Die richtigen Mitarbeiter finden und binden

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festgehalten Die Veranstaltungen der Chemieverbände Rheinland-Pfalz Die richtigen Mitarbeiter finden und binden EDITORIAL Wie findet man die richtigen Mitarbeiter für die richtige Aufgabe? Wie kann man sie langfristig für das Unternehmen gewinnen? Zwei Fragen, die den Bewerbungsprozess und die Mitarbeiterentwicklung gleichermaßen betreffen und in Zeiten brüchiger Erwerbsbiographien an Bedeutung gewinnen. Im Zentrum stehen zwei Schlüsselbegriffe: Kompetenzen und Potenziale. Die Kompetenz- und Potenzialdiagnostik ist ein geeignetes Instrument, um die Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten von Bewerbern und Mitarbeitern zu ermitteln. Damit ist sie ein strategisches Element der Personalauswahl und Personalentwicklung. Das Seminar »Die richtigen Mitarbeiter finden und binden« des Arbeitgeber- verbandes war eine Einführung in die praxisgerechte Umsetzung der Metho- denpakete vom Assessment Center bis zum Mitarbeitergespräch. Der im Seminar vorgestellte pragmatische Ansatz berücksichtigte besonders die Möglichkeiten und Ressourcen von mittelständischen Unternehmen. Stefanie Lenze | Chemieverbände Rheinland-Pfalz INHALT >> Das Anforderungs- und Kompetenzprofil >> Die Auswahl der Methoden und Instrumente >> Umsetzung >> Methoden der Kompetenz- und Potenzialdiagnostik >> Nachgefragt Klasse statt Masse: Die Instrumente einer strategischen und zukunftsorientierten Personalauswahl und Personalentwick- lung sind auf die Bedingungen im Unternehmen abgestimmt. >>

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Wie findet man die richtigen Mitarbeiter für die richtige Aufgabe? Wie kann man sie langfristig für das Unternehmen gewinnen? Zwei Fragen, die den Bewerbungsprozess und die Mitarbeiterentwicklung gleichermaßen betreffen und in Zeiten brüchiger Erwerbsbiographien an Bedeutung gewinnen. Im Zentrum stehen zwei Schlüsselbegriffe: Kompetenzen und Potenziale. Die Kompetenz- und Potenzialdiagnostik ist ein geeignetes Instrument, um die Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten von Bewerbern und Mitarbeitern zu ermitteln. Damit ist sie ein strategisches Element der Personalauswahl und Personalentwicklung. Das Seminar „Die richtigen Mitarbeiter finden und binden“ des Arbeitgeberverbandes war eine Einführung in die praxisgerechte Umsetzung der Methodenpakete vom Assessment Center bis zum Mitarbeitergespräch. Der im Seminar vorgestellte pragmatische Ansatz berücksichtigte besonders die Möglichkeiten und Ressourcen von mittelständischen Unternehmen.

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festgehaltenDie veranstaltungen der chemieverbände rheinland-Pfalz

Die richtigen mitarbeiter finden und binden

eDitoriAlWie findet man die richtigen mitarbeiter für die richtige Aufgabe? Wie kann man sie langfristig für das Unternehmen gewinnen? zwei Fragen, die den Bewerbungsprozess und die mitarbeiterentwicklung gleichermaßen betreffen und in zeiten brüchiger erwerbsbiographien an Bedeutung gewinnen.

im zentrum stehen zwei Schlüsselbegriffe: Kompetenzen und Potenziale. Die Kompetenz- und Potenzialdiagnostik ist ein geeignetes instrument, um die Fähigkeiten und entwicklungsmöglichkeiten von Bewerbern und mitarbeitern zu ermitteln. Damit ist sie ein strategisches element der Personalauswahl und Personalentwicklung.

Das Seminar »Die richtigen mitarbeiter finden und binden« des Arbeitgeber-verbandes war eine einführung in die praxisgerechte Umsetzung der metho-denpakete vom Assessment center bis zum mitarbeitergespräch. Der im Seminar vorgestellte pragmatische Ansatz berücksichtigte besonders die möglichkeiten und ressourcen von mittelständischen Unternehmen.

Stefanie lenze | chemieverbände rheinland-Pfalz

inhAlt

>> Das Anforderungs- und Kompetenzprofil

>> Die Auswahl der methoden und instrumente

>> Umsetzung

>> methoden der Kompetenz- und Potenzialdiagnostik

>> nachgefragt

Klasse statt masse: Die instrumente einer strategischen und zukunftsorientierten Personalauswahl und Personalentwick-lung sind auf die Bedingungen im Unternehmen abgestimmt.

>>

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Die Kompetenz- und Potenzialdiagnostik ist eine möglichkeit, die Fähigkei-ten und Potenziale von mitarbeitern einzuschätzen. eingesetzt als strate-gisches instrument der Personalabteilung, wird sie zum bedeutenden Faktor der nachfolgeplanung, mitarbeiterförderung und mitarbeitergewinnung.

Der erste Schritt ist das Anforderungsprofil. es schafft Klarheit über die Aufgaben, verantwortlichkeiten und Kompetenzen, die die neue Position erfordert. gleichzeitig bildet es die grundlage für die Auswahl und Kombi-nation von geeigneten methoden der Personalentwicklung. nicht zuletzt ermöglicht das Anforderungsprofil einen fairen vergleich nach individu-ellen Kenntnissen und Potenzialen.

Dabei sollten sich Personaler und vorgesetzte an den realen Anforderun-gen und der Unternehmenskultur orientieren. eine erkennbare nähe zur betrieblichen Praxis erhöht die Akzeptanz des Auswahlprozesses – und führt so zu besseren ergebnissen.

Wichtig ist, dass man ein verhaltensorientiertes Anforderungsprofil ent-wickelt, aus dem sich verhaltensanker ableiten lassen. verhaltensanker sind indikatoren für jene Kriterien, die ein Bewerber oder mitarbeiter für die neue Position mitbringen sollte. Diese Kriterien lassen sich mit unter-schiedlichen methoden entdecken.

im zweiten Schritt werden die instrumente ausgewählt, mit denen sich die verhaltensanker am besten beobachten lassen. es gibt drei unterschied-liche zugänge zu einer guten Kompetenz- und Potenzialdiagnose:

eine Kombination dieser Ansätze in einem ganzheitlichen Diagnosekon-zept verbessert die Aussagekraft der ergebnisse. Dank dieser multimoda-lität (die Kombinierung der Ansätze und methoden) können mehrere Per-spektiven in den Bewerbungs- und Bewertungsprozess integriert werden. Denn wer mit menschen zu tun hat, kann nicht eindimensional vorgehen. ein multimodaler Ansatz gleicht darüber hinaus die nachteile der unter-schiedlichen methoden und instrumente aus.

Die richtigen mitarbeiter finden und binden | St. goar

»Für jede Position im Unter nehmen sollte ein eigenes Anfor derungs- profil erstellt werden.«

eigenschaftsansatz

Beispiel: testverfahren

Simulationsansatz

Beispiel: Arbeitsproben

Biographischer Ansatz

Beispiel: interviews

Beispiel: testverfahren

Der erSte Schritt: DAS AnForDerUngS- UnD KomPetenzProFil

Der zWeite Schritt: Die AUSWAhl Der methoDen UnD inStrUmente

Die Anforderungsanalyse setzt sich aus vier teilen zusammen: 1. Die organisationsziele der Abteilung, sowie die unternehmens-

strategischen Aufgaben der Position

2. Die ziele der Position: nach welchen Kriterien wird der erfolg des Positionsinhabers bemessen?

3. Die Kernaufgaben und verantwortlichkeiten des neuen mitarbeiters

4. Die personenbezogenen Anforderungen an die Position wie Fach-wissen, soziale Kompetenzen oder Persönlichkeitsmerkmale

Drei Kriterien sollten bei der Auswahl der methoden beachtet werden: >> Die orientierung an den realen Anforderungen der Position,

>> die Durchführbarkeit und

>> die nähe zur Praxis.

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Der Dritte Schritt: Die UmSetzUng Wenn Führungskräfte und zukünftige Kollegen den Bewerbungsprozess durch-führen, sollten sie vorher eine einführung in die methoden erhalten. Solche Schulungen sind notwendig, um typische Umsetzungsfehler zu vermeiden:

1. Beobachtung und Bewertung werden nicht getrennt und finden gleich-zeitig statt.

2. man neigt zu einer wohlwollenden Bewertung jener Personen, die einem am sympathischsten sind. Stattdessen sollte man lernen, sich selbst zu reflektieren. Denn ein Bewerber muss nach seiner eignung ausgesucht werden – und auf das Anforderungsprofil passen.

3. Der Prozess wird nicht systematisch durchgeführt, sodass informationen unkontrolliert und unvollständig ermittelt werden.

zuletzt sollte man natürlich im hinterkopf behalten, dass es den perfekten mitarbeiter, der 100 Prozent des Anforderungsprofils erfüllt, der alle Kompe-tenzen und ein schier unerschöpfliches entwicklungspotenzial mitbringt, nicht gibt. es ist sinnvoll, sich Freiheitsgrade zu lassen und die Perspektive zu öff-nen für Kompetenzen, die außerhalb des Profils liegen.

methoDen Der KomPetenz- UnD PotenziAlDiAgnoStiKteStverFAhren UnD PerSönlichKeitSFrAgeBögen

vorteile:

>> Schnell und ökonomisch

>> objektiv und verlässlich (reliabilität)

>> Wiederholbar

>> eignet sich besonders für die Abfrage von Fachwissen

nachteile:

>> Aufwändige neuentwicklung

>> oft wenig belegte validität (gültigkeit)

>> gefahr der unreflektierten Auswahl

ASSeSSment center

vorteile

>> vielfältige Umsetzung von rollenspielen und Fallbearbeitun gen in Szenarien über Präsentationen bis gruppenaufgaben

>> Anwendungsbezogen

>> in einer Aufgabe können mehrere Fähigkeiten getestet werden

>> mehr-Augen-Prinzip

nachteile

>> Kann als Stresstest empfunden werden

>> Wenn der realitätsbezug fehlt, verliert es rapide an Akzeptanz

>> hoher Aufwand an zeit, Personal und Kosten

intervieWS UnD geSPräche

vorteile:

>> informationsreich

>> individuell und persönlich

>> eignet sich sowohl für Fachwissen, als auch für weiche themen

>> lässt sich gut mit anderen methoden kombinieren, zum Beispiel mit test oder Arbeitsprobe

nachteile:

>> Wird oft nicht strukturiert mittels eines leitfadens durchgeführt

>> oft fallen Beobachtung und Bewertung zusammen

>> richtig Fragen stellen muss gelernt werden: geschlossene Fragen und Suggestivfragen sollte man vermeiden

ArBeitSProBen UnD SimUlAtionen

vorteile:

>> hohe Aussagekraft über die eignung der Bewerber

>> hohe Akzeptanz, wenn die nähe zum Arbeitsalltag gegeben ist

nachteile:

>> höhere Kosten als bei tests

>> hoher Aufwand bei der Auswertung

>> Bei komplexen Aufgaben kaum durchzuführen

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nAchgeFrAgt

impressum | herAUSgeBer: chemieverbände rheinland-Pfalz, Bahnhofstraße 48, 67059 ludwigshafen, telefon 06 21-5 20 56 -0, telefax 06 21-5 20 56 -20, [email protected], www.chemie-rp.de, reDAKtion: Stefanie lenze, FotoS: marcel hasübert, mh-foto.de, geStAltUng: [email protected], Köln, DrUcK: prints + forms gmbh & co. Kg, mannheim, Auflage: 400, Stand: Dezember 2012 Die veranstaltung fand am 20./21.11.2012 in St. goar statt.

»Nicht alle Unternehmen haben die Möglichkeit, groß angelegte Tools umzusetzen. Aber sie können mit der richtigen Methodik das Auswahlverfahren ihren Rahmen-bedingungen anpassen.«

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herr Scholze, welches sind die wichtigsten erfolgsfaktoren bei der Kompetenz- und Potenzialdiagnostik?

Anforderungsbezug und zukunftsorientierung sind grundlegend. Welche Anforderungen müssen die mitarbeiter heute und morgen bewältigen? entscheidend ist, dass alle verfügbaren Quellen genutzt werden. Dazu gehören leistung, erkenntnisse aus Beurteilungs- und entwicklungsge-sprächen, aber auch Aktivitäten außerhalb des Berufs. nicht jeder kann im aktuellen Job zeigen, was in ihm steckt. Kurz: ein multi-Source-Ansatz ist angesagt. Wenn sich Arbeitsinhalte ändern, müssen jobübergreifende Potenzialfaktoren erfasst werden, zum Beispiel die offenheit für neues.

eignet sich diese methodik auch für mittelständische Unternehmen?

Die Frage ist nicht ob, sondern wie! mittelständler brauchen eine fundierte und pragmatische methode. Weil im mittelstand die mitarbeiter von Füh-rungskräften und Personalern öfter und direkter erlebt werden, kann man diese Quellen gezielt nutzen. Wichtig ist die Systematik und der einsatz von Kompetenzprofilen. Basismethoden sind: das systematische Potenzial-inter-view und Arbeitsproben in Form von Projekten. ein Ansatz ist auch, Potenzial Assess ment center für nachwuchskräfte im verbund durchzuführen. So kön-nen auch kleinere Unternehmen von einer methode profitieren, die eher groß-unternehmen einsetzen. Bei einer offenen Kommunikationskultur empfehlen sich auch Selbst- und Fremdeinschätzungen bis hin zum 360-grad-Feedback.

Was sollte man beachten, wenn man z. B. auf vorbereitete verfahren aus dem internet oder auf einen externen Berater zurückgreift?

Wenn es tools gibt, die Aussagen zu relevanten Kompetenzen und Potenzia-len erlauben, dann ist das eine option. Das verfahren sollte aber dem zweck folgen – nicht umgekehrt. Wichtig ist immer, verfahren zu kombinieren, z. B. einen online-test mit einem interview und einer Arbeitsprobe. Damit werden die ergebnisse glaubwürdiger. Bei der Konzeption des passenden verfahrens können externe Berater helfen. Dabei sollte der Berater nicht dogmatisch eine methode vertreten. Sondern sein Know-how einbringen, um die Kompetenz interner Personaler und Führungskräfte zu entwickeln.

Uwe Scholze von proceed ist experte für mitarbeiter entwicklung.