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Die Entwicklung der Milchwirtschaft in Osteuropa: Die Beispiele Tschechische und Slowakische Republik Dr. Jiří Kopáček Tschechisch-Mährischer Milchindustrieverband

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Die Entwicklung der Milchwirtschaft in Osteuropa: Die Beispiele Tschechische und Slowakische Republik

Dr. Jiří Kopáček

Tschechisch-Mährischer Milchindustrieverband

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Einleitung – erst aber ein MythosÜber den Beitritt der Tschechischen und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union sagt man manchmal, es sei eine „Rückkehr nach Europa“. Dieser Satz ist aber falsch. Beide Länder gehörten immer zur Europa und sogar zum Zentrum Europas. Deshalb ist die Bezeichnung "Osteuropa" für diese zwei Länder nicht ganz richtig. Als Folge des Zweiten Weltkrieges wurden beide Länder für 40 Jahre Teil des kommunistischen Lagers, was einen großen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung ihrer neueren Geschichte hatte.

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Tschechien und Slowakei nach dem EU-Beitritt

Der EU-Beitritt der Tschechischen und der Slowakischen Republik in 2004 war zweifellos eine einzigartige Herausforderung, die Nachkriegsordnung zu ändern. Die Frage war: Was wird dieser Beitritt ihren Menschen bringen.

�Der tschechische und slowakische Milchsektor sind in den letzten Jahren einem sehr starken Wettbewerb ausgesetzt. Leider sind wirtschaftlichen Bedingungen (z.B. Flächenprämien) im Vergleich zu den alten EU-Mitgliedsländern erheblich schlechter.

�Manchmal scheint es, als gäbe es eine Form von Neokolonialismus innerhalb Europas. Die Marktpreise und die anderen Markttrends werden von den kapitalstarken multinationalen Unternehmen bestimmt, vor allem auch durch die Globalisierung, die die Tschechische und Slowakische Republik auch erreicht hat.

�Dennoch ist es aber möglich, die Entwicklung der tschechischen und slowakischen Milchwirtschaft seit 2004 prinzipiell als vorwiegend positiv zu bewerten.

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Die Agrarproduktion in Tschechien und der Slowakei

� Die Agrarproduktion in beiden Ländern ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bauern weitgehend auf dem gepachtetem Land arbeiten. Das bedeutet insgesamt höhere Produktionskosten. Begründet liegt dies im Rückerwerb von Vermögensgegenständen, die in der Zeit des Kommunismus konfisziert worden waren. Sie wurden aber nicht von den ursprünglichen Besitzer neu erworben, sondern von neuen Gesellschaften, die aus den ehemals sozialistischen Betrieben (Genossenschaften und Staatsbetriebe) entstanden sind. Die Eigentumsauseinandersetzung und die Landpacht verursachten oftmals Probleme beim Aufbau der Milcherzeugung in den landwirtschaftlichen Unternehmen.

� Die derzeitige, gut ausgebaute Milchproduktion sowohl in der Tschechischen als auch Slowakischen Republik steht in Konkurrenz zu der ziemlich stark subventionierten landwirtschaftlichen Kleinproduktion Westeuropas. Das Paradoxe daran ist, dass die Betriebe mit höherer Wertschöpfung an die Grenzen der Rentabilität stoßen. Dies schränkt die Produktion von Milch ein, die in beiden Ländern eine lange Tradition hat. Für einige Landwirte bedeutet dies, dass die Mittel, die in die Viehzucht und somit auch in die Milchproduktion investiert wurden, nicht immer ausreichend waren, bzw. sind.

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Weniger Milchviehbetriebe in CZ + SK

� In der landwirtschaftlichen Produktion findet eine allmähliche Konzentration statt.

� Die Anzahl der Milchviehbetriebe, bzw. der Inhaber von Milchquoten ist in beiden Ländern rückläufig.

In Zeitraum 2004 bis 2012 betrug der Rückgang 28 % in der Tschechischen Republik und 26 % in der

Slowakischen Republik. Auch die Anzahl der Milchkühe ist zurückgegangen. Seit dem EU-Beitritt

verringerten sich die Milchkuhbestände um 15 % in der Tschechischen Republik und sogar 25 % in der

Slowakischen Republik.

Inhaber von Milchquoten

2004/2005 2012/2013 2004/2005 2012/2013

3202 2306 826 614

↘ -28 % ↘ -26 %

Anzahl der Milchkühe

2004 2012 2004 2011

434 T. 369 T. 206 T. 154 T.

↘ -15 % ↘ -25 %

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Steigende Milchleistung in TschechienDennoch ist es notwendig zu erwähnen die steigende Milchleistung, die zum Beispiel in der Tschechischen Republik im Jahr 2012 insg. 7.433 Liter pro Kuh erreicht hat.

Das weist zweifellos auf eine hervorragende Zuchtarbeit hin. (Slowakei: 6.112 lt pro Kuh)

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Die Milchverarbeitung in CZ + SKSeit dem EU-Beitritt gab es in der Tschechischen und Slowakischen Republik eine deutliche Reduzierung des Anzahles der Molkereien (um ca. 60 Prozent), und dieser Prozess ist aller Voraussicht nach noch nicht abgeschlossen.

1989 1999 2013 1989 1999 2013

116 66 42 52 45 23

↘ - 64 % ↘ - 46%

In beiden Ländern sind mehrere ausländischen Investoren tätig, weil die geschwächte einheimischeVerarbeitungsindustrie eine „leichte Beute“ für das starke westliche Kapital war.

�In der Tschechischen Republik operieren heute schon 5 von den weltweit agierenden TOP 20 Unternehmen der Milchverarbeitung (Lactalis, Danone, Bongrain, Bel, Theo Müller), sehr stark ist hier auch die italienische Unternehmungsgruppe Brazzale. Der Anteil der verarbeiteten Milch in Molkereien in ausländischem Besitz hat im Jahr 2012 die 40 Prozent-Marke in der Tschechischen Republik erreicht. Der bisher größte Verarbeiter dort bleibt aber die rein tschechische Firma Madeta.

�Die starken ausländischen Investoren sind auch in der Slowakischen Republik aktiv, wo z.B. die Unternehmensgruppen Bongrain, Bel, Meggle und Senoble operieren. Insgesamt verarbeiten diese Unternehmen mit 49 Prozent fast die Hälfte der slowakischen Milch.

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Die TOP 10 tschechischen Milchverarbeiter

Die TOP 10 tschechischen Molkereiunternehmen haben in 2012 insg. 66% der Milchanlieferungen verarbeitet.

14,2%

10,6%

8,2%

7,5%

6,4%5,5%

4,6%3,8% 2,7%

2,5%

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Die TOP 10 slowakischen Milchverarbeiter

Die TOP 10 slowakischen Molkereiunternehmen haben in 2011 insg. 80 % der Milchanlieferungen verarbeitet.

19,6%

11,7%

10,9%

8,0%

5,7%5,2% 5,2%

4,8% 4,5%4,3%

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Hohe Investitionen in moderne Betriebe

• Die heutigen Milchverarbeiter in der Tschechischen und Slowakischen Republik sind sehr modern eingerichtet.

• Um die strengen EU-Vorschriften und Anforderungen zu erfüllen, wurden seit dem EU-Beitritt in allen Unternehmen erhebliche finanzielle Mittel investiert.

• In einigen Fällen sind die Landwirtschaftsbetriebe mit der Verarbeitungsindustrie, dem Handel, der chemische Industrie, derFuttermittelproduktion und mit dem Vertrieb eng vernetzt, so z.B. in der tschechischen Gruppe AGROFERT, die sich recht dynamisch entwickelt.

• Allerdings haben die bisherigen Investitionen der neuen Firmen in den Wiederbau und die Modernisierung von Anlagen, aber auch die Einführung der „westlichen Ordnung" der sicheren Nahrungsmittelproduktion die tschechische Milchfachleute finanziell so sehr beansprucht, dass die Mittel für Marketing und die Kommunikation nicht ausreichten.

• Sie konnten mit den westlichen Wettbewerbern somit nicht entsprechend konkurrieren.

• Das gilt auch für Exportmöglichkeiten auf Drittmärkten und für die Durchdringung westlicher Märkte mit eigenen Milcherzeugnissen. Dies war bisher mit weniger Ausnahmen fast unmöglich.

Positives

Bisher schwacher Marketing und ExportNegatives

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Starke Einfuhren von Milchprodukten

• Die einheimische Milchproduktion stand in den letzten Jahren durch die Importe deutlich billigerer wettbewerbsfähiger Milchprodukte aus europäischen Nachbarländern, insbesondere aus Deutschland, Belgien und Polen, verstärkt unter Druck.

• Die Qualität der importierten Produkte ist jedoch nicht immer optimal und beschäftigt oft die staatlichen Aufsichtsbehörden.

BEDROHUNG

2003 2007 2008 2009 2010 2011 2012

13,5 % 37,3 % 36,6 % 38,2 % 38,6 % 39,9 % 41,8 %

Anteil des Imports am Verbrauch

2012

61,4 %

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Umfangreicher Export von Rohmilch aus Tschechien• Für die Tschechische Republik ist aber auch der umfangreiche Export von Rohmilch für die Verarbeitung

im Ausland, insbesondere in den Grenzregionen im benachbarten Bayern und Sachsen, typisch.

• Dies liegt an der günstigeren Milchvermarktung in diesen Ländern, was kurzfristig ein Vorteil für die Landwirte sein könnte.

• Diese Situation hat aber letztlich eine weitere negative Auswirkung auf den Milchsektor als Ganzes, weil Rohstoffe exportiert werden und ins eigene Land Mehrwert in Form von hochwertigen Milchprodukten zurückkommt.

BEDROHUNG

In 2012:488 Mil.Liter

= 18 % der Milchproduktion

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Verbrauch an Milchprodukten

• Die Milchprodukte gehören in beiden Ländern seit langem zu den traditionell beliebtesten Lebensmitteln, deren Verbrauch vor allem in der Tschechischen Republik leicht steigend ist.

• Der Verbrauch einzelner Milchprodukten hat im Zusammenhang mit der globalen Wirtschaftskrise in den letzten drei Jahren stagniert oder sogar hat einen leichten Rückgang erfahren.

• Die Aussichten für die kommenden Jahre sind aber eher positiv.

Chancen und

Herausforderungen

� Der durchschnittliche Verbrauch von Milchprodukten, ausgedrückt in dem Milchäquivalent, beträgt in der Tschechischen Republik rund 230 kg pro Person und Jahr.

� In der Slowakischen Republik ist die Situation etwas mehr kompliziert, weil in den letzten 20 Jahren, der Verbrauch von Milchprodukten unter 160 kg fiel. Dennoch wird diese Situation auch hier im Zusammenhang mit der jüngsten erfolgreichen Kampagne „Entdecke Milch" auch langsam zum Besseren verändert.

• POTENTIAL TSCHECHIEN : ca. 260 kg in 10 Jahren

• POTENTIAL SLOWAKEI : ca. 200 kg in 10 Jahren

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Vergleich des Verbrauches von Molkereiprodukten(in Kg pro Kopf)

Trinkmilch Sauermilchprodukte Käse und Quark Butter

EU 2011 65 18,7 17,0 3,6

DE 2011 54 17,8 22,8 6,0

CZ 2012 59 16,2 16,8 5,2

SK 2011 53 13,7 10,4 2,9

Leicht steigende Tendenz

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Lebensmitteleinzelhandel in CZ + SK

• Während in den meisten europäischen Ländern die größte Einzelhandelskette ca. 20-30% des Marktes steuert, ist der tschechische Lebensmitteleinzelhandel stark defragmentiert und von einem sehr starken Wettbewerb gekennzeichnet.

• In der Praxis kontrolliert keine der großen Handelsketten mehr als zehn Prozent des Marktes.

• Der tschechische Markt ist damit mit seiner niedrigen Konzentration einzigartig in Europa.

In beiden Ländern dominieren in dem Lebensmittelhandel vor allem die ausländische Filialisten:

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Zum Schluss: Wohin gehen wir?

1. Das Milchsektor in der Tschechischen Republik und in der

Slowakischen Republik hat entwicklungsfähige Zukunft.

2. Die Unternehmer in der Milchproduktion und in der

Milchverarbeitung müssen sich aber weit mehr als ihre

Konkurrenten in den alten EU-Mitgliedsländern bemühen,

um gegen alle Hindernisse in dem harten Wettbewerb

bestehen zu können.

3. Obwohl es in der Zukunft im Zusammenhang mit dem

Auslaufen der Milchquote zu einer verminderten

Milchproduktion und der Verkleinerung des Milchsektors

kommen kann (noch ca. 5-10% Rückgang ??), bleibt die Milchwirtschaft weiter ein wichtiger Teil des Lebensmittelindustrie beider Länder.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Kontakt: dr. Jiří KopáčekTschechisch-Mährischer MilchindustrieverbandV Olšinách 75, CZ 100 00 Prag

E-mail: [email protected]; [email protected]: +420 602 271 315