Die Honda CB 400F Super Sport von...

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In TS 03/2011 lernte der Leser die CB 500 vom April 1971 kennen. 1975 erschien bei Honda als Al- ternative zur CB 500 F die CB 550 Super Sport im Handel. Angelehnt an die 500 F brachte Honda die CB 350 F 1972 auf den Markt. Ihr Hubraum ergab sich aus dem Hub- Bohrungsverhältnis von 50 mm zu 47 mm. Der Motor der deutschen Version leistete bei einer Verdich- tung von 9,3:1 und einer Drehzahl von 9.500 U/min. 34 PS. Bereits 1974 präsentierte Honda auf der IFMA die etwas größere Schwester CB 400 F und löste damit die klei- nere 350 F ab. In der Bundesrepu- blik Deutschland kam die CB 400 F allerdings erst 1976 für satte 4.878 DM in den Handel, um Mit- te des Jahres 1978 auch schon wieder zu verschwinden. In Eng- land erlangte die kleine Super- sport-Maschine die höchsten Ehren, als sie von den Fachjournalisten der Zeitschrift „Motor Cycles“ 1975 zum Motorrad des Jahres gekürt wurde. Die Zylinder des 350er- SOHC-Motors wurden bis 51 mm aufgebohrt und damit ein Hubraum von 408 cm³ erreicht. Die Leis- tungsdaten für den nun „fast Qua- drathuber“ lauteten bei 8.500 U/min. 37 PS, die bewährten Kons- truktionsmerkmale der 350er (real nur 325 cm³) wurden ansonsten übernommen. Die sportliche Note sollte optisch durch die 4-in-1- Auspuffanlage erhöht werden. Nä- herliegend war wohl der Grund, fi- nanzielle Einsparung gegenüber einer 4-in-4-Anlage. Eine echte Verbesserung war die Aufstockung von 5 auf 6 Getriebestufen – übri- gens das erste Sechsganggetriebe in einer Serienmaschine bei Honda. Wie sagte doch San Soichiro Hon- da 1978 über die CB 400 F: „Das ist die flotteste Vierzylindermaschi- ne, welche jemals das Werk in Ha- mamatsu verlassen hat.“ In Deutschland wird der noch zuge- lassene Bestand der kleinen Flitzer auf etwa 1.600 Exemplare ge- schätzt. Wer Glück hat, kann ein unrestauriertes Stück im Zustand 3 evtl. für 1.500,– EUR erwerben, für eine sehr gut erhaltene F II vom Frühjahr 1978 im Originalzustand sind 3.000,– EUR, ein vertretbarer Preis (analog der Maschine auf den Fotos), aber auch eine Selten- heit. Die ersten in Deutschland ver- kauften Modelle kamen in blauer Farbe, leuchtendem Rot oder auch mit gelbem Tank lackiert zum Ver- kauf. Am Ende ihrer Ära wurden sie in der rotmetallic-Ausführung mit weißer und oranger Linierung á la USA gehandelt. Der Blickfang von der „Schokoladenseite“ (rechts) ist mit Sicherheit Hondas erste asym- metrische Auspuffanlage an einer Serien-Four. „Auspuff-Fetischisten“ wünschten sich lieber die sensa- tionelle 4-in-4-Auspuffanlage der CB 750 F bei ihrer Indienststellung 1968 und bauen um. Aber der traumhaft, parallel geschwunge- nen Linie der vier Rohre der 400 F kann sich der Liebhaber nicht ent- ziehen. Nicht für umsonst wurden die folgenden größeren Modelle (CB 550 F/K Super Sport und CB 750 Four FI und FII Super Sport) analog mit dieser 4-in-1-Auspuff- anlage erfolgreich ausgestattet. Eventuell stand die kleine Four während ihrer Präsentation 1974 im Schatten der dicken „Gold Wing“, denn diese war auf der IFMA 1974 der Hammer. Als die 350er-F auf den Markt kam, meinten zwar viele Betrach- ter vor dem Abklatsch der 750 F zu stehen, aber nein, der Motor war eine totale Neuentwicklung mit Ähnlichkeiten, wie sie eben nun einmal ein querstehender Reihen- HISTORIE Die Honda CB 400F Super Sport von 1974 Sie begeistert als Youngtimer noch immer ihre Liebhaber Seite 60 Text + Fotos: Jürgen Kießlich (5), Jürgen Kießlich Archiv (1) So erlebten wir erstmalig die Honda CB 350 Four in Mèlnick (CSSR) beim „Löwentreffen“ 1975 In dieser Ausführung wurde die CB 400 F Super Sport 1976 in der Bundesrepublik Deutschland erstmalig getestet Die letzten in Deutschland verkauften Modelle CB 400 F II kamen im Früh- jahr 1978 in dieser Lackierung auf den Markt. Diese Maschine befindet sich im absoluten Originalzustand und hat echte 18.000 Kilometer auf dem Tacho Wer kann sich diesem Bild entziehen? Einmalig ist der Anblick der geschwungenen „Orgelpfeifen“, auch das sinnvolle Zubehör der Sturzbügel fügt sich harmonisch in das Gesamtbild ein

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Page 1: Die Honda CB 400F Super Sport von 1974msc-oberlausitzer-dreilaendereck.eu/wp-content/uploads/2016/11/56... · 4.878 DM in den Handel, um Mit-te des Jahres 1978 auch schon wieder zu

In TS 03/2011 lernte der Leser dieCB 500 vom April 1971 kennen.1975 erschien bei Honda als Al-ternative zur CB 500 F die CB 550Super Sport im Handel. Angelehntan die 500 F brachte Honda die CB350 F 1972 auf den Markt. IhrHubraum ergab sich aus dem Hub-Bohrungsverhältnis von 50 mm zu47 mm. Der Motor der deutschenVersion leistete bei einer Verdich-tung von 9,3:1 und einer Drehzahlvon 9.500 U/min. 34 PS. Bereits1974 präsentierte Honda auf derIFMA die etwas größere SchwesterCB 400 F und löste damit die klei-nere 350 F ab. In der Bundesrepu-blik Deutschland kam die CB 400F allerdings erst 1976 für satte4.878 DM in den Handel, um Mit-te des Jahres 1978 auch schonwieder zu verschwinden. In Eng-land erlangte die kleine Super-sport-Maschine die höchsten Ehren,als sie von den Fachjournalisten derZeitschrift „Motor Cycles“ 1975zum Motorrad des Jahres gekürt

wurde. Die Zylinder des 350er-SOHC-Motors wurden bis 51 mmaufgebohrt und damit ein Hubraumvon 408 cm³ erreicht. Die Leis-tungsdaten für den nun „fast Qua-drathuber“ lauteten bei 8.500U/min. 37 PS, die bewährten Kons-truktionsmerkmale der 350er (realnur 325 cm³) wurden ansonstenübernommen. Die sportliche Notesollte optisch durch die 4-in-1-Auspuffanlage erhöht werden. Nä-herliegend war wohl der Grund, fi-nanzielle Einsparung gegenübereiner 4-in-4-Anlage. Eine echteVerbesserung war die Aufstockungvon 5 auf 6 Getriebestufen – übri-gens das erste Sechsganggetriebe ineiner Serienmaschine bei Honda.Wie sagte doch San Soichiro Hon-da 1978 über die CB 400 F: „Dasist die flotteste Vierzylindermaschi-ne, welche jemals das Werk in Ha-mamatsu verlassen hat.“ InDeutschland wird der noch zuge-lassene Bestand der kleinen Flitzerauf etwa 1.600 Exemplare ge-

schätzt. Wer Glück hat, kann einunrestauriertes Stück im Zustand 3evtl. für 1.500,– EUR erwerben, füreine sehr gut erhaltene F II vomFrühjahr 1978 im Originalzustandsind 3.000,– EUR, ein vertretbarerPreis (analog der Maschine aufden Fotos), aber auch eine Selten-heit.Die ersten in Deutschland ver-

kauften Modelle kamen in blauerFarbe, leuchtendem Rot oder auchmit gelbem Tank lackiert zum Ver-kauf. Am Ende ihrer Ära wurden siein der rotmetallic-Ausführung mitweißer und oranger Linierung á laUSA gehandelt. Der Blickfang vonder „Schokoladenseite“ (rechts) istmit Sicherheit Hondas erste asym-metrische Auspuffanlage an einerSerien-Four. „Auspuff-Fetischisten“wünschten sich lieber die sensa-tionelle 4-in-4-Auspuffanlage der

CB 750 F bei ihrer Indienststellung1968 und bauen um. Aber dertraumhaft, parallel geschwunge-nen Linie der vier Rohre der 400 Fkann sich der Liebhaber nicht ent-ziehen. Nicht für umsonst wurdendie folgenden größeren Modelle(CB 550 F/K Super Sport und CB750 Four FI und FII Super Sport)analog mit dieser 4-in-1-Auspuff-anlage erfolgreich ausgestattet.Eventuell stand die kleine Fourwährend ihrer Präsentation 1974 imSchatten der dicken „Gold Wing“,denn diese war auf der IFMA 1974der Hammer.Als die 350er-F auf den Markt

kam, meinten zwar viele Betrach-ter vor dem Abklatsch der 750 F zustehen, aber nein, der Motor wareine totale Neuentwicklung mitÄhnlichkeiten, wie sie eben nuneinmal ein querstehender Reihen-

HISTORIE

Die Honda CB 400F Super Sport von 1974Sie begeistert als Youngtimer noch immer ihre Liebhaber

Seite 60Text + Fotos: Jürgen Kießlich (5), Jürgen Kießlich Archiv (1)

So erlebten wir erstmalig die Honda CB 350 Four in Mèlnick (CSSR)beim „Löwentreffen“ 1975

In dieser Ausführung wurde die CB 400 F Super Sport 1976 in derBundesrepublik Deutschland erstmalig getestet

Die letzten in Deutschland verkauften Modelle CB 400 F II kamen im Früh-jahr 1978 in dieser Lackierung auf den Markt. Diese Maschine befindet sichim absoluten Originalzustand und hat echte 18.000 Kilometer auf dem Tacho

Wer kann sich diesem Bild entziehen? Einmalig ist der Anblick der geschwungenen „Orgelpfeifen“, auch das sinnvolle Zubehör

der Sturzbügel fügt sich harmonisch in das Gesamtbild ein

Page 2: Die Honda CB 400F Super Sport von 1974msc-oberlausitzer-dreilaendereck.eu/wp-content/uploads/2016/11/56... · 4.878 DM in den Handel, um Mit-te des Jahres 1978 auch schon wieder zu

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vierzylinder aufweist. Allein schondie aufrechtstehende Zylinderbankgegenüber der angeschrägten derGroßen war ein markanter Unter-schied. Dazu kam die Nasssumpf-schmierung der kleinen Baureiheund die fünffach gleitgelagerte Kur-belwelle. Der mit einer obenlie-genden Nockenwelle gesteuerteMotor der 400 F hat Einlassventilemit 26 mm Durchmesser und aus-lassseitig 22 mm, gleichzeitig wur-de die Verdichtung auf verträglich9,4:1 heraufgesetzt. Die Gemischaufbereitung ver-

sorgen vier gut funktionierende Keihin-Rundschiebervergaser mit20 mm Durchmesser. Die Bord-elektrik wird mittels einer 12 VDrehstromlichtmaschine realisiertund die Zündung für die damaligeZeit übliche und noch heute gutfunktionierende kontaktgesteuerteBatterie-Spulenzündung. Warumdie Maschine mit einem Anlasserausgerüstet wurde, sollte wohl eherWerbung für höheren technischenStandard sein, denn kaum ein Mo-torrad bereitet beim „Kicken“ sovielFreude wie dieses „kleine Feuer-zeug“. Die Honda Clubman „GB500“ im Vergleich dazu bedeutet,zumindest bei kaltem Motor,Schwerstarbeit (ist allerdings auchein Einzylinderviertakter mit 500cm³ Hubraum). Der Stahlrohrrahmen ist als Ein-

schleifenrahmen mit geteilten Un-terzügen konzipiert. Die Zwei-rohrschwinge wird mit zwei Fe-derbeinen gegen die oberen Rah-menrohre abgestützt. An der F II wa-ren die Soziusfußrasten endlich aneinem Hilfsrahmen und nicht mehran der Schwinge befestigt. Die„Mopedräder“ mit den Abmessun-gen 3.00-S 18, bzw. 3.50-S 18sind bei Weitem nicht unterdi-mensioniert und geben mit denBridgestone-Reifen eine verträglichePaarung ab. Hier muss Tester PeterLimmert, dem ersten deutschen

Fachjournalisten, der diese Ma-schine 1976 testen durfte, wider-sprochen werden, als er derenFahreigenschaften in Misskreditstellte. Die hier vorgestellte Ma-schine ist nicht mit den oft emp-fohlenen Girlings und Metzelerausgerüstet und läuft lupenrein,auch im straffen Fahrbetrieb aufwinkligen Gebirgsstraßen, zur gro-ßen Freude ihres Fahrers. Die hin-tere Simplex-Trommelbremse mit160 mm Durchmesser genügt zurUnterstützung der vorderen Schei-benbremse mit 260 mm Durch-messer und Einkolben-Schwenk-sattel. Diese könnte für zartereFrauenhände schon etwas besserverzögern, aber wer passionierterVorderradbremser ist und dabeikräftiges Zugreifen gewohnt ist,wird dabei keine Probleme be-kommen. Wer sich dabei über-nimmt, wird das wohl bei jeder Ma-schine tun und nach „Klacks’“Wahlspruch: „Erfahrung kommtvom Fahren!“, funktioniert das auchan der CB 400 F. Um dem Vorder-rad mehr Stabilität zu verleihen,wurde die Gabel der 350er- für dieHubraumaufstockung mit 33 mmDurchmesser verstärkten Stand-rohren ausgestattet. Die 184 kgGesamtgewicht sieht man der sehrgrazil wirkenden Maschine nicht an,dazu trägt der nur 250 mm breiteund trotzdem 18 Liter fassendeKraftstofftank bei. Nicht zuletztwirkt sich die Amerikalackierungder letzten F II-Reihe im schön li-nierten Design zusätzlich positivgrazil aus.So schön wie sie auch aussieht –

aber noch schöner ist das Fahren mitder Maschine. Um noch einmal aufdie Tester vor etwa 40 Jahren zu-rückzukommen, nicht alle waren soausgeglichen neutral und unvor-eingenommen wie ein Ernst Le-verkus, dessen Testberichte nochheute für uns genussvolle Lektüredarstellen. Eventuell haben da jün-

gere Kollegen mitunter den Maßstabetwas verloren. Sie hatten (westlichder Elbe) die Gelegenheit, vomBauernmotorrad bis zum Edelbikevon Fritz W. Egli, alles unter denHintern zu bekommen, und dabeikann man sich schon etwas die Rea-lität verderben. Ein jüngerer Tester,Gerfried Vogt, urteilt selbst nochheute positiv über die Original-ausstattung der Serienfederbeine.Die Erfahrungen des Autors passensich dabei voll an, das Motorradgeht so toll, auch durch enge Kur-ven an der Gashand, dass man re-gelrecht animiert wird, mehrSchräglage zu gewähren. Dabei gibtes keinerlei Wackeleien bei ver-tretbaren Fahrbahnunebenheiten –dazu wieder der Vergleich zur GB500 von 1989 – diese schwänzeltbei Fahrbahnlängswellen wie einEselsfuhrwerk. Der Motor ist wunderbar start-

freudig, und es geht gleich zur Sa-che – man braucht beim Schaltengar nicht zu zählen und ist auto-matisch viel zu schnell im sechstenGang. Dabei glaubt man aber nichtdaran, auf einer 400er mit zahmen37 PS zu sitzen. Der Weg amDrehgasgriff, um auf Volllast zu öff-nen, ist relativ weit, außer man be-sitzt das Handgelenk eines Par-terre-Akrobaten. Bei normalerHandbewegung ohne nachzugrei-fen ist man dann, je nach Gang-wahl, bei etwa 6.000 Umdrehun-gen angelangt und freut sich amsauber laufenden Bienchen so umdie 120 km/h in der 6. Nun sollteman sich aber darauf besinnen, dassda ja noch viel mehr gehen mussund greift nach – auf einmal geht einvöllig neues Leben los. Die Kleinewird regelrecht giftig. Nun sollteman auch vorher die Gänge schönausgefahren haben, um in der 6 dieSporen voll einzusetzen. Als Fahrermit Idealmaß 1,75 Meter und in Be-kleidung 75 kg, richtig schmal undlang gemacht, dreht man schon mal

etwas über die 10.000, denn da be-ginnt der rote Bereich des Dreh-zahlmessers. Sind die Windver-hältnisse nicht sehr ungünstig, kannman dann auf dem Tacho über 180km/h ablesen, aber um das sofort zurelativieren, liegt diese Anzeigeetwa 11% über der Tatsache, aber165 km/h bleiben real – sorry, dasmacht man aber nicht alle Tage, undetwas wackelt es dann auch schon.Der deutsche Tester ermittelte 1976lediglich eine V-max von 158 km/hund der englische Tester, Chef vonMotor Cycles, brachte es auf ge-messene knappe 170 km/h.Der Liebhaberkreis der Honda

Four-Modelle möge dafür sorgen,uns noch recht lange diese wun-derschönen Motorräder zu erhalten.Und ein Nachtrag – mit diesem Mo-torrad kann man sich auch beiPannen noch unterwegs selbst hel-fen!!!Der nächste Bericht soll an den

Mann erinnern, welcher die Begriffe„Windgesichter und Edelschrau-ber“ so prägte, wie wir diese nochheute pflegen, gemeint ist Ernst„Klacks“ Leverkus.

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WW

W.T

OP-S

PEED.I

NFO

Die Ansicht von links lässt eine Reihe interessanter technischer Detailserkennen. An der Bildoberkante rechts sieht man die Vernietung vomSitzbankbezug – das ist original. Auch der linke Ausleger für die Sozi-usrasten am Rahmen ist gut zu sehen

Kaum zu glauben, diese Aufnahmen stammen von einem 34 Jahre altenMotorrad im originalem Zustand bei Kilometerstand 18.000 in 4. Hand.

Wie hoch Honda bereits zu jener Zeit gusstechnisch in der Fertigung ent-wickelt war, lässt die linke Seitenansicht des Motors erkennen

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