 1. vertikale

Reduktion – 2. vertikale Reduktion usw.)

Horizontale didaktische Reduktion

(Horizontale Reduktion der Ausgangsaussage:

1. Horizontale R. – 2. horizontale R. usw.)

Gültigkeits-

umfang

145

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und Psychologie

Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners

(1)

Ausgangsprämissen

Rauner unterstellt in anthropologischer Perspektive, dass die Gestaltung

von Technik eine Grundform menschlicher Lebensäußerung darstellt.

Selbst eine bewusste Handhabung von Technik setze voraus, dass deren

Gestaltung und Werden durchdrungen werde.

Technik müsse im Gesamtzusammenhang gelehrt werden, d.h., auch ihr

Gebrauchswert und Zweck-Mittelrelationen sowie gesellschaftliche

Implikationen seine zu berücksichtigen

Die auf naturwissenschaftlichen Basen aufsetzende Techniklehre, in der

die Funktionszusammenhänge im Mittelpunkt stünden, gehe an den

Fähigkeiten und Interessen von Auszubildenden vorbei (Rauner 1986)146

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners (2)

Technologie: Lehre vom

Aufbau, Funktionieren und

Konstruieren der E-Technik

Historische

Gewordenheit: Lehre

von der E-Technik als

Ausdruck des

hist. Prozesses

Ökologie: Lehre der

E-Technik als Moment

ökologischer Kreisläufe

Gebrauchswert:

Lehre von der

Nützlichkeit

Gesellschaftliche Arbeit:

Lehre von der E-Technik

als Ergebnis, Mittel und

Bedingung für Arbeit

E-Technik mit

gegenständlichen,

energetischen und

informationellen

Produkten und

Prozessen

Quelle: Braun 1997, S. 188

Dimensionen einer erweiternden Techniklehre

147

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners (3)

Ziele des Ansatzes:

- zentral: Erwerb von Gestaltungskompetenz (beinhaltet auch

Befähigung zur Mitgestaltung der Arbeitswelt, sowie sozialer und

humaner Lebensverhältnisse)

Elektrotechnisches Verständnis ist dafür Voraussetzung (aber nicht

hinreichend)

148

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners (3)

Dimension der

Facharbeit

Lehrbereiche

Gegen-

stand

der

Fach-

arbeit

Werkzeuge,

Methoden

usw. der

Facharbeit

Anfor-

derungen

an Arbeit/

Technik

Ziele

der

Ausb.

OW

ZW

D+FW

FVW

Pers

pektive

des A

nw

.

Pers

pektive

Insta

nd

halt.

Gru

ndaus-

bild

ung

Fachb

ildung

Quelle: Braun 1997, S. 191

Curriculare Makrostruktur für Lehrpläne gew.-tech. Berufe

149

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und Psychologie

Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners

Methodische Ausrichtung:

Dazu ist in den Ursprungstexten wenig enthalten, in neueren

Publikationen präferiert Rauner sogenannte handlungsorientierte

Ansätze bzw. die Orientierung an Geschäftsprozessen

Wissenschaftstheoretische Ausrichtung?

Probleme:

Arbeitsprozesswissen ändert sich ständig, Problem der Aktualisierung

Breite geht zu Lasten fachlicher Tiefe

Einlösbarkeit der Zielperspektive; Was macht Gestaltungskompetenz

aus?

Blinde Flecken: Keine Aussagen zur kognitiven Verarbeitung und den

Voraussetzungen auf der Mikroebene150

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der Schlüsselqualifikation

1. Begründungen des Konzepts

2. Begriffliche Klärungen

3. Konsequenzen in der Praxis

4. Schwächen / Kritik

151

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und Psychologie

Begründung (Ergebnisse der Qualifikationsforschung)

Mertens 1976 (Leiter des IAB); Rezeption erst in den

80ern

• Schneller Wandel der Anforderungen und Probleme die künftigen

Anforderungen zu prognostizieren

• Qualifikationen veralten um so schneller, je situationsspezifischer sie

sind

• Es ist nicht nur auf die Anforderungen der Arbeitswelt sondern ebenso

für andere gesellschaftliche Anforderungsbereiche vorzubereiten

• Die Vermittlung von SQ, die für die Erschließung und Bewältigung

neuer Anforderungen geeignet sind, könnten ein Ausweg aus der

bestehenden Problematik sein

152

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Schlüsselqualifikationen nach Mertens (1)

Bezeichnung für übergeordnete Bildungsziele und -elemente, welche

den Schlüssel zur raschen und reibungslosen Erschließung von

wechselndem Spezialwissen bilden. Sie sind demnach solche

Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren

und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen

Tätigkeiten erbringen, sondern vielmehr

a) die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als

alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt und

b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist

unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des

Lebens.

153

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Schlüsselqualifikationen nach Mertens (2)

Mertens unterscheidet vier Arten von Schlüsselqualifikationen:

• Basisqualifikationen: Qualifikationen höherer Ordnung mit einem

breiten Spektrum vertikalen Transfers

• Horizontalqualifikationen: Informationen über Informationen

(horizonterweiternde Qualifikationen)

• Breitenelemente: ubiquitäre Ausbildungselemente

• Vintage-Faktoren: generationsbedingte Lehrstoffe und Begriffssysteme

Quelle: Mertens: Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft. In:

Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Heft 1, 1974, S. 36ff154

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Schlüsselqualifikationen: Beispiele nach Mertens (1)

Basisqualifikation konkret Lehrgegenstand

Logisches Denken Logisches Schließen formale Logik

Schaltalgebra

Analytisches Vorgehen Analyt. Verfahrenstechn. Linguistik

Analyt. Geometrie

Horizontalqualifikation konkret Lehrgegenstand

Informiertheit über Wesen von Infos allg. Infokunde

Informationen allg. Lehre der Zeichen

Gewinnung von Infos Bibliothekskunde

Medienkunde

155

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Schlüsselqualifikationen: Beispiele nach Mertens (2)

• Breitenelemente: spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten, die über

breite Felder der Tätigkeitslandschaft nachweislich als praktische

Anforderungen am Arbeitsplatz auftreten, z.B. Kenntnisse in

Messtechnik, im Arbeitsschutz, in Maschinenwartung, Führung,…

• Vintage-Faktoren: dienen der Aufhebung intergenerativer

Bildungsdifferenzen, welche im Bildungsstand zwischen Jüngeren und

Älteren aus der Weiterentwicklung der Lehrpläne entstehen.

Quelle: Mertens 1974, S. 36ff.

156

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Alternative Strukturierungsvorschläge

Anlässe

• Vielfältige SQ Kataloge (u.a. von Unternehmen)

• Erweiterung des Ursprungskatalogs

• Bezüge zu bisherigen Kategoriensystemen

157

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen (1)

Materielle KENNTNISSE und FERTIGKEITEN

• Berufsübergreifende, d.h. allgemeinbildende

Kenntnisse und Fertigkeiten: z.B. Kulturtechniken,

Fremdsprachen, technische und wirtschaftliche und

soziale Allgemeinbildung

2. Neuaufkommende Kenntnisse und Fertigkeiten: z.B.

EDV, Mikroelektronik, Pneumatik, neue

Technologien

3. Vertiefte Kenntnisse und Fertigkeiten, d.h. Ausbau

von Grundlagen, die wenig veränderbar sind: z.B.

Fachfremdsprache

4. Berufsausweitende, d.h. über den Einzelberuf

hinausgehende Kenntnisse und Fertigkeiten: auf

Berufsfeldbreite, auf weitere inhaltlich und funktional

verwandte Gebiete

BREITENELEMENTE

(n. Mertens)

VINTAGE-FAKTOREN

(n. Mertens)

TIEFEN-ELEMENTE

(n. Bunk)

KONZENTRISCHE

ELEMENTE (n. Bunk)

158

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen (2)

Formale FÄHIGKEITEN

• Selbstständiges, logisches, kritisches und kreatives

Denken

• Gewinnen und Verarbeiten von Informationen,

Informiertheit über Informationen

• Selbstständiges Lernen, das Lernen lernen, sich

etwas erarbeiten können

• Anwendungsbezogenes Denken und Handeln,

Einsatz der eigenen Sensibilität und Intelligenz, z.B.

bei Umstellungen und Neuerungen, im Vorschlags-

und Erfindungswesen

5. Entscheidungsfähigkeit, Führungsfähigkeit,

Gestaltungsfähigkeit, z.B. Selbständigkeit bei

Planung, Durchführung und Kontrolle

BASISQUALIFIKA-

TIONEN (n. Mertens)

HORIZONTAL-

QUALIFIKATIONEN

(n. Mertens)

LERNQUALIFIKA-

TIONEN (n. Bunk)

TRANSFER-

QUALIFIKATIONEN

(n. Bunk)

HANDLUNGS-

QUALIFIKATIONEN (n.

Bunk) 159

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen (3)

Personale VERHALTENSWEISEN

• Verhaltensqualifikationen mit einzelpersönlicher

Betonung: u.a. Selbstvertrauen, Optimismus,

Wendigkeit, Anpassungsfähigkeit, Gestaltungskraft,

Leistungsbereitschaft

• Verhaltensqualifikationen mit zwischenmenschlicher

Betonung: u.a. Kooperationsbereitschaft, Fairness,

Verbindlichkeit, Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit,

Dienstbereitschaft, Teamgeist, Solidarität

• Verhaltensqualifikationen mit gesellschaftlicher

Betonung: u.a. Fähigkeit und Bereitschaft zu

wirtschaftlicher Vernunft, technologischer Akzeptanz

und zum sozialen Konsens

• Arbeitstugenden, u.a. Genauigkeit, Sauberkeit, Zu-

verlässigkeit, Exaktheit, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit,

Ordnungssinn, Konzentration, Ausdauer, Disziplin

WERTERHALTUNGS-

QUALIFIKATIONEN

(n. Bunk)

Quelle: Reetz 1990, S. 30160

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Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

Ergebnisse: Fachspezifisches und Dynamisches Problemlösen

Fluide

Intelligenz

Dynamisches

Problemlösen

Technisches

Problemlösen

Informations-

generierung

Modell-

bildungPrognose

.89 .79 .49

Reihen-

fortsetzen

Klassifi-

kationenMatrizen Topologie

.71 .48 .79 .55

.45

n.s.

.19

R²=.04

Χ²=29.7, df=24, RMSEA (CI 90%)= .04 (.0-.09), SRMR=.07, CFI=.97, alle Koeffizienten sind statistisch signifikant bei p<.05

Fachspezifisches

161

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Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

Ergebnisse: Fachwissen, Technisches und Dynamisches Problemlösen

Fluide

Intelligenz

Χ²=100.9, df=66, RMSEA (CI 90%)= .06 (.04-.09), SRMR=.08, CFI=.91, alle Koeffizienten sind statistisch signifikant bei p<.05

Dynamisches

Problemlösen

Technisches

Problemlösen.45

R²=.23

Technisches

Wissen

Service MotorMotor-

management

.60 .63 .50

.38

.48

Start-/Strom-/

BeleuchtungFahrwerk

.72 .46

Fachspezifisches

162

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Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

Ergebnisse: Erklärungsmodell zum Technischen Problemlösen

N=281, Χ²=72.9, df=29, CFI=.92, RMSEA (90%)=.07 (.05-.10), SRMR=.08

Allgemeine

Intelligenz

Lese-

fähigkeit

Mathe-

kenntnisse

Berufs-

relevantes

Vorwissen

Fach-

wissen

I

Berufs-

interesse

.35

.11

.39

.24

.26

.35

.20

.15

.51

.50

.20

Technisches

Problemlöse

n

Ausbildungsbeginn:

Eingangsdiagnostik

Ende Grundbildung:

Fachkompetenz

Ausbildungsende:

Fachkompetenz

R² = .12

Fachwissen

IIR² = .42 .65

.50

R² = .48

Motivationsvar:

Interessiert

Fachspez.

163

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Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie Ergebnisse (Mechatroniker)

N =1520, χ² = 586.906, df = 288, CFI = . 95, RMSEA (90%) 0 .026 (.023 - .029), SRMR = .061

.50

.71

.29

.32

.08

.13

.56

Fachwissen

Zwischen-

prüfung

ST

.64.59

.16

Motivations

var.

Betrieb

Motivations

var.

Schule

Mathematik-

kenntnisse

Kognitive

Grund-

fähigkeit

Lese-

verständnis

MotB1 MotB2 MotB3MotS3MotS2MotS1

L2L1

M3M2M1

Teil 1

Teil

2

Teil 4

Teil 3

.64

.54

.61

.52

.59 .61

.67 .74 .55

.65.86

.75.81.84

.58

.89

R²=.43

R²=.50

R²=.25

Fachwissen

Abschluss-

prüfung

R²=.81

ET ME

.65

ST

.62.51

ET ME

.58

Zusammenhänge für die zweite Ausbildungshälfte

(mit curricularer Schwerpunktsetzung und Motivation zu Zwischentest)PLF

Fragen Fehler

.89 .55

.71

R²=.50

Curr

.80

ST

.76 .68

ET ME

.15

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Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

Korrelationen zwischen Fachkompetenzen, IQ und Mathe

in der Grundstufe Bau

IQ Mathe FW ohne

mathem.

Anforderungen

FW mit

mathem.

Anforderungen

IQ 1 .45 .31 .47

Mathe .45 1 .42 .51

165

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Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

Kritik am Konzept

Transferproblematik

Schulungsproblematik

Inflation der SQs

166

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der Handlungsorientierung

1. Begründungen des Konzepts und zentrale Annahmen

2. Merkmale des Konzepts

3. Ausgewählte Befunde

167

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der Handlungsorientierung – zentrale

Begründungskontexte (1)

• Veränderungen der Qualifikationsanforderungen in Richtung erhöhter

Ansprüche an die Selbständigkeit, an Fähigkeiten zur Bewältigung des

beständigen Wandels, soziale Kompetenzen, usw.

• Erkenntnisse / Annahmen zu positiven Effekten handlungsorientierter

Lehr-Lernarrangements auf die Motivationsentwicklung

• Erkenntnisse zu Problemen, in universitären Ausbildungsgängen

erworbenes Fachwissen in praktischen Handlungssituationen zu

nutzen, deren Tragfähigkeit man auch für die duale Berufsausbildung

unterstellt(e)

168

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Konzept der Handlungsorientierung – zentrale

Begründungskontexte (2)

• Erkenntnisse / Annahmen zu günstigen Effekten handlungsorientierter

Lehr-Lernarrangements auf die Kompetenzentwicklung, insbesondere

auf die Entwicklung prozeduralen Wissens (Methodenkompetenz), den

Wissenstransfer und die Problemlösefähigkeit

• Erkenntnisse / Annahmen zu positiven Effekten für die Entwicklung

sozialer Kompetenzen

• Differenzierungsmöglichkeiten

Quelle: Nickolaus 2006, S. 77f

169

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Gängige Merkmale handlungsorientierten Unterrichts (1)

• MERKMALE DER VOLLSTÄNDIGEN HANDLUNG: Das Modell der

vollständigen Handlung beinhaltet:

1. Ziele setzen, Aufgabenstellung verstehen, Ausgangssituation

analysieren

2. Handlung planen

3. Pläne bewerten und Entscheidungen treffen

4. Handlungsplan durchführen

5. Ergebnisse kontrollieren

6. Handlung bewerten

170

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Gängige Merkmale handlungsorientierten Unterrichts (2)

• SCHÜLERORIENTIERUNG: beinhaltet die selbstständige Erarbeitung

bzw. die Selbststeuerung des Lernprozesses sowie Schüleraktivität

und Berücksichtigung der Voraussetzungen

• ANWENDUNGS- UND BERUFSBEZUG DER KOMPLEXEN,

PROBLEMHALTIGEN AUFGABENSTELLUNG: Eine komplexe

Aufgabenstellung bildet den Ausgangspunkt handlungsorientierten

Unterrichts

• HANDLUNGSKOMPETENZ ist das Ziel des Unterrichts

171

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Merkmale handlungsorientierter Lehr-Lernformen (1)

1. Inwieweit sind die Elemente einer vollständigen Handlung erkennbar

bzw. ausgeprägt (Zielsetzung, Handlungsplanung,

Entscheidungsfindung, Durchführung, Kontrolle, Bewertung/

Reflexion)?

2. Welche Ausbalancierung erhalten selbstbestimmte und angeleitete

Handlungssequenzen, d.h. inwieweit können die Lernenden auf die

Zielsetzung der (Lern)handlung oder auf den Planungsprozess

Einfluss nehmen?

3. Besitzt der Lern- bzw. Handlungsprozess notwendig den

Ernstcharakter der Alltagstätigkeit oder hat er eher den Charakter

eines Probehandelns wie z.B bei Rollenspielen oder technischen

Simulationen? 172

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und Psychologie

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Merkmale handlungsorientierter Lehr-Lernformen (2)

4. In welchem Verhältnis stehen Kasuistik und verallgemeinernde

Abstraktion bzw. welcher Stellenwert kommt der Reflexion von

Lernhandlungen zu?

5. Bezieht sich das „Lernhandeln“ auf die Operation mit Symbolen,

materiell-körperliche Gegenstände oder auf kommunikative Akte und

Ergebnisse?

173

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Aspekte von Ganzheitlichkeit (1)

• Personaler Aspekt: den Schüler mit Kopf, Herz und Hand

ansprechen

• Inhaltlicher Aspekt: Wahl der Unterrichtsinhalte nicht aufgrund

wissenschaftlicher Fachsystematik, sondern aufgrund von

Fragestellungen und Problemen des Handlungsproduktes;

Vermeidung der Zerteilung in Einzelstunden (wie üblicher

Fachunterricht), soweit möglich

• Methodischer Aspekt: Verbesserung der Lernleistung durch

„ganzheitliche“ Unterrichtsmethoden, z. B. Projektunterricht,

Gruppenarbeit, Rollenspiel, Erkundungen etc.

174

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Aspekte von Ganzheitlichkeit (2)

Nach Beck wird das Merkmal Ganzheitlichkeit geprägt durch

• Mehrdimensionalität (neben der kognitiven Dimension sind die

affektive und psychomotorische Dimension einzubeziehen)

• Denken und Handeln in vollständigen bzw. komplexen

Handlungsvollzügen (eigenständige Planung, Durchführung und

Kontrolle bzw. Bewertung)

• einen engen Praxisbezug

• eine fächerübergreifende Betrachtung

Quelle: Beck 1996, S. 35

175

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Zusammenfassung: Prinzipien der Lernprozessgestaltung

im handlungsorientierten Lehr-Lernprozess (1)

• Konfrontation der Schüler mit komplexen, problemhaltigen, sinnvollen

Aufgabenstellungen und Situationen; das Lernen folgt der Logik bzw.

Systematik der Aufgabenstellung; Anwendungs- und Berufsbezug

• Aufgaben mit Prinzip der vollständigen Handlung (Planung,

Ausführung, Kontrolle)

• Lernende Schüler im Mittelpunkt: Anregung zum selbstständigen

Handeln, Prinzip der Selbststeuerung des Lernens und Unterrichts

• Anknüpfung an Interessen, Vorwissen und Alltagserfahrungen der

Schüler und Nutzung zur Lösung der komplexen Probleme

176

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Prinzipien der Lernprozessgestaltung im

handlungsorientierten Lehr-Lernprozess (2)

• Ermöglichung authentischer Lern-Erfahrungen: durch eigene

Erfahrungen lernen, Selbsterarbeitung der Lösungen, entdeckendes

Lernen

• Verdeutlichung und Legitimation des Ziels des Lehr-

Lernarrangements, Beteiligung der Schüler an Planung und

Auswertung des Unterrichts

• Durch verschiedene Sozialformen (z.B. Gruppenarbeit) den Schülern

Möglichkeiten zu Individualisierung und Differenzierung geben

• Selbstkritische Reflexion des Lernhandelns durch die Schüler

177

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Die Lehrerrolle in handlungsorient. Lehr-Lernprozessen (1)

• Verknüpfung fallbezogener und begrifflich-systematischer Lehr-

Lernprozesse

• Abkehr von Funktion der reinen Stoffvermittlung hin zur Aufgabe der

Initiierung, Organisation und Begleitung von Lernprozessen; zum

Moderator des Lernvorgangs der Schüler werden, Schüler sollen dazu

angeleitet werden, sich selbst Wissen anzueignen

• Fachgespräche mit den Schülern, sich in ungewöhnliche

Lösungswege von Schülern eindenken

178

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Die Lehrerrolle in handlungsorient. Lehr-Lernprozessen (2)

• Begleitung sozialer Prozesse innerhalb der Schülergruppen

• Konzeptionelle Zusammenarbeit mit den Kollegen im Lehrerteam zur

Ausfüllung und Konkretisierung der curricularen Vorgaben, Umsetzung

im Rahmen der schulischen Möglichkeiten

• Team-Teaching: Zusammenarbeit mit den Kollegen bei der Planung,

Durchführung und Auswertung von Unterricht sowie bei der

Leistungsbewertung; fächerübergreifender Unterricht

179

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Unterrichtsformen: Übersicht empirischer Befunde

uniform multipel

UngeleitetLM LM

GeleitetLM LM

Quelle: Stark u.a. 1997 180

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Unterrichtsformen: Übersicht empirischer Befunde

uniform multipel

UngeleitetSW, MM, PL

LM

SW, MM, PL

LM

GeleitetSW, MM, PL

LM

SW, MM, PL

LM

Quelle: Stark u.a. 1997 181

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und Psychologie

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Unterrichtsformen: Übersicht empirischer Befunde

uniform multipel

UngeleitetSW, MM, PL

LM

SLE

SW, MM, PL

LM

SLE

GeleitetSW, MM, PL

LM

SLE

SW, MM, PL

LM

SLE

Quelle: Stark u.a. 1996 182

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Ausgewählte Befunde aus DFG-Projekten

• Untersuchungen zur Entwicklung von deklarativem und

prozeduralem Wissen, Problemlösefähigkeit und Motivation in

Abhängigkeit von unterschiedlichen Gesamtkonzeptionen

Zentrale Aspekte beruflicher Handlungskompetenz

Deklaratives

WissenProzedurales

Wissen

Problemlöse-

fähigkeit

Faktenwissen,

Wissen zu den

Elementen eines

Wissensge-

bietes und deren

Relationierung

Wissen zu Ver-

fahrensweisen,

Strategien bei

der Bearbeitung

von Aufgaben

Die Fähigkeit,

fachliche

Alltagsprobleme

zu lösen

(Fehleranalyse)

Zentrale Aspekte beruflicher Handlungskompetenz

Deklaratives

WissenProzedurales

Wissen

Problemlöse-

fähigkeit

Faktenwissen,

Wissen zu den

Elementen eines

Wissensge-

bietes und deren

Relationierung

Wissen zu Ver-

fahrensweisen,

Strategien bei

der Bearbeitung

von Aufgaben

Die Fähigkeit,

fachliche

Alltagsprobleme

zu lösen

(Fehleranalyse)

183

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen

in der elektrotechnischen Grundbildung - Abweichungen

vom Mittelwert der Wissenstests bei

Elektroinstallateuren (deklarativ + prozedural)

-8

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

Eingangstest

Zwischentest

Ausgangstest

MDE sig.= n.s.

MDZ sig.= 0,023

MDA sig.=0,022

D

-0,65 7 5,75

0,65 -7 -5,75

H

(insgesamt 4 Klassen; 1. Untersuchung Nickolaus/Bickmann 2003) 184

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und Psychologie

Mitte

lwe

rt: P

roze

nta

nte

il e

rre

ich

ter

Pu

nkte

50,0

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0

U-Form

direktiv

handlungs-

orientiert

34,8

45,7

30,6

37,5

14,914,0

39,4

49,3

38,337,2

14,415,1

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen

in der elektrotechnischen Grundbildung – Befunde zum

Wissensstand (Nickolaus/Heinzmann/Knöll 2005)

185

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen

in der elektrotechnischen Grundbildung – Befunde zum

Wissensstand Nickolaus/Heinzmann/Knöll 2005)

direktiv handlungsorientiert

Deklaratives

Wissen32,2% 33,2%

Prozedurales

Wissen33,2% 21,5%

Deklaratives

Wissen40,3% 38,9%

Prozedurales

Wissen46,9% 37,4%

Teilzeit

Vollzeit

Wissenstand zum Zeitpunkt des ZT nach U-Formen und Teil-/

Vollzeit

186

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direktiv handlungsorientiert

Deklaratives

Wissen51,2% 42,2%

Prozedurales

Wissen43,8% 31,2%

Deklaratives

Wissen47,3% 48,4%

Prozedurales

Wissen34,5% 37,5%

Teilzeit

Vollzeit

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen

in der elektrotechnischen Grundbildung – Befunde zum

Wissensstand Nickolaus/Heinzmann/Knöll 2005)

Wissenstand zum Zeitpunkt des AT nach U-Formen und Teil-/

Vollzeit

187

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen

in der elektrotechnischen Grundbildung – Befunde zur

Problemlösefähigkeit (Nickolaus/Heinzmann/Knöll 2005)

DirektivHandlungs-

orientiert

Signifikanz-

niveau

KochplatteRep. 1 3,52 3,22 n.s.

Rep. 2 4,40 3,91 5%

Akkubohr-

schrauber

Rep. 1 3,89 3,31 5%

Rep. 2 4,25 3,84 10%

Rep. 3 3,92 3,91 n.s.

Skala von 1 bis 6:

1 = keine Lösung ... 6 = richtige Lösung

mit guter Begründung

188

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen in

der elektrotechnischen Grundbildung – Entwicklung der

introjizierten Motivation nach Unterrichtskonzeptionsform

ebd.

Messzeitpunkt

AbschlusstestZwischentestEingangstest

Mitte

lwe

rt 4,00

3,50

3,00

2,50

2,00

1,50

1,00

,50

0,00

Unterrichtsform

direktiv

handlungsorientiert

3,263,24

3,533,403,40

3,71

189

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Fazit verschiedener Studien

• Qualität innerhalb des methodischen Ansatzes ist bedeutsamer für die

Kompetenz- und Motivationsentwicklung als die Wahl der Methode

• Befundlage ist uneinheitlich

• Leistungsstärkere profitieren in der Regel eher von selbstgesteuertem

Lernen als Leistungsschwächere

• Effektunterschiede in Abhängigkeit von den Kompetenzdimensionen

• Tendenziell: positive Effekte im motivationalen Bereich

• Höheres Potential für die Entwicklung sozialer Kompetenzen, aber

bisher nicht untersucht

190

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Wichtige, empirisch betätigte Qualitätsindikatoren von

Unterricht und Unterweisung

• Adaptivität

• Langsamkeitstoleranz

• Klarheit

• Klassenführung

• Aufgabenorientierung

• Kognitive Aktivierung

• affektives Klima

• gezieltes Situieren

191

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und Psychologie

Ausgangspunkte und Grundintentionen des

Lernfeldkonzepts bzw. arbeitsprozessbezogener

Ausbildungsgestaltung

• Zögerliche Umsetzung des Konzepts der HO

• Organisatorische Barrieren für die Umsetzung von HO

• Theorie – Praxis – Bezüge

• Produktionsorientierung betrieblicher Ausbildung

• Sicherung umfassender beruflicher Handlungskompetenz

• Analoge Begründungen wie im HO Konzept

• Kontroverse Debatte im Anschluss an die von oben verordnete

Einführung

192

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Arbeitsprozessbezogene betriebliche Ausbildung

• Systematische vs. unsystematische Ausbildung

• Erhöhung produktiver Ausbildungsanteile in der systematischen

Ausbildung, z.B. durch

1. Lerninseln

2. Reduktion systematischer Ausbildungsteile

3. Betriebliche Aufträge als Prüfungsform

4. Bearbeitung von Realaufträgen

193

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Das Lernfeldkonzept

Begriff:

Laut Handreichung der KMK sind Lernfelder „durch Zielformulierung,

Inhalte und Zeitrichtwerte beschriebene thematische Einheiten, die an

beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufen orientiert

sind“

KMK: Handreichungen für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultus-

ministerkonferenz für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule,

Ausgabe 15.9.00, Bonn, S.14194

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Die Umsetzung des Lernfeldkonzepts auf Länderebene

es lassen sich grob zwei Varianten unterscheiden:

• unmittelbare und unveränderte Übernahme der Lernfelder als

Strukturmerkmale des Unterrichts

• unveränderte Übernahme der Lernfelder und Bündelung geeigneter

Lernfelder zu bzw. in neuen Fächern

195

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Reflexionsstufen zur didaktischen Analyse (1)

Handlungsfelder

Lernfelder

Lernsituationen

196

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Reflexionsstufen zur didaktischen Analyse (2)

Definition Handlungsfelder:

• zusammengehörige Aufgabenkomplexe mit beruflichen sowie lebens-

und gesellschaftsbedeutsamen Handlungssituationen, zu deren

Bewältigung befähigt werden soll

• Handlungsfelder sind immer mehrdimensional, indem stets berufliche,

gesellschaftliche und individuelle Problemstellungen miteinander

verknüpft werden

• Gewichtung der einzelnen Dimensionen kann variieren

• Eine Trennung der drei Dimensionen hat nur analytischen Charakter

197

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Reflexionsstufen zur didaktischen Analyse (3)

Definition Lernfelder:

• didaktisch begründete, schulisch aufbereitete Handlungsfelder

• Zusammenfassung komplexer Aufgabenstellungen, unterrichtliche

Bearbeitung erfolgt in handlungsorientierten Lerneinheiten

• Zielformulierungen im Sinne von Kompetenzbeschreibungen und

durch Inhaltsangaben

Definition Lernsituationen:

• Konkretisierung der Lernfelder

• dies geschieht in Bildungsgangkonferenzen durch eine didaktische

Reflexion der beruflichen sowie lebens- und gesellschaftsbe-

deutsamen Handlungssituationen

Quelle: Bader, Reinhard/Schäfer, Bettina: Lernfelder gestalten. In: Die berufsbildende Schule

(BbSch), Heft 7-8 (1998), 50. Jg., S. 229198

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Didaktische Reflexion vom Handlungsfeld zum Lernfeld

HANDLUNGSFELDER

LERNFELDER

In welcher Weise können Handlungsfelder in

didaktisch begründete Lernfelder transformiert

werden ?

Didaktische Analyse:

Gegenwartsbedeutung, Zukunftsbedeutung,

exemplarische Bedeutung, thematische Struktur

Quelle: Bader, Reinhard/Schäfer, Bettina: Lernfelder gestalten – Vom komplexen Handlungsfeld zur

didaktisch strukturierten Lernsituation.

(<http://www.lernfelder.schule-bw.de/aufsaetze/bader2.html> Januar 2002) 199

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Didaktische Reflexion vom Lernfeld zum Handlungsfeld

HANDLUNGSFELDER

L

E

R

N

F

E

L

D

E

R

In welcher Weise befähigen Lernfelder zur

Bewältigung komplexer Problemstellungen?

In welcher Weise lassen sich die Zielformu-

lierungen konkretisieren?

Entscheidungsfelder:

Reflexion der möglichen Kompetenzentwick-

lung als Einheit von Fach-, Sozial-, Human-

kompetenz (curriculare Ebene)

Quelle: Bader, Reinhard/Schäfer, Bettina: Lernfelder gestalten – Vom komplexen Handlungsfeld zur

didaktisch strukturierten Lernsituation.

(<http://www.lernfelder.schule-bw.de/aufsaetze/bader2.html> Januar 2002) 200

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Didaktische Reflexion vom Lernfeld zu Lernsituationen

Lernfelder

In welcher Weise können Lernfelder durch Lernsituationen konkretisiert

werden?

Didaktische Analyse: Zugänglichkeit, Lehr-Lernprozess-Struktur;

Bedingungsfelder: anthropologische, psychologisch, soziokulturelle

Voraussetzungen

Lernsituationen

(in Anlehnung an Bader/Schäfer 2003)201

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Didaktische Reflexion von Lernsituationen zu

HandlungsfeldernLernsituationen

In welcher Weise tragen Lernsituationen dazu bei, berufliche sowie lebens-

und gesellschaftsbedeutsame Problemstellungen zu bewältigen?

Didaktische Analyse: Gestaltung und Überprüfbarkeit

Entscheidungsfelder des Unterrichts: Reflexion der möglichen

Kompetenzentwicklung (Fach-, Sozial- und Humankompetenz)

Handlungsfelder

(in Anlehnung an Bader/Schäfer 2003)202

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Übersicht: Elektrotechnische Grundbildung nach dem

vorläufigen KMK-Rahmenlehrplan

Lernfeld U-Std. Thema

1 80 h Elektrotechnische Systeme analysieren und Funktionen

prüfen

2 80 h Aufträge für elektrische Installationen planen und

ausführen

3 80 h Steuerungen für Anlagen planen und ausführen

4 80 h Informationstechnische Systeme bereitstellen

Quelle: Brandt 2003, S. 18 203

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Mögliche Gliederung für die unterrichtsprakt. Umsetzung

des 2. Lernfeldes aus dem Berufsfeld Elektrotechnik (1)

Lernsituation Medien/ Arbeitsmaterialien Handlung (Lernprozess)

Analyse und

Planung

Analysebogen „Teile einer

elektrischen Anlage“,

Analysebogen „Arbeitshand-

lungen“, unausgefüllte

Materialliste

Teile der elektrischen Anlage und

Arbeitsschritte in Analyse-bögen

eintragen, Teile heraus-suchen

und in vorgefertigter Materialliste

eintragen

Kosten-

kalkulation

Kalkulationsprogramm, Mate-

rialkataloge mit Preislisten und

Bestellnummern, Tabelle über

Arbeitslohn, Gesprächsregeln

Kosten berechnen, Kostenvor-

anschlag erstellen, Rollenspiel

„Kundengespräch“, Verlauf nach

Regelkatalog bewerten

Schaltplan Informations- und Arbeitsblätter

zum Thema „Schaltpläne“,

„Arbeiten mit dem Computer“ und

„Befehlsübersicht: CAD-

Anwendung

Schüler erarbeiten theo. Grund-

lagen: „Schaltpläne“, „PC-

Grundlagen“, „CAD-Grund-lagen“,

erstellen Schaltpläne, korrigieren

erste Entwürfe204

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Mögliche Gliederung für die unterrichtsprakt. Umsetzung

des 2. Lernfeldes aus dem Berufsfeld Elektrotechnik (2)

Lernsituation Medien/ Arbeitsmaterialien Handlung (Lernprozess)

Material-

beschaffung

Bauteile und Werkzeuge (aus

der fachpraktischen Abteilung

der Schule)

Erforderliche Bauteile und

Werkzeuge beschaffen („Lager“)

Sicherheit Informationen über Sicher-

heitsregeln, Arbeitsschutz und

Unfallverhütungsvorschriften,

Lehrfilme

Sicherheitsregeln, Arbeitsschutz

und Unfallverhütungs-

vorschriften schriftlich ausar-

beiten und Gründe diskutieren

Installieren Kellerraum (Übungsraum),

selbst erstellte Schaltpläne

(zusammenhängende und

aufgelöste Darstellung)

Nach Sicherheitsbestim-

mungen, Schaltungsunterlagen,

VDE-Richtlinien die elektrische

Anlage installieren

205

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Mögliche Gliederung für die unterrichtsprakt. Umsetzung

des 2. Lernfeldes aus dem Berufsfeld Elektrotechnik (3)

Lernsituation Medien/ Arbeitsmaterialien Handlung (Lernprozess)

In-Betrieb-

Nehmen

Durchgangsprüfer,

Spannungsmesser; Informa-

tionsblätter: „Arbeiten mit

Durchgangsprüfer und Span-

nungsmesser“, „Prüfung der

Steckdose“; Vordruck „Protokoll“

und „Dokumentation“

Anlage spannungsfrei testen, in

Betrieb nehmen, Steckdosen mit

Spannungsmesser testen,

Arbeitsprotokoll für den Betrieb

und Kunden-Dokumentation

erstellen

Fehler-

beseitigung

Information über Fehlersuche mit

Durchgangsprüfer

Gegebenenfalls Fehlersuche und

–beseitigung, Funktionstest

Dokumen-tation selbst erstellte Kunden-Doku-

mentation, Bewertungsbogen

Rollenspiel „Kundenübergabe“,

Bewerten des Arbeitsergebnisses

(ganzheitlich)

206

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und Psychologie

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Mögliche Gliederung für die unterrichtsprakt. Umsetzung

des 2. Lernfeldes aus dem Berufsfeld Elektrotechnik (4)

Lernsituation Medien/ Arbeitsmaterialien Handlung (Lernprozess)

Englisch Wörterbuch (Technisches

Englisch), Arbeitsblatt

Englische Begriffe für alle

verwendeten Materialien und

Werkzeuge heraussuchen,

Sprachübung

Energie-

versorgung

Informations- und Arbeitsblätter

zur „Energieversorgung“,

Bewertungsbogen

Bewertung nach funktionellen,

ökonomischen und ökologischen

Gesichtspunkten

Quelle: Brandt 2003, S. 19 207

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und Psychologie

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Mögliche Gestaltung der Lernsituation „Analyse und

Planung“ (1)

Nr. Arbeitsplan

(Analyseschritte)

Unterrichtsabschnitte/

Informations- und Arbeitsblätter

1. Aus welchen allge-

meinen Teilen besteht

die elektrische Anlage?

Unterrichtssequenz: Aufgabenbeschreibung,

Analyse einer Anlage, Information über Bauteile,

deren Bezeichnung und Schaltzeichen

(Leuchtstofflampe, Schalter, Leitungen, Stifte,

Gips, Kabelkanal usw.)

Unterrichtssequenz: Der elektrische Stromkreis

2. Welche Verlegungsart

ist anzuwenden?

Information über Auf-Putz-, In-Putz-, Unter-Putz-

Verlegung und deren Anwendung

208

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und Psychologie

5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Mögliche Gestaltung der Lernsituation „Analyse und

Planung“ (2)

Nr. Arbeitsplan

(Analyseschritte)

Unterrichtsabschnitte/

Informations- und Arbeitsblätter

3. Welche besonderen

Teile verwende ich und

warum?

Materialkataloge, Information über Eigenschaften

der Teile, Preislisten, Information über das

Erstellen einer Materalliste

4. Welche Arbeitsschritte

sind notwendig, um die

elektrische Anlage zu

installieren?

Information über elektrische Facharbeit/

standardisierte Arbeitszeiten, Information über den

Anschluss einer Leuchtstofflampe, Steckdose,

Schalter, Bearbeitung von Kabeln, Umgang mit

Abisolierzange usw.

Quelle: Brandt 2003, S. 20 209

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Mögliches unterrichtspraktisches Verfahren zur

Umsetzung des Lernfeldkonzeptes (1)

LERNFELD

(Berufliche Handlung)

Was ist zu tun?

Handlungsorientierte

Lernsituationen

Welche Arbeitsschritte

sind notwendig?

Ableitung theoretischer Bezüge

- anwendungsorientiertes Wissen

- technikorientiertes Wissen

- fachwissenschaftliches Wissen

- gestaltungsorientiertes Wissen

Welche Theorie

(Wissen) „steckt“ in

dem Arbeitsschritt?

210

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Mögliches unterrichtspraktisches Verfahren zur

Umsetzung des Lernfeldkonzeptes (2)

Ausgestaltung der Lernsituation

- konkrete Aufgabenstellung

- praktische Medien (Werkzeuge,

Verbrauchsmittel, Bauteile usw.)

- Informations- und Arbeitsblätter

- Literatur und Internetrecherche

- Unterrichtssequenzen

Wie kann ich die

Lernsituation

unterrichtspraktisch

gestalten?

Welche Hilfen brauchen

die Lerner dafür?

211

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Mögliches unterrichtspraktisches Verfahren zur

Umsetzung des Lernfeldkonzeptes (3)

Praktische Durchführung

- Lehrer als Berater

- Lehrer als Vermittler

- Lehrer als Helfer

- Lehrer als Moderator

- Lehrer als Überwacher (Lerndisziplin)

Wie ist der

Unterrichtsablauf mit

Theorie- und

Praxislehrkräften

möglich?

Vertiefung

- Bewertung (durch Lehrer)

- gestaltungsorientierte Reflexion

- theoretische Wissensvermittlung

(Technologie/ Fachwissenschaft)

- Wissensüberprüfung (Lernzielkontr.)

Welche Ansatzpunkte gibt es,

um technologische,

fachwissenschaftliche und

gestaltungsorientierte Inhalte

praxisbezogen zu vermitteln?

Quelle: Brandt, M.: Auf neuen Pfaden. In: Berufsbildung H. 79, 2003, S. 20212

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Vom Curriculum zur Lehr-Lern-Situation (1)

Curriculum mit Richtziel

Anwendungsorientierung

Strukturwissen

Erkenntnisorientierung

Metakognitives Wissen

Handlungsfelder

Authentizität

Wissenschaft/ Technik

Struktur/ Methode

Lernfelder/

HandlungssystematikFachliche Zuständigkeiten/

Fachsystematik

Handlungskompetenz/ Professionswissen

213

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Vom Curriculum zur Lehr-Lern-Situation (2)

Handlungskompetenz/ Professionswissen

Didaktische Gestal-

tungsidee/ Leitidee

Lehr-Lern-Theorie/

Bildungstheorie

komplexe Lehr-Lern-Situationen

Problemorientierte Lehr-Lern-

Arrangements

Konstruktion des Wissens

Dekontextualisierung/ Generalisierung

Quelle: Pätzold, G.: Lernfelder – Lernortkooperation. Dortmunder Beiträge zur Pädagogik, Bd. 30, S. 64214

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Lernfeldorientierung und Fächerung im Vergleich (1)

Lernfeldorientierung

(Orientierung an realen Aufgaben und Arbeitsprozessen)

Zugeschriebene Vorteile:

• entspricht unmittelbar dem Leitziel „Erwerb von Handlungskompetenz“

• zeigt praktische Bedeutung von Inhalten und Bedarf an Aktualisierung

• erzwingt anwendungsorientierte inhaltliche Verknüpfung

• zeigt deutlichere Möglichkeiten dualkooperativer Ausbildung

• zeigt Möglichkeiten für berufsbezogene Beiträge berufsübergreifender

Fächer

215

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Lernfeldorientierung und Fächerung im Vergleich (2)

Lernfeldorientierung

Unterstellte Grenzen/ Probleme:

• stellt Grundlagen, Übersicht und Gesamtzusammenhänge nicht sicher

• liefert notwendige, aber nicht hinreichende Kriterien für die

Stoffauswahl

• liefert notwendige, aber nicht hinreichende Kriterien für die Abfolge

von Lernsequenzen

• vernachlässigt berufsfeldbreites Lernen

• deckt gesellschaftliche und private Handlungssituationen nicht

hinreichend ab

216

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Lernfeldorientierung und Fachunterricht im Vergleich (3)

Fachunterricht (Orientierung an Bezugswissenschaften)

Zugeschriebene Vorteile:

• stellt Grundlagen, Übersicht und Gesamtzusammenhänge her

• zeigt Exemplarisches im Kontext des Gesamten

• ermöglicht gezielte Schulung von Fertigkeiten

• vermittelt berufsfeldbreite Fundierung

• eröffnet Zugang zu gesellschaftlichen und privaten

Handlungssituationen

217

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Lernfeldorientierung und Fachunterricht im Vergleich (4)

Fachunterricht

Unterstellte Grenzen/ Probleme:

• wirkt stark veränderungsresistent

• verarbeitet Neues eher als Zunahme als als Austausch

• verleitet zu isolatorischer fachlicher Verselbständigung

• überlässt anwendungsbezogene Verknüpfungserfordernisse den

Lernenden

• erschwert inhaltliche Abstimmung mit betrieblichen Arbeits- und

Lernprozessen

218

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Lernfeldorientierung und Fachunterricht im Vergleich (5)

Verknüpfung von Lernfeldorientierung und Fächerung

Zugeschriebene Vorteile:

• Handlungssystematik liefert Ausgangs- und Zielorientierung

• Fachsystematik sichert Grundlagen und Strukturbildung

• Fach- und Handlungssystematik begründen zusammen Stoffauswahl

• Fachsystematik ermöglicht rationellen Fertigkeitserwerb

• Handlungssystematik sichert unterrichtliche Verknüpfungsleistung

• Handlungssystematik erleichtert inhaltliche Lernortkooperation

• Fachsystematik erweitert Orientierung über betriebliche Ausbildung

hinausQuelle: Hansis, H./ Lohre, W./ Manfrass, U.: Verknüpfung von Handlungs- und

Fachsystematik. Düsseldorf 1998 219

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5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde

Bedingungen schulischer Leistungen – Allg. Rahmenmodell

Sozio-

ökono-

mischer

Status

der Eltern

Bildungs-

niveau

der Eltern

Eth-

nische

Herkunft

der

Familie

Soziales

Kapital

Kulturelles

Kapital

Schule/

Fach-

bereich

Klassen-

kontext

Medien-

welt

Alters-

gruppe

Elterliches Erziehungs- und Unterstützungsverhalten

Lehrerexpertise

subjektive Theorie/ Überzeugungen

allgemeine Berufsmerkmale

Unterrichtsprozesse

(Instruktions- und

Interaktionsgeschehen)

Individuelle

Lernvoraus-

setzungen

kognitiv

motivational

emotional

Individuelle

Verarbeitung

aktive Lernzeit

Anstrengung/

Aufmerksamkeit

Lernstrategien

Handlungs-

kontrolle

Emotionen

Lern- und

Leistungs-

ergeb-

nisse

Quelle: Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im

internationalen Vergleich. Opladen: Leske+Budrich, S.33

220

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5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde

Wichtige Prädiktoren des Lernerfolgs

Wichtige

Prädiktoren d.

LernerfolgsAdaptivität

Motivation

häusliche UmweltBekräftigung

bedarfsgerechte

Unterstützung

kognitive Merkmale

der Schüler

affektives Klima Vorwissen

Qualität und Quantität

des Unterrichts

Vgl. u.a. Helmke/ Weinert 1996 221

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und Psychologie

Strukturgleichungsmodell: Prädiktoren der Fachkompetenz

(Kfz-Mechatroniker)

Ausbildungsinteresse(Pretest)

MathematikIQLesen

Fachwissen(Pretest)

40,4% Var. Aufkl.

Fachwissen(Posttest)

44% Var. Aufkl.

Werkstattklima(Posttest)

Intrinsische Motivation

im Unterricht(Posttest)

27,4% Var. Aufkl.

Kompetenzwahr-

nehmung im Unterricht(Posttest)

0,51

0,50 0,52

0,14

0,220,400,12

0,20

0,45

0,15

0,08 (p = 0,069)

0,16

0,08 (p = 0,072)

0,50

Ausbildungsinteresse(Pretest)

MathematikIQLesen

Fachwissen(Pretest)

40,4% Var. Aufkl.

Fachwissen(Posttest)

44% Var. Aufkl.

Werkstattklima(Posttest)

Intrinsische Motivation

im Unterricht(Posttest)

27,4% Var. Aufkl.

Kompetenzwahr-

nehmung im Unterricht(Posttest)

0,51

0,50 0,52

0,14

0,220,400,12

0,20

0,45

0,15

0,08 (p = 0,069)

0,16

0,08 (p = 0,072)

0,50

222

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und Psychologie

Strukturgleichungsmodell: Prädiktoren der Fachkompetenz

(Elektroniker)

MathematikIQLesen

Fachwissen(Pretest)

30,9% Var. Aufkl.

Fachwissen(Posttest)

43,1% Var. Aufkl.

Instruktionsklarheit

Werkstatt(Posttest)

Expertenkultur

Werkstatt(Posttest)

0,28

0,28 0,27

0,21

0,11 (p=0,052)0,44

0,36

0,09 (p = 0,063)

0,33

0,69

MathematikIQLesen

Fachwissen(Pretest)

30,9% Var. Aufkl.

Fachwissen(Posttest)

43,1% Var. Aufkl.

Instruktionsklarheit

Werkstatt(Posttest)

Expertenkultur

Werkstatt(Posttest)

0,28

0,28 0,27

0,21

0,11 (p=0,052)0,44

0,36

0,09 (p = 0,063)

0,33

0,69

223

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5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde

Zusammenstellung von Metaanalysen über

Determinanten der Schulleistung

Determinanten Anzahl der Studien Durchschnittliches r

Soziale Kontextbedingungen 153 .18

Beziehung zu Gleichaltrigen 12 .19

Häusliche Umwelt 118 .31

Konsum von Massenmedien 23 -.06

Schule 781 .12

Ziele und Politik 307 .12

Organisation (z.B. Klassengröße,

traditionelle oder offene Klassenzimmer)

372 -.02

Lernumwelt 201 .26

Lehrer 329 .21

Lehre (Instruktion) 1854 .22

Quantität 110 .38

Qualität 41 .47

Lehrmethoden 1763 .17224

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5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde

Zusammenstellung von Metaanalysen über

Determinanten der Schulleistung

Determinanten Anzahl der Studien Durchschnittliches r

Spezielle Instruktionsmethoden 2541 .14

Individualisierung 467 .07

Computerunterstützung 557 .15

Tutorensysteme 218 .25

Zielereichendes Lernen 106 .25

Hausaufgaben 44 .21

Instruktionsmedien 657 .14

Schülermerkmale 1455 .24

kognitive 484 .44

affektive 355 .12

Lernstrategien 714 .28

Bekräftigungslernen 76 .49

Remediales Lernen 97 .30

Quelle: Helmke, A./Weinert, F.E.: Bedingungsfaktoren schulischer Leistungen. In: Weinert, F.E. (Hrsg.):

Psychologie des Unterrichts und der Schule. Göttingen u.a. 1997, S.78225

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Anforderungswechsel

Vollständigkeit der Aufgabe

Wichtigkeit der Aufgabe

Autonomie

Rückmeldung

5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde

Das Motivationspotential und dessen Beitrag zur

Varianzaufklärung der Lernmotivation

zusammengefasst

Motivationspotential

Varianzaufklärung der

Lernmotivation

1. Lj. – 38%

2. Lj. – 20%

3. Lj. – 7%Quelle: Hardt u.a. 1996, S.239, 136ff. 226

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und Psychologie

5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde

Einfluss auf die Lernmotivation – Zentrale Variablen

• Kompetenzerleben

• soziale Einbindung

• Autonomie erleben

• angemessenes Anforderungsniveau

• Klarheit der Instruktion

• Relevanzzuschreibung

• wahrgenommenes inhaltliches Interesse beim Lehrenden

227

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und Psychologie

Anhang

Ergänzende Beispiele zum Lernfeldkonzept

228

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und Psychologie

Übersicht: Lernfelder für den Ausbildungsberuf

Mechatroniker/In (1)

Lernfelder Zeitrichtwerte in h

1.Jahr 2.J 3.J

1 Analysieren von Funktionszusammenhängen in

mechatronischen Systemen

40

2 Herstellen mechanischer Teilsysteme 80

3 Installieren elektrischer Betriebsmittel unter

Beachtung sicherheitstechnischer Aspekte

100

4 Untersuchen der Energie- und Informationsflüsse in

elektr., pneumat. und hydraul. Baugruppen

60

5 Kommunizieren mit Hilfe von

Datenverarbeitungssystemen

40

229

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Übersicht: Lernfelder für den Ausbildungsberuf

Mechatroniker/In (2)

Lernfelder Zeitrichtwerte in h

1.Jahr 2.J 3.J

6 Planen und Organisieren von Arbeitsabläufen 40

7 Realisieren von einfachen mechatronischen

Komponenten

100

8 Design und Erstellen mechatronischer Systeme 140

9 Untersuchen des Informationsflusses in komplexen

mechatronischen Systemen

80

10 Planen der Montage und Demontage 40

230

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Übersicht: Lernfelder für den Ausbildungsberuf

Mechatroniker/In (3)

Lernfelder Zeitrichtwerte in h

1.Jahr 2.J 3.J

11 Inbetriebnahme, Fehlersuche und Instandsetzung 160

12 Vorbeugende Instandhaltung 80

13 Übergabe von mechatronischen Systemen an

Kunden

60

Summen 320 280 420

Quelle: berufsbildung 57, Juni 1999, 53.Jg., S. 37231

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Beispiel: Lernfeld 1 - Ausbildungsberuf Mechatroniker/In (1)

Lernfeld 1: Analysieren von Funktionszusammenhängen in mechatro-

nischen Systemen (Schul-/Ausbildungsjahr 1; Zeitrichtwert 40h)

Angestrebte Kompetenzen (1):

• Funktionszusammenhänge analysieren

• Vorschriften und Regelwerke bei der Untersuchung technischer

Anlagen anwenden

• Technische Unterlagen, auch in englischer Sprache, als

Kommunikationsmittel einsetzen

• Funktionszusammenhänge in Wirkungsplänen dokumentieren

232

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Beispiel: Lernfeld 1 - Ausbildungsberuf Mechatroniker/In (2)

Angestrebte Kompetenzen (2):

• Datenverarbeitung zur Aufbereitung von Arbeitsergebnissen nutzen

• Lösungen im Team erarbeiten, bewerten und präsentieren

• Ökologische und ökonomische Aspekte berücksichtigen

Mögliche Lernsituationen:

• Erstellung einer Betriebsanleitung eines mechatronischen Gerätes

• Erstellung eines Werbeprospektes einer mechatronischen Anlage

• Optimierung und Modifizierung einer mechatronischen Anlage nach

Kundenvorgaben

233

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Erkenntnisse aus der pädagogischen Psychologie zum Zusammenhang

zwischen Unterrichtsformen und Kompetenzentwicklung

• Variable Formen der direkten Instruktion werden als besonders geeignet für

den Erwerb von Sachwissen ausgewiesen.

• Formen des situierten Lernens und didaktische Strategien der Projektarbeit,

des Gruppenunterrichts und des kreativen Übens werden als besonders

wirksam erachtet, um den Erwerb lebenspraktischen Anwendungswissens zu

fördern.

• Unterrichtliche Methoden des selbstständigen Lernens, die gezielte

Ermöglichung subjektiver Lernerfahrungen und der angeleitete Aufbau

metakognitiver Einsichten werden als vorteilhaft eingeschätzt, um den Erwerb

metakognitiver Kompetenzen und Lernstrategien zu fördern.

• Ein variables Instrumentarium erkenntnis- und erlebnisintensiver Methoden

werden für die Förderung des Erwerbs von kognitiv-motivationalen Handlungs-

und Wertorientierungen als notwendig eingeschätzt.

(vgl. Weinert 2000, S. 46)

234

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7. Ausgewählte Ergebnisse zur Effektivität von Lehrmethoden

Ausgewählte Befunde der Lehr-Lernforschung

235

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7. Ausgewählte Ergebnisse zur Effektivität von Lehrmethoden

Ausgewählte Befunde der Lehr-Lernforschung

236