Die Neutralit−t · Die Schweiz im Ersten Weltkrieg 1920 Die Schweiz tritt dem Vılkerbund bei,...

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Eine Informationsbroschüre des Eidg. Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS; in Zusammenarbeit mit dem Eidg. Departement für Auswärtige Angelegenheiten EDA. Die Neutralität der Schweiz VERTEIDIGUNG · BEVÖLKERUNGSSCHUTZ · SPORT DEFENSE · PROTECTION DE LA POPULATION · SPORTS DIFESA · PROTEZIONE DELLA POPOLAZIONE · SPORT DEFENCE · CIVIL PROTECTION · SPORTS 3. überarbeitete Auflage

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DIE NEUTRALITÄT DER SCHWEIZ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○1

Eine Informationsbroschüre des Eidg. Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS;in Zusammenarbeit mit dem Eidg. Departement für Auswärtige Angelegenheiten EDA.

Die Neutralität

der Schweiz

VERTEIDIGUNG · BEVÖLKERUNGSSCHUTZ · SPORTDEFENSE · PROTECTION DE LA POPULATION · SPORTS

DIFESA · PROTEZIONE DELLA POPOLAZIONE · SPORTDEFENCE · CIVIL PROTECTION · SPORTS

3. überarbeitete

Auflage

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Elemente der Neutralität

Die bestimmenden Faktoren der Neutralitätspolitik

Das Neutralitätsrecht, die internationale Lage sowie Tradition und Geschichte sinddie bestimmenden Faktoren der Neutralitätspolitik.

Das Neutralitätsrechtsetzt dem internatio-nalen Engagement desNeutralen den rechtli-chen Rahmen.

Die Politik jedes Landesstützt sich auf seineGeschichte und seineTradition ab.

Die Neutralitätspolitikstellt die Wirksamkeitund die Glaubwürdig-keit der Neutralität si-cher. Sie orientiert sicham Recht, an der inter-nationalen Lage, an Ge-schichte und Traditionsowie an den Landesin-teressen.

Die internationale Lagebestimmt den Hand-lungsspielraum der Neu-tralitätspolitik mit. ZumBeispiel war die Hand-lungsfreiheit derSchweiz im 2. Weltkriegstark eingeengt.

Neutral stammt aus dem Lateinischen: «ne uter» – keiner von beiden. Eine Macht istneutral, wenn sie in einem Krieg nicht Partei ergreift. Die Neutralität der Schweiz istselbstgewählt, dauernd und bewaffnet.

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Tradition

Gute Dienste und innerer ZusammenhaltAktive Neutralität

Die Geschichte lehrte dieSchweiz nicht nur, sich ausausländischen Konfliktenherauszuhalten. Sie lehrtesie auch die Bedeutung desaktiven und solidarischenHandelns.Hier reicht der Einsatz derSchweiz von humanitärenInternierungen (BeispielBourbaki - Armee) bis zumweltweit ausgreifenden In-ternationalen Komitee vomRoten Kreuz (IKRK). Und vonden Guten Diensten der Di-plomatie bis hin zu den Waf-fenstillstandsbeobachternin Korea und den Gelbmüt-zen in Bosnien.

In einer Schweiz mit meh-reren Kulturen, Sprachenund Religionen diente dieNeutralität stets auchdazu, den inneren Zusam-menhalt zu garantieren. Sowar in der Geschichte derGrundsatz der Neutralitätauch auf innereidgenössi-sche Konflikte angewandtworden.Eine Abkehr von der Neu-tralität zur aktiven Aussen-politik hätte beispielsweiseim 16. Jahrhundert (konfes-sionelle Streitigkeiten) zuunerträglichen Zerreiss-proben geführt.Im 19. und 20. Jahrhunderthätte die Parteinahme für

Deutschland oder Frank-reich die Eidgenossen-schaft in eine Staatskrisegestürzt.Neutralität gegen aussengarantierte im Innern denZusammenhalt.

Langfristige Meinungsumfragen (Zustimmungsraten)

Die Meinungen der Schweizerinnenund Schweizer zu Neutralität und Solidarität

Symbol der humanitärenTradition: Sitz des Interna-tionalen Komitees vomRoten Kreuz (IKRK) in Genf.

Innerer Zusammenhalt

Quelle:Jahresstudien «Sicherheit»der Militärischen Führungs-schule an der EidgenössischenTechnischen Hochschule Zürich

Die Schweiz sollteeine stärkere Rollespielen bei inter-nationalenKonferenzen

Die Schweiz solltemehr in Konfliktenvermitteln

Die Schweiz sollte bei militäri-schen Konflikten im Auslandklar Stellung für die eine oderandere Seite beziehen

Die Schweiz sollte ihre Neutralitätbeibehalten

Die Schweiz sollte bei politischen Konflikten imAusland klar Stellung für die eine oder andereSeite beziehen

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Geschichte

Zu Beginn war die Neutralität eine Art Notbehelf. Sie stiftete jedoch im Lauf derGeschichte klaren Nutzen und ist deshalb im Selbstverständnis der Schweiz starkverwurzelt.Im Bundesvertrag von 1815 und in den Verfassungen von 1848 und 1874 wurde dieNeutralität für die Behörden zu einer aussenpolitischen Norm.Diese Maxime wurde stets flexibel den Umständen angepasst und den Interessendes Landes entsprechend angewandt.

1515Ein 20‘000-köpfiges eidgenössisches Heer findet auf demSchlachtfeld von Marignano die militärischen Grenzeneidgenössischer Grossmachtpolitik. Franz I. von Frank-reich schliesst mit den Besiegten 1516 einen wegweisen-den Frieden. Dieser Friede bildet für Jahrhunderte dasvertragliche Fundament der aussenpolitischen Zurück-haltung der Schweiz. Aussenpolitische Einigkeit ist imkonfessionellen Zeitalter ohnehin unmöglich.

Schlacht bei Marignano

Französische Besetzung

1798

Schlacht an der Beresina

1812Nach der französischen Eroberung von 1798 gibt es fürdie Schweiz während 16 Jahren keine Neutralität. Beimgescheiterten Russland-Feldzug 1812 haben die Schweizeran der Beresina den Resten von Napoleons «GrandeArmée» den Rückzug zu sichern.

Einmarsch der französischen Truppen im März 1798.Frankreich nötigt der Helvetischen Republik ein Militär-bündnis auf, durch das die Neutralität aufgegeben wer-den muss. In der Folge wird die Schweiz 1799 zum Schau-platz des europäischen Krieges.

Die vier Phasendes französischenEinmarsches in dieSchweiz (Grenzenvon 1998).

Dezember 1797Januar 17982. März17985. März 1798

Die europäischen Grossmächte kämpfen um dieAlpentransversalen. Die Schweiz wird zumKriegsschauplatz.

Die Schweiz als Schlachtfeld

1799

Die Franzosen erobern Graubünden. Sie werden aber vonden Oesterreichern bis über Zürich zurückgedrängt.Nach der Zweiten Schlacht von Zürich gewinnen dieFranzosen die Ostschweiz zurück. Die österreichisch-russische Armee unter Alexander Suworow istgezwungen, die Schweiz über Gotthard, Pragel, Panixerund Sankt Luzisteig zu verlassen. Das Leiden derZivilbevölkerung und die auferlegten Kriegslasten sindgross. Das Direktorium der helvetischen Republik fordertvon Frankreich die Wiederherstellung der Neutralität derSchweiz. Dies wird aus machtpolitischen Gründenabgelehnt.

Suworow am Gotthard

In Napoleons Diensten an der Beresina

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Bewaffnete Eskorten der Schweizer Armee beschützenWarentransporte (z.B. Textilien) nach Osteuropa. Die Neu-tralität wird dadurch nicht verletzt, da die Eskorte jeweilsmit Zustimmung aller beteiligten Regierungen erfolgt.

1919Eskorten im Ausland

1815Schweizer beteiligen sich an der Bekämpfung von Napo-leons Truppen, unter anderem bei der Belagerung vonHüningen. Nach dieser letzten militärischen Aktion aus-serhalb der Landsgrenzen anerkennen die Mächte in Pa-ris die immerwährende Neutralität der Schweiz.

Schweizer gegen Napoleon

1871Die Schweiz erklärt sich im Deutsch-Französischen Kriegbereit, die geschlagene französische Ostarmee (93‘000Mann) des Generals Charles Denis Bourbaki zu internie-ren. Die glaubwürdige Handhabung der bewaffnetenNeutralität der Schweiz und Initiativen von Schweizern(Gründung des Roten Kreuzes; 1863) verschaffen derschweizerischen Neutralität eine hohe internationaleAnerkennung.

Die Schweiz unterzeichnet die Haager Abkommen überRechte und Pflichten der Neutralen (Friedenskonferenz inDen Haag).

1907

Aufnahme der Bourbaki-Armee

Haager Abkommen

Soldaten der Bourbaki-Armee, betreut durch eidgenössi-sche Soldaten

Ab 1915 ist die Schweiz vollständig vom Krieg umgeben.Die Kriegsparteien sind überzeugt, dass die Schweiz keineUmgehungsangriffe des jeweiligen Gegners durch ihrTerritorium zulassen würde. Sie respektieren deshalb dieNeutralität der Schweiz und die Schweizer Grenze. AmHauenstein und auf dem Mont Vully erinnern die Spurender damals gebauten Festungsanlagen an die im ErstenWeltkrieg glaubwürdig behauptete Neutralität.

1914Die Schweiz im Ersten Weltkrieg

1920Die Schweiz tritt dem Völkerbund bei, Genf wird zumSitz des Völkerbundes. Die Neutralität der Schweiz wirdanerkannt. Die Schweiz ist bereit, Wirtschaftssanktionenmitzutragen.

Differenzielle Neutralität

Schweizer Soldaten im Ersten Weltkrieg im Schützengraben

August 1919: Schweizer Militäreskorte vor der RussischenKirche in Warschau

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Integrale Neutralität

Beginn des 2. Weltkrieges

1939Der Bundesrat bekräftigt zu Beginn des 2. Weltkrieges dieNeutralität der Schweiz, was von den kriegführendenParteien anerkannt wird. Zur Behauptung ihrer Unab-hängigkeit und Neutralität mobilisiert die Schweiz ihreArmee.

1938Die erfolglosen Völkerbunds-Sanktionen gegen Italienveranlassen die Schweiz, die differenzielle Neutralitätwieder zugunsten der integralen Neutralitätaufzugeben, das heisst, auch von Wirtschaftssanktionenabzusehen.

«Neutralität und Solidarität»: Bundesrat Max Petitpierreprägt das Leitmotiv der schweizerischen Aussenbezie-hungen in der Nachkriegszeit. Er verschafft dadurch derNeutralität wieder verstärkte Anerkennung.

Die Schweiz nach 1945

1953

1953 werden Schweizer Beobachter mit Zustimmung allerParteien an die Waffenstillstandslinie nach Korea ent-sandt. Dies ist praktisch der Beginn der aktiven Neutrali-tät. Bis heute beteiligt sich die Schweiz im Ausland anverschiedensten friedensfördernden Missionen.

1975

Dank ihrem anerkannten diplomatischen Engagementund ihrer konsequenten Haltung erreicht die Schweiz,dass in der KSZE-Schlussakte von Helsinki das Recht derStaaten auf Neutralität ausdrücklich anerkannt wird. DieKSZE wandelt sich 1995 zur OSZE, die sich - auch mit Hilfeder Schweiz - an friedensfördernden Massnahmen betei-ligt.

KSZE - Schlussakte

Missionen im Ausland

1986Volksabstimmung zum UNO-Beitritt

In seiner Botschaft zum UNO-Beitritt führt der Bundesrataus, dass der Beitritt „nur in Betracht kommt, wenn dieSchweiz ihre bisherige dauernde Neutralität beibehaltenkann.“

1990

Der UNO - Sicherheitsrat ergreift nach dem irakischenÜberfall auf Kuwait Sanktionen gegen den Irak.Bundesrat René Felber erklärt den autonomen Nach-vollzug von Wirtschaftssanktionen mit der Neutralitätfür vereinbar. Damit ist erneut eine differenzielleNeutralität analog jener der zwanziger Jahre hergestellt,wenngleich dieser Name nicht mehr verwendet wird. Anmilitärischen Sanktionen beteiligt sich die Schweizjedoch nicht. In der Folge trägt die Schweiz aber weitereSanktionen (z.B. gegen Libyen, Haiti oder Jugoslawien)mit.

Wirtschaftssanktionen

1995

Die Schweiz erlaubt den Transit von Militärpersonen undMaterial der internationalen Friedenstruppe IFOR / SFOR.Als Beitrag zur internationalen Rechtsordnung ist dieseErlaubnis neutralitätskonform. Sie ist durch ein Mandatdes UNO-Sicherheitsrates sanktioniert.

Schweizer Kampfflugzeug Tiger identifiziert über denAlpen ein amerikanisches Transportflugzeug der IFOR

Bosnien

Der Bundesbeschluss über den Beitritt der Schweiz zurUNO hält fest, dass der Bundesrat im Falle eines UNO-Beitritts eine „feierliche Erklärung abgibt, in der erausdrücklich bekräftigt, dass die Schweiz ihre dauerndeund bewaffnete Neutralität beibehält.“1986 lehnt das Schweizer Volk den Beitritt zur UNO ab.

Golfkrieg 1990/1991

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Kosovo

1999Während des Kosovo-Krieges lehnt die Schweiz dasBegehren der NATO für den Transit militärischer Güterdurch ihr Territorium ab. Wie die anderen europäischenNeutralen hält auch die Schweiz die von ihr mitgetra-genen nichtmilitärischen UNO- und EU- Sanktionengegen Jugoslawien aufrecht. Diese Sanktionen verstossennicht gegen das Neutralitätsrecht. Gleichzeitig engagiertsich die Schweiz im Krisengebiet im humanitären Bereich.Im Auftrag des UNHCR und des Katastrophenhilfekorpstransportiert die Schweizer Luftwaffe in AlbanienFlüchtlinge, Verletzte und HiIlfsgüter (Operation ALBA).Nach dem Ende des Krieges wird im Kosovo eineinternationale Friedenstruppe (KFOR) stationiert. Diesestützt sich auf ein Mandat der UNO. Die Schweiz erlaubtden Transit militärischer Güter zugunsten der KFOR. Siebeteiligt sich auch mit einem Kontingent freiwilligerArmeeangehöriger (SWISSCOY) an der KFOR.

Präsentationsdokument zur Partnerschaftfür den Frieden (PfP)

«Die Schweiz ist der dauernden und bewaffneten Neutra-lität verpflichtet. Sie hat nicht die Absicht, die Neutralitätaufzugeben. Sie will nicht der NATO beitreten.»

1996

«Für die Zukunft ist es wichtig, dass sich die Neutralitätnicht zum Hindernis für unsere Sicherheit entwickelt.Auch unter kompromissloser Einhaltung des Neutrali-tätsrechts verfügen wir über einen erheblichen Hand-lungsspielraum, der mehr als bisher im Sinne einerpartizipativen Aussen- und Sicherheitspolitik genutztwerden muss.» (Seite 34)

SicherheitspolitischerBericht 2000

1999

Botschaft Teilrevision Militärgesetz

Der Bundesrat «wird auch darauf achten, dass dieSchweizer Teilnahme an solchen [d.h. friedensunter-stützenden] Operationen mit dem Neutralitätsrechtund mit der schweizerischen Neutralitätspolitikvereinbar ist.» (Seite 485)

1999

Soldaten derSWISSCOYim Einsatzim Kosovo

Humanitärer Einsatzder Luftwaffe(Operation ALBA)während demKosovo-Krieg

«Die Bereitstellung von Truppen für friedenserhaltendeOperationen ist eine Fortentwicklung der bisherigenschweizerischen Neutralitäts- und Sicherheitspolitik,deren Ziel gerade darin liegt, durch die Beteiligung anfriedenserhaltenden Operationen einen Beitrag zurEindämmung internationaler Konflikte und zurFriedenssicherung zu leisten.» (Seite 11)

Botschaft Blauhelmgesetz

1992

Neutralitätsbericht

Die Schweiz «wird ihre Neutralität in einer Weisehandhaben, die es ihr ermöglicht, die notwendigenmilitärischen Vorkehren zu ihrer eigenen Verteidigungauch gegenüber neuen Bedrohungsformen zu treffen;dies könnte je nach Bedrohung auch eine grenzüber-schreitende Zusammenarbeit bei der Vorbereitung vonAbwehrmassnahmen einschliessen». (Seite 89)

1993

1999Integrationsbericht

«Die Mitgliedschaft unseres Landes in der EuropäischenUnion ist mit unserer Neutralität solange vereinbar, alsdie EU kein militärisches Verteidigungsbündnis dar-stellt.» (Seite 380)

Das sagte der Bundesratin den letzten Jahren zur Neutralität

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Im Zentrum: die Haager Abkommen

Neutralitätsrecht

Das Neutralitätsrecht ist Teil des Völkerrechts. In den Haager Abkommen von 1907werden wesentliche Rechte und Pflichten der neutralen Staaten festgehalten.Auf nationaler Ebene ist die Neutralität als Instrument zur Wahrung der Unabhän-gigkeit in der Bundesverfassung erwähnt.

1647: Erste Sollbestandestabelle, in derdie Truppenkontingente für denNeutralitätsschutz beziffert werden

Abbildung der Bundesverfassung von 1848

Wil 1647 / Münster 1648:

Unter dem Eindruck des Dreissigjährigen Krieges beschliesst die Tagsatzung vonWil die Schaffung eines gemeinsamen Bundesheeres zur Behauptung der Neu-tralität.Johann Rudolf Wettstein (Bürgermeister von Basel) erwirkt im westfälischenMünster 1648 die aussenpolitische Anerkennung der Unabhängigkeit derSchweiz.

Bern 1848: Die Neutralität ist kein Staatszweck.Für die Schöpfer der Bundesverfassung ist die Neutralität lediglichein Instrument zur Wahrung der Unabhängigkeit. Sie wird deshalbnicht in den Zweckartikel der Bundesverfassung von 1848aufgenommen. Bundesrat und Bundesversammlung müssen aberüber die Einhaltung und Respektierung der Neutralität wachen .

1815: Die Vertreter der Grossmächteordnen das politische Europa neu

Wien und Paris 1815: Die Neutralität wird völkerrechtlichanerkannt.Im Vertrag von Paris vom 20. November 1815 anerkennen dieeuropäischen Grossmächte die immerwährende Neutralitätder Schweiz und garantieren die Unverletzlichkeit ihres Ter-ritoriums.

Bundesverfassung: Neutralität als Mittel

Neutralität wird international anerkannt

Bewaffnete Neutralität und Unabhängigkeit

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Der russische ZarNikolaus II. gab denersten Anstoss zu denHaager Konferenzen

Den Haag 1907: Haager Abkommen.In den Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907 werden dieRechte und Pflichten der Neutralen im Krieg erstmals schriftlich festgehal-ten.

Wichtigste Pflichten sind:• Nichtteilnahme an Kriegen• Selbstverteidigung• Gleichbehandlung der Kriegführenden (betrifft Kriegsmaterial-Export)• Keine Söldner für die Kriegsparteien• Keine Zuverfügungstellung des Territoriums für die Kriegsparteien

Bedeutendstes Recht ist das Recht auf Unverletzlichkeit deseigenen Territoriums.

Das Neutralitätsrecht von 1907 gilt immer noch. Heute prägenjedoch vor allem innerstaatliche Konflikte das Bild.Das Neutralitätsrecht findet auf diese keine Anwendung.

Im Parlament wird die Bundesverfassungnachgeführt

1955: Die Wiener Bevölkerung jubeltüber den Staatsvertrag

Wien 1955: Die Schweiz als Vorbild.Als Vorbedingung zum Staatsvertrag erklärt sich Österreich bereit,immerwährend eine Neutralität zu üben, wie sie von der Schweizgehandhabt wird.

Bern 1999: Neutralität und Verfassungsrevision.Die Neutralität bleibt von der vom Volk beschlossenenNachführung der Bundesverfassung unberührt. Wie bisanhin, gehört die Handhabung der Neutralität in dieKompetenz von Bundesrat und Bundesversammlung(Artikel 173 und Artikel 185).

Neue Bundesverfassung

Schweizer Neutralität als Vorbild

Neutralitätsrecht wird festgeschrieben

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Handlungsspielräume, Grenzen

Welches sicherheitspolitische Engagement ist mit dem Neutralitätsrecht vereinbar?Das Recht gibt dem Neutralen in Friedenszeiten einen grossen Handlungsspiel-raum. Friedensfördernde Massnahmen sind unbedenklich, die militärische Zusam-menarbeit mit ausländischen Partnern ist möglich.Die Grenze des rechtlich Zulässigen wird dann überschritten, wenn der Neutraledurch sein Engagement eine Beistandsverpflichtung für den Kriegsfall eingeht.

Sicherheitspolitische Engagements im Überblick

Wirtschaftssanktionen

Nachvollzug von Wirt-schaftssanktionen, dievon der UNO verhängtwerden

Neutralitätsrechtliche Beurteilung

Mit der Neutralität vereinbar, wenn der UNO-Sicher-heitsrat und die Staatengemeinschaft weitgehend ge-schlossen gegen einen Rechtsbrecher vorgehen.

Friedensunterstützung Neutralitätsrechtliche Beurteilung

Teilnahme an friedens-erhaltenden Operatio-nen

Mit der Neutralität vereinbar, da friedenserhaltende Ope-rationen mit Zustimmung der Konfliktparteien erfolgen.

Teilnahme an friedens-erzwingenden Operatio-nen mit militärischenMitteln

Nach dem Neutralitätsbericht des Bundesrates mit derNeutralität vereinbar, wenn die Operation gemäss einemMandat des UNO - Sicherheitsrates erfolgt und die Staa-tengemeinschaft weitgehend geschlossen gegen einenRechtsbrecher vorgeht.

Gewährung von Transit-rechten für friedenser-haltende Operationen

Mit der Neutralität vereinbar, da die Operationen mit derZustimmung der Konfliktparteien erfolgen.

Zusammenarbeit mit dem Ausland

Rüstungszusammenar-beit mit ausländischenPartnern

Neutralitätsrechtliche Beurteilung

Mit der Neutralität vereinbar, da keine Beistandsverpflich-tung für den Kriegsfall entsteht.

Mit der Neutralität ebenfalls vereinbar, da auch hier keineBeistandsverpflichtung für den Kriegsfall entsteht.

Ausbildungszusammen-arbeit mit ausländi-schen Partnern

Neutralitätsrecht

Nachvollzug von Wirt-schaftssanktionen, dievon anderen internatio-nalen Akteuren (z.B. EU)verhängt werden.

Mit der Neutralität vereinbar, da Wirtschaftssanktionenvom Neutralitätsrecht nicht erfasst sind (AusnahmeKriegsmaterial).

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Neutralitätsrechtliche BeurteilungTeilnahme an internationalenProgrammen bzw. Mitgliedschaft in internationalenOrganisationen

Mit der Neutralität vereinbar, da die PfP-Teilnahme wedereinen NATO-Beitritt noch eine Beistandsverpflichtung zurFolge hat.

Teilnahme an der Part-nerschaft für den Frie-den / Mitgliedschaft imEuro-Atlantischen Part-nerschaftsrat

Mitgliedschaft in inter-nationalen Organisatio-nen wie OSZE, Europarat

Mit der Neutralität vereinbar, da keine Beistandsver-pflichtung für den Kriegsfall besteht.

Beitritt zu den VereintenNationen (UNO)

Mit der Neutralität vereinbar, da keine Verpflichtung zuneutralitätswidrigem Verhalten eingegangen wird.

Beitritt zur Europäi-schen Union (EU)

Mit der Neutralität vereinbar, da die EU keine für alleMitglieder bindende gemeinsame Verteidigungspolitikhat.

Beitritt zur Westeuro-päischen Union (WEU)

Vollmitgliedschaft mit der Neutralität nicht vereinbar, daeine Mitgliedschaft in der WEU die Verpflichtung zumBeistand im Kriegsfall einschliesst; hingegen wäre derBeobachterstatus mit der Neutralität vereinbar.

Beitritt zur NATO Mit der Neutralität nicht vereinbar, da eine NATO-Mitgliedschaft die Verpflichtung zum Beistand im Kriegs-fall einschliesst.

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1815 1914

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2000

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Lage

Die Welt ist im Wandel. Unsere Neutralitätspolitik wandelt sich mit ihr. Neue Lagenerfordern neue Antworten. In jeder Epoche kam der Neutralität eine spezifischeBedeutung zu. Wie sich das Kräftefeld um die Schweiz verändert hat, zeigen dieuntenstehenden Karten.

Neue Lagen, neue Antworten

1815: Im Wiener Kongress wird Europa neu geordnet.Die Schweiz liegt mitten im Kräftefeld der Grossmächte.Diese anerkennen ihre immerwährende Neutralität.

1914: Europa am Vorabend des Ersten Weltkrieges.Die Schweiz liegt auf der verlängerten Konfliktliniezwischen Frankreich und Deutschland.

1941: Europa vor dem deutschen Angriff auf dieSowjetunion. Die Schweiz ist durch das von Deutschlandund Italien dominierte Gebiet umschlossen.

1956: Der Kalte Krieg: Europa ist strategisch dieSpannungszone zweier weltanschaulich gegensätzlicherAllianzen: der Militärbündnisse NATO und WarschauerPakt. Die Schweiz bleibt militärisch der selbständigenLandesverteidigung treu.

2000: Europa steht nicht mehr im Zeichen derOst-West-Konfrontation.Demokratie und Rechtsstaatlichkeit haben überall anBoden gewonnen. Die Schweiz engagiert sich ver-mehrt in der Friedensförderung.

Neutrale,Blockfreie

NATO-Staaten

WarschauerPakt

NATO-Staaten

GemeinschaftunabhängigerStaaten (GUS)

Neutrale, bündnis-freie Staaten

Kanada,USA

Kanada,USA

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Neben der Schweiz gelten Schweden, Finnland, Österreich und Irland als klassischneutrale Staaten. Die Modelle der Neutralen im Vergleich:

Neutrale Staaten in Europa

Die selbstgewählteNeutralität dientauch dazu, sich einMaximum anHandlungsfreiheitzu erhalten.

Neutral seit 1516,völkerrechtlichanerkannt seit1815;Grund: aussenpo-litisches Instru-ment für denKleinstaat;Zusammenhaltdes Landes.

Selbstgewählte,dauernde undbewaffneteNeutralität.

EFTA,PfP-Teilnahme,OSZE, Europarat

Die Schweiz strebtkeine NATO-Mit-gliedschaft an.

Kosovo:ca.130Mann;Bosnien:50;andere:20.

Schweiz

Grunddaten Charakter derNeutralität

Mitgliedschaften Mögliche Entwick-lung

Militärisches En-gagement (StandApril 2000)

Land

Neutral seit 1855;Grund: negativeErfahrungen mitfrüherer schwedi-scher Grossmacht-politik.

Schweden ver-steht sich alsbündnisfrei imFrieden, mit demZiel der Neutrali-tät im Kriegsfall.

Europäische Uni-on (EU), Beobach-ter in der WEU,PfP- Teilnahme,OSZE, UNO, Euro-parat.

NATO-Mitglied-schaft offen.

Kosovo: ca. 800Mann; Bosnien:500 Mann;Georgien,Indien/Pakistan,Irak/Kuwait,MittlererOsten,Südkorea:ca. 30 Mann.

Neutral seit 1938;Grund: Distanzzum Nachbarn.

Europäische Uni-on (EU), Beobach-ter in der WEU,PfP-Teilnahme,OSZE, UNO, Euro-parat.

Irland strebt auchlangfristig keineNATO-Mitglied-schaft an.

Kosovo:ca.100Mann;Bosnien:50;Libanon:600;andere:40.

Irland

Neutral seit 1955;Grund: geopoliti-sche Lage.

Finnland um-schreibt sich als«non aligned»,also als ungebun-den.

Europäische Uni-on (EU), Beobach-ter in der WEU,PfP-Teilnahme,OSZE, UNO, Euro-parat.

Eine baldigeNATO-Mitglied-schaft ist nicht zuerwarten.

Kosovo:ca.900Mann;Libanon:ca.500;andere:ca.20.

Finnland

Neutral seit 1955;Grund: Staatsver-trag.

DauerndeNeutralität nachSchweizer Mu-ster.

Europäische Uni-on (EU), Beobach-ter in der WEU,PfP-Teilnahme,OSZE, UNO, Euro-parat.

Eine NATO-Mit-gliedschaftÖsterreichs istmittelfristigdenkbar.

Kosovo:ca.470Mann;Bosnien:200;Zypern:250;Syrien:430;andere:20.Österreich

Schweden

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Wandel der Konflikte im 20. JahrhundertBis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Krieg alsgrundsätzlich legitimes Mittel zur Durchsetzung staatli-cher Interessen betrachtet. Mit der Gründung des Völker-bundes und der Vereinten Nationen (UNO) wurde derKrieg geächtet.

Eine weitere Entwicklung besteht darin, dass die meistenKonflikte nicht mehr zwischenstaatlicher, sondern vor-wiegend innerstaatlicher Natur sind. Auf diese findet dasNeutralitätsrecht keine Anwendung. Allerdings kann sichdurch das Entstehen und das Verschwinden von Staatendie Lage laufend ändern.

Die wichtigsten Konfliktsituationen in der jüngerenVergangenheit in Europa

Die nachstehende Listezeigt Beispiele von Kon-fliktlagen auf der Welt. FettDie zwischenstaatlichenKonflikte sindgekennzeichnet.

Konflikte von1990 bis 1999

Europa

AlbanienArmenien-AserbeidschanBosnien-HerzegowinaGeorgienKroatien-SerbienMoldawienRussische FöderationSerbien-NATOTürkeiZypernGrossbritannien(Nordirland)Spanien (Baskenland)

Asien

AfghanistanBangladeschChinaIndien-PakistanIndonesien (Osttimor)Irak-KuweitIrakIsrael-LibanonIsrael-SyrienIsraelJemenKambodschaLibanonMyanmarNordkorea-SüdkoreaPapua-NeuguineaSri LankaTadschikistan

Amerika

Ecuador-PeruEl SalvadorGuatemalaKolumbienMexiko

Afrika

ÄgyptenÄthiopien-EritreaAlgerienAngolaBurundiGuinea-BissauKomoren

Kongo BrazzavilleKongo (Zaire)-RuandaLiberiaMarokkoMoçambiqueNigerNigeriaRuanda

SenegalSierra LeoneSomaliaSüdafrikaSudanTschadUgandaZentralafrika

Kroatien:Kampf umOstslawo-nien

Bosnien-Herzegowina

Türkei:Kurdische Un-abhängigkeits-bestrebungen

Serbien:Kampf umKosovo

Albanien:InnereUnruhen

Georgien:Sezessions-Versuche

Russland:Unabhängigkeits-bestrebungen inTschetschenien

Moldavien:InnereUnruhen

Aserbeidschan:Kampf um Nagorno-Karabach

Zypern: Konflikte zwischen Volksgruppen

Spanien:ETA-Terroris-mus

Nord-Irland: IRA-Terroris-mus

Lage

rot

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Organisationen zur Konfliktlösung

Weltweit wurden seit dem Zweiten Weltkrieg verschiedene Organisationen undZusammenarbeitsforen aufgebaut, die dazu beitragen, Konflikte möglichst zuverhindern und den Frieden zu sichern. Auch die neutralen Staaten sind zum Teil indiesen Organisationen vertreten und bemühen sich aktiv um Konfliktlösungen.

NATODas Verteidigungsbündnis umfasst19 europäische undnordamerikanische Staaten. DieNATO behält ihre ursprünglicheKernaufgabe, die Mitgliedstaatengegen militärische Angriffe zuverteidigen. Sie ist auch bereit,ausserhalb des Bündnisgebiets denFrieden mit militärischen Mitteln zuerhalten oder zu erzwingen.

OSZEDie Organisation für Sicherheit undZusammenarbeit in Europa bemühtsich, vor allem durchPräventivdiplomatie Sicherheit undFrieden, Menschenrechte undDemokratie sowie dieZusammenarbeit in Europa zufördern. Sie ist die einzigeOrganisation, der alle europäischenLänder angehören. Den Friedenfördert die OSZE insbesondere mitMissionen in Krisengebieten und mitder Durchführung undUeberwachung von Wahlen.

EuroparatDer Europarat ist eine Organisationvon 41 europäischen Staaten, zu wel-chen auch die Schweiz zählt.Seine Hauptaufgaben: Schutz derMenschenrechte, der Rechtsstaatlich-keit und der Demokratie.

EU / WEUDie Europäische Union (EU) wurdeals Wirtschaftsorganisationgegründet, trug aber entscheidenddazu bei, die Verständigung und denFrieden ihrer Mitgliedstaaten zusichern. Die EU verfolgt einegemeinsame Aussen- und Sicher-heitspolitik.Die Westeuropäische Union (WEU)ist – obwohl nicht Teil der EU – eineMilitärallianz von 10 europäischenStaaten. Sie ist der sicherheits- undverteidigungspolitische Arm der EU.

UNODie UNO ist die universelle Vereini-gung von Staaten zur Sicherung desWeltfriedens. Der UNO-Sicherheitsratist hauptverantwortlich für die Wah-rung von Frieden und Sicherheit.Gestützt auf die UNO-Chartabeschliesst er Massnahmen zurKonfliktbewältigung.Dazu gehören Massnahmen, die mitZustimmung der Konfliktparteienerfolgen, aber auch wirtschaftlicheund militärische Zwangsmass-nahmen.

PfP / EAPCUm verstärkt auch mit Ländern, dieder NATO nicht angehören, dieZusammenarbeit zugunsten desFriedens zu fördern, hat die NATO1994 die Partnerschaft für denFrieden (Partnership for Peace; PfP)lanciert. Neben den 19 NATO-Mitgliedstaaten beteiligen sich 25weitere europäische Staaten(inklusive die Schweiz) daran. Sie sindalle Mitglieder des 1997 gegründetenEuro-Atlantischen Partnerschaftsra-tes (EAPC), der als sicherheits-politisches Forum dient.

Sitzung des UNO-Sicherheitsrates

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Der Bundesrat setzt das Neutralitätsrecht und neutralitätspolitische Erwägungenin Entscheide um. Die Entscheidfindung erfordert immer eine aktuelle Lagebeur-teilung.Vier Fallbeispiele sollen in knappster Form veranschaulichen, welche Erwägungenzu welchen Entscheiden geführt haben.

Der bisher grösste Krieg auf der Erde erfasst von 1939 anzwei, von 1940 an alle Nachbarn der Schweiz (mit Aus-nahme Liechtensteins). Die heute bekannten Operations-pläne Deutschlands sahen die Eroberung der Schweiz vor.

Zweiter Weltkrieg

Erwägungen

Entscheide

NeutralitätsrechtDer Neutrale hat das Recht auf Unverletzlichkeit seinesTerritoriums, und er hat gleichzeitig die Pflicht, die Inte-grität seines Territoriums sicherzustellen.

GeschichteDie Schweiz erklärt 1939 in aller Form ihre Neutralität ge-mäss den Haager Abkommen. Diese erklärte Neutralitätwird von den Kriegführenden weitgehend respektiert.

TraditionDie Neutralität erscheint der führenden Generation von1939 als kohärente Fortsetzung der Politik während desErsten Weltkrieges und des Deutsch-Französischen Krie-ges von 1870/71.

Die Schweiz steht im Spannungsfeld, gleichzeitig diemilitärische Selbstverteidigung vorzubereiten und daswirtschaftliche Überleben sicherzustellen. Zwischen 1940und 1944 ist das Land durch die von der AchseBerlin-Rom dominierten Gebiete umschlossen.

Um die Neutralität glaubwürdig zu handhaben, mobili-siert die Schweiz in Spitzenzeiten 450‘000 Frauen undMänner zur Landesverteidigung. So wird ein hoher Ein-trittspreis manifestiert. Damit und mit wirtschaftlichenKonzessionen an die Achsenmächte kann die Unabhän-gigkeit behauptet werden. Im Rückblick hätte die Flücht-lingspolitik der Schweiz grosszügiger sein müssen.

1990 überfällt der Irak Kuwait. Der UNO-Sicherheitsratverhängt Wirtschaftssanktionen und ermächtigt eineinternationale Koalition unter der Führung der USA zumilitärischen Zwangsmassnahmen gegen den Irak.Zuerst wird der Schutz Saudi-Arabiens aufgebaut und1991 Kuwait befreit.

Angewandte Neutralitätspolitik

Golfkrieg

Die Schweiz beteiligt sich an den Wirtschaftssanktionengegen den Irak. Überflugsrechte für Kampfformationenwerden keine erteilt. Hingegen wird der Koalitionermöglicht, die Schweiz für humanitäre Einsätze zuüberfliegen.

Politische Feinmechanik ist gefragt

Neutralitätspolitik

Lage / Umfeld

Erwägungen

NeutralitätsrechtDer Beteiligung an Wirtschaftssanktionen steht ausneutralitätsrechtlicher Sicht nichts im Wege. Gleichesgilt zumindest für Überflugsrechte zu humanitärenZwecken. Der Bundesrat ordnet gleichzeitig eine ver-tiefte Überprüfung der Vereinbarkeit des Neutralitäts-rechtes mit den militärischen UNO-Sanktionen an.

Geschichte

TraditionTraditionellerweise setzt sich die Schweiz für dieStärkung des Völkerrechts und für Sicherheit undFrieden ein.

Die Schweiz wird aufgefordert, sich an den Wirtschafts-sanktionen der UNO gegen den Irak zu beteiligen.Zudem wird der Wunsch nach Überflugsrechten zugun-sten der von den USA angeführten Koalition angebracht.

In den zwanziger Jahren hatte die Schweiz bereits die«differenzielle Neutralität» angewandt. Sie hatte sichdamals zwar an Wirtschaftssanktionen, nicht aber anweiteren Massnahmen des Völkerbundes beteiligt.

Lage / Umfeld

Entscheide

Angewandte Neutralitätspolitik

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1992 bricht auch in Bosnien-Herzegowina ein Krieg imZusammenhang mit der Loslösung von Jugoslawien aus.Der Krieg wird durch das Abkommen von Dayton undParis 1995 beendet. Die Vertragsparteien stimmen indiesem Abkommen der Entsendung einer internationa-len Friedenstruppe (IFOR, heute SFOR) zu. Der Einsatzwird auch vom Sicherheitsrat der UNO getragen.

Angewandte Neutralitätspolitik

Krieg in Bosnien

Lage / Umfeld

NeutralitätsrechtAus neutralitätsrechtlicher Sicht sind der Transit wieauch das Engagement vor Ort unbedenklich, da alle amKonflikt beteiligten Staaten am Dayton-Abkommen be-teiligt waren. Zudem ist der Einsatz durch ein Mandatdes UNO-Sicherheitsrates legitimiert.

Geschichte

Tradition

1992 nimmt die Schweiz diplomatische Beziehungen zuBosnien-Herzegowina auf. Der Bundesrat wird 1995 an-gefragt, der Friedenstruppe IFOR / SFOR den Transitdurch die Schweiz zu ermöglichen und den Friedenspro-zess vor Ort zu unterstützen.

Der Bundesrat bewilligt im Dezember 1995 der IFOR(seit 1996 der SFOR) den Transit durch die Schweiz.Der Transit besteht bis heute vor allem aus Überflügen.Seit 1996 sind für die OSZE freiwillige Schweizer Armee-angehörige (Gelbmützen) im Einsatz. Sie sind im Bereichder Logistik tätig (Reparatur -, Post -, Sanitätsdienst).

Seit Jahrhunderten hat die Eidgenossenschaft immerwieder Anstrengungen unternommen, die internationa-le Friedensordnung zu stärken.

Ein Engagement für Bosnien deckt sich mit der seit derKorea-Mission (ab 1953) eingeleiteten Politik, sich imRahmen des neutralitätsrechtlich Zulässigen solidarischzu zeigen.

Erwägungen

Entscheide

Im Frühjahr 1999 eskaliert der Konflikt zwischen Serbenund Albanern im Kosovo. Hunderttausende werdenvertrieben. Es kommt zu Massakern. Die NATO greift ohneMandat des UNO-Sicherheitsrats in den Konflikt ein, umein Ende der Menschenrechtsverletzungen zu erzwingen.Ende Mai wird eine politische Einigung erzielt. Kosovobleibt formal Teil Jugoslawiens. Die Flüchtlinge kehrenzurück. Im Kosovo wird unter dem Mandat der UNO dieinternationale Friedensstruppe KFOR stationiert.

Angewandte Neutralitätspolitik

Krieg im Kosovo

Lage / Umfeld

NeutralitätsrechtDie Gewährung von Transitrechten für den Kampf-einsatz kommt nicht in Frage, weil der NATO dafür einausdrückliches UNO-Mandat fehlt. Einer Beteiligung derSchweiz an humanitären Aktionen und an internationa-len Wirtschaftssanktionen steht aber nichts im Wege.Nach dem Krieg können Transitrechte gewährt werden,weil der Einsatz der Friedenstruppe KFOR auf einemMandat der UNO basiert und mit Zustimmung Jugos-lawiens erfolgt. Deshalb ist auch die schweizerischeBeteiligung an der KFOR mit der Neutralität vereinbar.

Tradition

Für die Schweiz sind die Menschenrechtsverletzungenim Kosovo nicht akzeptabel. Sie muss auch damitrechnen, zum Hauptzielland für Flüchtlinge zu werden.Die Schweiz hat ein grosses Interesse daran, dass imKosovo menschenwürdige Zustände herrschen und dieFlüchtlinge wieder zurückkehren können.

Die Schweiz beteiligt sich an der humanitären Initiative«FOCUS» in Jugoslawien und leistet humanitäreUnterstützung für die Flüchtlinge in Albanien («ALBA»)und Mazedonien. Der Bundesrat verweigert der NATOTransitrechte für den Kampfeinsatz. Er hält dienichtmilitärischen Sanktionen gegen Jugoslawienaufrecht. Nachdem ein Mandat des UNO-Sicherheitsratsvorliegt, beteiligt sich die Schweiz an der KFOR undgewährt Transitrechte.

Das Engagement der Schweiz in und um den Kosovoliegt auf der Linie der bisherigen Politik. Die Schweizerfüllt ihre Neutralitätspflichten und nützt dieHandlungsspielräume für eine aktiv gelebte Solidarität.

Erwägungen

Entscheide

Geschichte

Die Neutralität hat die Schweiz nie daran gehindert, sichmit Nachdruck für die Respektierung derMenschenrechte einzusetzen.

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Neutralität: Zusammenfassung

«Eine faire Neutralität wird, so fürchte ich, für unsere Freunde eineunangenehme Pille sein, jedoch eine notwendige, um uns aus denSchrecken eines Krieges zu halten»:Thomas Jefferson (1743-1826), dritter Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.

Sieben Kernpunkte

Die Neutralität ist ein erfolgreichesInstrument der Schweizer Aussen- undSicherheitspolitik. Sie hat sich in zweiWeltkriegen bewährt.

Instrument

Die Neutralität geniesst grossen Rückhalt imVolk. Sie hat über Jahrhunderte zumZusammenhalt der Eidgenossenschaftwesentlich beigetragen. Die Neutralität ist Teilder Tradition, der Geschichte und des Selbst-verständnisses unseres Landes und seiner Bür-gerinnen und Bürger.

Rückhalt

Sicherheit

Die Neutralität muss in Einklang mit derveränderten sicherheitspolitischen Lage inEuropa gebracht werden. Ein Aufgeben derNeutralität hätte zur Bedingung, dass derGewinn einer neuen Sicherheit grösser wäreals der Verlust der alten.

Grenzen

Das Völkerrecht setzt der Neutralitätspolitikklare Grenzen. Der Beitritt zu einemVerteidigungsbündnis ist nicht möglich.

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Neutralität wird aktiv, solidarisch undlagegerecht gelebt. So wird sie verstanden undrespektiert.

Lagegerecht

1919:BewaffneteEskortenderSchweizerArmeebeschützenWaren-transportedurchOsteuropa.

1920:Differen-zielle Neu-tralität:DieSchweiztritt demVölkerbundbei.

1938:ErfolgloseVölkerbunds-sanktionengegenItalien ver-anlassen dieSchweiz, zurintegralenNeutralitätzurück-zukehren.

1939:ZweiterWeltkrieg:Der Bun-desratbekräftigtdie Neutra-lität undmobilisiertdie Armee.

1953:DieSchweizentsendetBeobachteran dieWaffen-stillstands-linie inKorea.

1990:Die Schweizrückt von derintegralenNeutralitätab. Sie betei-ligt sich anWirtschafts-sanktionengegen Irak.

1995:Krieg inBosnien: DieSchweiz ge-währt derIFOR / SFORTransitrechteund entsen-det Friedens-truppen nachBosnien.

1999:Krieg imKosovo: DieSchweiz hältihre nicht-militärischenSanktionengegen Jugos-lawien auf-recht. Sie ge-währt derNATO keineTransitrechte.Nach demKrieg betei-ligt sich dieSchweiz ander Friedens-truppe KFOR.

Der Handlungsspielraum derNeutralitätspolitik hat sich im 20. Jahrhundertwiederholt verändert. Neue Lagen erforderten

neue Antworten.

Konsequenz

Zu den Konsequenzen der Neutralität gehörtder Verzicht auf den vereinbarten Schutz durchein Bündnis. Andererseits wird dadurchvermieden, dass das Land in fremde Konfliktehineingezogen wird.

Handlungsspielräume

Die Neutralität lässt seit vielen GenerationenHandlungsspielräume offen. Zum Beispiel seit1953 für den Einsatz in Korea. Oder für dieBeteiligung an internationalen Wirtschafts-sanktionen. Oder für die Teilnahme an derPartnerschaft für den Frieden. Oder für dieBewaffnung zum Selbstschutz im Ausland.

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Herausgeber: Dokumentationsdienst VBSKonzept: Stabsstelle Informationskonzeption VBSVerfasser: Stefan Aeschimann, Alex Biscaro, Christian Catrina, Hansruedi Moser,Ruedi Plüss, Jürg Stüssi-Lauterburg, Paul Seger, Thomas Suremann,Anton ThalmannTechnik: Alfred GremingerLayout: Staubli Media, BernDruck: W. Gassmann AG, BielBezugsadresse: Dokumentationsdienst VBS, Bundeshaus Ost, 3003 Bern©2000, VBS/3., überarbeitete Auflage

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ImpressumAnregungen, Kritik

Form 95.630 d 06.2000 30000 10L99736/35563