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Immobilienmanagement für Sozialwirtschaft und Kirche Dagmar Reiß-Fechter [Hrsg.] Ein Handbuch für die Praxis 3. Auflage

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Immobilienmanagement für Sozialwirtschaft und Kirche

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ISBN 978-3-8487-2214-3

Dagmar Reiß-Fechter [Hrsg.]

Kindergärten und Gemeindehäuser, Seniorenwohnanlagen, Krankenhäuser und Hospize, Kir-chengebäude, Pfarrhäuser, Friedhöfe – es existiert eine kaum zu überblickende Vielzahl von Kirchen- und Sozialimmobilien. Viele dieser Immobilien sind stadtbild- oder nachbarschafts-prägend. Deren Unterhaltung, Nutzung und Verwaltung unterliegen besonderen Vorausset-zungen, mit den anvertrauten Gütern ist wirtschaftlich und nachhaltig umzugehen.Das Handbuch enthält professionelle Handlungsanleitungen und praktische Hinweise. Es rich-tet sich sowohl an Entscheidungsträger in Sozialwirtschaft und Kirche als auch an Mitarbeiter-innen und Mitarbeiter, die für die immobilienrechtlichen und immobilienwirtschaftlichen Fragen in den jeweiligen Organisationen Verantwortung tragen.Behandelt werden u.a.: Immobilienmanagement und -marketing, Bewertung und Bilanzierung, Investition und Finanzierung, Projektentwicklung und Bauprozessmanagement, Facility Manage-ment, Bau- und Architektenrecht, Mietrecht, aber auch Energie- und Umweltmanagement.

Die HerausgeberinDagmar Reiß-Fechter, Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin, zuletzt hauptamtlicher Geschäftsführender Vorstand des ESWiD Evangelischer Bundesverband für Immobilienwesen in Wissenschaft und Praxis. Arbeitsschwerpunkte: Immobilienmanagement, Prozessorganisation, außergerichtliche Streitbeilegung.

Mit Beiträgen vonCarolin Bahr, Torsten F. Barthel, Nicola Bernhard, Sven Bienert, Ulrich Bogenstätter, Esther Brandhorst, Wolf-Rüdiger Bub, Lutz Dettmer, Frank Dittrich, Oliver Foltin, Peter Geiger, Philipp Hoog, Detlev Hrycej, Heinrich Karg, Annette Kämpf-Dern, Anna-Katharina Koenen, Julia Küster, Silvia Marianek, Roland Mattmüller, Detlef Müller, Andreas Ott, Hans-Egon Pause, Mathias Preussner, Jeanette Raethel, Norbert Raschper, Dagmar Reiß-Fechter, Jörg Schielein, Anne Schlosser, Fritz Schmoll genannt Eisenwerth, Falko Schneider, Horst Schulz, Anna Stretz, Ingo Strugalla, Volker Teichert, Herwig Teufelsdorfer, Friedrich Vogelbusch, Thomas Zeilinger und Josef Zimmermann.

„Dieses praxisrelevante Buch macht Spaß zu lesen, weil es eine Schritt-für-Schritt-Anleitung enthält für eine Bestandsanalyse (sowie) Planungen und Perspektiven im Bereich des Kirchlichen Immo-bilienmanagements.“

Oberkirchenrat Rainer Rausch, zur Vorauflage

„Der Leitfaden enthält sehr viele Informationen und Hilfestellungen für die tägliche Arbeit. Wir werden ihn unseren Kirchenkreisen und Kirchengemeinden vorstellen und im Kirchlichen Bauamt (…) einsetzen.“

Ulrich Seelemann, ehem. Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, zur Vorauflage

Ein Handbuch für die Praxis

3. Auflage

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2.Auflage

Nomos

Dagmar Reiß-Fechter [Hrsg.]

Ein Handbuch für die Praxis

3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

Immobilienmanagement für Sozialwirtschaft und Kirche

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8487-2214-3 (Print)ISBN 978-3-8452-6309-0 (ePDF)

3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2016© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2016. Printed in Germany. Alle Rechte, auch die des Nach-drucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Editorial

Das „Handbuch Immobilienmanagement in Sozialwirtschaft und Kirche“ ist die dritteAuflage des Vorgängerwerks „Kirchliches Immobilienmanagement – der Leitfaden“.Wie der Titel schon verdeutlicht, ist die dritte Auflage nicht nur eine Aktualisierungihrer Vorgängerin, sondern eine vollständige Überarbeitung und Erweiterung.

Anlass dieser Neukonzeption sind Entwicklungen und Erfahrungen, die sich ausFortbildungsveranstaltungen und Beratungsaufträgen ergaben. Die Professionalisierungdes Immobilienmanagements schreitet im kirchlichen Bereich fort und hat inzwischenauch die Sozialwirtschaft erreicht. Eine Verknüpfung beider Bereiche in einem Hand-buch ist sinnfällig, da die grundsätzlichen Voraussetzungen des Umgangs mit Immobili-en vergleichbar sind:– Die gesellschaftlichen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen verändern

sich gravierend.– Der Unternehmens- bzw. Organisationszweck ist nicht das Halten und Managen

von Immobilien.– Der Immobilienbestand ist extrem heterogen, viele Gebäude stehen unter Denkmal-

schutz, sind stadtraum- und identifikationsbildend.– Viele der Immobilien sind nicht marktfähig und erfordern gleichzeitig erhebliche

Unterhaltungsleistungen.– Die Immobilien sind in der Regel die größte Vermögensposition, ohne dass die Or-

ganisation vielfach auf das Management des Vermögens ausgerichtet ist und dasdafür notwendige Fachpersonal vorhält.

– Nicht zuletzt zeichnen sich die Organisationen durch ein hohes ehrenamtliches Ele-ment, auch auf der Führungsebene, aus.

Das Handbuch differenziert nur dort, wo Unterschiede vorhanden sind, wie z. B. beibilanziellen Besonderheiten in der Sozialwirtschaft, bei Kirchengebäuden oder Bewer-tungsfragen. Es stellt die aktuellen Forschungsergebnisse zum Immobilien- und Facility-management dar und beleuchtet neue Themen wie Bau- und Projektmanagement, öf-fentliches und privates Bau- und Architektenrecht sowie Erbbaurecht.

Das Handbuch bietet damit für Führungskräfte und Sachbearbeitende gleicherma-ßen Orientierung, Wissensvermittlung und Anregung, sich systematisch und professio-nell mit allen Immobilienfragen zu befassen.

Berlin im Februar 2016 Dagmar Reiß-Fechter

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Inhaltsverzeichnis

I. Immobilien in Sozialwirtschaft und Kirche

Immobiliendimensionen ...............................................................1. 11

Dagmar Reiß-Fechter

Ethos und Haltung im Immobilienmanagementvon Sozialwirtschaft und Kirche ....................................................

2.24

Thomas Zeilinger

II. Immobilienmanagementlehre

Immobilienmanagementlehren: CREM, PREM, EREM, WeREM ..........1. 39

Annette Kämpf-Dern

Implementierung eines professionellen REM .....................................2. 67

Annette Kämpf-Dern

Kommunikation und Changemanagement .......................................3. 92

Thomas Zeilinger

III. Analyse und Bewertung des Immobilienbestandes

Portfolioanalyse, Benchmark, Balanced Scorecard ..............................1. 111

Herwig Teufelsdorfer

Bewertung des Immobilienbestandes ...............................................2. 128

Sven Bienert und Peter Geiger

Immobilienwirtschaftliche EDV-Lösungen .......................................3. 170

Ulrich Bogenstätter

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IV. Bilanzierung

Bilanzierung nach HGB ...............................................................1. 187

Jeannette Raethel

Besonderheiten der Bilanzierung in Sozialunternehmen .......................2. 198

Falko Schneider und Friedrich Vogelbusch

Bewertung und Bilanzierung kirchlicher Immobilien ...........................3. 210

Silvia Marianek

V. Finanzierung und Investition in Immobilien

Betriebswirtschaftliche Grundlagen ................................................1. 221

Jeannette Raethel

Investitionsrechnung: Vorteilhaftigkeit und Risiko kalkulieren ..............2. 241

Fritz Schmoll genannt Eisenwerth

Investition in Erbbaurechte ...........................................................3. 274

Ingo Strugalla

VI. Transaktionen von Immobilien, Immobilienmarketing

An- und Verkauf, vertragliche Grundlagen, Belastung von Grundstücken ..1. 283

Julia Küster und Detlef Müller

Immobilienmarketing ..................................................................2. 309

Roland Mattmüller, Philipp Hoog und Anna-Katharina Koenen

VII. Projektentwicklung und Bauprozessmanagement

Projektentwicklung .....................................................................1. 329

Annette Kämpf-Dern

Bauprozessmanagement ...............................................................2. 378

Josef Zimmermann

VIII. Nachhaltige Bewirtschaftung des Immobilienvermögens

Facility Management, Bestandspflege und Erhaltung ..........................1. 407

Carolin Bahr

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Feststellung des Investitionsbedarfs und Priorisierung .........................2. 432

Norbert Raschper

Kosten des Betriebs von ImmobilienErmittlung, Umlagefähigkeit, Benchmark .........................................

3.457

Dagmar Reiß-Fechter

IX. Baurecht, Architekten- und Ingenieurvertragsrecht

Baurechtliche (öffentlich-rechtliche) Grundlagen ...............................1. 479

Esther Brandhorst

Der Bauvertrag ..........................................................................2. 492

Hans-Egon Pause und Anna Stretz

Architektenrecht ........................................................................3. 513

Mathias Preussner

X. Mietverträge und Nutzungsvereinbarungen

Immobilien: Mietvertrag – Nutzungsvereinbarung – Werkdienstwohnung– Werkmietwohnung (Dienstmietwohnung) .....................................

1.543

Wolf-Rüdiger Bub und Nicola Bernhard

Miet- und sonstige Nutzungsverhältnisse in Wohn- undPflegeeinrichtungen ....................................................................

2.581

Anne Schlosser

Überlassung von Flächen für Anlagen zur Gewinnung regenerativerEnergien ..................................................................................

3.588

Julia Küster

XI. Rechtsverhältnisse unbebauter Grundstücke

Erbbaurecht ..............................................................................1. 601

Andreas Ott

Land- und forstwirtschaftliche Pachtverträge ....................................2. 612

Heinrich Karg und Frank Dittrich

Jagd- und Fischereipacht ..............................................................3. 622

Horst Schulz

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Friedhöfe, Friedhofsrecht .............................................................4. 630

Torsten F. Barthel

XII. Eigentümeraufgaben und Eigentümerpflichten

Energie- und Umweltmanagement ..................................................1. 645

Volker Teichert

Klimaschutz in kirchlichen Gebäuden .............................................2. 663

Oliver Foltin und Volker Teichert

Wahrnehmung der Eigentümerpflichten– Schwerpunkt Verkehrssicherung ................................................

3.673

Jörg Schielein

Übertragung von Eigentümeraufgaben auf „Dienstleister“ ...................4. 687

Jörg Schielein

Versicherung des Grundstücks und des Eigentümers ...........................5. 694

Lutz Dettmer und Detlev Hrycej

Autorenverzeichnis ............................................................................ 705

Stichwortverzeichnis .......................................................................... 708

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1. Immobiliendimensionen

Dagmar Reiß-Fechter

Allgemeines

Die Immobilien der Sozialwirtschaft und Kirchen sind im öffentlichen Raum sichtbar.Sie sind oft stadtbild- oder nachbarschaftsprägend, unabhängig davon, ob es sich umein Kirchengebäude handelt, das Krankenhaus, den Kindergarten oder die Senioren-wohnanlage.

Diese Immobilien sind – soweit Organisationen bilanzieren – als Anlagevermögen inder Regel der größte Posten der Aktivseite der Bilanz. Aber sie werden sowohl in derImmobilienwirtschaft als auch in den jeweiligen Organisationen nicht als wesentlicherProduktionsfaktor wahrgenommen. Das Management der Immobilien wird nicht alsKernaufgabe gesehen, sondern Immobilien sind „sowieso“ vorhandene Gebäude, diefür die Erfüllung des eigentlichen Auftrages oder des Unternehmenszieles eben notwen-dig sind. Dabei sind die Immobilienkosten nach den Personalkosten die größte Ausga-benposition und die Immobilien sind das Gesicht vieler Einrichtungen und Organisatio-nen. Ihr Erscheinungsbild, ihr Bauzustand, ihre Anmutung lassen auf den Erfolg undden Charakter der Organisation schließen.

Der erfolgreiche Umgang mit den Immobilien, die benötigt werden um die Kernauf-gabe der Organisation und Unternehmung erfüllen zu können, ist ein wesentlicher Bau-stein für den langfristigen Erfolg. Kirchen und Sozialwirtschaft müssen sich ständigneuen Herausforderungen stellen. Die Kirchen sind mit der Tatsache konfrontiert, dassihre Mitgliederzahlen durch demografische Effekte, Austritte von Kirchenmitgliedernund allgemeinen Bedeutungsverlust deutlich schwinden. Die Sozialwirtschaft ist verän-derten gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ausgesetzt. Die Ressour-ce Immobilie ist daher ein Teil des erfolgreichen Managements und trägt wesentlichzum Erfolg der Organisation und Unternehmung bei.

Dieses Handbuch schließt eine Lücke in der bisherigen immobilienwirtschaftlichenLiteratur, da es die besonderen Herausforderungen, der kirchlichen und sozialwirt-schaftlichen Organisationen aufnimmt und praktische Informationen für Entschei-dungsträger und Anwender bereit hält.

Die Sozialwirtschaft – der unbekannte Riese

Unter dem Begriff „Sozialwirtschaft“ werden im Wesentlichen Dienstleistungen subsu-miert, die sich mit der unmittelbaren Produktion individueller sowie gemeinschaftlicherWohlfahrt befassen. In diesem Segment sind drei Unternehmensgruppen tätig: öffentli-che, gewerbliche sowie freigemeinnützige Unternehmen bzw. Organisationen.

1.

2.

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Volkswirtschaftliche Einordnung

Die Volkswirtschaftslehre versucht das wirtschaftliche Handeln von Gesellschaften undOrganisationen in Sektoren abzubilden. Eine Möglichkeit besteht darin Sektoren durchZusammenfassung institutioneller Einheiten zu bilden und sie in der volkswirtschaftli-chen Gesamtrechnung als „Unternehmen“, „Staat“ und „Private Haushalte“ abzubil-den.1 Eine andere Gliederungsmöglichkeit geht von einer entwicklungstheoretischenSicht aus und bildet den Primär-, Sekundär-, Tertiärsektor,2 zwischenzeitlich um denQuartärsektor (Informationssektor) erweitert. Dem Tertiärsektor werden dabei alleDienstleistungen zugeschrieben, die in eigenständigen Unternehmen oder durch denStaat sowie andere öffentliche Einrichtungen erbracht werden, also auch die Dienstleis-tungen der Sozialwirtschaft. Das Handbuch richtet sich primär an die Organisations-einheiten, die diesem Dienstleistungssektor zuzuordnen sind.

Wirtschaftliche Bedeutung der Sozialwirtschaft

Die wirtschaftliche Bedeutung der Sozialwirtschaft zu bestimmen und zu anderen Wirt-schaftssektoren hinreichend trennscharfe Benchmarks zu finden, ist schwierig. Das istunter anderem darin begründet, dass es anhaltende Datenlücken gibt sowie hinreichendbelastbare wirtschaftliche Kenngrößen vielfach fehlen. Sämtliche Bemühungen, denSektor „Sozialwirtschaft“ zu definieren und die Schnittmengen zu anderen Bereichen zubestimmen, erweisen sich als wenig tauglich.

Zwar hat das Statistische Bundesamt eine Studie zur wirtschaftlichen Bedeutung des„Dritten Sektors“ veröffentlicht,3 jedoch sind darin die gewerblichen Akteure der Sozi-alwirtschaft nicht berücksichtigt, weil dem „Dritten Sektor“ nur Non-Profit-Organisa-tionen zugeordnet werden. Lediglich Teilsegmente der Sozialwirtschaft, wie Gesund-heitsdienste oder Pflege sind statistisch relativ vollständig erfasst.

Erfassung des Dritten Sektors

Die Erfassung des Dritten Sektors ist noch relativ jung. In der Untersuchung von Ro-senski4 wird versucht, der wirtschaftlichen Bedeutung dieses Sektors nahe zu kommen.Die Bezeichnung Dritter Sektor bezieht sich dabei auf den Bereich der wirtschaftlich re-levanten und organisierten Zivilgesellschaft.

Die der Untersuchung zugrunde gelegte Definition des Dritten Sektors zeichnet sichlaut “Handbook on Nonprofit Institutions in the System of National Accounts” derVereinten Nationen (2003) durch fünf Kriterien aus. Demnach sind Einheiten des Drit-ten Sektors

2.1

2.2

2.2.1

1 Lehrbuch der Sozialwirtschaft, Arnold, Grundwald, Maelicke, hrsg. Zimmer, Paulsen Hallmann, Baden-Ba-den, 4. Aufl. 2014, S. 185.

2 Vgl. Fourastié, J., Die große Hoffnung des 20. Jahrhunderts, 3. Aufl., Paris 1952, ins Deutsche übertragenvon B. Lutz, Köln-Deutz, 1954.

3 Natalie Rosenski, Die wirtschaftliche Bedeutung des Dritten Sektors, Statistisches Bundesamt, Wirtschaftund Statistik, März 2012.

4 Natalie Rosenski, Die wirtschaftliche Bedeutung des Dritten Sektors, Statistisches Bundesamt, Wirtschaftund Statistik, März 2012.

12 Dagmar Reiß-Fechter

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1. formal organisiert, das heißt gewissermaßen institutionalisiert,2. privat, das heißt institutionell getrennt vom Staat,3. nicht gewinnorientiert, das heißt sie existieren in erster Linie nicht zur Gewinnma-

ximierung und schütten erwirtschaftete Gewinne nicht an Mitglieder oder Eigentü-mer der Organisation aus, sondern reinvestieren diese in die „Mission“ der Organi-sation,

4. selbstverwaltend, also in der Lage, ihre Aktivitäten selbst zu kontrollieren, und5. von Freiwilligkeit gekennzeichnet, das heißt die Organisation ist kein Zwangsver-

band und die Mitgliedschaft ist freiwillig.Erfüllt eine Organisation alle fünf Kriterien, so wird sie dem Dritten Sektor zugeordnet,wobei der steuerrechtliche Gemeinnützigkeitsstatus in Deutschland einen eindeutigenHinweis auf eine Organisation des Dritten Sektors ergibt. Darunter fallen beispielswei-se Wohlfahrtsverbände, eingetragene Vereine, Gewerkschaften und sonstige Interessen-vertretungen, politische Parteien, Kunst- und Kulturorganisationen sowie kirchlicheEinrichtungen, aber auch Unternehmen, wie (frei)gemeinnützige Krankenhäuser oderPflegeheime.5

Dimension des Dritten Sektors

In der wissenschaftlichen Bestandsaufnahme zum Thema „Transparenz im Dritten Sek-tor“,6 wurde, auf der Datengrundlage von ZiviZ-Survey 2012 (Zivilgesellschaft in Zah-len) eine umfangreiche Analyse des Dritten Sektors vorgenommen. Dem Dritten Sektorzugeordnet werden danach Vereine, Stiftungen, gemeinnützige GmbHs und Genossen-schaften. Die Studie ermittelt insgesamt 616.154 Organisationen, davon 580.294 Ver-eine, 17.352 Stiftungen, 10.006 gGmbHs und 8.502 gGenossenschaften.7

Haupttätigkeitsfelder der Organisationen verteilen sich in % auf folgende Bereiche:8

Sport 25%

Kultur/Medien 18%

Bildung/Erziehung 14%

Soziale Dienste 8%

Freizeit/Gesellschaft 8%

Sonstiges 6%

Umwelt-/Naturschutz 3%

Gesundheitswesen 3%

2.2.2

5 Natalie Rosenski, Die wirtschaftliche Bedeutung des Dritten Sektors, in Statistisches Bundesamt, Wirtschaftund Statistik, März 2012, S. 210.

6 Krimmer, Weitemeyer, Kleinpeter, Vogt, von Schönfeld, in Transparenz im Dritten Sektor, Daniela Felser,hrsg. für Bündnis für Gemeinnützigkeit, Bucerius Law School Press, Hamburg 2014.

7 Krimmer, Weitemeyer, Kleinpeter, Vogt, von Schönfeld, in Transparenz im Dritten Sektor, Daniela Felser,hrsg. für Bündnis für Gemeinnützigkeit, Bucerius Law School Press, Hamburg 2014, S. 15.

8 Krimmer, Weitemeyer, Kleinpeter, Vogt, von Schönfeld, in Transparenz im Dritten Sektor, Daniela Felser,hrsg. für Bündnis für Gemeinnützigkeit, Bucerius Law School Press, Hamburg 2014, S. 82.

1. Immobiliendimensionen 13

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Bevölkerungs-/Katastrophenschutz 3%

Kirchen/Religiöse Vereinigungen 3%

Wissenschaft/Forschung 2%

Wirtschafts-/Berufsverbände 2%

Bürger-/Verbraucherinteressen 2%

Internationale Solidarität 2%

Gemeinschaftliche Versorgungsaufgaben 1%

Mitarbeiter und ehrenamtlich Engagierte

Im Bereich Gesundheit und Soziales sind 4,81 Mio. Menschen, davon 1.41 Mio. in so-zialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen beschäftigt, in Kultur, Sport und Un-terhaltung 9,95 Mio. Engagierte, davon 31.111 in sozialversicherungspflichtigen Be-schäftigungsverhältnissen.

Diese Daten zeigen ein hohes zivilgesellschaftliches Engagement im Dritten Sektor.Sie bestätigen aber auch die Kleinteiligkeit des Sektors. Diese Tatsache wird unterstützt,dass von den über 600.000 Organisationen nur 15% einen Umsatz von über 100.000 €verzeichnen können und davon wiederum 4% über eine Million.9 Immerhin sind diesaber ca. 3700 Organisationen.

Dienstleistungen der Sozialwirtschaft

Die Sozialwirtschaft (einschließlich Dritter Sektor) erbringt soziale Dienstleistungen inden Bereichen Gesundheits-, Krankenhauswesen, der Jugend-, Familien-, Alten- und Be-hindertenhilfe, der Einrichtungen für Personen in besonderen sozialen Situationen undder Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten für soziale und pflegerische Berufe. Es wirdzwischen stationären, teilstationären und ambulanten Einrichtungen unterschieden.

Sozialstaatsgebot und Wettbewerb

Das Sozialstaatsgebot verpflichtet den Staat für das soziale Wohlergehen seiner Bürgerzu sorgen. Bisher haben kommunale und staatliche Stellen die Sicherstellung der sozia-len Dienste entweder in eigener Trägerschaft oder als Ausfluss des Subsidiaritätsprin-zips in enger Kooperation mit freigemeinnützigen Trägern sichergestellt. Dem Prinzipder Subsidiarität verpflichtet, wurde der freien Wohlfahrtspflege eine privilegierte Stel-lung als Anbieter sozialer Dienste eingeräumt. Durch den Paradigmenwechsel der Poli-tik und der „Privatisierung“ sozialer Dienstleistungen, die sich in der Änderung von So-zialgesetzen und der Einführung der Pflegeversicherung niederschlagen, ist die Vorrang-stellung der Wohlfahrtsverbände zugunsten eines Wettbewerbs zwischen allen Anbie-

2.2.3

2.3

2.4

9 Krimmer, Weitemeyer, Kleinpeter, Vogt, von Schönfeld, in Transparenz im Dritten Sektor, Daniela Felser,hrsg. für Bündnis für Gemeinnützigkeit, Bucerius Law School Press, Hamburg 2014, S. 29.

14 Dagmar Reiß-Fechter

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tern modifiziert worden, auch wenn die gemeinnützigen Anbieter heute noch die„Hauptproduzenten“ sozialer Dienstleistungen darstellen.10

Marktnahe und marktferne Bereiche – Stellung der Freien Wohlfahrtsverbände

Die Sozialwirtschaft lässt sich in zwei Bereiche gliedern, in den marktfernen und in denmarktnahen Bereich. Der marktferne Bereich wird größtenteils durch Zuwendungen,öffentliche Förderung und Spenden finanziert. Dem marktnahen Bereich werden diewirtschaftlich insgesamt bedeutenderen Einrichtungen des Gesundheits- und Pflegewe-sens, sowie Kindertagesstätten zugeordnet. Die Finanzierung besteht in der Regel ausverschiedenen Finanzierungskomponenten, die sich aus öffentlichen Geldern, Leistun-gen von Kranken- und Pflegekassen sowie Entgelten der Dienstleistungsempfänger zu-sammensetzen. In diesem marktnahen Bereich stehen die Sozialorganisationen im Wett-bewerb zueinander. Die Freie Wohlfahrtspflege und öffentlichen Träger stehen zuneh-mend in Konkurrenz zu privaten Trägern. Schätzungen zufolge setzte die Freie Wohl-fahrtspflege 2008 in marktnahen Bereichen rund EUR 38 Mrd. um. Sie liegt damit vormanchen Branchen des verarbeitenden Gewerbes.11

Wachstumsmarkt Sozialwirtschaft

Die Sozialwirtschaft unterliegt einem dynamischen Wachstum, mit einem bedeutendenwirtschaftlichen Gewicht und einem erheblichen Beschäftigungspotenzial. Die dynami-sche Marktentwicklung wird für die gesamte Sozialwirtschaft prognostiziert. Hauptan-teil daran haben die Bereiche Gesundheit und Pflege.

Auch wenn Gesamtzahlen der Sozialwirtschaft fehlen, kann diese Tatsache aus sta-tistisch gut erfassten Teilbereichen, wie der Freien Wohlfahrtspflege oder dem Pflegebe-reich entnommen werden. Der Bundesverband der Freien Wohlfahrtspflege12 veröffent-licht seit 1970 regelmäßig Daten zu den Aktivitäten seiner Mitglieder. Zu diesem Ver-band gehören 105.295 Einrichtungen mit 3.702.245 Betten bzw. Plätzenund 1.673.861 Mitarbeitern.13 Die Anzahl der Betten und Plätze stieg in der Zeit von1993 bis 2012 um 41% und die Anzahl der Mitarbeiter um 79%.14

Ein deutliches Wachstum ist auch im Pflegebereich – alle Anbieter der Sozialwirt-schaft umfassend – festzustellen. Hier wuchs die Anzahl der stationären Pflegeeinrich-tungen von 2011 bis 2013 um 5,5%, die der Pflegeplätze um 3,1%, so dass zum Stich-tag 15.12.2103 902.882 Pflegeplätze verfügbar waren. Dabei stieg die Anzahl der Pfle-

2.5

2.6

10 Lehrbuch der Sozialwirtschaft, Arnold, Grundwald, Maelicke, hrsg. Zimmer, Paulsen Hallmann, Baden-Baden, 4. Aufl. 2014, S. 186.

11 Deutsche Bank Research, Research Briefing vom 16.11.2010, S. 1.12 Mitglieder sind: Arbeiter Wohlfahrt, Deutscher Caritas Verband, Der Paritätische Gesamtverband, Deut-

sches Rotes Kreuz, Diakonie Deutschland und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.13 Davon ca. 56% in Teilzeit beschäftigt. Vgl. Bundesverband der Freien Wohlfahrtspflege (hrsg.) Einrichtun-

gen und Dienste der Freiwilligen Wohlfahrtspflege, Gesamtstatistik 2012, S. 14.14 Bundesverband der Freien Wohlfahrtspflege (hrsg.) Einrichtungen und Dienste der Freiwilligen Wohlfahrts-

pflege, Gesamtstatistik 2012, S. 16. Die Freie Wohlfahrtspflege ist damit der größte Arbeitgeber inDeutschland.

1. Immobiliendimensionen 15

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geplätze von privaten Anbietern um das doppelte gegenüber Anbietern der freien Wohl-fahrtspflege.15

Immobiliendimension der Sozialwirtschaft

Die „Produktion sozialer Dienstleistungen“ ist immobilienlastig. Nahezu 90 % der„Produktion“ findet in Immobilien, in der Regel Spezialimmobilien statt: Krankenhäu-ser, Fachkliniken, Medizinische Versorgungszentren, Pflegeeinrichtungen, Behinderten-einrichtungen, Kindergärten u.v.a.m.

Investitionsbedarf und Investitionsvolumen

Der Bereich „Health-Care“ deckt ca. 75 % der Umsätze der Sozialwirtschaft ab. Inner-halb dieses Segments wiederum stellt der Bereich Pflege einen der Hauptumsatzträgerdar, mit einem Umsatzvolumen im vollstationären Bereich in Höhe von ca. 26 Mrd. €.Davon wiederum entfallen ca. 5,2 Mrd. € Aufwendungen für Mieten und / oder Pach-ten.16

Der zukünftige Bedarf an Krankenhausbetten, Pflegeeinrichtungen, Kindergärtenwird stark beeinflusst von demografischen Entwicklungen und soziogesellschaftlichenVeränderungen. Für den Pflegebereich wird – neben des Zuwachses an unterschiedli-chen ambulanten Angeboten – der Bedarf an neuen Pflegeplätzen auf jährlich 20.000geschätzt und der Ertüchtigungsbedarf vorhandener Plätze auf jährlich 13.500. Bis2030 erfordert dies ein Investitionsvolumen von über 40 Mrd. €, davon entfallen aufden Neubau ca. 24 Mrd. € und auf die Anpassung vorhandener Plätze 16 Mrd. €.

Allein dieser begrenzte Bereich aus dem Gesamtangebot der Sozialwirtschaft zeigtdie Immobiliendimension, mit der sich die Sozialeinrichtungen befassen müssen. Dabeisind die Märkte regional vollkommen unterschiedlich und die Wachstumspotenzialenicht in allen Aufgabenfeldern gleich. Dazu kommt die „Unkalkulierbarkeit“ der Poli-tik, die Rahmenbedingungen, Finanzierungsgrundlagen, räumliche Anforderungen anEinrichtungen usw. – unabhängig von wirtschaftlichen Folgen – „jederzeit“ neu oderanders definieren kann.

Finanzierung der Immobilienkosten – Lebenszyklusbetrachtung

Die Investitionskosten werden je nach Hilfefeld und Bundesland unterschiedlich finan-ziert und können von Marktmittelfinanzierung bis zur Finanzierung mit erheblichenZuschüssen der öffentlichen Hand gehen. Auch die Refinanzierung erfolgt unterschied-lich über Träger der öffentlichen Hand, Krankenkassen oder durch den Nutzer selbst.

Sowohl dort, wo Immobilienkosten letztlich von der öffentlichen Hand getragenwerden, als auch dann, wenn der Nutzer sie selbst finanziert, sind die Träger der Ein-richtungen gezwungen die Kosten der Unterbringung möglichst gering zu halten, um

2.7

2.7.1

2.7.2

15 Statistisches Bundesamt, Pflegeheime und verfügbare Plätze in Pflegeheimen, Abruf: www.gbe-bund.de,vom 19.8.2015, 13.08 Uhr.

16 Pflegeimmobilienreport 2012-2013, S. 7, cibre GmbH & immotiss care GmbH.

16 Dagmar Reiß-Fechter

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sich im Wettbewerb mit anderen zu behaupten. Um dies erreichen zu können, ist einprofessionelles Immobilienmanagement notwendig.

Dieses muss die Gebäude in ihrem gesamten Lebenszyklus betrachten, unter denHandlungsein- und Beschränkungen, die die Sozialwirtschaft mit sich bringt und unterNutzung des Marktes mit all seinen Herausforderungen. Damit sind die Anforderungenan das Immobilienmanagement deutlich höher als in Unternehmen, die am Markt freitätig sein können.

Immobilienmanagement in der Sozialwirtschaft

Insbesondere der marktnahe Bereich wird zunehmend von rein wirtschaftlich, gewinn-maximierenden orientierten Unternehmen entdeckt und besetzt. Die „traditionellen“Organisationen der Sozialwirtschaft, die der öffentlichen Hand und der freien Wohl-fahrtspflege, sind ihrem „Unternehmenszweck“ folgend nicht gewinnorientiert. Dasheißt sie existieren in erster Linie nicht zur Gewinnmaximierung und schütten erwirt-schaftete Gewinne nicht an Mitglieder oder Eigentümer der Organisation aus, sondernreinvestieren diese in ihre Mission, in ihren Auftrag. Sie sind von ihren Grundanliegenher Idealvereine, die jedoch zunehmend wie freie Wirtschaftsunternehmen agieren müs-sen, weil rechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen dies vorgeben.

Die Herausforderung besteht darin, den Charakter des Idealvereins zu sichern undunternehmerisch professionell zu handeln. Dieser Paradigmenwechsel hat tief greifendeFolgen. Denn, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten sind in Führung und Manage-ment der Organisation ein Höchstmaß an Effektivität und Effizienz zu erreichen. Diesumfasst nicht nur die Handlungsfelder der Unternehmen sondern auch die Immobilien-dimension als existenzielle Grundlage zur Ermöglichung und Verfolgung des Hauptzie-les der Unternehmung.

Immobilien der Kirchen

Auf eine aktuelle, detaillierte und umfassende Erfassung der Immobilien der Kirchenkann nicht zurückgegriffen werden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. „Die“ Kirchegibt es nicht, auch wenn im allgemeinen Sprachgebrauch hierunter die traditionellenKirchen, die katholische17 und evangelische18 Kirche verstanden werden. Eine – weitere– Differenzierung erfolgt regelmäßig nicht. Staatskirchenrechtliche Regelungen zugrun-de gelegt, sind die traditionellen Kirchen (aber auch religiöse und weltanschauliche Ge-meinschaften) gem. Art. 140 GG i.V.m. Art 137 Abs. 5 WRV Körperschaften des öf-fentlichen Rechts. Sie ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig.

Dies hat zur Folge, dass nicht nur Organisations- und Rechtsunterschiede zwischender katholischen und evangelischen Kirche bestehen, sondern dass sich auch die evan-gelischen Kirchen untereinander unterscheiden. Ohne auf diese differenzierten Regelun-

2.8

3.

17 Die katholische Kirche in Deutschland umfasst 27 Diözesen mit 10.911 Pfarreien und sonstigen Seelsorge-einheiten, in Katholische Kirche in Zahlen, 2014, S. 30ff.

18 Die evangelische Kirche in Deutschland besteht aus 20 Landeskirchen mit 14.412 Kirchengemeinden, inEvangelische Kirche in Deutschland, Zahlen und Fakten 2015, S. 6ff.

1. Immobiliendimensionen 17

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gen an dieser Stelle einzugehen, führte die jahrhundertelange Geschichte der Kirchen zueinem umfangreichen Immobilienbestand, dessen Eigentümerstruktur äußerst kleinteiligist und sich oft zufällig ergab. Entsprechend den Gliederungsebenen der Kirchen kön-nen die Immobilien auf Gemeindeebene (Pfarrgemeinde, Kirchengemeinde), der mittle-ren Ebene (z.B. Dekanat, Superintendentur) oder der Aufsichtsebene (z.B. Landeskir-che, Diözese) angesiedelt sein.

Eigentümerstruktur und Verwendung der Erträgnisse

Der Großteil der Immobilien steht im Eigentum der Kirchengemeinden, die eigenständi-ge Körperschaften des öffentlichen Rechts sind und in der Regel von gewählten Laien-gremien verwaltet werden. Sie sind zuständig für die Verwaltung und Steuerung der Im-mobilien. Beschlüsse der Gremien stehen – entsprechend der Regelungen in Landeskir-chen und Bistümern – unter Genehmigungsvorbehalt und/oder es sind bei der Be-schlussfassung einschlägige Verwaltungsvorschriften zu beachten.

Von alters her sollte der Grundbesitz den Kirchengemeinden den dauerhaften Erhaltder kirchlichen Aktivitäten sichern. Neben den Abgaben der Gemeindeglieder wurde inerster Linie aus dem Ertrag des Grundbesitzes der Lebensunterhalt der Priester undPfarrer sichergestellt (Pfarrvermögen), die Unterhaltung der kirchlichen Gebäude ge-währleistet (Kirchenvermögen) und aus dem Zweckvermögen z.B. soziale Aufgaben fi-nanziert.19 Diese Zuordnung wurde regelmäßig grundbücherlich gesichert und hat nochheute Bedeutung dafür, wie Erträge aus dem Grund- und Immobilienvermögen zu ver-wenden sind.

Umfang der Immobilien der Kirchen

Die Evangelische Kirche in Deutschland weist in Ihrer Ausgabe Zahlen und Fakten zumkirchlichen Leben 2015 etwas unter 75.000 Gebäude aus, die im Eigentum von Kir-chengemeinden, Dekanatsbezirken und Landeskirchen stehen. Das Katholische Immo-bilienvermögen wird laut Deutscher Bischofskonferenz auf ca. 60.000 Liegenschaftengeschätzt.20

Die Zahlen repräsentieren nur einen Teil der kirchlichen Immobilien, da z.B. Immo-bilien in selbstständigen Stiftungen, Klöstern, Vereinen, Gesellschaften usw. in diesenStatistiken nicht erfasst sind. Letztendlich ist die Frage der vollständigen statistischenErfassung der Immobilien für die grundsätzliche Frage zweitrangig, weil die Herausfor-derungen zum Erhalt der Immobilien und deren zukunftstaugliche Transformation sooder so erheblich sind.

3.1

3.2

19 Adalbert Schmidt, Immobilien der Kirche – eine Übersicht, in Kirchliches Immobilienmanagement, hrsg.Dagmar Reiß-Fechter, 2010, 2. Aufl., S. 24.

20 Sven Bienert, Marcelo Cajias, Jens Hirsch, Bewertung des kirchlichen Immobilienbestandes, hrsg. DagmarReiß-Fechter, 2016.

18 Dagmar Reiß-Fechter

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Kategorien der Immobilien der Kirchen

Die Immobilien der Kirchen lassen sich in drei Immobilienkategorien, nämlich Immobi-lien zur unmittelbaren, zur mittelbaren Auftragserfüllung und in das Finanzanlagever-mögen untergliedern. Für die Kirchen der EKD sähe eine solche Zuordnung wie folgtaus:

ImmobiliennutzungAnzahlgesamt

zur unmittel-baren Auftrags-

erfüllung

zur mittelbarenAuftrags-erfüllung

Finanz-anlage-

vermögen

Kirchen/Kapellen 20.618 20.618

Gemeindezentren mitGottesdienstraum 3.320 3.320

Pfarrhäuser 17.186 17.186

Friedhofskapellen 2.536 2.536

Gemeindehäuser 9.409 9.409

Kindertagesstätten 5.156 5.156

Schulgebäude – allge-meinbildende Schulen 143 143

Verwaltungsgebäude 808 808

Sonstige Wohnhäuser 6.650 6.650

Eigentumswohnungen 1.320 1.320

weitere Gebäude 7.618 7.618

74.764 43.660 15.516 15.588

100% 58% 21% 21%

Zur unmittelbaren Auftragserfüllung gehören all die Immobilien, die zur Verkündungdes Wort Gottes und für die gottesdienstlichen Handlungen erforderlich sind. Geradediese Immobilien prägen das Gesicht der Kirchen. Von den ca. 21.000 Kirchen und Ka-pellen der evangelischen Kirchen stehen ca. 17.000 unter Denkmalschutz, bei der ka-tholischen Kirche stehen von über 24.500 Gotteshäuser ca. 23.000 unter Denkmal-schutz. Die Baulasten, die sich nicht nur aus den Kirchengebäuden ergeben sind für bei-de Konfessionen erheblich.

Immobilien, die der mittelbaren Auftragserfüllung dienen, sind zweckmäßigerweiseaber nicht notwendigerweise im Eigentum der Kirche. Immobilien, die dem Finanzanla-gevermögen zuzuordnen sind, sind wie Finanzanlagen zu betrachten. Immobilien kön-nen im Laufe des Lebenszyklus zwischen den Kategorien wechseln. Immobilienstrate-gisch sind die verschiedenen Immobilienkategorien unterschiedlich zu behandeln underfordern damit ein differenziertes und unterschiedlich orientiertes Vorgehen.

Kirchliches Immobilienmanagement

Die Probleme des Managements der kirchlichen Immobilien resultieren aus der hochdi-versifizierten Eigentümerstruktur, der Art und Weise der Entscheidungsfindung in Lai-

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3.5

1. Immobiliendimensionen 19

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en-Gremien und eines oft mehrstufigen Verwaltungsaufbaus. Im Durchschnitt besitzteine Kirchengemeinde zwischen vier und fünf Gebäude, davon eine oder zwei Kirchen,in der Regel denkmalgeschützt, ein Pfarrhaus, meist auch denkmalgeschützt und dannnoch weitere Gebäude. Diese werden vom Pfarrgemeinderat, Verwaltungsrat, Kirchen-vorstand usw. verwaltet, in der Regel ein Laiengremium, das ehrenamtlich besetzt undmeist hauptamtlich geführt wird. Immobilienkompetenz ist in der Regel, wenn vorhan-den, dann eher zufällig. Genehmigungsvorbehalte und unterstützende Leistungen derVerwaltung sollen die Qualität der Entscheidungsfindung sichern aber auch die Befug-nisse und Kompetenzen der örtlichen Vertreter nicht beschneiden. Diese sind von Lan-deskirche zu Landeskirche und in der katholischen Kirche unterschiedlich ausgeprägt.Letztendlich ist aber die Entscheidungsfindung und Umsetzung ein höchst diffiziles undkompliziertes Vorgehen, das nur mit Hilfe einer guten Prozess- und Kommunikations-strategie bewältigt werden kann.

Herausforderungen der Zukunft

Die zukünftigen Herausforderungen für die Kirchen sind beträchtlich. Zu der demogra-fischen Veränderung, die zu einem (vorhersehbaren) Rückgang der Gemeindegliederführt, kommt eine zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft und ein allgemeinerBedeutungsverlust der Kirchen hinzu. Dies zeigt sich auch in der Anzahl der Kirchen-austritte und unterlassenen Taufen von Kindern.21 Prognosen der EKD gehen voneinem kumulierten Effekt eines Mitgliederrückgangs von derzeit über 24 MillionenMitglieder auf knapp unter 16 Millionen Mitglieder im Jahr 2040 aus.22 Einher gehendamit die Reduzierung der finanziellen Ausstattung und der Mitarbeiter. Inwieweit dieImmobilien dieser Entwicklung folgen sollen und werden, wird eine der Zukunftsher-ausforderungen der Kirchen sein.

Die Kirchen haben weniger als 25 Jahre Zeit, die Transformation ihrer Immobilien-bestände so vorzunehmen, dass sie ihre ursprüngliche Funktion, nämlich zur Finanzie-rung der gemeindlichen Aufgaben beizutragen, gerecht werden können. Gleichzeitigtragen sie eine erhebliche Verantwortung für die Kirchengebäude als Orte besondererPrägung. Diese Verantwortung geht weit über die übliche Eigentümerverantwortung ei-nes sonstigen Immobilieneigentümers hinaus.

Kirchengebäude mehr als eine Immobilie

Der Romancier Pascal Mercier schreibt in seinem Roman „Nachtzug nach Lissa-bon“:“Ich möchte nicht in einer Welt ohne Kathedralen leben. Ich brauche die Schön-heit und Erhabenheit. Ich brauche sie gegen die Gewöhnlichkeit der Welt“. 23

3.6

4.

21 In der katholischen Kirche stiegen die jährlichen Austrittszahlen von etwas über 100.000 seit den 1990erJahren auf 217.716 im Jahr 2014, im gleichen Zeitraum sanken die Trauungen von 110.000 auf 44.158und die Taufen von 293.390 auf 164.833, in Katholische Kirche in Zahlen, 2014, S. 35f.

22 Begrich, Berliner Forum 2013, EKD-Präsentation, S. 38.23 Pascal Mercier, Nachtzug nach Lissabon; Roman, 26. Aufl., München 2006, S. 198.

20 Dagmar Reiß-Fechter

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Mercier beschreibt damit das Gefühl vieler Menschen, die trotz Kirchenferne einehohe Affinität zu Kirchengebäuden haben. Menschen identifizieren sich mit dem Kir-chengebäude, halten es für die Identität in ihrem Dorf, Stadtteil oder Stadt – und nichtzuletzt verbinden sie mit dem Gebäude etwas, das über das Sichtbare hinausgeht und –betriebswirtschaftlich formuliert – von immateriellem Wert ist.

Verständnis der Kirchengebäude

Das theologische Verständnis von Kirchengebäude ist in der katholischen und evangeli-schen Kirche unterschiedlich. Die katholische Kirche weiht den Kirchenraum. Die Wei-he des Gebäudes ist eine In-Dienst-Nahme des Raumes in der Perspektive des christli-chen Glaubens und des katholischen sakramentalen Verständnisses des Abendmahls. Eserfolgt keine substanzielle Aufladung des Gebäudes Kirche mit dinglicher Heiligkeit,sondern der geweihte Raum ermöglicht den religiösen Gebrauch nach den Regeln derkatholischen Glaubens. Daher kann die katholische Kirche relativ pragmatisch mit denKirchen umgehen, die sie wieder entweiht hat. Sie sind dann diesem Nutzungszusam-menhang entnommen und können profan genutzt werden.24

Nach evangelischem Verständnis hat der Raum und der Tisch, an dem sich die Ge-meinde versammelt eine Funktion der Kommunikation des religiösen Glaubens, derVerkündigung des Glaubens und der Feier des gemeinsamen Abendmahles.25 Der Raumder religiösen Kommunikation erschöpft sich aber nicht in der reinen Funktion für die-se Kommunikation. Er ist nicht konstitutiv für die religiöse Kommunikation, aber derreligiöse Raum symbolisiert, was in ihm geschieht und ist insofern eine Darstellungs-weise des christlichen Glaubens in baulicher Gestalt.26

Flächendeckendes Netz von Kirchen

Katholische und evangelische Kirchen verfügen über mehr als 47.000 Kirchengebäude.Sie bilden ein dichtes flächendeckendes Netz, sind weithin sichtbare und konkret be-gehbare Orte des Glaubens, sie sind Räume der Begegnung von Menschen untereinan-der und zwar nicht nur von Mitgliedern der jeweiligen Religionsgemeinschaft.

Kirchenbauten stehen für ein Fülle an kulturspezifischen und historischen Bedeutun-gen. So wie sie im Stadtraum stehen oder Stadtsilhouetten sind, sind sie stets mehr alsGebäude: sie sind erlebte Geschichte, Speicher von Emotionen und ein komplexes Bild-programm.27

4.1

4.2

24 Thomas Erne, Neu Wahrnehmung des Kirchenraumes im Protestantismus, in Kirche im öffentlichen Raum– aktuelle Herausforderungen, in Erweiterte Nutzung von Kirchen, hrsg. Manfred Keller, Kerstin Vogel,Berlin 2008, S. 58f.

25 Thomas Erne, Neu Wahrnehmung des Kirchenraumes im Protestantismus, in Kirche im öffentlichen Raum– aktuelle Herausforderungen, in Erweiterte Nutzung von Kirchen, hrsg. Manfred Keller, Kerstin Vogel,Berlin 2008, S. 58.

26 Thomas Erne, Neu Wahrnehmung des Kirchenraumes im Protestantismus, in Kirche im öffentlichen Raum– aktuelle Herausforderungen, in Erweiterte Nutzung von Kirchen, hrsg. Manfred Keller, Kerstin Vogel,Berlin 2008, S. 59.

27 Engelbert Lütke Daldrup, Kirche im öffentlichen Raum – aktuelle Herausforderungen, in Erweiterte Nut-zung von Kirchen, hrsg. Manfred Keller, Kerstin Vogel, Berlin 2008, S. 26.

1. Immobiliendimensionen 21

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Kirchen sind in vielerlei Hinsicht bedeutsam für die Gemeinden wie für die Öffent-lichkeit. Kirchengebäude orientieren einen Stadtteil in der Vertikalen und ziehen eineBeziehung zur Transzendenz im öffentlichen Raum. In der Stadt garantieren Kirchenge-bäude eine kostbare Qualität der Reizarmut, der Stille und der Selbstzweckhaftigkeit.Kirchen sind Orte der Bildung, sozialer Orientierung und liturgischer Ordnung. Kir-chen sind Gegenorte für Träume und Visionen und gesellschaftliche Innovationen undKirchen sind offene Räume, um den Horizont menschlicher Möglichkeiten offen zuhalten.28

Immobilienwirtschaftliche Anforderungen

Kirchengebäude sind Immobilien sui generis. Immobilienwirtschaftliche Instrumentesind nicht unbesehen auf Kirchengebäude übertragbar. Gleichwohl können auch beiKirchengebäuden Erkenntnisse des Immobilienmanagements und der Betriebswirtschaftangewandt werden und damit die Entscheidungsträger in den Kirchen bei ihrem Han-deln unterstützen und Transformationsprozesse fördern.

Die Komplexität kirchlicher Strukturen können mit Hilfe von immobilienwirtschaft-lichen Methoden aufgebrochen und so strukturiert und analysiert werden, dass Trans-parenz und Übersichtlichkeit entsteht.

Um dies erreichen zu können, müssen Daten auch von Kirchen erfasst werden, diesowohl Größe, Bewirtschaftungskosten, Nutzungsintensitäten und Bauunterhaltskostenerfassen. Neben diesen „Standardinformationen“ sind bei Kirchen vor allem „weiche“Faktoren von großer Bedeutung. Diese können z.B. sein: bauliche Besonderheiten, his-torische Ausprägungen und Merkmale, Bedeutung für das Stadtbild, die Nachbar-schaft, Qualität der Akustik, Denkmalschutz, Aspekte der religiösen Identität usw. Einesolche Analyse ist nicht „schnell“ gemacht, sondern erfordert eine intensive Auseinan-dersetzung mit dem, was Kirchengebäude ausmacht. Um diese Auseinandersetzungkommen die Verantwortlichen der Kirchen in den verschiedenen Strukturebenen nichtherum. Diese verschiedenen Ebenen sind auch miteinander zu verbinden, so dass zu-mindest auf landeskirchlicher und Bistumsebene ein abgestimmtes Verständnis überWichtigkeit und Bedeutung einzelner Merkmale erzielt werden.

Damit dies gelingen kann, helfen Methoden des Portfolio- und des Projektmanage-ments. Dabei ist der Kommunikation besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Diese istkirchenintern zu führen, damit Gemeindeglieder, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiteran Entscheidungen mitwirken und diese auch vertreten können. Anders als bei profa-nen Immobilien ist aber auch die Öffentlichkeit in das Kommunikationskonzept einzu-beziehen. Gerade dies stellt eine besondere Herausforderung dar, da im Vorfeld nichtabgeschätzt werden kann, wie diese auf Veränderungen reagiert.

Gerade weil Kirchen emotional sehr unterschiedlich „besetzt“ sind, blockiert diese„Dominanz“ oft den Blick auf nüchterne Analyse für die Kirchengebäude und alle an-

4.3

28 Thomas Erne, Neu Wahrnehmung des Kirchenraumes im Protestantismus, in Kirche im öffentlichen Raum– aktuelle Herausforderungen, in Erweiterte Nutzung von Kirchen, hrsg. Manfred Keller, Kerstin Vogel,Berlin 2008, S. 60.

22 Dagmar Reiß-Fechter

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deren Immobilien der Kirchen. Und erschwert damit die Entscheidungsfindung und denVollzug von Entscheidungen.

Professionelles Immobilienmanagement, unter Berücksichtigung der kirchlichen Be-sonderheiten, erleichtert die Bewältigung der heutigen Herausforderungen und rüstetfür die zukünftigen.

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