Die Schulbibliothek im digitalen Zeitalter

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Sind Schulbibliotheksräume noch notwendig, wenn die Biliothek auf dem iPad ist?

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DV & Schul-organisation

Die Schulbibliothekim digitalen Zeitalter

Schulbibliotheken gehören, ent-gegen dem weltweiten Trend, nichtzur Regelausstattung deutscherSchulen. Dabei könnten gerade siedurch Nutzung der ,,alten“ undneuen Medien erheblich zur Steige-rung der Schulqualität beitragen:Qualifizierte teacher-librarianskönnten Online-Kataloge installie-ren, CD-ROMs auf Knopfdruck ab-rufen lassen, Recherchieren im In-ternet und Präsentieren mit digita-len Medien trainieren, mit Podcastsdas Lesen fördern und Webquestsvorbereiten.

Die Jugendbuchautorin Iva Pro-cházková beschreibt 1995 in ihremZukunftsroman ,,Eulengesang“ dieBibliothek einer Schule im Jahr2047 (Procházková, 1995, S. 30):

Ich fahre zwei Stockwerke nach un-ten und steige im Zivilisationszentrumaus. Hunderttausend Bücher. Fünfzig-tausend Audiokristalle. DreißigtausendVideokassetten. Unzählige Disketten. Stille, angenehmes zartrosafarbe-nes Licht, regulierter Ozongehalt derLuft. Einige Schüler suchen im Katalog,einige sitzen mit Büchern in den Ses-seln und Sofas herum, die übrigenhocken in kleinen verglasten Kojen vorden Telecomputern. Mit ihren Kopfhö-rern und Schutzbrillen ähneln sie denKriegsfliegern des letzten Jahrhun-derts. Die große Mattscheibe am Einganginformiert über alles, was in der Schu-le und in der Stadt geschieht. Mansieht eine Einladung zum Abend derRadakrobatik. Auskunft über Arbeits-angebote, [… ] Informationen [… ] überLuftverschmutzung, die erlaubte Ab-fallmenge und die Höhe der Nieder-schläge [… ]

Das Buch handelt übrigens da-von, dass Computer auch nicht alleFragen beantworten, schon garnicht die wichtigsten Lebensfragen.

Diese Bibliothek muss einemnicht unbedingt gefallen, der Name,,Zivilisationszentrum“ gefällt.

Aber wenn in einem Jugendbuch,einem Zukunftsroman gar, über-haupt eine Schulbibliothek vor-kommt, so hat das in DeutschlandSeltenheitswert. Nicht nur in Ju-gendbüchern, auch in Schulen kom-men Bibliotheken nicht geradehäufig vor. Von den 33 000 deut-schen Schulen haben grob ge-schätzt zwei Drittel eine Büchereiirgendwo im Gebäude, aber aufhöchstens zwei- bis dreitausendtreffen die Kennzeichen modernermultimedialer Schulbibliotheken inunterschiedlicher Ausprägung zu.(Alle Zahlen aus dem Schulbiblio-theksbereich sind vom Verfassergeschätzt – eine Schulbibliotheks-statistik gibt es in Deutschlandnicht.)

Wenn hier Überlegungen zurSchulbibliothek im digitalen Zeital-ter angestellt werden, so orientie-ren sie sich daher eher an der an-gelsächsischen Realität oder zumin-dest an den dortigen Trends. Vor al-lem in englischsprachigen Ländernwurden Schulbibliotheken in denletzten beiden Jahrzehnten konse-quent zu library media centers, zuinnerschulischen Medien- und In-formationszentren weiterent-wickelt. Die Digitalisierung und,,Internettisierung“ der Schulen

konnte sich auf die vorhandene In-frastruktur der Schulbibliothekenstützen. Das Personal der Schulbi-bliotheken war dann aber auch fürDruckerprobleme und Netzwerk-ausfälle zuständig. Die angelsächsi-schen teacher-librarians – überwie-gend für die Arbeit in Schulbiblio-theken weitergebildete Lehrkräfte– sind verpflichtet, mit den Fachleh-rern zusammenzuarbeiten; ihre Bi-bliotheken werden im Unterrichtgenutzt, allerdings kaum im Regel-unterricht, sondern in Bibliotheks-stunden, in denen z.B. Einzelneoder Gruppen Referate erarbeiten.Die neuen, digitalen Medien habendaher vor allem über die Schulbi-bliotheken in die Schule gefunden.

In Deutschland hielt die Infor-mationstechnologie ihren Einzug indie Schulen dank des Engagementskompetenter Informatiklehrer. Indie Computerräume, die diese Leh-rer zuerst mit viel privatem Einsatz,dann mithilfe der öffentlich finan-zierten Computerschwemme in denSchulen einrichteten, traut sichaber, teilweise noch heute, nichtjede Fachlehrerin und auch nichtjeder Fachlehrer für Geschichte,Deutsch oder Religion hinein.

An den Schulbibliotheken gingdie Entwicklung zunächst vorbei.Die Computer wurden in der Ver-waltung, in den Klassenräumen undin alarmgesicherten Computerräu-men aufgestellt. Glücklich schätz-ten sich Schulbibliotheken, in de-nen ein alter 386er-Rechner abge-stellt wurde, und für die einInformatikkurs ein Katalogisie-rungsprogramm schrieb, das späte-stens nach dem Abitur der jungenProgrammierer niemand mehrpflegte.

Dazu passten die Prophezeiun-gen vom Ende des Buchzeitalters.Wozu brauchte man eine reale Bi-bliothek? Das Internet wäre docheine riesige Bibliothek. Statt Schul-,Stadt- und Universitätsbibliothe-ken zu bauen, brauche man nur je-dem Schüler und Studenten einenInternet-Rechner zu geben. DieseNeuerfindung des NürnbergerTrichters stellte sich bald als unrea-listisch heraus. Statt Wissen undBildung gab es die Informationsge-sellschaft, gab es Content, und103 000 Treffermeldungen. Glückli-cherweise hatte sich der Nebel baldverzogen. Die Sicht wurde klarer.

Iva Procházkovás ,,Eulengesang“:Auch in Zukunft werden Compu-ter nicht alle Fragen beantwortenkönnen!

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Neil Postman, Clifford Stoll und an-dere warnten (vgl. z. B. Postman,1992; Stoll, 1996).

Inzwischen weiß man: Neue Me-dien ersetzen alte nicht. Sie ergän-zen sie, eröffnen neue Perspektiven.Man spricht von einem ,,Medien-mix“, jedes Medium hat spezifischeVorzüge. Es liegt in der Kompetenzdes Schulbibliotheksteams, denrichtigen ,,Mix“ an Medien bereit-zustellen.

Ich kann den Umschwung auchan zwei Anekdoten festmachen.Ein engagierter Informatiklehrerrief eines Tages an und bat umschulbibliothekarische Beratung.Er habe damit angefangen, nebendie Rechner Lexika und Sachbü-cher zu stellen. Ein anderes Malstöhnte ein Schüler, nachdem er dieSchulstunde mit der Durchsicht derSuchmaschinenergebnisse ver-bracht hatte: ,,Haben Sie nicht einBuch, in dem das mal richtig erklärtist?“ (Das Buch, aus einem renom-mierten Verlag, in aktueller Neu-auflage, stand hinter ihm im Regal,er war aber sofort an den Rechnergegangen.)

Wenn es also nicht mehr umSchulbibliothek ,,ja“ oder ,,nein“geht, sondern um die Schulbiblio-thek im digitalen Zeitalter, ist es ander Zeit, zu prüfen, wie diese, dieman jetzt multimediales Informati-onszentrum nennen könnte, auszu-sehen hat.

Der erste Schritt zum schulischenInformationszentrum ist

die Erfassung aller schulischen Medien in einem digitalen Katalog.

Das klingt im Jahr 2008 sehr be-scheiden. Angesichts dessen, dasserst 3 von 16 Bundesländern ihrenSchulbibliotheken im Rahmen vonLandeslizenzen eine erschwinglicheKatalogisierungssoftware zur Ver-fügung stellen, erscheint es revolu-tionär, dass Hessen dies schon vor16 Jahren möglich machte.

Der oft bescheidene Buchbe-stand einer Bibliothek kann sinn-voll ergänzt werden, wenn über dendigitalen Katalog die Folien, Dias,Videos, Lernspiele, Lernkoffer,Schautafeln, CDs, DVDs, Lehrbü-cher usw., die in den Fach- undSammlungsräumen, den Lehrerfä-chern und den Schulleitungszim-mern aufbewahrt werden, für alleerschlossen wären und jeder wüss-te, wo sie stehen.

Der Katalog im Computer er-setzt übrigens einen Zettelkatalog,der mindestens drei Zettel proBuch verlangt (Autor, Titel, Schlag-wort). Eine eher kleine Bibliothekmit einem Bestand von 5000 Bü-chern müsste schon Katalogmöbelfür 15 000 Karten aufstellen. Wennder digitale Katalog dann auchnoch als Open Access Catalogue(OPAC) in allen Klassenräumenund zu Hause für Lehrer und Schü-ler erreichbar wäre, ist die Schulbi-bliothek im digitalen Zeitalter an-gekommen. Beispielsweise habenin Hessen ca. 20 von 2000 Schuleneinen OPAC. Außerdem haben ca.30 Schulen, die von der FrankfurterStadtbibliothek betreut werden, ei-nen gemeinsamen OPAC. Im Rah-men der Landeslizenz für eine Bi-bliothekssoftware ist ein Schul-OPAC in Hessen einfach und kos-tengünstig zu realisieren.

Ein nächster Schritt ist

das Recherchieren in lokalen Datenbanken.

Vernachlässigen wir technischeund juristische Probleme. Die offe-nen Fragen – Speicherkapazitäten,Netzwerk, spontaner Zugang, Li-zenzkosten, Urheberrechtsschutz –tun der Vision keinen Abbruch. Inangelsächsischen Schulen geht es jaauch.

Hierher gehören die inzwischenhervorragenden digitalen Enzyklo-

pädien, z. B. von Microsoft undBrockhaus, politisch-historischeDokumentationen, Sprach-Lern-programme, Hypertext-Literaturle-xika, die Veranschaulichung natur-wissenschaftlicher und mathemati-scher Phänomene durch Hyperme-dialität, die Verknüpfung von Textmit Text, Bild, Video, Animation,Ton. Die SODIS-Datenbank, die in-zwischen vom FWU, dem Medien-lieferanten der Schulen, getragenwird, nennt empfehlenswerte Pro-dukte. So kann intensiver und wir-kungsvoller als auf herkömmlichenWegen gelernt werden.

Die Fülle der in den Schulenselbst entstandenen Materialien,Übungs- und Arbeitsblätter, Pro-jektdokumentationen, Tests undTexte kann den nachwachsendenSchülerjahrgängen und den Lehr-kräften über ein Intranet erschlos-sen werden.

Der brisanteste Schritt:

Die Schulbibliothek als Zugang zuweltweiten Informationsangeboten.

Ich will zu begründen versuchen,warum die Schulbibliothek derschulische Ort für den Zugang zur,,Datenautobahn“ sein sollte. Im-mer noch denken deutsche Pädago-gen beim Stichwort ,,Internet“ zu-erst an den Informatikraum undnicht an die Bibliothek.

Die Schulbibliothek, das Infor-mationszentrum der Schule, er-schließt alle schulischen Informati-onsmedien. Sie ermöglicht allenNutzern Zugang zu Informationen.Für Schülerinnen und Schülernauch und gerade lehrerunabhängig.Neben der Schulbibliothek ,,Me-dienecken“ einzurichten, wäre dieWiederholung eines Fehlers, der beiden nichtelektronischen Medienpassiert ist: Es gibt Schulen, in de-nen Fachschaftssammlungen, Leh-rerbücherei, Oberstufenarbeits-und Unterstufenausleihbüchereibeziehungslos nebeneinander exis-tieren und exklusive (wenn über-haupt) Öffnungszeiten haben. Un-abhängig voneinander wird einge-kauft, manche Hobbys werden da-bei gepflegt, im Lauf der Jahre ver-liert sich oft die Spur.

Internetnutzung wird vorrangigInformationsbeschaffung, -bewer-tung, -verarbeitung in einem Lern-zusammenhang sein. In einer guten

,,Magister Discipu“, Lehrer undSchüler in einer Bibliothek – Holz-schnitt von Johann Grüninger, um1510.

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Schulbibliothek war dies im Um-gang mit Sach- und Fachbüchernbisher schon möglich. Die neue,weitergehende Nutzung wäre, me-dienspezifische Aspekte zu nutzen(Stichwort: Hypermedialität), aktu-elle Ereignisse und Entwicklungenverfolgen zu können und das Medi-um in die Ergebnisdarstellung ein-zubeziehen, digitale Präsentationenstatt Ablesen eines Referats. Dieswirkt auch der Tatsache entgegen,dass für Schülerinnen und SchülerComputer und Internet vor allemSpielcharakter haben; als Lernins-trument werden sie zuallerletzt ge-sehen. Die Computerschwemme inden Schulen, die Laptopklassenhätten daher fürs Lernen nichts ge-bracht, berichteten z. B. die Medienim Frühjahr 2007 aus den USA(vgl. z. B. LOG IN 144/2007, S. 38).

Mit der Zunahme der Informati-onsmöglichkeiten hat sich aller-dings auch das Maß überflüssigerInformation exponentiell erhöht.Das Internet liefert viel ,,Daten-schrott“ und verlockt zum Publizie-ren von Texten, die in Verlagen undRedaktionen im Papierkorb gelan-det wären.

Die Praxis im Umgang mit Bü-chern qualifiziert die Schulbiblio-thek als Ort des Lernens mit dendigitalen Medien. Schon vor derAusrufung der Informationsgesell-schaft waren Schulbibliothekenweltweit, wenn auch seltener inDeutschland, Orte, in denen Infor-mationen zugänglich waren undWissen erworben werden konnte.So, wie eine gute Schulbibliothekeinen Bücherbestand aufbaut undpflegt, der die schulische Bildungs-und Erziehungsarbeit unterstützt,wird auch eine virtuelle Bibliothekerschlossen werden können.

Die Schulbibliothek wird dannZentrum schulischen Lernens,wenn sie die Medien nicht nur be-reitstellt, sondern zum sinnvollenund produktiven Umgang mit ih-nen befähigt. Die unkritische Über-nahme der Metapher vom Surfen indie schulische Internetnutzung warebenso falsch wie der Aktionismusvermeintlich cleverer Landräte,,,Pauker“ von jugendlichen Compu-terfreaks ,,schulen“ lassen und Trai-ning und Support für Schulen zuvernachlässigen.

Das Training von Arbeitstech-niken, der Umgang mit Lexika, das

Exzerpieren aus Texten, der kriti-sche Umgang mit Quellen, das pro-pädeutische Arbeiten in der Ober-stufe, das alles war bisher schonAufgabe des Unterrichts. In moder-nen (meist angelsächsischen)Schulbibliotheken konnten dieFachlehrkräfte dies in Zusammen-arbeit mit teacher-librarians leisten.

Im digitalen Zeitalter ist dasTraining von Arbeitstechnikennicht einfacher geworden. Es heißtjetzt information literacy, Erwerbvon Informationskompetenz. DasThema ist selbst zu einem Daten-ozean geworden. AmerikanischeSchulbibliothekare plagen sich mitcopy, shake and paste, plagiarismund evaluation of websites – Proble-me, die es im Zeitalter der ,,print-orientierten“ Schulbibliotheken(so) nicht gab. Eigene Curriculawerden entworfen, Online-Kurseangeboten, Internetführerscheinegemacht. Das scheint aber nicht dieLösung, sondern Teil des Problemszu sein. Anstatt Schülerinnen undSchülern zu helfen, die Welt zu ver-

stehen, in dem man die Komplexi-tät der Welt reduziert und Bildungan bereitgestellten Informationenermöglicht, versucht man Informa-tionsspezialisten aus ihnen zu ma-chen.

Seit Neuestem aber wird ameri-kanischen Schulbibliothekaren bei-gebracht, darauf zu achten, dass siedie Schüler in ihrem Suchprozessnicht alleine lassen (guided inquiry;vgl. CISSL). Die gesammelten Fak-ten sollen in Wissen und Bildungüberführt werden (vgl. z. B. Ross J.Todd, 1996). Das erinnert an denklassischen Auftrag an denLehramtsstudenten, den Bildungs-gehalt des Lehrstoffs herauszuar-beiten und Schülerinnen und Schü-lern zugänglich zu machen.

Internetquellen machen die guteSchulbibliothek nicht überflüssig;sie sind im Grunde Quellen wie an-dere auch, man muss mit ihnen um-gehen können. Teacher-librariansund die Fachlehrer organisierendiesen Prozess.

In die Bibliothek gehören Link-sammlungen zu dauerhaft wichti-gen Adressen, aber auch wechseln-de Zusammenstellungen vonAdressen, vergleichbar dem Hand-apparat für das Unterrichtsprojekteiner Klasse, sei es zu Themen wieRaumfahrt, Klimawandel oderOlympische Spiele. Statt Handappa-rat für die Projektarbeit heißt dasjetzt Webquest (vgl. Baumann, 2003;Staiger, 2003). Es wäre ein Fort-schritt, wenn die Schülerinnen undSchüler geeignete aktuelle, zuver-lässige Linklisten für ihre Unter-richtsprojekte vorfänden – denn imUnterricht wird letztlich inDeutschlands Schulen vorwiegendnur gegoogelt, bis es gongt.

Die militärische und universitäreHerkunft des Internets sind verges-sen. Das Internet wird von kom-merziellen Gesichtspunkten ge-prägt, von Monopolisten und Me-dienkonzernen. Die Internetnutzerwurden zunehmend zu passiven,zahlenden Konsumenten. Auch fürSchule war das fatal. Web 2.0 machtallerdings Hoffnung.

Ein letzter Schritt:

Was bringt Web 2.0 den Schulbibliotheken?

Wie immer bei Veränderungen:Gutes und Schlechtes. Die Abhän-

,,Neue“ Medien gab es schon im-mer: Lesemaschine von AgostinoRamelli (1531–1600). Mit dem Ra-mellis Bücherrad genannten rotie-renden Lesepult konnten zwölf Fo-lianten in nicht-sequenzieller Wei-se gelesen werden – ein Vorläuferdes heutigen Hypertext-Konzepts.

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gigkeit von Softwareproduzenten,die sich über Lizenzen und ständigeUpdates ihrer Software finanzieren,wird geringer. Im Internet gibt esjetzt Plattformen, die alles bieten,was früher kostenpflichtig instal-liert, registriert, ,,geupdated“ wer-den musste: Office-Anwendungen,Mailboxen oder Fotobearbeitung.Und das digitale Lagerfeuer lodert:Wikis, podcasts, weblogs.

Es muss uns nicht interessieren,dass von 70 Millionen Blogs, die esgeben soll, 69,995 Millionen Daten-müll sind, dass sich bei WikipediaPolitikerinnen und Politiker ihreneigenen Lexikoneintrag schreibenund der Eintrag ,,Schulbibliothe-ken“ von einem hartnäckigen Lieb-haber historischer Schulbibliothe-ken immer wieder umgeschriebenwurde, bis die Besonnenen die Lustverloren. ,,Verstand ist stets bei we-nigen nur gewesen“, sagt Schiller.Es geht mir um den lokalen Nutzendieser Tools und um ihr soziales Po-tenzial. Die zentrale Frage lautet:

Kann ich mit Podcasts und einemSchulbibliotheksweblog das Lesenfördern und die Bibliotheks-nutzung steigern?

Mit SMS, Podcasts und Weblogskann man auch Bücher vorstellen.Mit Podcasts haben Schulfunksen-dungen wieder eine Zukunft, weildie umständlichen Rituale rund umBeschaffung und Präsentation weg-fallen.

Die Schülerinnen und Schüler ha-ben Handys und iPods. Sie lesen undschreiben stundenlang in StudiVZund chatrooms. Die Klage vom Ver-fall der Lesekultur muss wohl revi-

diert werden. Am ,,digitalen Lager-feuer“ wird gelesen und geschrieben,gechattet und gebloggt. Computerverlangen Lesekompetenz!

Ungeklärt bleibt, ob die Schüle-rinnen und Schüler einverstandensind, dass ihre virtuellen Räumeund Tools verschult werden.

Kann ich Teamarbeit fördern?

In einem Wiki können Unter-richtsprojekte, die in der Bibliothekentstanden, präsentiert werden,kann die Bibliothek aber auch alsWissensspeicher von ihren Nutzernneu und bewusst subjektiv aufge-baut werden. Im Weblog kann überGelesenes diskutiert werden, ausder Bibliothek berichtet werden.

Diese Tools geben der Team-arbeit eine Struktur. Sie machensichtbar, was es heißt, gemeinsaman einem Projekt zu arbeiten unddie Ergebnisse zusammenzutragen.

Es bleibt zu hoffen, dass die zuerwartende Finanzierung der Web-2.0-Tools durch Werbung die Sachefür Schulen nicht untauglich macht.

Die Schulbibliothek im digitalenZeitalter wird durchaus ein ganzesStück virtuell, nicht mehr ortsge-bunden sein. Sie bleibt aber unver-zichtbares reales schulisches Zen-trum als Ort, an dem man

� sich zum Schmökern zurückzie-hen kann;

� in Ruhe lesen und schreibenkann;

� nicht nur sucht, sondern auch –unterstützt von kompetenten te-acher-librarians – findet;

� gemeinsam oder allein lernenund Hausaufgaben machen kann.

Auch als überschaubaren undfrei zugänglichen Ort mit funktio-nierender digitaler Infrastrukturwerden dies Lehrerinnen und Leh-rer, Schülerinnen und Schüler zuschätzen wissen.

Die Bildungspolitik muss dafürsorgen, dass die Schulen solche In-formationszentren haben und nichtnur in Science-Fiction-Büchern wiedem eingangs genannten davon dieRede ist.

Günter SchlampE-Mail: [email protected]

Beispiele für Web 2.0 in Schulbibliotheken[zuletzt geprüft am: 9. Juni 2008]

Eine Sammlung von nützlichen Materialienfür Schulbibliothekare, die ständig wächst:http://teacherlibrarianwiki.pbwiki.com/

Vom Lesetipp gleich zum Onlinekatalog:http://www.framinghamlibrary.org/teen/bookends.htm

Weblog eines Schulbibliotheksverbands zurdigitalen Schulbibliothek:http://schoollibrarylearning2.blogspot.com/

Was macht man mit Podcasts in der Biblio-thek?http://www.infotoday.com/cilmag/apr06/Eash.shtml

Buchbesprechungen als Podcast:http://www.podcastingnews.com/details/hh.harpethhall.org/faculty/library_faculty/podcasts/feed.xml/view.htm

Literatur und Internetquellen

Baumann, R.: Das Internet als Informations-quelle im Fachunterricht – Beispiele zur Me-thode Webquest bzw. Mediaquest für die Se-kundarstufe II. In: LOG IN, 23. Jg. (2003),Heft 121, S. 51–58.

CISSL – Center for International Scholarshipin School Librarianship: Guided Inquiry.http://cissl.scils.rutgers.edu/guided_inquiry/introduction.html[zuletzt geprüft: 9. Juni 2008]

Postman, N.: Das Technopol. Frankfurt: Fi-scher, 1992.

Procházková, I: Eulengesang. Weinheim: Beltz,1995.

SODIS – Neue Medien im Unterricht.http://www.sodis.de/[zuletzt geprüft: 9. Juni 2008]

Staiger, St,: Vom Webquest zum Mediaquest –Vorschläge zum Unterrichtseinsatz des Inter-nets. In: LOG IN, 23. Jg. (2003), H. 121, S. 45–50.

Blick in einemoderne Schul-bibliothek –Thornlea SecondarySchool inThornhill (Ontario, Kana-da). Die Biblio-thek wird vondrei teacher-librarians undeinem librarytechnician be-treut.

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Stoll, C.: Die Wüste Internet. Frankfurt: Fi-scher, 1996.

Todd, R. J.: From information to knowledge –charting and measuring changes in students’knowledge of a curriculum topic. In: IR – in-formation research, 11. Jg. (1996), Nr. 4.http://www.informationr.net/ir/11-4/paper264.html[zuletzt geprüft: 9. Juni 2008]

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