Die Art und Weise, vertraulich mit Gott umzugehen - Alfons von Liguori

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    Die Art und Weise,

    vertraulich mit Gott

    umzugehen

    Hl. Alfons Maria von Liguori

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort ......................................................................................................................................................... 1Die Art und Weise, immer vertraulich mit Gott umzugehen .......................................................... 3Eine Anleitung wie du alle deine Handlungen Gott recht wohlgefllig machen kannst ........ 12

    Von der Liebe Gottes und den Mitteln, dieselbe zu erlangen. ...................................................... 16Gebet .......................................................................................................................................................... 24Sichere Merkmale, an denen man erkennen kann, ob man Gott wahrhaft liebt. ...................... 25

    Vorwort

    Auch wenn der hl. Alfons Maria von Liguori (1696-1787) eine franzsische Vorlagebenutzt hat, offenbart seine Abhandlung Die Art und Weise, immer vertraulich mit

    Gott umzugehen eine groe hnlichkeit seiner Spiritualitt mit der der hl. Theresiavom Kinde Jesu, in deren Jubilumsjahr zum 100. Todestag wir uns befinden. ImManuskript C ihrer autobiographischen Aufzeichnungen beschreibt die Heilige, wiesie ihren Weg der geistlichen Kindschaft gefunden hat. Sie habe einen neuen, geradenund kurzen Weg zur Heiligkeit gesucht und sei dabei in der Heiligen Schrift auf dieWorte gestoen: Ist jemand ganz klein, so komme er zu mir (Spr 9,4). Dann fhrtsie fort: So kam ich denn, ahnend, da ich gefunden hatte, was ich suchte, und weilich wissen wollte, o mein Gott! was du dem ganz Kleinen ttest, der deinem Ruf fol-gen wrde, setzte ich meine Erkundigungen fort, und schauen Sie, was ich fand: -

    Wie eine Mutter ihr Kind liebkost, so will ich euch trsten; an meiner Brust will icheuch tragen und auf meinen Knien euch wiegen! Ach! niemals sind zartere, lieblichereWorte erfreuend an meine Seele gedrungen. Genau diese Worte aus dem ProphetenIsaias (66,13.12) fhrt der hl. Alfons an, um den zrtlichen Empfang zu beschreiben,den Gott jenem bereitet, der sich ihm mit dem Vertrauen, der Offenherzigkeit undder Zrtlichkeit eines Kindes naht. Dann fhrt er fort: Gleichwie eine Mutter ihreFreude daran findet, wenn sie ihr geliebtes Kind auf den Scho nehmen, es da nhrenund liebkosen kann, ebenso freut Sich Gott, wenn Er auf gleiche Weise Seelen be-handeln kann, die sich Ihm ganz geschenkt haben und die auf Seine Gte all ihr Ver-

    trauen setzen."

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    Vielleicht als eine Besttigung dieser Spiritualitt der geistlichen Kindschaft darf dieTatsache gedeutet werden, da Gott seinen treuen Diener nach dessen Tod durchden Mund von Kindern hat verherrlichen lassen. ber die erste Zeit nach seinem Be-grbnis schreibt sein Biograph Tannoja: Ein wahrhaft Verwunderung erweckender

    Umstand war der Zulauf der vielen unschuldigen Kinder; sie kamen in groer Men-ge, lieen sich bei dem Grab auf die Knie nieder, empfahlen sich Alfonsen, nanntenihn einen Heiligen, und kten wiederholt den Stein mit allen Beweisen der Andachtund der Liebe. Dilgskron, dessen Biographie wir dieses Zitat entnommen haben(Regensburg 1887, Bd. 2, S. 501), fhrt aus den Akten des Seligsprechungsprozessesnoch das Zeugnis von Kanonikus Gaetano Fusco an, der sich am Tag nach der Beer-digung des Heiligen ein Bildchen desselben verschafft hatte. Dieser berichtet: Ichlie nun meinen Neffen Giuseppe Fusco bringen.., und zeigte ihm in Gegenwart derVerwandten das Bildchen. Der Knabe blickte es etwa whrend der Zeit eines Ave

    Maria aufmerksam an, dann fing er, trotzdem er noch im zartesten Alter stand undkaum zu reden begonnen hatte, wie verzckt und auer sich zu unserer hchsten Ers-taunung und zu unserer tiefsten Rhrung zu rufen an: Alfonso, Alfonso! Er deutetemit dem Finger auf das Bild, erhob seine kleinen Hnde und Augen zum Himmel undfuhr fort: Im Himmel, im Himmel! Und voll Entzckung, Freude und Jubel wieder-holte er dieselben Worte: Alfonso, Alfonso, der Heilige, der Heilige. (...) Bei diesemungewohnten, wunderbaren Schauspiele wurde ich wie die Hausgenossen aufs u-erste berrascht; einerseits weil wir das Kind ganz flssig sprechen, andererseitsweil wir aus seinem Munde einen Namen hrten, den es weder damals noch frher,

    weder von uns noch von andern Personen vernommen und so sprechen gelernt habenkonnte."

    Die Beliebtheit der heiligen Theresia von Lisieux zeigt, wie sehr der Weg der geistli-chen Kindheit den tiefsten Sehnschten des auf die gttliche Liebe angewiesenenmenschlichen Herzens entspricht. Die Heilige wollte nach ihrem Tod diesen Wegviele Seelen lehren. Mge dazu auch die vorliegende Schrift des heiligen Alfons beitragen, der zwei Jahre vor der Geburt der kleinen Theresia zum Kirchenlehrer er-nannt wurde. Im Himmel gibt es ja keine Konkurrenz unter den Heiligen, sondern

    nur vollendete Harmonie im Zusammenwirken und in der Bezeugung des Wortes desHerrn, das fr alle Zeiten gilt: Ich preise Dich, Vater, Herr des Himmels und derErde, da Du dies vor Weisen und Klugen verborgen, den Kleinen aber geoffenbarthast (Mt 11,25).

    Wigratzbad, den 13. August 1997, P. Engelbert Recktenwald

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    Die Art und Weise, immer vertraulich mit Gott umzugehen

    1. Als der heilige Mann Job betrachtete, welche Sorge Gott fortwhrend um das

    Wohl der Menschen trgt, so da es scheint, es liege Ihm nichts mehr am Herzen, alsuns zu lieben und unsere Gegenliebe zu erlangen, rief er aus: Was ist der Mensch,da du ihn erhebest, oder warum wendest du dein Herz ihm zu (Job 7,17).

    Daraus sieht man, da man sich irrt, wenn man glaubt, man fehle an der Achtung, dieman der unendlichen Majestt Gottes schuldig ist, wenn man sich Ihm mit groemVertrauen und voll Offenherzigkeit nhert. Freilich mssen wir Gott voll Demutverehren und uns in Seiner Gegenwart erniedrigen, besonders wenn wir daran den-ken, wie undankbar wir gewesen sind und welche Beleidigungen wir Ihm frher zu-

    gefgt haben, aber das darf uns dennoch nicht abhalten, mit der innigsten und ver-trauensvollsten Liebe, deren wir nur fhig sind, mit Ihm umzugehen. Gott ist dieunendliche Herrlichkeit, aber Er ist auch die unendliche Gte und Liebe. Wir knnenuns keinen mchtigeren Herrn denken als Gott, aber wir knnen uns auch niemandenvorstellen, der uns inniger lieben knnte als Er. Gott ist nicht ungehalten auf uns,nein, Er freut sich, wenn wir mit demselben Vertrauen, mit derselben Offenherzigkeitund Zrtlichkeit, die ein Kind zu seiner Mutter trgt, mit Ihm umgehen. Er selbstldt uns ein, uns Ihm zu nhern, und verspricht uns den zrtlichsten Empfang: Anden Brsten wird man euch tragen, und auf den Knien euch liebkosen: wie einen, derseine Mutter liebkoset, so will ich euch trsten (Is 66,12). Gleichwie eine Mutter ih-re Freude daran findet, wenn sie ihr geliebtes Kind auf den Scho nehmen, es da nh-ren und liebkosen kann, ebenso freut sich Gott, wenn Er auf gleiche Weise Seelenbehandeln kann, die sich Ihm ganz geschenkt haben und die auf Seine Gte all ihrVertrauen setzen.

    2. Sei berzeugt, geliebte Seele, da du keinen Freund, keinen Bruder, keinen Vater,keine Mutter, keinen Gatten, da du niemanden hast, der dich mehr liebt als deinGott. Die Gnade Gottes ist jener Schatz, durch den wir aus verchtlichen Geschpfenund Knechten die geliebten Freunde unseres Schpfers werden: Denn sie ist einunerforschlicher Schatz fr die Menschen, wer ihn benutzet, wird der FreundschaftGottes teilhaftig (Weish 14). Um unser Vertrauen zu vermehren, hat Gott Sichselbst vernichtet, Er ist Mensch geworden, damit Er um so vertraulicher mit unsumgehen knne: Er wandelte unter den Menschen (Baruch 3,38).

    Damit unser Vertrauen zu Ihm wachse, ist er als Kind auf Erden erschienen, ist erarm geworden, hat er am Kreuze sterben wollen, bleibt Er unter den Gestalten desBrotes bei uns, wird er unser Genosse auf Erden, vereinigt Er Sich aufs innigste mituns: Wer mein Fleisch it und mein Blut trinket, der bleibt in mir und ich bleibe inihm (Jo 6,56). Aus dem allem siehst du, geliebte Seele, da Seine Liebe zu dir so gro

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    ist, da es scheint, Er liebe nur dich alleine; so mut denn auch du nichts anderes alsGott allein lieben, so da du Ihm mit der Braut im Hohenlied zurufen knnest: MeinGeliebter ist mein und ich bin sein. Gott hat sich ganz mir geschenkt, ich will Ihmganz angehren, Er hat mich als Gegenstand Seiner Liebe erwhlt, ich will nur Ihn

    alleine lieben: Mein Geliebter ist wei und rot, auserwhlt aus Tausenden (Hl 5,15).

    3. Du mut hufig zu Gott sprechen: Warum liebst Du mich so sehr? Was findest DuGutes an mir? Hast Du vergessen, wie oft ich Dich beleidigt habe? Wre es mglich,da ich in der Folge etwas anderes liebte als Dich, mein hchstes Gut, mein alles, derDu statt mich zur Hlle zu verdammen, wie ich es verdient habe, mich mit Gnadenberhufest.

    Liebenswrdigster Gott! Am meisten betrbt es mich, da ich durch meine frheren

    Snden Dir, der Du eine unendliche Liebe verdienst, mifallen habe, und dieser Ge-danke schmerzt mich mehr, als wenn ich an die Strafe denke, die ich dafr verdienthabe. Aber ein zerknirschtes und gedemtigtes Herz wirst Du, o Gott nicht verach-ten (Ps 50,19). O wenn ich doch in der Folge in diesem und in jenem Leben nichtswnschte als Dich allein: Was habe ich im Himmel, und was liebe ich auf Erden au-er Dir, Gott meines Herzens und mein Teil in Ewigkeit (Ps 72,26). Du allein bistund bleibst der alleinige Herr meines Herzens, meines Willens, Du allein bist meineinziges Gut, mein Himmel, meine Hoffnung, meine Liebe, mein alles: Gott meinesHerzens, mein Teil in Ewigkeit!"

    4. Um dein Vertrauen auf Gott, geliebte Seele, zu vermehren, so bedenke hufig, wieliebevoll Er dich bisher geleitet, welche Mittel Er angewandt hat, damit du der un-geordneten Lebensweise, die du frher gefhrt, und der Anhnglichkeit an irdischeDinge entsagen mgest, und damit Er dich bewege, Ihn zu lieben. Wenn du ent-schlossen bist, Gott zu lieben und Ihm so sehr zu gefallen, als du es nur vermagst, somut du frchten, wenn du nur mit geringem Vertrauen dich deinem Gott nahest.Die Barmherzigkeit, die Gott an dir gebt hat, ist das sicherste Zeichen der Liebe, dieEr zu dir trgt. Es mifllt aber Gott, wenn Seelen, die Ihn wahrhaft lieben und die

    Er liebt, Ihm noch mitrauen. Wenn du also Seinem liebevollen Herzen gefallenwillst, so mut du von heute an mit dem grten Vertrauen, mit all der Zrtlichkeit,deren du fhig bist, mit Gott umgehen: Siehe, in meine Hnde habe ich dich gezeich-net, deine Mauern sind immerdar vor meinen Augen (Is 49,16). Warum frchtest dudich, geliebte Seele? Warum bist du so zaghaft? Ich, dein Gott, habe dich in meineHnde gezeichnet, damit ich nie vergesse, dir Gutes zu erweisen. Frchtest du etwadeine Feinde? Wisse, da ich stets darauf bedacht bin, dich zu verteidigen, da es mirunmglich ist, dich zu vergessen. Deshalb rief David jubelnd aus: Herr, wie mit ei-nem Schilde hast Du mit Deinem guten Willen uns gekrnt (Ps 5,13). Wenn Du, o

    Herr, mit Deiner Gte und Liebe uns verteidigst und von allen Seiten beschtzest,wer kann alsdann uns schaden? Aber vor allem mut du dein Vertrauen strkendurch den Gedanken an das groe Geschenk, das Gott gemacht, da Er uns Jesum

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    Christum gegeben hat: Denn also hat Gott die Welt geliebt, da er seinen eingebo-renen Sohn dahingab (Jo 3,16). Wie knnen wir auch nur frchten, ruft der Apostelaus, da Gott uns noch irgend ein Gut versagen werde, nachdem Er uns Seinen eige-nen Sohn geschenkt hat: Fr uns alle hat er ihn gegeben, sollte er nicht auch mit

    ihm uns alles geschenkt haben? (Rm 8,32).

    5. Meine Lust ist es, bei den Menschenkindern zu sein (Spr 8,31). Das Herz desMenschen ist, so zu sagen, ein Paradies fr Gott. Gott liebt dich, so liebe denn auchdu deinen Gott. Es gewhrt Ihm Freude, wenn Er bei dir sein kann; lasse es dennauch deine Freude sein, mit Ihm vereinigt zu leben und dein ganzes Leben hindurchbei dem zu bleiben, in dessen liebenswrdigster Gesellschaft du die selige Ewigkeitzuzubringen hoffst.

    6. Gewhne dich denn also, geliebte Seele, ganz allein und verborgen, vertraulich undvoll Zuversicht mit Gott zu reden, gleichwie mit deinem teuersten und geliebtestenFreunde. Wie gesagt, es ist ein groer Irrtum, wenn man meint, zaghaft und wie einngstlicher Sklave, der furchtsam und zitternd seinem Herrn nahet, mit Gott umge-hen zu mssen. Aber man wrde sich noch mehr irren, wenn man meinte, der Um-gang mit Gott sei bitter und langweilig: Denn sein Umgang hat nichts Bitteres undseine Gesellschaft nichts Widriges (Weish 7,16). Frage jene Seelen, die wahrhaftGott lieben, und sie werden dir bekennen, da sie in den Leiden des Lebens keinengreren Trost finden als den liebevollen Umgang mit Gott.

    7. Man verlangt nicht von dir, da du unausgesetzt deinen Geist anstrengst, unddeshalb deinen gewhnlichen Beschftigungen und der erlaubten Erholung entsa-gest, man will nichts anderes, als da, ohne deine gewhnlichen Beschftigungen zuverlassen, du dich gegen Gott ebenso verhltst wie gegen jene, die du liebst und diedich lieben.

    8. Gott ist immer in deiner Nhe, Er ist in deinem Herzen: Denn in Ihm leben wir,und bewegen uns und sind wir (Apg 17,28). Du brauchst dich nicht durch einen

    Dritten anmelden zu lassen, denn Gott wnscht, da du dich voll Vertrauen unmit-telbar an Ihn wendest. Rede mit Ihm von deinen Geschften, von deinen Plnen, vondeinen Leiden, von deinen ngsten, von allem, was dein ist. Tue das mit groem Ver-trauen und offenherzig, denn Gott pflegt nicht mit denen zu reden, die sich nicht zu-erst an Ihn wenden; auch wrden sie Ihn nicht verstehen, da sie sich nicht an SeinenUmgang gewhnt haben. Darber beklagt sich Gott im Hohenlied (Hl 8,8), da Erfragt: Unsere Schwester ist klein, was sollen wir mit ihr tun? Ihre Liebe ist so ge-ring, was soll ich tun, sie versteht mich noch nicht! Wenn wir Gottes Gnade verach-ten, dann will Er, da wir in Ihm einen mchtigen und furchtbaren Herrn kennenler-

    nen, aber solange wir Ihn lieben, will er, da wir Ihn gleich wie unseren geliebtestenFreund behandeln, und da wir voll Vertrauen und ohne alle Scheu mit Ihm reden.

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    13. Mache es nicht wie die meisten Menschen, fliehe niemals die se GegenwartDeines Gottes, rede mit Ihm, sooft du kannst, denn Er wird deshalb nie ungeduldigund ungehalten, gleich den Herren dieser Welt; wenn du Ihn wahrhaft liebst, so wirstdu Ihm auch jedesmal etwas mitzuteilen haben. Erzhle Ihm alles, was dich und deine

    Angelegenheiten betrifft, gleich als ob du einen guten Freund vor dir httest. Dumut nicht meinen, Gott gleiche einem mchtigen Frsten, der nur mit vornehmenLeuten umgehen will, und der nur ber wichtige Angelegenheiten reden mag. Gottlt Sich gerne zu uns herab, Er freut Sich, wenn wir Ihm unsere kleinsten und unbe-deutendsten Angelegenheiten mitteilen. Er liebt dich so sehr und trgt so groe Sor-ge um dich, da es scheint. Er habe an nichts anderes als an dich allein zu denken. Erist so sorgfltig auf deinen Vorteil bedacht, da es scheint, als ob Seine VorsehungIhm nur dazu diene, dir beizustehen, Seine Allmacht, dir zu helfen, Seine Barmher-zigkeit und Gte, Mitleid mit dir zu tragen, dir Gutes zu tun, und durch Seine zarte

    Liebe dein Vertrauen, deine Liebe zu gewinnen. So ffne du Ihm denn auch ganzfreimtig dein Inneres und bitte Ihn, Er wolle dich also leiten, da du immer aufsvollkommenste Seinen heiligen Willen erflltest, und da alle deine Wnsche undPlne nichts anderes bezwecken als Sein Wohlgefallen: Bitte Gott, da er deine We-ge leite, und da alle deine Anschlge in ihm verbleiben (Tob 4,20).

    14. Wende nicht ein, da es unntig sein wrde, Gott deine Bedrfnisse mitzuteilen,da Er sie besser kenne, als wir selbst. Er kennt sie, aber Er handelt gegen uns, als obEr nichts wisse von all dem, was wir Ihm verschweigen, und um was wir bei Ihm

    keine Hilfe suchen. Unser Heiland wute, da Lazarus gestorben war, aber Er gabdies erst zu erkennen, nachdem Magdalena es Ihm gesagt hatte, worauf Er sie alsbaldmit dem Versprechen trstete, da ihr Bruder auferstehen werde.

    15. Auch mut du, wenn eine Krankheit, eine Versuchung oder Verfolgung ber dichkommt, alsbald zum Gebete deine Zuflucht nehmen, damit der Herr dir beistehe. Esgengt, wenn du Ihm zurufst: Blicke auf mich, o Gott, denn ich werde geplagt. Erwird dich alsdann gewi trsten, oder dir wenigstens Kraft geben, geduldig dein Lei-

    den zu ertragen, was dir oft ntzlicher sein wird, als wenn Er dich ganz davon be-freie. Sage Ihm, welche Gedanken dich peinigen, was du frchtest, warum du traurigbist, sprich zu Ihm: O mein Gott! Auf Dich setze ich alle meine Hoffnung, ich opfereDir dies Leiden auf, ich ergebe mich ganz in Deinen heiligen Willen, habe Mitleid mitmir, befreie mich von der Last, die mich niederdrckt, oder gib mir wenigstens Kraft,sie zu tragen. Das Versprechen, das Er im Evangelium gegeben hat, alle Leidendenzu trsten und ihnen, sooft sie zu Ihm ihre Zuflucht nehmen, beistehen zu wollen,wird Er alsdann erfllen: Kommt zu mir alle, die ihr mhselig und beladen seid, undich will euch erquicken (Mt 12,18).

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    16. Gott wird nicht unwillig, wenn du in deinen Leiden Trost bei deinen Freundensuchst, aber Er will, da du hauptschlich zu Ihm deine Zuflucht nehmest. Hast dudies unterlassen, so mut du wenigstens, nachdem du bei den Geschpfen Hilfe ge-sucht und keinen Trost gefunden hast, dich zu deinem Schpfer wenden und Ihm sa-

    gen: Herr, die Menschen haben nur Worte, sie knnen mich nicht trsten, ich entsa-ge jetzt ihren Trstungen, Du allein bist meine Hoffnung, meine Liebe. Trste mich,o mein Gott! Gib, da mein Trost darin bestehe, jetzt zu tun, was Dir am meisten ge-fllt, ich bin bereit, dies Leiden mein ganzes Leben hindurch zu erdulden, ich will esdie ganze Ewigkeit ertragen, wenn es Dir also gefllt, stehe Du mir nur bei.

    17. Frchte nicht, da du Gott mifallest, wenn du manchmal dich zrtlich bei Ihmbeklagst und Ihm sagst: Herr, warum bist Du so fern von mir? Du weit, mein Gott,da ich nichts anderes als Deine Liebe begehre, komme mir aus Liebe zu Hilfe, ver-

    lasse mich nicht! Dauert dein Leiden zu lange, ist deine Angst allzu gro, so mut dudich dem betrbten und sterbenden Jesus am Kreuze vereinigen, und um Barmher-zigkeit flehen und ausrufen: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?(Mt 27,46). Deine Leiden mssen dir dazu dienen, dich immer mehr vor Gott zu ver-demtigen, wenn du bedenkest, da, wer Gott beleidigt hat, keinen Trost verdient,und um dein Vertrauen zu vermehren, da du weit, da Gott uns alle Leiden fr un-ser Bestes schickt oder da Er sie deshalb zult: Alles wirkt ihnen zum Guten(Rm 8,28). Wenn du aber von Mitrauen und Angst gepeinigt wirst, so rufe vollZuversicht aus: Der Herr ist mein Licht und mein Heil, wen sollte ich frchten? (Ps

    26). Du mut meinen Verstand erleuchten. Du mut mich retten, auf Dich vertraueich: Auf Dich, Herr, hoffe ich, lasse mich nimmermehr zuschanden werden (Ps30,1). Du mut dich mit dem Gedanken beruhigen, da niemand, der auf Gott seinVertrauen gesetzt hat, verlorengegangen ist: Keiner, der auf den Herrn gehofft hat,ist zuschanden geworden (Sir 2,10). Bedenke, da Gott dich mehr liebt, als du selbstdich lieben kannst, was frchtest du denn also? Trste dich mit den Worten Davids:Der Herr sorgt fr mich (Ps 39,18). Herr, ich bergebe mich ganz Dir, ich will nurdaran denken, wie ich Dich lieben, wie ich Dir wohlgefallen kann; siehe, ich bin bereitzu tun, was Du von mir verlangst. Du wnschest nicht nur, da es mir wohlergehe,

    nein, Du selbst trgst Sorge fr mein Bestes, mgest Du selbst die Mittel fr meinHeil ausfindig machen. Ich verlasse mich auf Dich, ich will mich stets auf Dich verlas-sen, denn Du willst, da ich immer alle meine Hoffnung auf Dich allein setze: Ichschlafe in Frieden und ruhte, denn Du, Herr, hast mich vollkommen festgestellt inder Hoffnung (Ps 479).

    18. Denket gut von dem Herrn (Weish 1). Der Weise lehrt uns durch diese Worte,da unser Vertrauen auf die gttliche Barmherzigkeit weit grer als die Furcht vorGottes Gerechtigkeit sein mu, weil Gott uns unendlich lieber Wohltaten als Strafen

    zukommen lt, denn nach dem heiligen Jakobus erhebt sich die Barmherzigkeitber das Gericht (Jak 2,13). Deshalb lehrt uns der heilige Petrus, da, wenn wir unsfrchten wegen unseres zeitlichen oder ewigen Wohlergehens, wir uns unbedingt der

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    Barmherzigkeit Gottes hingeben mssen, da Er die grte Sorge fr uns trgt: Alleeure Sorgen werfet auf ihn, denn er sorget fr euch (Petr 5,7). Wenn wir das beden-ken, so erkennen wir, da David Recht hatte, wenn er sagte: Unser Gott ist ein Gottvoll der Sorge, uns selig zu machen (Ps 67,21); was nach der Auslegung Bellarmins

    sagen will, da es Gottes eigentliches Geschft ist, nicht zu verdammen, sondern alleselig zu machen, und da, obgleich Er denen, die Ihn verachten, Seine Ungnade dro-he, Er doch sicher Seine Barmherzigkeit allen verheie, die Ihn frchten, nach denWorten Mariens: Seine Erbarmung kommt ber jene, die ihn frchten (Lk 2). Ichstelle dir, geliebte Seele, alle diese Texte der Heiligen Schrift vor Augen, damit, wennder Gedanke dich ngstigt, du knnest nicht selig werden, du seiest nicht auserwhlt,dich der Blick auf die Verheiungen, die Gott dir frs ewige Leben gegeben hat undSein Wunsch, dich zu retten, wenn du entschlossen bist, Ihm zu dienen, Ihn zu lie-ben, deine arme Seele trste.

    19. Geht es dir gut, so mut du ja nicht dem Beispiel der meisten undankbaren unduntreuen Menschen folgen, die zur Zeit der Leiden zu Gott ihre Zuflucht nehmen, dieaber, wenn heitere Tage folgen, Ihn vergessen und verlassen. Beweise du alsdannGott dieselbe Treue, die du einem geliebten Freunde, der Teil an deinem Glckenimmt, beweisen wrdest; teile Ihm alsbald deine Freude mit, preise Ihn, danke Ihm,bekenne, da alles Gute von Gott kommt, erfreue dich deines Glcks deshalb, weilSeine Liebe es dir bereitet hat, da du dich dann nur in Ihm freust und in Ihm alleinTrost findest: Ich will mich freuen in dem Herrn und frohlocken in Gott meinem

    Heiland (Hab 3,18).

    Ich preise Dich, o mein Jesus! Ich will Dich stets preisen fr die vielen Gnaden, dieDu mir erwiesen hast, obgleich ich wegen der Dir zugefgten Beleidigungen viel-mehr Strafe verdient htte. Ich danke Dir, o Herr! Ich will nie die Wohltaten verges-sen, die Du mir ehemals erwiesen hast, und die Du mir jetzt noch zukommen lt,damit ich, die ganze Ewigkeit hindurch, Dich deshalb lobe und preise.

    20. Wenn du Gott wahrhaft liebst, geliebte Seele, so mut du dich mehr ber Seine

    als ber deine eigene Seligkeit freuen. Wer einen Freund recht innig liebt, hat gre-re Freude an dem Glck desselben als an dem eigenem Wohlergehen. Die Erkenntnisvon der unendlichen Glckseligkeit deines Gottes ist dein grter Trost, du mut oftzu Ihm sprechen und sagen: Lieber Gott, ich freue mich mehr ber Deine Seligkeitals ber mein eigenes Wohlergehen, denn ich liebe Dich mehr als mich selbst.

    21. Du kannst Gott auch einen Beweis deines Vertrauens zu Ihm geben, wenn du,nachdem du einen Fehler begangen hast, dich nicht schmst, alsbald Ihm zu Fenzu fallen und Ihn um Verzeihung zu bitten. Bedenke, da Gottes Wunsch, den Sn-

    dern zu verzeihen, so gro ist, da, nachdem sie sich von Ihm entfernt haben, Er ih-ren Verlust beklagt, und wieder liebevoll zu Sich ruft: Warum wollt ihr sterben,Haus Israels... Bekehret euch und lebet (Ez 18,31). Er verspricht jeder Seele, die Ihn

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    verlassen hat, sobald sie in Seine Arme zurckkehrt, sie freundlich wieder aufnehmenzu wollen: Wendet euch zu mir, und ich werde mich zu euch wenden (Ez 18).Mchten es also doch die Snder begreifen, mit welcher Liebe der Herr sie erwartet,um ihnen zu verzeihen: Es wartet der Herr, sich eurer zu erbarmen (Is 30,18).

    Mchten sie begreifen, wie sehr Er wnscht, sie bekehrt zu sehen, wie gerne Er ihnendie Strafe ersparte, wie gerne Er sie umarmen und an Sein Herz drcken mchte. Erbeteuert: So wahr ich lebe, ich habe kein Wohlgefallen am Tode des Gottlosen, son-dern da der Gottlose sich bekehre von seinem Wege und lebe (Ez 33,11). Und erfgt hinzu: Kommt und klaget ber mich, wenn eure Snden wie Scharlach wren,sollen sie wei werden wie Schnee, und wenn sie rot wie Purpur wren, sollen siewei werden wie Wolle" (Is 1,18). Als ob Er sagte: Bereut es, ihr Snder, da ihrmich beleidigt habt, und kehrt zu Mir zurck. Klagt ber Mich, wenn Ich euch nichtsogleich verzeihe, tadelt Mich, behandelt Mich wie einen Wortbrchigen; aber nein,

    Ich halte Mein Versprechen, wenn ihr kommt, so seid berzeugt, da, wenn auch euerGewissen durch eure Snden noch so schwarz wre, Ich es durch Meine Gnade als-bald wei wie Schnee machen werde.

    22. Gott selbst erklrt uns, da, wenn eine Seele es bereut, Ihn beleidigt zu haben, Eralle ihre Snden vergit: Ich will aller seiner Missetaten nicht mehr gedenken (Ez18,22). Wende also, sobald du einen Fehler begangen hast, sogleich deine Augen aufGott, erwecke einen Liebesakt, bekenne deine Schuld, hoffe stets, da Er dir verzei-hen werde, und sage Ihm: Herr, siehe, den du liebst, der ist krank (Jo 11,3), dies

    Herz, das Du liebst, ist krank, ist voll Wunden, heile mich, denn ich habe vor Dir ge-sndigt. Du selbst suchst die reumtigen Snder auf, siehe hier einen groen Snder,der Dich sucht, um Dir zu Fen zu fallen; das bel ist geschehen, was soll ich jetzttun? Du willst nicht, da ich verzage; selbst nachdem ich gesndigt habe, willst Dunoch mein Bestes. Ich liebe Dich, ja mein Gott, ich liebe Dich von ganzem Herzen, esreut mich, da ich Dir mifallen habe, ich nehme mir fest vor, es nie wieder zu tun,Du bist ja mein ser, mein sanftmtiger, mein barmherziger Gott! Lasse mich, wiefrher Magdalena, jene trostreichen Worte vernehmen: Deine Snden sind dir ver-geben", und strke mich, damit ich Dir in der Folge treu bleibe.

    23. Hast du einen Fehler begangen, so mut du auch, um nicht den Mut zu verlieren,alsbald auf Jesus am Kreuz blicken, du mut dem himmlischen Vater Seine Verdiens-te aufopfern und auf Verzeihung hoffen, da Gott, um dir deine Snden zu vergeben,Seinen eigenen Sohn nicht verschont hat. Du mut mit Vertrauen zu Ihm sagen: Bli-cke auf Deinen Gesalbten. Bedenke, o mein Gott, da Dein eigener Sohn fr michgestorben ist, aus Liebe zu Ihm vergib mir. Vergi nie, geliebte Seele, die Lehre, diedir alle geistlichen Seelenfhrer geben, jedesmal, nachdem du einen Fehler begangenhast, sollte dies auch hundertmal am Tage geschehen, schnell zu Gott deine Zuflucht

    zu nehmen, und darauf dich alsbald zufrieden zu geben; tust du das nicht, so wirst dumutlos und unruhig werden wegen des begangenen Fehlers, du wirst dich immerweniger mit Gott unterhalten, der Wunsch, Ihn zu lieben, wird immer mehr in dir

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    erkalten, dein Vertrauen wird abnehmen, und du wirst geringe Fortschritte auf demWeg des Heils machen. Wenn du hingegen dich als bald an Gott wendest, wenn duIhn um Verzeihung bittest, wenn du Ihm versprichst, dich zu bessern, so werden dei-ne Fehler sogar dazu beitragen, deine Liebe zu Gott zu vermehren. Die Freundschaft

    zwischen Menschen wird oft weit enger, wenn, nachdem einer den andern beleidigthat, der Fehlende sich demtigt und um Verzeihung bittet. So mut du es mit Gottmachen, du mut machen, da deine Fehler dazu beitragen, dich immer mehr in derLiebe zu Gott zu befestigen.

    24. Treue Freunde beraten sich miteinander, wenn ihnen Zweifel vorkommen, dumut ein Gleiches mit Gott tun, du mut Ihn bitten, Er wolle dich erkennen lassen,was Er von dir wnscht: Gib, o Herr, dein Wort in meinen Mund, rate meinem Her-zen, was ich tun soll (Jdt 9,18). Sage mir, was ich tun, was ich antworten soll, ich

    will Dir folgen: Rede, o Herr, denn dein Knecht hrt (1 Kg 3,10).

    25. Du mut aber nicht nur die eigene, sondern auch die Not anderer vertrauensvollGott anempfehlen. Wie wohlgefllig mu es Gott sein, wenn Er sieht, da dumanchmal deinen eigenen Vorteil vergit, um Ihm das Elend anderer, besonders de-rer, die schwer bedrngt sind, anzuempfehlen; wenn du Ihn bittest, Er wolle Mitleidhaben mit Seinen geliebten Seelen im Fegfeuer, die nach dem Anschauen ihres Gottesseufzen, Er wolle Sich der armen Snder erbarmen? O mein Gott! Du bist so lie-benswrdig, Du verdienst unendliche Liebe, wie kannst Du gestatten, da so viele

    Seelen in der Welt, denen Du so viel Gutes tust, Dich nicht kennen, nicht lieben wol-len, Dich beleidigen und verachten! Bewirke, o liebenswrdiger Gott, da alle Dichkennen und lieben: Geheiligt werde Dein Name, zu uns komme dein Reich": mch-ten doch alle Deinen heiligen Namen anbeten, mchte Deine Liebe in allen Herzenwohnen. Lasse mich nicht von Dir gehen, ohne da Du mir eine Gnade fr diese ar-men Seelen, fr die ich jetzt bitte, gewhrt hast.

    26. Man sagt, da im Fegfeuer eine besondere Strafe jene erwartet, die hier auf Erdennur geringe Begierde gehabt haben, in den Himmel zu kommen, und das mit Recht,

    denn sie geben dadurch zu erkennen, da sie wenig Wert auf das unschtzbarsteGlck: das ewige Leben setzten, das Jesus Christus uns durch Seinen Tod erworbenhat. Deshalb mut du denn auch hufig, geliebte Seele, nach dem Himmel seufzenund vor Gott bekennen, da die Zeit, in der du Ihn nicht von Angesicht zu Angesichtsehen kannst, dir entsetzlich lang vorkomme; Du mut dich danach sehnen, diesenOrt der Verbannung, wo die Snde herrscht und wo wir stets in Gefahr sind, Gott zuverlieren, verlassen zu knnen, um in deiner wahren Heimat, wo die Liebe herrschtund wo du deinen Gott aus allen deinen Krften lieben wirst, anzugelangen. O meinGott, solange ich hier auf Erden lebe, bin ich immer in Gefahr, Dich zu verleugnen,

    Deine Liebe zu verlieren; wann wird die selige Stunde schlagen, da ich diese Welt,auf der ich Dich doch immer beleidige, verlassen kann, um mich ganz mit Dir zu ver-einigen, ohne Furcht, mich je wieder von Dir zu trennen? Auf solche Weise sehnte

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    sich die heilige Theresia nach ihrer Vereinigung mit Gott, sie freute sich, wenn siedie Glocke schlagen hrte, und dachte alsdann, da wieder eine Stunde vorberge-gangen sei, in der sie Gott htte beleidigen knnen. Ihre Sehnsucht nach dem Todeund nach dem Anschauen ihres Gottes war so gro, da sie aus Sehnsucht nach dem

    Tode starb, weshalb sie denn auch in einem ihrer Lieder ausrief: Ich sterbe, weil ichnicht sterben kann!

    27. Aus allem, was ich bis jetzt gesagt habe, geliebte Seele, geht hervor, da, wenn dudem liebevollen Herzen deines Gottes gefallen willst, du suchen mut, so gut du esvermagst, dich unausgesetzt und voll Vertrauen mit Ihm zu unterhalten; alsdannwird der Herr nicht ermangeln, dir zu antworten und auf gleiche Weise mit dir zureden. Die Ohren deines Leibes werden zwar nicht die Stimme Gottes vernehmen,aber wenn du der Unterhaltung mit den Geschpfen entsagst, wenn du ganz allein

    mit Gott redest, so wird Er auf sehr verstndliche Weise deinem Herzen antworten:Ich will sie in die Wste fhren und zu ihrem Herzen reden (Oseas 2,14). Gott wirddich belohnen, und - durch Einsprechungen, durch innere Erleuchtungen, durch Er-kenntnis Seiner Gte, durch se Rhrungen des Herzens, durch Versicherung, dadir deine Snden vergeben seien, durch Vorgeschmack des himmlischen Friedens,durch die Hoffnung, bald in den Himmel zu kommen, durch innere Seligkeit, durch

    jene Sigkeit, die nur eine Frucht der Gnade sein kann, durch liebevolle Vereini-gung mit dir, - dein Vertrauen auf Ihn vergelten. Er wird jene Liebessprache reden,die nur jene verstehen, die der Herr liebt, und die nichts anderes als Gott suchen.

    28. Damit du dir alles, was ich bis jetzt gesagt habe, leicht ins Gedchtnis zurckru-fen knnest, so will ich dir hier eine Anleitung zusammenstellen, wie du alle deineHandlungen Gott recht wohlgefllig machen kannst:

    Eine Anleitung wie du alle deine Handlungen Gott recht wohlgefl-lig machen kannst

    Wenn du des Morgens aufwachst, so mu dein erster Gedanke auf Gott gerichtetsein. Du mut alles, was du den Tag ber tun und leiden wirst, Ihm aufopfern; dumut Ihn bitten, da Er dir mit Seiner Gnade beistehe, und die Meinung machen, alleAblsse, die du den Tag ber erlangen kannst, zu gewinnen. Darauf mut du deinMorgengebet verrichten, Gott danken, Akte der Liebe erwecken, Ihn um seinen Bei-stand bitten und dir stets vornehmen, den gegenwrtigen Tag zuzubringen, als ob esder letzte deines Lebens wre. Der Pater Saint Jure lehrt, da man des Morgens sichgleichsam mit Gott verabreden msse, da jedesmal, wenn man ein gewisses Zeichenmacht, zum Beispiel, wenn man die Hand aufs Herz legt, oder den Himmel oder einKruzifix anblickt, man die Meinung mache, zugleich einen Akt der Liebe, der Hinga-be in Gottes Willen und hnliche Anmutungen zu erwecken. Nachdem du hierauf

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    deine Seele in die Seitenwunde deines Heilandes unter den Schirm Mariens verbor-gen hast, damit Sie dich den Tag ber in Schutz nehme, mut du, ehe du zu arbeitenanfngst, wenigstens eine halbe Stunde lang beten oder eine Betrachtung anstellen;du mut vor allem die Schmerzen und die Verachtung, die Christus whrend Seines

    Leidens zu erdulden hatte, zum Gegenstande deiner Betrachtung whlen; denn dieSeelen, die Gott lieben, betrachten am liebsten hierber, weil das Leiden Christi ammeisten die Liebe Gottes in uns entzndet. Willst du Fortschritte im geistlichen Le-ben machen, so mut du dir vor allem drei Andachtsbungen angelegen sein lassen:die Andacht zum Leiden Christi, zur allerseligsten Jungfrau Maria und zum allerhei-ligsten Altarsakrament. Whrend du betest, mut du auch oft Akte der Reue, derLiebe zu Gott, der Hingabe in Seinen Willen erwecken. Pater Caraffa pflegte zu sa-gen, da ein eifriger Akt der Liebe Gottes, den man am Morgen verrichtet, genge,um uns den Tag ber eifriger im Dienste Gottes zu erhalten.

    29. Ehe du eine andere Beschftigung, zum Beispiel die Studien oder Handarbeit, jenachdem es dein Stand von dir fordert, beginnst, mut du ja nicht vergessen, am An-fang einer jeden Arbeit sie Gott aufzuopfern und Ihn zu bitten, damit Er dir beistehe,sie ohne Fehler zu verrichten. Auch unterlasse nicht, manchmal einen Blick auf deinInneres zu werfen und dich durch Liebesakte mit Gott zu vereinigen, wie das die hei-lige Katharina von Siena zu tun pflegte. Tue alles, was du tust, mit Gott und frGott. Verlt du dein Haus oder dein Zimmer, oder kehrst du in dasselbe zurck, soempfiehl dich jedesmal durch ein Gegrt seist Du Maria der Muttergottes. Be-

    gibst du dich zum Essen, so opfere vorher das Vergngen oder den Wiederwillen,den die Speisen oder Getrnke, welche man dir vorsetzen wird, in dir erregen knn-ten, Gott auf; hast du gegessen, so sprich: Herr, wie viel Gutes erweisest Du mir, derich Dich so oft beleidigt habe! Vergi ja nicht, den Tag ber eine geistliche Lesungund einen Besuch zum allerheiligsten Altarsakrament und zur allerheiligsten Jung-frau zu machen, bete deinen Rosenkranz, prfe dich am Abend, wie du den Tag zu-gebracht hast, erwecke die Akte Glaube, Liebe, Hoffnung, Reue, und mache einen fes-ten Vorsatz, dich zu bessern und im Leben und Sterben die heiligen Sakramente zuempfangen, mache zugleich die Meinung, alle Ablsse, die du gewinnen kannst, zu er-

    langen. Wenn du zu Bette gehst, so bedenke, da du verdient httest, in der Hlle zubrennen, umarme dein Kruzifix und sage: Ich schlafe in Frieden und Ruhe."

    [30. Es folgen einige Beispiele fr Ablsse. Wegen der neuen Ablaordnung sind die-se Beispiele aber berholt]. 31. Damit du immer gesammelt und mit Gott vereinigtbleiben knnest, mut du in allem, was du siehst und hrst, etwas aufzufinden su-chen, was dein Gemt zu Gott erheben oder dich an die Ewigkeit erinnern knne.Giet man Wasser aus einer Flasche, so bedenke, da auf gleiche Weise deine Tageverflieen und du dich stets dem Tode nherst. Siehst du ein Licht, das aus Mangel

    an l verlscht, so bedenke, da dein Leben einst ebenso enden wird. Erblickst du einBegrbnis oder Leichen, so erinnere dich daran, da ein gleiches Los dich erwartet.Siehst du, wie die Groen dieser Welt in deiner Gegenwart sich ber ihre Wrden

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    und Reichtmer erfreuen, so bemitleide ihre Torheit und sage: Mein Gott gengtmir, diese verlassen sich auf Wagen und jene auf Rosse, wir aber rufen den Namendes Herrn an (Ps 19,8). Sie suchen ihren Ruhm in Eitelkeiten, ich will ihn in derGnade Gottes und in Seiner Liebe suchen. Hlt man feierliche Totenmter und Lei-

    chenbegngnisse vornehmer Herren, so bedenke: Was ntzt ihnen alle diese Pracht,wenn sie in der Hlle sind? Wandelst du am Ufer des Meeres und findest du es ruhigoder wild bewegt, so stelle Vergleichungen an zwischen einer Seele, die im Standeder Gnade, und einem Herzen, das durch die Snde von Gott getrennt ist. Findest dueinen verdorrten Baum, so denke daran, da eine Seele, die Gott nicht liebt, ins Feuergeworfen zu werden verdient. Hast du Gelegenheit, gegenwrtig zu sein, wenn einschwerer Verbrecher, zitternd vor Angst und Scham, sein Urteil empfngt, so beden-ke, welche Angst der Snder dereinst vor dem Richterstuhl Jesu Christi ausstehenwird. berfllt dich Furcht, wenn es blitzt und donnert, so denke an die Peinen, wel-

    che die Verdammten in der Hlle, wo sie das Donnern des gttlichen Zornes bestn-dig vernehmen, ausstehen mssen. Hrst du, da ein zum Tode Verurteilter hnde-ringend ausruft: So kann ich denn also nicht mehr dem Tode entgehen!", so denkealsbald an die Verzweiflung einer Seele, die, zur Hlle verdammt, laut aufschreit:Kein Mittel bleibt mir brig, dem ewigen Untergang zu entfliehen!"

    32. Erblickst du eine schne Gegend, das Meer, Blumen, Frchte und andere Ge-genstnde, deren Anblick das Auge ergtzt, so mut du ausrufen: Wenn Gott schonhier auf Erden so schne Geschpfe hervorgebracht hat, damit ich Ihn liebe, o wie

    ganz andere Freuden wird Er mir als dann im Himmel bereitet haben! Die heiligeTheresia sagte, da, wenn sie liebliche Hgel und freundliche Tler erblickte, es ihrschien, als ob dieselben ihr ihren Undank gegen Gott vorwrfen, und der Stifter derTrappisten, der Abt Ranc, ward durch die schnen Werke Gottes an seine Ver-pflichtung, Ihn zu lieben, erinnert. Gleich ihm rief schon der heilige Augustin aus:,,Himmel und Erde, alles sagt mir, da ich Dich lieben soll! Man erzhlt, da einfrommer Mann, der Blumen und Kruter auf dem Felde fand, sie mit seinem Stockeschlug und ausrief: Schweigt, haltet mir nicht lnger meinen Undank gegen Gottvor, ich habe euch verstanden. Schweigt und lat mich in Frieden. Wenn die heilige

    Maria Magdalena von Pazzi einen schnen Apfel oder eine liebliche Blume betrachte-te, so sprte sie, da das Feuer der Liebe Gottes sich in ihrem Herzen entzndete, dasie bedachte, da Gott von aller Ewigkeit her daran gedacht habe, diesen Apfel, dieseBlume zu erschaffen, um ihr einen Beweis Seiner Liebe zu geben.

    33. Flsse und Bche erinnern dich daran, da, gleichwie diese Gewsser unausge-setzt dem Meere zueilen, so auch du nie aufhren darfst, nach Gott, deinem alleinigenund hchsten Gute, zu streben. Wenn du reitest oder fhrst, so sage zu dir selbst:Siehe, diese unschuldigen Tiere ermden sich, um mir zu dienen; lasse ich es mich

    auch etwas kosten, um Gott zu dienen, um Ihm wohlzugefallen? Erblickst du einenHund, der um ein elendes Stck Brot seinem Herrn so treu dient, so bedenke, welcheVerpflichtung du hast, Gott treu zu bleiben, Ihm, der dich erschaffen hat und der dich

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    fortwhrend erhlt, bewahrt und mit so groen Wohltaten berhuft. Hrst du denGesang der Vgel, so sprich: Geliebte Seele, vernimmst du nicht das Lob Gottes, dasdiese kleinen Geschpfe verkndigen, was tust du, lobst du Ihn auch durch Liebesak-te? Krht der Hahn, so denke daran, da auch du, gleichwie Petrus, deinen Gott ver-

    leugnet und Seinen Schmerz und Seine Trnen erneuert hast. Siehst du das Hausoder den Ort, wo du frher gesndigt hast, so bitte Gott: Der Snden meiner Jugendund meines Unverstandes gedenke nicht (Ps 24,7).

    34. Betrachtest du ein reizendes Tal, so bedenke, da gleichwie dasselbe durch dasvon den Bergen herabflieende Wasser befruchtet wird, die Gnaden vom Himmel nurin demtige Seelen niedersinken und die Stolzen leer ausgehen. Eine schn gezierteKirche sei dir das Bild einer Seele, die in der Gnade Gottes ist, und die wahrhaft einTempel Gottes genannt zu werden verdient. Das Meer stellt die Unendlichkeit und

    Gre Gottes vor. Siehst du Feuer oder Lichter auf dem Altar, so sage zu dir selbst:Seit wie langen Jahren htte ich verdient, in der Hlle zu brennen? Du, o mein Gott,hast mich bis heute verschont; gib, da mein Herz, gleichwie dies Holz oder dieseLichter, von Liebe zu Dir entbrenne. Bewunderst du den Sternenhimmel, so sagemit dem heiligen Andreas Avellino: Einst werde ich hoch ber diesen Sternen erha-ben stehen!"

    35. Um dich recht oft an die Geheimnisse des Lebens unsers Erlsers zu erinnern,mut du jedesmal, wenn du Heu oder eine Krippe oder einen Stall erblickst, an das

    Jesukindlein in Bethlehem denken. Siehst du eine Sge, einen Hobel, einen Hammer,so stelle dir Jesus vor, wie Er in der Werksttte des heiligen Joseph arbeitet. Seile,Stricke, Ketten, Dornen und Ngel mssen dir das Leiden und den Tod deines Hei-lands ins Gedchtnis zurckrufen. Begegnete der heilige Franz von Assisi einemLamme, so fing er an zu weinen und sagte: Fr mich lie sich mein Herr Jesus,gleichwie ein Lamm, zum Tode fhren. Erblickst du einen Altar, einen Kelch oderMegewnder, so denke sogleich an die Liebe Jesu Christi, der Sich dir im Altarssak-ramente geschenkt hat.

    36. Den Tag ber mut du dich oft, gleichwie die heilige Theresia, Gott aufopfernund Ihm sagen: Siehe Herr, hier bin ich, mache mit mir, was Dir immer gefllt, sagemir, was Du von mir verlangst, ich bin zu allem bereit. Erwecke, sooft du kannst,Liebesakte zu Gott, denn die heilige Theresia sagt, da dieselben dem Holze gleichenund im Herzen das Feuer der gttlichen Liebe unterhalten. Begehst du einen Fehler,so demtige dich und suche durch einen desto eifrigeren Liebesakt, dich wieder vomFalle aufzurichten. Stt dir ein Ungemach zu, so opfere Gott dieses Leiden auf, undergib dich in Seinen heiligen Willen, gewhne dich daran, in allen Widerwrtigkeitenzu dir selbst zu sagen: Dies ist jetzt Gottes Wille und darum will ich es auch. Es

    gibt keinen Gott angenehmeren Liebesakt als die Ergebung in Seinen Willen.

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    37. Du mut auch, ehe du einen Entschlu fat oder andern einen wichtigen Rat er-teilst, dich jedesmal vorher Gott anempfehlen. Wiederhole, sooft du kannst, mit derheiligen Rosa von Lima die Bitte: Herr, hilf mir, berlasse mich nicht mir selbst!Blicke oft auf ein Kruzifix oder auf ein Bild Mariens, rufe die heiligen Namen Jesus

    und Maria aus, und das besonders in der Zeit der Versuchungen. Gott, der unendlichgut ist, wnscht nichts mehr, als uns Seine Gnade mitzuteilen, und Pater Alvarez saheines Tages unseren Heiland, die Hnde voll Gnaden, und suchend, wem Er sie mit-teilen knne; aber Gott will, da wir Ihn um Seine Gnade bitten: Bittet, und ihr wer-det empfangen. Tun wir das nicht, so zieht der Herr Seine Hand von uns, bitten wirIhn hingegen, so teilt Er uns mit, was immer wir wnschen: Wer, der ihn angerufenhat, ist verschmht worden? (Sir 2,10). David sagt, da Gott barmherzig und sehrbarmherzig gegen die ist, die Ihn anrufen: Du bist gtig und mild und von groerErbarmung fr alle, die dich anrufen (Ps 8,55). Wie gut und freigebig beweist Sich

    der Herr gegen alle, die Ihn liebevoll suchen: Gut ist der Herr denen, die auf ihn hof-fen, der Seele, die ihn sucht (Ps 8,55). Wenn jene, die ihn nicht gesucht haben, ihnfinden (Rm 10,20), um wieviel leichter wird Ihn alsdann der finden, der Ihn sucht,um sich ganz Seinem Dienste zu weihen.

    38. Die heilige Theresia sagt, da die Gerechten auf Erden in der Liebe den Seligenim Himmel gleichen mssen, gleich ihnen mssen sie nur mit Gott beschftigt sein,sie mssen an nichts anderes denken und nichts anderes wnschen, als Seine Ehre,Seine Liebe. - So auch du, geliebte Seele! Gott sei hier auf Erden deine Seligkeit, Er

    sei der einzige Gegenstand deiner Neigungen und das Ziel aller deiner Handlungenund Wnsche, bis da du im Himmel, wo alle deine Begierden Befriedigung finden,Ihn dereinst vollkommen und unaufhrlich lieben wirst.

    Von der Liebe Gottes und den Mitteln, dieselbe zu erlangen.

    1. Weil unser guter Gott uns so lieb hat, so wnscht Er innig, da auch wir Ihn lie-ben, und deshalb hat Er uns nicht nur durch so hufig wiederholte Einladungen inder Heiligen Schrift, Ihn zu lieben, und durch so viele allgemeine und besondereWohltaten zur Liebe Gottes zu bewegen gesucht, sondern Er hat uns sogar das aus-drckliche Gebot erteilt, Ihn zu lieben, und hat der Seele, die Ihn nicht liebt, die Hl-le gedroht, der, die Ihn liebt, den Himmel verheien. Gott will, da alle sich retten,da keiner verloren gehe, wie uns das die heiligen Apostel Petrus und Paulus nur all-zu deutlich gelehrt haben: Gott, welcher will, da alle Menschen selig werden (1Tim 2,4). Er hat Geduld mit euch und will nicht, da jemand verlorengehe, sondernda sich alle zur Bue wenden (2 Petr 3,9). Wenn aber Gott alle selig haben will,warum hat er dann die Hlle erschaffen? Nicht deshalb, damit wir verdammt wrden,sondern damit die Welt Gott liebe. Wenn ungeachtet der Hlle die meisten Men-schen lieber die Verdammnis whlen, als da sie Gott lieben, wer wrde Ihn da wohl

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    rer, die sagen, da sie uns lieben (ausgenommen jene, die uns nur um Gottes willenlieben), ist keine wahre Liebe, es ist eigenntzige Liebe, in der man, um irgend eineseigenntzigen Zweckes willen, liebt. Ja, mein Gott, ich erkenne es, da Du alleinmich liebst, und das nicht um Deines Vorteils willen, sondern allein um Deiner Gte

    und um der Liebe willen, die Du zu mir trgst, und ich Undankbarer, ich habe nie-mandem so viel Kummer und Schmerz verursacht wie Dir, der Du mich so sehr ge-liebt hast. O mein Jesus, la nicht zu, da ich wieder undankbar gegen Dich sei, Duallein hast mich wahrhaft geliebt, auch ich will die noch brigen Tage meines LebensDich wahrhaft lieben. Ich rufe Dir mit der heiligen Katharina von Genua zu: Ohmeine Liebe, nur keine Snde mehr, nur keine Snde mehr, Dich allein will ich liebenund nichts auer Dir."

    5. Der heilige Bernhard sagt, da eine Seele, die wahrhaft Gott liebt, nichts anders

    lieben knne, als was Gott will. Bitten wir denn also Gott, da Er uns mit Seiner Lie-be verwunde, weil eine dadurch verwundete Seele nichts anderes wollen kann, als wasGott will und allen Wnschen der Eigenliebe entsagt hat. Wenn wir uns so ganz vonuns selbst losschlen und uns unbedingt Gott schenken, so geben wir Gott jenenPfeil, womit Ihn, wie Er es selbst erklrt, Seine Braut, die heilige Seele, verwundethat: Du hast mein Herz verwundet, meine Schwester, meine Braut (Hl 5,7).

    6. Wie schn drckt sich hierber der heilige Bernhard aus: Lernen wir denn alsounsere Herzen wie Pfeile Gott zusenden. Wenn eine Seele sich nmlich ganz Gott

    schenkt, so schwingt sie gewissermaen ihr Herz wie einen Pfeil zu dem Herzen Got-tes empor, worauf Gott selbst erklrt, da diese Seele, die sich Ihm ganz geschenkthat, Ihn zu ihrem Gefangenen gemacht habe. Darum ben sich alle Seelen, die sichGott ganz geschenkt haben, im Gebete, sie geben sich ganz Gott und suchen immervon neuem durch Stogebete sich mit Gott zu vereinigen. Sie rufen hufig aus: MeinGott und mein alles, ich will nur Dich und nichts anderes. - "Mein Gott, ich schenkemich ganz Dir, und wenn ich mich nicht ganz Dir bergebe, so nimm Du selbstmich. - Und wen, o mein Jesus, knnte ich nur lieben wollen auer Dir, der Du frmich gestorben bist. - Ziehe mich Dir nach, o mein Heiland, reie mich aus dem

    Schlamm meiner Snden heraus und ziehe mich ganz zu Dir. - "Binde mich, o Herr,mit den Ketten Deiner Liebe, damit ich Dich nie wieder verlasse. - Ich will ganz Dirangehren, mein Gott, hast Du mich verstanden? Ich will ganz Dein, ganz Dein sein;Du selbst mut dies bewirken. - Was knnte ich nur anderes wollen als Dich, meineLiebe, mein alles! - Da Du willst, da ich Dich liebe, so gib mir auch die notwendi-gen Krfte, um Dir zu gefallen, wie Du es wnschst. Wen als Dich knnte ich auchnur lieben wollen, der Du eine unendliche Gte bist und eine unendliche Liebe ver-dienst. - Du hast mir den Wunsch eingeflt, Dein zu sein, vollende Dein Werk. -Was will ich anderes in der Welt als Dich, der Du das hchste Gut bist? Ich schenke

    mich Dir unbedingt, nimm mich an und mache, da ich Dir bis zu meinem Tode treubleibe. - Ich will Dich hier auf Erden innig lieben, um Dich die ganze Ewigkeit hin-durch lieben zu knnen."

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    Jesu mein, Geliebter mein,Sieh, ich will nur Dich allein;Gott, ich schenk mich gnzlich Dir,Mach nur, was Du willst mit mir.

    7. Wie glcklich ist jene Seele, die in Wahrheit sagen kann: Mein Geliebter ist meinund ich bin sein (Hl 2,6). Gott hat sich mir ganz geschenkt, ich habe mich ganz ihmgeschenkt, ich gehre nicht mehr mir selbst an, ich gehre ganz und gar meinemGott an. Wer wahrhaft so reden kann, sagt der heilige Bernhard, der ist bereit, lieberdie Peinen der Hlle zu dulden (wenn dies mglich wre, ohne sich von Gott zu tren-nen), als einen Augenblick von Gott getrennt zu bleiben. O weIch ein groer Schatzist die Liebe Gottes, o selig, wer ihn besitzt; er trage alle Sorge und wende alle Mittelan, um ihn zu erhalten und zu vermehren; wer hingegen diesen groen Schatz noch

    nicht besitzt, der mu sein Mglichstes tun, um ihn zu erlangen.

    8. Das erste Mittel zur Liebe Gottes besteht darin, da man sich von allen irdischenNeigungen befreie. Die Liebe Gottes findet keinen Raum in einem Herzen, das vollirdischer Dinge ist. Je mehr Irdisches im Herzen ist, desto weniger Liebe Gotteskann darin herrschen. Wer also sein Herz mit der Liebe Gottes zu erfllen wnscht,der mu vor allem die irdischen Neigungen daraus entfernen. Um selig zu werden,mu man den heiligen Paulus nachahmen, der, um die Liebe Christi zu erlangen, alleGter dieser Welt wie Kot betrachtete: Alles achte ich wie Kot, damit ich Christum

    gewinne (Phil 3,8). Bitten auch wir den Heiligen Geist, da er uns mit seiner heili-gen Liebe entflamme, damit auch wir alsdann alle Reichtmer, Freuden, Ehren undWrden dieser Welt, um derentwillen die meisten Menschen verlorengehen, verach-ten, und sie als das, was sie sind, als Eitelkeit und bloen Dunst und Unrat erkennen.

    9. Wenn die Liebe Gottes in einem Herzen einkehrt, dann setzt man keinen Wertmehr auf das, was die Welt hoch schtzt: Gbe auch ein Mensch alle Habe seinesHauses fr die Liebe, fr nichts wrde man es achten (Hl 8,7). Der heilige Franz vonSales sagt, da, wenn ein Haus brennt, man das Gert zum Fenster hinauswirft, das

    heit, wenn ein Mensch von der Liebe entzndet ist, dann sucht er selbst, ohne daman ihn in der Predigt oder im Beichtstuhl dazu ermahnen msse, sich von weltli-chen Gtern, von Ehren, Reichtmern und allem Irdischen zu entblen, um nichtsanders mehr als Gott zu lieben.

    10. Gilbertus sagt, da es einem Herzen, das wahrhaft Gott liebt, schwer und unert-rglich sei, seine Liebe zwischen Gott und den Geschpfen zu teilen, und der heiligeBernhard behauptet, da die Liebe Gottes unverschmt sei, weil Gott in einem Her-zen, das ihn liebt, keinen Genossen seiner Liebe dulde, da er allein das Herz besitzen

    will. Verlangt Gott etwa zuviel, wenn er will, da die Seele nichts anderes als ihn lie-be? Die unendliche Liebenswrdigkeit mu allein geliebt werden, sagt der heiligeBonaventura. Da Gott die unendliche Gte und Liebenswrdigkeit ist, welche eine

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    unendliche Liebe verdient, so hat er Recht, wenn er verlangt, da ein Herz, das er ge-rade deshalb erschaffen hat, damit es Ihn liebe, Ihm auch wirklich ganz angehre,denn blo deshalb, um allein geliebt zu werden, hat Gott alles fr dieses Herz getan,wie das der heilige Bernhard sagt, da er von der Liebe spricht, die Gott zu ihm trgt:

    Alles hat Er fr mein Bestes hingegeben. Das kann und mu ein jeder von uns sa-gen, wenn er an Jesus Christus denkt, der fr jeden von uns Sein Leben und Sein Blutaufgeopfert hat, als Er am Kreuz von Schmerzen verzehrt starb, und der uns nachSeinem Tode Seinen Leib, Sein Blut, Seine Seele, ganz Sich selbst im allerheiligstenAltarsakrament hinterlassen hat, damit Er eine Speise und ein Trank unserer Seelenwerde und dadurch einen jeden von uns aufs engste mit Sich vereinige.

    11. Glcklich die Seele, sagt der heilige Gregor, die dahin gelangt, da ihr allesunertrglich ist, was nicht Gott ist, den sie allein liebt. Deshalb mu sie sich von aller

    Anhnglichkeit an die Geschpfe hten, damit diese nicht einen Teil dessen rauben,was Gott allein besitzen will. Wenn solche Anhnglichkeit auch erlaubt wre, wiez.B, die Liebe zu Verwandten und Freunden, so mu man doch gar wohl bedenken,was der heilige Philipp Neri sagt, da wir nmlich alle Liebe, die wir den Geschpfenschenken, Gott rauben.

    12. Wir mssen, gleichwie die Braut im Hohenlied, verschlossene Grten werden.Ein verschlossener Garten bist du, meine Schwester (Hl 4). Jene Seelen, die denZugang zu den Neigungen irdischer Dinge nicht ffnen, sind verschlossene Grten.

    Wenn also ein Geschpf Teil an unserem Herzen nehmen will, so mssen wir ihmden Zugang versagen und zu Jesus eilen und sprechen: O mein Jesus, Du allein ge-ngst mir, ich will nichts anderes, als Dich lieben! Gott meines Herzens und meinTeil in Ewigkeit, Du sollst der einzige Herr meines Herzens, meine einzige Liebesein. Deshalb drfen wir denn auch nie aufhren, Gott um Seine heilige Liebe zu bit-ten, denn der heilige Franz von Sales lehrt uns: Die reine Liebe Gottes verzehrt al-les, was nicht Gott ist, um alles in Sich umzuwandeln."

    13. Das zweite Mittel zur Liebe Gottes ist die Betrachtung des Leidens Christi, denn

    es ist gewi, da Jesus Christus nur deshalb so wenig in der Welt geliebt wird, weildie undankbaren Menschen es versumen, wenigstens von Zeit zu Zeit zu betrachten,wieviel Jesus fr sie gelitten hat, und die Liebe, mit der Er fr sie gelitten hat. Derheilige Gregor sagt, es scheine eine Torheit zu sein, da ein Gott fr uns Elendesterbe, und dennoch sei es eine Glaubenswahrheit, da Christus uns geliebt und Sichals ein Opfer fr uns hingegeben hat (Eph 5,2). Denn er hat uns geliebt und unsgewaschen von unseren Snden mit seinem Blute (Apk 1).

    14. Der heilige Bonaventura ruft aus: O mein Gott, Du hast mich so sehr geliebt, da

    es scheint, Deine Liebe zu mir mache, da Du Dich selbst hassest. Ja, Er hat uns so-gar mit Seinem heiligen Leib in der heiligen Kommunion speisen wollen, so da nachdem Ausspruch des heiligen Thomas Gott sich so tief vor uns gedemtigt hat, als ob

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    Er unser Knecht und als ob jeder von uns Sein Gott wre.

    15. Das bewog denn auch den Apostel auszurufen: Die Liebe Christi drngt uns", ja,sie drngt, sie zwingt uns gewissermaen, Ihn zu lieben. O mein Gott, was tun die

    Menschen nicht aus Liebe zu den Geschpfen, die sie gerne haben, und ein Gott vonunendlicher Gte, von unendlicher Schnheit, der fr jeden von uns am Kreuze hatsterben wollen, wird so wenig geliebt! Ahmen wir doch alle den heiligen Paulus nach,der ausrief: Es sei ferne von mir, mich zu rhmen, auer in dem Kreuze unseresHerrn Jesus (Gal 6,14). Denn welche grere Ehre kann man mir in der Welt erwei-sen als die, da ein Gott aus Liebe zu mir sein Leben hat aufopfern, sein Blut hat ver-gieen wollen. So mu ein jeder sprechen, der den Glauben hat. - Wenn jemand denGlauben hat, wie kann er dann noch etwas anderes als Gott lieben. O mein Gott, wieist es mglich, da eine Seele, die Christum am Kreuz betrachtet, der mit drei Ngeln

    daran geheftet, aus Liebe fr uns vor Schmerz stirbt, wie ist es mglich, da sie sichnicht hingezogen und gewissermaen gezwungen sehe, Jesus aus allen Krften zulieben.

    16. Das dritte Mittel, um zur vollkommenen Liebe Gottes zu gelangen, ist dieGleichfrmigkeit mit dem Willen Gottes bei allem, was uns zustt. Der heiligeBernhard sagt, da, wer Gott wahrhaft liebt, nichts wollen knne, als was Gott will.Manche sagen freilich, sie seien ganz ergeben bei allem, was Gott anordne, aber wennihnen etwas Widerwrtiges oder eine unangenehme Krankheit zustt, so knnen sie

    sich nicht zufrieden geben. So machen es aber nicht jene Seelen, die wahrhaft in denWillen Gottes ergeben sind; sie sagen: So gefllt es, so hat es dem Geliebten gefallen,und beruhigen sich sogleich. Der heiligen Liebe, sagt der heilige Bonaventura, ist al-les s. Jene Seelen wissen, da Gott alles, was in der Welt geschieht, entwederanordnet oder zult, und deshalb beugen sie sich demtig unter seinem Willen, esmge was immer geschehen, und bleiben zufrieden bei allem, was Gott anordnet.Denn obgleich Gott manchmal nicht will, da die anderen uns verfolgen und Bsestun, so will Er dessenungeachtet aus heiligen Absichten, da wir geduldig jene Ver-folgungen, jenen Schaden leiden.

    17. Die heilige Katharina von Genua sagte: Wenn Gott mich in den tiefsten Abgrundder Hlle hinabgestrzt htte, so wrde ich dennoch sagen: Es ist gut hier sein. Ichwrde ausrufen: Es gengt mir, da mein Geliebter es will, da ich hier sei, denn Erliebt mich mehr als alle anderen und wei, was mir am ntzlichsten ist. Es ruht sichgut in den Armen des gttlichen Willens.

    18. Deshalb mssen wir denn auch immer mit David bitten: Herr, lehre mich deinenWillen tun", wenn Du willst, da ich selig werde, und deshalb kann man keinen voll-

    kommeneren Akt der Liebe Gottes machen, als wenn man mit dem heiligen Paulusbei seiner Bekehrung ausruft: Herr, was willst du, da ich tue (Apg 9,6). Sage mir, omein Gott, was Du von mir verlangst, ich bin bereit, es zu tun. SoIch ein Akt ist

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    mehr wert, als tausendmal fasten und sich geieln. In allen unseren Werken, Wn-schen und Gebeten mssen wir den Willen Gottes erfllen. Wir mssen die allerse-ligste Jungfrau Maria, unsere Frsprecherin, wir mssen unseren Schutzengel bitten,da sie uns von Gott die Gnade erlangen, Seinen Willen zu erfllen. Wenn etwas ge-

    schieht, was unserer Eigenliebe schmerzt, so knnen wir durch einen Akt der Erge-bung in den Willen Gottes groe Schtze von Verdiensten erlangen, wir mssen unsalsdann daran gewhnen, mit Christus zu antworten: Sollte ich den Kelch, den mirmein Vater gegeben hat, nicht trinken? Ja, Vater, denn also ist es dir angenehm ge-wesen", es hat Dir also gefallen, auch ich bin damit zufrieden, oder mit Job: Wie esdem Herrn gefallen hat, also ist es geschehen, der Name des Herrn sei gebenedeit."

    19. Das vierte Mittel, um von der Liebe zu Gott entzndet zu werden, ist das be-trachtende Gebet. Die ewigen Wahrheiten sieht man nicht mit den Augen des Leibes,

    wie die sichtbaren Gegenstnde auf Erden, sondern im Geiste durch die Betrachtung.Wenn wir nun also nicht einige Zeit dazu anwenden, die ewigen Wahrheiten zu be-trachten, besonders unsere Pflicht, Gott zu lieben, wie er es verdient, sowohl wegender vielen Wohltaten, die er uns erwiesen, als auch wegen der Liebe, die Er zu unsgetragen hat, so werden wir schwerlich die Neigungen zu den Geschpfen verlieren,um all unsere Liebe Gott zu schenken. Im Gebete lt uns Gott erkennen, wie ver-chtlich alles Irdische und wie wertvoll die himmlischen Gter sind, da entzndet Erdie Herzen der Seinen, die Ihm nicht widerstehen, mit seiner Liebe. Manche Seelenbeklagen sich, da sie das Gebet ben und dennoch Gott in demselben nicht finden.

    Das kommt daher, weil sie ihr Herz noch voll irdischer Anhnglichkeit haben. Wen-de dein Herz von den Geschpfen ab", sagt die heilige Theresia, und suche Gott, sowirst du Ihn gewi finden. Voll Gte ist der Herr gegen den, der ihn sucht (Klgl3,5). Um Gott im Gebet zu finden, mu man sein Herz von den Neigungen an irdi-sche Dinge losschlen, alsdann spricht Gott gewi zu uns: Ich will sie in die Wstefhren und zu ihrem Herzen sprechen (Hl 2,14). Aber", sagt der heilige Gregor,um Gott zu finden, gengt es nicht, da der Leib, nein, auch die Seele mu in derEinsamkeit sein", weshalb der Herr zur heiligen Theresia eines Tages sprach: Ichwrde gerne zu manchen Seelen reden, aber die Welt macht so viel Lrmen in ihren

    Herzen, da sie meine Stimme nicht hren knnen. Wenn eine von irdischen Dingenlosgeschlte Seele betet, o wie schne Dinge sagt ihr dann nicht Gott. Er lt sie er-kennen, wie sehr Er sie liebt, die Seele von Liebe brennend, spricht zwar nicht, aberwie beredt ist alsdann nicht ihr Stillschweigen. Wenn man vor Liebe zu Gott stillschweigt, sagt man Gott mehr, als wenn man alle menschliche Beredsamkeit anwen-dete, denn jeder Seufzer deckt das Innerste der Seele auf; dann kann die Seele nichtsatt werden, auszurufen: Mein Geliebter ist mein und ich bin Sein."

    20. Das fnfte Mittel, um zu einem hohen Grade der Liebe Gottes zu gelangen, ist

    das Bittgebet. Wir sind arm an allem, aber wenn wir bitten, sind wir reich, weil Gottversprochen hat, alles, um was wir Ihn bitten, zu erfllen: Bittet, und es wird euchgegeben werden (Mt 7,1). Kann wohl ein Freund seinem Freund ein greres Zei-

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    chen seiner Liebe geben, als da er ihm sagt: Erbitte dir, was immer du wnschst, ichwill es dir geben. Und das sagt Gott einem jeden von uns. Gott ist der Herr allerDinge, Er verspricht uns, uns alles zu geben, um was wir Ihn bitten. Bleiben wir alsoarm und elend, so ist das unsere Schuld, weil wir uns nicht die Gnaden erbeten haben,

    derer wir bedrfen. Das betrachtende Gebet ist deshalb beinahe notwendig, um seligzu werden, weil, wenn wir nicht betrachten und uns dagegen fortwhrend mit weltli-chen Dingen beschftigen, wir wenig an unser Seelenheil denken; aber wenn wir be-trachten, so erkennen wir die Bedrfnisse unserer Seele, und dann bitten wir umGnade, die Gott uns sicher gewhrt.

    21. Die Heiligen haben ihr ganzes Leben im Gebet zugebracht, und alle Gnaden,durch die sie heilig geworden, haben sie durchs Gebet erlangt. Wollen wir also seligund heilig werden, so mssen auch wir immer an der Pforte der gttlichen Barmher-

    zigkeit anklopfen und um die Almosen, die uns zu unserem Unterhalt notwendigsind, Gott bitten. Brauchen wir Demut, so bitten wir darum, wir werden alsdann balddemtig sein; brauchen wir Geduld in Leiden, so bitten wir darum, und wir werdenbald geduldig sein. Wnschen wir Gott zu lieben, so bitten wir Ihn darum, denn Erhat uns versprochen: Bittet und es wird auch gegeben werden. Gott kann Sein Ver-sprechen nicht unerfllt lassen. Um unser Vertrauen auf die Kraft des Gebetes nochzu vermehren, hat Christus uns versprochen, da der Vater uns alle Gnaden, die wirin Seinem Namen, das heit, entweder aus Liebe zu Ihm oder um Seiner Verdienstewillen erbitten, geben werde: Wahrlich, wahrlich ich sage euch, wenn ihr den Vater

    in meinem Namen um etwas bittet, so wird er es euch geben (Jo 16,23). Und an ei-nem andern Orte sagt Er: Wenn ihr mich um etwas bittet in meinem Namen, daswill ich tun (Jh 14,14). Und das deshalb, weil der Glaube uns lehrt, da Christus die-selbe Macht hat wie Gott Selbst, weil Er der Sohn Gottes ist.

    22. Ich begreife nicht, wie eine Seele, die den Glauben hat, sie mge auch noch so kaltin der Liebe Gottes sein, nicht von Liebe zu Jesus entzndet werde, wenn sie auchnur oberflchlich betrachtet, was die Heilige Schrift von der Liebe sagt, die Christusuns in Seinem Leiden und im allerheiligsten Altarsakrament bewiesen hat. Als Isaias

    Jesu Leiden betrachtete, rief er aus: Wahrlich, er trgt unsere Krankheiten und ldtauf sich unsere Schmerzen, denn er ist verwundet um unserer Missetat willen, zer-schlagen um unserer Snden willen (Is 5,34). Der Glaube lehrt uns, da Christus alleSchmerzen und Peinen, die wir verdienten, hat dulden wollen, um uns von der ewi-gen Verdammnis zu befreien, und hat Er das nicht aus Liebe zu uns getan? - Ja, sagtder heilige Paulus, Christus hat uns geliebt und sich fr uns dahingegeben (Eph 5).Er, der uns geliebt und uns gewaschen hat von unseren Snden in seinem Blut (Apk5,1). Und als Christus das allerheiligste Altarsakrament einsetzte, sprach Er zu unsallen: Nehmet hin und esset, denn dies ist mein Leib (1 Kor 11,15). Nachdem Er

    vorher gesagt hatte: Wer mein Fleisch it und mein Blut trinkt, der bleibt in mirund ich in ihm (Jo 6,56). Wie kann ein glubiger Christ das lesen und sich nicht ge-drngt fhlen, seinen Heiland zu lieben, der, nachdem Er Sein Blut und Seinen Leib

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    aus Liebe fr uns aufgeopfert, uns im allerheiligsten Sakrament des Altars diesen sel-ben Leib hinterlassen hat, damit er eine Speise unserer Seele sei, und sich ganz mituns in der Kommunion vereinige.

    23. Jesus Christus zeigt Sich uns in Seinem Leiden mit drei Ngeln an ein Kreuz ge-heftet, mit Blut bedeckt und vor Schmerz sterbend. Warum zeigt Sich unser Heilandin einem so traurigen Zustande? etwa blo um unser Mitleid zu erregen? Nein, nichtso sehr deshalb, als damit wir Ihn lieben. Wenn Christus uns sagt, da Er uns vonEwigkeit her geliebt habe: Mit ewiger Liebe liebe ich dich (Jer 31,1), so sollte dasein hinlnglicher Grund fr uns sein, Ihn zu lieben. Da nun aber der Herr sah, dadas nicht hinreichte, unser laues Herz zu Seiner Liebe zu bewegen, so hat Er unsdurch die Tat zeigen wollen, wieweit Seine Liebe zu uns ging, indem Er Sich unszeigte voll Wunden und vor Schmerz sterbend, damit wir aus Seinem Leiden Seine

    unendliche und zarte Liebe erkennen mchten, was der heilige Paulus so schn durchjene Worte ausdrckt: Er hat uns geliebt und sich selbst fr uns dahingegeben."

    Gebet

    O meine gekreuzigte Liebe, o mein liebenswrdigster Jesus, ich glaube und bekenne,da Du der wahre Sohn Gottes, der Heiland der Welt bist. Ich bete Dich aus demAbgrund meines Elends an und danke Dir, da Du fr mich einen so schmerzlichenTod hast erdulden wollen, um mir das Leben der Gnade zu erlangen. O treuester

    Freund, o liebevollster Vater, o liebenswrdigster Herr und Heiland! Dir verdankeich mein Heil, meine Seele, meinen Leib, alles, was ich besitze. Du hast mich von derHlle befreit, Du hast mir Vergebung meiner Snden erlangt, Du hast mir die Hoff-nung, in den Himmel zu kommen, geschenkt. Aber ich Undankbarer, statt Dich zulieben, habe ich Dich von neuem beleidigt, ungeachtet so vieler Beweise Deiner Liebeund Barmherzigkeit; zur Strafe verdiente ich, Dich nicht mehr lieben zu drfen. Abernein, mein Jesus, whle jede andere Strafe, nur nicht diese. Wenn ich Dich auch fr-her verachtet habe, so liebe ich Dich doch jetzt, so wnsche ich doch, Dich jetzt vonganzem Herzen zu lieben! Aber Du weit, da ich ohne Deinen Beistand nichts ver-mag. Da Du selbst mir befiehlst, da ich Dich liebe und da Du mir alle Gnaden ver-leihen willst, wenn ich Dich nur in Deinem Namen darum bitte, so erscheine ich jetztvoll Vertrauen auf Deine Gte und auf Dein Versprechen vor der Pforte DeinerBarmherzigkeit und bitte Dich um der Verdienste Deines bitteren Leidens willen vorallem um Vergebung meiner Snden, die ich von ganzem Herzen bereue, weil ichDich, unendliche Gte, dadurch beleidigt habe. Vergib sie mir und verleihe mir zu-gleich die Beharrlichkeit in deiner Gnade bis zu meinem Tode. Verleihe mir, o Herr,Deine heilige Liebe! Oh mein Jesus, meine Hoffnung, einziger Gegenstand meinerLiebe, entznde in meiner Seele jenes Licht der Wahrheit und jenes Feuer der Liebe,das Du durch Deine Ankunft hast auf die Erde bringen wollen. Erleuchte mich, damitich immer mehr erkenne, wie sehr Du verdienst, geliebt zu werden, damit ich erken-

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    ne, wie unendlich Du mich geliebt hast, indem Du so viel fr mich hast leiden, indemDu sogar fr mich hast sterben wollen. Bewirke, da jene Liebe, mit der Dich Deinewiger Vater liebt, auch in mein Herz einkehre, bewirke, da, gleichwie Seine Liebein Dir ist und eins mit Dir ist, auch ich durch wahre Liebe zu Dir in Dir sei, und da

    ich durch vollkommene Vereinigung meines Willens mit Deinem Willen eins mit Dirwerde. Verleihe mir also, o Jesus, die Gnade, da ich Dich von ganzem Herzen liebe,da ich Dich immer liebe, und da ich Dich immer um die Gnade bitte, Dich zu lie-ben, damit, wenn ich in Deiner Liebe sterbe, ich in den Himmel komme, um Dich damit der vollkommensten Liebe zu lieben, und um nie wieder aufzuhren, Dich zu lie-ben, da ich Dich dann die ganze Ewigkeit hindurch besitzen werde. O Mutter derschnen Liebe, allerseligste Jungfrau Maria, meine Frsprecherin, meine Mutter,meine einzige Hoffnung nach Jesus, Du liebst Gott mehr als alle anderen Geschpfe,und Du wnschst nichts mehr, als da alle Ihn lieben, aus Liebe zu Deinem Sohne,

    der fr mich vor Deinen Augen hat sterben wollen, bitte Ihn fr mich und erlangemir die Gnade, Ihn immer und von ganzem Herzen zu lieben. Darum bitte ich Dich,und ich hoffe, da Du meine Bitte erfllen werdest. Amen.

    Sichere Merkmale, an denen man erkennen kann, ob man Gottwahrhaft liebt.

    In der Heiligen Schrift wird die Liebe Gottes mit dem Feuer verglichen. Als unserHeiland uns im Evangelium erklrte, Er sei auf die Erde gekommen, um uns Seineheilige Liebe mitzuteilen, bediente Er Sich des Ausdrucks, Er sei gekommen, um einFeuer zu bringen: Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen", und Gottselbst gibt der Seele in der Offenbarung den Rat, von Ihm Gold zu kaufen, das imFeuer gelutert ist, das heit, die heilige Liebe Gottes.

    Das Feuer hat die doppelte Eigenschaft, da es den Hindernissen widersteht, und daes, anstatt zu verlschen, dadurch nur wchst und immer mehr um sich greift, dennes ist Feuer, es will ttig sein. Daraus knnen wir also zwei sichere Merkmale, ob dieLiebe Gottes in uns wohnt, kennenlernen: ob wir nmlich wirken und dulden. Arbei-ten wir also immer fr unseren lieben Gott, wenigstens dadurch, da wir die guteMeinung machen, in allem seinen gttlichen Willen zu erfllen, durch alles, was wirtun, nur Ihm gefallen zu wollen; leiden wir gerne aus Liebe zu Ihm alle Widerwr-tigkeiten, Armut, Trbsale, Krankheiten, so da diese Leiden, statt uns von Gott zuentfernen, uns immer enger mit Ihm vereinigen - alsdann besitzen wir die Liebe Got-tes, dann ist unsere Liebe ein Feuer, das ttig ist, das den Hindernissen widersteht.Ist das aber nicht der Fall, so besitzen wir nicht die wahre Liebe Gottes, so haben wireine falsche Liebe, eine Liebe auf der Zunge, nicht im Herzen, vor welcher uns derheilige Johannes warnt: Meine Kindlein, lasset uns nicht mit Worten und nicht mitder Zunge lieben, sondern mit der Tat und Wahrheit."

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    Wo die Liebe nicht ttig ist, da ist keine Liebe, sagt der heilige Gregor, und JesusChristus lehrt uns: Wer meine Gebote hat und sie hlt, der ist es, der mich liebt. Al-les Bittere und Furchtbare, sagt der heilige Augustinus, wird durch die Liebe leicht

    und als ob es nicht mehr wre. Wenn wir also mittelst der guten Meinung immer frGott arbeiten, wenn wir Seine Gebote halten, wenn wir sie genau halten, wenn wirmit den gttlichen Geboten auch noch die Gebote der Kirche beobachten, die Pflich-ten unseres Standes und unsere besonderen Verpflichtungen erfllen, wenn wirgromtig und freudig, aus Liebe zu Gott, die Widerwrtigkeiten besiegen, sie m-gen auch noch so unangenehm sein - alsdann besitzen wir die Liebe Gottes, dann istunsere Liebe ein Feuer, das ttig ist, das den Hindernissen widersteht. Ist das abernicht der Fall, so besitzen wir nicht die wahre Liebe Gottes, so haben wir eine falscheLiebe, eine Liebe auf der Zunge, nicht im Herzen: Meine Kindlein, lasset uns nicht

    mit Worten und nicht mit der Zunge lieben, sondern mit der Tat und Wahrheit."

    Setzen wir den Fall, wir knnten einen Gewinn machen, aber er ist ungerecht, wirknnten uns ein Vergngen verschaffen, aber es ist unerlaubt, die Erfllung derPflichten unseres Standes ist beschwerlich, die Mhe, die uns ein unternommenesWerk verursacht, macht, da wir den Mut verlieren. Aus Liebe zu Gott suchen wir

    jenen Gewinn nicht, entsagen wir jenem Vergngen, tun wir alles, bringen wir alleszu Stande - wir besitzen die Liebe Gottes, denn unsere Liebe ist ein Feuer, das ttigist. Tun wir indes das Gegenteil, so ist unsere Liebe nicht die wahre Liebe Gottes, so

    ist sie eine falsche Liebe, eine Liebe auf der Zunge, nicht im Herzen: Meine Kindlein,lasset uns nicht mit Worten und mit der Zunge lieben, sondern mit der Tat undWahrheit."

    Ganz unerwartet kommt ein groes Leiden ber uns, man macht uns einen Proze,von dem unser ganzes Vermgen abhngt; wir verlieren pltzlich jene Person, auf diewir all unsere Hoffnung setzten, die unsere einzige Sttze war. Sogleich opfern wiralle diese Leiden Gott auf, wir ertragen sie sogar freudig - wir besitzen die LiebeGottes, denn unsere Liebe ist ein Feuer, das den Hindernissen widersteht. Tun wir

    indes das Gegenteil, so ist unsere Liebe nicht die wahre Liebe Gottes, so ist sie einefalsche Liebe, eine Liebe auf der Zunge, nicht im Herzen: Meine Kindlein, lasset unsnicht mit Worten und mit der Zunge lieben, sondern mit der Tat und Wahrheit."

    Es ist indes ein weit zuverlssigeres Zeichen, da man Gott liebe, wenn man fr Ihnleidet, als wenn man fr Ihn arbeitet, denn derjenige, der arbeitet, bemht sich frden, den er liebt, was freilich ein Zeichen der Liebe ist; indes der, der aus Liebe leidet,alle seine Aufmerksamkeit auf den Gegenstand seiner Liebe richtet, und darber sichganz selbst vergit, was ein Zeichen ist, da dieser mehr liebt als jener.

    Gott wollte deshalb auch die Liebe des heiligen Mannes Job durch Leiden prfen. Jobtrug gewi immer eine sehr groe Liebe zu Gott, aber wann gab er das am meisten

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    zu erkennen? Etwa als er, von einer zahlreichen Nachkommenschaft umgeben, imberflu an allen irdischen Gtern lebte, oder da er vollkommen gesund war? Gewiauch damals, denn auch damals erkannte er, da alles von Gott komme; er danktedem Herrn dafr, brachte Ihm Opfer dar, erfllte seine Pflichten gegen seine Kinder,

    indem er sie zurechtwies, und immer fr sie betete, damit sie nicht etwa Gott durchihre Snden beleidigten. Denn er sprach: es mchten vielleicht meine Shne gesn-digt haben. Aber die Gre seiner Liebe zu Gott zeigte sich erst dann, als Gott, umseine Liebe zu prfen, ihm in einem Augenblick alle seine Gter nahm, als Er pltz-lich alle seine Kinder ttete, ihn seiner Gesundheit beraubte, ihn mit Wunden be-deckte, so da er, auf einem Misthaufen hingestreckt, mit einem Scherben die Eiteraus seinen Wunden drcken mute. In all diesen Leiden, bei all diesem Unglck wie-derholte Job fortwhrend mit unberwindlicher und fr alle Zeiten denkwrdigerGeduld: Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen, wie es dem Herrn ge-

    fallen hat, also ist es geschehen, der Name des Herrn sei gebenedeit."

    Doch warum reden wir von Job? Auch Jesus Christus, als Er Seinen Leiden entge-genging, sagte den Aposteln: Meine lieben Apostel, damit die Welt erkenne, da ichden Vater liebe - steht auf, lasset uns von hinnen gehen, - das ist also ein sicheresZeichen, da man wahrhaft Gott liebe: die Geduld, die Geduld, gerne alles um Gotteswillen leiden.

    Was die Heiligen gesagt und getan haben, besttigt uns diese Wahrheit. Die heilige

    Theresia pflegte zu sagen: Leiden oder sterben", die heilige Maria Magdalena vonPazzi hingegen: Leiden und nicht sterben", und der heilige Johannes vom Kreuz riefaus: Leiden und schweigen."

    Die heiligen Mrtyrer forderten selbst ihre Henker auf, sie zu peinigen, sie ermunter-ten die wilden Tiere, sie zu verschlingen. Die heilige Lidwina litt geduldig 33 Jahrelang eine peinliche Krankheit, die heilige Franziska ertrug freudig die ungerechteVerweisung ihres Gemahls und die Einziehung all ihrer Gter, und der heilige Jo-hannes vom Kreuz lie sich bereitwillig neun Monate lang einkerkern und litt wh-

    rend dieser Zeit die grten Peinen und Qualen.

    Geduld, Geduld ist also ein sicheres und unfehlbares Zeichen, da man Gott liebt;wenn man nmlich leidet, gerne alles leidet um Gottes willen.

    Wie glcklich, wie selig ist jener, der in sich diese beiden sicheren Zeichen der wah-ren Liebe Gottes erkennt: die guten Werke und die Geduld, der gerne fr unserengroen Gott wirkt und leidet, er selbst wird erkennen, da die heilige Liebe Gottes inseinem Herzen wohnt. Alles Gold der Welt ist im Vergleich mit einem ganz geringen

    Grad der heiligen Liebe Gottes nichts mehr als ein wenig Staub, denn alles Gold istim Vergleich mit ihr schlechter Sand, ja, alle Reichtmer sind nach dem Ausspruchder heiligen Schrift im Vergleiche mit einem geringen Grad der Liebe Gottes wie

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    nichts zu achten: Ich hielt den Reichtum fr nichts im Vergleich mit ihr (Weish7,8).

    Aber was ist das Gold, was sind alle Reichtmer dieser Welt, da sogar die grten

    bernatrlichen Gaben Gottes ohne die heilige Liebe fr nichts zu achten sind? Daslehrt uns der heilige Paulus, der selbst aus Erfahrung am besten die heilige LiebeGottes kannte und deshalb ihren hohen Wert zu schtzen wute. Er ruft aus: Wennich die Gabe aller Sprachen bese, wenn ich nicht nur die Sprachen der Menschen,sondern auch die wunderbare Sprache, welche die Engel untereinander reden, ver-stnde: Wenn ich die Sprachen der Menschen und Engel redete - aber die heilige Lie-be Gottes nicht htte, so wre ich wie ein tnendes Erz oder eine klingende Schelle.Wenn ich die Gabe der Weissagung htte und wte alle Geheimnisse und bese al-le Wissenschaft, und wenn ich alle Glaubenskraft htte, so da ich Berge versetzen

    knnte, aber htte die Liebe nicht, so wre ich nichts. Die heilige Liebe Gottes ist dieKnigin aller Tugenden, die da herrscht und in Ewigkeit herrschen wird.

    Nach unserem Tode wird unser Glaube seine Belohnung erhalten, denn er wirdschauen, was er geglaubt hat, aber im Himmel hrt der Glaube auf.

    Nach unserem Tode wird die Hoffnung ihren Lohn empfangen, denn sie wird besit-zen, was sie gehofft hat, aber im Himmel gibt es keine Hoffnung mehr.

    Auch die Liebe Gottes wird nach dem Tode ihren Lohn empfangen, sie wird inEwigkeit herrschen, denn sie wird im Himmel dazu gelangen, mit unendlicher Selig-keit, die ganze Ewigkeit hindurch jenen Gott zu lieben, den sie auf Erden geliebt hat.

    Selig, selig ist jener, der diese beiden sicheren Kennzeichen: die guten Werke und dieGeduld besitzt, der gerne fr seinen Gott wirkt und leidet, er selbst wird erkennen,da die heilige Liebe Gottes in seinem Herzen wohnt. -

    Lieben wir denn also alle, lieben wir alle Gott auf die genannte Weise, haben wir

    Gott bei allem, was wir tun, vor Augen, suchen wir in all unseren Handlungen nurdie Befolgung Seines Willens, suchen wir in allem nur Sein Wohlgefallen, ertragenwir nicht nur geduldig, sondern freudig alles, was unsere Eigenliebe, was unsereEmpfindlichkeit verletzt.

    Bedenken wir, da der Herr uns nur deshalb erschaffen und in die Welt gesetzt hat,damit wir unseren Gott lieben. Alle unsere Sorge, alle unsere Bemhungen mssenalso darauf gerichtet sein, dies unser einziges Ziel zu erlangen. Wir mssen nur aufdie Liebe Gottes Wert legen und Gott hufig und dringend blo allein um Seine Lie-

    be bitten: Gib mir nur Deine Liebe, o Herr, nur Deine Liebe, o Herr, und Deine Gna-de verleihe mir, dann bin ich reich genug und bitte Dich um nichts weiter. - Darumb d h ili Li b G d I i